‡ Material als Entwurfskonzept
‡ Strukturen aus Glas, Beton und Aluminium ‡ Historischer Baustoff mit Zukunft: Ziegel
Zeitschrift für Architektur + Baudetail · Review of Architecture · Revue d’Architecture Serie 2015 · 5 · Material und Oberfläche · Materials and Finishes · Matériaux
TR Y NOW FRE E OF C H ARGE
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© Frank Kaltenbach
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Diskussion • discussion 414 Editorial 416 »Architektur ist eine vom Material geprägte Disziplin« – ein Gespräch mit Aljoša Dekleva und Tina Gregorič Christian Schittich
Berichte • reports 428 Disenny Hub – Sprungbrett in die Zukunft Barcelonas Frank Kaltenbach 430 Bücher, Ausstellungen, Online
Dokumentation • documentation 436 Gartenpavillon in Smetlede Indra Janda, Smetlede 440 Gemeinschaftsküche in Berlin raumstar* architekten, Berlin 444 Wohnhaus in Tokio Wiel Arets Architects, Amsterdam 449 Ladenfassade in Tokio Jun Aoki & Associates, Tokio 453 Schwimmhalle in Paris yoonseux architectes, Paris 456 Hochschule für Gestaltung und Kunst in Basel Morger + Dettli Architekten, Basel 462 Kirche in Kanagawa Takeshi Hosaka, Yokohama 466 Logistikcenter in Spreitenbach Frei Architekten, Aarau 470 Wohnhaus in München Sauerbruch Hutton, Berlin
Technik • technology 478 Ein traditionsreicher Baustoff mit Zukunft – mit Ziegel individuell gestalten Dietmar Müller, Oswald Günzl
Produkte • products 490 Hotel und Gastronomie 500 Innenausbau – Innenputze und -farben, Wandbeläge 504 TGA – Elektrotechnik, Gebäudemanagement 512 Dächer 520 Objekt + Produkt 524 DETAIL research 526 Architektur im Dialog 527 Serviceteil 536 Projektbeteiligte /Hersteller /Ausführende Firmen 539 Inhalt Produktinformation /Anzeigenverzeichnis 540 Vorschau 541 Impressum, Fotonachweis
∂ Zeitschrift für Architektur Review of Architecture 55. Serie 2015 • 5 Material und Oberfläche ISSN 0011-9571 B 2772 Redaktion: E-Mail: redaktion@detail.de Telefon (0 89) 38 16 20-84 Christian Schittich (Chefredakteur) Sabine Drey, Andreas Gabriel, Frank Kaltenbach, Julia Liese, Thomas Madlener, Emilia Margaretha, Peter Popp, Maria Remter, Edith Walter, Heide Wessely Freie Mitarbeit: Burkhard Franke, Sophie Karst, Florian Köhler, Hartmut Raendchen Marion Griese, Emese M. Köszegi, Simon Kramer, Dejanira Ornelas Bitterer (Zeichnungen) Zeichnungen werden erstellt mit Redaktion Produktinformation: produkte@detail.de Tim Westphal, Katja Reich, Hildegard Wänger Übersetzungen englisch: Elise Feiersinger
Editorial
Material + Oberfläche »Architektur ist eine vom Material geprägte Disziplin« betonen die slowenischen Architekten Dekleva Gregorič im Interview (s. S. 416ff.). Beinahe jedes ihrer abwechslungsreichen Häuser wird von einem anderen Baustoff bestimmt. Das gleiche gilt auch für die weiteren Projekt beispiele in diesem Heft: So verwandelt Wiel Arets ein Wohnhaus in Tokio äußerlich durch seine Hülle aus strukturiertem Glas in ein kristallin-skulpturales Gebilde, dessen Innenraum er den Charme von rohem Beton verleiht (s. S. 444ff.). Eine experimentelle Gemeinschaftsküche in Berlin dagegen erhält ihren ruppigen Charakter aus recycelten Europaletten, die mit Stampflehm gefüllt sind (s. S. 440ff.), während die wellige Aluminiumhaut eines Logistikcenters bei Zürich auf raffinierte Weise den Baukörper entmaterialisiert (s. S. 466ff.). Und Sauerbruch Hutton experimentieren bei einer Villa in München mit farbig glasierten Formsteinen aus Ziegeln, die zu ebenso bunt schimmernden wie plastisch gegliederten Fassaden führen (s. S. 470ff.). When interviewed for DETAIL, the Slovenian firm Dekleva Gregorič emphasized that architecture is a discipline “characterized by materials”. Their oeuvre is diverse, and each building showcases a different material. The projects we present in this edition by other architects also accentuate materials: the skin of a home in Tokyo by Wiel Arets transforms the massing into a crystalline entity, and the interior surfaces have the charm of coarse concrete; recycled EUR pallets give a communal kitchen in Berlin a rugged touch; a rippling aluminium skin dematerializes a logistics centre near Zurich; and a colourful brick skin cloaking a villa in Munich not only shimmers, it also plays an important role in Sauerbruch Hutton’s articulation of the facade.
Verlag und Redaktion: Institut für internationale ArchitekturDokumentation GmbH & Co. KG Hackerbrücke 6 80335 München
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Diskussion  discussion
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»Architektur ist eine vom Material geprägte Disziplin« – ein Gespräch mit Aljoša Dekleva und Tina Gregoricˇ
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“Architecture is a Discipline Charactarized by Materials” – a Talk with Aljoša Dekleva and Tina Gregoricˇ
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Die einzelnen Bauten des Büros Dekleva Gregorič treten recht unterschiedlich in Erscheinung, denn die Architekten aus Ljubljana reagieren mit ihren sehr konzeptionell entwickelten Projekten auf besondere Weise auf den jeweiligen Kontext. Das verwendete Material und seine Oberfläche spielen dabei fast immer eine zentrale Rolle. Im nachfolgenden Interview erläutern Aljoša Dekleva und Tina Gregorič ihre Philosophie und Herangehensweise und geben Auskunft über die aktuelle Situation in ihrer Heimat Slowenien. DETAIL: Tina Gregorič und Aljoša Dekleva, wenn wir uns hier in Ljubljana umsehen, fällt die Vielzahl an interessanter aktueller Architektur auf. Das ist bei einer vergleichsweise kleinen Stadt mit knapp 300 000 Einwohnern schon erstaunlich. Dekleva Gregorič: Sicherlich gibt es dafür verschiedene Gründe. Zunächst einmal haben wir hier in Ljubljana eine sehr gute Architekturschule. Sie ist weder Akademie
noch Technische Universität, sondern eine Kombination von beidem. Das geht noch sehr stark auf den Einfluss von Jože Plečnik zurück und damit indirekt auch auf Otto Wagner und die Wiener Tradition. Gleichzeitig hat das Kulturministerium nach der Unabhängigkeit Sloweniens einiges dafür getan, begabten jungen Architekten mit Stipendien eine Fortbildung im Ausland zu ermöglichen. Auch wir haben davon profitiert und nach einer abgeschlossenen Ausbildung daheim unser Masterstudium an der AA in London absolviert. Ein weiterer wesentlicher Grund für die hohe Architekturqualität in Slowenien aber ist sicherlich auch, dass viele der großen staatlichen Planungsbüros seinerzeit die Privatisierungsphase Ende der 1990er- und Anfang der Nullerjahre nicht überlebt haben. Das eröffnete jungen engagierten Architekten mit neuen Ideen besondere Chancen. Ein Büro, das damals seine Chance genutzt hat, ist das Ihre. Würden Sie uns bitte
Ihre Philosophie als Architekten erklären? Entsprechend unserer Ausbildung hier in Ljubljana und danach an der AA in London verstehen wir das Entwerfen als eine Art Forschungsprozess. Bei jedem Projekt setzen wir uns bestimmte Themen, die wir erforschen wollen und mit denen wir experimentieren. Diese können sozialer, philosophischer sowie kontextueller Natur oder auf ein besonderes Material bezogen sein. Vor allem aber sehen wir die Architektur als eine soziale Disziplin. Sie reflektiert die Gesellschaft und beeinflusst sie. Architektur wird für Menschen gemacht, ohne die Nutzer wäre sie sinnlos. Deshalb räumen wir dem Nutzer auch einen starken generativen Part ein. Partizipation als Teil des Entwurfsprozesses ist für uns ein wichtiges Thema, ebenso wie das Schaffen von Räumen für die soziale Interaktion. Mit beidem haben wir uns schon in unserer Masterarbeit beschäftigt, die unter dem Titel »Negotiate my Boundery« auch als Buch erschienen ist. Welche Rolle spielt der slowenische Kontext für Ihre Architektur? Dieser ist für uns sehr wichtig. Da ist zunächst einmal unser kulturelles Erbe, allem voran natürlich Plečnik. Noch mehr aber beziehen wir uns auf die slowenische Moderne der 1960er- und 1970er-Jahre. Sie war zwar Teil der internationalen modernen Bewegung und doch eigenständig. Im Gegensatz zur Moderne in Deutschland oder Frankreich beispielsweise hat sie ausgeprägte regionale Züge.
