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Naomi Devil
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Studienarbeit Institut fßr Architekturwissenschaften Fachbereich Architekturtheorie Technische Universität Wien Copyright: Naomi Devil 2009
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Naomi Devil aka.
Inhaltsverzeichnis
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1. Einleitung 4 2. Zerstörtes Gleichgewicht 8 3. Funktionalismus 10 4. Formalismus 12 5. Immaterielle Kunst 16 6. Kybernetik 18 7. Im Grenzbereich zwischen Skulptur und Architektur 20 7.1. Ein Segment der Skulptur 21 7.2. Architekturmerkmale 23 7.3. Reflexion vergangener Architektur 24 7.4. Funktion und Nützlichkeit 25 7.5. Veränderung der Architekturmerkmale 26 7.6. Maßstab und Proportionen 26 7.7. Überschneidungen mit Nachbargattungen 27 8. Inhaltliche Dimension architektonischer Skulptur 28 8.1. Interaktionen mit Architektur 28 8.2. Interaktion mit Öffentlichkeit 28 8.3. Interaktionen mit Landschaft 29 8.4. Die Entmaterialisierung 30 9. Die fünf Topologien 32 9.1. Zeit: Topologie des Rhytmus 32 9.2. Licht: Topologie des Lichts 34 9.3. Schall: Topologie des Hörens 37 9.4. Klima: Topologie der künstlichen und natürlichen Klimaströme 40 9.5. Raum: Topologie des Raumes 41 10. Emotionspsychologie 44 10.1. Behavioristische Theorien 46 10.2. Kognitiv-physiologische Theorien 47 10.3. Attributionale Theorien 48 10.4. Evolutionäre Emotionstheorie 48 11. Nikolas Schöffer: Spaziodynamisches Theater und Geschäftszentrum 51 11.1. Das Schauspiel 51 12. Aufbau von Emoticon 52 12.1. Geometrische Struktur 52 12.2. Effektor Gruppe 53 12.3. Kontroller Gruppe 55 13. Raumkritische Wende 58 14. Diabolus Cybernetik Art Research Team (CARP) 60 15. Künstlerische Avantgarde 62 EMOTICON Bilder 64 Literaturverzeichnis 80
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emoticon 1. Einleitung Literatur und bildende Künste wurden bereits in der Antike als differente Medien aufgefasst, die mit unterschiedlichen Mitteln die Wirklichkeit abbilden. Dennoch kann gezeigt werden, dass sie bis dem 16. Jahrhundert als sich ergänzende Teile einer Einheit, einem gesunden Ganzen betrachtet wurden. Die bei Plutarch überlieferte Bemerkung des Simonides, die Malerei sei stumme Dichtung und die Dichtung redende Malerei, zeugt darüber, dass beide Künste als verwandt angesehen wurden. Obwolhl die von Horaz in seiner Ars poetica geäußerte Sentenz, ut pictura poesis: erit quae … eine deutlich schwächere Gleichstellung der Malerei mit der Dichtkunst bezeichnet; in seiner veränderten Form wurde er zum Programmsatz in der ut-pictura-poesis-Debatte von der Renaissance bis zur Aufklärung. Im 15. Jahrhundert, am Wendepunkt von christlicher zu humanistischer Ikonographie war die Auffassung vorherrschend, dass Bildgebung in der Lage ist Erkenntnis zu schaffen. Erkenntnisfortschritt erziele man nicht nur durch gelehrte Textkonstrukte, sondern auch durch Bildgebung. In diesem Sinne gab es keine scharfen Grenzen zwischen Wissenschaft und Kunst einerseits und wissenschaftliche und künstlerische Methoden andererseits. Die bildenden Künstler arbeiteten mit wissenschaftlichen Methoden: mit Zentralperspektive und optischen Geräten. Andererseits hat Leonardo wissenschaftliche Themen mit bildnerischen und künstlerischen Mittel betrachtet, wie es seine Anatomiestudien und technische Konstruktionszeichnungen zeigen. Ab dem 16. Jahrhundert trennten sich die wissenschaftlichen und künstlerischen Verfahren. Erst im 16. Jahrhundert hat Galileo Galilei (1564 - 1642) die Grundlagen der modernen, wissenschaftlichen Methoden abgelegt. Die Aufklärung brachte eifrige wissenschaftliche Aktivität und dementsprechend rasanten Fortschritt mit sich. Die Verfahrenslogiken von Wisssenschaften und Künsten schienen seitdem völlig unvereinbar zu sein. Erst zu Beginn der Komputer-Zeitalter gab es erstmals
emoticon seit dem 15. Jahrhundert eine erneute Chance zu einer sinnvollen Kooperation von Wissenschaftlern und Künstlern, als sich beide Gruppen daran interressierten, die Gestaltungslogiken der elektronischen Zeichengebung zu erforschen. In den Forschungszentren begannen Küntler, Musiker, Techniker und Wissenschaftler verstärkt miteinander zu arbeiten. In 1967 wurde die Experiments in Art and Technology (E.A.T.) Gruppe als Non-profit Organisation und Verein gegründet, um die Kollaboration zwischen Ingenieuren und Künstlern zu fördern. Der Verein wurde von den Ingeneuren Billy Klüver und Fred Waldhauer einerseits und von den Künstlern Robert Rauschenberg und Robert Whitman anderseits gegründet, nachdem sie bereits in mehreren Projekten, vor allem bei dem Theaterfestival 9 Evenings: Theater and Engineering die Kollaboration von Künstlern, Ingenieuren und Industrie erprobt hatten. Das MOMA in New York zeigte 1968 die Ausstellung The Machine as Seen at the End of the Mechanical Age kuratiert von Pontus Hultén. In der parallelen Ausstellung Some More Beginnings presentierte das Brooklyn Museum in New York eine große Anzahl von technischen, elektronischen und anderen medialen Projekten. Im selben Jahr wurde die Ausstellung Cybernetic Serendipity in London von dem Institute of Contemporary Art organisiert, die laut dem Titel kibernetische Zufallsentdeckungen zeigte. Die Ausstellung Cybernetik Serendipity zeigte unter anderem einige Arbeiten von dem aus Ungarn stammenden Künstler, Nikolaus Schöffer. Türme waren in der Architekturgeschichte und sind meist immernoch Symbole des wirtschaftlichen Machtes. Sein für Paris geplante, nicht verwirklichte Turm kann demgegenüber als Symbol des intellektuellen Machtes betrachtet werden, und kennzeichnet damit die Atmosphere der 60-er Jahre. In dem Buch mit dem Titel Die kybernetische Stadt beschreibt Schöffer seine Zukunftsvisionen. Wir sind, laut seiner Auffassung, zeugen eines revolutionären Prozesses, das mit der Französischen Revolution 1789 in Paris begonnen hat und in dem Moment, als er das Buch
Abb 1. Ken Knowlton KC Gardner Computergrafik
Abb 2. Ken Knowlton Akt Computergrafik
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emoticon geschrieben hat, noch nicht abgeschlossen wurde. Er projiziert die begonnene Entwicklung in die Zukunft und bestimmt die folgenden drei Phasen der Revolution: ‚1. Revolution der Quantität für die Qualität In der ersten Phase fordert die große Quantität einer Gruppe eine immer größere Quantität von hauptsätzlich materiellen Gütern. 2.Revolution der Quantität für die Qualität In der zweiten Phase fordert die große Quantität einer Gruppe die immer stärker ausgeprägte Qualität der wirklichen kulturellen Güter, nachdem sie auf der materiellen und halbkulturellen Ebene mehr oder weniger gesättigt ist. 3.Revolution der Qualität der Quantität für die Quantität der Qualität In der dritten Phase und Dank der zunehmenden Versorgung der Gruppe mit wirklichen kulturellen Gütern fordert eine immer größere Quantität dieser Gruppe, nachdem sie eine gewisse Qualität ereicht hat, eine immer größere Quantität der Qualität‘ /Nicolaus Schöffer/
Abb 3 . Nicolas Schöffer
Die Revolution läuft auf allen Bereichen des Lebens ab und führt letzendlich zum Sieg des Intellektes. Schöffer sagt eine Zeitalter voraus, wo die Massen freier Zugang zu den Informatiosquellen genießen; wo immer breitere Schichten an kulturellen Güter von hohen Qualität Teil haben können. Er nimmt an, dass sich die Kooperation an allen Gebieten des intellektuellen Lebens verstärkt. Das folgende Zitat vom Buch erleuchtet seine Ansichten: ‚Es ist unleugbar, das die Qualität bei weitem über die Quantität den Sieg davontragen wird. Wenn die Menschen einmal begreifen, oder dazu gebracht werden zu begreifen, dass die einzige brauchbare Lösung für die Bewohner des Erdballs die konstruktive Kooperation ist, dann wird diejenige Nation, oder diejenige Gruppe von Nationen, die imstande ist Menschenarten von hoher Qualität zu produzieren, graue Hirnmasse und wohlorganisierte menschliche Energie zur Verfügung zu stellen, ganz natürlich eine Vorrangige Rolle in der Leitung der
emoticon Angelegenheiten erhalten, welche die gesamtheit der menschlichen Gruppierungen betreffen‘ /Nikolaus Schöffer/ In den vergangenen vierzig Jahren seit der Austellung Cybernetic Serendipity haben wir eine rasante Entwicklung der Komputertechnologie erfahren. Das Internet hat neue Wege der Kooperation eröffnet. Verschiedene soziale Netzwerke wurden ins Leben gerufen. Virtuelle Realtät ist Teil unserer Realität geworden. Eine Katze hat im anglo-amerikanischen Sprachbereich neun, im deutschen dagegen sieben Leben. Ein Internet-Anwender kann in diesem Sinne Katzen weit überlegen sein und in verschiedenen Netzwerken mehrere Identitäten vortäuschen. Der technische Fortschritt hat sich vielleicht schneller vollgezogen, als es sich Schöffer damals vorgestellt hat, aber es ist doch fraglich ob wir seinen Träumen näher gekommen sind. Second Life ist eine der beliebtesten virtuellen Welten. Es scheint zwar ein Unterhaltungsmedium zu sein, ist aber ein Abbild der Wiklichkeit. Das Konsum regelt die virtuelle Welt genauso, wie sie unser tägliches Leben durchdrängt. Es gibt doch kleine interdisziplinäre Gruppen, die dort die zweite oder sogar die dritte Phase Schöffers Revolutionstheorie vollziehen und sich statt virtuell-materiellen Güter echtes intellektuelles Reichtum aus der virtuellen Welt schöpfen. Es gibt ein lebhaftes Kunstszenario in Second Life. Diabolus Art Space ist eine der erfolgreichsten Gruppen. Musiker, Künstler, Wissenschaftler und Techniker von jedem Alter arbeiten zusammen und haben schon mehrere großangelegte Projekte verwirklicht. Ich arbeite seit zwei Jahren mit der Gruppe zusammen. Als ich Schöfers Buch gelesen habe, hat seine Idee von einem Spaziodynamischen Theater meine Interesse festgehalten. Ich habe entschlossen, diese Gedanke weiterzuführen. Es war vor allem deswegen naheliegend, weil wir schon bei den früheren Projekten die Tätigkeit Schöffers vor Auge gehalten hatten. Das Konzept des neuen
Projektes hat sich ziemlich schnell in meinen Gedanken formuliert und ich habe angefangen die Idee in die Tat umzusetzen. Das Team hat wochenlang hart gearbeitet. Das Konzept wurde ins Detail besprochen, neue Musik wurde komponiert, eine neue Theaterbühne wurde geplant und gebaut, bis endlich das Projekt mit dem Titel Emoticon bereit war, dem Publikum gezeigt zu werden. Meine Absicht ist, in dieser Arbeit Schöffers Werke, näher zu betrachten. Bei der Analyse stütze ich mich weitgehend an den Gedanken, die von Markus Stegman in seinem Buch mit dem Titel Architektonische Skulptur im 20 Jahrhundert verfasst wurden. Ich suche Antwort an solche Fragen wie: • Wie interagieren Schöffers kynetische Türme mit der Landschaft oder mit dem umgebenden Architektur? • Wie rhythmisiert er den Raum mit Licht und Schall? • Welche Rolle können klimatische Erreignisse und Zeit in der Kunst spielen? • Welche Interaktionen sind zwischen dem Werk und dem Betrachter, oder zwischen verschiedenen Betrachter möglich? • Welche Bedeutung hat Form und Funktion? ect. Ich beschreibe ebenfalls das Emoticon Projekt und suche die Unterschiede und die Ählichkeiten. Dank der Entwicklung der vergangenen vierzig Jahre hat die Diabolus Gruppe wesentlich bessere techniche Möglichkeiten und damit eine breitere Skala der künstlerischen Ausdrucksmöglichkeiten. Was sind die wesentlichen Schritte dieser Entwicklung? Wo konnten wir diesen Vorteil nutzen? Wie hat die technische Entwicklung unser Raumkonzept geändert? Sind wir einer besseren Zukunft, wie es sich Schöffer vorgestellt hat, näher gekommen oder lösen sich seine Träume ins Nichts auf? Es sind viele Fragen, die ich hoffe wenigstens zum Teil zu beantworten können. Wo es nicht gelingen kann, formuliere ich einige Gedanken, die meine Meinung spiegeln.
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emoticon 2. Zerstörtes Gleichgewicht Eine geschickte, frappante Lösung eines mathematischen Problems wird in Fachkreisen als schön betrachtet, obwohl Schönheit keine wissenschaftliche, sondern ästhetische Qualität ist. Architekten und Künstler verwenden oft den goldenen Schnitt. Sie bedienen sich also des mathematischen Instrumentariums, um dem Werk ästhetische Qualität zu geben. Es könnte noch mit zahlreichen weiteren Beispielen unterstützt werden, wie eng die Beziehungen zwischen Wissenschaft und Kunst sind. Obwohl diese Beziehung während der Kulturgeschichte mehrmals hinterfragt wurde und Wissenschaftler und Künstler gegebenenfalls streng getrennte Wege gewählt haben, die erneute Kooperation seit dem Beginn des Komputer-Zeitalters zeugt wieder darüber, dass Wissenschaft und Kunst organisch zusammenhängen. Bei einem lebenden Organismus kann das Gleichgewicht der Organe nicht gestört werden, ohne Krankheitserscheinungen hervorzurufen. Die scharfe Trennung von Wissenschaft und Kunst führt ähnlicherweise zu einem schizophrenen Zustand. Wenn aber Künstler und Wissenschaftler die Arbeit diesem organischen Zusammenhang anpassen, dann kann die Kooperation auserordentlich fruchtbar sein. Die Spaltung einer organischen Einheit und die Schizophrenie im Allgemeinen charakterisieren den 20. Jahrhundert. Die verschiedenen Ismen haben meist einen einzigen Aspekt der künstlerischen Qualität bis in die Extreme übertrieben, und alle andere Aspekte vernachlässigt. Das gestörte Gleichgewicht mag zu krankhaften Kunstformen führen. Die Kunst soll aber vielleicht notwendigerweise krankhaft sein, wenn sie Ausdrucksform einer krankhaften Gesellschaft ist. Die verhängnissvolle Geschichte des zwanzigsten Jahrhunderts musste sich auch in der Kunst niederschlagen. Die Schizophrenie des letzten Jahrhunderts zeigt sich so sehr im Ganzen als auch im kleinsten Detail. Zum
emoticon Beispiel, der übertriebene Optimismus der 60-er Jahre kann genauso wenig erklärt und begründet werden, wie der Pessimismus der Gegenwart. Währed der 60-er Jahre gelang es zwar der Menscheit die erste Schritte im Weltraum zu wagen, wir waren aber vielleich nie so nahe einer totalen Vernichtung durch Atomwaffen. Die Menscheit hatte zwei völlig fremde Identitäten, der Optimist einerseits und der Vernichter andererseits, die von einander anscheinend nichts wissen wollten. Ähnlich ist die Lage heute mit umgekehrtem Vorzeichen. Jetzt müssen wir uns zwar mit allen vom Club of Rome vorhersagten Problemen konfrontieren und sie lösen, aber die Probleme wurden schon erkannt und das Internet hat neue Wege der internazionalen Kooperation eröffnet. Das Selbsbewustsein der Massen gibt neue Hoffnungen. Es gab in den 60-er Jahren und es gibt auch heute genauso viel oder wenig Grund für Optimismus als für Pessimismus. Man darf einfach nie das Ganze auf Grund nur ausgewählter spezifischer Aspekte beurteilen. Sogar der Mensch selbst spiegelt den zerstörten Gleichgewicht wieder. Das griechische Ideal eines vollkommenen Menschen, der seinen Körper und Geist gleichermaßen entwickelt, wurde vergessen. Experten spezialisieren sich auf ein enges Fachgebiet. Fachidiotismus ist weit verbreitet. Auf einem breiten Spektrum gebildeten Menschen sind inzwischen auch in Kulturkreisen selten. Die übertriebene Betonung einiger ausgewählten Aspekten schlägt sich auch in der Beziehung zwischen Form und Funktion nieder. Vitruvius war der Meinung, dass ein gut gelungenes Werk der Architektur die Qualitäten firmitas, utilitas und venustas gleichermaßen aufweisen soll. Form und Funktion waren für ihm gleich wichtige gestalterische Aspekte. Während der zwanzigsten Jahrhundert hat sich die Waage mal zu Gunsten der Form, mal zu Gunsten der Funktion ausgeschlagen.
