"Viktor ist in seiner Persönlichkeit gewachsen" - Diakonie 01/20

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01 | 2020

diakonie Die Zeitschrift für Nächstenliebe in unserer Zeit

„Viktor ist in seiner Persönlichkeit gewachsen“ Seite 06

Demenz: Was kann ich essen und trinken? Seite 14

Pflegetechniken für den Alltag Seite 32

Nachbarschafts­Service: neu in Graz Seite 34


inhalt 06 Über sich hinauswachsen. Viktor ist stolz auf das, was er erreicht hat – trotz Autismus-Diagnose.

menschen im

alter

12 „Unbedingt Twist tanzen“.

Das wünschte sich eine Besucherin beim ersten Musik- und Tanzcafé im Haus am Ruckerlberg. Jung und Alt bewegten sich zu Peter Alexander und anderen Oldies. Aus den Ereignissen von früher werden neue Erlebnisse. Eine Reportage.

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14 Wie essen und trinken Menschen mit Demenz?

Häppchen vorbereiten, Gerichte etwas stärker würzen: Erfahren Sie mehr über richtiges Ess­ ver­halten von Menschen mit Demenz.

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19 Adieu nach 35 Jahren.

menschen mit

behinderung 16 Wenn Menschen mit Behinderung älter werden.

Die steigende Lebenserwartung betrifft auch immer mehr Menschen mit Behinderung.

18 Ein Chromosom mehr im Körper, na und? Ruth

Oberhuber und Christoph Kremser zeigen vor, wie sich Behinderung und persönliche Träume verbinden lassen.

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Heinz Thaler prägte viele Jahre das Diakoniewerk, 17 Jahre davon als Vorstandsmitglied. „Ich habe mit vielen eine gemeinsame Geschichte“, meint er im Abschiedsgespräch mit der „diakonie“.

20 Ein Tag mit … Wie sieht die

Arbeit einer Diplomierten Krankenschwester in einem Seniorenheim aus? Wir wollten es wissen und haben Alexandra Ortner einen Tag lang begleitet. Impressum. Offenlegung: siehe www.diakoniewerk.at/impressum. Medieninhaber: Evangelisches Diakoniewerk Gallneukirchen, Martin-Boos-Straße 4, 4210 Gallneu­kirchen, Tel: 07235 65 505, office@diakoniewerk.at. Herausgeber: Vorstand Mag. Josef Scharinger, Chefredakteurin: Karin Windpessl. Redaktionsteam: Nicole Bachinger-Thaller, Daniela Scharer, Andrea Obermühlner, Karin Windpessl, Saskia Dyk, Elisabeth Braunsdorfer, Katharina Schönberger, Sigrid Walch, Isabella Raml. Fotos: Eric Krügl (S. 1, 6, 8), stock.adobe.com/stockpics (S. 4), Edwin Enzlmüller (S. 5), Ulrike Rauch (S. 9), shutterstock.com/guteksk7 (S. 10), stock.adobe.com/Drobot Dean (S. 10), Christoph Huber/Klinik Diakonissen Schladming (S. 11), gettyimages.at/francescoch (S. 15), gettyimages.at/CasarsaGuru (S. 16 – 17), Klinik Diakonissen Linz (S. 25), stock.adobe.com/Jenny Sturm (S. 26), stock.adobe. com/Halfpoint (S. 32, 33), Ulrike Rauch (S. 34), Gerhard Berger (S. 36 – Mader), Edwin Enzlmüller (S. 36 – Kumar-Reichenberger, Ausserwöger), Illustrationen: shutterstock.com/Mantav Jivva (S. 9), shutterstock.com/owatta (S. 11), shutterstock.com/ kuroksta/MicroOne/Maxim Cherednichenko (S. 14), shutterstock. com/Daniela Barreto (S. 20 – 21, 36) alle anderen Diakoniewerk. Corporate Publishing: Egger & Lerch, www.egger-lerch.at. Druck: gugler GmbH. Das Magazin „Diakonie“ erscheint 4 x im Jahr. Wenn Sie dieses zukünftig nicht mehr erhalten wollen, bitten wir Sie um Information an office@diakoniewerk.at. Nähere Informationen zum Datenschutz erhalten Sie unter www.diakoniewerk.at/datenschutz. Diakoniewerk Spendenverein: Allg. Sparkasse OÖ 257700, BLZ 20320. Sponsoring Post! GZ 02Z032365; Diakonie 06/2020


editorial

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Viktor und das Kraulen

aktiv für

bildung 23 Vom Geologen zum Behindertenbegleiter.