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Was zeichnet die slowenische Moderne besonders aus? Edvard Ravnikar, der Begründer der slowenischen Moderne, war sowohl Schüler von Jože Plečnik, später aber auch Mitarbeiter in Le Corbusiers Büro in Paris. Er war derjenige, der diese beiden Strömungen zusammenführte. Als bedeutender Professor an der Universität in Ljubljana hat er die gesamte nachfolgende Generation geprägt. Ravnikar entwickelte eine Moderne mit den örtlichen Gegebenheiten und als Reinterpretation der lokalen Tradition. In den 1960ern
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1 Tina Gregorič und Aljoša Dekleva 2 Curtain Office, Ljubljana, 2014 3, 4 XXS House, Ljubljana, 2004
1 Tina Gregorič und Aljoša Dekleva 2 Curtain Office, Ljubljana, 2014 3, 4 XXS-House, Ljubljana, 2004
und 1970ern zur Zeit Jugoslawiens gab es beispielsweise kaum Bauteile aus dem Katalog, alles, wie etwa die Fenster, musste eigens entwickelt und gefertigt werden. Das macht die Projekte dieser Zeit für uns heute so interessant. Die damaligen Architekten adaptierten das moderne Hochhaus, ohne die technischen Mittel dafür zu haben. Billige Arbeitskraft und eine beschränkte Auswahl an Material brachte sie dazu, handwerkliche Lösungen, wie sie Plečnik gezeigt hatte, auf einen größeren Maßstab zu übertragen. Diese Moderne mit einfachen Mitteln gab es anderswo auch, das Spezielle in Slowenien aber ist der Link zu Plečnik. Die besondere Beziehung zwischen Handwerk und Moderne bedeutet letztendlich, das Vermächtnis von Wien mit der modernen Bewegung zu vereinen.
Fassade und das Dach mit dem gleichen Material, nämlich Faserzement, verkleidet haben. Die Befestigung des Dachs mit ihren sichtbaren Schrauben wenden wir hier auch an der Wand an. Indem wir nichts verstecken, beziehen wir uns direkt auf Edvard Ravnikars zwei Bürotürme am Revolution (heute Republic) Square in Ljubljana mit ihren sichtbar montierten Steinplatten. Von dort wiederum führt ein direkter Verweis über Plečnik zu Otto Wagners Postsparkasse in Wien, bei der die Außenhaut durch die metallenen Befestigungsbolzen der Natursteinverkleidung strukturiert wird.
Können Sie uns ein Beispiel nennen, wie Sie sich heute auf diese Architektur beziehen? Ein Beispiel ist unser allererstes gemeinsames Projekt, das XXS-Haus, bei dem wir die
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Diskussion
Ist es für Sie wichtig, zu zeigen, wie etwas befestigt ist? Ja, denn mit der Befestigung zeigen wir den Herstellungsprozess und würdigen damit die Arbeit der Menschen, die das Haus bauen. Ein schönes Beispiel dafür ist die Treppe als zentrales Element im XXS-Haus. Wir entwarfen sie aus zusammengeschweißten 10 mm starken Blechen und wollten sie ur-
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sprünglich weiß lackieren. Als wir dann in die Werkstatt des Metallbauers kamen, der die Treppe sehr präzise zusammenschweißte, erkannten wir, wie stolz dieser auf seine Arbeit ist und kamen zu der Überzeugung, dass wir den Stahl auf keinen Fall mit Farbe überdecken dürfen. So ließen wir das Metall unbehandelt und würdigen damit die handwerkliche Leistung des Schweißers. Gleichzeitig zeigen wir anhand der Schweißnähte, wie die Treppe zusammengefügt ist und bleiben damit dem Material gegenüber ehrlich. Anhand dieser Treppe merkten wir das erste Mal, wie wichtig es für uns ist, die jeweilige Natur eines Baustoffs herauszustellen. Beim XXS-Haus gilt das natürlich auch für die anderen Materialien: den Terrazzo, aber auch die einzige Wand aus Beton, die in diesem Haus sichtbar gelassen ist. Was bedeuten die Materialien selbst für Sie? Neben ihrer sozialen Funktion ist die Architektur eine sehr haptische, vom Material geprägte Disziplin. Man erfährt sie nicht nur mit dem Auge, sondern auch durch das Berühren. Bei jedem unserer Entwürfe beziehen wir die Materialien gedanklich von Anfang an in unser Konzept ein und versuchen oftmals, sie nicht auf die übliche Art zu verwenden, sondern pro Projekt das Wesen eines bestimmten Baustoffs zu ergründen. Die Entscheidung für bestimmte Materialien leiten wir dabei aus dem Kontext ab. So werden die meisten unserer Projekte durch ein bestimmtes Material geprägt. Ganz deutlich wird das zum Beispiel am Clifftop House auf Maui, das komplett unter dem Vorzeichen von Ipe-Holz steht, dem lokalen Hartholz von Hawaii, oder beim Compact Karst House, unserem jüngsten Projekt. Dieses war von Anfang an von der Vorstellung bestimmt, die traditionelle Steinfassade und das Steindach der Gegend in ein zeitgemäßes Haus zu integrieren. Der Naturstein war also der Ausgangspunkt unseres Konzepts. Dabei interessierte uns der Stein nicht allein als Material, sondern vielmehr auch in dem Zusammenhang, wie die Menschen dort ihre Häuser bauen. Denn traditionell gab es in der Karst-Region –
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»Architektur ist eine vom Material geprägte Disziplin« – ein Gespräch mit Aljoša Dekleva und Tina Gregorič
5 –7 Compact Karst House, Vrhovlje, 2014 Schnitt Maßstab 1:200
5 –7 Compact Karst House, Vrhovlje, 2014 Section scale 1:200
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iner mediterran geprägten Landschaft in e der Nähe von Triest – als Baumaterial nur Stein, sowohl für die Wände als auch für das Dach. Sogar die Dachrinnen sind dort aus Naturstein. Heute ist es sehr teuer, auf traditionelle Art zu bauen, schon deshalb, weil es kaum mehr Handwerker gibt, die das beherrschen. Sah das Mauerwerk in der Gegend denn tatsächlich so aus wie bei ihrem Haus? Traditionell waren die Bauten der Gegend verputzt. Da aber nur sehr wenig für den Unterhalt getan wurde, fiel der Putz irgendwann ab und die einzelnen, tektonisch nicht sehr sorgfältig gefügten Steine wurden sichtbar. Diese prägten zusammen mit dem herabgefallenen Putz das traditionelle Bild der Häuser in der Karstgegend. Und auf dieses Bild beziehen Sie sich mit Ihren Fassaden. Wie sind diese denn konstruiert? Wir entschieden uns für einen zweischaligen Aufbau: innen Beton, dann die Wärmedämmung und außen eine etwa 15 cm starke Schale aus Beton und Naturstein, hergestellt in Schichten von ca. 50 cm Höhe mit einer Art Gleitschalung – jeweils eine Lage Beton, dann eine Lage Steine, dann wieder Beton und wieder Steine. Wenn der Beton einigermaßen hart ist, wird die Schalung dann weiter nach oben gesetzt. Nach dem Ausschalen wird dann der Beton, je nach dem gewünschten Effekt, mehr oder weniger von den Steinen abgeklopft. Somit haben die Handwerker auf der Baustelle relativ großen Einfluss auf das Endergebnis. Sie müssen das nötige Feingefühl mitbringen, brauchen ansonsten aber keine besonderen Fähigkeiten. Die Steine selbst stammen von einem nahe gelegenen Steinbruch am Ort.