Abb 3 . Mondlandung 1969 (Foto:NASA)
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emoticon 3. Funktionalismus In Architektur und Design versteht man unter Funktionalismus ein Gestaltungsprinzip bei dem rein ästhetische Überlegungen hinter den die Form bestimmenden Verwendungszweck des Gebäudes oder des Geräts zurücktreten. Die Anfänge dieser Auffassung reichen zu den ästhetischen Theoretikern des 19. Jahrhunderts zurück. (zum Beispeil Semper, Greenough) Die Auffassung, dass sich eine zeitgemäße Schönheit in Architektur und Design bereits aus deren Funktionalität ergebe wurde von Luis Sullivan in seinem 1896 mit dem Titel The tall office building artistically considered veröffentlichten Buch im klarsten Form erklärt. „Es ist das Gesetz aller organischen und anorganischen, aller physischen und metaphysischen, aller menschlichen und übermenschlichen Dinge, aller echten Manifestationen des Kopfes, des Herzens und der Seele, dass das Leben in seinem Ausdruck erkennbar ist, dass die Form immer der Funktion folgt.“ „It is the pervading law of all things organic and inorganic, Of all things physical and metaphysical, Of all things human and all things super-human, Of all true manifestations of the head, Of the heart, of the soul, That the life is recognizable in its expression, That form ever follows function. This is the law.” Der Gestaltungsleitsatz, laut dem die Form aus der Funktion folgt, erscheint zwar im Buch zweimal in ähnlicher Form, stammt aber ursprünglich von Dankmar Adler, dem Partner Sullivans. Adler hat die Gedanke seinerseits von Henri Labroust übernommen. Labrouste zeigt in seinen beiden Pariser Bibliotheksbauten unverhüllte, geradezu inszinierte Eisenarchitekturen und ist damit ein Vorreiter der Funktionalismus. Architekten seiner Zeit, wie auch Gottfried Semper, haben die sichtbare Verwendung des neuen Werkstoffes Eisen,
emoticon außer in Industriegebäuden oder Bahnhofshallen, weitgehend abgelehnt. Feuergefahr muss beim Bau von Bibliotheken immer beachtet werden. Dieser Aspekt legte die Verwendung des neuen Baustoffes Eisen nahe. Ungewöhlich war aber die Betonung und Ästhetisierung der Eisenkonstruktion. Der Funktionalismus als gestalterisches Prinzip hat in Deutschland mit der Gründung des Deutschen Werkbundes unter den Schlagworten Sachlichkeit und Zweckform Verbreitung gefunden. Der Funktionalismus hat später unter den Begriffen Neues Bauen, Bauhausstil oder Neue Sachlichkeit größere Beachtung bekommen und hat auf diese Weise nach dem zweiten Weltkrieg die Architektursprache des Wiederaufbaus weitestgehend geprägt. Oftmals wurde dieses gestalterische Prinzip als Aufruf zum Verzicht auf jedes Ornament interpretiert. Vergessen wurde dabei, dass auch die Ästhetik selbst eine Funktion hat. Die formale Armut und Unwirtlichkeit der funktionalistischen Planungen wurde seit Beginn der 1970er zunehmend Zielscheibe der öffentlichen Kritik. Diese Kritik hat sich in den 80-er Jahren als eine Gegenbewegung manifestiert. Die neuen gestalterischen Prinzipien wurden unter dem Begriff Postmoderne zusammengefasst. Das Aufkommen der Postmoderne zeugt darüber, dass rein funktionale Überlegungen bei dem Planungsprozess nicht ausreichen können. Abb. 5. Sale Labrouste
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emoticon 4. Formalismus Als Gegenpol zum Funktionalismus betont die formalistische Kunstauffassung Qualitäten wie z. B. Komposition, Farbe, Linien und Textur. Angestrebt wird eine von persönlicher Wertung freie vergleichende Stilanalyse. Der Wert des Werkes liegt dabei in der Autonomie der Form und inhaltliche Aspekte wie Thema und Idee, Entstehungsgeschichte des Werkes, historischer Kontext und Persönlichkeit des Künstlers werden bei der Analyse vernachlässigt. Die Ursprünge des Formalismus sind bereits in der Antike zu finden. Die Überzeugung, dass das Universum von göttlichen numerischen Beziehungen beherrscht wird, führte in der Kunst zu formalen Überlegungen, indem man versuchte diese numerische Verhältnisse in dem Kunstwerk wiederzugeben. Konstruktionen in der Architektur wurden nach strengen Regeln von einem Grundmaß, dem Interkolumnium abgeleitet. Platon geht davon aus, dass die Welt nur auf geistigem Weg erkannt werden kann. Die Idee ist für ihm das wahre Seiende. Die Wahrnehmbare Form ist ein Abbild des wirklich Seienden. Den sinnlich wahrnehmbaren Gegenständen kommt nur ein bedingtes und damit unvollkommenes Sein zu. Um das wahre Wesen der Dinge zu begreifen, soll man von den unwesentlichen Besonderheiten des einzelnen Phänomens abstrahieren und die Aufmerksamkeit auf das Allgemeine richten, das den Einzeldingen zugrunde liegt. Der Künstler soll durch Abstraktion mit der Formgebung das wahre Wesen der Dinge vermitteln. Platons Schüler, Aristoteles begriff die Kunst als ein Prozess der Formgestaltung. Die Erfahrung eines Kunstwerkes kann weder rein sinnlich noch rein rational sein. Während der Aufklärung entstand die Annahme, dass sich eine ästhetische Erfahrung von anderen Erfahrungsarten klar unterscheiden muss. Laut Kant findet man „in aller schönen Kunst das Wesentliche in der Form“, wobei die Form als Abstraktion einer Idee entsteht und als Symbol der Idee aufgenommen werden kann. Zum Beispiel wird Schönheit als Symbol des Guten wahrgenommen. Ästhetische Erfahrung
emoticon führt zu einer moralischen Resonanz. Friedrich Schiller sah die Ästhetik als ein Instrument der sozialen und politischen Reformen. Er hob den geistig therapeutischen Charakter der ästhetischen Erfahrung der Form hervor. John Ruskin führte 1851 mit The Stones Of Venice die deskriptive Formanalyse zu ihrem ersten Höhepunkt. Anhand venezianischer Kapitelle leitete Ruskin abstrahierte Grundformen ab. Daraus folgerte er soziale Bedingungen der jeweiligen Zeit. Der französische Maler Maurice Denis schrieb 1890 in seinem Artikel Definition Neo-Traditionism, dass ein Gemälde im Wesentlichen eine Oberfläche sei, bedeckt von Farben in einer bestimmten Ordnung. Während des 18. Jahrhunderts, als sich die Geisteswissenschaften gegen die Konkurrenz der Naturwissenschaften behaupten wollten, brauchten die Kunsthistoriker objektive Kriterien für die Kunstbetrachtung. Heinrich Wölfflin strebte eine vergleichende Formanalyse und Stilgeschichte an. Er selbst bezeichnete seinen Ansatz als Kunstgeschichte ohne Namen. Er verwendete während seiner Vorlesungen zwei Diaprojektoren, die es ihm erlaubten, zwei Kunstwerke direkt miteinander zu vergleichen. Er verglich hauptsächlich Werken der Renaissance mit Werken des Barock. Der einzelne Künstler war bei seinen Betrachtungen nicht wichtig. Im Zentrum seiner Analyse stand vielmehr die Entwicklung einer Stilgeschichte. Er versuchte Gemeinsamkeiten der Kunst bestimmter Epochen oder Länder aufdecken. Er stützte sich bei seinen Überlegungen auf die Ergebnisse der Sinnesphysiologie und Wahrnehmungspsychologie. Er entwickelte in seinem Hauptwerk Kunstgeschichtliche Grundbegriffe (1915) fünf begriffliche Gegensatzpaare, mit denen er versuchte formale Unterschiede zwischen Kunstwerken der Renaissance und des Barock zu beschrieben: Linear Fläche Geschlossen Einheit
Malerisch Tiefe Offen Vielheit
Abb. 6. Hyperformalismus DanCoyote Antonelli Abb. 7. Hyperformalismus Juria Yoshikawa
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emoticon Klarheit Unklarheit und Bewegtheit Wölfflin unterscheidet verschiedene Ebenen der Stile. Als Individueller Stil wird das subjektive Sehen und Malweise eines Künstlers bezeichnet. Gruppen-Stil ist die gemeinsame Formensprache einer Schule, eines Landes oder Kulturkreises. Der Begriff Zeit-Stil fasst die übergeordnete, umfassende Formensprache einer Epoche zusammen. Ein anderer wichtiger Vertreter des Formalismus war Alois Riegl. Seine Theorie wird von ähnlichen formalistischen Annahmen und Zielen wie die Wölfflins gestützt: • Entwicklung der Form aus sich selbst heraus (Unabhängigkeit von Künstlergenies) • Verknüpfung der Formentwicklung (Stilgeschichte) mit Wahrnehmungsgeschichte • Der Ehrgeiz Kunstgeschichte als akademische Disziplin zu etablieren • Ablehnung einer Metaphysik z. B. nach Hegel
Abb. 8. Hyperformalismus Calimera Lane Abb. 9. Emoticon 1 Caravaggio Bonetto
Laut Riegls Theorie entwickeln sich Stile nicht nur nebeneinander, sondern durchdringen sich gegenseitig und so kann es zu zufälligen Momenten kommen. Damit kann er im gegensatzt zu Wölflin Werke erklären, die sich in der Stilgeschichte nicht einfach einfügen lassen und in dem Zeitpunkt, in dem sie entstanden sind, anakronistisch erscheinen. Das moderne Formalismus entsand in Amerika. Clement Greenberg, wurde ab den späten 1930er Jahren einer der einflussreichsten US-amerikanischen Kunstkritiker des 20. Jahrhundert. Er strebte stets eine Beurteilung von Kunst an, die nur auf unmittelbar Wahrnehmbares beruhen solle. Er teilt somit die formalistische Grundannahme. Er konzentrierte sich im Wesentlichen auf Materialien und Techniken, die bei der Entstehung eines Kunstwerkes verwendet wurden. Er prägte den abstrakten Expressionismus mit den Begriffen American-Type Painting und Colourfield Painting. Greenbergs Auffassung, Kunstwerke strickt nach ihrer Form zu beurteilen, führt letztendlich zum Ausschluss der Geistigkeit, dem intellektuellen Inhalt in der Kunst, dennoch lassen sich die
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Auswirkungen seiner Tätigkeit immernoch spßren.
Abb. 10. Living architecture Velazquez Bonetto, Josina Burgess, Caravaggio Bonetto
Abb. 11. Emoticon 2 Josina Bugess, Velazquez Bonetto Abb. 12. Living architecture Caravaggio Bonetto, Velazquez Bonetto
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emoticon 5. Immaterielle Kunst Die Strebungen, die Geisteswissenschaften auf das selbe theoretische und methodische Niveau zu erheben, welche Höhen die Naturwissenschaften seit dem 18. Jahrhundert erreichen konnten, haben ein unübersehbares Geflecht zum Teil ineinander greifender, zum Teil gegenseitiger Kunsttheorien ergeben. Diese Komplexität der verschiedenen Kunsttheorien musste sich noch verstärken, als sich die Zielsetzungen des Künstlers erweitert haben und während des künstlerischen Schaffungsprozesses materienlose Medien ebenfalls einbezogen wurden. Die meisten kunsttheoretischen und ästhetischen Überlegungen haben bis dem 20. Jahrhundert das Kunstwerk als eine materielle Verkörperung der künstlerischen Idee betrachtet. Im Zentrum der Analyse waren im Wesentlichen Erscheinungsformen der Materie. Zielsetzung der Kunsthistoriker war, solche Fragen zu beantworten, wie und mit welchen Techniken der Künstler die Eigenschaften des Materials genutzt hat, um seine künstlerische Idee zu verwirklichen. Natürlich mussten Künstler während des Schaffungsprozesses immer die Auswirkungen von Licht, Schall, Klima, Zeit und Raum in Betracht ziehen, aber es kann doch als ein Quantensprung betrachtet werden, als diese theoretisiert und auf den Rang eines materienloses künstlerisches Mediums erhoben wurden. Die Auswirkungen sind vielfältig. Es kann ein Prozess der Entmaterialisierung in der Kunst beobachtet werden. Immaterielle Materie kann demnach als Gegenstand der Kunst funktionieren. Es ist zum Beispiel möglich, dass sich der Künstler ausschliesßlich des Mediums Licht bedient um seiner künstlerischen Idee Ausdruck zu geben. Andereseits, die erhöhte Freiheit bei der Wahl der Medien lässt neue Kunstgattungen entstehen, wie zum Beispiel Architektonische und Kybernetische Skulptur oder Klanginstallation. Die Geschichte der mitteleuropäischen Künste bis zum Anfang unseres Jahrhunderts ist die einer kontinuierlich
emoticon zunehmenden Trennung der Wahrnehmungsbereiche. Die Wirkung in jeweils nur einem Wahrnehmungsbereich hob die Künste vom Alltag ab, wo Sehen, Hören, Fühlen fast immer durcheinander wirken. Als Licht, Schall, Klima, Zeit und Raum auf den Rang eines eigenständigen künstlerischen Mediums erhoben wurden öffneten sich neue Wege. Die Wirkung des Kunstwerkes konnte sich auch weiterhin nur auf einem Wahrnehmungsbereich beschränken, wobei aber der Künstler im Gegensatzt zu früheren Praktiken weitgehend materienlos arbeiten konnte. Andererseits entstanden neue Kunstgattungen, bei denen die Trennung der Wahrnehmungsbereiche aufgehoben wurde. Zunehmend versuchen die Künstler alle Wahrnehmungsbereiche einzuschließen, um sich in dem Wettkampf für die immer knapper werdende Ressource, für die Auferksamkeit erfolgreich durchzusetzen.
