Brandschutz-Praxis für Architekten und Ingenieure

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Neu in der 4. Auflage: Neue Projektbeispiele mit Brandschutzgutachten bzw. -nachweisen.

Aus dem Inhalt Teil A – Brandschutztechnische Planungsgrundlagen

u. a. • Vom Feuer zum Brand • Brandschutzmaßnahmen • Gesetzliche Grundlagen

Teil B – Nachweis der bauaufsichtlichen Anforderungen u. a. • Musterbauordnung, Verwaltungsvorschrift Technische Baubestimmungen c-Zeichen, Ü-Zeichen, Prüfzeugnisse, Zulassungen • Normbrandprüfungen • Brandschutztechnische Berechnungsverfahren

Teil C – Brandschutzplanung mit kompletten Projektbeispielen

• Stadtvillen mit Tiefgarage • Wohn- und Geschäftshaus mit Tiefgarage sowie Bemessung einer Sprinkleranlage • Brandschutz in einem denkmalgeschützten Fachwerkhaus • Sanierung der denkmalgeschützten Villa Luisenhof, inkl. Brandschutzgutachten • Umnutzung einer Fabrikhalle in eine Lagerhalle, inkl. Brandschutzgutachten (Bauen i. Bestand) • Revitalisierung eines Kühlhauses als Kunsthaus, inkl. Brandschutznachweis und -prüfbericht

Autoren: Prof. Dr.-Ing. Hans Michael Bock war Professor für Statik und Brandschutz an der Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin (HTW) und Leiter des Laboratoriums „Brandingenieurwesen“ der Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung (BAM). Dipl.-Ing. Ernst Klement ist Sachverständiger für das Sachgebiet Baulicher Brandschutz und war Leiter der Prüfstelle Brandschutz des Laboratoriums „Brandingenieurwesen“ der Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung (BAM). Interessenten: Architekten und Bauingenieure, Sachverständige, Bauunternehmen, Baubehörden, Bauproduktehersteller, Feuerwehr

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Mediatheks-Inhalte: Sonderbauverordnungen und -richtlinien

Brandschutz-Praxis

In diesem Buch werden zahlreiche Projektbeispiele mit nachvollziehbaren Brandschutzkonzepten sowohl für verschiedene Neubauten als auch für Projekte aus dem Bereich „Bauen im Bestand“ dargestellt.

Bock Klement

Brandschutz-Praxis für Architekten und Ingenieure

4. Auflage

Der Brandschutz-Planer mit kompletten Projektbeispielen

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Brandschutzvorschriften und aktuelle Planungsbeispiele

4. Auflage b


Inhaltsverzeichnis

Inhaltsverzeichnis Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8

Teil A  Brandschutztechnische Planungsgrundlagen 1

Vom Feuer zum Brand. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14

1.1 Großbrand in einem mehrge­schossigen Wohn- und Geschäftshaus. . . . . . . . . . . . . . . . . 14 1.2 Verbrennung, Brandentstehung und Brandablauf. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18 1.3 Ausbreitung von Feuer und Rauch. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24 1.4 Brandrisiken. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27 1.5 Hochtemperaturverhalten ausgewählter Baustoffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28 2

Brandschutzmaßnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37

2.1 Aufgaben und Schutzziele des Brandschutzes. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37 2.2 Bauliche Brandschutzmaßnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39 2.3 Anlagetechnische Brandschutzmaßnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 74 2.4 Betrieblicher Brandschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103 2.5 Brandschutz auf Baustellen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 106 3

Gesetzliche Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 108

3.1 Einführung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 108 3.2 Musterbauordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109 3.3 Muster-Feuerungsverordnung (MFeuVO) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137 3.4 Muster einer Verordnung über den Bau und Betrieb von Garagen (MGarVO). . . . . . . . . 142 3.5 Muster-Richtlinie über brandschutztechnische Anforderungen an Leitungsanlagen (Muster-Leitungsanlagen-Richtlinie MLAR). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 147 3.6 Muster-Richtlinie über brandschutztechnische Anforderungen an Lüftungsanlagen (Muster-Lüftungsanlagen-Richtlinie M-LüAR). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 154

Teil B  Nachweis der bauaufsichtlichen Anforderungen 1

Verwendbarkeitsnachweise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 176

2

Normbrandprüfungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 189

2.1 Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 189 2.2 Prüfung und Klassifizierung des Brandverhaltens von Baustoffen. . . . . . . . . . . . . . . . . . 190 2.3 Prüfung und Klassifizierung des Feuerwiderstandes von Bauteilen, Sonderbauteilen und Bedachungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 202 3 Brandschutztechnische Berechnungsverfahren. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 222 3.1 Brandschutzbemessung von Bauteilen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 222 3.2 Baulicher Brandschutz im Industriebau . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 225

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Brandschutz-Praxis

Teil C  Projektbeispiele 1

Brandschutzplanung von Gebäuden. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 228

2

Projektbeispiele. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 233

1  Stadtvillen mit Tiefgarage. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 235

2  Wohn- und Geschäftshaus mit Tiefgarage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 243

3  Brandschutz in einem denkmalgeschützten Fachwerkhaus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 263

4  Pension Luisenhof. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 269

5  Lagerhallen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 285

6  Kühlhaus am Gleisdreieck Berlin. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 303

Verzeichnisse Verzeichnis der zitierten Normen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 335 Abbildungsnachweis. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 340 Literaturverzeichnis. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 341 Stichwortverzeichnis. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 343

Die u. a. Verordnungen und Richtlinien finden Sie in der Mediathek, unter www.beuth-mediathek.de. Melden Sie sich mit dem abgedruckten Mediathek-Code (gelbe Seite) an.

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MBeVO Begründung zu MBeVO MHHR Erläuterungen zu MHHR MIndbauRL Erläuterungen zu MIndbauRL MLAR Begründung zu MLAR MLüAR MSchulbauRL Erläuterungen zu MSchulbauRL MVkVO Begründung zu MVkVO MVstättVO