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Und das Dach ist aus Beton? Ein Steindach wäre heute viel zu teuer gekommen, wegen der damit verbundenen vielen Handarbeit. Deshalb stellten wir uns der Herausforderung, ein Betondach mit einer ähnlichen Struktur und der traditionellen
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Disenny Hub – Sprungbrett in die Zukunft Barcelonas Disenny Hub – Springboard to Barcelona’s Future Frank Kaltenbach
Architekten: MBM Arquitectes, Barcelona Josep Martorell, Oriol Bohigas, David Mackay, Oriol Capdevila, Francesc Gual
Nur auf den nicht aktualisierten Satellitenbildern von Google Earth ist er noch zu sehen: der aufgeständerte Ring der Stadtautobahn, der jahrzehntelang die Plaça de les Glòries Catalanes – den zentralen Platz in Cerdàs Stadterweiterungsplan von 1855 – zum verwahrlosten Abstandsgrün degradierte. In nur wenigen Monaten haben die Abrissbagger vollendet, was jahrelang minutiös unter dem Projektnamen 22@Barcelona geplant wurde: Hier, wo die Avinguda Diagonal die Gran Via de les Corts Catalanes schneidet, ist ein Park im Entstehen, der ähnlich dem Central Park in Manhattan zur grünen Lunge und zum kulturellen Treffpunkt der dicht bebauten Rasterstadt avanciert. Den unübersehbaren Startschuss für die Umstrukturierung des Stadtteils Poblenou gab 2004 der 142 Meter hohe kristalline Büroturm Torre Agbar von Jean Nouvel, der die Stadtsilhouette beherrscht und zurzeit in ein Fünf-Sterne-Hotel umgebaut wird. 2009 folgte das Museo Can Framis von BAAS arquitectura mit herbem Sichtbetoncharme und ein Jahr später das gegenüberliegende Media-ICTGebäude von Enric Ruiz-Geli mit seinen in grüne Stahlkonstruktionen gespannten ETFE-Folienkissen. Mit dem Disenny Hub zwischen Torre Agbar und den heiter verkippten Spiegeldächern des beliebten Flohmarkts Encants (2014) an der Südecke der Plaça wurde nun der dominierende Baustein wie die Perle in eine Fassung gesetzt. Auf 30 000 Quadratmetern werden hier vier Designinstitutionen, eine Stadtteilbibliothek und ein Restaurant für urbanes Leben sorgen. Der Name Disenny hat nichts mit Disney zu tun und selbst viele Spanier tun sich mit der Aussprache schwer. Das katalanische Wort wird »Disenj« ausgesprochen, was sich fast so anhört, wie das englische »Design«. Nur ein Viertel der Baumasse durfte laut der Wettbewerbsausschreibung 2001 oberirdisch in Erscheinung treten, der 160 Meter lange, zur Hälfte eingegrabene Gebäuderiegel für Wechselausstellungen und Verwaltung wird mit seinen Dachterrassen und einer Reihe verglaster Oberlichtlaternen zur Topografie des Parks. Den 30 Meter hohen Aufbau haben die Architekten um den
90-jährigen Oriol Bohigas als visuellen Abschluss in die Blickachse der mittigen Avenida Avila gerückt, was erst voll zur Geltung kommen wird, wenn die flankierenden Brachflächen als Platzrand bebaut sein werden. Als dialektischer Kontrast zu den sich im Himmel auflösenden Rundungen des glitzernden Torre Agbar streckten sie den scharfkantigen, mit stumpfem Zinkblech verkleideten Stahlbetonbau durch die bis zu 30 Meter auskragenden Stahlkonstruktionen des Auditoriums und der Dachterrasse in die Horizontale. Passanten können den Höhenunterschied von sieben Metern zwischen dem Wasserbecken und der erhöhten Plaça de les Glòries mitten durch das
Gebäude überwinden. In die Kunstlichträume der Dauerausstellung führt ein angedockter Erschließungsturm mit signalgelben Wänden und technoiden Rolltreppen. Von neuen Materialien und modernem Industriedesign über historisches Kunsthandwerk mit einer barocken Holzkutsche und Picassos handbemalter Keramik reichen die Exponate unter der neutralen Lichtdecke. Die satten Farben der kulturkritisch aufbereiteten Modenschau durch die Jahrzehnte und die katalanische Plakatkunst erstrahlen vor schwarzem Hintergrund. Den Entstehungsprozess des berühmtesten Designprojekts Kataloniens sieht man jedoch nur aus der Ferne: die Baustelle der Sagrada Familia.
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Schnitte Maßstab 1:1000 / Sections scale 1:1000
The raised city expressway that for decades had reduced Plaça de les Glòries Catalanes – the central square in Cerdà’s Plan of Urban Expansion of 1855 – to a derelict “green strip” is now only present on obsolete satellite images. In just a few months the wrecking equipment helped implement an urban renovation project named 22@Barcelona that had been in the works for many years: where the Avinguda Diagonal cuts across Gran Via de les Corts Catalanes, a green oasis is emerging that is destined to be the dense city’s cultural hot spot. Jean Nouvel’s 142-metre-high Torre Agbar (2004), initially an office tower and currently being converted into a hotel, was the first step in the restructuring process of the
Poblenou district. The Museo Can Framis by BAAS arquitectura was completed in 2009, and opposite it, a year later, the Media ITC Building by Enric Ruiz-Geli, which sports ETFE cushions on a green steel structure. Situating the Disenny Hub between Torre Agbar and the cheerful tilted mirrored roofs of a beloved flea market (2014) on the southern corner of the square is akin to placing a pearl in its setting. A library, 4 design institutions and a restaurant now provide a basis for urban vitality. The competition brief (2001) specified that only one fourth of the volume was to rise above the ground plane: with its roof terraces and a series of glazed skylights, the 160-metrelong partially subterranean wing for temporary
exhibitions and administration doubles as the park’s topography. Oriol Bohigas and his colleagues envisioned the 30-metre-high structure as visual culmination of the Avenida Avila, but this will not be palpable until buildings occupy the flanking empty sites. As dialectic contrast to the ephemeral rounded forms of the Torre Agbar, the crisp lines of the reinforced-concrete building, whose steel structure cantilevers 30 m, extends horizontally. Pedestrians negotiate the 7 m level change between the water basin and the Plaça de les Glòries by passing through the building. A circulation tower with yellow surfaces and hightech escalators provides access to the permanent exhibition on artisanal crafts.