Hassan Hassan aus dem Irak hat einen Traum: Er möchte Menschen mit Behinderung begleiten.

24 Jetzt neu! Ausbildung im Teilzeitmodell.

30 Stunden statt Vollzeit – neue Ausbildungsvariante für Fachsozialbetreuer Altenarbeit.

aktiv für

gesundheit

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25 Private „Hausarzt­ ordination“ als Anlaufstelle. Klinik Diakonissen Linz bietet Service bei plötzlich auftretenden Beschwerden.

26 „Lucas ist aufgeblüht, seit er die Therapie macht“.

Lucas entwickelte sich nach der Geburt motorisch und sprachlich langsam – mittlerweile wagt er sich dank intensiver Therapie sogar schon auf sein Lieblingspferd „Johnny“.

27 Auf Baumstämmen balancieren. Es braucht nicht

viel für einen gelungenen Nachmittag im Freien. Kleine Übungen erweitern motorische und kognitive Fähigkeiten von Kindern.

30 Leben im Quartier.

Ein Bericht aus dem Quartier Riedenburg in Salzburg.

32 Pflege: Wertvolles Wissen in neuer Kursreihe. Neuer Schwerpunkt richtet sich gezielt an pflegende Angehörige.

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Ich bin ein neugieriger Mensch. Nicht der übliche Klatsch und Trasch, den Sie jetzt vielleicht meinen. Nein. Ich liebe es, Neues auszuprobieren. War ich zu Silvester noch fest entschlossen, keinen zu schnell gefassten Neujahresvorsatz an mich heranzulassen, fand sich bereits im Februar eine zugegeben etwas wüste Mischung auf meiner inoffiziellen To-Do-Liste: Sprachkurs, Programmierkurs und dieses eine BuchProjekt, das ich schon länger angehen will. Nicht zu vergessen: das Kraulen. Kraulen? Verstehen Sie mich nicht falsch. Ich bin ein Mensch, der Bewegung liebt. Zu jeder freien Minute bin ich in der Natur. Ich liebe das Wasser. Ich mag den Ausgleich zu einer oft sehr konzentrierten Tätigkeit. Was ich aber weniger mag sind technisch exakt ablaufende Bewegungsmuster, die eines voraussetzen: Körperbeherrschung und Genauigkeit. Nun ist es aber genau das, was man für eine durchschnittliche, nicht sonderlich ruhmreich verlaufende Kraul-Karriere benötigt. Und so stehe ich am Beckenrand und übe mich beim Trockentraining in Exaktheit und daran, an meine Grenzen zu gehen und sie zu überwinden. Fordern und fördern ist auch seit vielen Jahren erklärtes Ziel des Diakoniewerks. Wachstum ist für alle Menschen wichtig – ob mit oder ohne Behinderung. Was für mich das Kraulen ist, ist für andere Menschen die Möglichkeit, selbstbestimmt leben zu können oder schlichtweg die Tatsache, einen besseren Umgang mit Bezugspersonen zu finden. Wie es beispielsweise bei Viktor der Fall ist. Dank der einfühlsamen Begleitung seiner Betreuer, bekommt er erstmals die Chance, in seiner Persönlichkeit zu wachsen. Lesen Sie mehr dazu auf den Seiten 6 bis 8. Was lernen wir daraus? Viele persönliche Grenzen können mit Zuversicht und der richtigen Begleitung öfter als vermutet überwunden werden. Übrigens steht bei mir schon das nächste Ziel fest: Lindy Hop, ein Tanzstil aus den 20-ern. Herausforderung? Ich komme! Ihre

Karin Windpessl, Chefredaktion


nachgedacht

Neue Wege, neue Ideen sind wichtig, um die Herausforderungen der Zukunft gut zu meistern.

Veränderungen mit Zuversicht begegnen Mit neuem Vorstandsteam geht das Diakoniewerk gemeinsam in eine aufregende Zeit. Innovation wird dabei im Vordergrund stehen: Neue Modelle werden für neue Herausforderungen entwickelt.

