Programm: Deutscher Filmpreis 2008

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Herzlich Willkommen zum Deutschen Filmpreis 2008 im palais am funkturm 25. APRIL 2008

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GruSSwort

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Mein Dank gilt allen Mitarbeitern der Deutschen Filmakademie und dem Präsidium mit Senta Berger und Günter Rohrbach für ihr großes Engagement bei der Organisation der Verleihung. Allen Gästen und ganz besonders den Nominierten des Deutschen Filmpreises 2008 wünsche ich einen spannenden Abend.

Bernd Neumann, MdB Staatsminister bei der Bundeskanzlerin Der Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien

Foto: © Seekamp, Bremen

Zur Verleihung des Deutschen Filmpreises 2008, des höchst dotierten Kulturpreises der Bundesrepublik Deutschland, heiße ich Sie im Palais am Funkturm in Berlin herzlich willkommen. Der deutsche Film ist vielfältig wie nie zuvor. Anspruchsvolle Inhalte, künstlerische Originalität und Unterhaltung gehen in der deutschen Filmproduktion eine Verbindung ein, die unverwechselbar ist und auch international höchstes Ansehen genießt. Zehn Filme wurden für den Deutschen Filmpreis 2008 nominiert – allesamt Höhepunkte des zurückliegenden Filmjahres. Wir erwarten heute Abend mit Spannung, welche Filme und Einzelleistungen in diesem Jahr mit der begehrten LOLA ausgezeichnet werden.

Deutscher Filmpreis 2008


Wieder einmal war die Aufregung groß, hagelte es Proteste, gab es Austritte, Drohungen von Austritten, Wiedereintritte. Auslöser dieser Turbulenzen waren, wie schon in den Jahren zuvor, die Entscheidungen der Vorauswahljury. Über 100 Filme waren angemeldet. Niemand kann erwarten, dass das Plenum der Mitglieder alle diese Filme sichtet. Würde man es tatsächlich darauf ankommen lassen, dann hätten nur die Filme eine Chance, die zuvor besonders auffällig waren. Es muss also, um die Seriosität des Verfahrens zu sichern, eine Vorauswahl geben. Das war von Anfang an auch eine Bedingung des BKM.

Als die Filmakademie gegründet wurde, waren sich die Auguren in einem Punkt geschlossen einig: Eine so große Zahl von Juroren werde das Gefällige begünstigen und das Besondere vernachlässigen. Das Gegenteil ist eingetreten. Das Urteil der Mitglieder ist streng und in keiner Weise bestechlich, nicht einmal durch die Sympathie des Publikums. Die Vorauswahljury, deren mühevolle Arbeit unseren Respekt verdient, ist ein repräsentativer Querschnitt durch die Gesamtheit der Mitglieder. Gerade die kleinen Filme haben in ihr die größte Lobby. So ist der deutsche Film. Die Akademie spiegelt seine Realität.

Freilich ist es für die Betroffenen schmerzlich, dem eigentlichen Nominierungsprozess im Vorhinein entzogen zu werden. Das Unverständnis wächst naturgemäß in dem Maße, in dem der Film beim Publikum erfolgreich war. Und gerade sie, die Erfolgreichen, wurden in diesem Jahr besonders gebeutelt.

Freilich, die Welt ist in Bewegung und mit ihr auch der deutsche Film. Was gut ist an ihm und was nicht, darüber werden wir uns weiter streiten. Wie nahe wir dabei dem Publikum sind oder Senta Berger Günter Rohrbach wie fern, das wird die ewige Frage bleiben. Präsidentin Präsident

Foto: © Mathias Bothor

GruSSwort

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Die Deutsche Filmakademie in Zahlen Zwar sagen Zahlen nicht mehr als die viel beschworenen tausend Worte, aber sie können nicht lügen, beschreiben Dimensionen und regen manchmal sogar die Fantasie an. Damit lässt sich die Deutsche Filmakademie möglicherweise auch fassen. Es ist einen Versuch wert. Gegründet wurde die Deutsche Filmakademie im Herbst 2003. Gegen Ende des Jahres konnte sie ihr operatives Geschäft aufnehmen, das zum Ziel

Mitglieder 1018

Weibliche/männliche 304 Frauen 714 Männer

Mitglieder nach Sektionen Produzenten: 160 Regisseure: 156 Schauspieler: 316 Drehbuchautoren: 64 Dokumentarfilmsektion: 38 Szenenbild/Kostümbild/Maske: 80 Musik/Schnitt/Ton: 143 Spezialeffekte/Technik: 4 Kamera/Bildgestaltung: 55 4

hatte, die satzungsgemäßen Ziele der Akademie in konkreten Maßnahmen, Projekten und Veranstaltungen umzusetzen und sowohl die Wahl zum Deutschen Filmpreis als auch die Verleihung des Deutschen Filmpreises eigenständig zu organisieren. Mit der Berlinale 2004 begannen die unterschiedlichsten Projekte, mit denen die Deutsche Filmakademie sowohl den Dialog mit der Öffent-

lichkeit als auch den internen Austausch zwischen den Mitgliedern aus den diversen Berufsgruppen des Filmemachens sucht und findet. Seit 2005 führt die Akademie die Wahl zum Deutschen Filmpreis durch und organisiert die Verleihung in künstlerischer Eigenverantwortung. Diese Fakten sollte man kennen, um die folgenden Zahlen lesen zu können.

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Austritte 19

Mitgliederversammlungen 10

Vorstandssitzungen 30

Wiedereintritte 2

Anwesende Mitglieder 1737

Vorstandsmitglieder 26 (ohne Stellvertreter)

Austritt – Eintritt – Austritt 1 Deutscher Filmpreis 2008


Redaktionelle Beiträge, Pressemitteilungen und offene Briefe auf der Website 141 Umfang der Filmothek „Alles auf Anfang“ 623 Öffentliche Veranstaltungen – ohne Filmpreis-Verleihungen und LOLA Festivals 40

Filme auf LOLA Festivals 2005-2008 87 Vorstellungen insgesamt 1098 Zur LOLA angemeldete Filme seit 2005 379 Vergebene LOLA Statuen 106 1/ Foto: © Mathias Bothor

EXTRABLATT-Ausgaben 39

Vorstand der Deutschen Filmakademie 2008

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THAT‘S ENTERTAINMENT

?? Das winning team hat sich geändert. Michael Bully Herbig moderiert nicht mehr. Nico Hofmann und Thomas Peter Friedl verantworten die Gala weiterhin als Künstlerische Leiter. Was überwiegt bei Ihnen: Die Nervosität, dass es schief gehen könnte, oder die Freude auf die neue Herausforderung? Thomas Peter Friedl: Das hält sich die Waage. Dabei geht es nicht um die Angst, dass es schlechter werden könnte. Denn die Filmpreisverleihung ist auf einem Niveau angekommen, wo sie ein exzellentes Standing und ein großes Selbstvertrauen hat. Das ist natürlich ganz besonders das Verdienst von Bully Herbig aus diesen drei Jahren. Der Reiz des Neuen treibt mich ja sowie immer um. Und jetzt war es natürlich besonders herausfordernd, etwas Neues und Besonderes zu schaffen nach Bully, der 6

den Preis durch seine einzigartige Begabung so sehr geprägt hat. Deshalb waren wir uns sehr schnell einig, dass ein Prinzip, das sich als richtig erwiesen hat, auf jeden Fall fortgesetzt werden musste: Die Verleihung muss auf eine Person, einen Gastgeber zugeschnitten sein. Und wir mussten eine Person finden, die in der Lage ist, zwei Stunden lang das Publikum sowohl im Saal als auch zuhause – das ist die große Herausforderung! – zu fesseln. Und in der Lage ist, auf Überraschungen, hier natürlich speziell auf emotionale Überraschungen, zu reagieren. Da gibt es nur sehr wenige und Barbara Schöneberger war von Anfang an unsere Wunschbesetzung. In der konkreten Zusammenarbeit der letzten Monate mit ihr sahen wir uns schnell bestätigt, dass sie die perfekte Wahl war.

Foto: © Michael Tinnefeld

Ein Gespräch mit Nico Hofmann und Thomas Peter Friedl, den künstlerischen Leitern der Filmpreis-Verleihung, über die Kunst der Unterhaltung mit Kultur – und die neue Gastgeberin Barbara Schöneberger.

Nico Hofmann: Wir waren ja ursprünglich entschlossen, die künstlerische Leitung abzugeben und hätten es nach drei Jahren spannend gefunden, eine andere produzentische Kraft an der Veranstaltung arbeiten zu lassen. Thomas Peter Friedl und ich haben unser erneutes Deutscher Filmpreis 2008


?? Michael Bully Herbig war ein Kinostar, als er die Moderation der Gala übernahm. Barbara Schöneberger ist ein Moderatoren-Star und eine Entertainerin. Das muss doch konkrete Auswirkung auf die konzeptionelle Arbeit haben und vielleicht auch auf die konkrete Zusammenarbeit. Friedl: Das ist der Punkt. Mit Bully hatten wir den bekanntesten deutschen Kinostar, der auch noch ein Allround-Talent als Regisseur, Autor, Produzent und Darsteller ist. Daran konnten und wollten wir jetzt nicht einfach mit einem anderen Kinostar anschließen. Wir brauchten und wollten etwas grundsätzlich anderes. Nico und ich wollten einen Entertainer oder eine

Entertainerin. Und das ist die Barbara aus unserer Sicht zu 1000 Prozent. ?? Das ist aber auch ein Risiko. Barbara Schöneberger steht für Spontanität. Bully stand für Perfektion. Friedl: Das ist der große Unterschied in der Arbeit. Nico Hofmann, Bully Herbig und ich hatten über die drei Jahre eine identische Vision von der Form der Gala. Und wir haben sehr akribisch daran gearbeitet. Jetzt war uns klar, dass wir ein Konzept finden mussten, mit dem Faktor Spontaneität konkret zu arbeiten, ohne konzeptionslos zu werden. Wir haben einen neuen Autor gewonnen. Ralf Husmann, den man vor allem als Autor von „Stromberg“ und „Dr. Psycho“ kennt, steht für einen roten Faden in den Texten, die durch die Entscheidung für ihn deutlich komödiantischer werden. Durch die unterschiedlichen Temperamente von Barbara Schöneberger, Ralf Husmann, Nico Hofmann und mir ist eine neue, eine andere Energie entstanden, die ein offeneres Konzept nicht nur zulässt, sondern erfordert.

Foto: © POOL POSITION Management GmbH / Stephan Pick

Engagement ganz klar an die Verpflichtung von Barbara Schöneberger gekoppelt. Weil es unserer Meinung nach nur mit ihr möglich ist, der Gala die gleiche Qualität zu geben wie mit Bully. Es muss ein Star im Mittelpunkt der Show stehen. Die Show muss sich um Barbara drehen. Nur so bleibt auch das Publikum, bei dem wir Lust und Neugierde auf den deutschen Film wecken wollen, interessiert.

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Hofmann: Für mich ist Barbara Schöneberger die kombinierte Reinkarnation von Harald Juhnke und Frank Sinatra. Sie ist eine perfekte Entertainerin, eine großartige Sängerin – und hat sich bei all dem eine kreative Anarchie und spontane Energie bewahrt. Das schafft Glamour, den diese Person nicht nur ausstrahlt, sondern auch mit Witz schmückt. Alles, was auf der Bühne an Entertainment entsteht, kommt von Barbara und ist auf sie zugeschnitten. ?? Und durch den neuen Autor Ralf Husmann, der ja auch satirisch arbeitet, könnte auch eine neue Form von Selbstironie in die Veranstaltung kommen.

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Hofmann: Da haben wir durchaus mit Bully schon ein paar Meilensteine gesetzt. Aber das ist für uns ein sehr wichtiger Punkt. Denn daran mangelt es der ganzen Branche: über sich selbst auch mal lachen zu können. Und die Kombination von Husmann und Schöneberger könnte die Gäste beim wichtigsten Branchenevent des Jahres noch etwas aus der Reserve locken. ?? Apropos Insider. Das Publikum im Saal ist nun – bei aller Unterschiedlichkeit in den Geschmäckern – ein sehr homogenes bei einer solchen Gala. In wie weit könnte das zum Problem werden? Friedl: Gar nicht. Denn Barbara Schöneberger ist nicht nur souverän im Umgang mit ihrem – wie auch immer gearteten – Publikum. Sie ist auch sehr kinoaffin, kennt den deutschen Film nicht erst, seit wir sie engagiert haben und muss hier niemandem etwas vormachen. Sie weiß, dass wir an diesem Abend den deutschen Film und die Leistungen des deutschen Films feiern wollen und werden.

Foto: © Florian Liedel

Aber die Stärke von Barbara Schöneberger ist es, auf der Bühne zu spüren, was geht, was nicht geht, was man zulassen kann und wo man eingreifen muss. Das passt zu einer Gala, die eben auch mit Emotionen und spontanen Reaktionen seitens der Preisträger oder gar des Publikums zu tun hat.

Deutscher Filmpreis 2008


Foto: © Roman Babirad

Hofmann: Und das Publikum zuhause kann genau mit dieser Art von Show gewonnen werden. Die Gala dient ja vor allem dazu, die Branche, also den deutschen Film, für das große Publikum zu öffnen. Nur dadurch macht eine Veranstaltung mit einem solchen Aufwand Sinn. Wenn wir daran denken, wie die Oscar-Gala

Booms für Filme beim Publikum auslösen kann, dann ist dieser Effekt auch das Ziel unseres Engagements. Deshalb muss die Gala erfolgreich im Fernsehen laufen und funktionieren. ?? War es eigentlich grundsätzlich schwierig, Barbara Schöneberger für dieses Ereignis zu gewinnen? Friedl: Barbara Schöneberger ist eine sehr mutige Frau. Als Nico und ich sie gefragt haben, hatte sie genau fünf freie Tage bis zum Sommer in ihrem Kalender. Sie wollte also von der Verleihung 2008 nichts wissen und hat mit uns über 2009 gesprochen. Das war natürlich weder unser Wunsch noch Ziel. Einen langen Abend später hat sie schließlich den Sprung ins kalte Wasser gewagt und die fünf freien Tage für den Filmpreis reserviert. Sie hat sogar noch einen Talkshowtermin verschieben können, woran dankenswerterweise auch ARD und der NDR extrem kooperativ mitgeholfen haben. Es bleibt aber zu sagen: Die Gala steht mit der Gastgeberin, aber sie findet statt zu Ehren der Filme und ihrer Macher. Das steht

nach wie vor im Mittelpunkt. Und daran hat sich konzeptionell auch jetzt nichts geändert. Hofmann: Ja, da ist uns das scheinbar Unmögliche gelungen. Wir haben Barbara wirklich überzeugen können, dass wir sie brauchen. ?? Wenn der deutsche Film und seine Macher geehrt werden, machen der deutsche Film und seine Macher da auch gerne mit? Friedl: Nun, im Vergleich zu anderen, zu internationalen Veranstaltungen dieser Art gibt es bei vielen unserer Filmschaffenden, auch bei den Top-Leuten, immer noch eine gewisse Reserviertheit, zum Beispiel Laudatoren zu werden. Was beim Oscar eine Frage der Ehre ist, braucht bei der Lola noch Überzeugungsarbeit. Und das würde ich mir – auch und gerade im Sinne der Deutschen Filmakademie – für die Zukunft etwas einfacher und selbstverständlicher wünschen. Die Filmpreisgala ist eine Leistungsschau des deutschen Films, da sollten sich die Macher verpflichtet und geehrt fühlen, etwas beizutragen. 9


?? Es gab naturgemäß auch in diesem Jahr wieder viele Diskussionen über Auswahl und Nominierungen im Vorfeld. Finden solche Phänomene auch einen Niederschlag im Unterhaltungsprogramm des Abends?

se Dinge eingehen. Und ich mache auch keinen Hehl daraus, dass ich der Meinung bin, dass wir den kommerziell erfolgreichen deutschen Film noch nicht richtig abbilden in den Entscheidungen. Und so ist es auch eine Aufgabe der Gala, auch diese Filme stattfinden zu lassen, weil sie nun mal ein wichtiger Bestandteil des deutschen Films sind. ?? Gibt es eigentlich eine klare Arbeitsteilung zwischen Ihnen beiden? Hofmann: Die ist nicht nötig. Thomas und ich haben schon früh festgestellt, dass wir die gleichen Dinge gut und richtig finden. Das macht es möglich, in kompletter Arbeitsteilung miteinander zu arbeiten. Darüber hinaus haben wir auch in der Akademie um Claudia Loewe und Christiane Teichgräber ein fantastisch funktionierendes Team, das kreativ, zuverlässig und belastungsfähig ist.

?? Klingt nach einer Zusage für das nächste Jahr. Friedl: Selbstverständlich werden wir mit Texten der Moderation und mit Zuspielern auf die- Hofmann: (Lacht! Vielsagend?) 10

Foto: © Florian Liedel

Hofmann: Da kann ich richtig sauer werden, wenn ich erlebe, wie sich hier persönliche Eitelkeiten in den Vordergrund drängen. Da wünsche ich mir bei uns wirklich ein anderes Bewusstein. Mehr Stolz auf gemeinsame Leistung, stolz auf die Leistung anderer, die man selbstverständlich gerne würdigt. Ich selbst habe nie länger als fünf Minuten nachgedacht, wenn ich gebeten wurde, die echte Leistung eines anderen zu würdigen, anstatt mich darüber zu ärgern, dass meine womöglich nicht gewürdigt oder übersehen wurde. Die gute Nachricht ist aber, dass wir am Ende viele Talente überzeugen und gewinnen konnten. Es ist auch in diesem Jahr wieder ein beeindruckendes Line-up an Laudatoren.

Deutscher Filmpreis 2008


XYNIAS, WETZEL

Großes Kino bekommt seinen Preis. Das Erste wünscht Ihnen viel Vergnügen und gratuliert allen Nominierten.