Abb. 13. Lichtkunst Kunstlicht Karlsruhe
Abb. 14. Nicolas Schöffer Lichtmobil
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emoticon 6. Kybernetik Die Künstler beschäftigen sich immer mehr mit der Verwendung von künstlichem Licht und Klang, von künstlichem Klima und von immateriellem Raum und auch mit der Modellierung von Zeit. Mit Hilfe der Komputertechnologie werden mikrozeitlichen Einheiten, immer differenzierter programmiert. Die Programmierung ermöglicht diesen mikrozeitlichen Einheiten einen substanziellen Inhalt zu geben, indem Licht- und Klangsignale verwendet werden. Wir wohnen einer Entwicklung bei, deren Wurzeln bis in die anfänglichen Phase der Kybernetik zuruckreichen. ‚Kybernetik wird von ihrem Begründer Norbert Wiener definiert als die Wissenschaft der Kommunikation, Kontrolle und Regelung von lebenden Organismen und Maschinen und wird auch als die Kunst des Steuerns bezeichnet. Die Kybernetik erforscht die grundlegenden Konzepte zur Steuerung und Regulation von Systemen, unabhängig von ihrer Herkunft. Dadurch werden so unterschiedliche Bereiche wie Maschinen, Menschen oder Organisationen vergleichbar. Sie wurde in den 1940er Jahren von Wissenschaftlern unterschiedlichster Disziplinen entwickelt und inspirierte verschiedenste neue Anwendungsfelder‘ /Wikipedia/
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Abb. 15-18. Cybernetic Architectur (Caravaggio Bonetto)
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emoticon 7. Zwischen Skulptur und Architektur Nikolas Schöffer beschreibt in seinem Buch mit dem Titel Die Kybernetische Stadt seine Zukunftsvisionen. Viele seiner Ideen sind inzwischen verwirklicht worden, in vieler Hinsicht ist aber die Gegenwart anders gestaltet, als er es in den 60-er Jahren vorgestellt hat. Er hat auf jeden Fall erahnt, welche zentrale Rolle die interaktive Funktionsweise in dem kommenden Zeitalter spielen wird. Sowohl seine Türme, als auch sein spatiodynamisches Theater weisen Merkmahle der Interaktivität auf. Schöffers zahlreiche kleinere Türme, die in Innenräumen aufgestellt wurden, können als skulpturale Kunstwerke betrachtet werden. Die wenigen verwirklichten, großdimensionierten Türme, die in städtischen Umgebung stehen und vor allem die nicht verwirklichte kybernetische Turm für Paris weisen eine andere Gattungszugehörigkeit auf. Sie sind in einem Grenzbereich von Bildhauerei und Architektur zu lokalisieren. Die allgemein akzeptierte und verbreitete Gattungsbegriff heißt architektonische Skulptur, obwohl hier das Wort Skulptur ein bisschen verwirrend ist. Die Bildhauerei ist eine der ältesten bildenden Künste der Kulturgeschichte. Der Unterschied von bildhauerischen Arbeiten zur Malerei besteht in der Dreidimensionalität der Kunstwerke. In der Bildhauerei werden Formen und Gestalt unter Verwendung verschiedener Materialien und durch unterschiedliche Bearbeitungstechniken räumlich erfahrbar gemacht. Die Bandbreite der verwendeten Materialien reicht von klassischen Stoffen, wie Stein, Holz, Elfenbein, Metall, Ton und Gips, über Glas diverse Kunststoffe bis hin zu Textilien. Die Bezeichnung Skulptur steht für eine bestimmte Gattung der Bildhauerkunst, das sich durch sein festes Material und die Fertigungsweise im subtraktiven Verfahren, das heißt durch das Abtragen, Ausstechen oder Aushöhlen dieses Materials auszeichnet. Im Gegensatz zu einer Skulptur entsteht eine Plastik im additiven Verfahren, das heißt durch das Hinzufügen von Material. /wikipedia/ Vielleicht wäre deswegen der Begriff architektonische Plastik in vielen Fällen treffender. Tatsächlich handelt es sich in dem Fall von Schöffers Türme keineswegs um substraktiven Ver-
emoticon fahren. Die Türme wurden aus Stahl, Lichtquellen und aus zahlreichen Spiegeln mit einem additiven Verfahren aufgebaut. 7.1. Ein Segment der Skulptur Es überwiegen bei den Türmen skulpturale Merkmale, so dass sich eine Gattungszugehörigkeit zur Skulptur ergibt. Architektonische Skulptur kann als ein Segment der Skulptur betrachtet werden, vergleichbar dem Environment oder der Installation. Sie stellt keine Stilrichtung dar. Vorherrschende Elemente bei der Gestaltung sind Licht, Klang, Raum und Zeit und damit wird die Entmaterialisierung des Kustwerkes angestrebt. Die enge Verknüpfung mit der Elektronik und Kybernetik leitet die Erneuerung der Monumentalkunst ein. Der Turm für Paris wurde als ein ‚luftiges Gerüst aus viereckigen, zwei Meter dicken Stahlrohren‘ geplant, wie es Schöffer selbst in seinem Buch beschreibt. Das Adjektiv luftig klingt ungeegnet oder sogar witzig, wenn es sich um eine Konstruktion aus zwei Meter dicken Stahlrohren handelt, aber wenn man die Dimensionen und die planerische Pfiffigkeiten bedenkt, die eingesetzt wurden, um die Konstruktion aufzulösen und den Eindruck zu erwecken, dass sich der Turm in der Luft schwebt, dann ist es vorstellbar, dass Schöffers Turm dem Adjektiv wenigstens nahe kommen können hätte, sollte es wirklich gebaut werden. Bei einem durchschnittlichen Umfang von 59 Meter erreicht der geplante Turm eine Höhe von 307 Meter. Zum Vergleich ist der 10.000 Tonnen schwere Turm von Eiffel in Paris 300 Meter, einschließlich der Fernsehantenne sogar 324 Meter hoch. Schöffer hat eine assymetrische Form mit spezifischen Rhytmus geplant. Alle Teile dieses Gerüsts sollten mit rostfreien Stahlfolien belegt werden. Im Innern sollten in verschiedenen Höhen, von der gedachten Mittelachse des Turms mehr oder minder weit entfernt, 14 Holhlspiegel angebracht werden. Darüber hinaus wurden zwischen den 200 paralellen Armen, die in vier zueinander rechtwinkligen Richtungen herausragen sollten, 144 senkrechte drehbare Achsen geplant,
Abb. 19. Nicolas Schöffer Der Turm für Paris
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emoticon auf denen 363 Spiegel montiert werden sollten. Jede der 144 Achsen wird nach den Plänen von Elektromotoren mit variabler Geschwindigkeit angetrieben. Die Antriebsmechanik aller Motoren soll mit einem Zentralhirn verbunden werden, das den wesentlichen Teil des kybernetischen Systems ausmacht. Sowohl die konkave als auch die konvexe Seite der Hohlspiegel reflektiert die Strahlen. Die Hohlspiegel und die drehbaren Planspiegel erzeugen sowohl in Ruhe als auch in Bewegung eine vielzahl reflektierter Strahlen, welche rings um den Turm in alle Richtungen ausgesandt werden. Am Turm sollten 2085 Elektronenblitze und 2250 zum Teil farbige Scheinwerfer angebracht werden, welche jeweils auf die an den drehbaren Achsen befestigten Planspiegel gerichtet sein sollten. 15 Lichtkanonen sollten auf der Turmspitze montiert werden, um zwei Kilometer lange Lichtbündel nach oben auszustrahlen und so bei Nacht die Höhe des Turms optisch zu verlängern. Das Ein- und Ausschalten dieser Scheinwerfer und Blitzgeräte sollte ebenfalls vom Zentralhirn aus erfolgen. Die angebrachten Spiegel reflektieren die Umgebung und die Strahlen der Lichtquellen und lösen damit die Konstruktion auf. Die wahre und die optische Dimensionen der architektonischen Skulptur unterscheiden sich wesentlich, weil die Lichtkanonen den umgebenden Raum rythmisieren und dieser Raum in das Kunstwerk einbezogen wird. Damit wird die optische Dimension des Kunstwerkes der Dimension der Stahlkonstruktion um ein Größenordnung überlegen. Die Konstruktion ragt in der Höhe wesentlich mehr aus als bei der Basis, um den Eindruck zu erwecken, dass der Turm schwebt.
Abb. 20. Nicolas Schöffer Chronos
Schöffer hat die kybernetische Steuerung, die ständige, durch Motoren angetriebene Bewegung und das Lichtspiel als Symbole der Zukunft verstanden. In diesem Sinne hat er aber die tatsächliche Entwicklungsrichtung weit verfehlt. Aus heutiger Sicht steht das Konzept der Nachhaltigkeit im Mittelpunkt der Entwicklung einer zukunftsfähigen Architektur. In städtischen Strukturen ebenso wie in Entwurf und Ausführung ist der werterhaltende, ressourcenschonende Umgang mit Materialien und Konstruktionen gefordert. Das bedeutet in der Kon-
emoticon sequenz den Einsatz intelligenter Technologien, innovativer Bauweisen, ökologisch verträglicher Baustoffe und umweltbezogener Energiebewirtschaftung. Die Energieverbrauch des von ihm geplanten Turmes lässt sich mit dem Konzept der Nachhaltigkeit kaum vereinbaren. 7.2. Architekturmerkmale Architektonische Skulptur charakterisiert sich durch eindeutig identifizierbare Architekturmerkmale. Es handelt sich nicht um einfache formale Nachahmung architektonischer Einzelelemente oder zusammenhängender architektonischen Systeme. Vielmehr entscheidend ist das Sinngehalt, also die Bereicherung der Ausdrucksmöglichkeiten, indem das Vokabular des Künstlers mit Elementen der Architektursprache erweitert wird. Zum Beispiel, die Verwendung der Turmform impliziert, dass alle abstrakte Konzepte, die sich während Jahrhundeten mit diesem architektonischen Typus verbunden haben, automatisch in den Sinngehalt des Werkes einbezogen werden. Einzelelemente wie Säule, Pfeiler, Dach, Giebel, Tür, Fenster oder Fensteröffnung, Mauer oder Wand sollen nicht als geometrische Gebilde, sonder als Wörter einer international wohlbekannten Sprache betrachtet werden. Aus der Zugehörigkeit von Gattung Skulptur ergibt sich- trotz architektonischer Kennzeichen- eine klare Unabhängigkeit von jeglicher Funktion im Sinne zweckmäßiger Nützlichkeit. In diesem Sinne kristallisiert sich das abstrakte Sinngehalt der architektonischen Merkmale, weil ihnen die nützliche Funktion entzogen wird. In sehr seltenen Ausnahmefällen kommt eine bedingte Nutzung vor. Der architektonische Skulptur muss auf jeden Fall mindestens ein Architekturmerkmal aufweisen. 7.3. Reflexion vergangener Architektur Das gedankliche Bewegen von prähistorischen oder historischen Architekturformen und häufig auch der entsprechenden Kunstepoche in der Vorstellung des Betrachters, ist ein Thema, welches besonders häufig vorkommt und für die architektonische Skulptur eine zentrale Bedeutung besitzt.
Abb. 21. Nicolas Schöffer Chronos 10B 1980
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emoticon Der Turm als architektonisches Typus hat verschiedene Erscheinungsformen und Funktionen während der Architekturgeschichte gehabt, aber er ist und war immer eng mit den abstrakten Konzepten Macht und Überwachung verbunden. Die Geschlechtertürme in San Gimignano verkündigen die finanzielle Macht der Eigentümer-Familien. Die neuesten Wolkenkratzer, deren Höhe einem Kilometer immer näher kommt, verkündigen die finazielle Kraft und die ekonomische führende Rolle der eigenen Metropole. Schöffers Turm kann als Symbol der intellektuellen Macht der Wissenschaftler- und Künstler-Avantgarde betrachtet werden. Er war darüber überzeugt, dass die Zukunft eine intellektuelle Revolution mit sich bringt. Als Folge werden immer breitere Schichten den Zugang zum Wissen der immer höheren Qualität genießen. In diesem Sinne ist der Turm auch Symbol der intellektuellen Macht der Massen und des geistigen Fortschrittes. Der Kirchenturm verkündigt die Allmacht Gottes, hat aber noch weitere Funktionen. Ähnlich zu Lichtürmen ist er auch eine Orientierungshilfe. Der Kirchenturm ragt über die umgebenden Hausdächer und Bäume und ist aus weiter Ferne sichtbar. Damit kennzeichnet er dem Reisenden auf der Lande, wo sich das nächste Dorf oder die nächstliegende Stadt befindet. Der Kirchenturm bietet auch Überblick durch die Gegend. Ein Aussichtswarte hat ebenfalls die Funktion, eine möglichst weite Fernsicht und eine 360° Rundsicht zu ermöglichen. Die Aussicht dient als Vergnügungsquelle, indem man die Schönheit der Stadt und der Gegend genießt. Der Überblick ermöglicht ebenfalls die Überwachung. Im Gegensatz zu Aussichtstürme dienen Observatorium und Flughafen-Tower der Kontrolle. 7.4. Funktion und Nützlichkeit
Abb. 22. Die Geschlechtertürme in San Gimignano
Obwohl die meisten architektonischen Skulpturen zwar Architekturmerkmale aufweisen, dienen diese Merkmale nicht der gewöhnlichen nützlichen Funktion. In dem Fall des Turmes für Paris hat Schöffer ausnahmsweise doch sieben verschiedenen Besucherplattformen vorgesehen, die über Aufzüge und Treppen zu erreichen sind. Auf den Plattformen gibt es Restaurants, Signalanlagen, Einrich-
emoticon tungen fürs Fernsehen, eine dem Publikum zugängliche Betriebsüberwachung mit einem automatischen Magnetophon-Führer, Konzertsäle, ein Postamt, eine Orgel, einen Drugstore, sowie einen Laden. Von den Zwischenplattfomen aus kann man ein zweifaches Schauspiel genießen: den Blick über die ganze Stadtregion Paris und auf den Turm in voller Aktivität. Damit dient der Turm dem Vergnügen und ermöglicht auch eine Kontrolle über die Stadt. Der Turm hat noch weitere Funktionen. Er trägt der Flugnavigation bei und dient als Informations-, Quantifikations- und Aktionssystem. Thermometer, Hygrometer und Windmesser sind auf dem Turm angebracht. Das Zentralgehirn bewertet die Messdaten und damit funktionert der Turm zum Teil als ein Wetteramt. Ferkehrsinformationen werden in Form von Licht- und Funksignalen ausgesendet. 7.5. Veränderung der Architekturmerkmale Obwohl die erwähnten Architekturmerkmale in diesem Fall, im Gegensatz zu den meisten architektonischen Skulpturen, funkzionsfähig sind gibt, es zahlreiche skulpturale Merkmale um die Gattungszugehörigkeit zu architektonischen Skulptur zu unterstüzen. Die Architekturmerkmale beim architektonischen Skulptur treten gegenüber realen Architekturmerkmalen in der Regel in mehr oder weniger ausgeprägter künstlerischer Verwandlung auf. Eine naturalistische Nachbildung wird- bis auf sehr seltene Ausnahmen- vermieden. Die Art und Weise der Veränderung ist ganz unterschiedlich. Der Turm für Paris steht auf einer einzigen Stütze, als würde er schweben und Symbolisert damit die technische Entwicklung. Der Turm kragt in der Höhe weit aus. Damit ist die Masse im Gegensatz zu anderen Türmen nicht unten, sondern im Spitzenbereich konzentriert. Die Form wird durch Spiegel und Lichteffekte aufgelöst und entmaterialisert. 7.6. Maßstab und Proportionen Häufig zeichnet sich architektonische Skulptur durch ei-
Abb. 23. Kölner Dom
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emoticon nen, im Verhältnis zu vergleichbarer realer Archietktur, deutlich veränderten Maßstab aus. Dabei findet sich eine ausgedehnte Spannbreite aller denkbaren Maßstäbe. Es kann ein modellartiger Eindruck entstehen, häufig wird aber eine vergleichsweise überdimensionale Proportion gewählt, wie es der Fall bei Schöffers Turm ist. Der Turm von Liége wurde ebenfalls in beträchtlichen Dimensonen ausgeführt und im Aussenraum platziert. Hier spielen allerdings die Intentionen der kinetischen bzw. kybernetischen Kunst eine zentrale Rolle. 7.7. Überschneidungen mit Nachbargattungen Oftmals treten Überschneidungen mit benachbarten Gattungen und Untergattungen auf, was besonders die Bereiche Environment, Istallation und Architekturmodell betrifft. Architektonische Skulptur kann simultan mehreren (Unter-)Gattungen angehören. Schöffers Turm kann als Aussichts-, Kunst-, Informations-, Show-, Medien- oder Kulturturm angesehen werden. Es hat aber ebenfalls Verwandschaft mit den Gattungen Klang- oder Lichtinstallation.