Vorwort

Vorwort zur 4. überarbeiteten Auflage Die „Brandschutz-Praxis für Architekten und Ingenieure“ erscheint nunmehr im Rahmen der Bauwerk-Edition im Beuth Verlag. Die überarbeitete Neuauflage wurde erforderlich, da seit der 3. Auflage vor mehr als 6 Jahren einige wichtige Normen und Entwicklungen auf dem Gebiet des baulichen Brandschutzes zu verzeichnen waren – wie beispielsweise die Umstellung auf die europäischen Prüfnormen, die Neufassung der Norm über maschinelle Rauchabzüge, die Konkretisierung der bauordnungsrechtlichen Schutzziele im Hinblick auf die Entrauchung sowie Regelungen über die die Verwendbarkeit c-gekennzeichneter Bauprodukte in Deutschland aufgrund eines Urteils des Europäischen Gerichtshofes (EuGH). Im Teil A wurden die Abschnitte über die Rauch- und Wärmefreihaltung sowie über die gesetz­ lichen Grundlagen völlig überarbeitet. Im Teil B werden nur noch die Prüfverfahren nach den harmonisierten Normen behandelt, da Brandprüfungen nach der Normenreihe DIN 4102 kaum noch Bedeutung haben. Außerdem wird die „Verwaltungsvorschrift Technische Baubestimmungen“ vorgestellt, die zukünftig statt der Liste der Technischen Baubestimmungen und der Bauregellisten zu beachten und anzuwenden ist. Im Teil C wird die Anzahl der Projektbeispiele zugunsten realer Brandschutzgutachten reduziert, die im bauaufsichtlichen Genehmigungsverfahren zum Nachweis der Einhaltung der bauaufsichtlichen Anforderungen durch die geplanten baulichen, anlagetechnischen und organisatorischen Brandschutzmaßnahmen benötigt werden. Ein Prüfbericht eines Prüfingenieurs für Brandschutz wird zur Verdeutlichung abgedruckt. Bei den verbleibenden Projektbeispielen wird auf die Brandschutzbemessung der Einzelbauteile verzichtet, da dieses Thema in einschlägigen Fachbüchern bereits mit der erforderlichen Ausführlichkeit dargestellt wird. Brandschutzplaner bzw. Brandschutzgutachter tragen für die angemessene und risikogerechte Umsetzung brandschutztechnischer Vorschriften hohe Verantwortung und benötigen neben vertieften Kenntnissen der bauordnungsrechtlichen Regelungen auch bauphysikalisches und konstruktives Fachwissen, um die Folgen eines Brandes für ein Gebäude sowie für seine Bewohner und Nutzer abzuschätzen. Hierzu soll dieses Lehrbuch einen Beitrag leisten

Berlin, im Juli 2016 Hans Michael Bock und Ernst Klement

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A1  Vom Feuer zum Brand

Brandschutztechnische Planungsgrundlagen

A Teil

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A1  Vom Feuer zum Brand

1   Vom Feuer zum Brand 1.1  Großbrand in einem mehrge­schossigen Wohn- und Geschäftshaus Im Dezember 1989 ereignete sich in Berlin eine folgenschwere Brandkatas­trophe (Abb. A1/1), bei der ein gesamter Altbaukomplex zerstört wurde und 9 Men­­schen den Tod fanden [Kle_1].

Abb. A1/1: Großbrand in einem mehrgeschossigen Wohn- und Geschäftshaus

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A1.1  Großbrand in einem mehrgeschossigen Wohn- und Geschäftshaus

In den Jahren 1903 bis 1906 wurde das in Abb. A1/2 im Grundriss dargestellte viergeschossige Wohngebäude errichtet. Die Außenwände und die tragenden Zwischenwände des Gebäudes bestanden aus Mauerwerk, die Geschossdecken waren überwiegend als Holzbalkendecken ausgebildet. Das Gebäude hatte zwei Haupt- und zwei Nebentreppenräume. Während die Wände der Treppenräume aus nichtbrennbaren Baustoffen errichtet waren und daher den heutigen Anforderungen entsprachen, bestanden die tragenden Teile der notwendigen Treppen in den Haupttreppenräumen aus Holz.

Abb. A1/2: Grundriss des 1. Obergeschosses

Im Laufe der Jahre erfolgte eine mehrfache Umgestaltung der einzelnen Geschosse. Der ab 1984 vorgenommene Dachausbau ergab noch einmal zusätzlich acht Wohnungen. So kam es zu jener Mischbelegung, wie sie am Brandtag im Dezember 1989 vorhanden war. Das Gebäude wurde als Wohn- und Geschäftshaus genutzt. Im Erdgeschoss waren Geschäfte und ein Restaurant untergebracht. Die oberen Geschosse beherbergten Hotels und Pensionen sowie Büros und Wohnungen. Die in dem Gebäude untergebrachten Beherbergungsbetriebe hatten jeweils weniger als 100 Gast­ betten. Daher fielen sie nicht in den Geltungsbereich der Brandsicherheitsschauverordnung [BrandsichVO], in deren Rahmen alle drei Jahre eine brandschutztechnische Betriebsüberwachung durchgeführt wird. In den allgemein zugänglichen Fluren der als Beherbergungsbetrieb genutzten Wohnungen waren die Wände mit Holzwerkstoffen bekleidet. Die eingebauten Unterdecken bestanden ebenfalls aus Holzwerkstoffen und der darüber liegende Zwischendeckenbereich wurde teilweise als „Hängeboden“ genutzt, auf dem z. B. Matratzen und Betten gelagert wurden (Abb. A1/3). In diesen als Flucht- und Rettungsweg ausgewiesenen Bereichen war damit eine erhebliche Menge brennbarer Stoffe vorhanden.

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A1  Vom Feuer zum Brand

Darüber hinaus gab es Nebeneingangstüren, die im Normalfall nicht benutzt werden sollten und deshalb durch Stahlriegel (Abb. A1/4) verschlossen bzw. durch Schränke verstellt wurden.

Brandentstehung

In dem im 1. Obergeschoss gelegenen Frühstücksraum des Hotels „Central“ (Abb. A1/2, Brandentstehungsraum) hatte ein Mitarbeiter des Hotels durch Hantieren mit einem Feuerzeug eine Tischdecke entzündet. Da er den Brand nicht unter Kontrolle bringen konnte, verließ er fluchtartig den Frühstücksraum, wobei die nicht selbstschließende Tür zum Flur offen blieb.

Abb. A1/3: „Hängeboden“ im Zwischendeckenbereich des Flures

Abb. A1/4: Durch einen Stahlriegel gesicherte „Notausgangstür“

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A1.1  Großbrand in einem mehrgeschossigen Wohn- und Geschäftshaus

