CoHousing Inclusive

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CoHousing Inclusive Selbstorganisiertes, gemeinschaftliches Wohnen fĂźr alle Self-Organized, Community-Led Housing for All id22: Institut fĂźr kreative Nachhaltigkeit id22: Institute for Creative Sustainability Michael LaFond & Larisa Tsvetkova (Hg./eds.)


PROLOG PROLOGUE VORWORT FOREWORD Selbstbestimmtes Leben, aber allein zu Haus? Self-Determined Living but Alone at Home?

Raúl Aguayo-Krauthausen

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Michael LaFond & Larisa Tsvetkova EDITORIAL

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STATEMENTS

Kathryn McCamant

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Christiane Droste & Michael Komorek LEITPRINZIP INKLUSION INCLUSION AS A GUIDING PRINCIPLE Gesellschaftlicher Zusammenhalt als Ressource in Wohnprojekten und Quartieren Social Cohesion as a Resource in Housing Projects and Neighborhoods

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MODELLPROJEKTE MODEL PROJECTS SPREEFELD, BERLIN Michael LaFond & Sonja Spital Gemeinschaftliches Wohnen, Arbeiten und Gärtnern mit dem Spreeacker CoHousing, CoWorking and CoGardening with Spreeacker

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REFUGIO, BERLIN Larisa Tsvetkova & Sonja Spital Leben und Arbeiten mit Ankommenden und Angekommenen Living and Working with Newcomers and Natives

42

STATEMENTS

Kerstin Kärnekull, Nico Keijzer

52

Michael LaFond & Sonja Spital

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GRANDHOTEL COSMOPOLIS, AUGSBURG Eine soziale Plastik A Social Sculpture

WOHNSINN 1&2, WOHNART 3, DARMSTADT Sozial gemischtes und generationsübergreifendes Wohnen Socially Mixed, Intergenerational Housing

Larisa Tsvetkova

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Jerónimo Díaz, Susanne Heiss, Liat Rogel

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MEHR ALS WOHNEN, ZÜRICH / WARMBÄCHLI, BERN Sanna Frischknecht Genossenschaftliche Wohn- und Nachbarschaftsentwicklungen in der Schweiz Swiss Cooperative Housing and Neighborhood Developments

78

STATEMENTS QUE[E]RBAU, WIEN Jede_r für sich und manches zusammen Everyone for His_Herself and Some Things Together

Min Jay Kang, Hans Thor Andersen

92

Larisa Tsvetkova & Christiane Droste

94

Larisa Tsvetkova

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STATEMENTS

VINZIRAST-MITTENDRIN, WIEN Ehemals Obdachlose und Studierende: Gemeinsam leben, arbeiten und lernen Formerly Homeless and Students: Living, Working and Learning Together


SONDERBEITRÄGE FEATURE ARTICLES MEHR KOOPERATION FÜR MEHR INKLUSIVES WOHNEN MORE COOPERATION FOR MORE INCLUSIVE HOUSING Wohnprojekte, Kommunen, Wohnungsbaugesellschaften und soziale Träger CoHousing Projects, Municipalities, City Housing Companies and Social Agencies

Michael LaFond

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Helena Hede

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Andreas Courvoisier, Angelika Drescher, Inka Drohn

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Ulrich Kriese SPANNUNGSFELD WOHNUNGS- UND GRUNDSTÜCKSPREISE TENSION BETWEEN COSTS OF HOMES AND LAND Ist der Boden ein (Privat-)Kapital- oder Gemeingut? Is the Ground (Private) Capital or Common Good?

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IST IN DER STADT NOCH PLATZ FÜR INKLUSION? IS THERE STILL SPACE IN THE CITY FOR INCLUSION? Erbbaurecht, Konzeptverfahren und Vorkaufsrecht für Bedarfsgruppen Heritable Building Rights, Concept Procedure and Option-to-Buy for Needs Groups

Rolf Novy-Huy

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Pete Kirkham, Kathleen Scanlon, Melissa Fernandez, Johan Vlug STATEMENTS Julia Hartmann & Axel Burkhardt TÜBINGENS NICHT-PROFITORIENTIERTER WOHNUNGSBAU TÜBINGEN’S NON-PROFIT-ORIENTED HOUSING DEVELOPMENT Nachhaltige Wohnraumversorgung durch Konzeptvergabe zum Festpreis Sustainable Housing Provision: Concept-Based, Fixed-Price Land Allocation

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Dorothea Riedel & Gunnar Laufer-Stark NEUER WOHNRAUM FÜR NEUE NACHBAR*INNEN NEW HOUSING FOR NEW NEIGHBORS Eine gemeinwohlorientierte Antwort auf wohnungspolitische Fragen in Tübingen An Answer for the Common Good to Tübingen’s Housing Policy Questions

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VERNETZUNG VON VORORT UND INNENSTADT INTEGRATION BETWEEN SUBURBIA AND DOWNTOWN Beispiel Sofielunds Kollektivhus, Malmö Example of Sofielunds Kollektivhus, Malmö STATEMENTS

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VISIONÄRE PROJEKTE VISIONARY PROJECTS INKLUSIV WOHNEN KÖLN Wohnprojekt für Menschen mit Behinderung, Studierende und andere CoHousing for People with Disabilities, Students and Others

Larisa Tsvetkova mit / with Christiane Strohecker

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Christine Gohlke mit / with Peter Weber & Daniela Herr

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Christine Gohlke mit / with Silvia Carpaneto & Angelika Drescher

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Larisa Tsvetkova FREIHAM NORD, MÜNCHEN mit / with Ein inklusiver Stadtteil Sabine Steger & Susanne Kirgis An Inclusive City District

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SREDZKISTRASSE 44, BERLIN Musterhaus Altbausanierung für Generationenwohnen Model Building Renovation for Intergenerational Living ALLTAG AM VOLLGUT, BERLIN Temporäres Wohnen im ALLTAG: Beherbergung und Nachbarschaft Temporary Housing in Everyday Life: Accommodation and Neighborhood

VISIONÄRE STRATEGIEN VISIONARY STRATEGIES ZUSAMMENKUNFT, BERLIN Michael LaFond & Camilla Warmedinger mit / with Genossenschaft für Stadtentwicklung. Haus der Statistik Christian Schöningh & Harry Sachs Urban Development Cooperative. Haus der Statistik

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Larisa Tsvetkova & Michael LaFond FREIRAUMKOOPERATIVE, DEUTSCHLAND mit / with Netzwerk für gemeinschaftliche Wohnprojekte Sophie Köster & Andreas Bräuer Network for Cooperative Housing Projects

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COMMUNITY LAND TRUST BRUXELLES Die Stadt von morgen auf gemeinsamem Boden The City of Tomorrow on Common Ground

Michael LaFond mit / with Geert de Pauw

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Michael LaFond & Camilla Warmedinger MIETSHÄUSER SYNDIKAT INTERNATIONAL mit / with Selbstorganisiert wohnen – solidarisch wirtschaften Robert Burghardt & Enrico Schönberg Self-Organized Housing—Economic Solidarity

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WIE WEITER NEXT STEPS OSTWÄRTS! Michael LaFond, Milota Sidorová, Boris Hrbáň, GO EAST! Anja Planišček Das Entstehen selbstorganisierter Wohnprojekte in mitteleuropäischen Städten Emerging Self-Organized Housing Projects in Central European Cities

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STATEMENTS

Kimmo Rönkä, Heike Skok

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Christiane Droste & Thomas Knorr-Siedow WOHNUNGSPOLITIK FÜR EINE INKLUSIVE GESELLSCHAFT HOUSING POLICY FOR AN INCLUSIVE SOCIETY Potenziale und Voraussetzungen für Diversität in Wohnprojekten Potentials and Preconditions for Diversity in Housing Projects

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STATEMENTS

Robert Temel, Daniel Blumer

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ZUTATEN FÜR INKLUSION IN WOHNPROJEKTEN INGREDIENTS FOR INCLUSION IN COHOUSING

Michael LaFond, Larisa Tsvetkova, Sonja Spital

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Larisa Tsvetkova & Michael LaFond FAZIT CONCLUSIONS

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STATEMENTS Lidewij Tummers

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AUTOR*INNEN AUTHORS

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PARTNER*INNEN PARTNERS

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KONTAKTE & RESSOURCEN CONTACTS & RESOURCES

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DANKSAGUNG ACKNOWLEDGEMENTS

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IMPRESSUM IMPRINT

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PROLOG Vorwort

SELBSTBESTIMMTES LEBEN, ABER ALLEIN ZU HAUS? Foreword

SELF-DETERMINED LIVING BUT ALONE AT HOME? Raúl Aguayo-Krauthausen Das Wort Inklusion ist heutzutage in so vieler Munde, dass ich inzwischen nicht mehr ganz so sicher bin, ob wir wirklich noch alle wissen, was ursprünglich gemeint war. Wenn ich den Begriff erklären muss, dann sage ich immer: Inklusion ist kein Ziel, kein Punkt auf einer Checkliste, den man irgendwann abhaken kann, sondern vielmehr ein Prozess der Annahme und der Begegnung von menschlicher Vielfalt. Selbstbestimmtes Wohnen ist ein wichtiger Faktor auf dem Weg zur Inklusion und bedeutet für mich Unabhängigkeit. Meine erste eigene Wohnung war ein absoluter Zufallstreffer. Unterwegs in der Stadt sah ich in einem Schaufenster ein großes „zu vermieten“-Schild. Es gab vor der Ladentür keine Stufe und was man von den Räumlichkeiten erkennen konnte, sah vielversprechend aus. Ich bewarb mich ohne lange nachzudenken. Mein einziger Konkurrent war ein Dönerimbiss. Und weil zuvor ein Klamottenladen in den Räumlichkeiten war, hatte der Vermieter Bedenken, dass die anderen Mieter mit einem Restaurantbetrieb nicht einverstanden wären. So bekam ich den Zuschlag und meine erste barrierefreie WG entstand. Es war mir wichtig, dass meine Wohnung rollstuhlgerecht ist, aber nicht an ein Krankenhaus mit den typischen Türen und Standardmöbeln erinnert. Eine ebenerdige Ladenwohnung bot schon einmal gute Grundvoraussetzungen. Trotzdem musste ich einige kostspielige Umbauten machen lassen: Es wurde ein automatischer Türöffner in die alte Ladentür eingebaut, die mit einer Chipkarte leicht geöffnet werden konnte und dann direkt aufschwingt. Außerdem wurden in der Wohnung alle Türschwellen entfernt und pflegeleichtes Laminat verlegt. Der Vermieter gewährte im Gegenzug für einige Monate Mietfreiheit.

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The word “inclusion” is so much in use these days, that I am not quite sure if we all still know what it originally meant. If I need to explain this term, I always say: Inclusion is not an aim, and not a task in the to-do list which can later be marked as done, but rather a process of accepting and dealing with human diversity. Self-determined living is an important factor on the way to inclusion and this means independence to me. My own first apartment was a complete coincidence. Out and about in the city I noticed a large “For Rent” sign in a storefront window. There were no steps at the entry, and what I could see through the window looked promising. Without thinking for too long, I applied to rent the space. My only competitor was a kebab fast food shop. But since there was a clothes shop in this space just before, the owner was concerned that other tenants might not be happy with a restaurant moving in. So I got the rental contract, and my first barrier-free shared flat became a reality. It was very important to me that my flat was wheelchair accessible, but that it did not remind me of a hospital with institutional doors and standardized furniture. This ground level, commercial space was already a good start. Still, I had to get some expensive renovations done: an automatic door-opener was added to the old front door, so that the it could be easily unlocked and opened just with a chip card. Beyond that, all door thresholds were taken out, and an easy-to-care-for laminate floor was laid. The landlord granted me a few rent-free months in return.


PROLOGUE

Nach einigen Jahren zog ich um und gründete eine neue WG in einer größeren Wohnung mit vier Zimmern auf zwei Etagen, einer ganz gewöhnlichen Küche und einem relativ kleinen Bad. Die Wohnung ist nicht besonders barrierefrei und wir sind auch kein besonders, inklusives oder pädagogisches Projekt, sondern einfach eine WG. Auch hier funktioniert Inklusion. Inklusives Wohnen heißt aber auch, mal von Freunden nach Hause eingeladen zu werden oder einfach spontan vorbeikommen zu können. Ich erlebe es häufiger, dass Bekannte die Vorstellung, von einem Rollstuhlfahrer besucht zu werden, als Überforderung empfinden. Schnell passiert es, dass sie vorschlagen, bei mir vorbeizukommen oder sich lieber mit mir in einem barrierefreien Café zu treffen. Natürlich versuche ich grundsätzlich, meinem Gegenüber Unsicherheiten zu nehmen und Möglichkeiten aufzuzeigen. Mittlerweile verzichte ich bei diesem sensiblen Thema aber immer häufiger darauf, denn niemand mag das Gefühl, sich bei jemandem einzuladen. Dabei finde ich es spannend zu sehen, wie andere wohnen. Wenn das nicht geht, fehlt ein wichtiger Aspekt an einem Kennenlernen. Ich lebe quasi barrierefrei, aber kenne eben nur mein eigenes Zuhause. Eigentlich ist einen Menschen mit Behinderung zu sich nach Hause einzuladen weitaus unkomplizierter, als so mancher es sich vielleicht vorstellt. Mit guten Freunden spreche ich offen über die Notwendigkeiten, die ein Besuch von mir bei ihnen in ihrer Wohnung mit sich bringt, zum Beispiel wie groß eine Stufe sein darf und in welchem Fall ich eine Rampe benötige. Einmal war ich zum Beispiel mit einer Freundin bis spät in der Nacht unterwegs und danach wollte sie mich noch auf einen Kaffee zu sich nach Hause einladen. Sie lieh sich kurz entschlossen eine Rampe in der Kneipe bei ihr um die Ecke aus. Manchmal muss man sich eben zu helfen wissen. So einen entspannten Umgang wünsche ich mir. Denn inklusives Wohnen braucht nicht nur Rampen und Aufzüge, sondern auch Neugier am Leben der Mitmenschen.

Several years passed, and I moved again to establish a new shared flat in a larger space with four rooms on two floors, a typical kitchen and a relatively small bathroom. This space is not really barrier-free, and we are not a special, inclusive or educational project, but it’s just a shared flat. Inclusion works here too. But Inclusive Housing also means being able sometimes to be invited to a friend’s place, or to just spontaneously drop by. From my experience, people often feel that getting a visit from a wheelchair user is quite demanding. And so it happens that they quickly propose to come by my place, or to meet in a barrier-free cafe. Of course I generally try to speak to their insecurities and positively show the various opportunities. But more and more I avoid this sensitive issue, as no one really likes the feeling of inviting him/herself to someone else’s place. Still, I find it exciting to see how others live. If that’s not possible, then something important is missing in getting to know other people. I basically live barrier-fee, but really only know my own home. Inviting a person with a disability to visit someone’s home is actually way more simple than many think. With my close friends I speak openly about what it can mean when I visit them. For example, how big can a step be, and when is a ramp needed. Once I was out with a friend until late in the night, when she decided to invite me for a cup of coffee at her place. Without much consideration she borrowed a ramp from the bar around the corner. Sometimes you just have to be resourceful. I would really like to experience more of this easy and uncomplicated approach, as Inclusive Housing needs not just ramps and elevators, but also interest in the lives of the people around us.

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PROLOG

EDITORIAL

Michael LaFond & Larisa Tsvetkova Hintergrund

Background

Diversität und Inklusion sind wichtige Herausforderungen – oder Potenziale unserer Zeit. Immer vielfältiger werdende Lebensentwürfe, Haushaltsstrukturen, Arbeits- und Mobilitätsformen verändern sich und unsere Anforderungen an Städte und Wohnen. Postindustrielle Stadtgesellschaften werden internationalisiert und globalisiert. In vielen Regionen altert die Bevölkerung, Individualisierung und soziale Entfremdung nehmen zu, die Anzahl der allein lebenden Menschen und Patchworkfamilien steigt. Immer mehr Menschen setzen sich in der ganzen Welt in Bewegung: Einige weil sie es sich leisten können, die anderen weil sie eine Arbeit suchen oder weil sie vor Krieg, Repression oder Hunger fliehen. Dramatische Verluste der Biodiversität sind Teil der sich ausbreitenden ökologischen Krise, die ebenso viele Menschen dazu zwingt, sich ein neues Zuhause zu suchen.

Diversity and inclusion are major challenges—or opportunities—of our time. Increasingly diversified lifestyles, household structures, work and mobility patterns are changing and with them the demands that we have on cities and housing. Post-industrial urban societies are becoming internationalized and globalized. In many regions the populations are ageing, individualization or even social alienation is increasing and larger numbers are living as singles or in patchworks of cohabitation. More and more people are moving from place to place around the planet, some because they can afford to and others because they are seeking employment or fleeing war, repression and hunger. Dramatic losses in biodiversity are part of the unfolding ecological crisis, also forcing great numbers of people to look for new homes.