D

ie Entwicklung des ­Diakoniewerks war immer von den Auswirkungen gesellschaftlichen Wandels und von Veränderung geprägt. So sind wir auch im angebrochenen Jahr 2020 mit Fragestellungen konfrontiert, die uns bewegen und heraus­fordern. Die von der neuen Regierung angekündigte Pflegereform ist nur ein Beispiel dafür. Diese Diskussion alleine über die Finanzierung bestehender

„Das Diakoniewerk hat ein zukunftsweisendes Projekt zur Unterstützung von SeniorInnen entwickelt: SING – Seniorenarbeit innovativ gestalten.“ Josef Scharinger

Angebote zu führen, wird da nicht ausreichen. Es geht um neue Ideen, insbesondere für Menschen im Alter. Das Diakoniewerk hat dazu ein zukunftsweisendes Projekt zur Unterstützung von SeniorInnen entwickelt: SING, Seniorenarbeit innovativ gestalten, das vor allem auf der Idee der Unterstützung der Menschen in ihrem direktem Umfeld, im Sozialraum und auf mehr Wahlfreiheit von Sach­leistungen basiert. Diesen Vorschlag, der in der Politik in Oberösterreich Interesse gefunden hat und für den bereits ein Förderantrag bei der EU gestellt wurde, soll in Linz als Pilotprojekt entwickelt werden. Diese und andere Themen wurden auch bei der neuen Bundesregierung in Gesprächen u. a. mit Bundes­ minister Anschober eingebracht.

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Abschied Dr. Heinz Thaler Auch im Diakoniewerk selbst gibt es neue Weichenstellungen. Dr. Heinz Thaler, langjähriges Mitglied im Vorstand, trat mit Ende März in den Ruhestand über. Das möchte ich zum Anlass nehmen, mich bei ihm ganz herzlich für seine wertvolle, konstruktive Arbeit zu bedanken! Nach vielen Jahren sehr guter Zusammenarbeit in unterschiedlichen Themen (siehe S. 19) führte uns der Weg 2003 gemeinsam in den Vorstand des Diakoniewerks. Wir haben stets eine intensive und vertrauensvolle Zusammenarbeit gepflegt, insbesondere ab 2017, als wir für ein Jahr zu zweit die Vorstands­ agenden führten. Auch in dieser Zeit ist es gelungen, die Angebote des ­Diakoniewerks in einem sich


Werkstätten und Kulinarien – sind Themen, die uns derzeit und in Zukunft besonders beschäftigen. im Wandel befindlichen Umfeld weiterzuentwickeln, ab 2018 mit Dr. Rainer Wettreck im Team, als weiterem Vorstandsmitglied. Damit wir auch in Zukunft das garantieren können, worum es uns in unserer Arbeit geht: bedürfnisgerechte, qualitätsvolle, diakonische Dienstleistungen für Menschen zu erbringen, die Begleitung und Unterstützung brauchen.

Neue Wohnkonzepte finden Mit Dr.in Daniela Palk wurde eine Nachfolgerin für Heinz Thaler gefunden, die diese Haltung teilt. Sie ist durch ihre langjährige Tätigkeit im Sozialbereich, davon 12 Jahre im Diakoniewerk, eine ausgewiesene Expertin und wird maßgeblich dazu beitragen, die Angebote des Diakoniewerks für Menschen z. B. in Krankheit, im Alter, mit Behinderung, mit Migrationshintergrund weiterzuentwickeln, durch eine konsequente Orientierung am gesamten Umfeld, am Sozialraum der Menschen. Neue Wohnraumkonzepte für Menschen im Alter und Menschen mit Behinderung, das genannte Angebot SING, Dezentralisierung oder die Forcierung integrativer Arbeitsangebote in Betrieben – neben bewährten Beschäftigungsangeboten in

Gemeinsamer Auftrag verbindet Ich bin überzeugt, dass wir als neues Vorstandsteam gut aufgestellt sind und vertraue darüber hinaus auch auf die positive Kraft unserer engagierten Mitarbeitenden und Führungskräfte im Diakoniewerk. Gemeinsam mit ihnen arbeiten wir in einer Kultur des wertschätzenden Umgangs und des Vertrauens daran, unseren ganzheitlichen diakonischen Auftrag für die von uns begleiteten Menschen zu erfüllen. Dafür, dass uns dies auch als Unternehmen, das in der ökonomischen Realität bestehen muss, gelingt, bitten wir um Gottes Segen.