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Bücher, Ausstellungen
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dokumentiert, kommen nördlich Bambergs lediglich vier Berliner und ein Hamburger Platz in die Publikation. Hier liest man natürlich die geografische Nähe der Uni und die Lieblingsdestinationen – auch Norditalien ist gut vertreten. Doch die Publikation weiß, dass sie sich »auf einzelne, besonders charakteristische Beispiele« konzentriert, und wird dem auch gerecht. Mit dem großen Format ist ein angenehmes Anschauen möglich, bei dem die hohe Qualität der detaillierten Zeichungen dankenswerterweise zur Geltung kommen darf. Katinka Corts Alexander Brodsky. Werke Neue Holzbautechnologien. Materialien, Konstruktionen, Bautechnik, Projekte
Platzatlas. Stadträume in Europa
Rainer Hascher (Hg.), Simone Jeska, Khaled Saleh Pascha, Birkhäuser, Basel 2014, 176 S., ISBN 978-3-03821-611-7, € 59,95
Sophie Wolfrum (Hg.), Birkhäuser, Basel 2014, 312 S., ISBN 978-3-03821-544-8, € 79,95
Dem Baustoff Holz wird in jüngster Zeit als nachhaltiger, nachwachsender Rohstoff und aufgrund neuer Möglichkeiten des konstruktiven Holzbaus wieder viel Aufmerksamkeit geschenkt. Da liegt es nahe, die neuesten Entwicklungen in einem Buch zusammenzufassen. Das gelingt dem Birkhäuser Verlag mit dieser Neuerscheinung kompakt, übersichtlich, fundiert und für ein Fachpublikum. Alle Texte und Objektberichte sind gut recherchiert und sehr detailliert geschrieben. Teilweise hätten hier und da Substantivierungen aufgelöst, Wortdoppelungen vermieden werden können. Die sieben Kapitel des Buchs, beginnend mit einer Einleitung und endend mit zwölf Objektberichten, umfassen tatsächlich all die im Untertitel erwähnten Begriffe und zeigen deutlich, wie verschiedene Entwicklungen ineinandergreifen, sich gegenseitig befruchten, beispielsweise Holzverbindungen mit neuen Materialien in Kombination mit der CNC-Fertigung. Die Texte werden von zahlreichen Skizzen, Plänen und Fotografien begleitet, in ausführlichen Fußnoten vermitteln die Autoren den Lesern wichtige Hintergrundinformationen, wie zu biegeaktiven Tragwerken oder Spannbandbrücken. Während die Fußnoten aufgrund der Ziffern dem Text gut zugeordnet werden können, ist dies bei den Abbildungen sehr mühselig. Denn warum auch immer verzichteten Verlag und Herausgeber auf Bildnummern, die im Fließtext an passender Stelle hätten auftauchen können. Dies ist allerdings aufgrund der restlichen Qualitäten des Buchs zu vernachlässigen. Dazu zählt auch das sehr gelungene Layout mit reichlich Weißraum und einer abwechslungsreichen und dennoch nicht überladenen Grafik. Alles in allem also ein Buch, wie man es aus dem Hause Birkhäuser kennt und vielleicht auch erwartet. Simone Hübener
Ein Wissensarchiv mit gut aufbereiteten Referenzen, das man zu Studienzwecken und als Entwurfswerkzeug nutzen kann – der Anspruch, den die herausgebende Münchner Städtebau-Professorin Sophie Wolfrum an das eigene Werk stellt, ist nicht gering. Mit der Publikation »Platzatlas – Stadträume in Europa« versammelt der Städtebau-Lehrstuhl der Technischen Universität München zehn Jahre Forschungsarbeit in einem knapp 300-seitigem Werk. Nach Vorwort und Einleitung findet man auf einer vier Seiten umfassenden Matrix alle im Buch vorgestellten Plätze in Zahlen und Fakten. Hier kann der Leser mit wenigen Blicken unter anderem Größe, Art und Form der Plätze vergleichen, sich aber auch mit der überraschenden Kategorie »Performatives Potenzial« beschäftigen: Was soll der Platz, wem oder was ist er gewidmet, wem dient er? 70 Plätze werden im Buch anhand von 330 Zeichnungen im einheitlichen Maßstab und in vereinender Zeichenart dargestellt – eine enorm akribische Arbeit, die für diese Publikation geleistet wurde. Schwarzpläne, Grundrisse, Schnitte und vor allem die detailreichen Axonometrien ermöglichen, systematisch geordnet, ein plangewaltiges Arbeitsinstrument für Städtebau-Aufgaben. Zudem beschreibt jeweils ein kurzer Text den Aufbau des Platzes sowie dessen Eigenarten, unterhalb davon werden die Eckdaten des Projekts zusammengefasst. Dazu gehört auch ein Blick auf die genaue Ausgestaltung der Platzoberfläche – wie schwedischer Granit, Flusskiesel-Pflaster oder Marmor – und auf die wichtigen angrenzenden Gebäude. Acht der 21 deutschen Beispiele stammen aus München, was in Anbetracht der Herausgebenden nicht weiter verwundert. Vermissen mag man dennoch eine breitere Streuung der Auswahl: Sind Bayern und Baden-Württemberg vergleichsweise dicht
1955 in Moskau geboren und als weltbekannter, zeitgenössischer Künstler und Architekt vielfach gewürdigt, zeigt Alexander Brodsky im Berliner Museum für Architekturzeichnung neue und zum Teil eigens für Berlin entworfene Arbeiten. Der Mitbegründer der in den 1980er-Jahren in der Sowjetunion entstandenen Bewegung der »Papierarchitektur« – einer Bewegung gegen die postsowjetische Routine der Typenbauplanung–, betreibt seit dem Jahr 2000 neben seiner künstlerischen Tätigkeit sein eigenes Architekturbüro in Moskau. Im ersten Teil der Ausstellung sind Papierarbeiten in Form von Zeichnungen, Radierungen und Drucken zu sehen. Brodskys utopische, düstere Phantasiewelten spiegeln Emotionen, die durch das Erleben von Raum hervorgerufen werden. Seine Themen sind Architekturen und Landschaften, Horizonte, Skulpturen und Volumen. Durch vielfache Überlagerungen der Strukturen entstehen neue Dimensionen und die Objekte entwickeln ihr Eigenleben. Brodsky schafft den schmalen Grat zwischen Abstraktion und Gegenständlichkeit, Monotonie und Vielfältigkeit sowie zwischen Klarheit und Unschärfe. Der zweite Teil der Ausstellung interpretiert das Subjekt der Architekturzeichnung freier und widmet sich Brodskys Architekturreliefs aus Ton und anderen Materialien wie mit Tusche bemalten Dachpappen. Das wiederkehrende Motiv der fragmentarischen Tonfassaden wirkt mysteriös – ein Umstand, der zum Teil dem Material zu verdanken ist, das beim Trocknen feinste, individuelle Risse ausbildet. Auch die aus Ton entstandenen Grundrisse einzelner Räume erhalten dadurch ihren unverwechselbaren Charakter. Jede seiner Techniken ist dabei eine bestimmte Sprache, die ihre eigene Geschichte erzählt. Damit sind – wie in der Architektur – Methode, Material und Thema untrennbar miteinander verbunden. Bettina Krause bis 5.6.2015, Tchoban Foundation Museum für Architektur, Berlin www.tchoban-foundation.de
Dokumentation documentation
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Gartenpavillon in Smetlede Garden Pavilion in Smetlede Architekt: Indra Janda, Smetlede Tragwerksplaner: Arthur De Roover, Gent weitere Projektbeteiligte S. 536
Lageplan Maßstab 1:2000 Site plan Scale 1:2000
Der belgische Ort Smetlede, südöstlich von Gent, liegt in einer ländlichen Region. Felder, Acker und Waldstücke werden durch ein loses Netz von Wegen und Straßen parzelliert und lediglich an den größeren Verkehrswegen verdichten sich die Häuser zu Siedlungen oder Dörfern. Sensibel platziert Indra Janda den Solitär zur Erweiterung eines bestehenden Hofs. Der Pavillon bildet ein Ensemble mit Haupthaus und Nebengebäude und grenzt den Garten zwischen den Bestandsgebäuden rückseitig ab. So pragmatisch die Volumensetzung ist, so pragmatisch ist auch die Gebäudeform. Kleiner und kompakter als der Bestand nimmt der Gartenpavillon die Form des Giebeldachs auf
und schließt an der rückseitigen Baulinie an, hält aber einen diskreten Abstand zum Wohnhaus. Dieses Selbstverständnis als Solitär setzt sich in der Oberfläche fort: Eine weiße Schuppenhaut aus transluzenten Polycarbonatschindeln zieht sich über das gesamte Volumen. Unaufdringlich und doch eigenständig verortet sich der Pavillon, ohne die Bestandsgebäude oder das umgebende Grün übertrumpfen zu wollen. Unterstützt wird dieser Eindruck durch die großzügigen Ausschnitte zum Garten, welche die Leichtbaukonstruktion offenlegen und der Hülle das monolithische Moment nehmen. Auf der Bodenplatte aus Beton steht ein Holzgerüst in Rippen-
bauweise, dessen diagonale Aussteifungen frei platziert sind. In Absprache mit dem Ingenieur, der in Belgien auch für solch kleine Bauvorhaben vorgeschrieben ist, entstand eine eigenwillige, aber bodenständige Konstruktion, welche durch den Verzicht von Deckenbalken ein Maximum an Raum ermöglicht. Ebenso konsequent wird die Materialwahl umgesetzt und die eigenhändig zugeschnittenen Polycarbonatschindeln anhand der Verlegetechnik eines Baustoffherstellers angebracht. Was mit Ingenieur und Handwerker vor Ort entschieden wurde, ergibt eine harmonische Einheit und eine feinfühlige, charaktervolle Erweiterung des Ensembles. HR
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The Belgian town of Smetlede, south east of Ghent, is located in a rural area composed of fields, meadows and forested areas. These landscape components are apportioned by a loose network of lanes and streets. It is only on the edges of these pathways that one encounters houses grouped in smaller colonies or villages. Indraa Janda has carefully inserted this solitaire in an existing farmyard. The pavilion becomes a part of an ensemble made up of the main house and auxiliary buildings. By siting it between two structures the architects created a defining back edge of the garden. The positioning of the massing is as practical as the building form itself. Smaller band more compact than the neighbouring structures,
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the new pavilion adopts their gable roof and aligns itself with the main building, but maintains a discrete distance. The matter-offactness of the solitaire continues over to its surface and the scales of white, translucent polycarbonate shingles sheathe the entire volume. The pavilion unobtrusively findsa its footing without trying to outdo the existing building or the surrounding trees. This impression is underscored by the ample openings toward the garden: these reveal the lightweight construction method and mitigate the skin’s otherwise tendentially monolithic guise. Atop the con-a crete slab on grade is a wood frame erected employing the cross beam and rib construc-
Schnitte Grundriss Maßstab 1:100
tion method. The required diagonal bracing is independent of the structure’s symmetry. In consultation with the engineer, who in Belgium must also be involved in such a small project, an idiosyncratic yet down-to-earth b structure came about. By eliminating roof beams, the team maximized the spaciousness of the interior. The material scheme was implemented every bit as thoroughly: the process involved installing bespoke polycarbonate shingles – they were cut to size by hand – with a conventional mounting technique. The decisions made on site with the engineer and the artisans have yielded a sensitive, harmonic new addition to the ensemble.