Wir sind dazu aufgefordert, unsere Haltung bezüglich Diversität zu überdenken. Welche Möglichkeiten bieten sich, und welchen Herausforderungen müssen wir uns stellen? In diesem Diskurs wird die Bedeutung des Wohnens für die Diversität in Bezug auf Inklusivität und Exklusivität ersichtlich. In den letzten Jahren wurde dem Recht auf selbstbestimmtes Wohnen mehr Aufmerksamkeit zuteil, beispielsweise durch die Verabschiedung der UN-Behindertenrechtskonvention 2006. Neun Jahre später betonte die Geneva UN Charter on Sustainable Housing den steigenden Bedarf an inklusivem, partizipativem Wohnen. Wie kann das Recht auf selbstbestimmtes Wohnen allen zugänglich gemacht werden? Welche Entscheidungsmöglichkeiten stehen den Menschen in Bezug auf ihren Wohnort, ihre Wohnform und ihre Nachbar*innen zu? Diese Fragen fördern die Untersuchung inklusiver Wohnformen, die mehr bieten als Wohnheime für Senior*innen 12

We are compelled to rethink our relationship with diversity. Do we see opportunities to be appreciated or problems to be dealt with? Engaged in this discourse, we realize the significance of housing, and that this can be accommodating to goals of inclusivity as well as goals of exclusivity. A right to self-determined housing has gained attention in recent years, for instance since the ratification of the UN Convention on the Rights of Persons with Disabilities in 2006. Nine years later, the Geneva UN Charter on Sustainable Housing also put an emphasis on providing increased options for inclusive, participatory housing. Should such a right of self-determination in housing be enjoyed by all and to what extent? What choices should people have, with respect to where, how and with whom they live? These questions call for an exploration of inclusive forms of housing, among other things as alternatives to retirement centers, institutionalized homes for people with disabilities, shelters for refugees and agglomerations of ever smaller flats for isolated singles.


PROLOGUE

und Menschen mit Behinderung, Unterkünfte für Geflüchtete oder Häuserzeilen mit Kleinstwohnungen für isolierte Einzelhaushalte. Gemeinschaftliche Wohnformen wurden schon immer von sozio-ökonomischen Faktoren der Exklusion und Inklusion beeinflusst und haben ihrerseits versucht, auf diese einzuwirken. Eines der ersten Beispiele einer selbstorganisierten Initiative sind die Diggers (Erdarbeiter) in England. Sie entstanden in den 1640er Jahren als eine Antwort auf die englischen Enclosures, einer bedeutsamen Entwicklung in Bezug auf die Privatisierung von Boden. Die Enclosures sollten anhand baulicher Abgrenzung durch das Errichten von Zäunen um große Grundstücke diese dem Gemeinwohl und der Bevölkerung entziehen. Der Privatisierung des öffentlichen Bodens konnten sich die Diggers durch verschiedene Aktionen wie Entwicklung eigener ländlicher Kommunen und Gärten auf nur illegal zugänglichen Grundstücken für eine bestimmte Zeit widersetzen. Fast vier Jahrhunderte später sind europäische Initiativen immer noch mit solchen Themen rund um die Grenzen und Möglichkeiten selbstorganisierter Gruppen und deren Zugang zu Land und Immobilien konfrontiert. Historisch gesehen entstanden zivilgesellschaftliche Reformstrategien für das Wohnen in Zeiten, in denen sich viele Menschen mit der Herausforderung konfrontiert sahen, ihre Bedürfnisse auf dem Wohnungsmarkt nicht befriedigen zu können. In den schwierigen Jahren der Industrialisierung im 19. Jahrhundert entwickelten sich Genossenschaften; Kommunen, Hausbesetzungen und Selbsthilfeprojekte entstanden in den Jahren der kulturellen Gegenbewegung der 1960er und 1970er. Wohnprojekte, wie wir sie heute kennen, entwickelten sich seit den 1970er Jahren insbesondere in Skandinavien, in weiteren Regionen Europas und in Nordamerika. Heute sind unsere größeren Städte auf dem Weg zu einer neuen Krise mit explodierenden Boden- und Mietpreisen, begleitet durch scheinbar unkontrollierbare Gentrifizierungsprozesse. Seit mehreren Jahren experimentieren selbstorganisierte Wohnprojekte mit inklusiven Strategien, beispielsweise in Bezug auf Bezahlbarkeit. Heute stellt sich insbesondere die Frage, inwiefern gemeinschaftliches Wohnen für vielfältige soziale Gruppen – und nicht nur für eine gebildete Mittelschicht – zugänglich sein kann.

Community housing forms have long been impacted by and have themselves been trying to influence socioeconomic forces of exclusion and inclusion. The Diggers as an early example of a self-organized community initiative were responding way back in the 1640s to the English Enclosures. This very significant historical development of land privatization meant putting fences around large pieces of land, in effect taking them away from the commons and the average people, and making them exclusive. Among other actions, by developing their own rural colonies and growing food on land no longer legally accessible, the Diggers resisted privatization of common land for a period of time. Almost four centuries later, European initiatives are still dealing with similar questions revolving around the limits and opportunities for self-organized groups, and their access, or lack thereof, to land and property. Historically speaking, civil society-based housing reform strategies have emerged in times when great numbers of people were challenged, and could not find what they needed on the market. Cooperatives emerged in the 1800s in European countries during the harsh years of industrialization. Communes, squats and self-help projects arose during the counter-cultural 1960s and 1970s. CoHousing projects as we know them have been developing since the 1970s, especially in Scandinavia and in other regions of Europe and North America. Today our larger cities are already well into another crisis phase, expressed by exploding land values and rents and seemingly uncontrollable gentrification. Fortunately, self-organized housing projects have already been experimenting with strategies for inclusion, for example in striving to be affordable. A main question to be investigated today is to what extent community-based housing can be accessible to diverse social groups, and not only to well-educated, middle-class families.

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PROLOG

Forschungsfragen 1. Was bedeutet inklusives Wohnen? 2. Welche Vorteile bietet gemeinschaftliches und selbstbestimmtes Wohnen im Hinblick auf aktuelle Herausforderungen in einer vielfältiger werdenden Stadtgesellschaft? 3. Wie können Wohnprojekte der menschlichen Vielfalt gerecht werden und zur Entwicklung innovativer Lösungen für nachhaltiges, generationenübergreifendes und inklusives Zusammenleben in gemischten Quartieren beitragen? 4. Inwiefern kann CoHousing Kommunikation, Begegnung und Austausch in Wohnprojekten und darüber hinaus fördern? 5. Wo liegen Möglichkeiten und Grenzen der Inklusion und wie wird die Balance zwischen Einbezug und Rückzug, Homogenität und Heterogenität in selbstorganisierten gemeinschaftlichen Wohnformen gehalten? 6. Welche Bedeutung haben Architektur und Gestaltung der Innen- und Außenräume für die Inklusion und Gemeinschaft in einem Wohnprojekt sowie für die Identifikation mit diesem? 7. Wie können Wohnprojekte langfristig inklusiv geplant werden? 8. Welchen Einfluss haben Eigentumsformen auf Inklusion und Gemeinschaft in Wohnprojekten im Sinne der Zugänglichkeit und als Strategie gegen Spekulation? 9. Welche Ansätze für eine bewusste Entwicklung inklusiver, gemeinschaftlicher Wohnprojekte sind in unterschiedlichen Städten und Regionen bereits vorhanden und welche entstehen gerade? 10. Welche finanzielle, politische, und juristische Unterstützung und welche Form von Kooperationen bräuchten selbstorganisierte Wohnprojekte, um unterschiedliche Bedarfsgruppen besser miteinzubeziehen? 11. Welche Zukunftsperspektiven und Herausforderungen gibt es im Kontext der Weiterentwicklung und Skalierbarkeit inklusiver gemeinschaftlicher Wohnformen?

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editorial


PROLOGUE

Research Questions 1. What is the meaning of inclusive housing? 2. What advantages does community-based, self-determined housing offer with respect to current challenges in an urban society becoming ever more diverse? 3. How can housing projects adequately deal with human diversity and develop innovative solutions for a sustainable, intergenerational and inclusive coexistence in mixed neighborhoods? 4. In what ways can CoHousing encourage communication, exchange and interaction within housing projects and beyond their borders? 5. Where are the opportunities and limits for inclusion, and how is a balance to be found between openness and privacy, homogeneity and heterogeneity, in self-organized, community-based housing? 6. What is the significance of architecture and design regarding inside and outside spaces, in terms of supporting inclusion and strengthening community and identification with the project? 7. How can inclusive housing projects be planned for the long term? 8. What impact do legal ownership forms have on inclusion and community in CoHousing, in the sense of accessibility and as a strategy against speculation? 9. What approaches for an intentional development of inclusive, community-based housing projects exist in various cities and regions, and what strategies are emerging? 10. What financial, political and legal support, and what kinds of cooperation, does CoHousing need in order to better include various residential groups with special needs? 11. What are the future perspectives and challenges for a further development as well as an upscaling of inclusive CoHousing initiatives?

editorial

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INWIEFERN KANN COHOUSING KOMMUNIKATION, BEGEGNUNG UND AUSTAUSCH IN WOHNPROJEKTEN UND DARÜBER HINAUS FÖRDERN? IN WHAT WAYS CAN COHOUSING ENCOURAGE COMMUNICATION, EXCHANGE AND INTERACTION WITHIN HOUSING PROJECTS AND BEYOND THEIR BORDERS?


STATEMENTS

In CoHousing-Nachbarschaften bauen wir Beziehungen zu unseren Nachbar*innen auf, indem wir in praktischen Angelegenheiten zusammenarbeiten, ganz gleich ob es sich um einen Arbeitseinsatz im Garten oder um das Kochen des Abendessens handelt. Während wir zusammen arbeiten, schaffen wir Vertrauen. Im Laufe der Zeit sehen wir, wie unsere eigenen Grenzen aufweichen und gewinnen eine größere Empathie füreinander. Diese Empathie begleitet uns für den Rest unseres Lebens und öffnet unser Herz für Andere. Das Leben in der Gemeinschaft lehrt uns, sorgfältiger auf das zu hören, was andere mitzuteilen haben. Wenn unsere Gemeinschaften wirklich erfolgreich sind, geben sie uns Energie und Unterstützung, die es uns ermöglicht, uns aktiv in die breitere Zivilgesellschaft einzubringen, um auf die Herausforderungen der Menschheit einfühlsam und respektvoll zu reagieren. In CoHousing neighborhoods, we build relationships with our neighbors by working together on practical matters, whether that is a garden workday or making dinner. As we work together, we build trust. Over time, we find our own edges softening, gaining greater empathy for each other. This empathy accompanies us in the rest of our lives, opening our hearts to others. Living in community teaches us to listen more carefully to what others have to share. When our communities are truly successful, they give us energy and support to engage actively in the larger civil society to empathetically and respectfully address the challenges of the human condition. Kathryn McCamant, Architect, McCamant & Durrett Architects and The CoHousing Company, Nevada City


PROLOG

LEITPRINZIP INKLUSION INCLUSION AS A GUIDING PRINCIPLE Gesellschaftlicher Zusammenhalt als Ressource in Wohnprojekten und Quartieren Social Cohesion as a Resource in Housing Projects and Neighborhoods

Christiane Droste & Michael Komorek

Gesellschaftlicher Zusammenhalt ist im Kontext des demografischen Wandels nicht nur ein übergreifendes gesellschaftspolitisches Ziel, sondern für viele eine konkrete lebensweltliche Notwendigkeit. Eine Schlüsselfunktion für sein Gelingen hat der soziale Nahraum, wie es sich in der Praxis integrierter Quartiersentwicklung und in spezifischen Inklusionsansätzen beobachten lässt: Zu den Beispielen gehören das Projekt Q8 der evangelischen Alsterstiftung in Hamburg, das 2016 gegründete Netzwerk Immovielien und auch die in diesem Buch vorgestellten Wohnprojekte. Zu den Leitprinzipien, die sich anbieten, um dieses Ziel zu verfolgen, gehört die Inklusion: Auf strategischer Ebene findet sie Eingang in Vergabekriterien von städtebaulichen oder wohnungspolitischen Programmen, ist sie Anlass für Kooperationen zwischen Wohnungsunternehmen und sozialen Trägern oder dient als Baustein von Konzeptverfahren für kommunale Liegenschaftsverkäufe. Auf Bottom-up-Ebene gehört sie immer häufiger zum Selbstverständnis selbstorganisierter Wohnformen. Vom politischen Ziel zur Umsetzung im Wohnprojekt und im Quartier Orientierungshilfen für die Umsetzung der Inklusion im Handlungsfeld Wohnen und Quartiersentwicklung bieten eine Vielzahl von Leitlinien und Arbeitshilfen, die sowohl bauliche Aspekte als auch zunehmend die Handlungsfelder (digitaler) Kommunikation und Mobilität im sozialen Nahraum adressieren. Zielstellung ist dabei nicht mehr die „Sonderlösung“ für eine spezifische benachteiligte Gruppe, sondern ein „Design for All“ (z. B. SenStadtUm 2012), das Gender und Diversität gezielt berück24

In the context of demographic change, social cohesion is not only an overarching sociopolitical objective, but for many an absolute everyday necessity. The immediate social environment represents a key element for its success, as has been observed in practice in integrated neighborhood development and in specific inclusion approaches: some examples of this are the Project Q8 of the evangelical Alster Foundation in Hamburg, the Immovielien network founded in 2016, as well as the housing projects presented in this book. One of the guiding principles to draw on in pursuing this goal is inclusion: at the strategic level it can be considered in the allocation criteria for urban design and housing policy programs, and it is a reason for cooperation between housing associations and social agencies and serves as a building block for concept-based procedures for municipal property sales. At a bottom-up level it has become increasingly part of the self-image of self-organized housing forms. From Political Goal to Realization in Housing Projects and Neighborhoods Orientation assistance for the realization of inclusion in the field of housing and neighborhood development is provided by a variety of guidelines and working aids that address not only building aspects, but also increasingly, the sphere of (digital) communication and mobility in immediate social environments. The objective is no longer a special solution for a particular disadvantaged group, but rather a Design for All approach (for example SenStadtUm 2012) that specifically takes gender and diversity into consideration (for example ÖGUT 2014). Also, the comprehensive 2011 participation-oriented Community


PROLOGUE

sichtigt (z. B. ÖGUT 2014). Auch der umfassende, 2011 von der Montag Stiftung beteiligungsorientiert entwickelte Kommunale Index Inklusion motiviert und unterstützt das Entstehen themenspezifischer und -übergreifender Leitbilder für Inklusion im Bereich Quartier und Wohnen. Kommunen, Förderprogramme, soziale Träger, Interessenvertreter*innen spezifischer Gruppen, zivilgesellschaftlich Engagierte und auch die hier im Fokus stehenden Wohnprojekte arbeiten jedoch häufig mit unterschiedlichen Definitionen und Schwerpunkten von Inklusion. Je nach Kontext und bei den Wohnprojekten auch abhängig von der Zusammensetzung der Projektgruppe und ihren Ressourcen kommen unterschiedliche Partizipationsverfahren und inklusionsfördernde Aktivitäten zum Tragen. Der Anspruch, inklusive Konzepte für gemeinschaftliches Wohnen zu entwickeln und umzusetzen, trifft dabei aktuell zunehmend auf strukturelle Barrieren wie das Defizit an bezahlbarem Wohnraum und leistbaren Grundstücken oder auch mangelnde Kooperationen mit Wohnungsbaugesellschaften und Wohnungsunternehmen. Diversität als Ressource für Inklusion Um gleichzeitig Inklusion zu befördern und mit diesem Defizit umzugehen, gilt es im Sinne der Entwicklung eines active citizenship und der lokalen Communities (Marshall 1992, Etzioni 1993) zu beachten, dass die Menschen, deren Bedürfnisse in inklusiven Quartieren, Nachbarschaften und Wohnprojekten Berücksichtigung finden sollen, keine homogene Gruppe sind. Vielmehr bilden sie eine hohe Diversität von Lebenslagen und Lebensstilgruppen ab. Finanzielle Ressourcen und soziales Kapital sind von Person zu Person verschieden, genau wie die Motivation, sich in die Projektentwicklung und in das soziale Miteinander einzubringen. Dies gilt auch für persönliche Möglichkeiten, sich Zugang zu passenden Wohnformen zu schaffen, denn jede*r ist auf dem Wohnungsmarkt unterschiedlich bevorzugt oder benachteiligt. Damit diese Diversität als Ressource für inklusives Wohnen wahrgenommen werden kann, ist das im Folgenden dargestellte Verständnis von Inklusion hilfreich.

Inclusion Index, developed by the Monday Foundation (Montag Stiftung), motivates and supports the emergence of both subject-specific and overarching guidelines for inclusion in the area of neighborhoods and housing. Municipalities, funding programs, social agencies, specific stakeholders, civic activists, and also the housing projects focused on here, each tend to work with different definitions and priorities for inclusion. According to the context and the housing project, and also dependent on the composition of the project group and their resources, different participation processes and inclusion-supporting activities come into play. The aspiration to develop and realize inclusive concepts for community-based housing is however increasingly encountering structural barriers, such as the deficit of affordable housing and building sites and also the insufficient cooperation with housing companies and developers. Diversity as a Resource for Inclusion In order to simultaneously support inclusion and work with this deficit, it is important to develop an active citizenship and make provisions for local communities (Marshall 1992, Etzioni 1993), while respecting that people do not form a homogenous group who hope to find their needs taken into account within inclusive districts, neighborhoods, and housing projects. They generally represent a great diversity of living situations and lifestyle groups. Financial resources and social capital vary from person to person, as does the motivation to participate in project development and community life. This also applies to the personal possibilities of finding access to suitable living arrangements, as everyone has different advantages or disadvantages with respect to the housing market. In order to take advantage of this diversity as a resource for inclusive housing, it would be beneficial to take into consideration the following understanding of inclusion.