Herzlich Willkommen im Vorstand – Dr.in Daniela Palk Wir freuen uns sehr, dass mit 1. April 2020 Daniela Palk unseren Vorstand als neues Mitglied ergänzt. Sie folgt Heinz Thaler nach, der in den Ruhestand geht. Ihr Aufgabenschwerpunkt wird in der Gestaltung neuer Angebote sowie der Weiterentwicklung der vielfältigen bestehenden Dienstleistungen des Diakoniewerks liegen. (siehe S. 4). Neben einer Ausbildung mit Schwerpunkt Marketing und Werbung schloss die verheiratete Mutter einer Tochter nebenberuflich das Studium der Soziologie in Linz ab. Anschließend arbeitete sie zehn Jahre im Amt der OÖ. Landesregierung, zuletzt als Sozialplanerin in der Sozialabteilung. Ab 1. Jänner 2008 gestaltete Palk im Diakoniewerk als Leitung des Kompetenzmanagements Seniorenarbeit und der Internationalen Standorte sowie als Geschäftsführung der Syncare GmbH die strategische Weiterentwicklung dieser Bereiche. Ihre hohe Fachkompetenz wurde u. a. durch den Leopold-KunschakWissenschaftspreis 2009 für ihre Dissertation bestätigt. Eine ausführliche Vorstellung finden Sie in der nächsten „diakonie“. Wir freuen uns auf eine gute Zusammenarbeit und hoffen, dass wir gemeinsam vieles im Sinne unseres Auftrags und unserer Vision im Diakoniewerk weiterentwickeln können!

Ihr

Josef Scharinger

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thema autismus


„Viktor ist in seiner Persönlichkeit sehr gewachsen“ Eine adrette Frau in den Siebzigern betritt mein Büro. Grau melierte Haare, geschnitten zu einem Paschen-Kopf, sehr freundliche, sympathische Ausstrahlung. Maria K. ist Mutter. Mutter eines Sohnes im Autismus-Spektrum – Viktor ist heute 43 Jahre alt und wird seit mehr als 20 Jahren im Diakoniewerk begleitet.  Daniela Scharer

„M

it vier Jahren bekamen wir die Diagnose Autismus für unseren Sohn ­Viktor. Wir mussten uns zu unserem natürlichen Verhalten als Eltern viele pädagogische Fähig­keiten aneignen. Es waren oft ­schwere Zeiten für uns, Kinder­garten, Schule – alles war herausfordernd bis ins Erwachsenenalter. Bei mir hat sich die Einstellung verfestigt: Ich bin verantwortlich, ich kann das, ich muss auch. Der Gedanke an ­meinen Tod hat mich immer zutiefst bewegt und mich motiviert, Wege für Viktor zu finden.“ Maria K. erzählt von jener Zeit, wo sie als starke Frau, als Vollzeit-­ Mutter – gestylt und selbst­ sicher – mit Viktor unterwegs war, einkaufen ging, und das herausfordernde Verhalten ihres Sohnes

„Viktor ist ein aktiver Teil der Wohngemeinschaft geworden.“ Stefan Baier, Einrichtungsleiter

in der Öffentlichkeit mit einem selbstsicheren Auftreten versuchte „zu kaschieren“. Sie selbst verzichtete auf einen beruflichen Weg, auf soziale Kontakte, ihre Hingabe galt ihrer Familie.

Übersiedlung gut gemeistert Maria K. ist heute gut 70. Was sich verändert hat seit damals? Sehr vieles – Gott sei Dank. Sie hat heute die Verantwortung ein Stück weit abgegeben – an ihren Sohn selbst und das ­begleitende Netzwerk im Diakoniewerk. Vor eineinhalb Jahren ist Viktor von einer anderen Wohneinrichtung des ­Diakoniewerks nämlich nach Pregarten (OÖ) ­übersiedelt in ein neues Wohnhaus des Diakonie­werks für Menschen im Autismus-­Spektrum. Viktor hat diese Übersiedlung deutlich besser gemeistert als von allen erwartet. Innerhalb kürzester Zeit wurde es zu seinem neuen Zuhause, welches er selbst auch so bezeichnet. Er genießt es, sich im großen Garten

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aufzuhalten, begrüßt die ankommenden MitarbeiterInnen und BesucherInnen schon am Zaun zum angrenzenden Parkplatz. Freiraum und Rückzug sind für Menschen im Autismus-Spektrum sehr wichtig, so auch für Viktor. Er braucht Freiraum zum ­Bewegen sowie einen abgegrenzten persönlichen Bereich im Garten als Rückzugsort. Zusätzlich sieht der leidenschaftliche Zug-Fan von seinem Fenster aus auf in der Nähe vorbeiführende Bahngleise, regelmäßig fahren hier Züge vorbei. Viktor hat im letzten Jahr viele Fortschritte in seiner Entwicklung gemacht. Solange er einen „Fluchtweg“ hat, traut er sich viel weiter in die Wohngruppe als früher und ist damit aktiver Teil der Wohn­ gemeinschaft geworden.