Die heißen Brandgase breiteten sich über den Brandentstehungsraum durch die offen stehende Tür in den Flurbereich des Hotels aus. Dabei wurden die brennbaren Einrichtungsgegenstände im Frühstücksraum sowie die brennbaren Wandverkleidungen im Flur so erwärmt, dass sie sich thermisch zersetzten und dabei brennbare Gase abgaben. Im Verlauf dieser Brandphase zersprangen die Fensterscheiben im Brandentstehungsraum, wodurch sich dort die Ventilationsbedingungen veränderten und sich das Luftsauerstoffangebot erhöhte. Durch die offen stehende Tür des Frühstücksraumes kam es zu einer schlagartigen Durchzündung und somit zu einer Entflammung der brennbaren Gase, die sich im Flur angesammelt hatten. Der Brand hatte sich damit vom Frühstücksraum in den Flurbereich ausgeweitet, von wo er dann in den Haupttreppenraum übergriff. Da die Treppe infolge des Brandangriffes ziemlich schnell nicht mehr begehbar war, stand der Haupttreppenraum als Flucht- und Rettungsweg nicht zur Verfügung. Die Feuerwehr, welche innerhalb von 3 bis 4 Minuten nach der Brandmeldung vor Ort war, musste ihre Lösch- und Rettungsmaßnahmen über die aus nichtbrennbaren Baustoffen bestehenden Treppen der Nebentreppenräume1) (Abb. A1/2) vornehmen. Von hier aus sollten eigentlich die einzelnen Etagen durch Türen, die als „Notausgang“ bezeichnet waren, zugänglich sein. Diese Notausgangstüren waren aber – wie bereits erwähnt – teilweise durch Stahlriegel (Abb. A1/4) verschlossen oder durch vorgestellte Schränke blockiert, sodass über diesen Weg eine Flucht der durch das Feuer eingeschlossenen Personen unmöglich war. Die Haupttreppe war also durch den Brand unpassierbar und die Nebentreppe durch die verstellten bzw. verschlossenen Türen nicht erreichbar. Diese Situation behinderte auch die Rettungs- und Löschmaßnahmen der Feuerwehr. Die Rettungsmaßnahmen der Feuerwehr wurden darüber hinaus dadurch erschwert, dass der nicht überdachte Innenhof (Abb. A1/2) stark verqualmt war. Es war kaum eine Sichtverbindung von einem Gebäudeteil zum anderen vorhanden, sodass die an den Fenstern um Hilfe rufenden Personen nur schwer wahrgenommen werden konnten. Die Feuerwehr konnte den Totalverlust des Gebäudes nicht verhindern, da sie etwa 40 Minuten lang nur mit Personenrettung beschäftigt war. Durch die Schilderung des Großbrandes in dem mehrgeschossigen Wohn- und Geschäftshaus sollte anschaulich die Entwicklung vom Entstehungsbrand zum Großbrand aufgezeigt werden. Es wurde deutlich, dass zwar menschliche Nachlässigkeit zum Brandausbruch führte, dass aber wegen fehlender baulicher und organisatorischer Brandschutzmaßnahmen der von Naturgesetzen gesteuerten Brandentwicklung, die schließlich in der Katastrophe endete, kein Einhalt geboten werden konnte. In diesem Zusammenhang ist es müßig, über menschliche Unzulänglichkeiten zu sprechen, da sie nie auszuschließen sind. Wichtig dagegen ist es zu studieren, welche weiteren Faktoren die Brandentstehung und den Brandverlauf gesteuert haben und wie die Ausbreitung von Feuer und Rauch hätte verhindert werden können. Das Ziel sollte sein, bereits im Vorfeld Schutzmaßnahmen zu treffen, die dazu beitragen können, derartige Brandkatastrophen zu vermeiden. Um deutlich zu machen, welche Ursachen im Einzelnen zu dieser Brandkatastrophe beigetragen haben, soll im Folgenden so weit wie möglich auf dieses Beispiel Bezug genommen werden.*)

1) In der zum Zeitpunkt der Errichtung des Gebäudes geltenden Bauordnung wurde u. a. bestimmt, dass bei Gebäuden mit Treppen aus brennbaren Baustoffen eine Treppe aus nichtbrennbaren Baustoffen vorhanden sein muss.

*) Die Textteile, die auf die im Teil A 1.1 geschilderte Brandkatastrophe Bezug nehmen, werden durch eine Flamme     gekennzeichnet.

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Brandszenario


A1  Vom Feuer zum Brand

1.2  Verbrennung, Brandentstehung und Brandablauf Definition einer Verbrennung

Verbrennung ist ein chemischer Vorgang, bei dem sich brennbare Stoffe unter Wärme- und Licht­ entwicklung (Feuererscheinung) mit Sauerstoff verbinden. Die Verbrennung ist also ein Sonderfall der Oxidation, d. h. eine schnell verlaufende Reaktion eines Stoffes mit Sauerstoff, wobei Feuer als Begleiterscheinung auftritt. Im Gegensatz hierzu ist eine Oxidation im Normalfall ein langsam verlaufender Prozess ohne Feuer als Begleiterscheinung (z. B. Rosten von Stahl, Verwesen von organischen Stoffen). Bei den brennbaren Stoffen handelt es sich meist um organische Stoffe, d. h. um Kohlenwasserstoffverbindungen1), bei deren Oxidation eine Pyrolyse stattfindet. Dabei werden brennbare Gase freigesetzt. Man nennt diesen Vorgang auch thermische Zersetzung oder thermische Aufbereitung vgl. [Kli]. Durch heiße Brandgase (bei Fremdentzündung) oder auch durch Wärme erzeugende Bakterien (bei Selbstentzündung) beginnt sich ein organischer Stoff thermisch zu zersetzen. Dabei lösen sich die einzelnen Stoffteilchen aus ihrem Aggregatzustand, d. h. die brennbaren Stoffe zerfallen in Kohlenstoff (C) und Wasserstoff (H). Erst in dieser elementaren Form kann die schnelle Reaktion, d. h. die Verbindung der freigesetzten Wasserstoff- und Kohlenstoffmoleküle mit dem Sauerstoff zu Wasser (H2O) bzw. Kohlendioxid (CO2) erfolgen. Bei diesem chemischen Prozess wird Wärme freigesetzt. Wird diese Wärme nicht abgeführt, so kommt es zu einem Wärmestau und der Stoff erwärmt sich weiter. Dieser Kreislauf setzt sich so lange fort, bis die Oberfläche des brennbaren Stoffes die Zündtemperatur erreicht hat und eine Zündung erfolgen kann. Ab jetzt wird die thermische Zersetzung durch die Verbrennungswärme überlagert und zusätzlich beschleunigt. Die Oberflächentemperatur des brennbaren Stoffes und seiner unmittelbaren Umgebung steigt weiter an, bis die Mindest-Verbrennungstemperatur und schließlich der theoretische Wert der Verbrennungstemperatur erreicht wird. Dabei versteht man unter: der Zündtemperatur die Mindesttemperatur, auf die die Oberfläche eines Stoffes erwärmt werden muss, damit sie unter normalen Umgebungsbedingungen in höchstens 5 min bei Berührung mit Sauerstoff gerade noch zum Brennen angeregt wird. Sie beträgt beispielsweise bei

Acetylen

ca. 305 °C

Benzin

ca. 220 °C

Zeitungspapier ca. 185 °C

Holz

ca. 280 – 340 °C

Koks

ca. 280 °C

Steinkohle

ca. 350 °C

Holzkohle

ca. 300 °C

der Mindest-Verbrennungstemperatur die Temperatur, bei der gerade so viel Verbrennungswärme erzeugt wird, die erforderlich ist, um die benachbarten Stoffteilchen auf ihre Zündtemperatur zu bringen. Von nun an kann der Verbrennungsprozess selbständig ablaufen, ohne dass von außen noch zusätzlich Wärme zugeführt werden muss. Sie beträgt z. B. bei