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MODEL PROJECTS

SPREEFELD, BERLIN

Gemeinschaftliches Wohnen, Arbeiten und Gärtnern mit dem Spreeacker CoHousing, CoWorking and CoGardening with Spreeacker Projektentwicklung und Realisierung: 2007–2014, Spreefeld Genossenschaft, Die Zusammenarbeiter; Carpaneto-, Fatkoehl- und BAR-Architekten; Gruppe F, Spreeacker Project Development and Implementation: 2007–2014, Spreefeld Cooperative, Die Zusammenarbeiter; Architects: Carpaneto, Fatkoehl, and BAR; Gruppe F, Spreeacker Gebäudetyp: Neubau Building Type: New buildings Rechts- und Eigentumsform: Genossenschaft mit Eigentumsoption Legal Form and Ownership: Cooperative with Ownership Option Finanzierung: Genossenschaftsanteile der Mitglieder, KfW-Bank Effizienzhauskredit, Baudarlehen Financing: Members’ cooperative shares, KfW Bank Energy Efficiency Building loans, construction loans Bezahlbarkeit: Wohneinheiten: Genossenschaftsanteile durchschnittlich 1050 €/m² Privat-Wohnfläche, monatliche Nutzungsgebühr 5–8 €/m² warm, Gemeinschaftsflächen inbegriffen; Gewerbeeinheiten: ca. 15 €/m² warm Affordability: Residential Spaces: Cooperative shares on average 1,050 €/m² private-flat area, monthly use fee of 5–8 €/ m² incl. costs for heating and common space; Commercial Spaces: approx. 15 €/m² incl. costs for heating Bewohner*innen: 140: 95 Erwachsene, 45 Kinder und Jugendliche, die Mehrheit der Erwachsenen im Alter von 40–60 Jahren Residents: 140: 95 adults, 45 children and youth; majority of adults are 40–60 years old


Optionsraum, Mittagstisch Option Space, Lunch

Konzept und Entstehung

Concept and Development

Die Spreefeld-Genossenschaft entwickelt sich fortwährend als ein Pionierprojekt mit besonderer Lage an der Spree, auf einem Gebiet, das ehemals Ackerland, dann Industrieareal und nach dem Krieg Teil des damaligen Grenzgebiets Ost-Berlins war. Nach dem Mauerfall zog das Spreeufer zunächst Akteure der Clubkultur und Besetzer*innen an, erst Jahre später internationale Investor*innen. Dabei leisteten lokale stadtpolitische Aktivist*innen gegen exklusive Entwicklungen an der Spree Widerstand. Auf der Suche nach alternativen Entwicklungsmöglichkeiten setzte sich die private Spreefeld-Initiative das Ziel, an diesem Ort vielfältige Wohn-, Arbeits- und Gartenformen mit öffentlich zugänglichen Flächen zu ermöglichen. Als Berlins Bauboom langsam losging, war der Kauf des Grundstücks vom Bund und die Bebauung ohne städtische Förderung nur mit viel Engagement möglich. Seit 2011 ist das Gelände Teil eines Sanierungsgebiets, das durch Reurbanisierung sowie einen direkten Zugang zur Spree geprägt ist.

The Spreefeld Cooperative continues developing itself as a pionier project at a special Spree River location. Long ago this was farmland, then an industrial area and after the war part of a no man’s land next to the militarized border in former East Berlin. After the Berlin Wall was opened these river shores first attracted squatters and music clubs. When international investors eventually arrived on the scene, emerging exclusive developments on the Spree were met with resistance from local urban activists. Searching for alternative development options in this area, the Spreefeld private initiative set out to realize diverse forms of living, working and gardening, with a foundation of publicly accessible spaces. With a great deal of engagement from all involved in the project, the Spreefeld site was bought from the federal government and the buildings constructed without any subsidies, just as the city’s construction boom was slowly starting. Since 2011, the Spreefeld neighborhood has been part of an urban renewal district with the aims of reurbanization and improving access to the Spree.

Vor Baubeginn wurde die Spreeacker-Initiative, bei der sich experimentelle Gruppen zusammenschlossen, von der Genossenschaft ins Leben gerufen. Die lokale Bevölkerung wurde dabei eingeladen, das Gelände im Sinne verschiedener Nutzungen mit Garten-, Kultur- und Bildungsinitiativen zu bespielen. Nach Ende der Bauzeit wurde der Spreeacker-Verein 34

spreefeld, berlin

Before the Spreefeld Cooperative started to build, its members called the Spreeacker (Spree Acres) Initiative to life, which brought together experimental groups. Through this, the local population was invited to engage itself with this terrain and to develop a variety of garden, culture and educational projects.


MODEL PROJECTS

gegründet, der nun langfristig in Kooperation mit der Genossenschaft, der Nachbarschaft und der Bezirksverwaltung die autofrei gehaltenen Flächen und den Uferweg mitgestaltet und pflegt. Das räumliche und organisatorische Konzept wurde in einem ambitionierten Gruppenprozess erarbeitet. Die daraus entstehende Flexibilität bietet eine hohe Anpassungsfähigkeit, dagegen führt die anfangs vertraglich festgehaltene Eigentumsoption in ihrer Umsetzung zu kontroversen Diskussionen in der Bewohner*innenschaft. Bewohner*innen, Gemeinschaft, Nachbarschaft Mit dem Spreefeld ist eine neue Nachbarschaft mit einer abwechslungsreichen Nutzungsmischung entstanden. CoHousing-Ansätze zeigen sich anhand vielfältiger Gemeinschaftsflächen, unterschiedlicher Aktivitäten wie Gärtnern und Feiern und durch die Wohngemeinschaften, die sich als selbstverwaltete Teilprojekte verstehen. Die großen Optionsräume stehen der Genossenschaft wie der Öffentlichkeit für temporäre Nutzungen zur Verfügung, CoWorking Spaces stellen eine zusätzliche Verbindung nach Außen dar. Das Spreefeld kooperiert zudem mit zahlreichen Nachbar*innen, wie dem Kulturort Holzmarkt, dem Deutschen Architektur Zentrum oder der informellen Siedlung Teepee Land.

The Spreeacker Association was finally founded as the construction came to an end. This non-profit has the mission of collaborating for the long term with the cooperative, neighborhood and district government, to codesign and comanage the car-free grounds including the emerging public shore path. The spatial and organizational concepts were developed through an ambitious group process. Through this they consciously left many options open which has led to a high degree of adaptability, though a contractually agreed-to private ownership option has led to controversial discussions among the residents. Residents, Community, Neighborhood A new neighborhood with a varied mix of uses has emerged with the Spreefeld. CoHousing principles are expressed in the range of common spaces, in activities such as gardening and celebrating as well as in the shared living groups, which are defined as self-managed sub-projects. The larger Option Spaces are available to be temporarily used by the cooperative as well as the public, and CoWorking spaces add more connections to the surrounding city. The Spreefeld also collaborates with a number of the neighbors, such as the Holzmarkt cultural center, the German Architectural Center or the Teepee Land informal settlement.

Gemeinschaftliche Dachterrasse, Gärtnern Community Terrace, Gardening


WAS BEDEUTET INKLUSIVES WOHNEN? WIE KÖNNEN MENSCHEN UNTERSCHIEDLICHER EINKOMMENSLAGEN, MIT UND OHNE FLUCHTERFAHRUNG, MIT UND OHNE BEHINDERUNG IN WOHNPROJEKTEN SELBSTBESTIMMT ZUSAMMENLEBEN? THE MEANING OF INCLUSIVE HOUSING? HOW CAN PEOPLE COOPERATIVELY LIVE TOGETHER: INDIVIDUALS WITH MORE OR LESS MONEY, WITH AND WITHOUT REFUGEE EXPERIENCE, WITH AND WITHOUT DISABILITIES?

Ja, wir können zusammenwohnen! Dies haben CoHousing-Projekte, Ökodörfer und Kollektive immer wieder gezeigt. Jean-Baptiste André Godin hat die Familistère 1856 in Guise, Frankreich entwickelt und aufgebaut. Dieser Sozialpalast war über 100 Jahre funktionstüchtig. Heute wächst die CoHousing-Bewegung auf der ganzen Welt. Dies geht weit über das bloße Aufbauen privater Wohnungen hinaus und stellt kollaborative Planungsprozesse in den Vordergrund, die zu praktischen und gut gestalteten Gemeinschaftsräumen führen. Wir schaffen es! Aber können Politiker und der Wohnungssektor unsere Anforderungen verstehen und entsprechend reagieren? Yes, we can live together! CoHousing projects, eco-villages and collectives have shown this again and again. Jean-Baptiste André Godin for example developed and built the Familistère in about 1856 in Guise, France, and this social palace functioned for more than 100 years. The CoHousing movement is now growing all over the world. This is going beyond just creating private homes and is emphasizing collaborative planning processes leading to well-situated and designed common spaces. We can do it! But are politicians and the housing sector responsive enough to understand our interests? Kerstin Kärnekull, Architect, Kollektivhus Nu, Stockholm


STATEMENTS

Ein kooperativer Ansatz ist ein notwendiges Element in Richtung bezahlbaren Wohnraum, denn man kann nicht davon ausgehen, dass Menschen aus Städten des Globalen Südens mit geringeren Einkommen ihren Weg aus der Armut selbst finanzieren können. Daher sparen SDI-Verbände als Kollektiv Geld an und erhöhen somit ihre Möglichkeiten, Zugang zu Krediten zu erhalten und Mittel für nachhaltige Aktivitäten zur Verbesserung ärmerer Stadtteile zu mobilisieren. Verbindliche Partnerschaften zwischen organisierten Gemeinschaften aus ärmeren Stadtteilen und anderen städtischen Akteuren – insbesondere den örtlichen Behörden – sind unerlässlich für die Bewältigung der systemischen Missstände, die die einkommensschwache Bevölkerung zu lange von einem angemessenen und bezahlbaren Wohnraum ausgeschlossen haben. A cooperative approach towards affordable housing is indeed one essential factor, but one cannot expect the urban poor in the Global South to pay their own way out of poverty. Thus, SDI groups collectively save money, increasing their capacity to access credit and mobilizing resources to sustainably manage slum upgrading activities. Genuine partnerships between organized poor communities and other urban development stakeholders—particularly local authorities—are essential for addressing the systemic dysfunction that has for too long excluded the poor from decent housing. Nico Keijzer, Slum Dwellers International (SDI), The Hague



MODEL PROJECTS

GRANDHOTEL COSMOPOLIS, AUGSBURG Eine soziale Plastik A Social Sculpture

Projektentwicklung und Realisierung: 2011–2013, Grandhotel Cosmopolis e. V., A-Architekt Project Development and Implementation: 2011–2013, Grandhotel Cosmopolis, A-Architekt Gebäudetyp: Sanierung, Umbau Building Type: Building renovation Rechts- und Eigentumsform: Diakonie Augsburg – Eigentümerin, Die Regierung von Schwaben – Mieterin der Gemeinschaftsunterkunft „Hotelbereiche mit Asyl“, Verein Grandhotel Cosmopolis – Mieter des „Hotels und Hostels ohne Asyl“, der gewerblichen und sonstigen Flächen Legal Form and Ownership: Diakonie Augsburg is owner; the government of Swabia leases the refugee shelter Hotel with Asylum; the Association Grandhotel Cosmopolis leases the Hotel and Hostel without Asylum, commercial and other spaces Finanzierung: Eigenleistung, Freiwilligenarbeit, Spenden aus den Betrieben, Förderungen Financing: Personal contributions; volunteering; donations from social enterprises; funding Bezahlbarkeit: „Hotelbereich mit Asyl“: Miete wird von der Regierung gestellt; „Hotel und Hostel ohne Asyl“: freie Auswahl der Preisstufen von Gästen Affordability: Government pays the rent for the Hotel with Asylum; Guests decide how much to pay at the Hotel and Hostel without Asylum Bewohner*innen: max. 95: 65 mit Asyl, max. 30 ohne Asyl, Mehrheit der Erwachsenen im Alter von 20–40 Jahren Residents: max. 95: 65 with asylum, max. 30 without asylum; majority of adults are 20–40 years old


Café im Vorgarten, Hoteleingang Front Garden Café, Hotel Entry

Inklusion und Selbstorganisation

Inclusion and Self-Organization

Sowohl die Idee als auch die Umsetzung des Projekts sind durch einen offenen demokratischen Gemeinschaftsprozess in Zusammenarbeit mit verschiedenen Institutionen entstanden. Wesentliche Qualitäten des Projekts sind das Engagement zahlreicher Beteiligter, der kreative Input unterschiedlichster Kulturschaffender, die Beteiligung und Offenheit der Nachbarschaft und Gäste sowie der Dialog mit der Augsburger Stadtgesellschaft.

Both this project’s idea and its realization have been developed through an open, democratic and collective process in cooperation with various institutions. Essential qualities of the project include the engagement of many, creative input from a diversity of artists, participation and interest of the neighborhood and guests, as well as dialogue with the Augsburger urban society.

Die Prozesshaftigkeit und schrittweise Entwicklung des Konzepts sowie der netzwerkartigen Gemeinschaft zeigen, wie inklusives Miteinander trotz anfänglicher politischer Hindernisse durch Eigeninitiative, Kreativität und Idealismus aus der Zivilgesellschaft gelingen kann.

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grandhotel cosmopolis, augsburg

A process orientation including a step-by-step development of the concept and the networked community demonstrate how, in spite of initial political barriers, an inclusive collaboration can succeed. Significant resources for this have been found in self-initiative, creativity and idealism.


MODEL PROJECTS

Fassade, Hotel mit Asyl Faรงade, Hotel with Asylum


MODELLPROJEKTE

MEHR ALS WOHNEN, ZÜRICH & WARMBÄCHLI, BERN Genossenschaftliche Wohn- und Nachbarschaftsentwicklungen in der Schweiz Swiss Cooperative Housing and Neighborhood Developments HINTERGRUND

Die Wohnprojekte der jungen Genossenschaften mehr als wohnen in Zürich und Warmbächli in Bern stehen in einer ganzen Reihe von Wohnbaugenossenschaften, die seit den 1980er Jahren in der Schweiz neu gegründet wurden. Diese können als Zeichen des Wiedererwachens und der Weiterentwicklung des genossenschaftlichen Wohnungsbaus gedeutet werden.

BACKGROUND

The residential projects of the young cooperatives mehr als wohnen in Zürich and Warmbächli in Bern take their places in a long series of Swiss housing cooperatives founded since the 1980s. These can be seen as a manifestation of a renaissance and further development of the cooperative housing movement.


MODEL PROJECTS

MEHR ALS WOHNEN (MAW), ZÜRICH

Genossenschaftliche Kooperation für das Wohnen von morgen Cooperatives Cooperating for Tomorrow’s Housing Projektentwicklung und Realisierung: 2007–2015, maw, Architekt*innen: Futurafrosch, Duplex, Müller Sigrist, Miroslav Šik und pool, Müller Illien Landschaftsarchitekten Project Development and Implementation: 2007–2015, maw, Architects: Futurafrosch, Duplex, Müller Sigrist, Miroslav Šik and pool, Müller Illien Landscape Architects Gebäudetyp: Neubau Building Type: New buildings Rechts- und Eigentumsform: Genossenschaft, Grundstück Eigentum der Stadt Zürich, Erbbaurechtsvertrag mit maw Legal Form and Ownership: Cooperative, site owned by city of Zürich, heritable building rights contract with maw Finanzierung: Beteiligungen der Genossenschaften, Anteilskapital, Darlehen Financing: Contributions of participating cooperatives, members’ cooperative shares, bank loans Bezahlbarkeit: Kostenmiete, 20% subventionierte Wohnungen (Einkommens- und Vermögensgrenzen), Belegungsrichtlinien Affordability: cost induced rent, 20% subsidized flats (income and wealth limits), flat allocation guidelines Bewohner*innen: 1200 Residents: 1,200


MODELLPROJEKTE

Andreas Hofer

Mitglied der Geschäftsleitung maw Member of the maw management team

„Die Baugenossenschaft mehr als wohnen ist ein unerwartetes Inklusionsprojekt. Sie bringt junge und traditionelle gemeinnützige Bauträger zusammen und hat ihre Wohnungen an Menschen vermietet, die mehrheitlich keinen Hintergrund in alternativen Wohnprojekten haben. Damit stellt sie sich einer völlig neuen Situation. Ohne Opposition oder Gegenwelt zu sein, bietet sie genossenschaftliche Prinzipien der Aneignung für die Gestaltung individueller Lebenswelten an. Wenn die Bewohner*innen diese entdecken und annehmen, haben neue Wohnmodelle bewiesen, dass sie nicht Inseln der Überzeugten, sondern Zukunftsräume sein können.“ “The maw cooperative has unexpectedly turned into a project for inclusion. This has brought together newer as well as more traditional non-profit developers, and the flats are being rented to people who for the most part have no background in alternative housing projects. This means dealing with a completely new situation. Cooperative principles are offered to people, which could assist them with the organization of their individualized environments, without being identified with an oppositional or alternative culture. When residents discover and adopt such ideas, this would mean that the new housing models have proven themselves, and that they’re not just working with those who are already believers, but that they can be seen to be places of opportunity for all.” 82

mehr als wohnen, zürich


MODEL PROJECTS

Anna Haller

Leiterin Partizipation & Öffentlichkeitsarbeit maw maw director of participation & communications

„Wir wollen keine Bedürfnisse, sondern Möglichkeitsräume schaffen. Das Vorhandensein von gestaltbarem Raum, Geld für Gemeinschaftsprojekte und von personellen Ressourcen ist der Nährboden für eine Vielzahl von Quartierinitiativen. In zwei Jahren sind hier mehr als 30 Quartiergruppen aktiv geworden. Die partizipativen Elemente wirken identitätsstiftend und emanzipatorisch. Sie sind in der Aneignung des Hunziker-Areals als Wohn- und Lebensort elementar und stärken nachbarschaftliche Beziehungen. Langfristig wird die Herausforderung – aber auch die Chance – darin bestehen, Gruppen zu erreichen, die bisher keine Partizipationskultur kennengelernt haben.“ “We don’t want to create needs, but rather spaces of possibility. Fertile ground for a range of local initiatives is created by the existence of adaptable space, money for community projects and human resources. In the last two years, more than thirty neighborhood groups have become active. The participatory aspects help to strengthen identity and are emancipatory. This is fundamental to the appropriation of the Hunziker site, its conversion into a residential place and the development of neighborhood relationships. The long-term challenge—as well as the opportunity—is found in reaching groups which have had no previous experience with such participatory projects.”