Abb. 24 - 29. Cybernetic Sculpty Tower Art Space Diabolus CARP 2 (2008)
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emoticon 8. Inhaltliche Dimension architektonischer Skulptur 8.1. Interaktionen mit Architektur Die Wechselbezüge eines Kunstwerks mit benachbarter Architektur, sei dies mit Gebäudekomplexen oder Fassaden im Freien oder mit der Struktur von Innenräumen. Auch wenn grundzätzlich jedes in unmittelbarer Nähe von Architektur platzierte Kunstwerk irgendeinen Bezug zu ihr aufnimmt, geht es hier erneut um die durch das Kunstwerk thematisierte Architekturbeziehung. Wiederum stellt die Skulptur auf einer zweiten Ebene ein Verhältnis des Betrachters zur Architektur her. Im unterschied zur Kommunikation mit der Landschaft kommt der Begehbarkeit der Arbeiten keine ausschlaggebende Rolle zu. Eine weitere Verbindungslinie wird über die architektonischen Motive bzw. Merkmale errichtet. 8.2. Interaktion mit Öffentlichkeit Der Begriff Öffentlichkeit bezieht sich in unserem Zusammenhang auf andere Betrachter, welche die häufig im Öffentlichen Raum platzierte architektonische Skulptur zur selben Zeit wahrnehmen bzw. Auf Passanten, die an ihr zufällig vorübergehen. Interaktionen mit dieser Öffentlichkeit vollziehen sich grundzätzlich auf zwei verschiedenen Ebenen: 1. Das verhältnis des Kunstwerks mit der Öffentlichkeit. Die Skulptur richtet aktiv an den Betrachter wie auch zufällig vorbeikommenden Passanten das Angebot, ihre Benutzungsmöglichkeiten zu erschließen. 2. Das Verhältnis der Betrachter untereinander bzw. von Betrachter und Passanten. Es wird ebenfalls maßgeblich durch die Skulptur in Gang gezetzt. Von entscheidender Bedeutung ist die Räumliche Organisatzion der Skulptur. Sie fordert zum Nähertreten, Begehen, Besteigen etc. Raumorganisatzion bewirkt Kommunikation. 8.3. Interaktionen mit Landschaft
emoticon Eine Vielzahl von architektonischen Skulpturen wird für den Außenraum und für die Platzierung in einer Landschaft geschaffen. Jedes in der Landschaft platzierte Kunstwerk nimmt selbstverständlich irgendeinen Kontakt zu ihr auf. Eine aktive Bezugsnahme eines Kunstwerks zum umgebenden Landschaft wird als Interaktion mit der Landschaft bezeihnet. Eine Interaktion kann nicht nur zwischen Kunstwerk und Landschaft, sondern auch zwischen Betrachter und Kunstwerk bzw. Betrachter und Landschaft stattfinden. Es handelt sich also um eine Interaktion mit drei Teilnehmern. Das Kunstwerk eröffnet eine Auseinandersetzung des Betrachters mit der Landschaft, die ohne das Kunswerk nicht möglich wäre. Erst die Rezeption der Skulptur ermöglicht ihm einen ganz spezifischen Modus der Landschaftswahrnehmung. Häufig stellen die verwendeten Materialien die aus der Natur entstammen, wie zum Beispiel Holz, Stein oder Erde, eine Verbindungslinie zur Landschaft her. Schöffer hat seine Türme für festen, städtischen Standorte geplant. Sie sollten nach seinen Vorstellungen als Erkennungszeichen im Brennpunkt der Städte stehen. Die Bewegungen ihrer beweglichen Teile, ihre Lichter sowie die Aussendung von akustischen Zeichen reagieren auf die Veränderungen ihrer Umgebung. Die Interaktion wird vom zentralen kybernetischen Gehirn gesteuert. Das Zentralgehirn empfängt die Messdaten der Sensoren und Messgeräten und mit Hilfe von Algorhytmen entscheidet über die entsprechenden Reaktionen. Dank den Spiegeln stellt der Turm aus der Ferne gesehen bei Tag, je nach Intensität der Sonnenstrahlen, eine riesige lebende Flamme dar. Das Lichtspiel entfaltet sich aber vor allem bei Nacht, als sich das Erscheinungsbild Dank den Lichtkanonen je nach den von dem kybernetischen Steuersystem ausgelösten Rhytmen ständig wandelt. Der Turm betont die zeitlichen Veränderungen der natürlichen Lichtverhältnisse und anderer klimatischen Faktoren und ermöglicht damit eine modifizierte, intensivere Wahrnehmung der Umgebung. Ein sonniger Tag wird als goldenen Heiligenschein, der Sonnenuntergang als wilder Feuertanz erlebt.
Abb 30 . Nicolas Schöffet Chronos 10B 1980
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emoticon Chromstahl und Spiegel reflektieren die Umgebung und stellen damit eine Verbindungslinie zur städtischen Landschaft dar. Anscheinend formt sich der Turm aus dem selben Material wie die Umgebung und fügt sich organisch hinein. Er löst sich auf und wird fast unsichtbar. Schöffer verwendet aber nicht nur Materialien, die die Natur widerspiegeln, sondern in bestimmter Sinne verwendet er die Natur selbst. Er verwendet die fünf Topologien Zeit, Licht, Schall, Klima und Raum und strebt auf ein materienloses Kustwerk. Er rhytmisiert den Raum mit Licht und Klang. Klimaänderungen, Gerüche und Wind werden in den Schaffensprozess einbezogen. Er kommt seiner Zielsetzung nahe und leistet einen großen Schritt Richtung der Entmaterialisierung eines Kunstwerkes. 8.4. Die Entmaterialisierung Die Folgenden Zitate spiegeln Schöffers Ansichten wider: Wir wohnen tatsächlich einem Prozess bei, der unsere Umgebung ständig entmaterialisiert. Wir vereinfachen die Form und verringern das Volumen und das Gewicht der Materialien, die wir zum Beispiel bei der Gestaltung unserer städtischen Umgebung verwenden. Im gegenwertigen Stadium kommen wir in zunehmender Maße zur Transparenz. Nie hat man beim bauen soviel Glas verwendet wie heute. Aber mehr und mehr werden die festen Materialien durch immaterielle Materialien ersezt werden, wie etwa durch die Trilogie Raum, Licht und Zeit. /Schöffer/ Eines Tages wird man in die innere Struktur des Raumes eingreifen, und man wird in die innere Struktur der Komponenten und sogar der Mikrokomponenten des Raumes eingreifen, und man wird in diesem Raum unsichtbare Trennwände schaffen, die aus Strukturen atomarer Größe bestehen /Schöffer/ Abb. 31-33. Entmaterialisierte Cybernetic Sculpture (timespace painting) Art space diabolus CARP 9 Velazquez Bonetto
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Abb. 34-36. Entmaterialisierte Cybernetic Sculpture (time-space painting) Art space diabolus CARP 9 Velazquez Bonetto
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emoticon 9. Die fünf Topologien 9.1. Zeit: Topologie des Rhytmus „Die Zeit ist die Immaterielle Substanz, in der das ganze Leben abläuft. Das Element Zeit ist ebenfalls ein Material, das man strukturieren, modulieren und in seinem Ablauf programmieren kann. Die Weise, in der die Zeit in ihrem Ablauf eine innovative und insbesondere ästhetische Bedeutung annimt, ermöglicht es, sie als spezifisch immateriellen Stoff zu begreifen. Die Gestaltung der Zeit nennt man Programmierung. Zeit für ein Ästhetisches Ziel programmieren und die zur Verfügung stehende Zeit umfunktionieren und damit Information ästhetisieren.“ / Nicolas Schöffer Die kybernetische Stadt/ Die Zeit ist ein Gestaltungselement, das von Künstler und Architekten seit Jarhtausenden auf verschiedene Weisen in Betracht gezogen wurde. Ein Kunstwerk interagiert mit Zeit, indem die Wahrnehmung des Kunstwerks mit der Zeit wandelt. Die Lichtverhältnisse ändern sich rhytmisch. Die Zyklen dieser Rhytmus haben verschiedene Längen. Es sind nicht nur das Licht oder die klimatische Verhältnisse, die sich ständig ändern, sondern auch das Kunstwerk selbst unterliegt einem stätigen Wandel, indem die Verfallsprozesse schnell oder langsam, aber unaufhaltsam fortschreiten. Kunstwerk und Architektur kann zeitlos oder temporär wirken, entsprechend den künstlerischen Zielsetzungen und Gestaltungskonzepte. Je länger der Zyklus des Schauspiels in dem Universum ist, welcher in dem künstlerischen Konzept einbezogen wird, desto zeitloser wirkt das Kunstwerk. Zum Beispiel, entfaltet sich die vollkommene Schönheit und das wahre Wesen von Stonhenge jährlich einmal gleichzeitig mit der Sommersonnenwende. Die Energieaufwand, die zum Bau benötigt wurde, muss mit diesen außergewöhnlichen, seltenen Momenten ausgewogen werden. Aus dieser Überlegung wird klar, das die Erbauer dieses Bauwerkes für die Ewigkeit gebaut haben.
emoticon Zeitlos wirkende Architektur entsteht auch wenn die Zyklen des Universums ausgeschlossen werden, wie es bei den aktuellen minimalistischen Tendenzen, zum Beispiel bei Peter Zumtors Bauten vorkommt. Voraussetzung der Zeitlosigkeit ist auf jeden Fall die Verwendung von edlen Materialien, die den Verfallsprozessen mit menschlichen Maßstäben praktisch unendlich widerstehen können. Zeit bekommt in der Kunst größere Bedeutung seitdem Programmierung mit Komputern möglich ist. In dem Komputer laufen die Prozesse in mikorozeitlichen Einheiten ab. Dementsprechend sind auch die Zyklenlängen in dem Mikrobereich. Daraus folgt, dass kybernetische und digitale Kunst eine Tendenz hat, eine temporäre Qualität aufzuweisen. Schöffers Türme reagieren auf jeglichen Änderung der Umgebung. Sie thematisieren im Gegesatz zu Zeitlosigkeit den ständigen Wandel. Nichts hat einen Fixpunkt, nichteinmal die Konstruktion selbst scheint einen zu haben, weil alle mögliche Pfiffigkeiten eingesetzt werden, um den Ablauf der Kräfte zu veschleiern. Die Türme schaffen verschiedene Zonen zeitlicher Dichte in der Stadt. In der Nähe der Türme gibt es eine große Dichte möglicher Ereignisse. Obwohl rostfreier Stahl eine der edelsten Materialien ist, konnte eine gewisse temporäre Qualität auch in die Materialwahl einschleichen. Die Spiegel können den freien atmospherischen Verhältnissen vielleicht einige Jahre lang widerstehen, aber verblenden sich langsam. Die durchbrennten Lichtquellen müssen ständig ausgetauscht werden. Das Gefühl der Schnellebigkeit wird unverweigerlich mit dem Kunstwerk verbunden. 9.2. Licht: Topologie des Lichts Ohne Licht wäre Leben und Wahrnehmen mit dem Sinnesorgan Auge nicht möglich, unsere Umwelt wäre für uns unsichtbar. Licht und Schatten betonen das materielle Charakter der Gegenstände in unserer Umwelt und bieten eine Vielfalt von Farben, Schattierungen und Tex-
Abb. 37. Nicolas Schöffer Der Turm für Paris
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emoticon turen für die Sinne. Andererseits könnten wir ohne die materiellen Strukturen unserer Umwelt das elektromagnetische Phänomen Licht nicht erkennen. Wir können die elektomagnetische Welle selbst nicht wahrnehmen. Im Weltraum sehen wir die Sterne und die Planeten; das interstellare Material erscheint wie ein leuchtendes Nebel, aber im leeren Raum finden unsere Augen nichts, um dem Gehirn darüber ein Signal weitergeben zu können. Das Licht erkennen wir als Reflexion oder Transparenz, es verkörpert sich für dem Sinnesorgan Auge an den Gegenständen. Gestaltung heißt also in bestimmter Sinne, dem Licht Körper zu geben oder anders ausgedrückt, das Licht aus dem Nichts hervorzurufen. Licht ist ein unentbehrliches künstlerisches Medium, ein Gestaltungselement, ohne dem kein Künstler arbeiten kann. Obwohl Licht das gewönlichste Medium der kreativen Arbeit ist, bedienten sich Künstler des Lichtes währed der Kunstgeschichte immer, um dem Werk die Qualität von Ungewöhnlichkeit und Außerordentlichkeit zu geben. Das gewöhnlichste Medium ist gleichzeitig das effektivste. Licht wird oft als göttlich bezeichnet, ist Symbol der Heiligkeit und des Geistes; die Aufklärung gibt dem Wort ein neues Sinngehalt und wir sprechen seitdem auch von dem Licht des Intellektes. Schon vor mehrere Tausend Jahren haben Architekturen das Licht thematisiert. Wie schon erwähnt, ist die Grundessenz von Stonhenge das jährlich zurükkehrende Schauspiel des Lichtes.