Wenn 1000 kreative Filmschaffende die Arbeit ihrer Kollegen betrachten, beurteilen und schließlich bewerten, kommen nicht nur am Ende kompetente Entscheidungen heraus, die genauso umstritten sein können wie jede andere Entscheidung auch. Es kommt vor allem dabei heraus, dass die Filmschaffenden die Gelegenheit wahrnahmen, das Filmschaffen komplett und mit wachen Augen zur Kenntnis zu nehmen. Das hat die Filmkultur in Deutschland endlich auf DiskursKurs gebracht, die Wahrnehmung von Themen und Formen verstärkt – und wird damit auf Dauer noch mehr für die derzeit erfreulich auffällige Vielfalt des deutschen Films beitragen. Dies ist das besonders Wichtige an dem Auswahlverfahren der Deutschen Filmakademie, das darüber hinaus so konzipiert ist, dass das Know-how der einzelnen Berufsgruppen in der Akademie ausdrücklich gefragt und eingesetzt wird. Anfangs wählen Spezialisten die Filme und Leistungen für die Vorauswahl. Die einzelnen Sektionen besorgen dann die Nominierungen für ihre Berufskollegen. Und alle Mitglieder finden so die kompetente Basis für die endgültige Entscheidung für die Preisträger. 12

Fotos: © Florian Liedel

DIE Jurys – vorauswahl und ehrenpreis

Spielfilm Alexander Berner Musik/Schnitt/ Tongestaltung Lothar Holler Szenenbild/Kostümbild/ Maske Annette Pisacane Produktion Xaõ Seffcheque Drehbuch Annett Renneberg Schauspiel Lars Kraume Regie Monika Hansen Schauspiel Monika Griefahn Kulturausschuss Deutscher Bundestag Hans W. Geißendörfer Produktion Chris Heyne Musik/Schnitt/ Tongestaltung Wolfgang Treu Kamera/Bildgestaltung Dagmar Knöpfel Regie

Kinder- und Jugendfilm Natja Brunckhorst Drehbuch Volker Schlöndorff Regie Anna Loos Schauspiel Sven Burgemeister Produktion Dorothee Bär Kulturausschuss Deutscher Bundestag Egon Werdin Kamera/Bildgestaltung Dokumentarfilm Hubertus Siegert Angelika Krüger-Leißner (Kulturausschuss Deutscher Bundestag) Bernd Euscher Heidi Specogna Peter Schamoni Bertram Verhaag Deutscher Filmpreis 2008


Fotos: © Florian Liedel

Regie Stephan Wagner Didi Danquart Peter Lichtefeld Matthias Glasner Peter Fleischmann

Schauspiel Petra Zieser Harry Baer Carmen-Maja Antoni Sunnyi Melles

Drehbuch Peter Zingler Stefan Dähnert Holger Franke Jens Urban Mario Giordano

Szenenbild/ Kostümbild/Maske Ingrid Zoré Andreas Janczyk Anette Keiser Thomas Freudenthal Natascha Tagwerk

Musik/Schnitt/ Tongestaltung Enjott Schneider Rainer Kühn Juliane Lorenz Wolfgang Schukrafft Frank Heidbrink

Kamera/ Bildgestaltung Tomas Erhart Hagen Bogdanski Andreas Köfer Charly Steinberger

Jury Ehrenpreis (ohne Foto)

Regine Baschny Jakob Claussen Hans W. Geißendörfer Reinhard Hauff Juliane Köhler Franz Kraus Martin Moszkowicz Sigrid Narjes Roland Suso Richter Günter Rohrbach

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Ehrenpreis des Deutschen Filmpreises – freunde und kollegen gratulieren alexander kluge Wenn ich mal sterben sollte und einen Film mitnehmen dürfte, dann würde ich ABSCHIED VON GESTERN mitnehmen. Kamerad Kluge (so nennen wir uns nun schon seit 1993) hat die Absurdität des Abschieds, diesen ungeliebten Schmerz, in eine Zeitbahn gebracht, bei der es nicht mehr so schmerzhaft ist zu sterben, weil alles zusammenhängt und zusammengedacht werden kann und darf. Er hat das Zusammendenken der Gedanken gefördert. Die Lebenden denken hier und die Toten denken woanders. Keiner weiß, ob das alles genauso stimmt, wie es gedacht wurde. Aber genau das lässt einen in Frieden Abschied nehmen. Christoph Schlingensief In meiner Generation kann man sich fragen, ob es uns ohne Alexander Kluge überhaupt gäbe? Ich zum Beispiel wäre wohl in Paris geblieben und ein französischer Regisseur geworden, hätte da nicht ein findiger Jurist und zukünftiger Regisseur der Adenauer-Republik eine erste Filmförderung abgetrotzt. Derselbe junge Alexander Kluge brachte mich dann in seinem Ein-ZimmerApartment in einer Schwabinger „Stoßburg“ 14

unter, wo ich das Drehbuch zu DER JUNGE TÖRLESS schrieb. Ich war ihm so verbunden und bewunderte seinen ABSCHIED VON GESTERN so sehr, dass ich seine Schwester Alexandra für meinen zweiten Film engagieren wollte. Er war, ist und bleibt der leidenschaftliche Kopf des Deutschen Films – nicht nur jener frühen Jahre. Volker Schlöndorff

München zusammen. Ich erinnere mich gut daran, wie wir einigermaßen ratlos aus dem Arri-Kino kamen. Ein philosophischer, poetischer Exkurs in Form eines Essayfilms über das Phänomen der Zeit. Sperrig und versponnen, aber so reichhaltig, vielschichtig und faszinierend, dass er zu meinen eindrücklichsten Kino-Erlebnissen dieser Zeit gehört. Hans-Christian Schmid

Alexander Kluge hat uns Nachgeborenen gezeigt, wie das Kino träumen kann, ohne dabei geschichtslos oder unpolitisch zu sein. Sein Kino ist unverwechselbar ein intellektuelles, seine Bilder und Montagen legendär, sein Stil solitär und ureigen. Seit 20 Jahren finden wir ihn nur noch im Fernsehen mit quer stehenden Formaten, eigensinnigen Themen und Interviews, die ihresgleichen suchen. Nicht zu vergessen sind seine Verdienste um die filmpolitische Entwicklung der BRD. Salut, Alexander, der Große! Christian Wagner

Immer und immer wieder sagte er zu uns Studenten: „Man kann nur Filme machen über Menschen oder Zustände, die man gut kennt.“ Ort: Hochschule für Gestaltung, Ulm, am Kuhberg. Mitte der sechziger Jahre. Alexander Kluge war unser Lehrer. Ich war frisch angekommen aus Argentinien, konnte noch kaum deutsch. Im ersten Gespräch stellte er trocken fest: „Sie müssen eine Dokumentation über die revolutionäre Bewegungen Lateinamerikas machen.“ Ich erstarrte in Panik. Und machte erstmal einen Kurzfilm über die Schwierigkeit, Filme zu machen. DER ANGRIFF DER GEGENWART AUF DIE Jeanine Meerapfel ÜBRIGE ZEIT fällt mit dem Anfang meines Dokumentarfilm-Studiums an der Filmhochschule in Deutscher Filmpreis 2008


Foto: © Digne M. Marcovicz | Berlin - Germany

Alexander Kluge als ein Multitalent zu beschreiben, wäre eine schändliche Untertreibung. Nicht nur hat er mit Filmen wie „ABSCHIED VON GESTERN“ oder „DIE ARTISTEN IN DER ZIRKUSKUPPEL: RATLOS“ beachtliche Filmwerke geschaffen. Nein, seine flüsternd dringliche Stimme in seinen Fernsehinterviews (in denen er persönlich ja nie auftaucht) verrät ihn als einen intimen Kenner der Geheimdienste sowohl der westlichen als auch der östlichen Hemisphäre. Auch weckt Verdacht, dass ein Mann, der auf die Frage, welcher General Napoleons als letzter aus dem verlorenen Russlandfeldzug zurückkam, ohne auch nur eine Zehntelsekunde zu zögern Marshall Ney benennt, bisher keine Geschichtsprofessur angenommen hat. Schließlich sei noch sein untrüglicher Geschäftssinn bemerkt, der ihm im hart umkämpften Mediengeschäft geräuschlos und elegant – wie es sich einem Geheimagenten geziemt – die relative Spitze gesichert hat. Lieber Alexander, ich gratuliere dir sehr herzlich zum Ehrenpreis der Deutschen Filmakademie. Bernd Eichinger

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Die Nominierungen zum Deutschen filmpreis 2008 Programmfüllende Spielfilme AM ENDE KOMMEN Britta Knöller, TOURISTEN Hans-Christian Schmid – 23/5 Filmproduktion AUF DER Fatih Akin, Klaus Maeck, ANDEREN SEITE Andreas Thiel – corazón international KIRSCHBLÜTEN Molly v. Fürstenberg, Harald Kügler – Olga Film SHOPPEN Ralf Westhoff – ralf west hoff filmproduktion/ Florian Deyle, Martin Richter – DRIFE Deyle und Richter Filmproduktion DIE WELLE Christian Becker – Rat Pack Filmproduktion YELLA Florian Koerner von Gustorf, Michael Weber – Schramm Film Koerner & Weber

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Programmfüllende Dokumentarfilme AM LIMIT Kirsten Hager – Hager Moss Film/Erich Lackner – Lotus Film/Mirjam Quinte – Quinte Film PRINZESSINNEN- Peter Schwartzkopff, BAD Katja Siegel – Reverse Angle Factory

Beste Regie Fatih Akin AUF DER ANDEREN SEITE Doris Dörrie KIRSCHBLÜTEN Christian Petzold YELLA

Beste darstellerische Leistung – weibliche Hauptrolle Nina Hoss YELLA Carice van Houten BLACK BOOK Valerie Koch DIE ANRUFERIN Programmfüllende Kinder- und Jugendfilme GEGENÜBER LEROY Oliver Stoltz – Dreamer Joint Victoria Trauttmansdorff Venture Filmproduktion MAX MINSKY Maria Köpf – X Filme UND ICH Creative Pool Beste darstellerische Leistung – männliche Hauptrolle Matthias Brandt GEGENÜBER Bestes Drehbuch Fatih Akin AUF DER ANDEREN SEITE Ulrich Noethen EIN FLIEHENDES PFERD Elmar Wepper KIRSCHBLÜTEN Doris Dörrie KIRSCHBLÜTEN Ralf Westhoff SHOPPEN

Deutscher Filmpreis 2008


Beste darstellerische Leistung – weibliche Nebenrolle Hannelore Elsner KIRSCHBLÜTEN Christine Schorn FREI NACH PLAN Hanna Schygulla AUF DER ANDEREN SEITE Beste darstellerische Leistung – männliche Nebenrolle Justus von BIS ZUM ELLENBOGEN Dohnányi Herbert Knaup DU BIST NICHT ALLEIN Frederick Lau DIE WELLE Beste Kamera/Bildgestaltung Hans Fromm YELLA Daniel Gottschalk TRADE Benedict Neuenfels LIEBESLEBEN

Bester Schnitt Andrew Bird AUF DER ANDEREN SEITE Ueli Christen DIE WELLE Hansjörg Weißbrich TRADE Bestes Szenenbild Christian M. LIEBESLEBEN Goldbeck Eduard Krajewski DAS WILDE LEBEN Erwin Prib ABSURDISTAN Bestes Kostümbild Sabine Greunig KIRSCHBLÜTEN Petra Kray DAS WILDE LEBEN Yan Tax BLACK BOOK

Beste Filmmusik Ali N. Askin LEROY Annette Focks EIN FLIEHENDES PFERD Ralf Wengenmayr LISSI UND DER WILDE KAISER Beste Tongestaltung Dirk W. Jacob, TRADE Dominik Schleier, Martin Steyer, Pawel Wdowczak Joe Knauer, AM LIMIT Erik Mischijew, Matz Müller, Max Rammler Frank Kruse, DIE DREI RÄUBER Matthias Lempert, Carsten Richter, Fabian Schmidt, Hanse Warns

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Großes Kino für Gourmets.

done by WE DO

Französischer Glamour für Liebhaber von Musik und Ambiente – direkt am Ku´damm im Hôtel Concorde Berlin.

Le Faubourg Brasserie et Lounge Augsburger Str. 41 . 10789 Berlin . T: (030) 800 999 7700 www.berlin.concorde-hotels.com


Fotos: © Florian Liedel

IMPRESSIONEN VOM NOMINIERTENABEND Im HÔTEL CONCORDE

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ABSURDISTAN Absurdistan ist ein kleiner Ort, der auf keiner Landkarte verzeichnet ist. Die Männer der 14 hier lebenden Familien gehen jeden Tag in ihren „philosophischen Club“ im Teehaus und die Frauen sorgen dafür, dass das Leben in ABSURDISTAN weitergehen kann. Es gibt einen Metzger, einen Schuster, einen Friseur, einen Bienenzüchter, einen Tischler, einen Bäcker, einen Schmied, einen Uhrmacher, einen Arzt, einen Bauern und noch wenige andere mehr – und jeder von ihnen hat eine Frau dazu, die das Gewerbe besser beherrscht als ihr Mann. Der Szenenbildner Erwin Prib (Bestes Szenenbild) hatte hier alle Hände voll zu tun. Es galt, eine fantasievolle

Welt zu schaffen, die irreal und märchenhaft ist, in der sich aber jeder in seinen Träumen schon einmal bewegt hat. Regisseur Veit Helmer hat diesen magischen Ort in Aserbaidschan hoch in den Bergen des Kaukasus gefunden. Und Erwin Prib hat ihn in eine mit Einfallsreichtum überbordende optische Sensation verwandelt. Jedes einzelne Szenenbild ist ein bisschen aus der Realität gefallen: Beim Tischler hängen Stühle schief von der Decke, beim Metzger im Schlafzimmer sieht es aus wie in einem orientalischen Freudenhaus und die schöne Aya wohnt in einem Licht-Türmchen, das in keinem Märchen bezaubernder beschrieben sein könnte. Als im Dorf das Wasser ausgeht und die Männer sich nicht um die Reparatur des Rohres kümmern, erklären ihnen die Frauen den Krieg: „Ohne Wasser gibt’s auch keinen Sex!“ Die Männer können es nicht glauben und versuchen mit allerlei Schmeicheleien, ihre Frauen zu verführen. Hier hat Erwin Prib treffende Szenarien gebaut,

dass die Frauen ihren Männern zeigen können, wie ernst sie es meinen – die Bäckerin droht ihrem Mann im Bett mit dem Nudelholz, die Metzgerin mit dem großen Fleischmesser, die Tischlerin nagelt Bretter als Trennwand zusammen und die Bäuerin lauert ihrem Mann in der Scheune mit einem Gewehr auf, als er sich an einem Schäfchen vergreifen will. So gestaltet man zeitlose Märchen.

Bestes Szenenbild – Erwin Prib – ABSURDISTAN (2008)

Foto: © Anne Bender

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Deutscher Filmpreis 2008


Bei uns

führen Sie Regie!

Sobald Sie in Ihrem Business die Regie führen, wissen Sie zu jedem Zeitpunkt sehr genau, was passieren soll. Und damit das auch einwandfrei läuft, brauchen Sie – wie jeder gute Regisseur – verlässliche Mitarbeiter und vor allen Dingen eine reibungslos funktionierende Logistik. Wenn Sie logistische Kompetenz im Team benötigen, vertrauen Sie auf die Qualität von TNT Express – dem Gewinner des EFQM Awards 2006, Europas bedeutendster Auszeichnung für Business Excellence! TNT transportiert als offizieller Logistikpartner des

Deutschen Filmpreises und des LOLA-Festivals viele preiswürdige Filme. Vom ersten Skript bis zum letzten Schnitt – mit unserer Leistungsstärke sind wir ein wichtiger Partner der zeitsensiblen Filmindustrie. Wöchentlich liefern wir mehr als 3,3 Millionen Pakete, Dokumente und Frachtstücke in über 220 Länder. Wenn Action gefragt ist, steht TNT Express für Sie bereit. Anruf genügt: 0 18 05 – 900 900 (14 Cent/Min. aus dem dt. Festnetz) TNT Express GmbH Deutschland | Niederlassung Berlin | Adam-von-Trott-Str. 1 | 13627 Berlin | www.tnt.de


Am ende kommen touristen

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Deutschen Filmpreisen ausgezeichnet wurde, wagte er sich mit seiner Partnerin Britta Knöller (Bester Spielfilm) an ein ähnlich unbequemes, aber aufregendes Projekt des Nachwuchsregisseurs Robert Thalheim. Thalheim sorgte mit seinem Debut NETTO in der Perspektive Deutsches Kino der Berlinale 2005 für Aufsehen. Er bewies mit diesem Film ein Bedürfnis nach Authentizität, das vergleichbar dokumentarisch wirkte – und den Produzenten Schmid und Knöller sehr nahe war. Hans-Christian Schmid, der bis 1992 in der Dokumentarfilmabteilung an der HFF München studierte und besonderen Wert auf genau recherchierte Stoffe legt, hatte in Thalheim den richtigen Mann für die nächste 23/5-Filmproduktion gefunden. Gemeinsam arbeiteten Britta Knöller, Hans-Christian Schmid und der Regisseur an der Drehbuchvorlage um den jungen Zivildienstleistenden in Auschwitz und realisierten einen unaufgeregten Film über die Widersprüche des Erinnerns. Dass der Film als deutscher Beitrag beim Filmfestival in Cannes 2007 eingeladen war, spricht nicht zuletzt für das große Talent der beiden Produzenten, neue kreative Persönlichkeiten zu entdecken und zu fördern.

Bester Spielfilm – Britta Knöller – AM ENDE KOMMEN TOURISTEN (2007)

Bester Spielfilm – Hans-Christian Schmid – AM ENDE KOMMEN TOURISTEN (2007) – REQUIEM (2006)

Foto: © Gerald von Foris

Auschwitz war bestimmt nicht seine erste Wahl! Der junge Zivildienstleistende Sven (Alexander Fehling) hätte lieber in einem alternativen Jugendhilfeprojekt in Westeuropa seinen Dienst angetreten. Doch während er den Holocaust-Überlebenden Krzeminski (Ryszard Ronczewski) betreut, verändert sich langsam seine Perspektive. Die Gedenkstätte Auschwitz löst sich für ihn langsam von ihrer Last als Erinnerungsstätte und fügt sich ein in den polnischen Ort Oswiecim, wo ihn das Leben interessiert und er sich in ein Mädchen verliebt. Es ist die zweite Produktion der jungen Firma 23/5, und es ist die zweite lange Regiearbeit von Robert Thalheim. Aber das ist nicht das einzige, was Produktion und Regie gemeinsam haben. Nachdem Hans-Christian Schmid (Bester Spielfilm) für seine erste eigene Produktion REQUIEM mit einem Silbernen Bären und fünf

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Die Anruferin mit besagter Stimme Schauergeschichten über ihre angeblichen Krankheiten oder ihre sterbende Mutter. Valerie Kochs gesamte Körpersprache wirkt dann mädchenhaft: In ihrem Gesicht zeichnen sich abwechselnd kindliche Freude, Trotz, Aufregung, Missmut und Traurigkeit ab. Wie sie dieses Paradox zwischen Anblick, Stimme und Wortwahl spielt, verbreitet seelisches und körperliches Unbehagen im Zuschauer und er ahnt vom Unglück einer einsamen Frau. Wenn Irm tagsüber ihrer Arbeit in der Wäscherei nachgeht, wirkt eigentlich alles ganz normal. Sie ist manchmal etwas schroff zu ihren Kolleginnen, aber von ihrem Doppelleben ist nichts zu merken. Nach der Arbeit pflegt sie ihre todkranke Mutter, oft biestig, aber manchmal, wenn es ihr gut geht, ist sie so liebevoll zu ihr, dass beide selig lächeln. Wenn sich Valerie Koch – die bereits 2003 in Stefan Krohmers Kinofilm SIE HABEN KNUT auffiel – als Eleonore für einen ihrer ganz seltenen Ausgeh-Abende zurecht macht, wenn sie sich

Beste weibliche Hauptrolle – VALERIE KOCH – –

EIN TOTER BRUDER (2005/TV) SIE HABEN KNUT (2003)

dafür mit einem Flakon Parfüm hinter die Ohrläppchen sprüht, sich die Fingerspitzen parfümiert, bei Mutter aufs Bett setzt und ihr das Parfüm an den Hals streicht, schafft sie es, dieser oft auch für den Zuschauer bedrohlich wirkenden Figur unsere ganze Sympathie abzugewinnen.