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MODELLPROJEKTE

Brainstorming

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Inklusion und Selbstorganisation

Inclusion and Self-Organization

Die Genossenschaft trifft Entscheidungen gemeinschaftlich und entwickelt das Projekt partizipativ, um möglichst viele unterschiedliche Menschen im Prozess miteinzubeziehen. Die dafür gebildete Arbeitsgruppe „Reden und Entscheiden“ entwickelt Methoden und Strukturen, die eine demokratische Planung gewährleisten sollen. In Workshops, Plenen und Sitzungen der verschiedenen Arbeitsgruppen und des Vorstands wurden nicht nur eine Vision für die Genossenschaft, sondern auch konkrete Vorstellungen für das zukünftige Zusammenleben entwickelt. Es wurden Mitglieder zu ihren Wohnbedürfnissen befragt und Ideal-Wohngeschichten geschrieben, um Wohnungstypen und andere bauliche und organisatorische Überlegungen zu verdeutlichen. Beschlossen wurde schließlich nicht nur ein vielfältiger Wohnungsmix, sondern auch die Einführung eines Solidaritätsfonds und die Zusammenarbeit mit Institutionen, die Wohnangebote für bestimmte Personengruppen bereitstellen, die sonst kaum Zugang zu solchen Wohnformen hätten.

The cooperative makes its decisions collectively and is developing the project so as to include as great a diversity of people as possible. To this end a Discussand-Decide working group has been created, which develops methods and structures to guarantee a democratic planning. Not only a vision for the cooperative has been developed, but also concrete ideas about how to live together in the future have been developed through workshops, plenums and meetings of the various working groups as well as the board. Cooperative members were asked about their housing interests and ideal housing histories were written, in order to refine the apartment typologies and elaborate on other structural and organizational aspects. Agreed to was not only a diverse mix of apartment types, but also a solidarity fund and cooperation with institutions that are expected to provide housing for certain groups who otherwise have virtually no access to such housing forms.

warmbächli, bern


MODEL PROJECTS

ZUSAMMENFASSUNG

SUMMARY

Chancen für das Wohnen von morgen

Opportunities for Tomorrow’s Housing

Gemeinsam ist diesen jüngeren Projekten in der traditionsreichen Schweizer Genossenschaftsgeschichte das Ideal der Partizipation sowohl in der Planung und Entwicklung als auch im Wohnalltag und das Ziel, sozial zukunftsfähige Lebensweisen zu schaffen. In der Schweiz werden außerdem seit einiger Zeit zunehmend größere Projekte wie maw und Warmbächli realisiert. Dabei spielen Netzwerke und Kooperationen eine wichtige Rolle, um Entwicklungs- und Lernprozesse anzustoßen, sowohl zwischen neueren Genossenschaften als auch in Zusammenarbeit mit traditionellen Genossenschaften, anderen Institutionen oder der öffentlichen Hand. So beispielsweise auch in Basel, wo wohnen&mehr, eine „Genossenschaft der Genossenschaften“, dabei ist, ein ähnliches Projekt zu entwickeln. Schon allein aufgrund ihrer Dimensionen können größere Projekte eine aktive Rolle bei der Nachbarschaftsentwicklung einnehmen, was auch neue Möglichkeiten für Inklusion eröffnet.

Common to these young projects, which are following in a long tradition of Swiss cooperatives, is the goal of a socially sustainable lifestyle and the ideal of participation in both planning and development as well as in everyday life. In addition to this, larger Swiss projects like maw and Warmbächli are now being developed, for which networks are necessary to enable development and learning processes. Such new partnerships are emerging among new and old cooperatives as well as with other institutions, both public and private. This is also expressed through a similar project in Basel, where wohnen&mehr (housing&more) is being developed as a “Cooperative of Cooperatives. Just the dimensions of such larger projects are opening up new possibilities for being engaged in neighborhood development, and new opportunities for inclusion.

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MODEL PROJECTS

VINZIRAST-MITTENDRIN, WIEN

Ehemals Obdachlose und Studierende: Gemeinsam leben, arbeiten und lernen Formerly Homeless and Students: Living, Working and Learning Together Projektentwicklung und Realisierung: 2009–2013, Vinzenzgemeinschaft St. Stephan, gaupenraub +/Project Development and Implementation: 2009–2013, Vinzenzgemeinschaft St. Stephan, gaupenraub +/Gebäudetyp: Altbau, Renovierung, Erweiterung Building Type: Historical building, renovation Rechts- und Eigentumsform: Eigentümerin – VinziRast Privatstiftung, Betrieb und Vermietung – Verein Vinzenzgemeinschaft St. Stephan Legal Form and Ownership: Owner: Private VinziRast Foundation; Coordination and renting: Vinzenzgemeinschaft St. Stephan Association Finanzierung: Sponsoring und Spenden, Wohnbauförderung der Stadt Wien, Nutzungs- und Mieteinnahmen Financing: Sponsoring and donations, Vienna housing construction subsidies, income from rent and usage fees Bezahlbarkeit: ca. 10 €/m² Wohnfläche, Gemeinschaftsflächen sind inbegriffen Affordability: Approx. 10 €/m² for residential space, community spaces are included Bewohner*innen: 27: Erwachsene im Alter von 20–67 Jahren Residents: 27: adults aged from 20–67


MODELLPROJEKTE

Werkstatt Workshop

Inklusion und Selbstorganisation

Inclusion and Self-Organization

Die verbindliche und langfristige Miteinbeziehung von Studierenden und obdachlosen Menschen hat sich als herausfordernd erwiesen und konnte nur teilweise ermöglicht werden. Eine Mischung aus Top-down- und Bottom-up-Prozessen war für die Realisierung notwendig und hat sich auch im Alltag bewährt: Das Koordinationsbüro organisiert regelmäßige Ausflüge, moderiert Versammlungen, leistet Verwaltungsarbeit und bietet eine Beratungsstelle direkt im Haus. Alle Entscheidungen werden mit und von der Gemeinschaft getroffen. Bereits die ersten Hausversammlungen haben das Projekt stark beeinflusst: Beispielsweise wurde auf die ursprünglich geplante Betreuungswohnung verzichtet.

The long-term, binding involvement of students and homeless people has proven to be challenging and so has only partially been made possible. A combination of top-down and bottom-up approaches has been necessary during the implementation of the project as well as in everyday life. The coordination office organizes regular excursions, moderates meetings, does administrative work and offers an advise center directly in the building. All decisions are made with and by the resident community. Already the first meetings had a strong impact on the project. For example, it was decided that the originally planned apartment for assisted living was not necessary.

Eine soziale Durchmischung im Projekt wird durch die Vergabe der Zimmer langfristig gesichert: In jeder WG wohnen ehemals obdachlose Menschen und Studierende zusammen. Die Erfahrungen in dem Projekt zeigen, dass Leben in einer Gemeinschaft bei vielen Problemen helfen und zur Integration sowie Inklusion beitragen kann. Das respektvolle und achtsame Miteinander ist entscheidend für ein erfolgreiches Gemeinschaftsleben.

112 vinzirast-mittendrin, wien

The project’s social mix is secured for the long term by the allocation process of the apartments. In each shared flat students and formerly homeless individuals are living together. Experiences gathered in this project so far demonstrate that living in a community can help with many problems and contribute to both integration and inclusion. Respectful and mindful ways of living and working together are crucial for a successful and enjoyable community life. .


MODEL PROJECTS

Lokal, oben: Küche, unten: Innenbereich Café, top: Kitchen, bottom: Interior Space

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MEHR KOOPERATION FÜR MEHR INKLUSIVES WOHNEN MORE COOPERATION FOR MORE INCLUSIVE HOUSING Wohnprojekte, Kommunen, Wohnungsbaugesellschaften und soziale Träger CoHousing Projects, Municipalities, City Housing Companies and Social Agencies Michael LaFond

Die Problematik

Problems

Die zunehmende Krise auf dem Wohnungsmarkt wirft einen immer größer werdenden Schatten über Berlin. Aufgrund von Bevölkerungswachstum und Spekulation auf dem Wohnungsmarkt steigen die Grundstücks- und Mietpreise weiterhin stark an. Der Zugang zu Bauland ist inzwischen selbst für die Mittelschicht, beispielsweise für die Realisierung von partizipativen Wohnprojekten, sehr schwierig. Diejenigen, die dabei als erste vom Recht auf selbstbestimmtes Wohnen ausgeschlossen werden, sind sogenannte Bedarfsgruppen, zum Beispiel Geflüchtete, Menschen mit Behinderungen, Obdachlose und natürlich diejenigen mit geringen oder keinen finanziellen Mitteln.

An emerging housing crisis is casting an ever larger shadow over Berlin. Due to population growth as well as housing and land speculation, rents and land values continue to rise. Access to land is now extremely difficult, even for the middle class, for example, for the realization of new participatory housing projects. However, those first to be excluded from the right to self-determined housing are the so-called needs groups, for instance, refugees, people with disabilities, homeless people and of course those with little or no financial resources.

Von den insgesamt 1,9 Millionen Wohneinheiten in Berlin verwalten die sechs städtischen Wohnungsbaugesellschaften derzeit 300.000, in ein paar Jahren soll die Anzahl auf bis zu 400.000 erhöht werden. Durch die Hand dieser großen Unternehmen wurde allerdings in den letzten Jahrzehnten so gut wie kein neuer Wohnraum geschaffen. Stattdessen wurden Einnahmen für die Tilgung der städtischen Schulden durch Mieterhöhung und Privatisierung einer beträchtlichen Anzahl an Wohnungen generiert. Aktuell bekommt die Berliner Verwaltung vonseiten der Zivilbevölkerung Druck zu spüren und versucht, die Wohnungsbaugesellschaften auf einen anderen Kurs zu bringen, um große Mengen bezahlbaren Wohnraums in kurzer Zeit zu schaffen. Die Wohnungsbaugesellschaften sind in einer privilegierten Position bezüglich des Zugangs zu Land und Subventionen. Dennoch ist offen, inwiefern sie dazu aufgefordert werden, die genannten Ressourcen mit privaten gemeinnützigen Wohnraumentwickler*innen zu teilen. Die Kommunalverwaltung nimmt die Nachfrage an 116

Out of about 1.9 million total housing units in Berlin, the city’s six housing companies currently manage 300,000, which in a few years should increase to 400,000. These large housing providers did not develop new housing in recent decades. Instead, considerable numbers of apartments were privatized and rents were raised to earn income to help pay off the city’s debts. Berlin’s municipal government, under pressure from civil society, is now trying to reorient the housing companies and get them to quickly build a lot of new, affordable housing. These housing companies are in a privileged position when it comes to enjoying access to land and subsidies, but the question remains as to what extent they will be required to share these resources with others such as private, non-profit-oriented housing developers. The local government does see the potentials and demands, but still does not have a clear strategy on how to encourage these companies to explore partnerships with community-based housing groups.


FEATURE ARTICLES

solchen Kooperationen und deren Potenziale wahr, hat jedoch bisher keine konkreten Strategien, inwiefern die Wohnungsbaugesellschaften zu Partnerschaften mit gemeinschaftlichen Wohngruppen ermuntert werden sollen. Ideen Um den Bedürfnissen verschiedener Bedarfsgruppen bei der Entwicklung neuer gemeinschaftlicher Wohnprojekte gerecht zu werden, testen selbstorganisierte Projekte und soziale Träger neue Kooperationsformen aus und schlagen eine Zusammenarbeit mit Kommunen und deren Wohnungsbaugesellschaften vor. Expert*innen für partizipatives Wohnen räumen ein, dass selbstorganisierte Wohnprojekte „inklusiver“ werden könnten. Gleichzeitig gibt es Grenzen dessen, was sie tun können und sollen. Es ist für solche Initiativen sinnvoll, ihre eigenen besonderen Fähigkeiten und Ressourcen der Stadt und den Wohnungsbaugesellschaften zur Verfügung zu stellen, um auf kooperative Weise mehr innovatives und inklusives Wohnen zu generieren. Im Gegenzug für „Dienstleistungen“ gemeinschaftlicher Wohnprojekte gegenüber der Stadt, wie der Einrichtung von Kitas oder Wohnungen für Geflüchtete oder Menschen mit Behinderung, könnte der Zugang zu Bauland und Subventionen für solche Projekte erleichtert werden. Dennoch bleibt die Frage der Verantwortung für die Hunderttausenden mit „speziellen Wohnbedürfnissen“ größtenteils eine Frage der Stadt – die Bürger*innen mit der gewählten lokalen Regierung und die sozialen Träger mit inbegriffen. Untersucht werden hier die Möglichkeiten für neue Partnerschaften und Synergieeffekte. Denkbar wäre zum Beispiel die Kombination von Qualitäten der selbstorganisierten Gruppen wie Innovation, Flexibilität, Prozess- und Bedarfsorientierung mit den Ressourcen größerer sozialer Institutionen, die den Zugang zu Land und Förderungen haben und hohe Quantitäten an Wohnungen errichten könnten. Gemeinschaftliche Wohnformen leisten bereits einen Beitrag zu der Vielfältigkeit der Entwicklungsstrategien und Eigentumsstrukturen und können weiterhin bei dem Erhalt und der Stärkung der sozialen Mischung im Bereich Wohnen mitwirken. Beispielsweise spricht vieles für die Entwicklung selbstorganisierter, nicht profitorientierter Wohnprojekte durch neue Genossenschaften und Strukturen wie das Mietshäuser Syndikat. Solche Projekte arbeiten der Boden- und Immobilienspekulation entgegen und tragen so zum Gemeinwohl im Sinne einer langfristigen bezahlbaren und inklusiven

Ideas Representatives of self-organized housing as well as social agencies are proposing new forms of cooperation among themselves, the municipality and its housing companies, in order to serve the interests of various needs groups while creating more community-led housing. Participatory housing experts admit that such projects could indeed become more inclusive but that there are limits to what self-determined projects can and should try to do. It makes sense for community housing groups to reach out and offer their particular skills and resources to the city and its housing companies, in order to cooperatively produce more innovative and inclusive housing. In return for offering their services to the city—for example, by including a daycare or a number of flats for refugees or people with disabilities—community housing projects could be offered building sites and assistance. It is generally seen that responsibility for the tens and hundreds of thousands of those with special housing needs should largely remain a question for the city as a whole, meaning the citizens with their elected local government and the social agencies tasked with these populations. What is being explored are the possibilities for new partnerships and synergies. This could mean for example, combining the qualities achieved by self-organized groups: innovative, user-specific, flexible, communicative and attractive new housing typologies, with the resources of larger social institutions that have access to land and subsidies and can develop quantities of dwellings. Community-led housing is already contributing to the mix of housing development and ownership structures, and can further help to maintain or strengthen the social mix in neighborhoods. Private, non-profit-oriented housing projects, including new cooperatives and Mietshäuser Syndikat initiatives, recommend themselves as they contribute to housing diversity. Importantly, these participatory projects help to work against land and property speculation, thus contributing to the common good, meaning a long-term, affordable and inclusive housing provision. In the last few decades, hundreds of community-led housing projects have been developed in Berlin. But without access to land and subsidies as well as cooperation with larger partners, very few affordable and inclusive projects can be expected to succeed in the coming years.

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SPANNUNGSFELD WOHNUNGS- UND GRUNDSTÜCKSPREISE TENSION BETWEEN COSTS OF HOMES AND LAND Ist der Boden ein (Privat-)Kapital- oder Gemeingut? Is the Ground (Private) Capital or Common Good? Ulrich Kriese

In Diskussionen über Immobiliengeschäfte, steigende Grundstückspreise und eine soziale Wohnraumpolitik wird selten ein Unterschied zwischen Boden und aufstehendem Gebäude gemacht. Vor allem wird die Möglichkeit, sich die Bodenrente und Bodenwertsteigerungen privat anzueignen, und die damit einhergehende Gefährdung sozialer Ziele meistens unterschätzt. Daher sollte dem Bestreben, das inklusive und speziell das bezahlbare Wohnen weiter zu verbreiten und dauerhaft abzusichern, eine kritische Reflexion über den Boden als Kapitalgut versus Gemeingut zugrunde liegen.

A distinction is seldom made between a plot of land and the buildings standing on it in discussions about real estate business, rising property costs and social housing policy. Above all, the accompanying threats to social objectives are generally underestimated, concerning the opportunities to privately appropriate ground rents and increases in land value. Therefore, the endeavor to expand on and protect inclusive and especially affordable housing for the long term should be based on a critical reflection on the underlying assumptions about land either as capital or as a common good.