Struktur unterstützt Neu geschaffene Strukturen im Tagesablauf und fixe Aufgaben im

>


thema autismus „Viktor spricht oft davon, wie stolz er auf sich ist“, betont Stefan Baier, Einrichtungsleiter in Pregarten.

> Haushalt werden heute von Viktor übernommen. Während er früher den Tag meistens nur mit Kaffeetrinken und Fernsehen verbrachte, hat er nun ein Morgenritual und kann diverse Aufgaben unter Anleitung selbstständig erledigen. Die Reihenfolge einzuhalten, ist für ihn dabei wichtig. Auch hier wird er von den Mitarbeitern positiv bestärkt.

Über sich hinauswachsen Seit kurzem kocht Viktor einmal wöchentlich mit Unterstützung des diensthabenden Mitarbeiters für das ganze Wohnhaus zu ­Mittag –

eine neue Aufgabe, die von ihm selbst vorgeschlagen wurde. „­Viktor ist in seiner Persönlichkeit sehr gewachsen. Er spricht oft davon, wie stolz er auf sich ist, denn er hat persönliche Grenzen überwunden“, betont Stefan Baier, Einrichtungsleiter in Pregarten.

Weniger Aggressionen So trinkt er inzwischen schon seit längerer Zeit fast täglich gemeinsam mit Stefan Baier einen Kaffee. Das Besondere daran: Beide sitzen auf „seiner Bank“ – was früher ­unweigerlich zu Aggression geführt ­hätte, weil der Kontakt auf der Bank zu eng gewesen wäre. Insgesamt ging die Aggression durch seine positive Entwicklung, aber auch durch sensibel begleitende MitarbeiterInnen, die seine Grenzen kennen und respektieren, deutlich zurück. Überforderung und Panik tauchen dennoch immer wieder auf.

INFO : WA S I ST AU T I SM U S ? Autismus wird den tiefgreifenden Entwicklungsstörungen zugeordnet, die durch eine andere Wahrnehmungs- und Informationsverarbeitung des Gehirns gekennzeichnet sind. Wir sprechen vom Autismus-Spektrum weil die Bandbreite vom frühkindlichen, atypischen Autismus bis hin zum Asperger-Syndrom und sonstigen Entwicklungsstörungen reicht und nicht immer klar abgrenzbar ist.

Ausflüge sind wieder möglich Seine Mutter betont sehr berührt: „Wir konnten uns nicht ­vorstellen, dass so eine gute Ablösung vom ­Elternhaus möglich ist und sind heute sehr dankbar dafür.“ ­Familie K. konnte letztes Jahr im Herbst zum ersten Mal seit über zehn Jahren einen Ausflug mit dem Auto machen, bei dem Viktor sogar ausstieg und sich für eine Jause auf ein Bankerl setzte. Für viele F­ amilien keine Besonderheit, für Familie K. ein großer Entwicklungsschritt und ein genussvoller Moment obendrein.

K ER N KO M P E T E N Z AU T I SM U S - S P E K T RU M Das Diakoniewerk hat sich besonders in Oberösterreich in den letzten Jahren zu einem Spezialisten entwickelt, um Betroffene und ihre Angehörigen von der Diagnostik bis zur Auswahl eines Wohn- oder Beschäftigungsangebots zu begleiten. 2019 wurden zwei neue Angebote, Hof Altenberg und Wohnen Pregarten in Oberösterreich eröffnet, deren Konzepte speziell auf die Bedürfnisse und Besonderheiten von Menschen im Autismus-Spektrum zugeschnitten sind. Die langjährige Erfahrung hat gezeigt, dass eine Beschäftigung und Erlebnisse in der Natur und mit Tieren wesentlich zur erfolgreichen Begleitung von Menschen im Autismus-Spektrum beitragen. In der Werkstätte Erle wurde diese besondere Form der naturund erlebnispädagogischen Begleitung (Green Care) 2008 aufgebaut und über die Jahre weiterentwickelt.