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Wohnhaus in Tokio Residence in Tokyo Architekten: Wiel Arets Architects, Amsterdam Mitarbeiter: Satoru Umehara, Alex Kunnen Jörg Lüthke, Jean-Jaques Jungers, Sadamu Shirafuji, Ilze Paklone Tragwerksplaner: Low Fat Structure, Tokio weitere Projektbeteiligte S. 536
Grundrisse Schnitte Maßstab 1:200 1 Stellplatz 2 Esszimmer 3 Küche 4 Wohnzimmer 5 Arbeitsbereich 6 Schlafzimmer 7 Dachterrasse
Angesichts der Baugrube, die zwei Geschosse tief in die Erde reichte, hatten die Bewohner der unmittelbar angrenzenden Häuser in dem engen, aber ruhigen Wohnviertel Tokios anfangs große Bedenken. Doch der niederländische Architekt Wiel Arets konnte sie beruhigen. Dem Wohnhaus liegen sehr strenge Prüfungen von Statik und Erdbebensicherheit zugrunde, während er bei der Ausformung des kristallinen Baukörpers mehr Freiheit genoss. Als Ausblick auf den anliegenden Park platzierte er große Öffnungen in der Fassade aus emailliertem, strukturiertem Glas. Damit die Bewohner sich andererseits vor Einblicken schützen können, lässt sich überall eine zweite Schicht aus dem gleichen Glas vor die Isolierverglasung schieben. Die breiten, stählernen Führungsschienen heben sich klar von der hellgrün schillernden Hülle ab. Im Inneren entstehen spannende Lichteffekte durch das Relief des lichtdurchlässigen Glases, das, gerahmt vom Grau der Sichtbetonwände, gut zur Geltung kommt. Eine skulpturale Betontreppe windet sich fünf Geschosse zur Dachterrasse empor. Im ersten Untergeschoss belichten Oberlichtbänder zwei Schlafräume, im Erdgeschoss führt die Eingangstür unmittelbar in den Essbereich, oben folgt der Wohnbereich und im Dach thront die »Mastersuite«, wo sich das traditionelle japanische Bad »Ofuro« harmonisch mit dem modernen Gebäude vereint. SD This residence extends deep into the ground. In Japan, all designs must meet rigorous structural requirements and include earthquake safety measures. With regard to determining the shape of the crystalline building massing, however, the architect had considerably more leeway. Large openings in the enamelled glass facades bring light into the spaces, mark the entrance, and open up the view to the nearby park. Dark steel profiles hold sliding textured-glass elements – a reinterpretation of the shutter – that furnish privacy and contrast clearly with the light-green shimmering building. The grey concrete surfaces inside the house become animated when light passes through the textured glass.
Floor plans Sections scale 1:200 1 Parking space 2 Dining room 3 Kitchen 4 Living room 5 Study 6 Bedroom 7 Roof terrace
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Ladenfassade in Tokio
Lageplan Maßstab 1:6000
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Site plan scale 1:6000
Architekten: Jun Aoki & Associates, Tokio Tragwerksplaner: Permasteelisa Japan K.K., Tokio weitere Projektbeteiligte S. 536
Ginza gilt als eines der wichtigsten Geschäfts- und Vergnügungsviertel Tokios. Zahlreiche internationale Mode- und Luxusmarken haben sich hier rund um die zentrale Straße »Chūō-dōri« angesiedelt, so auch der zweistöckige Flagshipstore von Louis Vuitton. Als dieser renoviert und um eine dritte Etage erweitert werden sollte, entschied man sich für eine neue Fassade, die über alle acht Etagen reicht. Die stählerne Tragstuktur der alten Gebäudehülle musste erhalten bleiben, was den Gestaltungsspielraum der Architekten stark einschränkte. So durfte die neue Verkleidung eine Tiefe von 24 cm nicht überschreiten und nicht mehr als 40 kg/m2 wiegen. Das Ergebnis ist eine zweischichtige Aluminiumfassade aus 5 mm starken Paneelen mit einer perlmuttfarbenen FluorpolymerOberflächenbeschichtung, zusammengesetzt aus Trichter- und daraufsitzenden Rautenelementen, in jeweils fünf verschiedenen Größen. Die Elementstöße der Trichter verlaufen diagonal, sodass sie von den darüberliegenden Rauten verdeckt werden. Zusätzliche Tiefe gewinnt die Fassadenstruktur durch die Hinterleuchtung durch in die Trichter eingelassene LEDs. Das Rautenmotiv lehnt sich an das für Louis Vuitton typische schachbrettartige Design an und soll ebenfalls an das sich wieder holende Punktemuster eines klassischen Kimonos erinnern. FLK There is a large concentration of boutiques on Ginza’s “Chūō-dōri” (literally: Main Street): among them, this flagship store, which has just been enlarged from two to three levels. As part of the renovation work a new facade was added that spans all of the building’s eight stories. Integrating the steel structural system of the previous building envelope was a requirement and limited the new skin’s thickness to 24 cm and its weight to 40 kg/m2. The response: a double-skin aluminium skin of 5 mm thick panels consisting of both funnel- and star-shaped elements in 5 different sizes. The panel joints run diagonally, hidden behind the star panels. The facade’s depth is accentuated by backlighting.