Mit Blick auf das Wohnen sind zunächst vier Arten von Verfügungsrechten von Interesse:

Firstly, regarding housing, there are four types of property rights of interest here:

• •

Gebrauchsrecht: das Recht, eine Wohnung zu bewohnen; als eigene Rechtsform: das Mietrecht, weitergehend: das Wohnrecht; Fruchtziehungsrecht: das Recht auf die Erträge aus der Wohnungsvermietung, einhergehend mit der Verpflichtung, mögliche Verluste zu tragen; als eigene Rechtsform: der Nießbrauch; Veränderungsrecht: beispielsweise das Recht, den Bodenbelag auszutauschen oder den Wohnungsgrundriss zu verändern; Veräußerungsrecht: das Recht, die Wohnung zu verkaufen und den Veräußerungsgewinn zu behalten.

Selbstorganisierte Gemeinschaftswohnprojekte streben im Allgemeinen wenigstens nach den drei zuerst genannten Rechten. Unter sozialen Gesichtspunkten interessiert uns im Weiteren vor allem das Veräußerungsrecht. Insbesondere bürgerlich geprägte Projekte möchten oft Wohnungseigentum bilden. Damit kommt es früher oder später fast zwangsläufig zum Ausschluss von Geringverdiener*innen – mithin 130

• • •

Right to Use: the right to inhabit a dwelling; as an independent legal form: tenancy law, further: right of residence; Right to Profit: the right to derive profit through rental income, also the obligation to carry possible losses; as an independent legal form: usufruct Right to Alter: for instance, the right to replace the floor covering or change the plan of the dwelling; Right to Sell: the right to sell the dwelling and retain the capital gain.

Self-organized community housing projects strive in general to achieve at least the first three of these rights. In the following we are interested above all in the Right to Sell, as this concerns social issues. Middle-class projects in particular are characterized by the goal of often wanting to create privately owned homes. This ends up, sooner or later, in the almost inevitable disqualification of low-income earners—thus, to exclusion instead of inclusion because (full) private ownership, which encompasses a Right to Sell, is fundamentally


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zur Exklusion statt Inklusion. Denn das Wohnungs(voll)eigentum, welches das Veräußerungsrecht mit sich bringt, steht einer dauerhaften Absicherung sozialer oder gemeinschaftlicher Anliegen grundsätzlich entgegen. Sozial einschneidend sind nicht nur Neubau-Eigentumsprojekte. Eine entsprechende Wirkung haben vor allem die Umwandlung von Mietoder Genossenschafts- in Eigentumswohnungen, oft einhergehend mit umfassender Modernisierung, und der Rückzug der öffentlichen Hand und von Genossenschaften zugunsten vornehmlich renditeorientierter, privatwirtschaftlicher Akteure. Sogar Städte und Gemeinden verkaufen ihre Grundstücke regelmäßig und im schlimmsten Fall ohne soziale Auflagen an den Meistbietenden und befördern damit Mieter*innenverdrängung und Gentrifizierung. Denn um den Erwerb finanzieren zu können, bleibt dem Käufer nichts anderes übrig, als seinerseits die Grundstücksverwertung zu maximieren und entsprechende Mieterhöhungen durchzusetzen. Zu Beginn eines gemeinschaftlichen Wohnprojektes, zumindest solange alle Beteiligten an einem Strang ziehen und das Gemeinschaftsinteresse im Mittelpunkt steht, ist bei vielen die Frage nach einer möglichen Veräußerung gedanklich weit weg. Doch sobald es zu Interessengegensätzen und Konflikten kommt und diese zu spät erkannt oder nicht gut gelöst werden, verabschieden sich die ersten aus dem Projekt, und die Frage wird akut. Auch für einen späteren Ausstieg gibt es unendlich viele nachvollziehbare Gründe wie Familiengründung, Gemeinschaftsmüdigkeit, finanzielle und berufliche Veränderungen, Zweitwohnungsbesitz oder altersbedingter Auszug. Mit dem Ausstiegswunsch rückt die Veräußerungsfrage in den Mittelpunkt. Was ist meine Wohnung oder mein Anteil inzwischen wert? Können diese vererbt oder frei verkauft werden? Können aus Mietwohnungen Eigentumswohnungen gemacht werden? Meistens steht dabei der oft erhebliche Anstieg des Bodenwerts im Fokus, der in Deutschland wie in vielen anderen Industrieländern Haupttreiber der Grundstückspreisentwicklung ist (Knoll u.a. 2017). Die daraus genährte „Finanzialisierung“ von Wohnimmobilien gilt ihrerseits als Hauptgrund der Gentrifizierung (Heeg 2013, Schipper 2013). Vielerorts ist die Höhe der Grundstückspreise (lies: Bodenpreise) und vor allem deren schneller Anstieg sozial problematisch und stößt auf Unverständnis. Dies schafft allerdings die Tatsache, dass sich in jedem Einzelfall Verkäufer*innen und Käufer*innen handelseinig geworden sind und somit auch in ihren

in opposition to a long-term safeguarding of social and community concerns. Not only new projects with private property homes are potentially threatening to social objectives, but also the converting of rental and cooperative apartments into privately owned units has a similar impact. This often leads to extensive modernizations, a withdrawal of public housing agencies or cooperatives, and their replacement with private companies primarily concerned with earning a profit. Even cities and towns often sell their properties, and in the worst case, without social obligations to the highest bidder, thus promoting the eviction of tenants and gentrification. After all, to finance such acquisitions, buyers have no other option on their part but to maximize property exploitation and to demand the corresponding rental increases. At the start of a community housing project, thoughts about possibly selling are for most residents far away, at least as long as all participants are working well together and community interests remain central. But as soon as interests diverge and conflicts arise, especially if these are noticed too late or cannot properly be resolved, people begin to think about leaving the project and the question becomes acute. There are also countless valid reasons for withdrawing at a later point: starting a family, growing tired of the community, financial or career changes, owning a second flat or moving out due to old age. With this desire to move out the question of selling becomes central. How has the value of my home or my shares changed? Can I bequeath it to my relatives or sell it freely? Can rental flats be converted into privately owned units? Most often of central importance is the substantial increase in land value. In Germany, as in many other industrialized countries, land value is the primary driving force behind the development of property costs (Knoll u.a. 2017). This feeds the financialization of residential properties, which in turn can be seen as a primary source of gentrification (Heeg 2013, Schipper 2013). In many places the level of property prices (namely, land prices) and above all their rapid increase is socially problematic and meets with a lack of understanding. This is accompanied also by the fact that in each particular case a seller and a buyer must reach a legal agreement and thus concur in their speculative expectations. Even though many private households as market players are not conscious of it; it is usually not the buildings and flats that increase in value; their worth tends to decrease over time. Real estate transactions have been and will remain mainly a business of land purchases and land sales. Therefore, whoever 131


NEUER WOHNRAUM FÜR NEUE NACHBAR*INNEN NEW HOUSING FOR NEW NEIGHBORS Eine gemeinwohlorientierte Antwort auf wohnungspolitische Fragen in Tübingen An Answer for the Common Good to Tübingen’s Housing Policy Questions Dorothea Riedel & Gunnar Laufer-Stark

Wie können praktische und zugleich politische Antworten auf die Probleme aussehen, die mit der Zuwanderung geflüchteter Menschen in Deutschland entstanden sind? Das haben sich im Frühjahr 2016 rund 20 Tübinger*innen gefragt, die eigentlich zu einem Geburtstagsbrunch zusammengekommen waren. Entsprechend dem unterschiedlichen beruflichen Kontext der Beteiligten ergaben sich sozialwissenschaftlich, technisch und rechtlich geprägte Ideen. Als kurz danach Grundstücke zum Bau von Wohnhäusern für Flüchtlinge durch Konzeptvergabe von der Stadt Tübingen ausgeschrieben wurden, war klar: Wir bauen zusammen so ein Haus. Und da gleichzeitig andernorts Flüchtlingsunterkünfte angegriffen wurden, fanden wir schnell das Leitmotiv: „Wir zünden keine Häuser an, wir bauen gemeinsam welche.“

What kind of answers are there, practical and political at the same time, to the problems arising with the arrival of refugees in Germany? This was the question that about twenty people from Tübingen—who actually met for a birthday brunch—asked themselves in early 2016. In accordance with the different professional backgrounds of the people involved, the ideas discussed had differing social, scientific, technical and legal orientations. When shortly after that, a call was published by the city of Tübingen for building sites allocated by a concept procedure for new refugee housing, this group had to respond and said: “We will build a house like that together.” And since refugee accommodations had recently been attacked elsewhere, the guiding principle had been found: “We do not burn houses; we build new ones together.”

2016 hatte die Stadt Tübingen bekanntgegeben, dass sie an diversen Standorten im ganzen Stadtgebiet Bauplätze für das sogenannte Anschlusswohnen geflüchteter Menschen vergeben werde. Firmen, Baugemeinschaften, Privatpersonen sowie alle, die sich die Errichtung eines Wohnhauses finanziell zutrauten und ein Konzept vorlegen konnten, durften sich um einen Bauplatz bewerben. Bedingung: Die entstehenden Gebäude müssen für mindestens zehn Jahre zu einer Miete von rund neun Euro pro Quadratmeter an die Stadt vermietet werden, die dort (überwiegend) geflüchtete Menschen unterbringt.

In 2016, Tübingen announced it would allocate sites in different areas of the city for so-called Connected Living for people with refugee experience. Companies, housing project groups, individuals as well as anyone who could present a concept and who were believed to be financially capable of constructing a residential building, could apply for a site. The condition: the new buildings had to be rented out to the city for nine euros per square meter, mostly for the purpose of accommodating refugees.

Dass sich in Tübingen viele Menschen für Geflüchtete engagieren, hatte sich bereits vor und insbesondere nach 2015 wieder in beeindruckender Art und Weise gezeigt. Es lag also eigentlich nahe, zu schauen, ob sich dieses Engagement nicht auch auf den Wohnungsbau ausdehnen lassen würde. Diese Grundidee, mit der (auch finanziellen) Beteiligung von Bürger*innen gleichzeitig die Kommune zu entlasten 146

The amount of people in Tübingen who are committed to supporting refugees was visible already before but especially after 2015. And so it made sense to see if this commitment could also be also expanded to the production of dwellings. The basic idea was to deal with these challenges of the municipality with more participation, also financial, of the city’s residents. At the same time a goal was to contribute to the integration of new housing projects, and this offered fertile ground for the Initiative New Neighbors Tübingen.


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und zur Integration der so entstehenden Wohnprojekte beizutragen, war der Nährboden für die Initiative Neue Nachbarn Tübingen. Gemeinwesenorientiertes Wirtschaften als Ansatz gegen Spekulation… In Tübingen besteht wie in den meisten anderen Universitätsstädten schon lange eine Wohnungsknappheit. So war die Situation vor allem bei den bezahlbaren Mietwohnungen schon lange vor der Ankunft einer größeren Zahl von Geflüchteten angespannt. In diesem Bereich schafft der private Wohnungsmarkt wenig Abhilfe und die städtische Tübinger Wohnungsbaugesellschaft kann mit den wachsenden Anforderungen nicht Schritt halten. Daher gibt es in der Stadt schon länger einige Initiativen, welche für die Lösung der Wohnraumnot einen gemeinwohlbasierten Ansatz verfolgen. Darunter sind das Mietshäuser Syndikat, in dessen Rahmen in Tübingen inzwischen acht Gebäude im genossenschaftlichen Sinne selbstverwaltet werden, und die nestbau AG, die gemeinsam mit gemeinwohlorientierten Investor*innen bezahlbaren Wohnraum für andere schafft. Unter den genannten Rahmenbedingungen beschloss die Initiative Neue Nachbarn Tübingen, das Wohnen von Geflüchteten nicht als isoliertes und temporäres Problem zu betrachten, sondern nach langfristigen Perspektiven für „Alteingesessene“ wie für „neue“ Tübinger*innen zu suchen. Die Voraussetzung dafür sind eine nachhaltige Wohnraumversorgung und eine dauerhafte Mietpreisbindung unterhalb des örtlichen Mietspiegels, über die Erstnutzung durch Geflüchtete hinaus. Ermöglicht wird dies unter anderem durch den Wegfall der Anschaffungskosten für das Baugrundstück, welches stattdessen in Erbpacht übernommen wird. Dieses vergibt die Stadt als Grundstückseigentümerin zu angemessenen Konditionen: Laufzeit 60 Jahre, Erbbauzins in den ersten zehn Jahren ein Prozent, danach 15 Jahre zwei Prozent, die restlichen 35 Jahre vier Prozent. Darüber hinaus sollte eine größere bürgerschaftliche Gruppe gleichberechtigt zusammenwirken. Nicht die Kapitalakkumulation, sondern die Interessen aller Beteiligten, inklusive Eigentümer*innen und Bewohner*innen, Nachbarschaft sowie Stadtgemeinschaft müssen verfolgt werden. Das eingesetzte Kapital soll eine dienende Funktion haben und keinem Selbstzweck folgen. Das Stimmrecht wird formal so begrenzt, dass niemand die Gesellschaft dominieren kann. Wenn das gelingt, kann Spekulation mit dem gemeinsamen Wohnraum verhindert werden.

Community-Oriented Economy as an Approach against Speculation… As in other university cities, Tübingen has been facing housing shortages for quite a long time. The situation with affordable rental housing had been especially difficult long before a large number of refugees arrived. In this matter, the private housing market has not been offering much help, and Tübingen’s city housing company is not able to keep up with the increasing demands. Fortunately, a number of initiatives in the city have been working with a common good approach for solving the housing crisis. Examples include the Mietshäuser Syndikat, in whose network eight buildings across Tübingen are self-managed in the sense of housing cooperatives. Affordable housing for others is also created by the nestbau AG, working together with non-profit-oriented investors. With respect to the mentioned conditions, the Initiative New Neighbors Tübingen decided not to approach refugee housing as an isolated or temporary problem, but rather to look for long-term solutions both for the city’s natives as well as the new Tübinger residents. This necessitates a sustainable provision of housing with a permanent rent control at a level that is below the local average rent, and that extends beyond the initial use by refugees. This is made possible in part due to the elimination of the purchasing price for the building site, which is instead allowed to be used with a heritable building rights contract. Such agreements are awarded by the city in its role as landowner under reasonable conditions: duration sixty years, ground rent for the first ten years at 1 percent the following fifteen years at 2 percent, the final thirty-five years at 4 percent. In addition it is expected that a larger civic group be involved in a collaborative and equitable way. The primary aim should not be an accumulation of capital but accommodating the interests of each participant and stakeholder—whether owners, inhabitants, neighborhood or urban society. The invested capital should have a servicing function rather than be an end in itself. Voting rights will be limited, so as to prevent any one voice from dominating the project group. If this is executed successfully it will effectively prevent speculation with the new housing.

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FREIHAM NORD, MÜNCHEN Ein inklusiver Stadtteil An Inclusive City District Erster Realisierungsabschnitt First Implementation Phase Projektentwicklung und Realisierung: 2011–2025, Landeshauptstadt München, Referat für Stadtplanung und Bauordnung Project Development and Implementation: 2011–2025, city of Munich, Department of Urban Planning and Building Regulations Gebäudetyp: Neuer Stadtteil Building type: New City District Rechts- und Eigentumsform: Städtische Gesellschaften (40%), Genossenschaften (25%), Baugemeinschaften (13%), Bauträger Konzeptioneller Mietwohnungsbau (15%) sowie Bauträger Eigentumswohnungsbau (7%) Legal Form and Ownership: Municipal companies (40%), housing cooperatives (25%), self-organized building groups (13%), regulated rental flat developers (15%), private ownership flat developers (7%) Finanzierung und Bezahlbarkeit: Geförderter Mietwohnungsbau für Geringverdiener*innen (30%), geförderter Miet- und Eigentumswohnungsbau für mittlere Einkommensgruppen (20%), freifinanzierter Mietwohnungsbau (50%) Financing and Affordability: subsidized rental flats for low income households (30%), subsidized rental and privately owned flats for average income households (20%), privately financed flats (50%) Bewohner*innen: ca. 10.000 Residents: about 10,000 Grundstücksfläche: 85 Ha Plot Size: 85 Ha Geschossfläche: 426.000 m² Overall Floor Area: 426,000 m² Wohneinheiten: 4400 Housing units: 4,400


VISIONARY PROJECTS

Entwicklungsgebiet Development Area

Inklusion im Sinne der UN-Behindertenrechtskonvention soll im ersten Realisierungsabschnitt des neuen Stadtteils Freiham in München auf allen Bereichen des urbanen Lebens umgesetzt werden. Das gesamte Areal erstreckt sich über eine Fläche von circa 300 Hektar mit zwei Bereichen, Freiham Süd und Freiham Nord. Freiham Süd wird zu einem Gewerbestandort mit circa 7500 Arbeitsplätzen ausgebaut und Freiham Nord soll auf einer Fläche von circa 190 Hektar über einen Zeitraum von etwa 30 Jahren als kompakter, urbaner und grüner Wohnstandort für mehr als 25.000 Einwohner*innen entstehen. 2014 beschloss der Stadtrat der Landeshauptstadt München eine Fachuntersuchung zur inklusiven Ausgestaltung des neu entstehenden Stadtteils auf der Basis von bestehenden Erfahrungen, Standards und Best-Practice-Beispielen. Dabei wurden neben städtischen Dienststellen auch der Behindertenbeirat der Landeshauptstadt eingebunden. Um Bedürfnisse von verschiedenen Bevölkerungsgruppen im Planungsprozess direkt anzugehen, wurden Expert*innen mit und ohne Behinderung sowie die interessierte Öffentlichkeit im Rahmen von barrierefrei gestalteten Workshops einbezogen. Die Ergebnisse sind in Handlungsempfehlungen eingeflossen, wie beispielsweise Vorschläge zur barrierefreien Gestaltung des öffentlichen Raums in Form von Orientierungssystemen für verschiedene Wahrnehmungsmuster und eines

The UN Convention on Rights of Persons with Disabilities should be respected in all aspects of urban living in the first implementation phase of the new city district Freiham in Munich. The entire district occupies about 300 hectares with its two areas including South Freiham, which will be developed as a commercial area with about 7,500 jobs. North Freiham is over the next 30 years to become a compact, urban and green neighborhood for more than 25,000 residents in a total area of about 190 hectares. In 2014, the city of Munich decided to do a feasibility study on the inclusionary design of this proposed new city district, to be based on current experiences, standards and best practices. Apart from the expected governmental departments, the city’s Disabilities Advisory Board was involved in the discussions. In order to directly address the needs of a variety of residents’ groups, experts with and without disabilities as well as the interested public were included in accessibly designed workshops. Results were incorporated in the project recommendations. For example, proposals were made for a barrier-free public space design involving orientation systems for different perception patterns and a low-contrast lighting system. Beyond this, commercial and community spaces are expected to be easy to find and accessible.