Abb. 38-39. Lichtkunst Kunstlicht Karlsruhe
Die Griechen gingen bei ihren Entwürfen davon aus, dass ein Kunstwerk von allen Seiten betrachtet wird. Das Spiel von Licht und Schatten um den Säulen rhytmisiert den Raum. Architektur und Licht bildet eine Einheit. Neue Höhen der Architektur wurden mit dem Bau von Hagia Sofia erreicht, wo das Licht im Zentrum des gestalterischen Konzeptes steht. In der gotischen Architektur wird das Licht zum wesentlichen Konstruktionsprinzip der ganzen Kathedrale. Baukörper und GlasmalereiFenster sind die materialen Träger einer ästhetisch-theologischen Gestaltung von Licht. Licht wird als Heiligenschein, als das undarstellbare Gott selbst aufgefasst.
emoticon Im 10. Jahrhundert hatte man die Technik erfunden, Glasteile in Bleistege zu fassen. Das gotische Fenster ersetzt das romanische Fenster. Die Strahlen der Sonne durchdringen die bunte Glasstücke während sie ihre tägliche Wanderung durch das Himmelsgewölbe vollzieht und das durchscheinende Licht dynamisiert den Raum mit dem Bild der Glasmalerei. Es gibt ebenfalls zahlreiche Beispiele der letzten Jahrhundert für eine Architektur, in der es vor allem auf die Regie des natürlichen Lichtes ankommt. Le Corbusiers Notre Dame du Haut in Ronchamp oder Tadao Andos Kirche des Lichts können als spätere Nachkommen des selben Konzeptes betrachtet werden. Es stehen uns zwei Lichtquellen zur Verfügung: das natürliche Licht und das künstliche Licht. Als künstliches Licht konnte in der Vergangenheit nur das Feuer (Kerze, Fackel, Gaslampe) verwendet werden. Die Elektrizität hat Ende der 19. Jahrhundert die Gestaltung mit Licht revoluzioniert. Die von Edison entwickelten Glühlampen waren die ersten elektrischen Produkte, die Anfang der 1880er Jahre eine verbreitete Anwendung fanden. Gleichzeitig mussten elektrische Energieversorgungsnetze für ihren Einsatz aufgebaut werden. Die Leistung markiert den Beginn der umfassenden Elektrifizierung der kulturellen Entwicklung. Das elektrische Licht steht jeder Zeit zur Verfügung und kann programmiert werden. Die Verwendung des elektrischen Lichtes lässt große Flexibilität bei der Gestaltung zu. Eindrucksvolle Effekte können mit relativ wenig Aufwand erreicht werden. Kein Wunder, dass elektrisches Licht sehr schnell für Manipulationszwecke eingesetzt wurde. Beim letzten NSDAP-Parteitag im Jahr 1938 in Nürnberg auf dem Zeppelinfeld sorgten über 150 besonders starke Scheinwerfer, die senkrecht in den Himmel strahlten und einen Lichtdom hervorzauberten, für spektakuläre Effekte. Ähnliches Schauspiel bieten die Eröffnungs- und Absclußfeste von Olympien und Fußball Weltmeisterschafte. Bei Stadionbau sind die pfiffigsten Lichteffekte eingesetz um die Emotionen in die Höhe zu peitschen. Das Alianz Stadion wurde von den Architekten Herzog und de Meuron selbst als Emotionsfabrik
Abb. 40. Autobahn Lichtdiagramm
Abb. 40. Lichtkunst Kunstlicht Karlsruhe
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emoticon bezeichnet. Kinematografische Techniken haben einen neuen künstlerischen Revolution ausgelöst. Der Film kann seit dem 20. Jahrhundert als eines der wichtigsten Massenmedien angesehen werden, sowohl in Form des Kinos als auch in Form des Fernsehens. Er ist damit zugleich eines der wichtigsten Elemente der modernen Kultur geworden. Die Möglichkeiten des Lichtspieltheaters haben sich noch erweitert mit dem Siegeszug des Internets. Licht is das wichtigste Gestaltungselement bei Schöffers Werken. Bei ihm ist das Licht Informationsträger, mit dem er den Raum dynamisiert. Er bezeichnet die Methode, wie er Lichteffekte hervorruft, als Luminodynamismus. Der Raum wird vom Licht verwandelt und rhytmisert, so dass es semantsich decodiert werden kann. Durch Lichtinstallationen übermittelt er Information. Das Licht wird in einen Fluß von Daten transformiert. Die von dem Turm ausgesendete Lichtsignale vermitteln Informationen über das Wetter, die Verkehrssituation, die Aktienkurse etc. Es entsteht eine enorme, pulsierende Informationsdichte, die dem städtischen Charakter beiträgt und sie betont und hervorhebt. Diese Informationsdichte ist auch als Symbol der Zukunft zu betrachten. Schöffer, der Visionär, hat schon in den 60-er Jahren vorhersagen können, dass sich die kommende Jahrzehnte als Informationszeitalter in die Geschichte eingehen werden. 9.3. Schall: Topologie des Hörens
Abb. 42-43. Das elektrische Licht
Schöffers Strebungen, das künstlerische Konzept mit möglichst materienlosen Ausducksmitteln zu verwirklichen und ein entmaterialisiertes Kunstwerk zu schaffen legen, neben der Verwendung des Lichtes, auch die Verwendung des Klanges als künstlerisches Medium nahe. In der Vergangenheit war nur der durch Musikinstrumente erzeugte künstliche Schall im Fokus künstlerischer Interesse. Das Reich der Klänge ist aber wesentlich größer. Schöffer leistete eine Pionierarbeit, indem er ein breites Spektrum von natürlichen und künstlichen Klangerreignissen in das Schaffensprozess einbezogen
emoticon und auf dem Rang der Kunst erhoben hat. In dieser Periode ist das Geburt einer neuen Kunstgattung, der Klangkunst zu lokalisieren. Schöffer hat zu dieser Entwicklung einen wesentlichen Beitrag geleistet. Die Klangkunst ist eine Form der Installationskunst, bei der visuelle und räumliche Aspekte einbezogen werden, aber die Klangerreignisse im Fokus stehen. Das Spektrum unfasst alle Geräusche der Natur, des Menschen und der Technik und die Stille selbst. Akustische und elektronische Apparaturen werden eingesetzt um künstliche Klangeffekte hervorzurufen, aber einfache Alltagsgeräusche und deren Mangel sind auch Teil des Repertoires. Die Klangkunst liegt im Grenzbereich zwischen Bildender Kunst und Musik. Die Wurzeln der Klangkunst liegen am Anfang des 20. Jahrhunderts, als vermehrt Kooperationen zwischen Künstlern, Techniker und Wissenschaftler entstanden. Zu dieser Zeit sind die ersten Beispiele von Künstlern und Künstlergruppen zu finden, die zwischen den traditionellen Künsten agierten und das traditionelle Feld der Kunst erweiterten. Die historischen Quellen der Klangkunst hängen einerseits mit der Öffnung der Musik zum Geräusch, mit der Einbeziehung von Zufallsprozessen und Raumideen in die musikalische Komposition und mit der Integration von Klängen und Geräuschen in die Gestaltung kinetischer Plastiken und Installationen zusammen. Ein weiterer Schritt ist die Einführung der Interaktivität. In der Klangkunst wird die traditionelle Form und narrative Qualität musikalischer Vermittlung zugunsten einer neuen Klang-Raum-Erfahrung aufgegeben. Klanginstallationen haben keinen vorgegebenen Zeitrahmen, sie werden von dem Prinzip, der Eigenzeit des Rezipienten geleitet. Wie bei einem Ausstellungsbesuch kann der Rezipient die zeitliche und räumliche Organisation seiner Wahrnehmung selbst gestalten. Klangkunst hat im Allgemeinen einen starken Ortsbezug und ephemeren Charakter. Die Klangkunst ist ein ideales Medium um Orte atmosphärisch aufzuladen und zu einem besonderen Erlebnisort werden zu lassen. Der Besucher erhält
Abb. 44. Nicolas Schöffer Lichtmobil (Kalocsa)
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emoticon Aktions- und Interpretationsfreiräume zur Gestaltung des eigenen sinnlichen Erlebens. Klanginstallationen und Klangskulpturen erlauben ein ständiges Verlassen und Wiederkehren. Zur Gattung Klangkunst können einige Installationen gezählt werden, die eigentlich vor dem Zeitpunkt geboren sind, als der Begriff selbst geprägt wurde. Solche sind zum Beispiel Mauricio Kagels 1953 in Buenos Aires realisierte Música para la torre, das Poème électronique von Edgard Varese für den Philips-Pavillon auf der Weltausstellung in Brüssel im Jahre 1958, John Cages Variation VII bei den schon erwänten „9 evenings“ in New York, oder die spatiodynamischen Konstruktionen von Nicolas Schöffer. Der Begriff Klanginstallation taucht erstmals 1971 bei dem bedeutenden US-amerikanischen Künstler Max Neuhaus auf.
Abb. 45. ROLAND hardware und Edirol softwareSampler
Mit »Drive-In Music« verwirklichte Max Neuhaus 1967-68 als einer der ersten die Idee einer ›Musik‹ für den öffentlichen Raum, die klanglich komplex ist, sich den Passanten aber nicht aufdrängt. Entlang einer breiten Allee, dem Lincoln Parkway in Buffalo, New York, installierte Neuhaus auf einer Strecke von knapp 600 Metern in den Bäumen 20 leistungsschwache Radiosender mit unterschiedlichen Ausrichtungen und Klängen, so dass sieben überlappende Zonen verschiedener Klangkomponenten entstanden. Die Klänge wurden in selbstgebauten Generatoren vor Ort synthetisiert und veränderten sich in Abhängigkeit von Umwelteinflüssen. Da die Sender alle auf der selben Frequenz zu empfangen waren, hörten durchfahrende Autofahrer je nach Geschwindigkeit, Fahrtrichtung, Tageszeit und Wetterlage unterschiedliche Klangentwicklungen. Tatsächlich arbeitet Neuhaus bei seinen Installationen im öffentlichen Raum nicht nur mit den synthetischen Klängen, die seine Geräte herstellten, sondern er benutzt diese auch als Kontrapunkt zu den Geräuschen, die sich am jeweiligen Ort finden und bringt sie in einen ästhetischen Kontext, indem er ihnen tonhafte Klänge zu Seite stellt. (Quelle: Golo Föllmer, »Töne für die Straße«, in: Akademie der Künste (Hg.), Klangkunst, München 1996, S. 216-218)
emoticon Bei Schöffers kybernetisch-kinetischen Skulpturen sind es vor allem die Geräusche der Mechanik und der beweglichen Teilen, die gemischt mit natürlichen Geräuschen und der Lärm der Stadt die Sinnliche Erfahrung liefern. Auch in diesem Fall dient der Hintergrundgeäusch als Kontrapunkt der von dem Skulptur selbst stammenden Geräuschen. 9.4. Klima: Topologie der künstlichen und natürlichen Klimaströme Es wurden sogar klimatische Phenomäne von Schöffer thematisiert. In seinem Buch Der kybernetische Stadt spricht er über die klimatische organisation der Wohneinheiten und deren Umgebung. Das kontrollierte Klima der Stadt der Zukunft wird nach seiner Vorstellungen von einer kybernetischen Zentrale aus gesteuert. Schlechte Gerüchen werden unterbindet, gute Gerüche verbreitet um eine sinnliche Erfahrung der Stadt auch auf dieser Ebene kontrolliert zu verstärken. Die Gesaltung mit dem Medium Geruch ist keine neue Gedanke, es ist demgegenüber neu sie kybernetisch zu kontrollieren. Die Kirche verwendet Gerüche seit Jahrhunderten um eine heilige Atmosphäre zu schaffen. Die Gestaltung einer Raumerlebniss mit Hilfe von Gerüche ist Teil der Gartenkunst. Andere Kunstgattungen hingegen haben diese künstlerische Ausdrucksmöglichkeit währed der früheren Jahrhunderten vernachlässigt. Erst im 20. Jahrhundert sind Gerüche ins Fokus der künstlerischen Interesse Geraten. Das Geruch muss nicht unbedingt als konkrete sinnliche Erfahrung Teil des Kunstwerkes sein, manchmal werden nur versteckte Anspielungen vom Künstler eingesetzt. Die Elephant Exkremente, die Chris Ofili bei seinen Bildern verwendet, sind präpariert worden, so dass sie kein Geruch mehr verbreiten, nur die Form und Gestalt schwört in der Erninnerung des Besuchers die entsprechenden sinnlichen Erfahrungen auf. Es war anders 1987 bei Hellweins Kunstspektakel mit Geruch und Geräuschen in der Bremer Kunsthalle. Unter dem Motto Der
Abb. 46. Mauricio Kagel Abb. 47. Max Neuhaus: »Drive-In Music«
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emoticon Untermensch führte Helnwein ein multimediales Spektakel auf; ein bildendes Theater, wo er neben Musik und Video auch Duft eingesetzt hat. Kühe und Exkremente in den heiligen Räumen der Bremer Kunsthalle - Eine“ Ausstellungsoper“ - initiiert von Kunst-Schocker Gottfried Helnwein- mit diesen Worten wurde das Event angekündigt, nach dem die Reaktionen von dem Vorwurf der Scharlatanerie bis zur hellen Begeisterung reichten.
Abb. 48. Nebel Kunst von Nakaya
Abb. 49. Chris Ofili
Die Grundidee, Klimaerreignisse in das Kunstwerk zu integrieren wurde schon von Schöffer verfasst, aber hat sich erst später bei der Nachfolger Künstler- und Architektengeneration entfaltet. Ähnlich wie der Geruch stets ausgeprägter Teil der künstlerischen Ausducksmitteln wurde, hat auch Nebel, Wind und Sonnenschein immer größeres Terrain im Reich der Künste erobert. Seien hier nur einige Beispiele erwähnt: Weltweite Beachtung fand der Pavillon Blur Building von den Architekten Diller und Scofidio auf der Schweizer Landesausstellung im Jahr 2002. Die Gebäudehülle wurde bei diesem Pavillon allein durch fein versprühten Wassernebel erzeugt. Fujiko Nakaya hat ebenfalls das Nebel als Medium verwendet bei seiner anlässlich der Singapur Biennale 2008 realisiertem Werk. Renzo Pianos Kulturzentrum Jean-Marie Tjibaou in New Caledonia thematisiert mit den charkteristischen Holzkonstruktionen den Wind. Seit 1990 entwickelt Theo Jansen kinetische Skulpturen, die er Strandbiester nennt. Die für ihre Bewegung notwendige Energie beziehen sie aus dem Wind. Der Künstler entwickelt die skelettartigen Gebilde in Richtung eigenständig lebender Wesen. Die Strandbiester können sich grob an ihrer Umwelt orientieren. Sie verankern sich bei einem aufkommenden Sturm selbstständig im Sand, erkennen mit ihren Fühlern Hindernisse und ändern die Laufrichtung, wenn sie ins Wasser geraten. Es könnte noch mit zahlreichen Beispielen illustriert werden, wie sich die klimatische Phenomäne als künstlerisches Medium etabliert haben. Es ist ein Prozess der Erweiterung und Befreiung der Künste, deren Anfänge schon bei Schöffer zu finden sind. 9.5. Raum: Topologie des Raumes
emoticon Gonzales, Gabo, Pevsner, waren die ersten Bildhauer, die bewusst in ihren Skulpturen Zwischenräume einführten, wodurch mit der Gegenüberstellung von Vollem und Leerem der immaterielle Raum offenbar wird. Für diese Künstler war der Raum noch nicht die absolute Materie, sondern eine von den Materien zum Hervorheben eines Gegenstandes. Ein radikaler Schritt wurde von Schöffer geleistet, als er in den 60-er Jahren das Modellieren von Festkörpern aufgab, um sie ausschliesslich für die Gewinnung von abgegrenzten Raumbruchteilen zu verwenden und um diese Raumteile rhytmisch zu gestalten. Mit zunehmendem Fortlassen des Gegenstandes war für ihm der eingeschlossene Raum und nicht die tastbare Struktur wichtig. Er wollte das immaterielle Materie Raum als Grundmaterial in ein strukturiertes Werk dynamisch integrieren, und eine Bewegung auf harmonischen Linien erzeugen. Manche Schöffers Strukturen könnte man als Fallen bezeichnen, die er dem Raum stellte. Er strebte danach, dem Raum mit einfachen und möglichst wenig dichten Strukturen eine Falle zu stellen, einen Bruchteil des Raums einzufangen und ihn zu dynamisieren, indem man die Strukturen in spezifischen Rhytmen verwendet und dem Raum einen energetischen Inhalt verleiht, der zugleich im Inneren dieser Strukturen und um sie herum wirkt. Der Entwurf wird nicht als isoliertes Objekt behandelt, sondern als strukturiertes Element in einem strukturierten Raum. Scöffers Turm schafft, gestaltet und gliedert den Raum, Innen- und Außenraum fliesst zusammen. Diese architektonischer Raum ist durch vertikale oder horizontale Elemente definiert Ein spezieller Raum in der kybernetischen Stadt ist das spaziodynamisches Theater und Geschäftszentrum, eine der bevorzugten Stätten der Freizeitgestaltung. Dieses Gebäudetypus wird im Buch Der kybernetische Stadt detailiert beschrieben.