Holz

ca. 600 – 800 °C

Holzkohle

ca. 800 °C

Acetylen

ca. 950 °C

Benzin

ca. 1200 °C

1) z. B. Acetylen, C2H2/Benzin, C8H18/Zellulose, (C6H10O5)n = Hauptbestandteil des Holzes

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A1.2  Verbrennung, Brandentstehung und Brandablauf

der Verbrennungstemperatur die Temperatur, bei der ein Stoff verbrennt. Sie beträgt bei

Holzkohle

ca. 800 °C

Holz, Kohle

ca. 1100 – 1300 °C

Koks

ca. 1400 – 1600 °C

Acetylen

ca. 3100 °C

Im Hinblick auf die Oxidationsgeschwindigkeit lässt sich eine langsame von einer schnellen Oxidation unterscheiden. Eine langsame Oxidation (Rosten, Verwesen, Verrotten) verläuft ohne Lichtentwicklung (Feuererscheinung) im Gegensatz zu einer schnellen Oxidation (Brennen [mm/s], Verpuffen [cm/s], Explodieren [m/s], Detonieren [km/s]), die mit einer Lichtentwicklung (Feuererscheinung) einhergeht. Bei einer langsamen Oxidation können sich die brennbaren Gase jedoch auch entzünden – beispielsweise bei einem Müllkippenbrand, bei dem die bei der Verrottung der organischen Bestandteile des Abfalls frei werdende Wärme nicht abgeführt wird, sondern sich staut, sodass sich die entstehenden brennbaren Gase schließlich selbst entzünden können. Das Feuer kann in drei Erscheinungsformen auftreten, die davon abhängen, ob der brennbare Stoff gasförmig, flüssig oder fest ist (Abb. A1/5).

Abb. A1/5: Erscheinungsformen des Feuers

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Erscheinungsformen des Feuers


A1  Vom Feuer zum Brand

Es verbrennen: mit Flamme, gasförmige Stoffe (Gase, Dämpfe), flüssige Stoffe, wenn sie in Dampfform übergegangen sind (Heiz- und Kraftstoffe), feste Stoffe, die bei Erwärmung flüssig werden, sich zersetzen und brennbare Gase bilden (Wachs, Fett, thermoplastische Kunststoffe). mit Flamme und Glut, feste Stoffe, die sich bei starker Erwärmung in gasförmige Bestandteile und festen Kohlenstoff zersetzen (Holz, Kohle, Textilien, duroplastische Kunststoffe). Die gasförmigen Anteile bilden Flammen, der feste Kohlenstoff bildet Glut. mit Glut, Metalle und künstlich entgaste organische Stoffe (Koks, Holzkohle). Mit Flamme können also nur gasförmige und flüssige, mit Glut nur feste Stoffe brennen. Das Auftreten von Flammen bei festen oder flüssigen brennbaren Stoffen ist also immer ein Zeichen dafür, dass eine Vergasung oder Verdampfung stattfindet.

Vorbedingungen für eine Verbrennung

Damit die eine Verbrennung charakterisierende chemische Reaktion zwischen einem brennbaren Stoff und Sauerstoff stattfinden kann, müssen vier Bedingungen gleichzeitig erfüllt sein: ein brennbarer Stoff muss vorhanden sein, Sauerstoff muss ungehindert Zugang zum brennbaren Stoff haben, das richtige Mengenverhältnis von brennbarem Stoff und Sauerstoff muss gegeben sein und die Zündenergie muss so groß sein, dass der brennbare Stoff seine Zündtemperatur bzw. seinen Flammpunkt (bei Flüssigkeiten) erreicht. Je besser sich die Verbrennungspartner dem richtigen Mengenverhältnis annähern, desto rascher verläuft die Verbrennung.1) Unter der Zündenergie versteht man die Wärmemenge, die erforderlich ist, um einen brennbaren Stoff zu zünden (z. B. Funken vom Trennschleifen oder vom Schweißbrenner, Streichholz). Vom Flammpunkt spricht man bei brennbaren Flüssigkeiten. Es ist die niedrigste Flüssigkeitstemperatur, bei der sich ein Dampf-Luft-Gemisch gerade in solcher Menge entwickelt, dass es durch Fremdzündung entzündbar ist. Dazu muss aber das Gas-Luft-Gemisch vorher durch eine Wärmequelle auf die Zündtemperatur gebracht worden sein.

Durch fahrlässiges Hantieren mit dem Feuerzeug wurde die Zündtemperatur der Tischdecke erreicht.

Das Zusammenwirken dieser vier Vorbedingungen für eine Verbrennung ist auf Abb. A1/6 schematisch dargestellt. Als vorbeugende Maßnahme zur Verhinderung eines Entstehungsbrandes muss das gleichzeitige Auftreten dieser vier Bedingungen verhindert werden.

1) Man spricht vom Gesetz der konstanten Proportionen, nach dem die eine Verbrennung charakterisierenden chemischen Reaktionen zwischen einem brennbaren Stoff und Sauerstoff nur in festen Mengenverhältnissen ablaufen. Der Bereich, in dem eine Zündung und eine Verbrennung möglich sind, nennt man Zündbereich, seine Grenzen heißen Zündgrenzen.

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A1.2  Verbrennung, Brandentstehung und Brandablauf

Abb. A1/6: Vorbedingungen für eine Verbrennung

Genau darauf zielen aber auch die Löschmaßnahmen ab. Sie versuchen, den chemischen Vorgang der Verbrennung dadurch zu unterbinden, dass wenigstens eine der vier Vorbedingungen eines Verbrennungsvorganges nicht mehr erfüllt ist. Man unterscheidet daher zwei grundsätzliche Löschverfahren: Störung des Mengenverhältnisses zwischen brennbarem Stoff und Sauerstoff, z. B. Er­sticken eines Brandes durch Unterbrechen der Luft- oder Brennstoffzufuhr. Abkühlung des brennbaren Stoffes unter seine Mindest-Verbrennungstemperatur durch Löschen mit Wasser.