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Foto: © Vic Polkan

Wir hören eine niedliche Kinderstimme telefonieren: „Komm, erzähl mir eine Geschichte, eine Murkelgeschichte. Bitte.“ Die Kamera fährt langsam die Telefonschnur entlang bis zum Hörer, langsam, wir sehen einen Hinterkopf mit langem Haar – und dann dreht sich das Gesicht in die Kamera: Es ist kein Kind! Es ist eine junge Frau von mindestens 25 Jahren. Das Bild und die Stimme zusammen sind unheimlich! Irm Krischka (Valerie Koch, Beste darstellerische Leistung – weibliche Hauptrolle) – manchmal nennt sie sich auch Pia, Pauline oder Magdalena – spielt ein perfides Spiel: Sie sucht sich unschuldige Opfer im Telefonbuch, ruft sie an und erzählt


Auf der anderen Seite Der Witwer Ali bezahlt der Prostituierten Yeter ein monatliches Ausfallhonorar, wenn sie bei ihm einzieht und ausschließlich mit ihm Sex hat. Als sein erwachsener Sohn Nejat eingeweiht wird, reagiert er verwirrt und findet erst Zugang zu Yeter, als sie erzählt, dass sie ihrer Tochter Ayten für ihr Studium regelmäßig Geld in die Türkei schickt. Nach Yeters plötzlichem Tod fährt Nejat in die Türkei, um der Tochter zu helfen, ihr Studium weiterzufinanzieren. Er weiß nicht, dass er Ayten nicht finden kann, da sie vor der türkischen Polizei nach Deutschland geflüchtet und bei der jungen Studentin Lotte untergetaucht ist. Lottes Mutter (Hanna Schygulla, Beste darstellerische Leistung – weibliche Nebenrolle) ist nicht sonderlich begeistert von den

Ansichten und dem Lebensstil der politisch aktiven Türkin und weist ihr irgendwann die Tür. Als Ayten von der deutschen Polizei aufgegriffen und zurück in die Türkei geschickt wird, nimmt Lotte das nächste Flugzeug, um Ayten helfen zu können. In Istanbul trifft Lotte auf Nejat und mietet ein Zimmer bei ihm, nicht wissend, dass er auch nach Ayten sucht. Als Lotte von einer kleinen Kinderbande eher versehentlich erschossen

Bester Spielfilm/ Bestes Drehbuch/ Beste Regie – FATIH AKIN

Bester Spielfilm – KLAUS MAECK – AUF DER ANDEREN SEITE (2007) – CROSSING THE BRIDGE (2005) – GEGEN DIE WAND (2004) – DECODER (1984)

– AUF DER ANDEREN SEITE (2007) – CROSSING THE BRIDGE (2005) – GEGEN DIE WAND (2004) – SOLINO (2002) Foto: © Achim Kroepsch

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wird, kommt ihre Mutter in die Türkei, um ihr Möglichstes zu tun, Ayten aus dem Gefängnis zu holen. Sie will Lottes Zimmer sehen und zieht dann auch für ein paar Tage bei Nejat ein. Ein Reigen ganz anderer Art! Man folgt im ersten Teil des Films einer herkömmlichen Dramaturgie. Als die Erzählung so weit fortgeschritten ist, dass Yeter tot ist und Nejat in die Türkei fährt, um Yeters Tochter Ayten zu suchen, und Ayten aus der Türkei nach

Foto: © Achim Kroepsch

Deutscher Filmpreis 2008


Deutschland flüchtet, denkt man: Oh nein, jetzt verlassen beide ihr Land in die Richtung des anderen und verpassen sich dadurch klassisch. Erst als zwei Bilder aufeinanderfolgen, die eindeutig suggerieren, dass Ayten in Lottes Auto und ihre Mutter mit Nejat in der Bahn gerade aneinander vorbeifahren, registriert man vollends, dass Aytens Mutter noch lebte, als ihre Tochter in Deutschland angekommen ist. Der Zuschauer weiß schon um Yeters baldigen Tod, die Filmdramaturgie ist aber auf der Zeitachse noch einmal ein Stück zurückgesprungen. Das ist eindeutig konstruiert, aber vom Cutter Andrew Bird (Bester Schnitt) so klug miteinander verknüpft, dass das Zuschauen und Entschlüsseln große Freude macht. Fatih Akin (Bester Spielfilm, Bestes Drehbuch, Beste Regie) entwarf mit dem Drehbuch eine Architektur, die für unser Denken äußerst ungewöhnlich ist: Man kann sich in zwei oder drei Räumen gleichzeitig aufhalten und es kann Zeitverschiebungen geben, wenn man von einem Raum in einen anderen wechselt. Das Buch umfasst eine Geschichte um sechs

Bester Spielfilm – ANDREAS THIEL †

Beste weibliche Nebenrolle – HANNA SCHYGULLA

– AUF DER ANDEREN SEITE (2007) – CROSSING THE BRIDGE (2005) – GEGEN DIE WAND (2004) – KISMET (1999)

Foto: © Hervé Dieu

Personen: eine türkische Mutter und ihre Tochter, eine deutsche Mutter und ihre Tochter und ein türkischer Vater und sein Sohn. Alle sechs sind schicksalhaft miteinander verwoben, ohne dass jeder jedem dabei begegnen muss. Sehr raffiniert baut Akin nach dem Dominoprinzip den Fortlauf der Handlung, folgt dabei aber nicht chronologisch jedem Stein, der fällt, sondern nimmt spiegelbildlich den Erzählstrang an ei-

– ICH VERLEIHE MICH ZUM TRÄUMEN (1992/TV) – EINE LIEBE IN DEUTSCHLAND (1983) – DIE GESCHICHTE DER PIERA (1983) – DIE EHE DER MARIA BRAUN (1979) Foto: © Lilian Birnbaum

ner anderen Stelle wieder neu auf. Für Andrew Bird, der schon seit KURZ UND SCHMERZLOS (1998) als Cutter mit Fatih Akin zusammenarbeitet, war das Buch zu AUF DER ANDEREN SEITE wieder eine ganz besondere Herausforderung. Rhythmus, Geschwindigkeit und Glaubwürdigkeit einer Geschichte sind Birds Spezialität, und Akin weiß genau, dass er sich auf die Intuition und Kreativität seines Cutters

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Bester Schnitt – ANDREW BIRD – – – –

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COMRADES IN DREAMS (2007) CROSSING THE BRIDGE (2005) GEGEN DIE WAND (2004) ABSOLUTE GIGANTEN (1999)

verlassen kann, sollte er sich mal kurzfristig von der Überzeugung seiner geschriebenen Idee verlassen sehen. Folgerichtig bedankte sich Fatih Akin bei der Verleihung des Europäischen Drehbuchpreises auch ganz besonders herzlich bei Andrew Bird für sein großartiges Gespür. Dass der Zuschauer die offensichtlich betonte Struktur des Films nicht als ein Korsett empfindet, ist vor allem dem Regisseur Fatih Akin geschuldet, der bei der Auswahl und Führung seiner Schauspieler wiederholt gutes Gefühl und großes Talent bewies. Er gibt seinen Schauspielern ausreichend Raum sich zu entfalten, fordert sie heraus, treibt sie an und gibt ihnen trotzdem genug Zeit, ihre Figur richtig kennen zu lernen. Hanna Schygulla ist für diesen Film als beste weibliche Nebenrolle nominiert. Mit der Gelassenheit einer erfahrenen Alt-68erin kümmert sie sich in ihrer Rolle als Susanne Staub berührend um ihre Tochter Lotte.

Als Lotte stirbt, hat sie im Film einen Schmerz zu überwinden, der an menschliche Grenzen geht und kaum nachvollziehbarer gespielt werden kann. „Trinken wir auf den Tod!“, sagt Susanne Staub beinahe feierlich zu Nejat, als sie das erste Mal wieder Hunger hat und mit ihm essen geht. 2003 gründete Fatih Akin zusammen mit Klaus Maeck und Andreas Thiel die Filmproduktionsfirma Corazón International (Bester Spielfilm), die als erstes den Spielfilm GEGEN DIE WAND von Akin (2004) co-produzierte. Kurz vor Ende der Dreharbeiten zu AUF DER ANDEREN SEITE verstarb Freund und Firmenpartner Andreas Thiel im Alter von 48 Jahren. Der Film war als ein Film über den Tod geplant und es ist ein Film über das plötzliche, unvorhersehbare Sterben geworden. Fatih Akin und Klaus Maeck widmeten ihn Andreas Thiel.

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bis zum ellenbogen So kann es kommen. Da denkt man sich eine verrückte KinoGeschichte aus, fragt zuerst einmal zwei befreundete Kollegen zum Beispiel aus der Zeit am Hamburger Thalia Theater, ob sie sich vorstellen könnten, unter seiner Regie ihren Affen so viel Zucker zu geben, wie sie können und man es zulässt. Man schreibt sich schließlich selbst noch eine kleine Rolle, sozusagen als Katalysator jener verrückten Kinogeschichte – und wird am Ende für jenen kleinen Auftritt, der natürlich äußerst fein geriet, auch noch für einen Preis nominiert. Justus von Dohnanyi (Bester darstellerische Leistung – männliche Nebenrolle) ist Sven, der treue Bankangestellte aus Sylt – und der ist nach zwanzig Minuten tot. Zwanzig Minuten, in denen sich drei Männer fin-

den, die unterschiedlicher nicht sein könnten. Da ist der Angeber Achim (Jan Josef Liefers), der beim Mountainbiking in den Schweizer Alpen der Illusion hinterherradelt, in der Firma seines Schwiegervaters noch irgendetwas zu sagen zu haben, auf der einen und Willi (Stefan Kurt), der maulige Hartz-IV-Empfänger aus dem Schwäbischen, auf der anderen Seite, in dessen Heimwerker-Welt die beiden anderen schon deshalb nicht passen, weil sie zumindest den Eindruck machen, mit Geld etwas zu tun zu haben, das ihnen nicht zusteht. Man trifft sich per Un- und Zufall vor dem Schweizer Refugium des Sylter Gutmenschen, dessen penetrante Liebenswürdigkeit Justus von Dohnanyi mit einer so hinreißenden Fähigkeit zur Selbstironie spielt, dass die Zuschauer seinen unverhofften Tod billigend in Kauf nehmen. Er bleibt ihnen den Rest des Filmes einerseits als Leiche, andererseits als Regisseur erhalten, in dessen schwarzer Komödie die Überlebenden diese Leiche unbehelligt durch Deutschland chauffieren können, weil dieses sich gerade in einem bekannten Sommermärchen befindet.

Beste männliche Nebenrolle – JUSTUS VON DONÁNYI – – – –

DIE BUDDENBROOKS (2008) BIS ZUM ELLENBOGEN (2007) DAS EXPERIMENT (2001) JAKOB DER LÜGNER (1975)

Foto: © Christian Schoppe

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BLACK book Nachdem Rachel Stein (Carice van Houten, Beste darstellerische Leistung – weibliche Hauptrolle) auf der Flucht vor den Nazis in die schon befreiten südlichen Niederlande ihren Bruder und ihre Eltern durch einen Hinterhalt verloren hat, schließt sie sich dem Widerstand an. Aus der Jüdin Rachel Stein wird die Agentin Ellis de Vries, aus einer kessen Dunkelhaarigen wird eine scharfsinnige und aufreizende Blonde. Durch einen Zufall gerät sie an den deutschen Offizier des Sicherheitsdienstes Müntze (Sebastian Koch) und nutzt die Verbindung zu ihm, einen Job als Schreibkraft bei der Besatzungsmacht

zu bekommen. Es ist, als hätte sie ein neues Gesicht, das unschuldige, verführerische Gesicht der Ellis, über das von Schmerz und Rache gezeichnete Gesicht von Rachel gezogen. Carice van Houten spielt beide Gesichter in einem – und der Zuschauer kann beide sehen. Es gibt kurze Momente, in denen Ellis unbeherrscht ist, weil der Schmerz und die Erduldung so groß sind, da fällt das erste Gesicht – die freundliche Maske – und zum Vorschein kommt ein Gesicht, das all die Schrecken des Krieges zeigt. Da Müntze sie als Jüdin erkennt, obwohl sie sich sogar die Schamhaare blond gefärbt hatte, gesteht sie ihm aus Liebe ihre Absichten und verstrickt ihn und vor allem sich selbst so weit, dass sie am Ende sowohl die niederländischen Widerständler als auch die Nazis für eine Verräterin halten. Carice van Houten entlässt die Zuschauer in keiner Minute aus ihrem Bann: Man ist so angezogen von ihren Augen, von ihren Bewegungen,

von ihrer Stimme, die sie der Figur Rachel/Ellis leiht, dass einem der eigene Körper vormacht, den Wahnsinn der Geschichte gerade selbst durchlebt zu haben. Ellis de Vries sieht nicht nur unheimlich gut aus, sie trägt in diesen 145 Filmminuten auch unheimlich schöne Kleider. Im israelischen Kibbuz trägt sie ein leichtes Sommerkleid mit Kopftuch, zur ersten Verabredung mit Müntze trägt sie ein knielanges hautfarbenes Unterkleidchen mit einem schwarz-

Beste weibliche Hauptrolle – CARICE VAN HOUTEN – – – –

VALKYRIE (2008) DOROTHY MILLS (2008) BLACK BOOK (2006) MINOES (2001)

Foto: © Frans Jansen

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Deutscher Filmpreis 2008


durchsichtigen Nylon-Überkleid, dessen Verschlüsse leicht aufzureißen sind. Und zum Höhepunkt ihres Ablenkungsmanövers zur Befreiung der gefangen gehaltenen Widerständler trägt sie ein langes rotes, seidig schimmerndes Abendkleid. Der niederländische Kostümbildner Yan Tax (Bestes Kostümbild) weiß, wie man eine Frau so anzieht, dass sie zu etwas Einzigartigem wird. Yan Tax, vor allem bekannt durch seine schrillen und opulenten Designs, war unter anderem in der Berliner Inszenierung von „3 Musketiere – Das Musical“ für das Kostümdesign verantwortlich. Darüber hinaus entwarf er die Kostüme für Produktionen der Theatergruppe Amsterdam und für zahlreiche Opern in Berlin, Dresden, Florenz, Syndey, San Francisco und Helsinki. Er betreute auch die Kostüme in vielen niederländischen TV-Serien und einigen Kinospielfilmen. In BLACK BOOK stellte sich Tax einer anderen Herausforderung als sonst:

Er bewegte sich weg von der fantasievollen Kostümwelt der Opern und Musicals in die düstere Zeit des Zweiten Weltkriegs. In BLACK BOOK prallt die deutsche Militärmacht auf den niederländischen Widerstand, die Welt der Uniformierten wird abgehoben von der Welt der Schal- und Käppi-, Wollpullover-, Lederjacken- und Stoffhosen-Träger. In der Szene, in der die auf der Flucht erschossenen Juden von den Nazis gefleddert werden, finden sie Geld und Schmuck in den Strumpfbändern, im BH, unter dem Pelzkragen, am Gürtel um die Brust oder um den Bauch geschnürt und in allen Taschen und Täschchen. Die Kleidung musste so angelegt sein, dass an den verschiedensten Körperteilen möglichst viel Geld und Schmuck unauffällig versteckt werden konnte. Das forderte den Einfallsreichtum des Kostümbildners Yan Tax sicher besonders heraus.

Bestes Kostümbild – YAN TAX – – – –

LEFT LUGGAGE (1998) AM ACHTEN TAG (1996) MINA TANNENBAUM (1994) DAENS (1993)

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die drei räuber Als Tiffany (Elena Kreil) mit ihrer Püppi Pimpanella am Grab ihrer Eltern Abschied nimmt, steht die Kutsche, die sie ins Waisenhaus bringen soll, schon im Hintergrund – und es regnet schauerlich. Auf dem Weg durch die Nacht wird die Kutsche von den berüchtigten drei Räubern aufgehalten, die auf Gold und Edelsteine hoffen. Tiffany sieht ihre Chance, sich vor der gefürchteten Tante (Katharina Thalbach) im Waisenhaus zu drücken. Sie redet den Räubern ein, dass sie die Tochter eines Maharadschas ist, der viel „Lösegold“ für sie zahlen würde. Malente (Joachim Król), Flinn (Bela B. Felsenheimer) und Donnerjakob (Charly Hübner) sind begeistert und nehmen Tiffany mit. Als Tiffany sich schon richtig schön

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in der Räuberhöhle eingelebt hat, fliegt der Betrug auf, und sie geht freiwillig – zum großen Bedauern der Räuber – ins Waisenhaus. Aber ein Märchen muss wie ein Märchen enden. Also befreit sich Tiffany und alle anderen Kinder mit Hilfe der Räuber aus den Fängen der bösen Tante. Den Ton eines erfolgreichen Bilderbuch-Klassikers richtig zu treffen, ist sicher nicht einfach. Hayo Freitag (KÄPT‘N BLAUBÄR – DER FILM, 1999) ist das mit seiner Zeichentrick-Adaption von Tomy Ungerers 1961 erschienenem Kinderbuch wunderbar gelungen. Um die richtige Atmosphäre für diese Geschichte zu erzeugen, braucht man vor allem ausgezeichnete Zeichner und Animatoren, die stimmlich passenden Sprecher für die Figuren und ein raffiniertes Sound-Design (Frank Kruse, Matthias Lempert, Carsten Richter, Fabian Schmidt, Hanse Warns – Beste Tongestaltung), das alles zum Leben erweckt. Alle beteiligten Schauspieler sagten hinterher, dass es für sie eine völlig neue Erfahrung war, allein mit einem Drehbuch im Tonstudio ein „Hörspiel“ einzuspielen. Katharina Thalbach

Beste Tongestaltung – FRANK KRUSE

Beste Tongestaltung – MATTHIAS LEMPERT

– THE INTERNATIO NAL (2008) – DAS PARFUM (2006) – EIN FREUND VON MIR (2006) – SHOOTING DOGS (2005)

– EIN FREUND VON MIR (2006) – DAS PARFUM (2006) – BRINKMANNS ZORN (2006) – SHOOTING DOGS (2005)

Deutscher Filmpreis 2008


hat es riesigen Spaß gemacht, in der ersten Zeit nur Geräusche wie Schmatzen und Spucken oder Wonne- und Ekelgefühl aufzunehmen. Denn beim Animationsfilm stehen die Sprachaufnahmen naturgemäß am Anfang der Produktion. Der Ton ist das Wichtigste, um Angst- und Gruselgefühle in eine märchenhaft verspielte Kulisse einzubetten. Da schreien die Eulen und quaken die Frösche, da ertönt bedrohliche Marschmusik, als die drei Räuber das erste Mal im Wald auftauchen, da quietschen die Räder der Kutsche und es gibt Türenknarren im Versteck der Räuber, da hört man das bedrohliche Hackenschuhgeklapper der Tante und die Rübenmatsche-Maschine im Waisenhaus saugt, schlurft, spuckt, tropft und schmatzt. Aber wenn Tiffany von Indien träumt, gibt es tröstende fernöstliche Klänge zu hören und ein liebliches Sterntaler-Geklimper, wenn sie das Gold der Räuber in einem Bogen nach oben wirft. Am wohligsten jedoch klingt Tiffanys Lachen – es „kitzelt so schön in den Räuberohren“.

Beste Tongestaltung – CARSTEN RICHTER

Beste Tongestaltung – FABIAN SCHMIDT

Beste Tongestaltung – HANSE WARNS

– DAS PARFUM (2006) – DER LETZTE KÖNIG VON SCHOTTLAND (2006) – SOMMER VORM BALKON (2005) – DON‘T COME KNOCKING (2005)

– DER LETZTE KÖNIG VON SCHOTTLAND (2006) – EIN FREUND VON MIR (2006) – DER UNTERGANG (2004) – RESIDENT EVIL (2002)

– KRABAT (2008) – THE INTERNATIO NAL (2008) – YELLA (2007) – DAS PARFUM (2006)

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DU BIST NICHT ALLEIN

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im selben Aufgang. Herbert Knaup ist eher der Typ des Unternehmers oder Anwalts: Immer gut angezogen, immer sehr korrekt, dabei aber auch gern ein wenig fies, immer ein bisschen arrogant. In DU BIST NICHT ALLEIN besetzt Bernd Böhlich ihn als ehemals erfolgreichen Physiker, der seine Arbeit verloren hat, seine Ehe in Scherben sieht und gerade aus dem gemeinsamen Haus ausziehen musste. Herbert Knaup zeigt uns vor allem durch seine Sprachlosigkeit, was von diesem gut situierten Typ nach all den Niederlagen übrig bleibt: Er zieht sich immer noch gut an, ist sehr allein und sein Stolz verbietet es ihm, zum Arbeitsamt zu gehen. Noch immer liebt er seine Frau und zieht in eine Wohnung, von deren Balkon aus er auf das gemeinsame Häuschen blicken kann. Herbert Knaup braucht nicht viel zu tun, um uns zu rühren und für sich einzunehmen. Er steht in seinem weißen Hemd auf dem Balkon und schaut auf das entfernte Haus. Die winzigen Gesten sind es, die seine Verzweiflung

Beste männliche Nebenrolle – HERBERT KNAUP – DAS LEBEN DER ANDEREN (2006) – AGNES UND SEINE BRÜDER (2004) – ANATOMIE 2 (2003) – LOLA RENNT (1998)

Foto: © Joachim Gern

Herr und Frau Moll (Axel Prahl und Katharina Thalbach) leben seit vielen Jahren in einem Neubaublock in Marzahn und haben einen routinierten Umgang miteinander entwickelt, der sich für Außenstehende vor allem in ihrer kindlichen Terminologie äußert. „Bärchen“ (Herr Moll) lässt sich das gern gefallen – bis die Russin Jewgenia (Yekaterina Medvedeva) die Nachbarwohnung bezieht und Hilfe braucht. Bärchen verliebt sich gnadenlos in die schöne Nachbarin und will ab sofort von seiner Frau nur noch beim Vornamen genannt werden. Herr Wellinek (Herbert Knaup, Beste darstellerische Leistung – männliche Nebenrolle) wohnt seit kurzem auch

erzählen: wie er seiner Frau hinterherläuft und auf ganz zufällig macht oder wie er ihr übers Haar streicht, als sie ihn einmal besucht. Eine kleine Rolle, die von Herbert Knaup mit so viel Wärme und Identifikationspotenzial ausgefüllt wird, dass jeder glaubt, ihn zu kennen.