Abb. 50-52. Theo Jansen 3 Strandbeasts
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emoticon Viele Aspekte der Grundidee sind in den heutigen Shopping-Zentren verwirklicht worden, wo Restaurant, Kino, Theater und Geschäfte für die Untehaltung der Besucher auf verschiedenen Ebenen sorgen. Es ist nicht selten das auch Mitarbeiter der Television present sind, und die Vorbeigehenden in Live-Sendungen einbezogen werden. Das Grundkonzept von Second Life ist in bestimmter Sinne ganz ähnlich. Hier werden für die Anwender ebenfalls die obengenannten Unterhaltungsmöglichkeiten angeboten. Zahlreiche Geschäfte stehen zur Verfügung. Der Anwender kann von einer Fülle von verschiedenen Kunstereignisse, Shows und Partys wählen, die er mit Hilfe der Teleport Funktion besuchen kann. Die Diabolus Cybernetic Art Research Gruppe hat sich das Ziel gesetzt, Schöffers spatiodynamisches Theater in Second Life zu verwirklichen. Zum Thema der Vorführung wurde Robert Plutschiks evolutionspsychologische Emotionstheorie gewählt. Auf Grund von Plutschiks System von primär Emotionen wurde ein interaktives Theater realisiert, wo die Zuschauer den Ablauf der Vorführung beeinflussen können. Um das Projekt erklären zu können, ist es hilfrech, zuerst einen kurzen Überblick der verschiedenen emothionspsychologieschen Theorien anzubieten.
Abb. 53-54. Pevsner , Arp
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Abb. 55. Einkaufzentrum Stuttgart
Abb. 56. Virtual Art Space Diabolus emoticon 4
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emoticon 10. Emotionspsychologie Emotionen sind Forschungsgegenstand der Emotionspsychologie, aber nichteinmal die Frage, was Emotionen sind, wurde bis heute zufriedenstellend beantwortet. Geht man vom Alltagsverständnis von Emotionen aus, werden bestimmte psychische Zustände mit Wörter wie Freude, Überraschung, Trauer etc. bezeichnet. Wir setzen dabei voraus, dass unser Gesprächspartner weiß, was mit diesen Wörtern gemeint ist, weil er vorher irgendwann ähnliche Zustände erlebt hat. Unsere Erfahrungen unterstützen, dass diese Annahme aller Wahrscheinlichkeit nach stimmt. Jeder scheint die Wörter zu verstehen. Jeder Mensch gibt ab und zu Anzeichen solchen psychischen Zuständen. Emotionen sind Erlebnisse, die bei allen Menschen gemeinsam sind. Es gibt tatsächlich keine Sprache, die keine Wörter für solche Vorkommnisse kennt. Als Wissenschaft, braucht aber die Emotionspsychologie eine Definition, dass für jeder verständlich ist, unabhängig davon, ob er Emotionen früher erlebt hat oder nicht. Es sind zahlreiche Definitionen in der emotionspsychologischen Fachliteratur aufzufindenden. Es gibt sogar zum Teil unversöhnliche Kategorien von Definitionen, da eine Emotionsdefinition meist Teil einer umfassenderen Emotionstheorie ist. Behavioristische-, Kognitiv-physiologische-, Attributionale-, Evolutionspsychologische Emotionstheorien nehmen verschiedene Ansatzpunkte und behandeln das Thematik aus diversen Gesichtspunkten, dementsprechend bestimmen sie auch den Begriff Emotion anders. Hier folgen eingige Definitionen, deren Synthese wenigsten einen Eindruck darüber gibt, was Emotionen sein mögen. „Eine Emotion ist ein intersubjektiv beobachtbares Reaktionsmuster, das durch bestimmte Umweltgegebenheiten verläßlich ausgelöst wird. Die grundlegenden Reaktionsmuster sind angeboren.“ „Eine Emotion ist ein erbliches Reaktionsmuster, das
emoticon tiefgreifende Veränderungen des körperlichen Mechanismus als Ganzem beinhaltet, insbesondere der viszeralen und der Drüsensysteme. Mit Reaktionsmuster meinen wir, daß die einzelnen Details der Reaktion immer dann mit einiger Konstanz (...) auftreten, wenn der auslösende Reiz dargeboten wird.“ /John B. WATSON (1878-1958)/ „Eine Emotion ist ein Erlebenszustand, und zwar ein Erleben körperlicher Reaktionen, die auf die Wahrnehmung eines erregenden Reizes erfolgen.“ / William JAMES (1842-1910)/ „Eine Emotion ist ein Erlebenszustand, der aus der Integration von körperlichen Erregunsempfindungen und bestimmten Kognitionen hervorgeht.“ / Stanley SCHACHTER (1922-1997)/ „ Eine Emotion ist ein Erlebenszustand, der aus bestimmten Bewertungen resultiert und dem bestimmte Handlungen nachfolgen.“ /Bernard WEINER/ „Ich sehe eine Emotion als ein Syndrom aus verschiedenen Komponenten: Nicht nur der Erlebenszustand gehört zur Emotion dazu, nicht nur Kognitionen gehören dazu, sondern auch physiologische Reaktionen, Handlungsimpulse und beobachtbares Verhalten. Außerdem gibt es keinen Zweifel, daß Emotionen eine genetische Grundlage haben; sie sind - im Sinne Darwins - grundlegende Formen der evolutionären Anpassung.“ /Robert PLUTCHIK/ „Emotionen sind nichts anderes als bestimmte neurophysiologische Reaktionen. Sie existieren als solche also nur in unserem Gehirn. Sie laufen automatisch ab; wir können sie nicht beeinflussen, können ihnen nur im Nachhinein Sinn geben.“ /Joseph E. LeDOUX/ „Emotionen werden sozial ausgehandelt, sie sind soziale
Abb 57 . Robert Plutchik Emotions and Life
Abb 58 . Angst
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Konstruktionen. Es gibt eine Emotion nicht als „Ding an sich“, das man „objektiv“ erforschen könnte. Welches Gefühl jemand in einer bestimmten Situation hat, hängt nicht von biologischen Reaktionsprogrammen ab, sondern davon, welches Gefühl er glaubt, haben zu sollen. Nur so sind die starken kulturellen und historischen Unterschiede bezüglich Emotionen zu erklären.“ /Kenneth J. GERGEN/ Um die verschiedenen Theorien integrien zu können, ist eine einheitliche Emotionsdefinition notwendig. Man akzeptiert eine sogenannte Arbeitsdefinition zur Phänomenbeschreibung und groben Abgrenzung des Forschungsgebietes. Man erwartet, dass sich eine exakte Definition dann als Resultat wissenschaftlicher Analyse ergibt. Das folgende Beispiel für eine Arbeitsdefinition stammt aus dem Lehrbuch von Meyer, Schützwohl und Reisenzein: 1. Emotionen sind Vorkommnisse von z.B. Freude, Traurigkeit, Ärger, Angst, Mitleid, Enttäuschung, Erleichterung, Stolz, Scham, Schuld, Neid sowie von weiteren Arten von Zuständen, die den genannten genügend ähnlich sind. 2. Diese Phänomene haben folgende Merkmale gemeinsam: (a) Sie sind aktuelle Zustände von Personen; (b) sie unterscheiden sich nach Art oder Qualität und Intensität (...); (c) sie sind in der Regel objektigerichtet (...); (d) Personen, die sich in einem der genannten Zustände befinden, haben normalerweise ein charakteristisches Erleben (Erlebensaspekt von Emotionen), und häufig treten auch bestimmte physiologische Veränderungen (physiologischer Aspekt von Emotionen) und Verhaltensweisen (Verhaltensaspekt von Emotionen) auf. Emotionen sollen von emotionalen Dispositionen abgegrenzt werden. Während man Angst als Emotion bezeichnet, wäre die zugehörige emotionale Disposition Ängstlichkeit. Emotion ist ein aktueller Zustand der Person, demgegenüber ist emotionale Disposition die Eigen-
schaft der Person. Sowohl die Qualität als auch die Intensität kann als Unterscheidungsmerkmal zwischen verschiedenen emotionalen Episoden verwendet werden. Die Intensität können wir vergleichen, nicht aber als absolute Maß angeben. Emotionen kennzeichnen den Zustand der betroffenen Person durch: - ein charakteristisches Erleben - bestimmte physiologische Veränderungen - bestimmte Verhaltensweisen Emotionen haben eine biologische Funktion. Sie stehen mit Verhalten in direkter Verbindung. Viele Forscher, wie zum Beispiel Plutschik, betrachten Emotionen sogar als evolutionäre Anpassungsmechanismen. Auf jeden Fall ermöglichen Emotionen bedürfnis- und situationsgerechte Auswahl von Verhaltensweisen. Sie regulieren Intensität und Ausdauer der verschiedenen Verhaltensweisen und bewirken das Erlernen solcher Verhaltensweisen. Genauso schwierig, wie die Definitionsgebung, ist die Klassifikation von Emotionen. Anhand welcher Merkmale lassen sich Emotionen unterscheiden? Welche Emotionen sind einander ähnlich, welche unähnlich? Gibt es Emotionen, die grundlegender sind als andere, die als Basisemotion funktionieren? Auf diese Fragen geben die genannten Theorien verschiedene Antworte. 10.1. Behavioristische Theorien Behaviorismus nennt man eine Strömung in der Psychologie, die zwischen 1920 und 1960 vor allem in den USA verbreitet war. Wichtige Vertreter der Strömung war John B. Watson (1878-1958). Zentraler Forschungsgegenstand dieser Bewegung ist das Verhalten, also derjenige Gegenstandsteilbereich der Psychologie, der intersubjektiv beobachtbar und verschiedenen Beobachtern gleichermaßen zugänglich ist. Das Erleben, welches nur der jeweils betroffenen Person
emoticon zugänglich ist, kann nach Ansicht der Behavioristen nicht Gegenstand der Psychologie sein. Sie möchten ihren Forschungsgegenstand in objektiven Maßen beschreiben können. Es ist in Vorhaben, welches bei Erleben sicherlich nicht gelingen kann. Das Verhalten ist aber visuell und akustisch wahrnehmbar und messbar. Forschungsgegenstand der behavioristischen Psychologie sind ausschließlich intersubjektiv beobachtbares Verhalten und beobachtbare Umweltgegebenheiten, wie Reize und Stimuli. Behavioristen schließen die Introspektion als Forschungsmethode aus, weil sie unzuverlässig ist, lediglich subjektive Daten produziert. Der Behaviorist Watson nimmt an, dass Emotionen angeboren sind. Daher liegt es nahe, Emotionen vor allem bei Säuglingen zu beobachten, um diese These zu überprüfen. Eine Reihe von Experimenten wurde durchgeführt um zu erfahren, welche extremen Reize zu welchen Reaktionen beim Säugling führen. Er konnte drei grundlegend verschiedene Reaktionsmuster feststellen Furcht, Wut und Liebe. Watson nimmt weiters an, dass alle anderen, sekundären Emotionen durch klassiches Konditionieren entstehen. Kritikpunkte zur Watsonstheorie: • Watson kann Emotionen nicht von anderen Reaktionsmustern abgrenzen • Wenig Aussage über die Emotionen eines Erwachsenen. • Watson kann nicht erklären, wie die anderen Emotionen aus den Grundemotionen hervorgehen. • Watsons Theorie des Erwerbs von Emotionen wurde nur bei Furcht nachgewiesen. 10.2. Kognitiv-physiologische Theorien James - Schachter - Mandler Kognitiv-physiologische Theorien sind der Auffassung, dass ein Emotion ein Erlebenszustand sei. Außerdem nehmen sie an, daß das Entstehen bestimmter Emotionen von bestimmten Prozessen abhängig ist. Diese Prozesse können physiologische und kognitive Natur haben.