Brandentstehung

Die Entstehung eines Brandes hängt ab von den Eigenschaften der brennbaren Stoffe: Art, Größe und Verteilung, Oberflächenbeschaffenheit, Brennbarkeitseigenschaften. Darüber hinaus sind folgende Faktoren von Bedeutung: die Wärmeleistung und Einwirkungsdauer der Zündquelle, die Umgebungstemperatur. Auf die Brandentwicklung dagegen haben auch die baulichen Gegebenheiten des Brandraumes entscheidenden Einfluss. Darunter werden verstanden: die Geometrie des Brandraumes, die thermischen Eigenschaften der den Brandraum begrenzenden Bauteile, die Größe der Fensteröffnungen, die Ventilationsbedingungen und die Abführung der Verbrennungsprodukte ins Freie. Eine Vorstellung von der Temperaturentwicklung eines Brandes vermittelt Abb. A1/7. Im Rahmen von englischen Modellbrandversuchen [Butcher] wurden Krippen aus Fichtenholz verbrannt. Der Brandraum hatte eine vorgegebene Größe. Variiert wurden die Flächen der geöffneten Fenster für Zu- und Abluft sowie die Menge des Holzes, d. h. die Größe der Brandlast. Abb. A1/7 zeigt, dass die Temperaturentwicklung im Brandraum in erster Linie von der Menge des Holzes abhängt. Aber auch die Größe der Fensteröffnungen ist von Bedeutung. Je größer sie werden, umso kürzer ist die Branddauer verbunden mit einem geringeren Temperaturmaximum. Zum Vergleich enthält Abb. A1/7 die sog. Einheits-Temperaturzeitkurve (ETK), mit der die Temperaturentwicklung eines Normbrandes nach DIN EN 1363-1 beschrieben wird.

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Brandentwicklung


A1  Vom Feuer zum Brand

b) Holzkrippen

a) Abb. A1/7: Brandraum-Temperaturzeitkurven bei Holzkrippenbränden a)  Diagramm [Butcher] b)  Foto [DGfH]

Nach dem Zünden eines brennbaren Stoffes beispielsweise durch Funken von thermischen Arbeitsverfahren (Trennschleifen oder schweißtechnische Verfahren) oder Funken infolge eines Kurzschlusses oder eine brennende Zigarette

Schwelbrand

entsteht in der Regel zunächst ein Schwelbrand. In dieser Phase herrscht Sauerstoffmangel, sodass keine vollständige Verbrennung der brennbaren Stoffe stattfinden kann. Es entsteht u. a. Kohlenmonoxid (CO), ein hochgiftiges brennbares Gas. Die Schnelligkeit des Abbrandes und die damit zusammenhängende Ausbreitungsgeschwindigkeit nehmen langsam zu. Die von dem brennenden Bereich ausgehende Wärmestrahlung oder die von dort abströmenden heißen Gase heizen die Luft, die benachbarten Stoffe (z. B. Einrichtungsgegenstände) und die Oberflächen der den Brandraum begrenzenden Bauteile (Decken, Wände) auf und führen zu deren thermischer Zersetzung.

 Brandausbreitung zum Vollbrand

flash over

In der Pension war es ein brennendes Tischtuch, durch das die Umgebung langsam aufgeheizt wurde.

Wird schließlich die Zündtemperatur aller im Brandraum vorhandenen brennbaren Stoffe erreicht und gelangt beispielsweise durch das Öffnen einer Tür oder eines Fensters genügend Sauerstoff in diesen mit einem CO-Gasgemisch angereicherten Raum, so entsteht durch das zusätzliche Sauerstoffangebot das kritische Mengenverhältnis beim Gas-Sauerstoff-Gemisch. Es kommt zur gleichzeitigen Entzündung aller brennbaren Stoffe, womit der Schwelbrand in einen vollent­ wickelten Brand übergeht. Dieser Übergang vollzieht sich meist schlagartig und wird als „flash over“ bezeichnet.

Durch das Zerspringen der Fensterscheiben wurde die Sauerstoffzufuhr vergrößert, sodass sich das brennbare Gas-Sauerstoff-Gemisch einstellen konnte.

In dieser so genannten Erwärmungsphase steigen die Temperaturen rasch an und überschreiten schnell 1000 °C. Nach dem Abbrand der Brandlasten ist dann das Temperaturmaximum erreicht.

Brandlast

Die Summe aller brennbaren Stoffe in einem Gebäude wird als Brandlast bezeichnet, unabhängig davon, ob diese Bestandteile des Gebäudes oder der Einrichtung sind. Die Brandlast entspricht

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A1.2  Verbrennung, Brandentstehung und Brandablauf

derjenigen Wärmemenge, die bei der Verbrennung freigesetzt wird. Sie wird auf die Flächeneinheit m2 bezogen und in kWh/m2 ausgedrückt.

Bei dem geschilderten Großbrand stellten neben den brennbaren Einrichtungsgegenständen die Auskleidung der Flucht- und Rettungswege mit Holzwerkstoffen sowie die im Zwischendeckenbereich gelagerten Matratzen eine erhebliche Brandlast dar.

Die Beurteilung des Brandverhaltens von Baustoffen, Bauteilen oder Baukonstruktionen bei einem Schadenfeuer ist nur anhand von Modellprüfverfahren möglich. Das setzt aber eine möglichst allgemeingültige Beschreibung eines Brandes voraus. Entsprechend den zu begegnenden Risiken können dann Prüfverfahren entwickelt und Versagenskriterien festgelegt werden. Für das Brandmodell bietet sich das auf Abb. A1/8 dargestellte Schema an, dessen prinzipielle Richtigkeit sich in der Praxis bestätigt hat. Schematisch lässt sich nach Abb. A1/8 der Ablauf eines Brandes in zwei Phasen unterteilen. Die 1. Phase ist der Entstehungsbrand, bei dem man die Zündung und den nachfolgenden Schwelbrand unterscheidet, der dann in die 2. Phase in den vollentwickelten Brand, den sog. Vollbrand übergeht. Für den Entstehungsbrand sind die Entflammbarkeitseigenschaften der Einrichtungsgegenstände und der verwendeten Baustoffe sowie die Zündquelle, die Flammenausbreitung und Wärmeentwicklung maßgebend. Das gesamte Brandgeschehen wird durch eine Rauchentwicklung begleitet. Der Brandrauch ist toxisch und in seiner Gefährlichkeit als mindestens gleichrangig mit der Flammenausbreitung und dem Temperaturanstieg im Brandraum einzuschätzen. Da die Temperaturen im Bereich des Brandherdes in der Regel sehr unterschiedlich sind, findet teilweise eine nicht vollkommene Verbrennung statt, sodass der Brandrauch dann auch unverbrannte Gase mit sich führt.

Abb. A1/8: Brandphasen, Brandtemperaturen (Schema) und Brandrisiken – Beispiele (Bild: Meyer-Ottens)

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Brandmodell


A1  Vom Feuer zum Brand

1.3  Ausbreitung von Feuer und Rauch Ausbreitung von Feuer und Rauch

Die Ausbreitung von Feuer erfolgt einerseits direkt durch die Flammen, andererseits durch die Wärmeübertragung von bereits brennenden auf noch nicht vom Brand erfasste Stoffe.