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Europäischer Solidaritäts­korps startet mit sechs „Neuen“

panorama

Jugendliche leisten Dienst für Gemeinwohl. Im Rahmen des Europäischen Solidaritätskorps (kurz: ESK) wurden heuer wieder sechs junge ­Menschen aufgenommen. Zwei davon kommen aus Kaliningrad (Russland), zwei aus der Türkei, eine Frau kommt aus Weißrussland und ein Junge aus Italien. Das Programm fördert das Engagement junger Menschen in Projekten und Aktivitäten, die der Gemeinschaft zugute kommen. Es bietet Jugendlichen im Alter von 18 bis 30 Jahren die Möglichkeit, sich in gemeinnützigen Projekten im Ausland zu engagieren. Programmgemäß sind die Jugendlichen 25 Stunden in der Woche in ihrer Einsatzstelle in den Bereichen für Menschen mit Behinderung tätig, sie nehmen am „Lehrgang zur Einführung in soziale Dienste“ teil und besuchen einen Deutschkurs. Für den Herbst 2020 suchen wir wieder j­unge Menschen, die sich engagieren wollen.

J etzt anmelden unter www.solidaritaetskorps.at

Mobile Dienste im Ennstal – Diakoniewerk Steiermark rollt an! Seit dem Frühjahr 2020 bietet das Diakoniewerk Steiermark im Ennstal – zusätzlich zum bestehenden Arbeits- und Wohnangebot – auch mobile Dienste für Menschen mit Behinderung an: Freizeit­ assistenz, ­Familienentlastung und Wohnassistenz sind ­Leistungen nach dem Steiermärkischen Behinderten­ gesetz. Die Dienste können je nach Vereinbarung stunden­weise oder länger in Anspruch genommen werden. „Mit dem mobilen Angebot können wir ganz individuell auf Interessen und Anliegen der ­Kundinnen und Kunden eingehen“, freut sich Velimir Pantić, ­Leiter ­Behindertenarbeit.  Mobile Dienste ermöglichen ein individuelles Eingehen auf die Anliegen der KundInnen.

Anmeldungen bitte entweder telefonisch 0664 82 733 06 oder per E-Mail an ennstal@diakoniewerk.at

Spirituelles Schreiben in der Bücherinsel Was gibt dem Leben Sinn und Halt? Ist da eine Sehnsucht, sich dem eigenen Wesenskern anzunähern? Ein Schreibworkshop in der Bücherinsel widmet sich diesem Thema. An zwei A ­ benden gilt es der Einladung zu folgen, die eigenen spirituellen Ressourcen kennenzulernen und zu stärken. Schreibend werden andere Räume als unsere bekannte Wirklichkeit betreten. So kann es gelingen, die Botschaften aus dem Innersten bewusster wahrzunehmen. Für eine Teilnahme sind keine Vorkenntnisse erforderlich.  Anmeldung: lesen@buecherinsel.at, Tel. 07235 62 5 13 Termin: 17. April 2020, 18 – 21 Uhr Kosten: 25 Euro Maximal 8 TeilnehmerInnen

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panorama Diakonie Akademie: neue Angebote plus neue Website Rundum erneuert präsentiert sich das Online-Portal der Diakonie Akademie. Dank einer intuitiven Menüführung ist ein Navigieren entlang der einzelnen Kursschwerpunkte möglich. Eine Anforderung an moderne Websites ist es auch, dass die Website von verschiedenen technischen Endgeräten aufzurufen ist. Sie passt sich damit auch an verschiedene Mobilgeräte optimal an. Kurse können jederzeit auch online aufgerufen und gebucht werden. Zwei neue inhaltliche Schwerpunkte werden neben den bisherigen Kursen auch auf das Thema Demenz und Pflegende Angehörige gelegt. Die Kursreihe für pflegende Angehörige besteht aus einer einmaligen, abendlichen ­Informationsbzw. Kick-Off-Veranstaltung und mehreren halbtätigen Modulen, welche sowohl einzeln, als auch im Gesamtpaket gebucht werden können. Mehr Information zu der Ausbildungsreihe finden Sie auf den ­Seiten 32 und 33 dieser Ausgabe.

Engagiert und gesund durchs Berufsleben: Wie geht das? Jetzt anmelden für den 25. Juni im Bildungs­zentrum St. ­Virgil, ­Salzburg.

Die berufsbegleitende Qualifizierung zum/ zur DemenzexpertIn ist vor allem auf die Stärkung der Handlungskompetenz in der Begleitung, Betreuung und Beratung von Menschen mit Demenz in ihren verschiedenen Krankheitsphasen ausgerichtet. Die Weiterbildung ist vor allem für alle in der Pflege und Betreuung tätigen Fachkräfte gedacht.