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Ein fliehendes Pferd Beste männliche Hauptrolle – ULRICH NOETHEN – DAS WAHRE LEBEN (2006) – DER BOXER UND DIE FRISEUSE (2004/TV) – DAS SAMS (2001) – COMEDIAN HARMO NISTS (1997)

Foto: © Joachim Gern

Klaus provoziert seinen introvertierten Schulkameraden Helmut nicht nur mit seiner penetranten Art, sondern auch noch mit seiner attraktiven Partnerin. Da kommt der Reiz für Sabine gleich doppelt. Rainer Kaufmann inszeniert dieses gemischte Doppel als boulevardesken Parforceritt für alle vier Akteure, deren Spiel jeweils durch die Auftritte der anderen inspiriert und getrieben wird. In diesem Feuerwerk der schauspielerischen Interaktion läuft Ulrich Noethen, ein Meister der leisen Mimik, der auch mal gekonnt aus der Haut fahren kann, zu besonderer Form auf. Im vergangenen Jahr hatte es die Komponistin Annette Focks (Beste Filmmusik) geschafft, mit exakt und buchstäblich VIER MINUTEN Musik einen Film auf den Punkt zu bringen. Für EIN FLIEHENDES PFERD braucht sie auch nicht viel mehr. Ihre Musik wird zwar sparsam verwendet, geizt aber nicht mit Spielfreude, Witz und Ironie – und harmoniert dadurch ganz nebenbei auch noch mit Ulrich Noethens Interpretation seines tragikomischen Helden.

Beste Filmmusik – ANNETTE FOCKS Foto: © Kristina Magdalena Henn

EIN FLIEHENDES PFERD ist nicht nur die bekannteste Liebesgeschichte von Martin Walser, sondern auch eine seiner spannendsten und filmischsten. Nicht zuletzt durch die Figurenkonstellation. Deshalb wurde sie bald nach ihrem Erscheinen in den späten siebziger Jahren für das Fernsehen adaptiert. Und weil sie auch eine der zeitlosesten Geschichten ist, konnte sie Rainer Kaufmann souverän noch einmal ins Kino von heute übersetzen. Es geht um die Macht der Gewohnheit gegen die Macht der Gefühle, wenn das Lehrerehepaar Sabine (Katja Riemann) und Helmut (Ulrich Noethen, Beste darstellerische Leistung – männliche Hauptrolle) in ihrer eingefahrenen Ferienidylle auf das ungleiche Pärchen Klaus (Ulrich Tukur) und die deutlich jüngere Helene (Petra Schmidt-Schaller) treffen. Der Angeber

– KRABAT (2008) – DIE DREI FRAGE ZEICHEN (2007) – VIER MINUTEN (2006) – MALUNDE (2001)

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frei nach plan

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Nur Iris (Corinna Harfouch), die Älteste, hat ihr eigenes Glück noch nicht gefunden, kümmert sich aber im gemeinsamen Haus um Mutter Silvia. Christine Schorn spielt die alkoholkranke Mutter dieser drei sehr unterschiedlichen Töchter mit einer Liebe und einem Stolz, der aber regelmäßig zerfällt, wenn sie wieder mehr getrunken hat als ihr gut tut. Wie sie sich in diese am Boden kauernde Frau hineinversetzt, ist anrührend, realitätsnah und von geradezu selbstvergessener schauspielerischer Courage. Iris organisiert für ihre Mutter eine große Geburtstagsüberraschungsparty, zu der sie alle Schwestern und die Dorfgemeinschaft einlädt. Im Vorfeld kommt es zu vielen Konflikten, die das Verhältnis aller drei Schwestern untereinander und zu ihrer Mutter auf eine harte Probe oder gar ganz in Frage stellen. Aber auf der Party soll es Mutter Silvia gut gehen. Sie tanzt beinahe

majestätisch durch den Saal und ist glücklich. Silvia weiß nicht, dass das ihr letzter Auftritt sein wird, aber Christine Schorn legt dieses Wissen um ihre Figur in diesen einen Tanz.

Beste weibliche Nebenrolle – CHRISTINE SCHORN – GOOD BYE, LENIN! (2003) – DER GRÜNE HEINRICH (1994) – EINE SONDERBARE LIEBE (1984) – DIE BEUNRUHI GUNG (1982)

Foto: © Christian Dietrich

„Gestern trat ein Fräulein an mein Bette und behauptete, die Glücksfee zu sein. Und sie fragte mich, ob ich drei Wünsche hätte, und ich sagte, um sie reinzulegen: Nein!“ Wer glaubt schon an die Glücksfee? Mutter Silvia (Christine Schorn, Beste darstellerische Leistung – weibliche Nebenrolle) hat ihre Wünsche schon lange abgegeben. Vielleicht könnte jede ihrer drei erwachsenen Töchter die Realisation eines Wunsches von Silvia sein. Anne (Kirsten Bock) hat Familie, und Marianne (Dagmar Manzel) nimmt sich die Freiheit, tun und lassen zu können, was sie will.

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gegenüber In dieser Ehe herrscht die heimliche Gewalt des gehobenen Kleinbürgertums. Nur mit anderen Vorzeichen als in vergleichbaren familiären Konstellationen. Anne ist unberechenbar, jähzornig, cholerisch – und schlägt den Held in Uniform manchmal grün und blau, mit allem, was ihr in die Finger kommt. Es sind die gleichen Mechanismen wie bei schlagenden Männern: Affektive Reaktionen auf Kleinigkeiten steigern sich in unkontrollierte und offenbar unkontrollierbare Wut. Es kommt zum Ausbruch, schließlich zur Reue, meistens zur mittelfristigen Versöhnung. Es kommt zum Wunsch und zur Hoffnung, dass dies das letzte Mal war. Und es geht immer weiter. Der junge Regisseur Jan Bonny, Absolvent der Kölner Kunsthochschule für Medien, hat mit dieser dichten und überraschenden Geschichte nach Kurz- und Werbefilmen sein Spielfilmdebüt hingelegt. Und wurde prompt in die Quinzaine des

Beste weibliche Hauptrolle – VICTORIA TRAUTTMANSDORFF – EINSATZ IN HAMBURG (2004–2008/TV) – WIE KRIEG ICH MEI NE MUTTER GROSS? (2003 und 2006) – FALSCHER BEKEN NER (2005) – GESPENSTER (2005)

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Foto: © Christian Schoppe

Der Film beginnt furios. Streng nach den Gesetzen eines klassischen Polizeifilms befreit Matthias Brandt (Beste darstellerische Leistung – männliche Hauptrolle) als Polizist Georg seinen Kollegen Michael (Wotan Wilke Möhring) unter Einsatz seines eigenen Lebens aus den Händen eines psychopathischen Gangsters und wird zum Helden des Polizeireviers – einer der letzten Bastionen machistischer Lebens- und Denkungsart. Der Alltag von Georg und seiner Frau, der Lehrerin Anne (Victoria Trauttmansdorff – Beste darstellerische Leistung – weibliche Nebenrolle) sieht allerdings weit weniger spektakulär aus.


Beste männliche Hauptrolle – MATTHIAS BRANDT – EIN SOMMER MIT PAUL (2007/TV) – DER ZIERFISCH (AT) (2007/TV) – IN SACHEN KAMINSKI (2005/TV) – IM SCHATTEN DER MACHT (2003/TV) Foto: © Joachim Gern

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Realisateurs nach Cannes eingeladen. Die Schauspieler Victoria Trauttmansdorff und Matthias Brandt haben ihm für diesen schweren wie reizvollen Stoff nicht nur ihr Vertrauen geschenkt, sondern offenbar auch ihre volle künstlerische Unterstützung. Die international sozialisierte Victoria Trauttmansdorff galt in Deutschland lange als gefeierte Theater-Mimin mit einem Stammplatz am Hamburger Thalia, bis Christoph Hochhäusler sie für sein psychologisches Außenseiter-Drama FALSCHER BEKENNER besetzte. In GEGENÜBER, einem Kammerspiel mit kinematografischer Wucht, kommt ihr die physisch betonte Bühnenspielweise sehr zugute. Sie muss sich deutlich verausgaben und sichtlich zusammensinken, laut und leise zugleich spielen, aggressiv und verletzt. Ihr Kollege Matthi-

as Brandt ist ohnehin ein Meister der leiseren Töne, eher introvertiert und deshalb besonders überraschend und nachhaltig, wenn es aus ihm herausbricht In diesem Film bricht es lange über ihn herein. Auch für Brandt ist das Kino noch kein selbstverständliches Terrain. Doch er hat schon Fernsehgeschichte geschrieben. Nicht nur, weil er sich in Oliver Storz‘ Zweiteiler SCHATTEN DER MACHT ausgerechnet in die Psyche von Günther Guillaume versetzte. Oder in Adolf Winkelmanns viel beachtetem Contergan-Film in die Rolle eines skrupulösen Industrieforschers. Beide Schauspieler schlagen sich in diesem Film und werden geschlagen, obwohl sie doch in ihrem Metier unschlagbar zu sein scheinen.

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KIRSCHBLÜTEN An apple a day keeps the doctor away. Dieser Satz scheint sogar zu gelten, wenn der Apfel gar nicht gegessen wird. Der genügsame bayerische Beamte Rudi, dem Elmar Wepper (Beste darstellerische Leistung – männliche Hauptrolle) von der ersten Minute des Films an eine bewegende melancholische Tiefe verleiht, jedenfalls nimmt besagtes Obst nur mit, um es an Kollegen weiterzugeben. So überrascht die Diagnose seines Arztes nicht, er sei unheilbar krank. Seine Frau Trudi, in deren Figur Hannelore Elsner

(Beste darstellerische Leistung – weibliche Nebenrolle) die richtige Mischung aus fürsorglicher Mutter und Landfrau mit Sehnsucht nach exotischer Schönheit legt, fährt mit ihm zu den Kindern nach Berlin und dann an die Ostsee. Dass sie es ist, die dort stirbt, ist die erste große Überraschung in einem Film, der von Überraschungen, Versuchungen, Verletzungen und vor allem Versöhnungen erzählt. Doris Dörrie (Bestes Drehbuch, Beste Regie)

reist mit ihren Filmen und Protagonisten schon lange nach Asien, besonders nach Japan. Doch KIRSCHBLÜTEN – HANAMI ist kein Ausflug, sondern ein emotionaler und philosophischer Brückenschlag zwischen den Kulturen, zwischen Eltern und Kindern und sogar zwischen Leben und Tod. Rudi wird nämlich seiner toten Frau erst posthum ihren sehnlichsten Wunsch erfüllen – eine Reise nach Japan, wo ihr Sohn Karl (Maximilian Brückner) übrigens lebt und

Bester Spielfilm – MOLLY VON FÜRSTENBERG

Bester Spielfilm – HARALD KÜGLER – BANDITS (1997) – DER BEWEGTE MANN (1994) – KLEINE HAIE (1992) – MÄNNER (1985)

– BANDITS (1997) – DER BEWEGTE MANN (1994) – KLEINE HAIE (1992) – MÄNNER (1985)

Foto: © Jürgen Olczyk

Foto: © Jürgen Olczyk

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noch nie von seinen Eltern besucht wurde. Dort soll Rudi seine Frau wirklich begreifen lernen, ihren Tod verarbeiten und zu sich und seinen Kindern finden. Dabei hilft ihm die Begegnung mit der obdachlosen Yu (von der Butoh-Tänzerin Aya Irikuzi mit traumwandlerischer Leichtigkeit und leisem Humor gespielt). Sie lehrt Rudi, sich auch dort zu bewegen, wo er weder sprechen noch lesen kann. Doris Dörrie findet hierfür Szenen und Bilder, die

Foto: © Mathias Bothor

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einfach und eindringlich zugleich sind. Ob es der geradezu somnambule nächtliche Streifzug durch die Freudenhäuser Tokios ist, das kauernde Warten vor der Haustür des Sohnes oder der tägliche Blick auf den Nebel verhangenen Mount Fuji. Dabei ist Elmar Weppers bescheiden angelegte, aber nachhaltig spürbare Präsenz die richtige Inkarnation dieser Ideen. Es wird traurig, wenn er auftaucht. Und er bringt einen doch zum Lächeln. Man möch-

Bestes Drehbuch/ Beste Regie – DORIS DÖRRIE

Beste Männliche Hauptrolle – Elmar Wepper

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– LEO (2006/TV) – DER FISCHER UND SEINE FRAU (2005) – LAMMBOCK (2001) – BITTERE UNSCHULD (1999/TV)

ERLEUCHTUNG GARANTIERT (2000) BIN ICH SCHÖN? (1998) KEINER LIEBT MICH (1994) MITTEN INS HERZ (1983/TV)

te ihn manchmal schieben, stoßen, anschreien – und gewinnt doch mit jedem Augenblick mehr Respekt vor einer Figur, die genau aus jener Lage Energie bezieht, die andere (auch und gerade in diesem Alter) zu hilf- und damit tatenloser Verzweiflung führen würde. Bereits ihren ersten Kinofilm, das Melodram MITTEN INS HERZ aus dem Jahr 1983, realisierte Dörrie mit der Firma Olga Film von Molly von Fürstenberg und Harry Kügler (Bester Spielfilm). Zwei Jahre später entstand in dieser Konstellation die Komödie MÄNNER, mit der Dörrie und auch die Firma Olga Film einem großen Publikum bekannt wurden. Olga produzierte auch die ersten Erfolge von Sönke Wortmann (KLEINE HAIE, DER BEWEGTE MANN) oder Dennis Gansel (MÄDCHEN MÄDCHEN, NAPOLA) und gehört seit nunmehr dreißig Jahren zu den auffälligsten und beständigsten

Foto: © Kurt Krieger / Wolfram

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Kino- und TV-Produktionsfirmen des Landes. So zeichnen Molly von Fürstenberg und Harry Kügler auch für Fernsehklassiker wie Rainer Kaufmanns „Denn eben mit Gewalt“ oder „Mathilde liebt“ von Wolfram Paulus verantwortlich. KISCHBLÜTEN ist die erste Zusammenarbeit mit Doris Dörrie nach 18 Jahren. Für die Potsdamer Kostümbildnerin Sabine Greunig (Bestes Kostümbild) war es die erste Zusammenarbeit mit der Regisseurin überhaupt. Greunig hatte

Beste weibliche Nebenrolle – HANNELORE ELSNER – – – –

KIRSCHBLÜTEN (2008) ALLES AUF ZUCKER (2004) MEIN LETZTER FILM (2002) DIE UNBERÜHRBARE (2000)

unter anderem für Andreas Dresen gearbeitet (NACHTGESTALTEN, HALBE TREPPE) und sich mit KIRSCHBLÜTEN einer ganz besonderen Herausforderung gestellt. Von der bayerischen Tracht über hippe Berliner-Mitte-Mode bis zur Farbenpracht japanischer Textilien hätte sich bei diesem Stoff auf den ersten Blick so einiges angeboten. Es spricht für das Verständnis von Sabine Greunig für Dörries Geschichte und Figuren und für ihre künstlerische Integri-

tät, dass die einfachen Farben, Stoffe und Modelle das Kostümbild dieses Films nicht nur bestimmen. Sie sind wesentlicher Teil der Erzählung. Und eine türkisfarbende, grob gearbeitete Strickjacke steht dabei im Zentrum, ist emotionaler Katalysator für einige der berührendsten Momente des Films: Sie verbindet im wörtlichsten Sinne das Paar bei ihrem Ausflug an die Ostsee. Und Rudi trägt sie in Japan, um ihr das zu geben, was er seiner Frau verweigert hat.

Bestes Kostümbild – SABINE GREUNIG – – – –

SOMMER VORM BALKON (2005) DIE BLINDGÄNGER (2004) HALBE TREPPE (2002) NACHTGESTALTEN (1999)

Foto: © Mathias Bothor

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Deutscher Filmpreis 2008

Wir gratulieren allen Nominierten! 1

Kirschblüten – Hanami

Yella

Die Welle

Am Ende kommen Touristen

Leroy

Max Minsky und ich

Prinzessinnenbad

Medienboard geförderte Filme:

1 KIRSCHBLÜTEN – HANAMI Nominierungen: Bester Spielfilm, Bestes Drehbuch, Beste Regie, Beste männliche Hauptrolle, Beste weibliche Nebenrolle und Bestes Kostümbild 2 YELLA Nominierungen: Bester Spielfilm, Beste Regie, Beste weibliche Hauptrolle, Beste Kamera/Bildgestaltung 3 DIE WELLE Nominierungen: Bester Spielfilm, Beste männliche Nebenrolle, Bester Schnitt 4 BLACK BOOK Nominierungen: Beste weibliche Hauptrolle, Bestes Kostümbild 5 DAS WILDE LEBEN Nominierungen: Bestes Szenenbild, Bestes Kostümbild 6 LEROY Nominierungen: Bester Kinder- und Jugendfilm, Beste Filmmusik 7 LIEBESLEBEN Nominierungen: Beste Kamera/Bildgestaltung, Bestes Szenenbild 8 AM ENDE KOMMEN TOURISTEN Nominierung: Bester Spielfilm 9 ABSURDISTAN Nominierung: Bestes Szenenbild 10 BIS ZUM ELLENBOGEN Nominierung: Beste männliche Nebenrolle 11 DIE DREI RÄUBER Nominierung: Beste Tongestaltung 12 DU BIST NICHT ALLEIN Nominierung: Beste männliche Nebenrolle 13 FREI NACH PLAN Nominierung: Beste weibliche Nebenrolle 14 MAX MINSKY UND ICH Nominierung: Bester Kinder- und Jugendfilm 15 PRINZESSINNENBAD Nominierung: Bester Dokumentarfilm


LIebesleben Als ein alter Freund ihrer Eltern, Arie (Rade Sherbedgia), zu Besuch kommt, spürt Jara (Netta Garti) sofort, dass etwas anders ist als sonst. Ihre Mutter stellt sich krank und verlässt nicht das Zimmer und sie selbst reagiert verwirrt auf den viel älteren Mann, der sich geheimnisvoll und arrogant gibt. Sie wird von nun an von einer Obsession getrieben, von der sie nicht ahnt, dass ihr Ursprung tief verwurzelt in ihrer Familie liegt. Sie verfolgt diesen Mann, spürt seinen Gewohnheiten nach, verabredet sich mit ihm und lässt sich nach dem ersten teuflischen Liebesakt wieder

von ihm wegstoßen. Der Kameramann Benedict Neuenfels (Beste Kamera/Bildgestaltung) findet für Jaras abgründige Fantasien und ihr widersprüchliches, aufgeregtes Gefühlsleben überzeugende Bilder und hat ihre Zerrissenheit zum visuellen Prinzip gemacht. Gnadenlos folgt ihr die Kamera auf dem Weg in die Erniedrigung, auf der Suche nach Erfüllung. LIEBESLEBEN ist Maria Schraders erste Regiearbeit und sie setzt ihre Sicht auf dem von Zeruya Shalev geschriebenen Roman um. Sehr viele Frauen haben dieses Buch gelesen, das in ihnen Bilder hervorgerufen hat, von denen sie gar nicht wussten, dass sie in ihrem Innenleben existieren. Benedict Neuenfels’ Kamera schafft es, uns diese tief verborgenen Bilder an die Oberfläche zu holen und sichtbar zu machen. Wenn Jara sich völlig aufgebracht nach dem ersten Liebesakt wieder vor Aries Haustür findet, ihn anschreit, dass es nicht gut für sie

war, und zur Unterstreichung Steinchen in die Richtung seines Hauses wirft, umkreist die Kamera Jara, ebenfalls aufgeregt, nähert sich ihr, um sich gleich wieder zu entfernen und übersetzt das Spiel von Nähe und Distanz, von absoluter Anziehung und plötzlichem Ekel in eine Emotion, die den Zuschauer mitreißt. Die ganze Geschichte ist in das heutige Israel eingebettet, dessen einprägsame Architektur Neuenfels mit einem unvergleichlichen Licht einfängt.