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ZUSAMMENKUNFT, BERLIN

Genossenschaft für Stadtentwicklung. Haus der Statistik Urban Development Cooperative. Haus der Statistik

Interview mit / with: Christian Schöningh & Harry Sachs ZUsammenKUNFT Vorstand / board of directors „Es sollten nicht nur Bauträger und Beamte bei den Stadtentwicklungsprozessen das Sagen haben. Auch die Zivilgesellschaft hat das Recht, die Stadt mitzugestalten.“ “Not only developers and bureaucrats should have power over our urban development processes. Civil society also has a right to the production of the city.”


VISIONARY STRATEGIES

Berlin ist die Stadt der Initiativen. Hier wird die Forderung nach dem „Recht auf Stadt“ immer lauter. In einem Netzwerk städtischer Akteure und selbstorganisierter Projekte wurde 2013 eine Entwicklungsgenossenschaft gegründet, um Inklusionsarbeit auf der Stadtentwicklungsebene zu skalieren. Sie schloss sich 2016 mit der Initiative Haus der Statistik zusammen, die sich am Alexanderplatz für ein groß angelegtes Miteinander einsetzt. So entstand die ZUsammenKUNFT Berlin e. G. – Genossenschaft für Stadtentwicklung.

„Durch die Genossenschaft entsteht eine Zusammenarbeit auf Augenhöhe – jede*r mit einer Stimme. Mitbestimmung wird in gemeinsamer Verantwortung organisiert.“ [Sachs]

Berlin is the City of Initiatives. Here the demand for a “right to the city” is growing louder. In this sense a new development cooperative was created in 2013, emerging out of a network of urban stakeholders and self-organized projects. The goal was to take inclusionary strategies and scale them up to the level of urban development. This new cooperative joined with the Initiative Haus der Statistik in 2016, which had already been working on a large, high-profile, collaborative project at Berlin’s Alexanderplatz. And so began the ZUsammenKUNFT Berlin e.G.— Genossenschaft für Stadtentwicklung (Assembly Berlin—Cooperative for Urban Development).

“This Cooperative is enabling a partnership among equals: each member with one vote. A codetermination is based on common responsibility.” [Sachs]

Das oberste Ziel ist, gemischte Quartiere und eine solidarische Stadt mit bezahlbaren Mieten für finanziell schwächer gestellte Bevölkerungsgruppen, kleine bis mittlere Gewerbebetriebe sowie Künstler*innen zu fördern. Ein weiteres Ziel ist es, die vielfältigen Stakeholder der Stadt in den Entscheidungsstrukturen der Stadtentwicklung miteinzubeziehen. Eine Vielfalt an kleinteiligen Projekten soll mit größeren Institutionen zusammenkommen, damit diese voneinander lernen und profitieren.

The main goal is to support socially mixed neighborhoods and an urban solidarity, meaning affordable rents for lower income groups, small- to mid-size businesses and artists. Another objective is to include a representative diversity of city stakeholders in urban development decision-making structures. A diverse mix of small-scale projects should be brought together with larger institutions so that they can learn and profit from each other.

Pilotprojekt Haus der Statistik

Pioneer Project Haus der Statistik

Die konkrete Umsetzung der Ziele soll zunächst in prominenter Lage am Alexanderplatz in Mitte ermöglicht werden. Hier steht seit 2008 ein großer, sanierungsbedürftiger DDR-Bürobaukomplex im Besitz der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA) und des Landes Berlin leer. Die Initiative Haus der Statistik setzt sich seit Herbst 2015 für die Rettung und Entwicklung des Komplexes als „Zentrum für Geflüchtete, Soziales, Kunst, Kreative und lokale Demokratie“ ein. Mit Bezug auf die drängende Frage des Flüchtlingswohnens sieht das vorgeschlagene Konzept vor, günstige, temporäre Wohnnutzung für Menschen mit und ohne Fluchterfahrung mit Flächen für soziale und kreative Nutzungen zu verbinden. Dabei geht es nicht nur um das gemeinsame Wohnen von Menschen unterschiedlicher Herkunft, sondern auch um Arbeiten, Bildung, Kultur und ein Miteinander im sozialen Raum. Unter der Leitung unterschiedlicher gemeinnütziger Träger sollen teilautonome Nutzer*innengruppen in einem abgestimmten Gesamtprogramm entstehen. Inklusion

An initial realization of these goals is proposed for the prominent, downtown Alexanderplatz location. Here a large GDR office building complex, owned in parts by Berlin and the Federal Real Estate Agency, has been standing empty since 2008, waiting for renovation. The Initiative Haus der Statistik started working in 2015 to save this complex and to further develop it as a “Center for Refugees, Social Issues, Art, Creatives and Local Democracy.” The Initiative’s concept refers to the urgent question of refugee housing, and calls for temporary dwellings for people with and without refugee experience. Also suggested are spaces for social and creative uses. This means not only community housing for people with diverse backgrounds, but also space for work, education, culture and exchange in common areas. Managed by a range of non-profit agencies, partially autonomous user groups should be able to develop themselves in the context of a coordinated program. A variety of self-organized projects are enabled to practice inclusion at the level of neighborhood development. The 173


MIETSHÄUSER SYNDIKAT INTERNATIONAL Selbstorganisiert wohnen – solidarisch wirtschaften Self-Organized Housing—Economic Solidarity

Interview mit / with: Robert Burghardt & Enrico Schönberg Mietshäuser Syndikat, Berater / advisors

„Die Stärke des Mietshäuser Syndikats geht noch über das Wohnen hinaus. Es eröffnet eine Vorstellung, wie Gesellschaft anders strukturiert sein könnte.“ “The Mietshäuser (Tenements) Syndikat’s strength goes beyond that of housing. It opens our imaginations as to how a society could be differently structured.”


VISIONARY STRATEGIES

Das Syndikat ist aus der Hausbesetzer*innen-Szene mit der Ansage „besetzen statt besitzen“, konkreter in den 1980ern aus dem Kampf gegen den Abriss einer Eisengießerei in Deutschland, entstanden. Das Grethergelände in Freiburg ist eine Erfolgsgeschichte hinsichtlich der Rettung von Gebäuden, um diese dem Immobilienmarkt dauerhaft zu entziehen. Die Grether Initiative bekam die Gebäude von der Stadt, und das alte Fabrikgelände mit etwa 2500 Quadratmetern Nutzfläche wurde mit Wohnungen und Projekträumen ausgebaut. Aus dieser Initiative wurde Anfang der 1990er das Mietshäuser Syndikat gegründet, das in den Folgejahren schnell zu einem bundesweiten Netzwerk anwuchs. Für die neue Idee des gemeinschaftlichen Wohneigentums wurde die Rechtsform der Genossenschaft von Syndikats-Aktivist*innen als nicht konsequent genug gegen Privateigentum betrachtet. Gegen die Verwertungsspirale Das Syndikat will den Kreislauf der Verwertung durchbrechen und sichert die Immobilien im Netzwerk über eine Beteiligungsgesellschaft gegen den Weiterverkauf ab. Durch diese Struktur können Mieter*innen mit geringem oder keinem Eigenkapital Immobilien – die sie bewohnen – entwickeln und bewirtschaften. Jedes Hausprojekt wird Eigentum einer GmbH, welche zwei Gesellschafter hat: den Hausverein und das Syndikat als eine Art Wächterorganisation. Diese wird wiederum durch den Syndikatsverein koordiniert, in dem alle Hausvereine der Mieter*innen organisiert sind. Ein Verkauf oder eine Umwandlung ist nur einvernehmlich möglich. Alle Hausprojekte sind selbstorganisiert und agieren untereinander solidarisch im Syndikatsnetzwerk, dabei hat Projektautonomie einen hohen Stellenwert. Das Syndikat hat nur dann ein Vetorecht, wenn eine Gruppe ihr Haus wieder reprivatisieren möchte oder das Grundbuch aufgrund neuer Pläne wie Neubau abgeändert werden muss. Der Hausverein der Bewohner*innen und Nutzer*innen entscheidet selbständig über neue Mitglieder, Kredite, Renovierungen, Mietänderungen und andere Angelegenheiten.

The Syndikat emerged from the squatter movement with the call to “occupy, not own.” It specifically resulted from an early 1980s fight against the demolition of a German iron works. This Grether Gelände in Freiburg is a success story in saving and permanently removing buildings from the real estate market. The Grether Initiative got the buildings from the city, and the historical factory grounds were then built out with about 2,500 square meters, including flats for 100 people and project spaces. Out of this, the Mietshäuser Syndikat was founded in the 1990s. For this new idea of common property, Syndikat activists decided the cooperative legal structure was not strict enough against private property. The Syndikat quickly grew in the next years into a Germany-wide network. Against the Spiral of Exploitation The Syndikat wants to break the cycle of commodification by protecting property from resale with the network’s holding company. Through this structure, renters can develop and manage the buildings they inhabit, even with little or no personal equity capital at their disposal. Each housing project thus becomes property of a company which has two partners: the building association and the Syndikat as a kind of guardian organization. This in turn is coordinated by the Syndikat Association, in which all of the renters’ building associations are networked. A sale or conversion of a property is only possible with a consensual agreement. All such housing projects are self-organized, and united with each other through the Syndikat network, where project autonomy is highly valued. The Syndikat only has the right to veto when a local group wants to reprivatize its building or the entry in the land ownership registry would need to be changed due, for example, to new construction plans. The building association with its residents and users decides independently about new members, loans, renovations, rent changes, etc.

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WIE WEITER

OSTWÄRTS! GO EAST! Das Entstehen selbstorganisierter Wohnprojekte in mitteleuropäischen Städten Emerging Self-Organized Housing Projects in Central European Cities

Michael LaFond, Milota Sidorová, Boris Hrbáň, Anja Planišček

Es wird für Menschen in europäischen Städten wie Berlin, Zürich und Wien nicht unbedingt leichter, neue gemeinschaftliche Wohnprojekte erfolgreich zu planen und zu bauen. Solche Städte können tatsächlich auf mehrere Generationen partizipativer Stadtund Wohninitiativen aufbauen, sind aktuell jedoch mit zunehmender Spekulation sowie explodierenden Mieten und Grundstückspreisen konfrontiert. Wie sehen die Möglichkeiten für kollaborative Wohnprojekte dagegen in anderen Regionen aus? Beispielsweise in benachbarten Städten des ehemaligen Ostblocks, in denen der Wohnungsmarkt und dessen Traditionen dahingehend weniger Unterstützung bieten? Inwieweit kann von der Zivilgesellschaft erwartet werden, für sich und für diejenigen, die Unterstützung brauchen, Wohnraum zu generieren? Besonders an Orten, wo in den vergangenen Jahrzehnten Partizipation und Kollaboration nicht gefördert wurden und Privateigentum spürbar vorherrschend ist? Um einen Blick auf die Herausforderungen zu bekommen, denen insbesondere Städte in Mitteleuropa gegenüberstehen, beantworten drei regionale Expert*innen für gemeinschaftliches Wohnen und Stadtentwicklung folgende Fragen: Welche Formen der Unterstützung, Netzwerke und Strukturen sind für die Planung und Umsetzung von CoHousing-Projekten in Ihrer Stadt und in Ihrem Land nötig? Welche gesellschaftlichen, ökonomischen und politischen Bedingungen sind nötig, um ein inklusives CoHousing-Pilotprojekt zu starten, angesichts der bisher gar nicht bis wenig vorhandenen lokalen oder regionalen Erfahrungen, von denen man lernen und auf die man aufbauen könnte? 190

It is not necessarily getting easier for people in European cities like Berlin, Zürich and Vienna to successfully plan and build new community-led housing projects. Such cities have indeed been positively building off of recent generations of participatory urban and residential initiatives, but are now confronted with increasing speculation, exploding rents and land values. But what are the opportunities for collaborative housing in other regions, for example, in neighboring cities of the former Eastern Bloc, where housing markets and traditions offer less support? To what extent can a civil society be expected to develop housing for itself and those needing assistance? Especially in places where in recent decades participation and collaboration have not been encouraged and where private property ownership has become radically dominating? To gain some insight into the challenges more specifically facing cities in Central Europe, three regional experts for community-based housing and urban development have responded to these questions: What support, networks or structures are necessary to plan and build CoHousing projects in your city and country? What societal, economic and political conditions are required to start an inclusive CoHousing pilot project, considering there are few if any local or regional experiences to learn from and build on?


NEXT STEPS

Prag, Tschechien und Bratislava, Slowakei Milota Sidorová & Boris Hrbáň

Prague, Czech Republic and Bratislava, Slovakia Milota Sidorová & Boris Hrbáň

Der Kommunismus hat unseren Ländern einen kollektiven Imperativ bezüglich Immobilien, sozialer Verpflichtungen und Bürgerrechten beschert. Obwohl Genossenschaften vor 1989 weit verbreitet waren, sind danach errichtete Wohnungen, die auf CoHousing-Prinzipien basieren, in Tschechien und der Slowakei eher unbekannt. Dennoch nimmt das Interesse an solchen Projekten zu, da Vorteile dieser Wohnformen vermehrt veröffentlicht werden und das Bewusstsein insbesondere unter Expert*innen sowie Architekt*innen steigt. Obwohl die tschechische als auch die slowakische Gesellschaft eher individualistisch und auf Wohnraum in Privatbesitz fokussiert ist, wächst das Interesse an gemeinschaftlichem Wohnen definitiv in der jüngeren urbanen Generation. Architekt*innen, junge Paare und Familien mit Kindern, Singles und all diejenigen, die derzeit in Wohngemeinschaften leben, sind potenzielle CoHousing-Bewohner*innen.

Communism brought our countries a collective imperative regarding property, social obligations and civil rights. But in spite of the fact that cooperatives were widespread before 1989, homes built since then applying principles of CoHousing are generally unknown in the Czech Republic and Slovakia. However, such models are attracting a growing interest as the advantages of this type of housing are being publicized and awareness is increasing, especially among professionals, including architects. Although Czech and Slovakian societies are rather individualistic and focused on privately owned dwellings, interest in community housing is definitely growing with the younger urban generation. Architects, young couples and families with kids, singles and all those who currently live in shared flats, are prospective CoHousing residents.

Also, wo fangen wir an?

With no precedents in our cities, there are some very practical questions regarding how to develop such housing. In 2015, coincidentally there were parallel events in Prague and Bratislava, organized to give a broader public access to information about CoHousing. In Prague, the Berlin-inspired exhibition “Baugruppe ist super!” explained the concept and created a clear but rather general manual illustrating how citizens could work together in such a process. Following this, the platform and architectural studio Baugruppe.cz were established, which is currently working on Czech prototypes. Yet there remains a lack of professionals who have had experiences with these projects. In Bratislava, the conference “Looking for Good Neighbors,” organized by the What City? Initiative, offered insight into the CoHousing scene as well as particular projects in Berlin and Vienna. This also enabled participants to go through the whole process of an imaginary project. Ideas of community-oriented housing are being further developed and spread with activities of the Miesta Pre Ludi association in Bratislava.

Da unsere Städte keine Modellprojekte vorweisen können, gibt es einige praktische Fragen, wie solche Formen des Wohnens entwickelt werden können. 2015 fanden in Prag und Bratislava zufällig parallel Veranstaltungen statt, um ein breiteres Publikum über CoHousing zu informieren. In Prag stellte die von Berlin inspirierte Ausstellung „Baugruppe ist super!“ das CoHousing-Konzept vor und erstellte einen anschaulichen, aber eher allgemein gehaltenen Leitfaden, der darstellt, wie Bürger*innen bei solch einem Prozess zusammenarbeiten können. Daraus ist die Plattform und das Architekturbüro Baugruppe.cz entstanden, das derzeit an tschechischen Modellprojekten arbeitet. Es fehlen jedoch weiterhin Expert*innen, die auf Erfahrungen mit solchen Projekten zurückgreifen können. In Bratislava ermöglichte die Konferenz „Looking for Good Neighbors“, organisiert von der Initiative „What City?“, Einblicke in die CoHousingSzene und in einzelne Projekte aus Berlin und Wien. Außerdem konnten die Teilnehmer*innen den gesamten Prozess eines imaginären Projekts durcharbeiten. Zudem setzt sich der Verein Miesta Pre Ludi in Bratislava für die Weiterentwicklung und Verbreitung der Ideen des gemeinschaftlichen Wohnens ein.