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A, B Fassadenpaneele im Versuchsaufbau zur Ermittlung der optimalen Verteilung der LED-Leuchtmittel C Ausschnitt Fassadenansicht der Paneele mit diagonalen Dehnungsfugen Maßstab 1:75 D Fassadenpaneel mittlerer Größe Ansicht • Vertikalschnitt Maßstab 1:10
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A, B Preliminary studies of facade panels to determine the optimal distribution of the LED lamps C Portion of facade: view of the panels, with diagonal expansion joints scale 1:75 D Medium-sized facade panel Elevation • Vertical section scale 1:10
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1 F luorpolymer-Oberflächenbeschichtung, Aluminiumpaneel flach, 3 mm 2 Fluorpolymer-Oberflächenbeschichtung, Aluminiumpaneel konkav, 3 mm 3 Aluminiumhalterung gegen Windlasten 4 Fluorpolymer-Oberflächenbeschichtung, Aluminiumrautenpaneel flach, 5 mm 5 ringförmige Dehnungsfuge Neopren 6 Leuchtmittel LED kreisförmig angeordnet mit davorliegender Glasscheibe 5 mm 7 Stahlprofil ∑ 80 mm ≈ 90 mm 8 Aluminiumzylinder, Halterung des Rautenpaneels 9 Lichtreflexionsplatte Aluminium mit dahinter liegender Dichtung 10 Stütze Stahlprofil HEA 125 mm (Bestand) 11 Träger Stahl ∑ 95/80 mm 12 Stahlwinkel 90/75 mm 13 Verbindungsstück zwischen konkavem und flachem Paneel für exakte Stoßfugenkalibrierung auf Aluminiumprofil ‰ 60/30/3 mm 14 diagonale Dehnungsfuge Neopren 1 fluorpolymer coating 3 mm aluminium panel, flat 2 fluorpolymer coating 3 mm aluminium panel, concave 3 aluminium anchor to withstand wind loads 4 fluorpolymer coating 5 mm aluminium star panel, flat 5 circular expansion joint, neoprene 6 LED lamp circular arrangement with 5 mm glass pane cover 7 80/90 mm steel angle 8 aluminium cylinder, anchor of star panel 9 light reflecting board, aluminium, with sealant on back side 10 existing column: 125 mm wide-flange steel Å-profile 11 beam: 95/80 mm steel angle 12 90/75 mm steel angle 13 connecting piece between concave and flat panels für high-precision butt joint calibration on 60/30/3 mm aluminium channel 14 diagonal expansion joint, neoprene
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Ein traditionsreicher Baustoff mit Zukunft – mit Ziegel individuell gestalten A Building Material with a Rich Tradition – Using Brick in Custom Solutions Dietmar Müller, Oswald Günzl
www.detail.de Ziegel – auch Backstein oder Ziegelstein genannt – ist einer der ältesten bekannten Baustoffe. Aus Ton gebrannte Ziegel wurden wegen ihrer positiven Eigenschaften bereits 3000 v. Chr. als Baustoff verwendet und haben sich über die Jahrtausende bewährt. Leichter und flexibler als Naturstein verbreiteten sich Ziegel mit ihren handlichen Formaten in allen Teilen der Erde und führten zu faszinierenden Ikonen der Baugeschichte: von der Kuppel der Hagia Sophia in Konstantinopel aus typisch byzantinischen schmalen Ziegeln, deren Fugen die Dicke der Steine zum Teil sogar übertrifft, bis zu der im Jahr 1500 fertiggestellten gotischen St. Martinskirche in Landshut mit ihrem 130 m hohen gemauerten Turm, dem weltweit höchsten Bauwerk aus tragendem Ziegel. Aufgrund seiner hervorragenden bauphysikalischen Eigenschaften, seiner Haltbarkeit und nicht zuletzt seiner haptischsinnlichen Anmutung ist Ziegel heute so aktuell wie je. Neben Klinkern und Vormauerziegeln, mit denen sich auch heute noch traditionelle Oberflächen erzielen lassen, bieten keramische Ziegelplatten, die mit neu entwickelten Verfahren hergestellt werden, bisher nicht realisierbare Gestaltungsspielräume. Sanierung Nach Jahren der industriellen Perfektionierung werden wieder verstärkt handwerkliche Oberflächen nachgefragt. Handgeschlagene Klinker werden oft bei Sanierungen eingesetzt, wenn Belange des Denkmalschutzes berücksichtigt werden müssen. Bei der Münchner Frauenkirche müssen zahlreiche schadhafte Klinker ersetzt werden. Von Seiten der Behörden wird Wert darauf gelegt, dass die neuen Klinker sowohl rohstoffseitig als auch fertigungstechnisch den historischen Vorbildern aus dem 14. Jahrhundert entsprechen. Die Rohstoffe der neuen Klinker werden dabei aus ähnlichen Tonvorkommen gewonnen wie die ursprünglichen. Wie schon im Mittelalter werden bei dem traditionellen Handschlagverfahren Holzformen verwendet, um eine authentische Oberflächenstruktur zu erreichen.
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Individuell in Format, Form und Farbe Ihre natürliche Farbigkeit und Oberflächenstruktur sowie die haptische Anmutung des Materials verleihen Fassaden, Dächern und Böden mit Klinkern und Ziegeln einen unverwechselbaren Charakter. Ob einfarbig oder bunt, mit oder ohne Glasur, die Farbvielfalt reicht von kühlem Weiß über Grau bis hin zu warmen Gelb- und Orange-Tönen. Nicht zu vergessen die klassischen Ziegelfarben von Rot und Rotblau bis zu Braun und Tiefschwarz. Durch moderne Fertigungsanlagen sind Ziegel heute in fast jeder Größe, Form, Oberfläche und Farbe erhältlich. Unzählige gebaute Beispiele dokumentieren die viel fältigen Gestaltungsmöglichkeiten und die kreative Weiterentwicklung des traditions reichen Materials – vom 240 ≈ 115 ≈ 52 mm großen Dünnformat über bis zu 600 ≈ 600 mm frei wählbare Abmessungen von Terrakottasteinen bis zur 3 m langen Ziegelplatte für wärmegedämmte Außenwände mit vorgehängten hinterlüfteten Fassadensystemen. In Zusammenarbeit mit Architekten und Planern entstehen immer neue profilierte Oberflächen und Sonderformate für verschiedenste Bauaufgaben in Architektur und Stadtgestaltung. Daneben überzeugt der Baustoff mit sehr guten bauphysikalischen Eigenschaften, ist frostsicher, nicht brennbar, beständig gegen Säuren und Laugen und frei von Ausblühungen. Dank der geringen Wärmeleit fähigkeit schaffen Ziegel- und Klinkerfassaden ein angenehmes Wohnklima, halten im Winter die Wärme im Gebäude und schützen im Sommer vor Überhitzung. Auch im Innenbereich kommen vorgehängte hinterlüftete Ziegelwände zum Einsatz. Zum einen kann dies rein gestalterische Gründe haben. Zum anderen eignen sich perforierte Ziegelplatten für den effizienten Schallschutz und werden daher im Innen bereich häufig als Akustikelemente eingesetzt (Abb. 6, 7). Maßhaltige Produkte mit schnittglatten Oberflächen Der Herstellungsprozess verläuft bei allen
Ziegelprodukten ähnlich. Eine Mischung aus verschiedenfarbig brennenden, natürlich vorkommenden Tonen, Lehmen und Sanden wird aufbereitet und gibt vor, welche Farbe das Endprodukt später haben wird. Die während des Brennvorgangs durch Oxidationsprozesse der Tonmineralien entstehenden Farben sind rein natürlichen Ursprungs und absolut UV- und witterungsbeständig. Die Formgebung von Ziegeln erfolgt zumeist im Strangpressverfahren. Dabei gibt ein Mundstück vor der Strangpresse die Form des Produkts vor, das dann mit dünnem Draht in einzelne Elemente geschnitten wird (Abb. 14). Anschließend wird der Formling getrocknet und gebrannt. Klinker sind Ziegelsteine, die bei Temperaturen bis 1300 °C gebrannt werden. Dabei schließt der beginnende Sinterprozess die Poren und es wird kaum Wasser aufgenommen. Keramische Steine und Fassadenplatten aus Terrakotta werden bei ähnlich hohen Temperaturen wie Klinker 75 Stunden im Tunnelofen gebrannt. Rohstoffkreislauf Nach Abbau des Rohstoffs ist es möglich, Ton- und Lehmgruben aufzufüllen und für Land- oder Forstwirtschaft bzw. als Erholungsraum nutzbar zu machen (rekultivieren) oder von Pflanzen und Tieren auf natürliche Weise wiederbesiedeln zu lassen (renaturieren). Ziegel- und Klinkerfassaden haben mit 100 Jahren und mehr eine sehr lange Lebensdauer, sind unempfindlich gegenüber Verschmutzungen und altern in Würde. Schadstofffrei hergestellt lassen sich alle Ziegelvarianten anschließend auch rückstandslos recyceln. Pflasterklinker Pflasterklinker vereinen Ästhetik und Funktionalität für den Bodenbelag von öffentlichen, gewerblichen und privaten Flächen. Ob in Fußgängerzonen oder auf Vorplätzen, Zufahrten oder Terrassen – die natürliche und sehr stabile Pflasterung eignet sich für eine individuelle und prägnante Gestaltung von Bodenflächen. Da die Pflasterklinker bis zur Sinterung gebrannt werden, sind sie besonders robust, frostsicher und beständig
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gegenüber mechanischen Belastungen. Da sie aus einem einzigen Material bestehen, ist ihre Größe aus Gründen der Brenntechnik begrenzt, üblich sind Pflasterklinker mit Querschnitten von 24 ≈ 11,8 ≈ 5,2 cm. Zahlreiche Formate für unterschiedliche Verlegemuster stehen zur Auswahl. Zudem haben die Oberfläche und die Gestaltung der Kante Einfluss auf die Wirkung des Bodenbelags, von klassisch-elegant bis ursprünglich-rustikal. Auch Reliefstrukturen sind mit Pflasterklinkern möglich, beispielsweise um taktile Bodenleitsysteme für Blinde und sehbehinderte Menschen zu schaffen. Für den neuen Eingangshof des Museums der Kulturen in Basel wählten die Architek-
ten Herzog & de Meuron einen Pflasterklinker im langgestreckten Riegelformat. Das durchgefärbte Schiefergrau des Klinkers erzeugt mit seiner robusten Salzglasur und den aus dem Kohlebrand resultierenden feinen Nuancierungen eine zurückhaltende Lebhaftigkeit. Unterstrichen wird diese durch die exakte Form der hochkant verlegten 490 mm langen und 40 mm breiten Steine mit einer 6 mm breiten Fuge. Das schmale gestreckte Format, die Kantenschärfe und die Maßgenauigkeit der Verlegung schaffen bei der leicht abfallenden Gestaltung des Hofs ein Bild präziser handwerklicher Arbeit und leiten über zu den Inhalten der Ausstellung (Abb. 8).