Beste Kamera/ Bildgestaltung – BENEDICT NEUENFELS – DIE FÄLSCHER (2007) – DER FELSEN (2002) – LOST KILLERS (1999) – BILDER VON ANDERSWO (1994) Foto: © Greta Hoch

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Da Jara durch einen Terroranschlag auf einen Bus traumatisiert ist, kann sie keine öffentlichen Verkehrsmittel mehr benutzen. Als sie wieder einmal versucht, einen Bus zu nehmen, bleibt sie jäh vor der Tür stehen, ihre Erinnerungsbilder gehen ineinander über und die Kamera zeigt dem Zuschauer Jaras Gesicht unscharf verschwommen. Allein mit dieser Einstellung schafft Neuenfels es, gleichnishaft vom Trauma Israels zu erzählen. Mit der stim-

Bestes Szenenbild – CHRISTIAN M. GOLDBECK – KRABAT (2008) – REQUIEM (2006) – ALLES AUF ZUCKER (2004) – DIE FETTEN JAHRE SIND VORBEI (2004)

migen Inszenierung jüdischer Alltagskultur macht der Szenenbildner Christian M. Goldbeck (Bestes Szenenbild) dem Zuschauer die Familienzusammenhänge schnell vertraut. Er findet die richtigen Orte, um Jara als eine in Jerusalem tief Verwurzelte zu kennzeichnen und Arie als den, der sich nirgendwo lange aufhält, als einen Don Juan auf der Durchreise. Stolz ist Goldbeck, wenn sein Szenenbild so realistisch wirkt, dass der Zuschauer die Dinge wiedererkennt und nicht an ihnen zweifelt. Durch seine räumlichen Arrangements sollen Empfindungen aufkommen, die man in ähnlichen Zusammenhängen schon einmal hatte, die einem vertraut sind als wäre man schon einmal da gewesen. So berichtet Goldbeck in einem Radio-Interview von einer Frau Mitte sechzig, die mit Tränen in den Augen vor einer von ihm entworfenen 50erJahre-Boutique in der Jerusalemer Fußgängerzone stand und es nicht fassen konnte, dass sie sich einer Jugenderinnerung gegenüber sah. Solche Momente machen Goldbeck glücklich!

Foto: © Christine Halina Schramm

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Deutscher Filmpreis 2008


Lissi und der wilde Kaiser Herpes geht es gut. Er spielt mit Akne im Garten, während sich der Kaiser Franz auf dem Rückweg vom Geldautomaten noch mal kurz tätowieren lässt. Und obwohl sich die Freischwimmer im Wald als Nudisten mit den Partisanen verbünden, ist das Leben bei Hofe weitaus idyllischer und weniger gefährlich als das des Yeti in der Gletscherlandschaft. Der mag zwar Igel werfen und Eichhörnchen erschrecken können, den Teufel und sein Echo muss er aber mehr fürchten als Franz den Aufstand der Hämorriden, die möglicherweise

mit den Preußen den Krieg gegen Österreich erklären – per Einschreiben, aber ohne Rückschein. Deshalb tut der Yeti, was der Teufel will. Dieser wünscht sich Lissi zu sich und bringt den Mythos des Himalaja gleich doppelt in Not. Der muss nicht nur angestammtes Terrain verlassen, sondern hat auch noch eine Dame an der Hacke, die weit weniger mit der süßen Teenager-Prinzessin von Romy Schneider gemein hat als mit der rustikalen Millionärsgattin Bette Midler in RUTHLESS PEOPLE. Auch im letzten Teil seiner Trilogie mit gelungenen Parodien scheinbar nicht zu parodierender Filme holt sich das Multitalent Michael Bully Herbig einen Mann an seine Seite, der offenbar die eine der wenigen Begabungen hat, über die der Komödiant, Autor, Schauspieler, Produzent und Regisseur nicht verfügt. Und doch haben Herbig und Ralf Wengenmayr (Beste Filmmusik)

schon wieder was gemeinsam: Jede Situation erfordert und erhält eine neue und überraschende Idee. Der musikalische Reigen in LISSI UND DER WILDE KAISER geht mühelos vom Kaiser-Walzer zum King-Of-The-Road-Song, vom StreichQuartett zum Gassenhauer. Und Komponist Ralf Wengenmayr, der auch gerne mal ein Commercial zum Klingen bringt, weiß dabei nicht nur immer, was er kann, sondern auch, was er tut.

Beste Filmmusik – RALF WENGENMAYR – LISSI UND DER WIL DE KAISER (2007) – PAPA UND MAMA (2006/TV) – (T)RAUMSCHIFF SURPRISE PERIODE 1 (2004) – DER SCHUH DES MANITU (2001)

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Eine Marke der Daimler AG

Nominiert in der Kategorie: Bester Sound. Mercedes-Benz. Exklusiver Fahrservice beim Deutschen Filmpreis 2008.


Shoppen „Hallo, ich bin Falk. Und ich suche die Liebe.“ Ralf Westhoff (Bestes Drehbuch/Bester Spielfilm) kommt gleich zu Sache. Und er bleibt bis zum Ende dabei. Ob es um die umweltgerechte Nutzung des Personennahverkehrs geht oder um das merkwürdige Verhalten geschlechtsreifer Großstädter nach dem Paarungsakt, Kuscheln oder die Kurve kratzen. Ob man seine Zeit effektiv nutzt, indem man für das unbekannte Gegenüber einen Fragebogen

vorbereitet oder die Tatsache, dass man sich eigentlich für unwiderstehlich hält, auch noch offen aus- bevor die andere einen anspricht. Die Dialoge in Ralf Westhoffs Überraschungserfolg SHOPPEN sind so originell wie wahrhaftig. Und sein Personal verkörpert diese Originalität in einem immer leicht am Rande der Ironie entlang gleitenden Realismus, bei dem offenbar der Regisseur Westhoff auch noch ein Wörtchen mitzureden hatte. Vom Suchen und manchmal auch Finden der Liebe oder dessen, was man dafür hält, wenn man schon länger gesucht und noch länger nicht gefunden hat, handelt dieser Metropolen-Film, der thematisch auffällig oft aufs Land fährt. Unheimliche und am Ende auch heimliche Begegnungen der dritten Art nach einem festgelegten,

brutalen, eigentlich lust- und kommunikationsfeindlichen Ritual stehen im Zentrum eines Films, der seine zahlreichen und deutlich voneinander verschiedenen Figuren niemals verliert und sie – im Gegensatz zu dem Projekt, dem sie sich aussetzen – auch niemals verrät. Speed Dating als letzte oder auch einzige Möglichkeit, das Leben mit Anderen zu ändern. Ein kleiner, konzentrierter, unverkrampfter und tragikomischer Film über das Leben der Generation, von der nicht weniger als die Zukunft abhängt, entsteht nicht als soziologisches Projekt. Ein solcher Film entsteht, weil er entstehen muss. Der filmische Autodidakt Ralf Westhoff, der bislang als Drehbuchautor, Regisseur und Produzent in Personalunion eher als Einzelkämpfer in der Branche aufgefallen ist, hat sich für dieses

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Projekt Partner gesucht, die durchaus auch zur Zielgruppe des Films hätten gehören können. Die Thirtysomethings Florian Deyle und Martin Richter (Bester Spielfilm) haben nach Abschluss ihres Studiums an der Münchner Hochschule für Fernsehen und Film die Produktionsfirma Drife Productions gegründet, mit der sie sowohl kurze Spielfilme als auch viel beachtete Werbespots produzierten. SHOPPEN ist der erste abend-

Bester Spielfilm/ Bestes Drehbuch – RALF WESTHOFF – SHOPPEN (2007) – DER BANANEN KAKTUS (2004) – DER PLAN DES HERRN THOMA SCHEK (2003) – EIN SONNTAG IM SEPTEMBER (2000)

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füllende Spielfilm eines Teams, das zunächst einmal nicht mehr, aber auch nicht weniger von sich selbst erwartet als „die sehr intensive persönliche Zusammenarbeit mit den kreativen Partnern wie Autor und Regisseur“. Diesen bescheidenen, aber essenziellen Anspruch haben sie offensichtlich eingelöst.

Bester Spielfilm – FLORIAN DEYLE

Bester Spielfilm – MARTIN RICHTER

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SHOPPEN (2007) LEBENSLINIE (2006/TV) DIE ÜBERRASCHUNG (2004/KURZFILM) DER FENSTERSTURZ (2001/KURZFILM)

SHOPPEN (2007) LEBENSLINIE (2006/TV) DIE ÜBERRASCHUNG (2004/KURZFILM) DER FENSTERSTURZ (2001/KURZFILM)

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TRADE Nach Schätzungen der CIA werden jedes Jahr zwischen fünfzig- und hunderttausend Menschen illegal in die USA verschleppt. Die Grenze zwischen Zentral- und Nordamerika, zwischen Mexiko und Texas ist dabei längst zu einem Symbol für schwere Verbrechen geworden: Entführung, Vergewaltigung, Mord, Kinderpornografie und Päderastie. Für seine erste Arbeit in den Vereinigten Staaten hat sich Marco Kreuzpaintner kein gefälliges Thema ausgesucht. Roland Emmerich machte das Projekt möglich und arbeitete nicht zum ersten Mal mit seinen deutschen Kollegen Thomas Wöbke, Jakob Claussen und Uli Putz zusammen. TRADE – WILLKOMMEN IN AMERIKA erzählt eine so anrührende wie spannende

Heldengeschichte – ohne Säbelrasseln und abenteuerliche Gesten. Der Film führt zwei Menschen zusammen, die sich eigentlich nie begegnen würden, hätten sie nicht das gleiche Ziel: Ein mexikanischer Junge mit krimineller Energie (Cesar Ramos) und ein US-amerikanischer Polizist (Kevin Kline) suchen ihre verschleppte Schwester oder Tochter. Die Jagd nach den Schleppern, die die Kinder im Internet per Auktion anpreisen, wird für den Zuschauer zur Entdeckungsreise durch gesellschaftliche Missstände, unvorstellbare verbrecherische Phänomene, aber auch mythische Landschaften und zu einer Hoffnung, die nicht stirbt, weil sie zum Überleben beigetragen hat. Auf dieser Reise ist das Publikum bei Daniel Gottschalk (Beste Kamera/Bildgestaltung) und Hansjörg Weißbrich (Bester Schnitt) besonders gut aufgehoben. Gottschalks Bilder lassen die Geschichte, ihre Protagonisten und deren Verfassungen nie aus den Augen, sind subjektiv, wenn es um Gefühl und Spannung geht oder

Beste Kamera/ Bester Schnitt – Bildgestaltung – HANSJÖRG DANIEL GOTTSCHALK WEISSBRICH – – – –

KRABAT (2008) TRADE (2007) VINCENT (2004) SOMMERSTURM (2004)

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JOHN RABE (2008) KRABAT (2008) REQUIEM (2006) LICHTER (2003)

Foto: © Marco Nagel

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weit, wenn man den Überblick nicht verlieren darf. Manchmal funktioniert das aber auch genau umgekehrt. Genau das entscheidet nicht zuletzt der raffinierte, aber auch souveräne Schnitt von Hansjörg Weißbrich, dessen kluge Parallelmontagen immer mehr zu einem seiner Markenzeichen zu werden scheinen. Und wenn schließlich noch das außergewöhnlich packende Sound-Design (Dirk W. Jacob, Dominik Schleier, Martin Steyer, Pawel Wdowczak – Beste Tongestaltung) sowohl dazu beiträgt, die Spannung zu erhöhen als auch die Orte und Emotionen sozusagen hörbar zu lokalisieren, bekommt der Film eine sinnliche Ebene, die ihn zu einer Rarität werden lässt, zu einem gelungenen politischen Melodram. In der schockierendsten Szene des Films wird die entführte Schwester des Jungen durch ein vertrocknetes Getreidefeld geführt, in dem Kinder wie in Vogelnestern geschändet werden. Wir sehen nichts als die Pflanzen und hören ihr Rascheln, Stimmen, Weinen, Schritte. Der Dreiklang von Bild, Schnitt und Ton wird hier zu einem Schrei der Anklage und einem Schrei um Hilfe.

Beste Tongestaltung – DIRK W. JACOB

Beste Tongestaltung – DOMINIK SCHLEIER

Beste Tongestaltung – MARTIN STEYER

Beste Tongestaltung – PAWEL WDOWCZAK

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– ABGEDREHT (2008) – DIE TIEFSEE TAUCHER (2004) – RUSHMORE (1998) – LEAVING LAS VEGAS (1995)

KNALLHART (2006) GOOD BYE, LENIN! (2003) LOLA RENNT (1998) 23 (1998)

WAZ (2007) DER LETZTE KÖNIG VON SCHOTTLAND (2006) ALMOST HEAVEN (2005) DIE LUFTBRÜCKE (2005/TV)

YELLA (2007) DER LETZTE KÖNIG VON SCHOTTLAND (2006) KNALLHART (2006) LICHTER (2003)

Foto: © Timo Nasseri

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Deutscher Filmpreis 2008


Die welle „Bericht über einen Unterrichtsversuch, der zu weit ging“, nannte sich die deutsche Ausgabe des Tatsachenromans DIE WELLE von Morton Rhue, der vor über zwanzig Jahren erschien und seitdem zur festen Schullektüre gehört. Das riskante pädagogische Experiment, auf dem der Roman basiert, fand bereits 1967 in den USA statt. Für den Produzenten Christan Becker (Bester Spielfilm) und seine regelmäßigen kreativen Partner Dennis Gansel (Regie, Buch) und Peter Thorwarth (diesmal nur Buch) war das kein Problem: Diesen Stoff darf man nicht nur ins Deutschland von heute verlegen, man muss es sogar. Und Ron Jones, der

Lehrer, der dieses Experiment verantwortete, fühlt sich dabei noch mehr verstanden denn je. „Er hat immer gesagt, dass er das Buch von Morton Rhue gehasst hat, aber bei Dennis‘ und Peters Drehbuch war er ganz sprachlos“, erzählt Becker. „Laut Jones haben sie, von ihrem heutigen Wissen ausgehend, viel dazuerfunden, über das er selbst nie geredet hat. Für ihn ist dieser Film näher an dem dran, was damals passiert ist, als alles, was bislang dazu geschrieben wurde.“ Jürgen Vogel spielt diesen Lehrer als sympathischen Maverick, der schon allein deshalb im Kollegium schief angesehen wird, weil er trotz seines schlechten Examens die schönste und klügste Lehrerin (Christiane Paul) abgekriegt hat. Mit Unterstützung der Schuldirektorin mit einem gewissen Faible für das Unkonventionelle (Maren Kroymann) darf er in einer Projektwoche das Thema „Autokratie“ durchnehmen und kommt auf einen so ungewöhnlichen wie gefährlichen Gedanken. Schleichend verführt er seine

Bester Spielfilm – CHRISTIAN BECKER – DIE WELLE (2008) – HUI BUH DAS SCHLOSSGESPENST (2006) – DER WIXXER NEUES VOM WIXXER (2004/2007) – BANG BOOM BANG (1999) Schüler, den Regeln der Massenpsychose und der Manipulation durch verordnete, aber scheinbar ordnende Gemeinschaftlichkeit auf den Leim zu gehen. Ein Schuft, wer Schlechtes dabei denkt, dass Zusammengehörigkeit um jeden Preis auch bedeutet, andere gnadenlos auszugrenzen. Gemeinsame Stärke kann dazu führen, die Schwäche

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anderer nicht mehr zu tolerieren. Und auch unschuldig aussehende weiße Hemden können plötzlich zu einer bedrohlich wirkenden Uniform werden. Der Lehrer lässt es darauf ankommen und selbst die klügsten Schüler merken erst, was gespielt wird, als es schon zu spät ist. Zumindest für Tim, den Einzelgänger im Kurs, der sich nun so stark, so aufgehoben, so sehr respektiert fühlt wie noch nie in seinem Leben. Der junge Berliner Schauspieler Frederik Lau (Beste darstellerische Leistung – männliche Nebenrolle) spielt diesen Prototypen des Verführten nuancenreich, liebenswert und unglaublich erschreckend zugleich. Bereits als Elfjähriger feierte er in Andreas Dresens DIE POLIZISTIN sein Kinodebüt. Seitdem ist das variantenreiche Spiel des Naturtalents, der eigentlich mal Eishockeyprofi werden wollte, aus kaum einer Produktion mit starken jungen Darstellern wegzudenken. Für dieses wichtige Segment des deutschen Films steht auch der Schnittmeister Ueli Christen (Bester Schnitt), der von den KNALLHARTEN

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Beste männliche Nebenrolle – FREDERICK LAU – DIE WELLE (2008) – FREISCHWIMMER (2007) – DIE MAUER – BERLIN 61 (2006/TV) – WER KÜSST SCHON EINEN LEGUAN? (2003) Foto: © Joachim Gern

Bester Schnitt – UELI CHRISTEN – DAS WUNDER VON BERN (2003) – ANATOMIE (2000) – DIE APOTHEKERIN (1997) – DER BEWEGTE MANN (1994)

Foto: © Christiane Brunner – Schwer

JUNGS über DEN SCHATZ DER WEISSEN FALKEN bis zu den DREI ??? für den Rhythmus zuständig war, den auch das Zielpublikum versteht. Dabei hat der Mann, dem wir auch die furiose Montage vom WUNDER VON BERN verdanken, nicht nur auf Tempo geschnitten. Christen schneidet nicht auf Effekt, aber mit und fürs Gefühl.