So, Where to Start?

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WIE WEITER

WOHNUNGSPOLITIK FÜR EINE INKLUSIVE GESELLSCHAFT HOUSING POLICY FOR AN INCLUSIVE SOCIETY Potenziale und Voraussetzungen für Diversität in Wohnprojekten Potentials and Preconditions for Diversity in Housing Projects

Christiane Droste & Thomas Knorr-Siedow

Die Politik hat bürgerschaftlich selbstbestimmte Wohnprojekte vorwiegend in krisenhaften Situationen unterstützt, wenn Standardlösungen des Wohnungsmarkts wenig Erfolg versprachen. Die Beispiele dafür umspannen inzwischen fast ein Jahrhundert. Tausende von Wohnungen wurden in der Wohnungsnot nach dem Ersten und Zweiten Weltkrieg in geförderter Gruppenselbsthilfe von arbeitslosen sowie wohnungslosen Menschen errichtet. Die wohnungspolitischen Selbsthilfeprojekte zur Befriedung der Instandbesetzungskonflikte seit den späten 1970er Jahren sind noch heute herausragende Beispiele einer Krisenbewältigung. Dabei wurden für ihre Zeit innovative Pfade zur Integration unterschiedlicher Nutzer*innengruppen und Politikbereiche beschritten, die bürokratischen Routinen und der traditionellen Wohnungswirtschaft eher fremd waren – Wohnungsbau in Verbindung mit sozialen Maßnahmen, Arbeitsförderung und Berufsbildung, Jugendarbeit und Sozialarbeit mit sogenannten Randgruppen. Wenn der Markt aus der Sicht der Politik zu funktionieren schien, herrschte dagegen, unabhängig von einer manifesten und eher steigenden Nachfrage, meist eine bemerkenswerte wohnungspolitische Stille zum Thema der Selbstorganisation im Wohnungswesen. Dass sich an den enger und damit teurer werdenden Märkten diejenigen am ehesten selbst behelfen können, die sowohl über intellektuelles als auch finanzielles Kapital und entsprechende Netzwerke verfügen, wurde hingenommen. Unterstützung erfuhren Baugruppen und andere gemeinschaftliche Wohnformen aus dem politischen Raum heraus am ehesten durch Information und Beratung und im besten Fall durch eine formale Gleichstellung mit anderen Investor*innen. 198

Government policy has generally supported civil society, self-determined housing projects in times of crisis, when standard housing market solutions were less promising. Examples of this now span almost a full century. In the housing emergencies after the First and Second World Wars, subsidized self-help groups, made up of unemployed as well as homeless people, constructed thousands of apartments. The Self-Help Project housing program to establish peace in midst of the squatting conflicts beginning in the late 1970s is until today a fine example of crisis management.Innovative paths were taken that were rather foreign to bureaucratic routine and the traditional housing providers, to integrate different user groups as well as combine political issues. Housing provision was connected with social initiatives, job support and career training, youth projects and social work with so-called fringe groups. In contrast, when the market seemed to function from a political standpoint, a notable quiet largely prevailed on the subject of support programs for self-organized housing initiatives, regardless of the manifest and even increasing demand. Decision-makers have resigned themselves to the fact that in tightening and therefore increasingly expensive markets, those most likely able to fend for themselves have been people with intellectual and financial capital at their disposal. In these years, various community housing project groups received governmental support simply through information and advice, and in the best case through being given an even playing field with other investors.


NEXT STEPS

So ist auch vor dem Hintergrund wohnungspolitischer Abstinenz und steigender Boden- und Baukosten die heute oft beklagte Engfassung des CoHousing der vergangenen Jahre erklärlich. Es entstanden mehrheitlich mittelschichtorientierte Gemeinschaftsprojekte im Eigentum oder in eigentumsähnlichen Genossenschaften. Die Qualitäten der eigentumsorientierten Baugruppen liegen eher in ökologischer Nachhaltigkeit und baulicher Experimentierfreude und weniger in sozialer Inklusion oder besonders kostengünstigen Lösungen. Auch wenn Themen wie das generationenübergreifende Wohnen und Inklusion von Älteren, Geflüchteten oder Menschen mit Behinderungen durchaus aufgegriffen wurden, bleiben die unter Marktbedingungen gebauten CoHousing-Projekte für Menschen mit geringem Einkommen und für andere benachteiligte Zielgruppen meist verschlossen. Dieses Kapitel widmet sich der Frage, welche Potenziale sich für die Lösung aktueller wohnungspolitischer Problemlagen ergeben, wenn es eine wechselseitige Unterstützung zwischen wohnungspolitischen und sozialräumlichen Strategien für die Wohnungsversorgung breiter Schichten und gemeinschaftsorientierten Wohnprojekten gibt. Die abschließenden Überlegungen zu einer systematischen Förderung von sozialer Inklusion und gemeinwohlorientierten gemeinschaftlichen Wohnprojekten sollen dazu beitragen, diese Ansätze zugunsten einer inklusiven gesellschaftlichen Entwicklung im Mainstream des Wohnungswesens besser zu verankern. Gesellschaftlicher Wandel und Politik des Wohnungsbaus Bei der Beobachtung des standardisierten Wohnungsbaus in Deutschland im zweiten Jahrzehnt des 21. Jahrhunderts drängt sich das Urteil auf: zu teuer, zu einheitlich und zu statisch. Neubauten, die sicherlich auch in mehr als 100 Jahren noch genutzt werden sollen, sind meist an den gleichen Ideen ausgerichtet wie der Wohnungsbau am Anfang des 20. Jahrhunderts, egal ob sie am sogenannten freien Markt oder im Rahmen einer sozialen Wohnungsbauförderung gebaut sind. Oft verfügen diese Bauten nicht einmal über die damals übliche Infrastruktur wie Gemeinschaftsräume oder -gärten. Baulich bleibt die Inklusion von besonderen Wohnbedürfnissen bisher weitgehend auf die Integration altersgerechter Wohnungen beschränkt, während die Wohnraumversorgung von Geflüchteten oder auch Menschen mit Behinderung meist noch durch sozialräumliche Absonderung auffällt.

So it is possible to explain the often complained about limited support for CoHousing in previous years, also with respect to missing housing policies and rising ground and construction costs. And so, predominantly middle-class-oriented community housing projects enabling private property or ownership-like cooperatives have been realized. Ownership-oriented housing project groups are characterized more by the aspects of ecological sustainability and experimental building and less by their realization of social inclusion or particularly affordable solutions. Even when ideas have been incorporated in many projects such as intergenerational housing and the inclusion of elderly, refugees and people with disabilities, the CoHousing projects built under market conditions mainly remain closed to people of limited income and other disadvantaged population groups. This chapter dedicates itself to the question of the potentials that arise regarding solutions to current housing policy problems: for instance when there is reciprocal support between community-oriented housing projects and housing policy and social welfare strategies committed to providing housing for broader population groups. The concluding thoughts deal with a systematic support of social inclusion and community housing projects focused on the common good. It is argued these approaches, which favor an inclusive social development, should find a better anchoring in the mainstream of housing provision. Social Change and the Politics of Housing Development The judgement when observing the standardized housing development in Germany in the second decade of the 21st century tends to suggest: too expensive, too monotonous and too rigid. New buildings, which should certainly still be in use in more than 100 years from now, are mostly built according to the same ideas as housing at the beginning of the twentieth century, regardless of whether they have been built in the so-called free market or in the context of a social housing program. Often they do not even have the infrastructure typical for that past era, meaning common rooms and gardens. Typologically, the inclusion of people with special housing needs remains limited largely to the integration of housing for elderly. But there is still the tendency to socially and spatially isolate refugees and people with disabilities with regards to housing provision.

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WIE WEITER

FAZIT CONCLUSIONS Larisa Tsvetkova & Michael LaFond Potenziale und Herausforderungen

Potentials and Challenges

Wohnen muss inklusiver werden. Der Wohnungsbestand und die Strategien für die Wohnraumversorgung werden in europäischen Städten der steigenden Nachfrage und den Anforderungen ihrer vielfältigen Bewohner*innenschaft nicht gerecht. Wenn wir das selbstbestimmte Wohnen als Menschenrecht begreifen, sollten wir uns fragen, wie nachhaltige und zugängliche Lebensräume in unseren Städten entwickelt werden können. Die europäische CoHousing-Bewegung hat sich bereits auf den Weg in Richtung Inklusion gemacht und kennt die Potenziale und Herausforderungen.

Housing must become more inclusive. Existing housing and strategies for new housing development in European cities are not keeping up with increasing demand and the expectations of diverse urban inhabitants. Assuming we understand self-determined housing to be a human right, then we should ask how to develop sustainable and accessible spaces for living in our cities. The European CoHousing movement has already set off on a path toward inclusion, and knows the respective potentials and challenges.

Inklusion im Wohnen kann als ein Ziel verstanden werden. Es setzt gleichberechtigte Teilhabe und eine soziale Mischung voraus und soll der Ausgrenzung, der Ghettoisierung und der Polarisierung in unseren Städten entgegenwirken. Definiert wird inklusives Wohnen in diesem Buch durch Zugänglichkeit für alle, unabhängig von Gender, persönlichen Fähigkeiten, finanziellen Ressourcen, Migrationshintergrund, Fluchterfahrung oder Behinderung. Dies zu erreichen ist genauso schwierig wie notwendig, und es gibt nicht das eine perfekte Projekt und nicht die eine große Strategie dafür. Das gesamte CoHousing-Netzwerk mit seinen vielen Ansätzen demonstriert, wie inklusives Wohnen entstehen kann. In verschiedenen Wohnprojekten und -initiativen wird Inklusion unterschiedlich interpretiert und trägt vielfältige Namen wie Diversität, Gerechtigkeit, Mischung, Zugänglichkeit, Offenheit. Doch eins haben die in diesem Buch beschriebenen Projekte und Strategien gemeinsam: Menschliche Vielfalt wird nicht als Problem, sondern als Potenzial begriffen und Inklusion als ein ständig zu verfolgendes 210

Inclusion in housing can be recognized as a goal. This begins with equal rights to involvement and a social mix, and is hoped to be able to counteract urban tendencies of marginalization, ghettoization and polarization. Inclusive housing is defined in this book as being accessible to everyone, independent of a person’s gender, personal talents, financial resources, migration background, refugee history or disability. Achieving this is both difficult and necessary, and there is neither the perfect project nor is there one great strategy. The landscape of CoHousing projects is in any case demonstrating, with its variety of approaches, how inclusive housing can be created. This is interpreted in various ways by the range of housing projects and initiatives, expressed with terms such as diversity, justice, mix, accessibility and openness. But the projects and strategies described in this publication do have one thing in common: human diversity is not seen as a problem, but rather as a potential, and inclusion is understood to be a goal which is continuously being pursued. This is the first precondition for realizing inclusive housing. Beyond that it is generally important to develop affordable and non-speculative housing, ensuring that architecture and spaces reflect the needs of the residents.


NEXT STEPS

Ziel verstanden. Dies ist die erste Voraussetzung für die Umsetzung inklusiven Wohnens. Außerdem ist es allgemein wichtig, bezahlbaren Wohnraum abseits von Spekulation zu entwickeln und dessen Gestaltung den Bedürfnissen der Bewohner*innen entsprechend umzusetzen. Durch das bedarfs- und nicht profitorientierte Planen und Bauen können Wohnprojekte das kombinieren, was schwer vereinbar erscheint: individuelle Lebensentwürfe, private Rückzugsräume und gemeinschaftliche Aktivitäten sowie Bezahlbarkeit, Barrierefreiheit und Umweltfreundlichkeit. Diese Komplexität ist dank Experimentierbereitschaft der selbstorganisierten Gruppen möglich und ist nicht nur für die einzelnen Projekte, sondern auch für die Entwicklung lebendiger Quartiere wichtig. Kommunikation, Begegnung und Austausch werden in den Wohnprojekten durch partizipative Entwicklung und Selbstverwaltung gefördert und auf der Nachbarschaftsebene durch Mischnutzungen sowie die Integration von öffentlich zugänglichen Räumen und Aktivitäten unterstützt. Selbstorganisation in Wohnprojekten fördert zudem Offenheit für Beteiligung und Kreativität, wodurch Initiativen entstehen, die Synergien über die Projektgrenzen hinaus erzeugen. Die in diesem Buch beschriebenen Modellprojekte bieten dazu einige Beispiele. Im Refugio startete eine syrische Familie ein professionelles Catering, und in den Räumlichkeiten der Spreefeld-Genossenschaft finden öffentliche Veranstaltungen statt. Im Projekt Sredzkistraße 44 entsteht ein Infozentrum zu altersgerechtem, gemeinschaftlichem Wohnen, und die von der WohnSinn-Genossenschaft gegründete WIR-Agentur berät Projekte und koordiniert den Wohnprojektetag in Darmstadt. Möglichkeiten und Grenzen Die Komplexität im Spannungsfeld von Privatem und Öffentlichem, Individuellem und Gemeinschaftlichem, Homogenität und Heterogenität ist eine der wichtigsten Qualitäten in Wohnprojekten, die sowohl einen großen Gewinn als auch Hürden bedeutet. Schon in der Konzeptionsphase stellt sich innerhalb der meist relativ homogenen Kerngruppe die Frage, wie vielfältig die zukünftige Hausgemeinschaft sein kann und soll. Diese Fragestellung hat in Projekten für besondere Bedarfsgruppen und in gemischten Projekten, die keine bestimmten Zielgruppen ansprechen, unterschiedlichen Charakter. Handelt es sich beispielsweise

Through use- instead of profit-oriented planning and building it should be possible for housing projects to combine what otherwise looks to be quite difficult: individual life plans with spatial needs for privacy and retreat, community activities as well as affordability, accessibility and environmental performance. This complexity is possible thanks to a willingness to experiment in self-organized groups, which is significant not only for individual projects but also for the development of vibrant neighborhoods. Communication, interaction and exchange are supported in housing projects through participatory development and self-management. This is supported at the neighborhood level through a mix of uses and an integration of publicly accessible spaces and activities. Self-organization in housing projects also encourages an openness for participation and creativity through which initiatives arise leading to synergies even beyond the project’s borders. The model projects described in this book help to illustrate this: a Syrian family has started a professional catering business at the Refugio and public events take place in the Spreefeld Cooperative’s option spaces. An info-center for elderly-friendly, community-based, intergenerational housing will be opened at the Sredzkistraße 44 and the We-Agency founded by the WohnSinn Cooperative is advising projects and coordinating the ‘CoHousing Project Market’ in Darmstadt. Opportunities and Limits Some of the most important qualities with respect to housing projects are found in the complexity resulting from dialogue among private and public, individual and community interests, as well as the interplay between heterogeneity and homogeneity. This promises great gains but is also accompanied by hurdles. Already in an early design phase, a typically homogenous project core group is faced with the question about how diverse the future residential community can and should be. This important question can be quite different among projects specifically developed for certain needs groups and other mixed projects with no particular target group. If this is dealing for instance with housing for students and formerly homeless (VinziRast-mittendrin) or non-refugees and refugees (Refugio) then a decision is quickly made in the direction of a balance of the different residential groups. And if a varied mix of people is desired, then this also should be defined. The WohnSinn cooperative developed its own formula for a mix of social and intergenerational aspects: they fixed percentages for 211


Let’s discourage people from making a castle out of their home. Castles are exclusive, and easily turn into fortresses. Castles are maintained by exploiting “domestic” labor and heritage subsidies. Castles are inaccessible energy wasters—but at least they can be recycled. Let’s discourage planners from making Projects out of CoHousing. Projects may be exclusive, and turn into gated communities. Projects are exploited as “best practices” and consume subsidies. Let’s encourage, instead, a CoHousing way of planning. Lasst uns Menschen entmutigen, ein Schloss aus ihrer Wohnung zu machen. Schlösser sind exklusiv und verwandeln sich einfach in Festungen. Schlösser werden durch die Ausbeutung „häuslicher“ Arbeit und über Erbschaften aufrechterhalten. Schlösser sind unzugängliche Energiefresser – aber zumindest wiederverwertbar. Lasst uns Planer*innen entmutigen, Projekte aus gemeinschaftlichen Wohnformen zu machen. Projekte können exklusiv sein und sich in geschlossene Wohnanlagen verwandeln. Projekte werden als „Modellprojekte“ instrumentalisiert und verbrauchen Subventionen. Lasst uns stattdessen ermutigen, eine Kultur des gemeinschaftlichen Wohnens in der Planung zu leben. Lidewij Tummers, TU Delft


STATEMENTS


AUTOR*INNEN AUTHORS

RAÚL AGUAYO-KRAUTHAUSEN

ist ein Aktivist und Gründer des gemeinnützigen Vereins SOZIALHELDEN e. V. Zu den wichtigsten Projekten gehören die Online-Karte für rollstuhlgerechte Orte Wheelmap.org und die journalistische Informationsplattform für vorurteilsfreie Sprache über Menschen mit Behinderung Leidmedien.de. 2013 wurde ihm das deutsche Bundesverdienstkreuz verliehen. Seit 2015 moderiert er seine eigene Talksendung „KRAUTHAUSEN – face to face“ zu den Themen Kultur und Inklusion. is an activist and founder of the non-profit organization SOZIALHELDEN e.V. (Social Heroes). Among his most important projects are the Wheelmap.org and the journalists’ information platform for unbiased language about people with disabilities Leidmedien.de. In 2013 he was awarded the Federal Republic of Germany’s Order of Merit. Since 2015 he has been moderating his own talk show KRAUTHAUSEN – face to face with a focus on culture and inclusion.