Klinker an der Fassade Bei der Fassadengestaltung mit Ziegeln können Architekten aus unterschiedlichen Materialien und Konstruktionsweisen wählen: Fassadenklinker, Terrakottafassaden und vorgehängte hinterlüftete Ziegelfassaden kommen dabei weltweit zum Einsatz. Regional gibt es geschichtliche Unterschiede: Speziell in Norddeutschland prägen Klinkerfassaden historische und zeitgenössische Stadtbilder gleichermaßen. Häufig wünschen Architekten auch heute die Optik der in kohlegefeuerten Ringöfen hergestellten Klinker mit ihrem expressiven und dynamischem Farbspiel. Aus Gründen des Umweltschutzes und der Qualitätssicherung ist 1–5 W ohnhaus »k house«, München 2015; Architekten: Sauerbruch Hutton 1 Modell Maßstab 1:20. Um die Farbwirkung der Fassade zu beurteilen, haben die Architekten jede einzelne der er habenen Flächen der texturierten Fassade mit dem Pinsel von Hand bemalt. 2 Fassaden-Mock-up Maßstab 1:1 zur Bemusterung der Glasurfarben und der Sondersteine an den Kanten. Im zweigeschossigen Sockelbereich bildet ein grauer Scherben des Ziegels einen dunklen Hintergrund. In den Obergeschossen wurde hellgelber Ziegel eingesetzt. 3 Die teilglasierten »Höckersteine« wurden eigens entworfen. Nur die Stirnseite der Höcker ist glasiert. Dafür hat der Hersteller ein industrialisiertes Verfahren entwickelt. 4 Fassadenschnitt Maßstab 1:10 5 Fassaden-Mock-up Maßstab 1:1, Louisa Hutton bei der Feinabstimmung der Musterfassade mit Farbtafeln.
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1– 5 “k house”, Munich, 2015 architects: Sauerbruch Hutton 1 Model scale 1:20 To judge the effect of the colours in the facade, the architects used brushes to manually paint each of the raised surfaces of the textured facade. 2 Facade mock-up scale 1:1 to sample the glaze colours and the customized bricks. The two-storey base employs grey brick and creates a dark background. On the upper storeys a light-yellow brick was used. 3 The partially glazed “hump” bricks were designed especially for this project. Only the face of the humps has a glaze. The manufacturer developed a specific industrial process to produce the bricks. 4 Facade section scale 1:10 5 Facade mock up scale 1:1 Louisa Hutton fine-tuning the facade with colour samples.
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6, 7 Akustikziegel 6 Schnitt Wandaufbau Maßstab 1:10 mit Akustikdämmung und Hinterlüftung 7 Debis Systemhaus, Aachen 1997; Architekten: Nellesen. Brasse. Partner 8 Pflasterklinker, Sonderformat 490 ≈ 40 mm hochkant verlegt. Die belebte Oberfläche entsteht durch Salzeinstreuungen beim Brand. Museum der Kulturen Basel 2010; Architekten: Herzog & de Meuron 6, 7 Acoustic brick 6 Section of wall assembly, scale 1:10, with acoustic insulation, rear-ventilated 7 “debis Systemhaus”, office building in Aachen, architects: Nellesen. Brasse. Partner, 1997 8 490/40 mm clinker brick paving, special format, used on edge. The animated surface is attained by adding salt during firing. “Museum der Kulturen Basel”, arch.: Herzog & de Meuron, 2010
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diese traditionelle Herstellung zwar nicht mehr möglich, durch aktuelle Brenntechniken und die Zugabe natürlicher Mineralstoffe lässt sich ihre besondere Optik aber auch in modernen Tunnelöfen erzielen. Neben den bewährten Standardformaten der Klinker sind in den vergangenen Jahren schmale und langgestreckte Riegelformate hinzugekommen, die wie beim Kunstmuseum des Erzbistums Köln Kolumba von Peter Zumthor neue Möglichkeiten der Gestaltung eröffnen. Moderne Produktionstechniken mit sehr geringen Toleranzen erlauben es dabei, mit enorm dünnen Fugen zu arbeiten. Häufig werden Klinkerfassaden als Vorsatzschalen vor die tragende Außenwand und die flächig aufgebrachte Wärmedämmung gemauert. Der Zwischenraum zur Hinterlüftung kann dabei bis zu 200 mm und mehr betragen. Auch eine Ausführung mit Kerndämmung ohne Luftschicht ist möglich. Gemauerte, wärmegedämmte Klinkerfassaden kosten je nach Fassadengeometrie, Steinformat und Steinfarbe zwischen 160 und 350 €/m2 inklusive Lieferung und Verarbeitung. Geometrische Experimente mit Klinkerziegeln Klinkerfassaden können eine plastische Gestaltung erhalten: So realisierten beispielsweise Sauerbruch Hutton die wirkungsvolle Fassade des Wohnhauses »k house« in München mit objektspezifisch hergestellten dreidimensionalen Klinkern (s. S. 470ff.; Abb.1– 5). Der 210 mm lange und 52 mm hohe Stein hat auf seiner Längsseite zwei 55 mm breite Erhebungen. Im Sockelbereich des Hauses kamen Klinker mit einem dunkleren, in den oberen Geschossen mit einem helleren Scherben zum Einsatz. Die Ziegelsteine sind teilglasiert, nämlich nur auf den Stirnseiten der zwei vorspringenden »Höcker«. Von Seiten der Architekten gab es genaue Vorgaben für alle zwölf Glasurfarben mit glänzenden Oberflächen. Um die Wirkung der Farbverläufe vorab darzustellen, haben die Architekten ein Modell des Hauses im Maßstab 1:20 gebaut mit der exakten dreidimensionalen Struktur der Klinkerfassade, auf die sie die gewünschten 8 Farben mit dem Pinsel auftrugen (Abb. 1).
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Entsprechend dieser Vorgaben der Architekten wurden die Glasurfarben im Labor entwickelt und anhand eines FassadenMock-ups im Maßstab 1:1 bemustert (Abb. 2, 5). Da die genehmigende Behörde der Landeshauptstadt München Einwände gegen eine glänzende Oberfläche geltend machte, mussten alle zwölf Glasuren schließlich matt ausgeführt werden. Durch die um einen Viertel-Stein versetzte Anordnung der Klinker im Läuferverband ergibt sich im Gesamtbild eine Art dreidimensionales Schachbrettmuster. Diese formale Strenge der Fassade wird durch die Teil glasur der Klinker und das frei komponierte Spiel ihrer Farben kontrastiert.
Terrakottafassaden auf Beton-Fertigteilen Bei der Gestaltung mit Terrakotta sind Formate bis zu einer maximalen Steinansichtsfläche von bis zu 600 ≈ 600 mm frei wählbar. Die Steine können nicht nur vor Ort einzeln aufgemauert, sondern auch vorab im Werk an Stahlbetonfertigteilen angebracht werden, wie bei der Fassade der Galerie Roter Turm in Chemnitz von Kollhoff Architekten. So können filigrane und geometrisch komplexe Formen unter kontrollierten Bedingungen produziert und in kurzer Zeit vor Ort montiert werden. Vorgehängte hinterlüftete Ziegelfassaden Als Bekleidungsmaterial an vorgehängten
Vorschau DETAIL 6/2015
Analog + Digital Der Einsatz digitaler Planungswerkzeuge für die Architektur ist heute selbstverständlich. Die anfängliche Diskussion, ob die neuen Möglichkeiten zu einer anderen Architektur führen, hat sich im Lauf der Jahre entspannt und es herrscht (wieder) Konsens, dass gestalterische Qualität vom Architekten abhängt, nicht von den eingesetzten Werkzeugen. So stehen analoge und digitale Planungsprozesse heute gleichberechtigt nebeneinander. Die kommende Ausgabe von DETAIL stellt Projekte vor, die von komplexen Geometrien geprägt sind. Einige waren so nur mit digitalen Mitteln realisierbar, wie die Überdachung des Hauptbahnhofs in Wien mit ihren ungewöhnlichen Faltungen oder das neue jüdische Museum in Warschau, dessen innere Freiformen im Kontrast zum kubischen Baukörper stehen. Andere wurden weitgehend analog entwickelt, wie der Hy-Fi-Pavillon für das MoMA in New York mit Mauersteinen aus experimentellem Fertigungsverfahren. Today digital planning tools are an integral part of architectural practice. After years of debate there is a (renewed) consensus that architects – not the tools they employ – are ultimately responsible for the quality of a building’s design. Hence, paperand computer-based planning processes have equal standing. The next issue of DETAIL presents projects exhibiting complex geometries: their realization required the aid of digital tools.