„Gekommen um zu bleiben“ Engagiert und gesund durchs Berufsleben in der Seniorenarbeit. Jetzt anmelden: 26. DiakonieDialoge am 25. Juni 2020 im Bildungszentrum St. Virgil Salzburg. Aktuelle Zahlen zeichnen ein klares Bild: Die Lebens­ erwartung steigt zumindest in Industrieländern an, Pflege ist das zentrale Thema unserer Zeit. Die DiakonieDialoge beschäftigen sich heuer mit unterschiedlichen Aspekten, die zu einem erfüllten Berufsleben in der Seniorenarbeit beitragen können. Zu den ReferentInnen zählen Dr. Harald Pichler, Karla Kämmer, Mag.a Dr.in Daniela Palk und Dr. Sepp Fennes. Sie greifen Themen wie die Bedeutung sinnerfüllter Arbeit, die Wahrung von Distanz und Nähe, Humor in der Pflege und Perspektiven in der Seniorenarbeit auf.

Mehr Informationen zum Programm unter www.diakonie-akademie.at

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Zur Anmeldung : www.diakonie-dialoge.at


panorama „Kopf des Jahres“ im Wordrap Kirche ist für mich … mehr als ein Gebäude, mehr als eine Konfession, mehr als ich denken kann. Kirche ist eine weltweite Versammlung von Menschen mit gutem Willen, ohne Raum und Zeit. Mit diesem Motto gehe ich durch’s Leben … Wenn du ein Leben retten kannst, rettest du die ganze Welt.

Hannes Stickler ist Diakon und Verwaltungsleiter der Klinik Diakonissen Schladming. Er setzt sich für die Ausbildung von Asylwerbern ein und kämpfte gegen die Abschiebung von Hossein K. Für seine Initiative und sein Engagement ist Stickler für die Aktion „Köpfe des Jahres 2019“ in der Rubrik „Soziales Gewissen“ der Kleinen Zeitung ausgezeichnet worden. Wir haben Hannes Stickler zum Word-Rap gebeten.

Ich setze mich für Menschen wie Hossein K. ein, weil … er ein Mensch in Not ist. Er ist mein Nächster, den es gilt zu helfen. Da ist das Evangelium kompromisslos. Mein Herz schlägt für … junge oder jung­ gebliebene, engagierte, hilfsbereite, einsatzfreudige Menschen, die das Leben in seiner Fülle mit Fleiß, Wille und Freude wagen und auch in schwierigen Situationen dabei bleiben. Wenn ich Energie tanken will, dann … ­setze ich mich auf eine Bank und schaue still in die Ferne. Ich liebe die Stille. Sie führt mich auf meinen Seelengrund. Diese Eigenschaft mag ich an mir … Ich bin begeisterungsfähig für das Gute und Schöne. Ich bleibe gerne dran...

21.

MAI

Das macht mich grantig … Wenn die Armut bei Kindern dazu führt, dass sie ­benachteiligt werden. Wenn sie zum Beispiel nicht auf Schulveranstaltungen teilnehmen können, oder eine Ausbildung nicht machen können, aufgrund der finanziellen Lage in der Familie. Da bin ich biographisch verwundet.

Jetzt vormerken! Diakoniefest zu Christi Himmelfahrt

Leben bedeutet für mich … Ich möchte am Ende meines Lebens sagen können: „Ich habe alle meine Talente eingesetzt, keines vergraben und ich möchte, dass sie sich jedenfalls im anderen vermehrt haben.“

Das Diakoniefest ist ein Fest der Begegnung: Es lädt Menschen ein, einander am Christi Himmelfahrts-Tag zu treffen, gemeinsam zu feiern und ein buntes Programm zu genießen. Am 21. Mai sorgt ein vielfältiges Programm in und rund um das Haus Bethanien in Gallneukirchen, Oberösterreich, für Abwechslung bei jungen und älteren BesucherInnen. Unser Tipp: Am besten jetzt schon in den Kalender eintragen!