Deutscher Filmpreis 2008


DAS wilde leben Für Uschi Obermaier war DAS WILDE LEBEN eindeutig und uneingeschränkt Programm. Bereits ihre 1994 erschienene Autobiografie (die mit einer ausführlichen Widmung von Keith Richards beginnt) trug diesen Titel. Die Produzenten Eberhard Junkersdorf und Dietmar Güntsche haben den Regisseur Achim Bornhak gewinnen können, eben dieses wilde Leben in Szene zu setzen. Deshalb ist der Film auch nicht in erster Linie ein Film über die 68er-Bewegung und die Berliner Kommune 1 als eines ihrer umstrittenen, wenn auch faszinierenden Zentren. Es ist auch kein Film über das Liebesleben der Rolling Stones. Auch wenn Uschi Obermaier in demselben eine nicht unwesentliche Rolle gespielt hat. Und schließlich ist es auch kein Film über Riten und Regeln im Hamburger Kiez-Milieu, obwohl Uschi Obermaier auf ihre Art mit einem besonders exzentrischen Vertreter desselben eine Weile sehr

Bestes Szenenbild – EDUARD KRAJEWSKI

Bestes Kostümbild – PETRA KRAY

– LULU UND JIMI (2008) – DIE MAUER – BERLIN 61 (2006/TV) – ENIGMA – EINE UNEINGESTANDENE LIEBE (2005/TV) – IM SCHATTEN DER MACHT (2003/TV)

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glücklich zu sein schien. DAS WILDE LEBEN ist ein Film über eine junge Frau (gespielt von Natalia Avelon), die zu einer bestimmten Zeit an bestimmten Orten war, welche ihrerseits eine Epoche bestimmten. Für Eduard Krajewski (Bestes Szenenbild), dessen Faible gerade für die jüngere Historie des Landes sich wie ein roter Faden durch seine Arbeit zieht (demnächst wieder in Oskar Roehlers buntem Fifties-Melodram LULU UND JIMI im Kino zu sehen), musste es darauf ankommen, den äußerst unterschiedlichen Schauplätzen dieser Geschichte einer Frau, die buchstäblich zwischen

KOMM NÄHER (2006) VERGISS AMERIKA (2000) DAS VERSPRECHEN (1995) ROSA LUXEMBURG (1986)

vielen Welten wanderte, in ihrem Realismus gerecht zu werden, ohne die wahre Bandbreite zwischen Tristesse und Glamour zu verleugnen. Diese Gratwanderung besteht Krajewski, weil er ganz offensichtlich keine Angst vor ihr hat. Petra Kray (Bestes Kostümbild) hatte das gleiche Problem – und eine ähnliche Lösung. In einer Welt, in der sich Personen sehr stark durch ihre Kleidung oder dadurch, dass sie nicht bekleidet waren, definierten, kommt es auf die Details an. Die Details zwischen einer miefigen Disco in Schwabing und den wallenden Gewändern einer indischen Hochzeit. Sie sind getroffen. 51


YElla YELLA ist eine Herausforderung! Irgendwas ist anders an dieser Frau, die dem Film ihren Namen gibt, und man möchte es ihr unbedingt entlocken. Man lässt sich von Yella in ihren kühlen Bann ziehen und verfällt einer Märchengestalt im Hier und Jetzt. Von der ersten Begegnung an gibt sie dem Zuschauer Rätsel auf, deren Lösungen zur Obsession werden können. Warum läuft sie so komisch? Warum trägt sie immer dieselbe Kleidung? Und warum hört sie regelmäßig die Vögel schreien? Auf allen Ebenen arbeitet der Film mit der Intelligenz und Neu-

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gierde des Zuschauers. Nina Hoss (Beste darstellerische Leistung – weibliche Hauptrolle) spielt das Loslösen einer Frau aus ihrer arbeits- und trostlosen Heimatstadt Wittenberge, die nach Einengung in der Ehe und nach Selbstbeschränkung und Provinz mieft. Ihre Gesten, ihr Schritt, allein wie sie die Handtasche an ihren Körper presst, lassen einen Einblick in ihre Vergangenheit erahnen. Jetzt will sie sich frei machen: nach Hannover gehen, Arbeit suchen und ein neues Leben beginnen. Wer Nina Hoss als Medea am Deutschen Theater gesehen hat, weiß, welch konsequente Züge sie ihren Figuren verleihen kann. In YELLA paart sie die Entschlossenheit, ihr Leben zu ändern mit der verunsicherten Körpersprache einer Frau, die sich zum ersten Mal aus der Enge ihrer ostdeutschen Heimatstadt in den vermeintlich goldenen Westen bewegt. Atemberaubend

kontrolliert, mit einer gespenstischen Klarheit spielte Nina Hoss diese Rolle, mit der sie bereits zum dritten Mal im Zentrum einer Geschichte von Christian Petzold steht. Hans Fromm (Beste Kamera/Bildgestaltung), der seit PILOTINNEN Bester Spielfilm – FLORIAN KOERNER VON GUSTORF

Deutscher Filmpreis 2008


(1995) in allen Filmen von Christian Petzold die Kamera führte, unterstützt mit der Art seiner Bilder die Motivation der jeweiligen Figur. Die Klarheit seiner Aufnahmen umschließt das Geheimnis von Yella und macht aus Nina Hoss

eine Frau, die man so gern in Großaufnahme sieht. Bei den Dreharbeiten genügten Fromm meist ein oder zwei Takes, um das Bild perfekt zu machen. Es sind ruhige, sehr tiefenscharfe Bilder, die das Innenleben der Figur spiegeln,

Bester Spielfilm – MICHAEL WEBER

Beste Regie – CHRISTIAN PETZOLD – GESPENSTER (2005) – WOLFSBURG (2003) – TOTER MANN (2002/TV) – DIE INNERE SICHERHEIT (2000)

Foto: © Christian Schulz

das Verlorensein, ihre Einsamkeit, ihr Wunschdenken. Petzold sagt über seinen Kameramann, dass er es sehr schätzt, dass sich Hans nicht in den Vordergrund filmt, dass er nur für die Geschichte denkt. Für Christian Petzold (Beste Regie) ist so eine vertrauensvolle Zusammenarbeit von großer Bedeutung. Am liebsten mag er, wenn alle Beteiligten sich vor einem ähnlichen, filmisch gebildeten Hintergrund bewegen, der die gemeinsame Basis für das kommende Projekt ausmacht. Petzold ist ein kluger, stark politisch und filmhistorisch geprägter Regisseur, der sich an Themen der deutschen Vergangenheit und Gegenwart reibt. Von DIE INNERE SICHERHEIT (2000) über TOTER MANN (2002), WOLFSBURG (2003) und GESPENSTER (2005) bis hin zu seinem letzten Film YELLA begnügen sich alle Petzold-Filme nicht mit der Bebilderung von Vorurteilen. Petzold zeigt keine Offen-

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sichtlichkeiten, er will an die Substanz. Ihn interessiert, wie unsere Gesellschaft funktioniert und wie sie sich in das Leben der Menschen einschreibt. Weil Deutschland viel zu klein ist, um sich darin zu verlieren, sich seine eigene Robinson-Crusoe-Insel zu erschaffen, entwirft er immer wieder Zwischenwelten, in denen seine Figuren traumwandlerisch zu sich selber finden mögen. YELLA ist das Porträt so einer Träumenden, die ihrer inneren Bilderwelt folgt und dabei auf ihren Bauch hört – sie spiegelt einen Teil Deutschlands. Der Film ist die sechste Zusammenarbeit Petzolds mit der Berliner Produktionsfirma Schramm Film Koerner & Weber. Florian Koerner von Gustorf und Michael Weber (Bester Spielfilm) sind alte Freunde, die nun seit über 15 Jahren Filme produzieren, die sie mögen – und zwar mit Leuten, die sie mögen. Da-

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bei nimmt der wortgewandte, immer nach einer Struktur suchende Florian Koerner von Gustorf die nach Außen gewandte Position ein, während Michael Weber lieber im Hintergrund agiert.

Foto: © Hans Fromm

Sie haben sich in dieser Kombination zusammengefunden, um Filme machen zu können, die mit einem kleinen Budget großes Kino hervorbringen.

Beste weibliche Hauptrolle – NINA HOSS

Beste Kamera/ Bildgestaltung – HANS FROMM

– DAS HERZ IST EIN DUNKLER WALD (2007) – YELLA (2007) – DIE WEISSE MASSAI (2005) – DAS MÄDCHEN RO SEMARIE (1996/TV)

– GESPENSTER (2005) – WOLFSBURG (2003) – TOTER MANN (2002/TV) – DIE INNERE SICHERHEIT (2000)

Foto: © Katja Fedulova

Deutscher Filmpreis 2008


LEROY Es geht los wie in einem Klassiker des Blaxploitation-Genres im Amerika der siebziger Jahre. Afro-Look und fette Soul-Grooves in den Straßen von BerlinSchöneberg. Das führt die Zuschauer vermeintlich in die Irre. Doch genau da will der erste abendfüllende Spielfilm des Bildenden Künstlers und Kino-Autodidakten Armin Völckers hin. Denn da ist auch die Seele seines Titelhelden LEROY. Leroy (Alain Morel) ist nämlich nicht nur in einem Alter, da man sich zum ersten Mal richtig verliebt. Er sieht als Sohn eines Schwarzen und einer Weißen anders aus als seine Mitschüler, interessiert sich für andere Dinge (zum Beispiel Cello-Spielen) und verliert sein Herz zu guter Letzt auch noch an ein Mädchen, deren Brüder allesamt rechtstickende Skinheads sind. Da ist es schon gut, sich hin und wieder mit einem Sprüche klopfenden Halbgriechen auszutauschen und auf den Rat des Rappers Afrob zu hören, dass

Bester Kinder- und Jugendfilm – OLIVER STOLTZ – LEROY (2007) – LOST CHILDREN (2005) – SCHLUSS MIT LUSTIG (2001/TV) – KAI RABE GEGEN DIE VATIKANKILLER (1998) nur Soul der Seele helfen kann. Afrob ist einer der bekannten Musiker, die der Produzent Oliver Stoltz (Bester Kinder- und Jugendfilm) für den hippen Soundtrack des Films gewinnen konnte. Doch die Songs wären in diesem Film nur die Hälfte wert, ohne die originelle Filmmusik des vielseitigen Komponisten Ali N. Askin (Beste Filmmusik), mit dem Stoltz und seine Firma Dreamer Joint Venture schon lange zusammenarbeitet. Zum Beispiel auch bei seinem 2006 mit der LOLA prämierten Dokumentarfilm LOST CHILDREN. Askin ist ein Multitalent, dessen Karriere unter anderem die Fuß-

Beste Filmmusik – ALI N. ASKIN – LEROY (2007) – LOST CHILDREN (2005) – LES MURS PORTEURS (2005) – DIENSTREISE – WAS FÜR EINE NACHT (2002/TV)

note trägt, dass er in den frühen Neunzigern zwei Jahre Assistent des Rock-Genies Frank Zappa gewesen ist. Er kann Dokumentarfilm und TV-Serie, Spiel- und Fernsehfilm. Seine Musik steht immer im Dienst einer Geschichte, aber dabei macht sie wahrhaft Stimmung. Das gelingt bei LEROY besonders gut, weil er sich so konsequent für einen Stil entscheidet, dass die Musik nicht selten einen komischen Kontrapunkt setzt, aber dabei auch die Emotionalität nicht vernachlässigt.

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MAX MINSKY UND ICH Nelly Sue (Zoe Moore) heißt nicht zufällig mit Nachnamen Edelmeister. Sie hat in allen Fächern eine Eins – außer in Sport, da hat sie eine Vier. Nelly interessiert sich wahnsinnig für Astronomie; sie ist von den Zusammenhängen im Universum begeistert und liest ständig dicke Wälzer, um mehr über die Welt erfahren zu können und sie zu entschlüsseln. Darum himmelt sie auch den jugendlichen Prinzen Edouard von Luxemburg so an, obwohl sie sich nicht für Jungs interessiert. Aber Edouard weiß alles über die Sterne – und trägt wie Nelly immer ein Buch über die Galaxie mit sich herum. Als Nelly erfährt, dass Edouard der Schirmherr über eine Basketballmeisterschaft in Luxembourg werden soll, an der ihre Schulmannschaft teilnimmt, steht für sie fest:

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Sie muss Basketball lernen – und sie muss so gut werden, dass sie in die Mannschaft aufgenommen wird. Dabei hat sie nur eine Chance: Max Minsky (Emil Reinke), der Neue an der Schule, muss es ihr beibringen. Alle anderen können die Streberin nicht richtig leiden. Die Vorlage zu der Geschichte ist der 2003 mit dem Deutschen Jugendliteraturpreis ausgezeichnete Roman „Prinz William, Maximilian Minsky und ich“ von Holly-Jane Rahlens. Das Buch hat nicht nur vielen Kindern und Jugendlichen sehr gefallen, sondern auch der Produzentin Maria Köpf (Bester Kinder- und Jugendfilm), zu dem Zeitpunkt noch Co-Geschäftsführerin bei X Filme Creative Pool und heute mit ihrer eigenen Firma „day for night“ selbstständig. Maria Köpf gab bei der Autorin Rahlens ein Drehbuch in Auftrag und konnte Anna Justice als Regisseurin gewinnen. Bei der Arbeit am Drehbuch haben sich alle dann entschieden, den echten englischen Prinzen besser durch einen fiktiven zu ersetzen. Das erlaubte ihnen mehr Freiheiten in dieser im doppelten Wortsinn verspielten Geschichte vom Erwachsenwerden.

Bester Kinder- und Jugendfilm – MARIA KÖPF – EIN FREUND VON MIR (2006) – LIEGEN LERNEN (2003) – HEAVEN (2002) – DER KRIEGER UND DIE KAISERIN (2000) Foto: © Christine Fenzl

Deutscher Filmpreis 2008


AM LIMIT Die Huberbuam, wie sich die bayerischen Extremkletterer Alexander und Thomas Huber selbst nennen, gehen seit ihrer Kindheit in die Berge. Ein normaler Gipfel reicht ihnen vielleicht auch darum schon lange nicht mehr. Sie steigen seit Jahren – konzentriert, optimal vorbereitet und technisch beeindruckend ausgestattet und versiert – gerade Wände in der ganzen Welt nach oben. Und zwar so schnell es geht. Bei ihrem Versuch, die Wand „El Capitan“ in den USA in Rekordzeit zu erklimmen, haben sie sich von einem anderen „Extremsportler“, wie sie selbst sagen, beobachten lassen: Pepe Danquart hat mit AM LIMIT seine Sporttrilogie (nach HEIMSPIEL und HÖLLENTOUR) beendet. Und ist seinem

Stil treu geblieben. Der Film, aufwändig aufgelöst, enthält spektakuläre Bilder und spielt virtuos mit dem Wechsel von Information und Emotion. Schon in den anderen Arbeiten der Trilogie kam in diesem Zusammenhang der Musik und besonders dem Sounddesign eine ganz spezielle Bedeutung zu. Mit Joe Knauer, Max Rammler, Erik Mischijew und Matz Müller (Beste Tongestaltung) arbeitete er zum Teil wieder mit SoundLeuten zusammen, die seine Arbeitsweise kennen – und alle wissen, welche Mischung es

Bester Dokumentarfilm – KIRSTEN HAGER

Bester Dokumentarfilm – ERICH LACKNER

Bester Dokumentarfilm – MIRJAM QUINTE

– MÄNNER WIE WIR (2004) – MONDSCHEIN TARIF (2001) – ST. PAULI NACHT (1999) – IRREN IST MÄNN LICH (1996)

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SLUMMING (2007) WORKINGMAN‘S DEATH (2005) NORDRAND (1999) MEGACITIES (1998)

DAS FRÄULEIN (2006) WORKINGMAN´S DEATH (2005) HÖLLENTOUR (2004) HEIMSPIEL (2000)

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Foto: © Colorfoto Augustine München

bei dieser Art Film macht.Mit Mirjam Quinte (Bester Dokumentarfilm) arbeitet Danquart bekanntlich schon lange zusammen, auch als Produktionspartner bei Quinte Film. Mit dem österreichischen Produzenten Erich Lackner (Bester Dokumentarfilm) und dessen Lotus Film kooperierten Quinte und Danquart zum Beispiel bei Michael Glawoggers Dokumentarfilm WORKINGMEN‘S DEATH und erhielten im letzten Jahr den Deutschen Filmpreis. Für die Münchner Spielfilm und TV-Produzentin Kirsten Hager (Bester Dokumentarfilm) und ihre Firma Hager-Moss ist es der erste Ausflug in das Dokumentarfilmgenre. Die Macherin von Filmen wie IRREN IST MÄNNLICH oder MONDSCHEINTARIF konnte und wollte, wie alle Beteiligten vor und hinter den Kameras, der Herausforderung nicht widerstehen.

Beste Tongestaltung – JOE KNAUER

Beste Tongestaltung – ERIK MISCHIJEW

Beste Tongestaltung – MATZ MÜLLER

Beste Tongestaltung – MAX RAMMLER

– BEYOND BOUNDA RIES (2005) – BEETHOVEN‘S HAIR (2005) – BELLARIA SO LANGE WIR LEBEN (2002) – THE VIRGIN SUICIDES (1999)

– HÄNDE WEG VON MISSISSIPPI (2007) – HERR LEHMANN (2003) – THE CAT‘S MEOW (2001) – DIE UNBERÜHR BARE (2000)

– IMPORT/EXPORT (2007) – HÄNDE WEG VON MISSISSIPPI (2007) – WORKING MAN‘S DEATH (2005) – FROZEN ANGELS (2005)

– WER FRÜHER STIRBT IST LÄN GER TOT (2006) – HEIMAT 3 (2004) – DAS EXPERIMENT (2001) – ROSSINI – ODER DIE MÖRDERISCHE FRAGE, WER MIT WEM SCHLIEF (1997)

Deutscher Filmpreis 2008


PrinzESSINENBAD „Ja Mama, nicht therapieren bitte!“, wehrt sich Tanutscha gegen die gut gemeinten Ratschläge und kleinen Maßregelungen ihrer Mutter. Tanutscha ist 15 und lebt, genau wie ihre beiden Freundinnen Klara und Mina, in Berlin-Kreuzberg. Frei von pädagogischen Bevormundungen nähert sich die Regisseurin Bettina Blümner ihren drei Protagonistinnen und bekommt das Beste, was die drei jungen Frauen geben können: ihre Offenheit, ihre Geradlinigkeit – und ihre Verletzlichkeit. Alle drei leben mit ihren Müttern allein. Die eine hat seit zehn Monaten einen Freund und ist sehr glücklich mit ihm, die andere hatte schon viele Beziehungen und ist gerade wieder neu verliebt, und die dritte begnügt sich vorerst mit langen Telefonverhören bei einer Flirtline. In der Inszenierung ihrer Egos legen die Mädchen

eine Ehrlichkeit an den Tag, die sie liebenswürdig macht – auch wenn die Sprache drastisch sein kann. Manches hätten die Mädchen vielleicht besser so nicht gesagt. Aber sie haben es so gesagt. Das setzt großes Vertrauen und eine sensible Herangehensweise des gesamten Filmteams voraus. Die Regisseurin und ihre Produzentin Katja Siegel (Bester Dokumentarfilm) kannten sich schon vom Studium an der Filmakademie Baden-Württemberg. Als Bettina Blümner die Idee zu diesem Projekt hatte, erinnerte sie sich an ihre Freundin, die mittlerweile als Produzentin bei Peter Schwartzkopff (Bester Dokumentarfilm), Reverse Angle Factory, arbeitete. Katja Siegel war sofort angetan und konnte Schwartzkopff für das Projekt begeistern. Von da ab ebnete Reverse Angle den Weg zur Finanzierung und produzierte einen Film, den man als Prototyp des neuen Dokumentarfilms bezeichnen könnte, der sich stark den Erzählformen des Spielfilms annähert und durch eine starke emotionale Bindung des Zuschauers an die Protagonisten gekennzeichnet ist.