Wärmeübertragung

Zwischen zwei Körpern unterschiedlicher Temperatur findet eine Wärmeübertragung statt, wobei der Körper mit der höheren Temperatur Wärme an den Körper mit der niedrigeren Temperatur abgibt. Es fließt also ein Wärmestrom in Richtung der niedrigeren Temperatur. Dieser Vorgang läuft so lange, bis beide Körper die gleiche Temperatur erreicht haben. Er kann durch konstruktive Maßnahmen nicht verhindert, sondern nur verzögert werden. Durch das Zwischenschalten einer Wärmedämmung wird der Körper mit der niedrigeren Temperatur („Kalter Körper“) vor einer zu großen Wärmeaufnahme von dem Körper mit der höheren Temperatur („Warmer Körper“) geschützt (Abb. A1/9).

Warmer Körper

Kalter Körper

Wärmedämmung Wärmeübertragung

fest, flüssig oder gasförmig

fest, flüssig oder gasförmig

Abb. A1/9: Wärmedämmung zur Verringerung der Wärmeübertragung zwischen zwei Körpern unterschiedlicher Temperatur

Die Wärmeübertragung kann erfolgen durch: Wärmeleitung, Wärmemitführung, Wärmestrahlung.

Wärmeleitung

Wärmeleitung ist die Übertragung von Wärme in festen, unbewegten flüssigen oder gasförmigen Stoffen zwischen unmittelbar benachbarten Stoffteilchen mit unterschiedlichen Temperaturen (Abb. A1/10). Wärmeleitung ist eine Stoffeigenschaft. Ihr Maß ist die Wärmeleitfähigkeit λ [W/(mK)], die jene Wärmemenge darstellt, die in der Zeiteinheit durch eine 1 m2 große Oberfläche eines 1 m dicken Bauteils strömt, wenn an den gegenüberliegenden Oberflächen eine Temperaturdifferenz von 1 K vorliegt. Je kleiner der Zahlenwert λ, desto geringer ist die Wärmemenge, die durch einen Baustoff geleitet wird, d. h. umso besser eignet sich der entsprechende Stoff als Wärmedämmung. Die Wärmeleitfähigkeit ist ein temperaturabhängiger Stoffkennwert, der im Wesentlichen von der Porosität und dem Feuchtigkeitsgehalt der Baustoffe beeinflusst wird. Bei feinen, gleichmäßig verteilten Poren erfolgt eine schlechtere Wärmeleitung als bei wenigen und großen Hohlräumen, in denen durch Luftzirkulation ein Wärmeaustausch eher möglich ist. Da die Rohdichte eines porösen und trockenen Stoffes mit abnehmendem Porengehalt ansteigt, ergibt sich eine Zunahme der Wärmeleitfähigkeit mit steigender Rohdichte. Neben der Größe der Luftporen spielen auch ihre Verteilung im Baustoff und die Art der festen Bestandteile eine Rolle. Nach der Wärmeleitfähigkeit unterscheidet man gute Wärmeleiter wie Metalle und schlechte Wärmeleiter wie Luft, Holz, Glas, Schaumstoffe oder Wasser. Bei üblichen Gebäudebränden sind an der Wärmeübertragung Baustoffe und Einrichtungsgegenstände beteiligt. Hierbei handelt es sich vielfach aber um schlecht leitende Materialien. Die Wärmeübertragung durch Wärmeleitung spielt daher bei der Brandausbreitung nur eine unter-

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A1.3  Ausbreitung von Feuer und Rauch

Abb. A1/10: Schematische Darstellung des Wärmeübertragung durch Wärmeleitung

geordnete Rolle. Eine Ausnahme bildet der Stahl. Bei Stahlbauteilen und Stahlrohrleitungen, die durch Wände oder Decken geführt werden, ist eine Brandübertragung durch reine Wärmeleitung durchaus denkbar. Am häufigsten allerdings findet bei Rohrdurchführungen durch raumabschließende Bauteile (Wände, Decken) die Brandübertragung über den zwischen Stahlrohr und Wand bzw. Decke verbleibenden Luftspalt statt, d. h. Wärmeübertragung geschieht durch die sog. Wärmemitführung. Wärmemitführung1) ist die Übertragung von Wärme in bewegten gasförmigen oder flüssigen Stoffen. Flüssigkeiten und Gase dehnen sich bei der Erwärmung aus und werden dadurch leichter als die kältere Umgebung. Sie steigen oder schwimmen auf. Es entsteht eine Strömung, in der die Wärme mitgeführt und an die kältere Umgebung abgegeben wird (Abb. A1/11). Im Brandfall erwärmen die von dem brennenden Bereich ausgehenden Brandgase die Raumluft. Diese dehnt sich aus, wird leichter, steigt auf und macht der nachströmenden kälteren Raumluft Platz. Dadurch entsteht eine Luftströmung, welche die Wärme mit sich führt, sodass weitere im Raum befindliche brennbare Stoffe erwärmt und gegebenenfalls thermisch aufbereitet werden. Ist schließlich die jeweilige Zündtemperatur erreicht und die erforderliche Sauerstoffmenge vorhanden, erfolgt die Zündung der brennbaren Stoffe. Im Hinblick auf den vorbeugenden Brandschutz ist es daher wichtig, die Brandgase auf kürzestem Wege durch Öffnungen ins Freie abzuführen, damit sie ihre Wärme nicht an andere brennbare Stoffe oder Bauteile abgeben können.

Abb. A1/11: Schematische Darstellung der Wärmeübertragung durch Wärmemitführung 1) Die Wärmemitführung wird in der Literatur auch als Konvektion bezeichnet.

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Wärmemitführung


A1  Vom Feuer zum Brand

Wärmestrahlung

Wärmestrahlung ist die Wärmeübertragung durch elektromagnetische Wellen, die ein Stoff in Abhängigkeit von seiner Temperatur an die Umgebung abgibt. Sie erfolgt unterhalb des sicht­ baren Lichtes als Infrarotstrahlung und wird ab etwa 550 °C als Licht (Flamme, Glut) sichtbar. Da die Strahlung an kein Übertragungsmedium gebunden ist, beansprucht sie die Oberflächen von Körpern, die keinen materiellen Kontakt miteinander haben (Abb. A1/12). Sogar über Entfernungen von 30 bis 40 m kann die Wärmestrahlung bei Großbränden brennbare Stoffe zünden. Auch Luftbewegungen lenken die Strahlung nicht ab.

Abb. A1/12: Schematische Darstellung der Wärmeübertragung durch Strahlung

Alle drei Möglichkeiten der Wärmeübertragung werden im Brandfall gleichzeitig wirksam. Im Brandfall wird Wärme noch auf andere Weise übertragen, wie z. B. durch: Flugfeuer. Darunter versteht man glühende Teile des Brandgutes, die durch die Luftströmung mitgerissen werden und an anderer Stelle zur Zündquelle werden können. brennendes Abfallen oder Abtropfen. Wenn sich brennende Bauteile aus ihrer Verankerung lösen und herabfallen oder Kunststoffe, Teer, Zinn oder Aluminium brennend abfallen oder abtropfen und dadurch brennbare Stoffe gezündet werden können. Auseinanderlaufen oder Verspritzen von brennenden Flüssigkeiten (z. B. Fettexplosion), was zu einer sofortigen Entzündung brennbarer Stoffe in der Umgebung führen kann.