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Emotionen zwar private, anderen nicht zugängliche Ereignisse sind, sie lassen sich über körperliche Symptome nach außen hin mitteilen. Emotionserleben bewirkt bestimmte körperliche Veränderungen. Umgekehrt, können körperliche Veränderungen Emotionen auslösen. Normalerweise gehen wir davon aus, daß das Emotionserleben das Ausschlaggebende ist, nicht die körperlichen Veränderungen. Im Gegensatz dazu meint der Psychologe William James, dass die körperlichen Veränderungen den Emotionen vorangehen und dass Emotionen nichts anderes als die Empfindungen dieser Veränderungen sind. James betrachtet viszerale Reaktionen (Herz, Lunge, Magen) als entscheidend. Carl Lange vertretet ähnliche Ansichten, aber geht davon aus, dass vasomotorische Reaktionen für die Emotionsentstehung verantwortlich sind. Die Vielfalt der körperlichen Veränderungen ist also nach James die Grundlage für unser reiches emotionales Erleben. Dabei sind nicht die willkürliche motorische Handlungen, wie Mimik und gestik, sondern die unwillkürliche Reaktionen der Eingeweide als weitaus wichtiger. Die emotionale Reaktion wird nicht durch die bloße Wahrnehmung eines Objektes auslöst, sondern durch die Bewertung der Gesamtsituation. Damit es zu einer Furchtreaktion kommen kann, muß also also die Bewertung erfolgen. Kritiker der Theorie weisen darauf hin, dass dieselben viszeralen Veränderungen bei verschiedenen emotionalen oder nicht-emotionalen Zuständen auftreten können, weiters viszerale Veränderungen zu langsam sind, um als Ursache des Gefühlserlebnis in Frage zu kommen. Wenn die Theorie von James stimmt, müßte auch die künstliche Herbeiführung viszeraler Änderungen (z.B. durch Injektion von Adrenalin) zu Emotionen führen, was aber nicht unbedingt der Fall ist. Maron hat die Theorie weiterentwickelt und ergänzt. Bei ihm besteht eine Emotion aus einer körperlichen Komponente und einer psychischen Komponente, die bestimmte Kognitionen beinhaltet. Nach seiner Meinung ist die Empfindung körperlicher Veränderungen notwendig
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für das Erleben von Emotionen, jedoch nicht hinreichend. Eine Kognition muß über die erregungsauslösende Situation hinzutreten, damit eine Emotion entstehen kann. Es muß eine Verknüpfung zwischen Erregungsempfindung und Situationseinschätzung vorhanden sien, die er Kausalattribution nennt. Valins stellte die physiologische Komponente gänzlich in Frage. Weil wir häufig körperliche Erregung gar nicht oder fehlerhaft wahrnehmen, ist es nicht diese, die entscheidend bzw. notwendig ist für die Emotionsentstehung, sondern die kognitive Repräsentation darüber, daß man erregt ist. 10.3. Attributionale Theorien Stolz Scham oder Schuld sind gute Beispiele für Emotionen, die von komplexen Denkvorgängen, von Ursachenzuschreibungen, sogennanten Kausalattributionen abhängen. Solange bei Schachters kognitiv-physiologische Theorie kommen Kausalattributionen lediglich als Verknüpfung zwischen Situationseinschätzung und physiologischer Erregung vor, indem der physiologischen Erregung Ursachen zugeschrieben werden, geht es bei Weiners Theorie darum, daß ganz allgemein Ereignissen in der Umwelt Ursachen zugeschrieben werden. Er sieht physiologische Erregung als nicht notwendig für die Emotionsentstehung an. Seine attributionale Theorie befasst sich mit den Auswirkungen von Ursachenzuschreibungen auf das menschliche Erleben und Verhalten sowie speziell auf Motivation und Emotion. Der attributionale Ansatz erscheint primär für komplexe Emotionen sinnvoll. Kennzeichen solcher komplexer Emotionen ist auch, daß sie, so glauben wir zumindest, nicht von kleinen Kindern oder von Tieren empfunden werden können, weil diese nicht über die Fähigkeit zu den notwendigen Kognitionen verfügen. Nach Weiners Theorie enstehen Emotionen in drei Schritten: Im ersten Schritt schätzt die Person ein, ob das Ziel, das sie verfolgte, mit dem wahrgenommenen Ereignis erreicht worden ist. Im zweiten Schritt führt die Person das
Ereignis auf einen bestimmten Ursachenfaktor zurück, wie zum Beispiel eigene Anstrengung, eigene Fähigkeit, die Schwierigkeit der Aufgabe oder der Zufall. Der dritte Schritt besteht darin, daß der gefundene Ursachenfaktor bewertet wird, indem sich die Person folgende Fragen stellt und beantwortet: • Liegt die Ursache bei mir selbst oder bei anderen? • Ist die Ursache über die Zeit hinweg stabil oder variabel? • Ist die Ursache für mich kontrollierbar oder nicht? Als Kritikpunkt kann erwähnt werden, dass Weiners Theorie auf keiner empirischen Basis beruht und kann nicht befriedigend empirisch getestet werden 10.4. Evolutionäre Emotionstheorie Der Psychologe Robert Plutchik entwickelte in den 1960er bis 80er Jahren seine evolutionspsychologischen Emotionstheorie. Seine Schwerpunkte waren die Erforschung von Emotionen, Suiziden, Gewalt und der Psychotherapie. Plutchik versuchte seine Theorie systematisch in Form von zehn Postulaten zusammenzufassen. Die wichtigsten Punkte dieser Theorie sind die folgenden: • Emotionen haben eine genetische Grundlage • Emotionen sind grundlegende Formen der Anpassung von Reaktionen mit stabilisierenden Rückmeldeschleifen, die eine gewisse Art von Selbstregulation des Verhaltens herstellen. • Emotionen können auf allen Stufen der phylogenetischen Leiter identifiziert werden • Emotionen sind komplexe Ketten von Reaktionen • Es gibt acht grundlegende oder primäre Emotionen • Die Ähnlichkeitsbeziehungen zwischen den primären Emotionen können in einem dreidimensionalen strukturellen Modell dargestellt werden. •Alle anderen Emotionen sind Mischung oder Kombinationen der primären Emotionen Plutschik vertretet die Meinung, dass Emotionen in der
emoticon Phylogenese durch natürliche Selektion entstanden sind und somit genetische Grundlagen haben. Emotionen sind eine komplexe Abfolge von Reaktionen auf einen Reiz. Der Reiz wird durch die Kognitive Einschätzung bewertet. Daraus entstehen unter Einfluss des Zentralen Nerven Systems bestimmte Gefühle, die zu den entsprechenden Handlungen führen. Diese Handlungen wirken auf die Situation zürück. Plutscik vertretet die Meinung, dass dieses Verhaltensmuster uns einen evolutionären Vorteil verschafft. Die acht primären Emotionen beruhen auf physiologischen Mechanismen, die im Laufe der Evolution zur Bewältigung von grundlegenden Anpassungsproblemen entstanden sind. Die acht Primären Emotionen sind: Furcht, Ärger, Freude, Traurigkeit, Vertrauen, Ekel, Antizipazion und Überraschung. Diese acht Primärfunktionen lassen sich analog des zweidimensionalen Farbenkreises in einer radialen Anordnung auf einem Diagramm anordnen. Zu diesem zweidimensionalen Modell fügt Plutchik als dritte Dimension die Intensität von Emotionen dazu. Emotionen mit abnehmender Intensität unterscheiden sich weniger voneinander. Plutschik hat das selbe Sinngehalt manchmal räumlich, manchmal auch zweidimensional dargestellt. Sekundäre Emotionen ergeben sich aus der Mischung oder Kombination von Primäremotionen. Aus der Mischung zweier oder dreier primärer Emotionen entstehen sogenannte Dyaden oder Triaden. Primäre Dyaden Dyaden entstehen aus der Vermischung zweier direkt benachbarter Emotionen Sich gegenüberstehende Emotionen bilden einen Konflikt, der zu einer Handlungshemmung führen kann. Viele Forscher vertreten die Auffassung, daß es einige wenige Basis-Emotionen gibt, von denen sich alle anderen ableiten lassen. Unglücklicherweise herrscht Uneinigkeit darüber, was das Kriterium für eine BasisEmotion sein soll. Daraus resultierend unterscheiden sich die von verschiedenen Forscher als Primär Emotion ausgewählten Emotionen. Für Plutchik ist das Kriterium
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der große evolutionäre Anpassungwert. Da es keinerlei empirische Befunde für Basis-Emotionen irgendeiner Art gibt, muß das Konzept der Basis-Emotionen als gescheitert angesehen werden. Plutschiks Theorie lässt wenig Raum für das kognitive Element der Emotionen. Trotz dieser Kritikpunkte lassen sich die Auswirkungen dieser Theorie immer noch als bedeutsam bewerten. Die Plutschik-Theorie dient als Ansatzpunkt bei dem von der Diabolus Art Research Gruppe realisierten Projekt in Second Life. Das Projekt kann als ein Experiment betrachtet werden, welches darauf gerichtet ist, Schöffers spaziodynamisches Theater in dem Metaversum zu verwirklichen. Das Resultat ist eine Abbildung von Schöffers Vorstellungen in eine virtuelle Welt. Dabei hat die Gruppe ein bißchen Raum der künstlerischen Freiheit gelassen. Die meisten Aspekte wurden aber in Auge behalten und den originalen Vorstellungen entsprechend realisiert. Um den Vergleich zu ermöglichen wird im Folgenden das zugehörige Abschnitt von Schöffers Buch wortwörtlich zitiert:
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emoticon 11. Nikolas Schöffer: Spaziodynamisches Theater und Geschäftszentrum Eine der bevorzugten Stätten der Freizeitgestaltung wird das spatiodynamische Theater sein. Ein fester Ort mit einer bestimmten Architektur, aber in seinem Innern wird ständig ein dynamisches und totales Schauspiel abrollen. Dieses Theater besteht aus einer eiförmigen Hülle mit akustischem Profil von 100 bis 250 Meter Durchmesser. Das Publikum befindet sich in der Mitte und im Innern der Schale, auf einer hyperbolischen Vorrichtung, die sich rund um eine zylindrische Spindel dreht. Diese Spindel enthält ein Geschäftszentrum, von dem bereits die Rede war. Das Publikum kann sich leicht zwischen dem Geschäftszentrum und den Zuschauerlogen hin- und herbewegen, obwohl die hyperbolische Vorrichtung, welche die Logen enthält, sich langsam, mit unterschiedlicher Geschwindigket in beiden Richtungen dreht. 11.1. Das Schauspiel ‚Den Zuschauern gegenüber läuft ein Steg an der Wand der Schale entlang rundherum. Auf dieser ringförmigen Bühne spielt sich ein Teil des Schauspiels ab, nähmlich elektronische Ballette, die von kybernetischen Skulpturen ausgeführt werden, und auch Ballette mit Tänzern. Auf bestimmten Abschnitten der Ringbühne deklamieren Chöre mobile Gedichte, Solisten werden deklamieren und singen; Theaterstücke werden gespielt, die eigens für diese Vorrichtung konzipiert sind; Vorträge werden gehalten und alle möglichen Informationen geben. Die ganze Innenwand der Schale entlang läuft ein Cyclorama- Hintergrund, der abwechselnd aus verschiedenen Bildschrirmen besteht. Einer davon ist in sich selbst belebt durch die Bewegungen der polychromen Elemente, aus denen er zusammengesezt ist, andere erhalten luminodynamische Projektionen mit veränderlichen Partituren oder sie bestehen aus übereinandergelagerten Reliefgittern. Wieder andere dienen als Leinwände für Kinovorführungen. Der Ton ist stereophon und wird in der Rotationsbewegung des Publikums entgegengesezten Richtung ausgesandt. Das Publikum kann die Projektionen in allen Teilen
emoticon des Gesichtsfeldes überblicken. Das gesamte Schauspiel wird von einem elektronischen Kontrollturm aus gesteuert, der sich auf die Spitze des zentralen, zylindrischen Gehäuses befindet. Das Programm des Schauspiels wird ständig neu zusammengestellt, um mit Hilfe des zur Verfügung stehenden Repertoires jedes Gefühl der Wiederholung zu vermeiden. Um der Übersättigung entgegenzuwirken, wird auch die unterschiedliche Rotation des Publikums eine wichtige Rolle spielen. Am Ablauf dieses Schauspiels ohne Anfang und ohne Ende wirken verschiedene Visionen, sich bewegende Töne, ständig abgewandelte Rhytmen und projizierte Gerüche und Klimata aktiv mit. Wenn der Zuschauer seine Loge betritt, nimmt er einen ganzen Komplex rhytmischer Sensationen wahr, deren Ablauf sich nicht völlig ohne sein Zutun vollzieht. Vor jedem Zuschauer befindet sich nähmlich ein Schaltpult, mit dem er dem Kontrollturm seine Eindrücke oder seine Befehle übermittelt, dies ständig quantifiziert werden und den Ablauf des Programms beeinflussen. In freien Raum vor den Zuschauerlogen können fliegende Skulpturen auftauchen und bewegliche Zwischen-Bildschirme werden herabgelassen, um Projektionen abzubilden. Auf den Kinoleinwänden wird man Wochenschauen, abstrakte Filme, Kurzfilme und Kunstfilme zeigen. Diese Säle eignen sich für audiovisuelle Konzerte und Austellungen von beweglichen Kunstwerken (Plastiken) der Avantgarde, ferner für historische, wissenschaftliche und Kunst-Vorträge sowie für Debatten, künstlerische Wettbewerbe und so weiter. Dieses spatiodynamische Theater, von dem ein Teil für die funktionale Freizeitgestaltung (shopping) und der andere für ästhetische Freizeitgestaltung bestimmt ist, gibt in konzentrierter Form ein Beispiel für das Gleichgewicht, das für die harmonische Gestaltung des Lebens erforderlich ist.‘ /Nikolas Schöffer/
Abb 59-60 . emoticon 4 (time-space painting)
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emoticon 12. Aufbau von Emoticon Ausgehend von Plutschiks Darstellung entstand die Idee, seine Emotionstheorie zu visualisieren und die Theorie aus ihrer Buchform in ein audiovisuelles Show zu transformieren. Während der Theatervorführung werden die verschiedenen Qualitäten und Intensitäten von Emotionen mit Hilfe von Musik, Tanz und visuelle Effekte vermittelt. Die Zuschauer werden in regelmäßigen Abständen gefragt, ob sie die Darstellung der entsprechenden Qualität und Intensität der Emotion überzeugend finden oder nicht. Abhängig von den ausgewerteten Stimmabgaben wird die nächste Emotion für Darstellung ausgewählt. 12.1. Geometrische Struktur Das Grundstruktur der Emoticon Theater basiert auf die Grundidee von Nicolas Schöffers Spatiodinamisches Theater. Die Aufbau wurde aber, auf Grund von der neuen kollaborativen Metavers Insfrastuktur angebotenen wesentlich erweiterten Möglichkeiten, stark modifiziert. In der Metaverse Environment ist es möglich, die geometrische Teile anzuordnen, ohne die statische Gesetzmäßigkeiten zu berücksichtigen. Außerdem bietet diese Umbebung die Möglichkeit, die geometrische Teile im Raum frei zu verformen, kolorieren, texturieren, translatieren und rotieren. Um diese Funktionalitäten zu verwirklichen steht eine objektorientierte script Sprache (LSL) zur Verfügung. Das Emioticon Theater besteht aus 24 Teile: 12.2. Effektor Gruppe Die Effektor Elemente sorgen für die visuelle Effekte in dem Emoticon System. 1./ Spherische Texture-Projektionsoberflächen Diese Komponente bilden den immersiven Hintergrund in zwei Ebenen.