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Abbildungsnachweis / Impressum Abbildungsnachweis Fotos, zu denen kein Fotograf genannt ist, sind Architektenaufnahmen, Werkfotos oder stammen aus dem Archiv DETAIL. Seite 414: Miran Kambič, SLO–Ljubljana Seite 415: Christian Schittich, D–München Seite 416 oben: Tamás Bujnovszky, H–Budapest Seite 416 unten, 417 unten: Matevž Paternoster, SLO–Šmartno pri Litiji Seite 417 oben, 418, 419: Janez Marolt, SLO–Ljubljana Seite 420, 421: Cristobal Palma, RCH–Santiago Seite 422–424: Miran Kambič, SLO–Ljubljana Seite 427, 434 zweites von oben rechts: Iñigo Bujedo Aguirre, E–Barcelona Seite 428 oben: © Marc Soler/Alamy Seite 428 unten, 429: Lourdes Jansana, E–Barcelona Seite 432 oben: Iwan Baan, NL–Amsterdam Seite 432 unten: Architekturzentrum Wien, A–Wien Seite 434 links: Adolf Bereuter, A–Dornbirn Seite 434 erstes von oben rechts: James Morris, GB–Griffithstown Seite 434 drittes von oben rechts: Simon Menges, D–Berlin Seite 434 viertes von oben rechts: Guy Charneau Seite 435, 444–448: Jan Bitter, D–Berlin Seite 436–439: Tim van de Velde, B–Brüssel Seite 440: Udo Meinel/raumstar*architekten Seite 441, 442, 443 unten: Hannibal Hanschke/ raumstar*architekten Seite 449, 451, 452 Daici Ano, J–Tokio Seite 453–455: Alexandra Mocanu, F–Paris Seite 456–461: Valentin Jeck, CH–Stäfa Seite 462–465: Koji Fujii/Nacasa & Partners Inc. Seite 466–469, 489: Thomas Züger/Atelier Kontrast Seite 470, 480 unten, 482, 483 oben, 484 oben rechts, 486, 487 oben: Frank Kaltenbach, D–München Seite 471, 473, 474: Stefan Müller-Naumann, D–München Seite 472: noshe, D–Berlin
Seite 477: Agrob Buchtal GmbH Seite 480 oben, 483 unten, 484 oben links, 488: Moeding Keramikfassaden GmbH, D–Marklkofen Seite 484 oben Mitte: Schettler Architekten, D–Weimar Seite 484 unten: buero4.dresden, D–Dresden Seite 485 unten: Burkhard Franke, D–München Seite 487 unten: Carolin Sjöholm, S–Malmö Seite 491 oben, 491 unten links: Kaisergarten Hotel & Spa, D–Deidesheim Seite 493: Huber Fotografie Seite 496 oben links, 496 unten links: BOLD Hotels Seite 496 oben Mitte, 496 unten Mitte: Design Hotels Seite 496 oben rechts, 496 unten rechts: Unita Seite 498 oben Mitte, 498 unten Mitte: Andrea Cazzaniga, I–Alassio Seite 498 oben rechts, 498 unten rechts: Bernadette Grimmenstein, D–Hamburg Seite 499: Thomas Mayer, D–Neuss Seite 500 unten links: Udo Stieglitz, D–Sangerhausen Seite 504: Ulrich Beuttenmüller/Connected Comfort Seite 512 oben: Studio NYL, USA–Boulder, Colorado Seite 512 Mitte links, 512 unten links: William P. Babbington, USA–Boulder, Colorado Seite 512 Mitte rechts, 512 unten rechts: Scott Dressel-Martin, USA–Wheat Ridge, Colorado Seite 514 links: Wolfgang Croce, A–Graz Seite 516: Edward Hill-Saentys, UK–London Seite 517 oben: Bernd L. Göllnitz, CH–Berneck Seite 517 unten: Nikolai Kugel, D–Stuttgart Seite 520 –522: HG Esch, D–Hennef Seite 526: Daniel George, D–Hannover Seite 540 oben: Wojciech Kryński, PL–Warschau Seite 540 Mitte: Roman Bönsch, A–Wien
Rubrikeinführende s/w-Aufnahmen / Vorschau Seite 415: Slowenische National- und Universitätsbibliothek, SLO – Ljubljana Architekten: Jože Plečnik Seite 427: Museum »Disenny Hub« in Barcelona Architekten: MBM Arquitectes, E–Barcelona Seite 435: Wohnhaus in Tokio Architekten: Wiel Arets Architects, NL–Amsterdam Seite 477: Museum der Kulturen in Basel Architekten: Herzog & de Meuron, CH–Basel Seite 489: Logistikcenter in Spreitenbach Architekten: Frei Architekten, CH–Aarau Seite 540 oben: Museum in Warschau Architekten: Lahdelma & Mahlamäki Architects, FIN – Helsinki Seite 540 Mitte: Hy-Fi-Pavillon am MoMA in New York Architekten: The Living, USA–New York Seite 540 unten: Hauptbahnhof Wien Architekten: Theo Hotz und Partner, CH–Zürich, Ernst Hoffmann, A–Wien, Atelier Albert Wimmer, A–Wien
∂ Zeitschrift für Architektur + Baudetail Verlag: Institut für internationale Architektur-Dokumentation GmbH & Co. KG, Hackerbrücke 6, 80335 München Tel. (089) 38 16 20-0, Fax (089) 38 16 20-66 Internet: http:// www.detail.de Postanschrift: Postfach 20 10 54, 80010 München Persönlich haftende Gesellschafterin: Institut für internationale ArchitekturDokumentation Verwaltungs-GmbH, München, eine 100 %-ige Tochter der ATEC Business Information GmbH. Kommanditistin (100 %): ATEC Business Information GmbH, München. Verlagsleitung: Meike Weber Redaktion DETAIL: (Anschrift wie Verlag, Telefon Durchwahl -84, E-Mail: redaktion@detail.de): Christian Schittich (Chefredakteur, V. i. S. d. P., CS), Johanna Christiansen (JC), Sabine Drey (SD), Andreas Gabriel (GA), Frank Kaltenbach (FK), Julia Liese (JL), Thomas Madlener (TM), Emilia Margaretha (EM), Peter Popp (PP), Maria Remter (MR), Jakob Schoof (JS), Edith Walter (EW), Heide Wessely (HW). Freie Mitarbeit: Burkhard Franke (BF), Sophie Karst (SK), Florian Köhler (FLK), Hartmut Raendchen (HR) Dejanira Ornelas Bitterer, Marion Griese (MG), Emese M. Köszegi, Simon Kramer (SiK), Freie Mitarbeit: Ralph Donhauser, Martin Hämmel (Zeichnungen) Elise Feiersinger (Übersetzungen engl.) Redaktion DETAIL transfer: Meike Weber (V. i. S. d. P.), Tim Westphal (Leitung), Zorica Funk, Thomas Greiser, Annett Köberlein, Katja Pfeiffer, Katja Reich, Hildegard Wänger, Kathrin Wiblishauser, Martina Zwack (Anschrift wie Verlag) Tel. (089) 38 16 20-0 Herstellung /DTP: Peter Gensmantel (Leitung), Cornelia Kohn, Andrea Linke, Roswitha Siegler, Simone Soesters Vertriebsservice: (Abonnementverwaltung und Adressänderungen) Vertriebsunion Meynen, Große Hub 10, 65344 Eltville Tel. (0 61 23) 92 38-211, Fax: -212 E-Mail: detailabo@vertriebsunion.de Marketing und Vertrieb: Claudia Langert (Leitung) Irene Schweiger (Vertrieb) Tel. (089) 38 16 20-37 (Anschrift wie Verlag) Auslieferung an den Handel: VU Verlagsunion KG Meßberg 1, 20086 Hamburg Anzeigen: Martina Langnickel (Leitung, V. i. S. d. P.), DW -48 Claudia Wach, DW -24 (Anschrift wie Verlag) Tel. (089) 38 16 20-0
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