AXEL BURKHARDT

studierte Politikwissenschaft, Pädagogik, öffentliches Recht und soziales Management in Tübingen. Zwischen 1998 und 2009 war er Teil der Geschäftsführung eines selbstverwalteten Wohnprojekts. In dieser Zeit arbeitete er überdies in der Beratung von Wohnprojekten im Umfeld des Mietshäuser Syndikats, als Supervisor auch in Konfliktsituationen. Außerdem war er im Bereich der Erwachsenenbildung tätig. Seit 2015 ist er Beauftragter für Wohnraum der Universitätsstadt Tübingen. studied political science, education, public law and social management in Tübingen. Between 1998 and 2009, he was part of the management team of a self-organized housing project. In this time he also worked as a consultant for housing projects in the Mietshäuser Syndikat network, assisting, for example, with conflict resolution. He has also worked in the field of adult education. Since 2015, he has been a Housing Commissioner for Tübingen, the University City.

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Dr. CHRISTIANE DROSTE

ist Eigentümerin von UrbanPlus in Berlin, dem Büro für Stadtforschung und urbane Projekte. Ihre Forschungs- und Beratungsthemen sind integrierte Stadt- und Quartiersentwicklung, sozialer und gemeinschaftsorientierter Wohnungsbau, Diskriminierung im Wohnungswesen sowie Gender, Diversität und Partizipation. Sie arbeitet in diesen Handlungsfeldern in Berlin und international, darüber hinaus anwendungsorientiert zur Nutzung von Gender und Diversität als Element der Qualitätssicherung. is the owner of UrbanPlus in Berlin, the Office for City Research and Urban Projects. Her research and consulting topics address integrated urban and neighborhood development, social and community-oriented housing construction, discrimination in the housing sector as well as gender, diversity and participation. She is engaged with these fields of action in Berlin as well as internationally, and works with an application-orientation of gender and diversity as elements of quality assurance.

SANNA FRISCHKNECHT

ist Soziologin und promoviert an der Universität Basel im Rahmen des vom Schweizerischen Nationalfonds SNF geförderten Forschungsprojekts „Transformative Gemeinschaften als innovative Lebensformen?“ zu Wohnbaugenossenschaften in der Schweiz. Sanna ist Mitglied der Wohnbaugenossenschaft Warmbächli. is a sociologist and PhD Candidate at the University of Basel. She is doing her dissertation on Swiss housing cooperatives within the research project “Transformative Communities as Innovative Forms of Life?” funded by the Swiss National Science Foundation SNF. Sanna is a member of the Warmbächli Housing Cooperative.

CHRISTINE GOHLKE

hat als Dipl.-Geographin Schwerpunkte in der Stadt- und Quartiersentwicklung. Seit 2009 ist sie Mitglied bei id22: Institut für kreative Nachhaltigkeit, Berlin, und setzt sich auf vielfältige Weise mit dem Thema Wohnen und gemeinschaftlichen Wohnformen auseinander. Sie war unter anderem beim Forum Gemeinschaftliches Wohnen (FGW) tätig und wissenschaftliche Mitarbeiterin bei UrbanPlus. Derzeit arbeitet sie als Stadtteil- und Gemeinwesenarbeiterin in Berlin-Kreuzberg. is a trained geographer with a focus on city and neighborhood development. Since 2009 she has been a member of id22: Institute for Creative Sustainability, Berlin, and is engaged with many aspects of housing and community-oriented forms of living. She was among other things working at the Forum for Community Housing (FGW), and a research assistant at UrbanPlus. She is currently employed as a neighborhood and community worker in Berlin-Kreuzberg.

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JULIA HARTMANN

absolvierte ihr Architekturstudium an der University of East London. Als Mitarbeiterin verschiedener Planungsbüros in London und Berlin betreute sie unter anderem städtebauliche Rahmenplanungen mit einem Fokus auf partizipative Entwurfsprozesse. Darüber hinaus arbeitete Julia in Großbritannien, China und Bulgarien an Projekten zur bewohner*innengeleiteten Stadterneuerung und lehrte an verschiedenen Universitäten. Seit 2015 ist sie Beauftragte für Wohnraum der Universitätsstadt Tübingen. completed her architectural studies at the University of East London. As an associate of various planning offices in London and Berlin, she was responsible for among other things the urban design master plans, with a focus on participatory design processes. In addition, Julia has worked in the UK, China and Bulgaria on projects dealing with community-led urban regeneration and has taught at different universities. Since 2015 she has been a housing commissioner for Tübingen, the University City.

HELENA HEDE

ist Master-Absolventin in Sozialanthropologie der Universität Lund, Schweden, mit Interessenschwerpunkt auf städtische Themen. In ihrer Masterarbeit untersuchte sie soziale Aspekte der Nachhaltigkeit in Berliner CoHousing-Projekten durch Interviews und partizipative Beobachtung. Sie versteht ethnografische Methoden als grundlegende Mittel in der Stadtplanung, um Perspektiven der Stadtbewohner*innen zu verstehen und die Rechte von Minderheitengruppen in Planungsprozesse miteinzubeziehen. has a master’s degree in social anthropology from Lund University, Sweden, with a focus on urban issues. For her research she investigated social aspects of sustainability in Berlin CoHousing projects through interviews and participatory observation. She considers ethnographic methods to be essential to urban planning, as they can be tools for understanding citizens’ perspectives, and can help strengthen the rights of minority groups in planning processes.

BORIS HRBÁŇ

absolvierte ein Architekturstudium in Bratislava und arbeitete in Architekturbüros in Berlin und Tübingen. Er führte seine Arbeit in den Bereichen Handel und Immobilienwirtschaft fort, um schließlich das Entwicklungsunternehmen Imagine im Jahr 2007 mitzugründen. Mit dem Schwerpunkt auf kleine und mittlere Stadterneuerungs- sowie gemeinschaftsorientierte Projekte, wurde Imagine zu einem der innovativsten Unternehmen für Wohnentwicklung in der Slowakei und in Tschechien. graduated as an architect in Bratislava and worked in architectural offices in Berlin and Tübingen. He went on to work in the fields of real estate and trade and finally co-founded the development company Imagine in 2007. Focused on small- and middle-sized urban renewal and community-oriented projects, Imagine has become one of the most innovative residential developers in Slovakia as well as the Czech Republic.

222 autor*innen


Prof. Dr. MICHAEL KOMOREK

ist seit 2013 Hochschullehrer an der Evangelischen Hochschule Berlin und leitet ein Projekt zur Inklusiven Organisationsentwicklung beim AWO Bundesverband. Als Heilpädagoge und Inklusionsforscher hat er in unterschiedlichsten Forschungs- und Praxisprojekten gearbeitet. Im Kern geht es bei seiner Arbeit als Organisationsberater und Prozessbegleiter um die Etablierung von inklusiven Kulturen in Organisationen sowie die Schaffung von Strukturen, um eine inklusive Handlungspraxis zu ermöglichen. has been a lecturer at the Protestant University of Applied Sciences in Berlin since 2013 and directs a project on inclusive organizational development with a Federal Workers’ Association (AWO). As a curative pedagogue and a scientist of inclusion, he has worked with a wide range of research and practice-based projects. At the core of his work as a management consultant and process facilitator is the establishment of inclusive organizational cultures as well as the creation of structures which enable inclusive practice.

THOMAS KNORR-SIEDOW

Soziologe und Stadtplaner, war in der Geschäftsführung eines Sozialplanungsbüros und eines Sanierungsträgers für wohnungspolitische Selbsthilfeprojekte von 1980 bis 1993 in Berlin. Seitdem arbeitet er in der Forschung und Lehre zur sozialen Stadtentwicklung, Wohnen, Governance, Wissen und Raumentwicklung am IRS (Erkner), an der BTU Cottbus-Senftenberg und bei UrbanPlus. Schwerpunkte sind Wohnen, Stadt- und Quartiersentwicklung im internationalen Vergleich. sociologist and urban planner, was managing a social planning office and an urban renewal agency for self-help housing projects from 1980 to 1993 in Berlin. Since then he has been working as a researcher and teacher with the topics of social urban development, housing, governance, knowledge and spatial development at the IRS (Erkner), the BTU Cottbus-Senftenberg and UrbanPlus. He focuses on housing, and comparing urban and neighborhood development in different international contexts.

Dr. ULRICH KRIESE

Umwelt- und Verwaltungswissenschaftler, Dipl.-Ing. Landschafts- und Freiraumplanung, ist seit 2009 Mitarbeiter der Stiftung Edith Maryon, Basel, und dort unter anderem verantwortlich für Öffentlichkeitsarbeit und Forschungsfragen. Daneben ist er Mitglied im Kuratorium der Stiftung trias, Hattingen (Ruhr), Sprecher für Bau- und Siedlungspolitik des Naturschutzbundes Deutschland (NABU) e. V. und Initiant des bundesweiten Aufrufs „Grundsteuer: Zeitgemäß!“ researcher in environmental studies and public administration, has a degree in landscape and open space planning. He has been working since 2009 with the Edith Maryon Foundation, Basel, where he is responsible among other things for public relations and research. Beyond that, he is on the board of trustees of the German trias Foundation, serves as the German Association for Nature Conservation (NABU) spokesman for building and urban development policy, and initiated a federal campaign to reform the German property tax system. authors 223


Dr. MICHAEL LAFOND

CoHousing-Experte und Stadtaktivist. Gründer von id22: Institut für kreative Nachhaltigkeit, Berlin. Projekte: CoHousing Cultures und CoHousing Inclusive (Bücher), EXPERIMENTDAYS WohnProjekteTage, CoHousing Berlin Online, Creative Sustainability Tours. Interdisziplinärer Hintergrund in Kunst, Architektur, Stadtentwicklung. Lehraufträge: TU Berlin Habitat und CIEE Future Cities. Forschung: Selbstorganisation, urbane Demokratisierungen, essbare Landschaften, Konvivialität. Zuhause: Spree WG 1 der Spreefeld-Genossenschaft. CoHousing expert and urban activist. Founder id22: Institute for Creative Sustainability, Berlin. Projects: CoHousing Cultures and CoHousing Inclusive books, EXPERIMENTDAYS housing market, CoHousing Berlin online, Creative Sustainability Tours. Interdisciplinary background in art, architecture, community development. Teaching: TU Berlin Habitat and CIEE Future Cities. Researching: self-organization, urban democratizations, edible landscapes, conviviality. Home: Spreefeld Cooperative’s Spree WG 1 shared living group.

GUNNAR LAUFER-STARK

ist Jurist, und war Gründer und Geschäftsführer einer mittelgroßen Steuerberatungsgesellschaft in Tübingen. Nach dem Verkauf seines Büros an einen langjährigen Mitarbeiter absolvierte er noch ein Masterstudium Immobilienrecht an der Universität Münster. Er hat eine gemeinwohlorientierte Vermietungs- und Projektentwicklungsgesellschaft aufgebaut (die n.e.s.t. Bauprojektierung und Vermietung AG), die er seit 2010 als Vorstand leitet. is a lawyer and was the founder and managing director of a medium-sized tax consulting company in Tübingen. After selling his office to a long-term staff member, he completed a master’s degree in real estate law at the University of Münster. He established a non-profit-oriented rental and project development company n.e.s.t. Bauprojektierung und Vermietung AG, which he has been managing as executive director since 2010.

ROLF NOVY-HUY

ist Bankkaufmann, von 1973 bis 1994 tätig in verschiedenen Bereichen deutscher Großbanken. 1995 bis 2006 Finanzierungsberatung in der GLS Gemeinschaftsbank e. G. in Bochum (ältestes ethisch-ökologisches Bankhaus in Deutschland). Mitgründer und seit 2006 Geschäftsführer der Stiftung trias, gemeinnützige Stiftung für Boden, Ökologie und Wohnen in Hattingen (Ruhr). Durch seine Tätigkeiten verfügt er über einen guten Überblick über die Projektaktivitäten in Deutschland und kennt viele Projekte im Detail. is a banker, having worked from 1973 to 1994 in a number of fields with larger German banks and from 1995 to 2006 with the GLS Bank in Bochum, Germany’s oldest ethical and ecological bank. In 2006 he cofounded, and since then he has directed the non-profit trias Foundation in Hattingen, working with questions of land, ecology and housing. Through his engagement he has attained excellent insights into the development of community projects in Germany, and knows a large number of projects in detail.

224 autor*innen


ANJA PLANIŠČEK

Architektin aus Ljubljana, arbeitet in den Bereichen Architektur, Design, Bildung, Veranstaltungs- und Ausstellungsorganisation sowie in Projekten für die Förderung und Sozialisierung der Architektur. Sie unterrichtet an der Architekturfakultät Ljubljana, betreibt ihr Designbüro und arbeitet mit dem NGO TrajekT Institut für Raumkultur. Seit 2015 ist sie Teil einer Initiative für die Entwicklung von Wohngenossenschaften in Slowenien, zusammen mit der Genossenschaft Zadrugator und verbundenen Netzwerken. architect from Ljubljana, works in the fields of architecture, design, education and production of events and exhibitions as well as projects for the promotion and socialization of architecture. She teaches with the Ljubljana Faculty of Architecture, runs a design practice and works with the NGO TrajekT - Institute for Spatial Culture. Since 2015 she has been part of an initiative for the development of cooperative housing in Slovenia, together with the Cooperative Zadrugator and related networks.

DOROTHEA RIEDEL

absolvierte 1993 ihr Architekturstudium an der FH Stuttgart und FH Karlsruhe sowie an der TU Delft, danach folgte ein Aufbaustudium für Technikpädagogik an der Universität Stuttgart sowie eine Ausbildung zur Mediatorin. Seit vielen Jahren ist sie in den Bereichen Städte- und Wohnungsbau, regenerative Energien, Passivhäuser, Altbausanierungen, Projektentwicklung von Baugemeinschaften und Wohnprojekten beruflich tätig. 2016 hatte sie die Neue Nachbarn KG in Tübingen mit initiiert und gegründet. completed her architectural studies at Universities of Applied Sciences of Stuttgart and Karlsruhe as well as at the TU Delft in 1993, followed by graduate studies in technology and education at the University of Stuttgart and a mediator training. For many years, she has worked professionally in the fields of housing and urban design, regenerative energies, passive buildings and building renovation, project development of various kinds of community-led housing. In 2016, she co-initiated and founded the project Neue Nachbarn in Tübingen.

Dr. MILOTA SIDOROVÁ

Vermittlerin, Netzwerkerin, Forscherin, Fußgängerin und Feministin. Geboren und erzogen mit der gerechten Stadtplanung. Lebt und arbeitet in Mitteleuropa. Facilitator, networker, researcher, walker and feminist. Born and bred on equitable urban planning. Living and working in Central Europe.

authors 225


SONJA SPITAL

ist Kulturwissenschaftlerin und absolviert 2018 den forschungsorientierten interdisziplinären Master Urbane Zukunft an der Fachhochschule Potsdam. Die Schwerpunkte ihrer Arbeit liegen auf nachhaltiger Stadtforschung, wissenschaftlicher Auseinandersetzung mit öffentlichen Räumen sowie Beteiligungskultur und gemeinschaftlichen Wohnformen. Seit 2015 ist sie zudem Mitarbeiterin bei id22 für die Creative Sustainability Tours Berlin und für die Redaktion der Plattform CoHousing Berlin. studied cultural sciences and is graduating in the interdisciplinary, research-oriented Masters in Urban Futures in 2018 at the University of Applied Sciences Potsdam. Her work focuses on the fields of sustainable urban studies and a scientific examination of public space, cultures of participation and community-led housing. Since 2015 she has been working with id22 on the Creative Sustainability Tours Berlin and with the editorial team of the online platform CoHousing Berlin.

LARISA TSVETKOVA

ist seit 2013 Vorstandsmitglied von id22: Institut für kreative Nachhaltigkeit und seit 2017 wissenschaftliche Mitarbeiterin an der TU Braunschweig. Als studierte Architektin hat sie an der Schnittstelle zwischen Praxis und Forschung an mehreren Projekten in Russland und Deutschland gearbeitet. Ihr Schwerpunkt liegt auf gemeinschaftlichen Wohnformen und Inklusion. Mit id22 hat sie die Creative Accessibility Tours & Workshops initiiert, um Barrieren im gebauten Raum und in den Köpfen der Menschen abzubauen. is since 2013 member of the id22: Institute for Creative Sustainability board of directors and since 2017 research associate at the TU Braunschweig. Trained as an architect, she has worked at the interface between research and practice on a number of projects in Russia and Germany. Her focus lies in community-led housing and inclusion. With id22 she has initiated the Creative Accessibility Tours & Workshops with the aim to dismantle barriers in the built environment and in people’s minds.

CAMILLA WARMEDINGER

ist studierte Anthropologin, mit einem Master in Sustainable Cities von der London Metropolitan University. Sie hat internationale Erfahrung als Forscherin im Bereich der kulturgeleiteten Regeneration und nachhaltigen Stadtplanung gesammelt, sowie als Journalistin für Non-Profits gearbeitet. Camilla hat ein starkes Interesse an der Gestaltung öffentlicher Räume mittels Kunst. is a graduated anthropologist with a Masters in Sustainable Cities from the London Metropolitan University. She has gained international experience as a researcher in the fields of culture-led regeneration and sustainable urban planning, as well as contributing as a journalist for non-profits. Camilla has a strong interest in working with art as it shapes and influences public space.

226 autor*innen



partners 231


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