emoticon • Drei Projektionsflächen mit Texture-, Farbeund Rotations Skript, von denen zwei sind Viertelkugeln und eine ein Halbkugel, mit einem Durchmesser von D = 256 Meter (1a.) • Sechs Projektionsflächen mit Texture-, Farbe-, und Rotations Skript, von denen zwei sind Viertelkugeln und vier Achtel Segnente von Kugeln, mit einem Durchmesser von D = 128 Meter (1b) • Eine Auditorium-Ebene von den Dimensionen 128 x 128 Meter (1c). Hier befinden sich die Zuschauersitze. • Zwei Garnituren von 24+4Texturen. (1d) Die Texturen entsprechen den verschiedenen Qualitäten und Intensitäten von Emotionen, bzw. den vier Paaren von Emotionsgegensetzen. Es gibt acht Emotionsqualitäten von je drei Intensitäten (8x3=24). Je eine Garnitur wurde von Caravaggio Bonetto und Millamilla Noël gestaltet. Millamilla Noëls Garnitur sieht auch weitere acht Texturen entsprechend den Diaden als Ergänzung vor. 12.2. Particle Emitter, Flexi Prim und Shapetorture Prim Diese Komponente generieren die visuelle Effekte • Drei Particle Emitter, Targeter mit translationund rotation script. Diese Emitter senden die Partikel Richtung eines Zielpunktes aus. (2a) • Ein Particle Emitter Target mit translation- und rotation script. Die Partikel werden Richtung dieses Zielpunktes ausgesendet. (2b) • Zwei Multiemitter mit translation und rotation script. Die Multiemitter senden immer den Emotionen entsprechenden Partikel aus. Die Partikel sind die Texturen der oben genannten Texturgarnituren. (2c) • Drei Shapetorture Prime mit Texture-, Farbe-, translation- und rotation script (2d). Es sind großdimensionierte geometrische Primitive, die ihre Form und Textur den Emotionen entsprechend ändern. • Zwei Scheinwerfer mit translation- und rotation script (2e). Die Farbe der Scheinwerfer ändert sich entsprechend den Emotionen. • Eine Flexigrouppe mit translation- und rotation
Abb 61 . Das Grundstruktur der Emoticon Theater
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emoticon script (2f). Es sind rohränliche Gebilde, die in den Raum schlängeln. 3./ Bühne mit Zuschauer Sitze
Abb. 62-63. Emoticon Komponente
• Kamera Effektor: Übernimmt die Kontrolle der Zuschauer-Kameras. Normalerweise wird die Zuschauer-Kamera von der Anwender selbst kontrolliert. In diesem Fall wurde ein skript in die Sitze eingebaut, welches diese kontroll Funktion übernimmt und wärend der Vorführung die Kamera Daten dem Kamera-Kontroller sendet. (3a) • Auditorium Speaker: Dieses Element epfängt die instant message Texte von dem Master-Kontroler und übermittelt sie den Zuschauern. Dieses Informationübermittlung-System ermöglicht, dass den Zuschauern werden wärend der Vorführung Fragen gestellt werden können. (3b) • Absimmungssystem: Mit Hilfe dieses Systems können die Zuschauer auf die Fragen mit Ja oder Nein antworten. Sie können entscheiden ob sie die audiovisuelle Effekte, die Musik und die Tänze ausdrucksvoll genug finden, um die Emotionen autentisch darzustellen. Alle Sitze enthalten ein Abstimmungs-Menü. Nach der Abgabe der Stimmen wird von jedem Sitz ein entsprechendes Signal an der Auswerteeinrichtung gesendet. (3c) 4./ Tänzer Gruppe • Gesteuertes outfit attachment: Fünf Avatar Figuren bilden eine Animationsgruppe. Zum Körper jeder Figur wurden spezielle Geometrien angehängt, die ebenfals von dem Effektor Kod-Sender gesteuert werden. Diese Geometrien bekommen die selben Befehlsignale, wie die Projektionsflächen und die Partikelemitter Systeme und ändern dementsprechend die Form, Farbe und Textur. Diese gesteuerte Anhängsel folgen den Tanzbewegungen der Avatar Figuren. (4a) • Animation Kontroll: Die Tanzbewegung der
emoticon Avatar Figuren wird mit Hillfe eines sogenannten HUDles Animatorscript kontrolliert (4b) [Bemerkung: HUD ist die Abkürzung von Head-Up-Display]
12.3. Kontroller Gruppe Die Kontroller Komponente haben die Aufgabe, die Effektor Elemente zeitabhängig zu steuern. 5./ Master Kontroller Der Master Kontroller ist für den zeitlichen Ablauf der Ereignisse verantwortlich. Der Master Kontroller beinhaltet mehrere Skripte, die alle audiovisuelle Elemente nach einem zeitabhängigen Programm steuern. Der Master Kontroller bekommt, interpretiert und vermittelt die Daten, die für jeden belibiegen Zeitpunkt die SystemZustände und die zu beginnende oder zu beendende Aktionen bestimmen. Diese Daten haben der folgende Aufbau: Zeitpunkt in Sekunden angegeben, Nummer des Kommunikationskanals, Befehl. Der Master Kontroller besteht aus mehreren Teilen, die verschiedene Aufgaben erfüllen: • Event Rekorder: Der Event Rekorder fragt auf Befehl bei jedem Effektor Element jene Daten ab, die die entsprechenden Effektor Zustände beschreiben, und lässt die bekommenen Informationen in dem Instant Messenger Fenster erscheinen. (5a) • Event Player: Der Event Player synkronisiert die Zusammenarbeit der verschiedenen Teile des Master Kontrollers mit dem sound track. (5b) • Effekt Kod-Sender: ist ein Menüpaneel mit Bedienelementen. Je ein Bedienelement entspricht den 3x8=24 Emotion Qualität und Intensität Kombinationen, weiters den 8 Diaden und den 4 emotionalen Gegesatzpaaren. Bei der Aktivierung dieser Bedienknöpfe werden alle zu der aktuellen Emotion Qualität und Intensität Kombination entsprechenden Zustand- und Aktionsbefehle an den Effektoren ausgesendet. Es gibt zwei zusetzliche Bedienknopfgruppen. Eine Gruppe ist für die Intensitätssteuerung verantwortlich, die andere ermöglicht die Ausschaltung von Funktionsgruppen. Alle Bedien-
Abb. 64-65. Emoticon Komponente
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emoticon knöpfe können entweder von dem Event Player aktiviert oder manuell betätigt werden. (5c) • Venue Voting Evaluator und Event Program Modifikator: speichert und auswertet die Antworte, die nach jeder gestellten Frage von den Zuschauersitzen durch das Voting-System vermittelt werden. Die Zuschauer werden jede dritte Minute gefragt, ob das audiovisuelle Erlebnis nach ihrer Meinung dem angekündigten Gefühl und der Gefühlintensität entspricht. Der Ablauf der Vorführung hängt von den ausgewerteten Ergebnissen der Stimmungsabgabe ab. Die Vorführung dauert 24 Minuten. Ursprünglich werden nach einer vorgegebenen Reihenfolge alle 24 Emotion Qualität und Intensität Kombinationen abgespielt, undzwar jede Kombination drei Minuten lang. Die abgegebenen Stimmen beeinflußen diese Reienfolge. Ist die Zahl der Nein Antworte kleiner als 5, dann geht das Program, wie geplant weiter. Ist die Zahl größer als 5 aber kleiner als 10, wird random eine der benahbarten Dyaden gewählt und abgespielt. Ist die Zahl der nein Antworten größer als 10, dann wird das Gegensatzpaar abgespielt. (5d) • Scene Event Kontroller: kontrolliert die Translations- und Rotationsbewegungen der Effektor Elemente (5e) • Venue Kamera Kontroller: sendet zeitabhängig die Kamera-Daten für die Sitze (5f) • Venue Message Sender: sendet in dem richtigen Zeitpunkt die Fragen an den Zuschauern. (5g) 6. Soundtrack Server • Parcell media switch: schaltet dem Program entsprechend die notwendigen Soundtracks. (6a) • Soundtrack storage server: ist ein external Sever, wo die einzelnen Soundtracks mit URL für inland Nutzung erreichbar sind. (6b)
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Abb. 66-67. Emoticon Kontroll Bereich
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emoticon 13. Raumkritische Wende Mit dem Internet werden neue kulturelle Räume geschaffen, die nicht mehr mit den Kategorien eines physischen Raumes einzufangen sind. Der Raum erscheint nicht mehr als ein abgegrenzter physischer Ort, sondern als Ergebnis sozialer Beziehungen. Raumverdichtungen werden auf medialer Ebene herbeigeführt. Seit einiger Zeit scheint naheliegend, dass ein vollkommen neuer Raumbegriff, ein anderes Raumverständniss vonnöten ist. Diese Frage rückt seit den 80-er Jahren ins Vorfeld der kultur- und sozialwissenschaftlichen Debatte. Manche Wissenschaftler betrachen die neue Überlegungen als Paradigmenwechsel, weil nicht mehr allein die Zeit im Zentrum kulturwissenschaftlicher Untersuchungen steht, wie dies in der Moderne der Fall war, sondern nun auch der Raum ins Zentrum der Interesse gestellt wird. Der Raum wird als kulturelle Größe wahrgenommen. Nach früherem Verständniss war Raum vor allem als Territorium begriffen, der unabhängig von Menschen existierte, den historischen Prozessen als Hintergrund diente und diese in bestimmter Sinne determinierte. Demgegenüber beschreiben Raumsoziologen den Raum heute als Produkt menschlicher Handlung und Wahrnehmung. Hans-Dietrich Schultz drückt diesen neuen Ansatz mit dem prägnanten Satz aus: „Räume sind nicht, Räume werden gemacht!“ Dieser Paradigmenwechsel wird als spatial turn oder Raumkitische Wende bezeichnet. Heute denken Raumsoziologen darüber nach, wie der Mensch räumliche Ordnungen schafft und welche Bedeutung diese für soziale Prozesse entfalten. Die Orte unserer Welt werden als medialisierte Orte betrachtet. Der Raum wird zu einer neuen Analysekategorie, indem der Wissenschaftler dem Gegenstand vom Anfang an mit räumlichen Kategorien nähert und darüber räumlicht nachdenkt. Das Internet lässt die geographische Distanz verschwinden und ermöglicht Kooperation und Zusammenarbeit
emoticon auf einer bisher nicht gesehenen Ebene. Die KĂźnstler und Wissenschaftler, die an dem Diabolus Cybernetik Art Research Projekt zusammenwirken leben nicht nur voneinander Tausende von Kilometern entfernt, sondern sogar auf verschiedenen Kontinenten. Sie treffen sich wĂśchentlich mehrmals in einer virtuellen Welt.
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Abb. 68. Kooperation und Zusammenarbeit auf einer bisher nicht gesehenen Ebene: CARP Metropolis Theater Gruppe in SL von links nach rechts: nnoiz Papp (D) Millamilla Noel (I) Sca Shilova (NL) Debbie Trilling (UK) windyy Lane (USA) Josina Burgess (NL) Velazquez Bonetto (D) Efrantirise Morane (I)
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emoticon 14. Diabolus Cybernetik Art Research Project (CARP) EMOTICON Team: Concept and art direction: Caravaggio Bonetto (A) Soundtrack creator: Junivers Stockholm (S) Visual set and scripting: Velazquez Bonetto (D) Costume Design: Josina Burgess (NL) Textures: Caravaggio Bonetto (A), Millamlilla Noel (I), Josina Burgess (NL) Performers: Erfantirise Morane (I), Medora Chavalier (UK), Josina Burgess (NL) Millamilla Noel (I) Any1 Ginoid (USA)
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Abb. 40. Performers: Millamilla Noel, Medora Chevalier, Josina Burgess in Aktion Fotos: Millamilla Noel
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emoticon 15. Künstlerische Avantgarde Wie es die Namensgebung der Gruppe erraten lässt, nehmen die Mitglieder der Diabolus Cybernetik Art Research Gruppe die Avantgard Künstlergeneration der 50-er und 60-er Jahre als Vorbild. Zu beginn des kybernetischen Zeitalters hat die neue Technologie eine Revolution der Künste ausgelöst. Die Geschwindigkeit der Entwicklung hat inzwischen enorm zugenommen. Dem Entdeckungslust der heutigen Künstlergeneration wird von dem technischen Fortschritt ebenfalls von Zeit zu Zeit immer wieder neues Terrain angeboten. Die Projekte der Diabolus Gruppe haben einen experimentellen Charakter. Nur die Zeit wird zeigen wie sie sich einordnen lassen. Die avantgardistische Kunst tritt im Allgemeinen als bewusst provokante, betont innovative sowie stark selbstreflexiv orientierte Kunst auf. Die avantgardistische Kunst strebt darauf, etwas Originelles, Unerhörtes zu tun. Baudelaires Gedichtsammlung Die Blumen des Bösen hat erstes Mal die Schattenseiten des großstädtischen Leben zum Thema der Lyrik gemacht und damit die Bürger provoziert. Schockieren scheint seitdem eine der wichtigsten Zielsetzungen der Künstler zu sein. Es mag sogar eine ernste Notwendigkeit zu sein in dem Kampf für die Aufmerksamkeit, die eine knappe Ressource ist. Das Problem dabei ist, das keine Sensation dauert lange. Was heute ein Skandal auslöst wird morgen langweilig erscheinen. Es ist sehr schwierig den ausgelösten Aufruhr immer zu überbieten. Die Dadaisten konnten noch mit Nonsense-Gedichten irritieren, heute niemand regt sich auf, wenn ein Kunstwerk keinen Sinn zu haben scheint. Wir haben schon leere Leinwände gesehen, wer wundert sich noch, wenn Karin Sander 770 Haare auf je einem 28x21 cm großen Papierblatt rahmen lässt und ausstellt? Vergebens versucht Orlan mit den chirurgischen Eingriffen zu schockieren. Die Wiener Aktionisten haben ja mehrere Eimer voll mit Blut gefüllt. Der Künstlerehepaar Christo und Jeanne-Claude können noch mit einer enormen Kapitalinvestition die Aufmerksamkeit aufrechterhalten. Im Central Park in
emoticon New York City wurden vor einigen Jahren 7.503 Tore aufgestellt. Nach dem Erfolg des Projektes planen sie die Überspannung des Arkansas River in Colorado. Das Projekt könnte aufgrund der nötigen Vorbereitungszeit frühestens im Jahre 2012 realisiert werden. Frage ist, ob es noch mehr als ein Turistenattraktion sein kann. Je extremer und extravaganter avantgardistische Kunstwerke auftreten, desto notwendiger wird ihre außerästhetische, theoretische Kommentierung. Sie tendieren dazu immer weniger aus sich selbst heraus verständlich zu sein. Damit geht der Kontakt mit dem Pubblikum immer mehr verloren. Es mag sein, dass Schöffers Türme nicht bei jedem Bürger Gefallen gefunden haben. Sie mussten fremdartig und neu wirken. Sie waren aber bestimmt nicht in dem Sinne schockierend, wie zum Beispiel Hagens Body Welten. Seine Gedanken waren ungewöhnlich und original in dem positiven Sinne, ohne dass er besondere Anstrengungen gemacht hätte, um original zu sein. Das Diabolus Team will ebenfalls nicht schockieren, ausgenommen wenn die Absicht, etwas zu sagen, heutzutage schockiered zu sein scheint. Die antreibende Kärfte sind Wissens- und Entdeckungslust, das Bedürfnis der Kommunikation und die Freude an menschlichen Kontakte. Ob dabei Kunst entsteht, und wenn die Antwort positiv, wie sie sich in die Kunstgeschichte einordnen lässt, muss von späteren Genarationen entschieden werden.
Abb. 41. Kunst als Skandal
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emoticon Literaturverzeichnis [1] Nikolas Schöffer Die Kybernetische Stadt, Heinz Moos Verlag München, 1970 [2] Markus Stegmann, Architektonische Skulptur im 20. Jahrhundert, Ernst Wasmuth Verlag Tübingen, Berlin, 1995 [3] Wikipedia [4] Golo Föllmer, »Töne für die Straße«, Akademie der Künste (Hg.), Klangkunst, München 1996, S. 216-218 [5] Hartmut Böhme, Das Licht als Medium der Kunst, Über Erfahrungsarmut und ästhetisches Gegenlicht in der technischen Zivilisation Antrittsvorlesung, 2. November 1994 Humboldt-Universität zu Berlin, Philosophische Fakultät III, Institut für Kulturwissenschaft [6] Lehrveranstaltung im SS 2002 von A. Univ.-Prof. Dr. Michael Trimmel ID 1105 Proseminar Allgemeine Psychologie: Motivation und Emotion II Kurztitel: Emotionstheorie von Robert Plutchik [7] http://www.psychologie.uni-heidelberg.de/ae/allg/lehre/ wct/e/index.htm [8] Austellungskatalog: Cybernetik Serendipity 1968, London
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