Bester Dokumentarfilm – PETER SCHWARTZKOPFF – THE HOUSE IS BURNING (2006) – DON‘T COME KNOCKING (2005) – BYE BYE BLACK BIRD (2005) – LAND OF PLENTY (2004) Bester Dokumentarfilm – KATJA SIEGEL – –

PRINZESSINNENBAD (2007) THE HOUSE IS BURNING (2006)

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Fördermitglieder f i l m p r o d u k t i o n

3L Filmproduktion GmbH & Co. KG

Concorde Filmverleih

Highlight Communications AG

Apeiron Entertainment AG

Constantin Film AG

HKR – Wirtschaftsprüfer und Steuerberater

Arnold & Richter

Delphi Filmverleih GmbH

Kanzlei PIOREK THUM STENGER BEIER

Askania Media Filmproduktion GmbH

Deutsche Filmversicherungs Gemeinschaft

Kanzlei Schwarz, Kelwing, Wicke, Westphal

Avid Technology

d.i.e.film.gmbh

Kinowelt GmbH

Band Pro Munich

drei d medien service GmbH

Kodak Entertainment Imaging

e27 gbr

LimeLight PR

CIC Group

Filmpark Babelsberg

Monaco Film

CineMedia Film AG

fpm factor product münchen

REVERSE ANGLE

Bavaria Film GmbH

60

e27

Deutscher Filmpreis 2008


Rialto Film GmbH

Saxonia Media

Senator Film AG

Einbildung basiert, sondern durch eine beeindruckende Kontinuität in der Publikumsgunst gestärkt wurde, durch Qualität und zunehmende Walt Disney Studios Motion internationale Anerkennung. Seit 2005 entscheiPictures Germany GmbH den die Mitglieder der Deutschen Filmakademie auch über die Vergabe des Deutschen Filmpreises, der vom BKM gestiftet wird. Warner Bros. Universumfilm GmbH & Co. KG

Entertainment GmbH Studio Babelsberg GmbH

Studio Hamburg GmbH

Thinking Networks AG

UFA Film & TV Produktion GmbH

UIP United International Pictures

X Verleih AG

Die Deutsche Filmakademie ist ein eingetragener Verein mit einem klaren Ziel: die Kreativen des deutschen Kinos unter ein Dach zu bringen. Das bringt nicht nur Bewegung und Leben in die Kommunikation untereinander, es schafft auch eine größere Wirkung nach außen. In dieser Konstellation können die Kreativen ihre Interessen besser austauschen und vertreten. Sie können dem Publikum noch einmal anders nahe kommen. Und sie geben dem neuen Selbstbewusstsein der Filmschaffenden in Deutschland nachhaltig Ausdruck. Ein Selbstbewusstsein, das nicht auf

Doch die Kreativen des Kinos wissen, dass sie zu einer Branche gehören, die noch viel größer ist als ihr mittlerweile ziemlich großer, aber dennoch exklusiver Kreis. Filmverleiher, filmtechnische Betriebe, PR-Agenturen, Caterer, Anwaltskanzleien, Grafiker, aber auch Produktionsfirmen vervollständigen diesen Kreis und fühlen sich darum der Filmakademie sehr verbunden. Viele von ihnen drücken diese Verbundenheit dadurch aus, dass sie die Filmakademie aktiv materiell unterstützen. Sie sind Fördermitglieder und machen damit die Akademie lebens- und handlungsfähig. Das gilt auch für den noch größeren Kreis der Freunde der Deutschen Filmakademie, nur in kleinerem finanziellem Rahmen. Aber aus den Mitgliedsbeiträgen allein könnte die Akademie nicht so aktiv sein wie sie ist, wie sie sein will und 61


Freundeskreis es auch soll. Durch die jährlichen Zuwendungen der Fördermitglieder und der Freunde kann die Akademie lebendig arbeiten, also Personal bezahlen, Projekte initiieren, Veranstaltungen organisieren, ihre Außenwirkung verstärken. Und dabei werden Freunde und Fördermitglieder nicht nur zu Spendern reduziert. Sie werden in das aktive Leben der Akademie miteinbezogen. Sie besuchen die Veranstaltungen kostenlos, erhalten interne Informationen wie den Akademie-Newsletter „Extrablatt“, können die nominierten Filme kostenlos im Kino sehen, nehmen immer wieder und immer wieder gerne an internen Treffen der Akademie-Mitglieder teil (wie den beliebten Warming-Ups vor den Mitgliederversammlungen). Und sie sind natürlich auch dabei, wenn die Akademie gemeinsam mit dem BKM einmal im Jahr den Deutschen Filmpreis verleiht. Freunde und Fördermitglieder tun das, was ihre Namen sagen: Sie fördern die Arbeit der Deutschen Filmakademie und leisten damit dem deutschen Film und seinen Kreativen einen großen Freundschaftsdienst. 62

Ahrweiler Wally Agentin | Albrecht Delia Schauspieler-Agentin | Alexander Georg Journalist | Bähr Rolf Ex-FFA-Vorstand | Balzer Anke Agentin für Schauspieler | Barner Frank Steuerberater, Rechtsanwalt | Bartelt Julia PR-Agentin | Baschny Regine PR Beraterin | Baumüller-Michel Iris Casting Director | Becker Wolfgang Wissenschaftler | Bergauer Astride Agentin | Bischof Evi Agentin | Bothor Mathias Fotograf | Boy Oliver Produzent | Brand Elke Medienagentin | Brandner Karin Agentin | Brauner Frank Rechtsanwalt | Brehm Wolfgang Filmanwalt | Breitbach Sibylle Schauspiel-/Presseagentin | Brücker Wolf Dietrich Redakteur | Bürgi Stephan Agent/Schauspieler | Buschkötter Uwe Musikproduzent | Capitain Bernd Schauspieler | Capitain Christina Schauspielerin | Chotard Xavier Marketingberater | Chuchra Margit Produzentin | Damiani Sandra Schauspielerin | Danckwerts Corina producer, consultant | Dehmel Max Ministerialrat a.D. | Dobberstein Ulf Rechtsanwalt | Döring Marion Geschäftsführerin EFA | Dotzert Dirk Berater | Dülmen Alexander van CEO ACompany Consulting & Licensing AG | Eickmeier Frank Rechtsanwalt/Filmrecht | Elias Kathari-

na TV-Redakteurin | Elwardt Matthias Abaton | Fabritius Jürgen | Fassbender Cordula Wissenschaftlerin | Fassbender Lutz CEO i2i Musikverlag | Fehrecke Dirk Agent für Film, TV und Theater | Fehrenbach Fitz Claudia Schauspielagentin | Fessmann Milena CINESONG | Fischer Nicole Casting Director | Fleischmann Philipp Trailer-Produzent, Regisseur | Franke Susanne Theaterkunst | Freiheit Egon F. Drehbuchautor/ TV-Consultant | Fuhrmann Silke Agentur Fuhrmann – Künstleragentur | Gärtner Stefan Leiter Koproduktion und Kofinanzierung | Gandert Gero Filmhistoriker | Gattys Christina Agentin | Georgi Georg Schauspielagent | Ghafouri Norbert Schauspieler | Gilzer Maren Schauspielerin | Gross Lara Redakteurin/Dramaturgin | Groß Gerhard Filmtheaterbetreiber | Hammacher Winfried Produzent | Hass Birgit Geschäftsführerin | Have Harro von Rechtsanwalt | Hemstedt Sabine Schauspielerin | Henschke Frank Filmproduzent | Heppeler Marlis Agentin | Hielscher Wolfgang Jurist | Höhn Max Hair & Make Up Artist | Hoestermann Bernhard Agent für Schauspieler | Holter Mechthild Inhaber/Geschäftsführerin Players | Hubert Eva GeschäftsDeutscher Filmpreis 2008


führerin FFHH | Hüttersen Ilona Presseagentin | Imdahl Britta Schauspielagentin | Jacobshagen Patrick Rechtsanwalt | Junker Bianca Presseagentin | Kabisch Christine Regisseurin | Keil Klaus Direktor Erich Pommer Institut | Keil Uschi Agentin | Keller Rainer Lobbyist, Strategisches Management | Kirschner Senta Dorothea Schauspielerin | Kloster Georg Yorck Gruppe | Kluge Thomas Fotograf | Konstabel Michael Archivrechercheur | Kortwich Heide Maskenbildnerin | Krüger Detlev Sprecher der GF Martin-BraunGruppe | Krüger Hildburg Fachbereichsleiterin Kunst & Kultur | Kusche Dagmar Filmkauffrau | Lampugnani Sandra Agentin | Landkammer Renate Agentin | Lay René Stuntkoordinator/ Stuntman | Lehmann Claudia TV-Produzentin | Letocha Thomas Autor | Liebich Silvana Agentin für Schauspieler | Loewe Claudia GF DFA Produktion GmbH | Lorenz Yutah Schauspielerin und Artistin | Manuel Stephen Regisseur | Meier Lars Künstlermanager | Meinhard Ulrich | Mettenheim Philipp von Rechtsanwalt | MeyerGrohbrügge Carsten Regisseur | Mirnik Benjamina Produzentin | Mirow Benedict Regisseur, Produzent | Mittermüller Angelika Kommunika-

tionstrainerin/Autorin | Modra Marketa Agentin | Moers Stefan von Rechtsanwalt | Müller Petra Maria Medienboard Berlin-Brandenburg | Näher Katrin Agentin | Narjes Sigrid Agentin | Niemeyer Michaela | Ott Christoph Verleiher | Paulsen Erik Dialogautor & Synchronregisseur | Pense Andreas Rechtsanwalt | Pfennigsdorf Gabriele FilmFernsehFonds Bayern | Pöpsel Claudia Produzentin | Pokorny Michal Produzent | Posner Astrid Schauspielerin | Preiss Margit PRAgentin | Prinzler Hans Helmut Filmhistoriker | Proxauf Katja Agentin | Pudenz Inga Manager/ Agentur | Reed Wiebke Agentin | Reglin Torsten Dramaturg | Reinker Susanne Autorin | Rissenbeek Mariette PR-Managerin | Rohnke Cathy Dramaturgin, Dozentin | Rose Renate European Film Promotion | Rüll Stefan Rechtsanwalt | Runge Nadja Publicist | Sauerland Frauke-Ellen Agentin für Schauspieler, Autoren & Regisseure | Schaefer Klaus FilmFernsehFonds Bayern | Schaumann Thorsten Filmkaufmann | Scheuble Thomas Bankkaufmann (Prokurist) | Schlag Antje Agentin für Schauspiel, Regie, Filmkomponisten | Schmid-Ospach Michael Filmstiftung NRW | Schmidt Marie-Luise Agentin | Schmitt

Sonja Delphi Filmverleih | Schmökel Lutz Agent | Schnell Norbert Agent | Schötteldreier Marc Casting Director | Schulze Peter PR-Manager | Schwarz Maria Agentin | Seidel-Gieth Sibylle Agentin | Serra-Roll Rita Geschäftsführerin | Sieglerschmidt Hellmut Notar | Sieglerschmidt Sebastian | Skoglund Ulla (Schauspieler)agentin | Steinberger Josef Filmproduzent | Stelljes Inka Agentin für Schauspieler | Stewens Simone Geschäftsführerin ifs | Störzel Volker Agent Theater, Film und Fernsehen | Stützle Christiane Rechtsanwältin für Film- und Medienrecht | Suhr Conny PR-Agentin | Sutter Judith Schauspielagentin | Tatsch-Daust Gisela Schauspielagentin | Trott zu Solz Bettina | von Uken Sybille Personalberaterin und Business Coach | Unger Michaela von Filmproduzentin | Vortmeyer Magnus Marketingleiter Tobis Film | Waldbauer Christiane Schauspieleragentin | Wans Katrin Agentin | Weihe Steffen Agent | Weymar Thomas Telepool München | Wiederspiel Albert Filmfestleiter | Wilde Rafaela Rechtsanwältin | Wolgast Beate Agentin | Zimmermann Martin Produzent

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SEHNSUCHT NACH GLAUBWÜRDIGKEIT Während es für die Filmpreise noch klar getrennte Kategorien gibt, haben sich in der Praxis des Filmemachens in den letzten Jahren die Grenzen zwischen den Genres immer mehr verschoben. Ob diese Grenzen dennoch gelten oder nicht, diskutieren Filmschaffende, für die das im vergangenen Kinojahr mal mehr, mal weniger ein Thema war: die Produzentinnen Uschi Reich (DIE WILDEN HÜHNER) und Maria Köpf (MAX MINSKY UND ICH), ihre Kollegen Helge Albers (COMRADES IN DREAMS) und Florian Koerner von Gustorf (YELLA) und die Regisseure Pepe Danquart (AM LIMIT) und Robert Thalheim (AM ENDE KOMMEN TOURISTEN). Moderation: Alfred Holighaus Fotos: Florian Liedel Alfred Holighaus: Man kann sagen, dass es eine Tendenz gibt in den letzten Jahren, die Grenzen zwischen den Filmgattungen fließen zu lassen. Die Spielfilme haben stärkere dokumentarische Elemente, die Dokumentarfilme gehen viel stärker auf klassische Dramaturgie, auf Emotionen. Und es stellt sich auch – obwohl das ein bisschen an64

ders gelagert ist – die Frage: Wie verhält es sich mit den Grenzen zwischen Kinder- und Jugendfilm und Erwachsenenfilm? Müssen die eigentlich auch fließend werden? Sind die schon fließend? Oder muss gerade dort noch klarer abgegrenzt werden? Maria Köpf: Ich finde es eine ganz tolle Entwicklung, dass Dokumentarfilme in den letzten Jahren so erfolg- Maria Köpf, Robert Thalheim, Pepe Danquart, Florian Koerner von Gustorf reich im Kino sind. Dass Pepe Danquart mit seinem Film über ich aber nicht zu behaupten und hoffe es natür200.000 Zuschauer gemacht hat, ist doch fantas- lich auch nicht. Interessant ist es trotzdem, das tisch! Ich weiß nicht, ob das mit einem immer festzustellen. Das geht ja bis ins Fernsehen higrößeren Bedürfnis nach Realitätsnähe zu tun nein, dass Doku-Fiction, alles was mit Realität in hat und sogar etwas mit einer Übersättigung an diesem Medium auf irgendeine spezielle Art und Fiktion. Das kann man in den Raum stellen, wage Weise umgeht, sich immer mehr auch als eigenes Deutscher Filmpreis 2008


Genre profiliert. Das ist eine allgemeine Entwick- Holighaus: Jetzt kommt das gut an, aber es gab lung der letzten Jahre: Dokumentarische Formate eine Zeit, wo man gesagt hat: Das ist dilettantisch. Das Stilmittel wurde nicht akzeptiert. Und nun ist sind im Aufwind. es plötzlich ein Gütesiegel. Beim Dokumentarfilm Robert Thalheim: Ich kann da nur über meine ist es fast umgekehrt. Da ist das Gestaltete wichFilme konkret sprechen: Ich merke bei den Zu- tig geworden, greifbarer für den Zuschauer und schauern, dass sie dieses Authentische, die Reali- auch ein großes Thema für die Macher. tät, immer stärker suchen. Ich hatte gerade letzte Woche eine Vorführung von AM ENDE KOMMEN Pepe Danquart: Na ja, aber die Tränen sind halt TOURISTEN in Frankreich. Da wurden am Ende echt, die dort fließen Und das merkt man auch. Ich Fragen aus dem Publikum gestellt, und als ich bin ja, glaube ich, der einzige hier, der in beiden irgendwann sagte: „Ich war auch selbst Zivi in Genres arbeitet. Ich mache Spielfilme fürs Kino, Auschwitz!“, ging ein Raunen durch das Publikum. Thriller, Komödien, Gangsterfilme und dann eben Sofort hatte der Film eine andere Bedeutung für die dokumentarischen Sachen immer dazwischen. sie, weil er so ein Hauch von Realistischem oder Klaus Wildenhahn nannte mich ja schon vor JahAuthentischem bekam. Warum das für das Publi- ren den Opernregisseur des Dokumentarfilms. Ich kum so wichtig ist, weiß ich nicht, aber es ist so. bin der, der immer schon im Dokumentarfilm alles Dieses Authentische im Film oder diese dokumen- erlaubt hat. So hat aber auch, über diese doppelte tarischen Elemente sind ja dabei auch nur ein Stil- Arbeit, die ich mache, eine Befruchtung stattgemittel. Das Dokumentarische bei NETTO oder das funden, dass du Teile davon mitnehmen kannst in Dokumentarische, das AM ENDE KOMMEN die dokumentarische Erzählung und umgekehrt: TOURISTEN auch unterstellt wird, ist ja eigent- die dokumentarische Erzählung mit in den Spiellich auch nur gemacht, ein Stilmittel eben. Diese film. Und zwar auch als Regieleistung, wenn du Mittel kommen aber gut an und geben so einer mit Schauspielern arbeitest oder umgekehrt mit Geschichte einen Bonus beim Publikum. realen Menschen. Wobei das eine natürlich der Uschi Reich 65


Robert Thalheim

Gott ist – der Spielfilm, der meine Welt – schafft, während ich bei dem anderen die Demut habe, dass die Wirklichkeit wichtiger ist als ich. Aber dass meine Sportfilmtrilogie im Kino plötzlich funktionierte, liegt an der fiktionalen Form. Das ist ganz klar. Die Dramaturgie, die ich benutze, hält sich an die klassischen Gesetze des Erzählkinos, nur dass die Schauspieler echte Menschen sind. Die Genres vermischen sich in dieser Art von Erzählung zu etwas Neuem. 66

Holighaus: Mit einem wesentlichen Unterschied: Zwischen fiktionalen Erzählungen und dokumenEs gibt kein komplett ausgestaltetes Drehbuch, tarischem Erzählen gibt es – wenn er auf der Ebene gemacht wird – eigentlich nur einen einzigen das all das schon beinhaltet. Unterschied: dass es keine Schauspieler gibt, sonDanquart: Aber es gibt eine Struktur. Und das ist dern richtige Menschen. die Kunst, wie ich glaube, dass du während des Machens deinen Film bereits – wie im Schnitt – Florian Koerner von Gustorf: Du dramatisierst in modifizieren musst. Ich muss, während ich diese einem Bereich, wo das Dramatisieren eigentlich Art von Film mache, auch immer eine Alternative verboten ist. haben, also die Schnittalternative beim Drehen schon mitliefern. Auf jeden Fall hat es sich auch Danquart: Nein, das ist eben nicht mehr so. bei den Kinobesitzern und in der Branche herumgesprochen, dass die einzigen Überraschungen Koerner von Gustorf: Durch die Kamera, die Mondes deutschen Films in den letzten Jahren immer tage und die Tonbearbeitung bewertest du die reiDokumentarfilme waren. Wenn wir zum Beispiel ne Beobachtung. Du verstärkst bewusst die Empso einen Film nehmen wie PRINZESSINNENBAD, findung, die das Material auf dich ausübt. der im kleinen, bescheideneren Maße startet und auch erzählt, ist das aber ein Riesen-Erfolg, wenn Uschi Reich: Ich denke insgesamt, dass im Kino er plötzlich 60.000 Zuschauer macht mit 20 Kopien. eine Vermischung von Formen stattgefunden hat, Eine große Kinoerzählung mit dokumentarischen so dass es die pure Genreform so gar nicht mehr Mitteln ist einer großen Kinoerzählung mit fiktio- gibt. Und gerade, wenn Florian sagt, Pepe dramanalen Mitteln gleichzusetzen. Das ist vielleicht eine tisiert seine Sachen. Mich hat Pepes letzter Film andere Ausgangsstellung, aber wir erzählen fürs total fasziniert, weil er eben eigentlich eine HelPublikum. Das hat sich verändert in den Jahren – dengeschichte erzählt als Geschichte eines Scheiund insofern sind die Genres ineinander gerutscht. terns. Also zwei Helden, die am Ende ... Deutscher Filmpreis 2008


wenden. So haben wir beispielsweise in unseren Spielfilmen heute Videoclips drin. Die filmischen Formen mischen sich total. Daher findet das Dokumentarische auch gleichzeitig wieder mehr Beachtung. Wir dürfen aber nicht vergessen, dass die dokumentarischen Filme, die Beachtung finden, auch spektakuläre Filme sind.

Holighaus: Trotzdem kann man jetzt sagen, es gibt eine deutlichere Kontinuität. Diese Filme sind da, sie gehören zum Kinoalltag. Wir haben es auch mit kleineren Kinofilmen zu tun, die vielleicht nicht so universell und spektakulär daher kommen und trotzdem plötzlich im Kino funktionieren. Da hat ja Helge Albers als Produzent im letzten Jahr mit FULL METAL VILLAGE ein gutes Beispiel geliefert: fast 200.000 Besucher für einen kleinen Film über ein Heavy-Metal-Festival in der Provinz in Schleswig Holstein. Und die Kinobesitzer erzählen, dass das Publikum nach dem Film sogar applaudiert. Die Akzeptanz findet also deutlich auf der emotionalen Ebene statt.

Helge Albers: Aber mir ist es nicht so wichtig, ob Spiel- oder Dokumentarfilm. Wir machen beides. Mir ist wichtig, dass wir Stoffe bieten, die Spaß machen, die reizvoll sind, die eine Metaebene liePepe Danquart, Helge Albers fern. FULL METAL VILLAGE lief wahrscheinlich Danquart: ... Menschen werden. so gut, weil der Film sehr einfach ist. Man versteht sehr gut, was der erzählt. Ich glaube, dass immer Reich: Ja. Und umgekehrt haben wir natürlich unwieder die Dokumentarfilme gut funktionieren endlich viele Spielfilme, nicht erst seit neuestem, Reich: KOYAANISQATSI war damals auch schon werden, die Erzählstrukturen finden, die gut verdie dokumentarische und andere Stilmittel ver- sehr erfolgreich. ständlich sind und von Anfang an Lust machen. Danquart: Das ist sicher richtig, aber früher haben auch Filme mit spektakulären Themen kein Publikum erreicht, weil einfach keine Akzeptanz da war.