Konsequenzen für den Brandschutz

Durch konstruktive Maßnahmen kann die Ausbreitung von Feuer und Rauch für einen begrenzten Zeitraum verhindert bzw. gehemmt werden, wie z. B. durch: Abführung der heißen Brandgase, um das Entzünden noch nicht brennender Gegenstände zu verhindern. Einhaltung von Sicherheitsabständen, um den Feuerüberschlag infolge Flammenüberschlag und Hitzestrahlung zwischen verschiedenen Gebäuden oder Stockwerken zu unterbinden. Herstellung der raumtrennenden Bauteile und ihrer Unterstützungen in einer Bauweise, die weder durch das Feuer zerstört noch von Feuer und Rauch durchdrungen werden kann. Diese Vorgehensweise wird „Abschottungsprinzip“ genannt.

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A1.4 Brandrisiken

1.4 Brandrisiken Die Gefährdung durch einen Brand für Menschen und Umwelt ergibt sich aus der Art und der Nutzung, aus der Größe der Grundfläche und der Höhe des Gebäudes sowie aus der Zahl der anwesenden Personen. Das Brandrisiko in Wohngebäuden wird als sehr hoch eingeschätzt. In einem Wohngebäude sind die Aufenthaltsräume überwiegend Wohn- und Schlafzimmer, Küchen und Bäder. Die Belegungsdichte ist mit ca. 1 Person/30 m2 verhältnismäßig gering. Von den Bewohnern, aber auch von den technischen Einrichtungen im Haushalt, geht jedoch eine ständige Brandentstehungsgefahr aus, z. B. durch zündelnde Kinder oder nachlässige Raucher, elektrische Kurzschlüsse oder Gasentzündungen. Da Hausrat und Wohnungseinrichtung eine hohe Brandlast darstellen, kann es leicht zu einem Brand mit großer Temperatur- und Rauchentwicklung kommen und damit zu Problemen bei den Lösch- und Rettungsmaßnahmen der Feuerwehr. Besonders die Rettungsmaßnahmen von Personen werden durch den u. U. hohen Anteil von Kindern, Alten und Kranken erschwert. Deshalb werden hohe Anforderungen an den Brandschutz von Wohngebäuden gestellt.

Gebäude: Art oder Nutzung

Das Brandrisiko in Bürogebäuden wird dagegen geringer als in Wohngebäuden eingeschätzt, obwohl die Belegungsdichte mit 1 Person/10 m2 größer ist. In Bürogebäuden handelt es sich bei den Aufenthaltsräumen in erster Linie um Arbeitsräume, in denen sich nachts meist keine Personen aufhalten. Die Brandlast ist kleiner als in Wohnungen, da Büros im Allgemeinen spartanischer ausgestattet sind und die meist dicht gepackten Akten schlecht brennen. Daher ist das von Bürogebäuden ausgehende Risiko geringer. Auch in Bezug auf die Rettungsmaßnahmen handelt es sich um einen unproblematischen Personenkreis. Erleichternd kommt hinzu, dass Brände dort meist frühzeitig entdeckt werden, da vielfach bauliche, anlagetechnische und organisatorische Brandschutzmaßnahmen (vgl. Teile A 2.2, A 2.3 und A 2.4) zusammenwirken. Man errichtet Gebäude möglichst in Zellenbauweise, bei der beispielsweise jede Wohnung von der Nachbarwohnung oder von anderen nicht zur Wohnung gehörenden Räumen auf brandschutztechnisch wirksame Weise abgeschottet ist. Die Brandausbreitung und damit die Gefahren für die Nachbarn und die Beeinträchtigung der Umwelt sind dann nur noch abhängig von dem Brandverhalten der verwendeten Baustoffe und der Feuerwiderstandsfähigkeit der Bauteile.

Gebäude: Grundfläche

Gebäude großer Länge und geringer Tiefe sind aus brandschutztechnischer Sicht unkritisch, da sich unweit jeder Stelle des Grundrisses Außenwände befinden, durch deren Öffnungen Rauch und Wärme abgeführt sowie Rettungs- und Löschmaßnahmen eingeleitet werden können. Bei großen Gebäudetiefen ergeben sich dagegen weit von den Außenwänden entfernte, innen liegende Zonen. Dies bedeutet eine erhebliche Erschwernis der Lösch- und Rettungsmaßnahmen. Die Grundfläche eines Gebäudes sollte insgesamt nicht größer sein als 1600 m2, wobei die Außenabmessungen (Länge, Breite) jeweils höchstens 40 m betragen dürfen − vgl. Teil A 2.2.5). Diese Größenbeschränkung ergibt sich einerseits aus der maximalen Brandlast, die in Brand geraten kann und von der Größe der Gebäudegrundfläche abhängig ist, sowie andererseits aus den Einsatzmöglichkeiten der Feuerwehr, der Länge der Fluchtwege, der begrenzten Eindringtiefe der Lösch- und Rettungskräfte im Brandfall und aus der beschränkten Beherrschbarkeit eines Brandes durch einen Löschzug. Auch durch eine Größenbegrenzung der einzelnen Nutzungseinheit in einem Gebäude lassen sich das Risiko einer Brandausbreitung und die Risiken bei der Brandbekämpfung verringern. Ein weiteres wichtiges Kriterium für die Risikobeurteilung ist die Höhenlage der Aufenthalts­ räume. Mit zunehmender Gebäudehöhe wird es schwieriger, die Lösch- und Rettungsmaßnahmen durchzuführen. Mit wachsender Höhe werden daher die brandschutztechnischen Anforderungen verschärft.

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Gebäude: Höhe


A1  Vom Feuer zum Brand

1.5 Hochtemperaturverhalten ausgewählter Baustoffe 1.5.1 Vorbemerkung Das Brandverhalten von Bauteilen ist u. a. auch von der Art und der Anordnung der verwendeten Baustoffe abhängig, wobei zwischen nichtbrennbaren und brennbaren Baustoffen unterschieden wird. Im Hinblick auf den Brandschutz ist es wichtig, das Brandverhalten folgender Baustoffe zu betrachten: Stahl, Beton, Stahl- und Spannbeton, Holz, Mauerwerk, Gips. Diese Baustoffe zeigen bei einer Hochtemperaturbeanspruchung (z. B. bei einem Brand) signifikante Unterschiede in ihrem Verhalten, wie in den folgenden Abschnitten aufgezeigt werden soll. Generell lässt sich feststellen, dass sich ein Baustoff mit steigender Temperatur ausdehnt, während gleichzeitig seine Festigkeit abnimmt. In der Regel können sich brandbeanspruchte Bauteile nicht unbehindert ausdehnen, da sie in fester Verbindung mit ihren Nachbarbauteilen stehen. Dadurch bauen sich in der Konstruktion erhebliche Zwängungskräfte auf. Diese und der bereits erwähnte Festigkeitsabfall der Baustoffe sind im Brandfall meist Ursache für den Zusammenbruch einer tragenden Konstruktion, wie es Abb. A1/13 und Abb. A1/14 (auf der folgenden Seite) zeigen. Von erheblicher Bedeutung ist daher die Zeitdauer, nach der brandbeanspruchte Bauteile versagen. Denn davon hängt ab, wie viel Zeit für Rettungsmaßnahmen zur Verfügung steht. Die Zeitdauer bis zum Versagen der Bauteile wird als Feuerwiderstandsdauer bezeichnet und ist die Zeitdauer in Minuten, die ein Bauteil einer Brandbeanspruchung widersteht, ohne seine „brandschutztechnische“ Funktionsfähigkeit zu verlieren – vgl. Teil A 2.2.3.

Abb. A1/13: Verformungen einer ungeschützten brandbeanspruchten Stahlkonstruktion

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A1.5  Hochtemperaturverhalten ausgewählter Baustoffe

Abb. A1/14: Auseinanderbersten einer brandbeanspruchten Fassade

1.5.2 Stahl Unter der Festigkeit von Baustahl wird in diesem Zusammenhang nicht seine Zugfestigkeit verstanden, sondern sein „Steifigkeitsverhalten“, ausgedrückt durch Streckgrenze und E-Modul. In Abb. A1/15 sind die qualitativen Verläufe der Spannungsdehnungslinien bei 20 °C, 100 °C, 200 °C, 300 °C, 400 °C und 500 °C aufgetragen. Man sieht, wie mit steigender Temperatur die Streckgrenze β s und, wenn auch anfangs kaum merkbar, der E-Modul kleiner werden. Bei 500 °C ist die Streckgrenze auf ca. 50 % ihres Ausgangswertes abgesunken, während der E-Modul sich um ca. 40 % verringert hat. In Abb. A1/16 ist der Abfall der Streckgrenze von Baustahl bei steigenden Temperaturen aufgetragen. Im Brandfall erreicht das Tragvermögen eines Stahlbauteils dann ein kritisches Stadium, wenn die Streckgrenze infolge Temperaturerhöhung auf die im Bauteil vorhandenen Spannungen abgesunken ist. Da ein Bauteil meist so bemessen wird, dass die vorhandenen Spannungen ca. 60 % der Streckgrenze bei 20 °C ausmachen, fängt der Stahl bei einer Stahltemperatur von ca. 500 °C an zu fließen und beginnt zu versagen. Die Temperatur, bei welcher der Versagensprozess einsetzt, wird kritische Stahltemperatur genannt (vgl. [Mo_3]). Erfahrungsgemäß erreichen ungeschützte Stahlbauteile, die einem Vollbrand ausgesetzt werden, nach maximal 25 Minuten die kritische Stahltemperatur und verlieren dann ihre Tragfähigkeit. Ihre Feuerwiderstandsdauer erreicht also noch nicht einmal 30 Minuten.

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Baustahl

Kritische Stahltemperatur


A1  Vom Feuer zum Brand

Abb. A1/15: Spannungs-Dehnungsverhalten von Baustahl bei Temperaturen bis 500 °C

Abb. A1/16: Abfall der auf 20 °C bezogenen Streckgrenze βS(T )/βS (20 °C) von Bau- bzw. Betonstahl in Abhängigkeit von der Temperatur T

Profilfaktor

Ausnutzungsgrad

Die Feuerwiderstandsdauer von Stahlbauteilen ist abhängig von ihrer Erwärmungsgeschwindigkeit. Diese ist eine Funktion von der Größe der beflammten Stahloberfläche A [m2], über die die Wärme in das Bauteil eindringt, und dem Volumen der Stahlmasse V [m3], die erwärmt werden muss. Man hat festgestellt, dass sich die Erwärmung proportional zur beflammten Stahlober­ fläche A und umgekehrt proportional zu dem zu erwärmenden Stahlvolumen V verhält. Der Verhältniswert A/V [1/m] wird Profilfaktor genannt. Ein Stahlbauteil mit einem großen Profilfaktor erwärmt sich schneller als eines mit einem kleinen Profilfaktor. Eine weitere Einflussgröße ist das Verhältnis der vorhandenen Stahlspannung zur Streckgrenze, auch Ausnutzungsgrad genannt. Je geringer der Ausnutzungsgrad, desto höher ist die kritische Stahltemperatur und damit auch die Feuerwiderstandsdauer. Wie stark sich Stahlkonstruktionen im Brandfall verformen können, zeigt Abb. A1/13. Eine Verbesserung der Tragfähigkeit von Stahlbauteilen im Brandfall erfolgt daher meist durch eine als Brandschutzbekleidung ausgeführte Wärmedämmung, welche die Stahlkonstruktionen gegen ein zu schnelles Aufwärmen schützt. Abb. A1/17 zeigt verschiedene Möglichkeiten, wie der Brandschutz bei Stahlbauteilen vorgenommen werden kann.

Beton- und Spannstahl

Das Festigkeits- und Verformungsverhalten von thermisch beanspruchten Beton- und Spannstählen unterscheidet sich nicht grundsätzlich von dem der Baustähle.

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A1.5  Hochtemperaturverhalten ausgewählter Baustoffe

e) c) a)

b)

d)

Abb. A1/17: Brandschutzmaßnahmen für Stahlbauteile – von links nach rechts – a)  reaktive Brandschutzbeschichtung b)  einlagige Bekleidung mit Faserzementplatten c)  dreilagige Bekleidung mit Gipskarton-Bauplatten d)  kastenförmige Putzbekleidung e)  profilfolgende Putzbekleidung

Die kritische Temperatur von Betonstahl liegt ebenfalls bei 500 °C, während die von Spannstahl je nach Stahlsorte bis auf ca. 350 °C absinken kann. Abb. A1/16 zeigt den Abfall der bezogenen Streckgrenze von Betonstahl in Abhängigkeit von der Temperatur.

1.5.3 Beton Wird Beton (Normalbeton, Leichtbeton) erwärmt, so ändert sich seine Struktur. Dies führt ab 200 °C zu einem Abfall der Betondruckfestigkeit βD, die dann bis 500 °C annähernd linear bis auf etwa 50 % ihres ursprünglichen Wertes absinkt. Der Abfall des Druck-Elastizitätsmoduls E setzt bereits bei etwa 50 °C ein und fällt dann ebenfalls annähernd linear ab, bis er bei einer Temperatur von 500 °C noch etwa 15 % des Ausgangswertes hat. Das Brandverhalten von Beton wird in erster Linie von der Art der Zuschläge, der Rohdichte, der Festigkeit und dem Feuchtigkeitsgehalt bestimmt.

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Beton


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