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Danquart: Alles ist aus der Sicht der fiktionalen Arbeit richtig, aber auch wir, die wir dokumentarisch arbeiten, casten. Wir casten keine Schauspieler, aber ich möchte mit niemandem arbeiten, den ich nicht selbst achte und liebe. Die drei Mädchen aus PRINZESSINNENBAD zum Beispiel sind auf ihre Art und Weise besonders gut „gecastet“. Sie sind die Basis des Vertrauens. Und was die Dramatisierung angeht, da liegt mir schon was am Herzen: Den wahrhaftigen dokumentarischen Moment lasse ich immer unangetastet, weil das spürt man ja auch als Zuschauer, ob das eine Inszenierung ist, wenn jemand fällt, wenn jemand erschöpft ist, verzweifelt, wenn jemand fröhlich ist. Die Rahmenbedingungen drum herum, die bestimme ich, und das ist eine Dramatisierung, finde ich, die erlaubt ist. Das ist kein Widerspruch zum Dokumentarischen. Reich: Es gibt da auch in der Geschichte des Dokumentarfilms einige Beispiele, dass nicht immer alles so authentisch war, wie man es sich in seiner puristischen Form wünscht. Am Ende zählt der gute, glaubwürdige Film. Am Ende zählt die Glaubwürdigkeit. 68

Koerner von Gustorf: Aber dokumentarische Erzählformen, die dann eigentlich doch wie ein Spielfilm wirken sollen, sind oft unerträglich. Wenn alles mit Musik zugekleistert wird, gruselig. Alles was du siehst, wird noch einmal überhöht durch das, was du sowieso schon glaubst zu empfinden. Holighaus: Florian Koerner von Gustorf ist derjenige in der Runde, der keine Do- Florian Koerner von Gustorf kumentarfilme macht, aber Spielfilme, die in der Wahrnehmung man- seinen Regisseuren da führt: Weshalb nähert cher Leute durchaus etwas Dokumentarisches ha- man sich dem Thema? Wie nähert man sich dem ben – wenn ich zum Beispiel an Henner Winckler Thema? Wer oder was spielt in der Diskussion um denke. Und da ist es ja auch interessant, wie das Wahrhaftige eine Rolle? dieser Produzent die Auseinandersetzung mit Deutscher Filmpreis 2008


Koerner von Gustorf: Wie in seinem ersten Film KLASSENFAHRT war es Henner Winckler auch in LUCY sehr wichtig, jemanden in der Hauptrolle zu haben, der kein Problem damit hat, natürlich zu sein. Das ist aber eine Frage der Prioritäten und keine Entscheidung für einen „dokumentarischen Spielfilmstil“. Steven Sperling in KLASSENFAHRT oder Kim Schnitzer in LUCY: Beide haben eine unaufdringliche Art, die das Zuschauen sehr angenehm macht. Ähnlich ist es vielleicht auch in NETTO von Robert Thalheim. Die Zuschauer haben das Gefühl, es wird nicht gespielt. Das ist dann das, was dazu verleitet zu sagen, dass der Film einen „dokumentarischen Touch“ hat. Henner Winckler geht es bestimmt darum, eine Dramatisierung der Situation zu vermeiden. Die Ehrlichkeit der Figuren soll eine emotionale Bindung zum Zuschauer herstellen. Der „normale“ Kinozuschauer ist mit der Dramatisierung sehr viel mehr vertraut als mit der Reduktion. Die Dramatisierung kennt er aus dem Fernsehen. Das ist dann auch ein Grund, warum Dokumentarfilme so gut ankommen, wenn sie quasi inszeniert sind. Man empfindet es als spannend, eine Emotion zu erleben, von

der man merkt, dass sie in irgendeiner Weise Tendenz wahrnimmt und ob das seine Regiearbeit verpackt ist, aber trotzdem der Realität ent- beeinflusst. Füllt sich Authentizität jetzt anders? spricht. Thalheim: Ich glaube, am Anfang steht da immer so eine Sehnsucht nach Ehrlichkeit. Beim FilmeDanquart: Empfindest du das als Lüge? macher wie beim Publikum. Und dann muss man aber zugeben, dass alle, sowohl Dokumentar- als Koerner von Gustorf: Nein. auch Spielfilmer das zu erzeugen versuchen. Wie bekommt man diese Momente? Bekommt man sie, Danquart: Das ist super! indem man maximal inszeniert, oder bekommt Koerner von Gustorf: Trotzdem bezweifle ich, dass man sie gerade, wenn die Spannung nachlässt, wir hier eine neue Bewegung ausmachen können. wenn die Kamera weiter läuft. Da muss halt jeder seinen eigenen Stil finden. Für mich persönlich ist Danquart: Ja, aber ich finde, dass sich tatsächlich das jetzt nicht so ein neues Phänomen, ich bin da was verändert hat: sowohl im Rezeptionsverhal- schon auch beeinflusst von Andreas Dresens HALten als auch zum Beispiel in der Finanzierung, als BE TREPPE oder von den frühen Filmen von Jiri auch in der Herangehensweise, als auch in den Menzel und Milos Forman zum Beispiel, da hat Diskussionen. Auch dass wir jetzt hier sitzen und man überall diese Elemente. Deswegen sehe ich dieses Thema haben in der Filmakademie, das das nicht als so was revolutionär Neues. Ich glaub sind doch alles Anzeichen, Dinge, die man wahr- nicht so richtig an einen Paradigmenwechsel, weil nehmen muss. Ich glaube tatsächlich, es ändert ich das für keine neue Erfindung halte. sich was. Es gibt einen Paradigmenwechsel. Reich: Ja, aber es kommt doch darauf an – heuHolighaus: Ich würde da jetzt gern noch mal bei te mehr denn je – dass man die Menschen, die Robert Thalheim konkret nachhaken, ob er diese ins Kino gehen, bewegt. Und die Zuschauer sind 69


offener geworden, auch dokumentarischen Formen gegenüber. Das liegt sicher auch daran – es ist ja kein Geheimnis, dass sich die jüngeren Zuschauer komplett aus dem Kino zurückgezogen haben –, dass es jetzt einfach eine andere Publikumsstruktur gibt. Bei den Älteren gibt es eher eine Offenheit gegenüber Themen, die uns alle angehen – ökologische Themen beispielsweise. Albers: Ja, es gibt jetzt eine neue Publikumsschicht, die Kino entdeckt hat, um was zu sehen, was sie vorher nicht unbedingt mit Kino zusammengebracht hat: UNSER TÄGLICH BROT, DER GROSSE AUSVERKAUF, DARWIN‘S NIGHTMARE sind Filme, die ein Thema auf den Tisch bringen und sich wirklich auch nur sehr eng mit diesem Thema beschäftigen, also sich weniger an Figuren orientieren, sondern sich mehr am Thema entlangarbeiten. Danquart: Und trotzdem war es früher so, dass mich die Leute nach über zehn Dokumentarfilmen fragten: Wann machst du denn deinen ersten richtigen Film? Und meinten: deinen ersten Spielfilm. Das genau meine ich mit Paradigmenwechsel: 70

Die Achtung, die Wahrnehmung, auch öffentlich Reich: Grundsätzlich muss man erst einmal festhalten, dass man ein Familienpublikum hat, und auch in der Branche, hat sich verändert. Kinder mit Familie. Andere Leute gehen nicht Reich: Wenn ich das so höre, dann denke ich daran, in diese Filme. Family Entertainment ist ja nun was der Kinderfilm vor sechs oder sieben Jahren er- ein etabliertes Genre. Ich finde Zielgruppendenlebt hat. Als PÜNKTCHEN UND ANTON lief, wurde ken vollkommen richtig. Ich mag nicht MonCaroline Link auch pausenlos gefragt: Warum hast tagfrüh aufwachen und hatte am Wochenende du als zweiten Film einen Kinderfilm gemacht? Eine nur 20.000 Zuschauer. Da hätte ich das Gefühl, Frage, die heute nicht mehr gestellt würde. Weil ein Jahr meines Lebens umsonst gearbeitet der Kinderfilm gesellschaftsfähig geworden ist. zu haben. Sage ich ganz klar. Man wird ja mit einem Kinderfilm nicht so beachtet, nicht von Holighaus: Bleiben wir beim Kinderfilm. Wir der Kritik, auch nicht mit den Preisen. Regiewissen, dass der Kinder- und Jugendfilm für die und Produzentenpreise schon, aber die anderen Branche eine unglaubliche Bedeutung hat. Das Team-Mitglieder, die ich mindestens so großarist ja seit Jahren die „cash cow“ der Branche, weil tig finde wie aus vielen deutschen Erwachseda durchgängig die Filme Publikum machen und nenfilmen, also die Ausstatter, die Kameraleudadurch auch Geld bringen. Auf der anderen Sei- te. Nie – bis auf eine einzige Ausnahme mal –, te ist aber die Wahrnehmung, die künstlerische, nie hat einer unserer Mitarbeiter mal irgendwo doch eine reduziertere. Das Besondere ist: Der eine Nominierung bekommen. Und das finde ich Kinder- und Jugendfilm hat als einziger in seiner wirklich schade, für diesen Aufwand, der für dieGenrebezeichnung das Zielpublikum schon drin. se teuren Filme betrieben wird. Und daraus erwächst die Frage: Ist das eigentlich eine Selbstbeschränkung? Muss diese Selbstbe- Holighaus: Apropos Kritik. Wieweit spielt Krischränkung sein? Oder ist es da nicht auch an der tik beim Kinderfilm eine Rolle? Ist es wichtig, dass die Eltern eine gute Kritik lesen oder Zeit, dass man Grenzen überschreitet? Deutscher Filmpreis 2008


dass die Kinder von dem Film wissen und sagen: alles, was du an Werbung machst, dir mehr oder weniger erkaufen musst. Mama, ich will da rein? Reich: Beides. Ich behaupte zum Beispiel, dass der Erfolg von DAS FLIEGENDE KLASSENZIMMER mit fast zwei Millionen Besuchern zu zwei Dritteln über die Erwachsenen gelaufen ist. Weil die Erwachsenen diesen Film unglaublich geliebt haben. Die Kinder wussten ja letztendlich gar nicht, was das ist. Sie fanden das dann schon cool mit den fünf Jungs oder so, aber der große Erfolg gründet auf den Erwachsenen. Und dieser Film hatte sensationelle Kritiken! Für den Film war das wahnsinnig wichtig. Bei DIE WILDEN HÜHNER ist das anders, weil die Marke an sich eine andere Bedeutung hat, sie steht nicht in diesem kulturellen deutschen Kontext wie Erich Kästner. Da ist die Kritik nicht ganz so wichtig. In diesen Film gehen eh fast nur Mädels, da spielt das Internet vielleicht eine größere Rolle. Aber bei einem Kinderfilm hat man ja grundsätzlich weniger Presse als bei einem großen deutschen gleichwertigen Erwachsenenfilm. Man kommt ja immer nur am Rande vor. Das macht natürlich auch die Herausbringung der Filme relativ teuer, weil du einfach

Holighaus: Maria Köpf hat ja nun – nach dem Start von MAX MINSKY UND ICH diesen Montagmorgen erlebt, den Uschi Reich niemals erleben möchte. Köpf: Ja. Und aber natürlich haben wir mit dem Film auf ein Zielpublikum hingearbeitet und hatten auch einen Fokus. Außerdem hat der Film eine zauberhafte Geschichte und ist ganz wunderbar umgesetzt. Aber das reicht heute eben nicht mehr. Man muss diesen Film auch entsprechend vermarkten, um das Zielpublikum zu erreichen, und das ist bei Kinder- und Jugendfilm eine große Herausforderung, da man sich zum Beispiel nicht auf eine gute Pressearbeit verlassen kann. Wenn die Kinder in unserem Film MAX MINSKY UND ICH drin waren, ist die Begeisterung groß. Das zeigen auch die vielen Publikumspreise, die er schon gewonnen hat. Das Problem ist wirklich, bei Filmen, die auf einer relativ kleinen Marke aufbauen können – obwohl der Film auf einem bekannten Kinderbuch basiert – ist es einfach extrem schwierig, Alfred Holighaus 71


hat bis heute über 25.000 Euro eingenommen. „Mehr Zuschauer“ bedeutet nicht gleichzeitig „mehr Gewinn“. Aber ist bei 80.000 wirklich das Ende der Fahnenstange erreicht? Ich würde für unsere Filme so gern mal die Zielgruppe definieren, einfach um zu wissen, wieviele Leute bereit Reich: Kinderfilm ist wirklich reines Zielgruppen- wären, sich YELLA im Kino anzuschauen. geschäft! Reich: Schwer zu sagen. Ich würde jetzt mal sponDanquart: Ich würde total gern Kinderfilme ma- tan sagen, man müsste mit Christian Petzold und chen! Weil Kinder das ehrlichste Publikum sind. mit der Presse 200.000 Besucher schaffen. Aber das Problem ist, du erreichst die Kinder ja Holighaus: Würde ich auch so sehen! nur über die Eltern.

wenn man nicht das entsprechende Werbebudget hat. Ich glaube, dass wir für deutsche Kinder- und Jugendfilme in Zukunft auch andere Strategien brauchen, wie intensivere Zusammenarbeit mit den Schulen im Rahmen der Medienerziehung.

Reich: Unterschätze den Pausenhof nicht! Der Koerner von Gustorf: Und ich würde das erst recht Pausenhof ist extrem wichtig. Zum Beispiel DIE gern mal so sehen! WILDEN KERLE, den alle Eltern total ablehnen, der ist irrsinnig erfolgreich – das geht nur über die Kinder. Koerner von Gustorf: Der Verleih von YELLA hat eine hervorragende Arbeit geleistet. Wir waren in allen Kinos, in denen wir sein wollten. Wir waren in den Medien omnipräsent. Die Verleihförderung ist zurückgezahlt, und Schramm Film Maria Köpf 72

Deutscher Filmpreis 2008



DAS TEAM VERANSTALTER Der Deutsche Filmpreis ist eine Veranstaltung der Deutschen Filmakademie in Zusammenarbeit mit dem Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien, produziert von der DFA Produktion GmbH. Deutsche Filmakademie e.V. Präsidium: Senta Berger, Günter Rohrbach Vorstandsvorsitz: Stefan Arndt Geschäftsführung: Christiane Teichgräber Team: Nora Ackermann, Friederike Fröhner, Stephan Pless, Tanja Riehn BKM/Filmreferat K35, Erich Liebert, Ulrike Schauz MODERATION Barbara Schöneberger KÜNSTLERISCHE LEITUNG Nico Hofmann (teamWorX/UFA Cinema) Thomas Peter Friedl (UFA Cinema) PRODUZENTIN Claudia Loewe (DFA Produktion GmbH) 74

PRODUCERIN Marion Gaedicke

REGIEASISTENZ Stefanie Herrmannsdörfer

PRODUKTIONSLEITUNG Matthias Börner, Carsten Lehmann (MBTV)

REDAKTION Claudia Voelker, Jenny Fiedler, Andrea Poulios

PRODUKTIONSKOORDINATION Dorothee Hufschmidt

ZUSPIELER Carlos Gerstenhauer, Natalie Kurz und Brainpool TV

PRODUKTIONSASSISTENZ Sarika Hemi Lakhani, Cora Thielen AUFNAHMELEITUNG Martin Hoffmann, Roxana Hoh, Nuschi Kelm, Burkhard Krone, Julia Vetterl NOMINIERTEN - UND GÄSTEBETREUUNG Sigrun Hauer GmbH AUTOREN Ralf Husmann (Moderation) Hans-Christoph Blumenberg (Paten)

BÜHNENBILD Hassler Entertainment Architecture KOSTÜMBILD Heike Stemmler Collection Talbot Runhof (Ausstattung B. Schöneberger) MASKE Matthias Klemenz (Maske B. Schöneberger) Hair & Beauty Udo Walz,Schwarzkopf Professional LICHTSETZENDER KAMERAMANN Didi Garsoffky

REGIE Utz Weber Deutscher Filmpreis 2008


IMPRESSUM TITELMUSIK Loy Wesselburg, Bernhard Eichner EINSPIELUNG TITELMUSIK Berliner Philharmoniker unter der Leitung von Sir Simon Rattle MUSIKALISCHE BEGLEITUNG GALA Berlin Pops Orchestra unter der Leitung von Joris Bartsch Buhle BALLETT Break a leg Productions James De Groot PR LimeLight PR Petra Schwuchow, Carolin Bitzer BETREUUNG PARTNER/DRUCKERZEUGNISSE Verena Herfurth ON-AIR-DESIGN/DRUCKERZEUGNISSE/ INTERNET e27 Berlin, www.e27.com

RECHTSBERATUNG Dr. Frank Brauner Prof. Dr. Mathias Schwarz NOTAR Hellmut Sieglerschmidt SENDEPARTNER Das Erste Rundfunk Berlin Brandenburg rbb Redaktion: Rosemarie Wintgen, Katrin Mandel Herstellungsleitung: Torsten Klein Produktionsleitung: Jörgen Radach

HERAUSGEBER Deutsche Filmakademie e.V. Köthener Straße 44 10963 Berlin (V.i.S.d.P. Christiane Teichgräber) CHEFREDAKTION & TEXTE Alfred Holighaus, Linda Söffker PRODUKTION Verena Herfurth SCHLUSSREDAKTION Ingrid Arnold

LOLA PARTY Fast Forward Communications GmbH Daniel Kloß, Anke Brandt

LAYOUT/GESTALTUNG e27 Berlin, Robert Neumann

LOLA FESTIVAL Deutsche Filmakademie e.V. Gisela Liesenfeld (DFA Produktion GmbH) Saskia Vömel, Eduard Barnsteiner (Entertainment Kombinat)

Abdruck der Texte nur nach vorheriger Genehmigung und mit Quellenhinweis „Deutsche Filmakademie/ Deutscher Filmpreis 2008“

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WIR DAnken Von Herzen unseren Freunden und treuen Unterstützern

Allen beteiligten Produzenten für die Bereitstellung des Filmmaterials und die enge Zusammenarbeit,

allen Kinobesitzern, Verleihern und beteiligten Filmschaffenden für die intensive und liebevolle Mitwirkung beim LOLA FESTIVAL 08,

allen Paten für ihr individuelles und großartiges Engagement für die nominierten Kollegen,

Milena Fessmann für die musikalische Untermalung bei den Veranstaltungen rund um die Verleihung,

allen Akademiemitgliedern für ihre Kreativität und ihren unermüdlichen Einsatz rund um den deutschen Film,

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Mathias Bothor für seinen Dauereinsatz und seine beeindruckenden Fotos,

Thomas Schreiber für seine rettende Flexibilität, Senta Berger, Günter Rohrbach und Stefan Arndt einfach für ALLES, unserem wunderbaren Team für ihre beständige Motivation und Leidenschaft und allen anderen, die auf ihre einmalige Art und Weise zum Gelingen dieses Abends beigetragen haben...

Deutscher Filmpreis 2008



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Film- und Stuntproduktion GmbH Anke Apelt Manfred Arbter Stefan demsoy Heinz Badewitz Ute Badu ne Baschny Lucie Bates Heike Ba Becker Wolfgang Becker Michael r Michel Bergmann Thomas Berg Hans-Christoph Blumenberg BMG a Borsche Suzanne von Borsody D er F. Bringmann Elena Bromund O ann Johann von Bülow Vicco von hristian Bussmann Mareike Carri AG Hansa Czy pionka d.i.e.film.gm mel DFG De utsche Filmversi drich M. D osch Dirk D o t z e r rank Eick meier A ndré Ei t EuroArts Medi en Gmb es Milena F ess mann F Susanne Fra n ke Nina Monika Funk e Stern tina Gat tys Mar ouri He nning v e Frank Göhre C lvester Groth I n Hage r Rochu orinna Harfou nicke Winfrie ons c/o Rainbow Hofma nn Nina Hog änzel S herry Horm no Huth Birgit Hutt eisch Bi anca Junk ke, West phal Than ch Kinow elt GmbH O naup Mari a Knilli Jü Konerman n Ingelore Joachim K ról Konsta Kusche Di ethard Küs rtin Lehw ald Anne L meyer Chr istian Lon Vessela M artschewsk s Hans-We rner Meyer H mmartz Ur sela Monn To Westernha gen Hana Mü rtmanns Ch ristoph Ott Petri Claus Jürgen Pfeif orbert Preu ss Chris Pric uhaus Torst en Reglin Us oland Suso Richter Elke l Renate Ro se Marc Rothe Rusnak Gud run Ruzickov Schaefer He inrich Schafm o Schlauch Dieter Schleip dt Marie-Lu ise Schmidt Joc e Schön Ric hard Schöps Ma humacher J an Schütte Olive rie-Lou Se llem Rita Ser om Spi eß May Sp zer Si mone Ste a Szy szkowitz ann N adja Till e t h e von Trott lmkeSmeaton I him v on Vietin n Wal ser Connie nsjörg Weißbrich lf Wie nrich Kai Johan na Wokale obert Z immerman

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