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menschen im

alter

Beschwingte Sache im Haus am Ruckerlberg Walzer und Twist standen auf der Beliebtheitsskala beim ersten Musik- und Tanzcafé im Haus am Ruckerlberg in Graz ganz oben. Die Zivildiener erwiesen sich als galante Tanzpartner. Die Gäste kamen ordentlich ins Schwitzen.  Saskia Dyk

„I Tanzcafé am Ruckerlberg: Die goldenen 50er-Jahre ­wurden zum Leben erweckt.

ch möchte unbedingt Twist tanzen!“ Frau Loidl insistiert beim jungen Mann an der Musikanlage sicherheitshalber noch einmal. „Spielen Sie heute Twist?“ Dezente Hintergrund­ musik empfängt die Gäste aus den Hausgemeinschaften beim „Ersten Musik- und Tanzcafé“. Der Raum ist mit Discokugel und Plattencovern dekoriert, von den Wänden lachen Roy Black und Conny Froboess. Die Besucher weisen einander auf die Musik­größen von damals hin und bestellen prickelnde Getränke.

Seit zwei Wochen kündigen P­ lakate die Veranstaltung an. FH-Student Kevin Fösl geleitet Frau Loidl zu ihrem Platz und erhöht die Vor­ freude: „Selbstverständlich spielen wir für Sie heute Twist!“.

Biografiearbeit als Grundlage „Die Idee eines Tanzcafés entstand in einer Biographierunde“, erzählen Birgit Ritzinger-Vitar und Miša Strobl vom Haus am Ruckerl­berg. „Früher gab es so viele Tanz­ lokale in Graz, zum Beispiel das L’­Équipe“, erinnert sich Frau Loidl, „aber ­heute?“. Auf die Idee folgte rasch die Umsetzung: ­Studierende der Sozialen Arbeit an der FH ­Joanneum wählten das Musik- und Tanzcafé als Projekt­arbeit. „Es war uns wichtig, dass die Bewohner­ innen und Bewohner das Tanzcafé anhand ihrer Erinnerungen mitgestalten“, erläutert Birgit Ritzinger-Vitar die Bedeutung von Biographiearbeit. Die Studierenden führten über mehrere Wochen Gespräche in den Hausgemeinschaften: Über

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Schlagerstars, Englischwalzer und männliche Tanzmuffel. „Ich habe aber immer einen Tänzer gehabt“, erzählt eine Besucherin. „War da ihr Ehemann nicht eifersüchtig?“ fragt eine Studentin. „Aber geh, mein Tanzpartner war ja kein ­schöner Mann. Er war halt ein guter Tänzer!“ Der Donauwalzer erklingt. ­Kevin Fösl zeigt eine Choreografie, bei der die Gäste sitzen bleiben können, aber dennoch in Schwung kommen. Schon bei der nächsten Nummer, einem ­Englischwalzer, hält es viele nicht mehr auf ihren Plätzen. Die Zivildiener in schwarzen Anzügen und weißen Hemden haben jetzt ihren ­großen Auftritt. „Die haben sich aber fesch gemacht“, stellen die Damen anerkennend fest und werden umgehend zum Tanzen aufgefordert. Erste Tanzpaare wiegen sich auf dem Parkett, die Drehungen werden bald schwungvoller. Nach weiteren Nummern und begeisterten „Jö, der Freddi Quinn“-Rufen ist die Stimmung ausgelassen.


„Es war uns wichtig, dass die Bewohnerinnen und Bewohner das Tanzcafé anhand ihrer Erinnerungen gestalten“ Birgit Ritzinger-Vitar, Sozialpädagogin

Die Zivildiener haben mittlerweile die Jackets abgelegt, die Getränke fließen in Strömen. Jetzt ist es endlich Zeit für Twist und Frau Loidl genießt die Chubby Checkers, auch wenn sie sich nach wenigen Takten vorsichtshalber wieder hinsetzt. Auch Damen und Herren im Rollstuhl finden den Weg auf die Tanzfläche und beweisen gemeinsam mit den Zivildienern tänzerische Kreativität. Nach einer Stunde urgieren die Zivildiener eine Pause. Die Gäste freuen sich über Brötchen und kühle Getränke. Studentin ­Gudrun Seier nimmt Musikwünsche für die zweite Hälfte entgegen. Die Nummern werden langsam ruhiger. „L’amour-Hatscher“ scherzen

manche und ein Paar tanzt Wange an Wange. Nach fast zwei ­Stunden überkommt die Gäste Müdig­keit: „Das gehört unbedingt wiederholt“, merkt ein begeisterter Tänzer beim Weg in die Haus­gemeinschaft an. „Auch wenn ich nur kurz getanzt habe, das Zuschauen war auch amüsant“, ergänzt Frau Loidl.

Neue Erlebnisse sammeln Birgit Ritzinger-Vitar freut sich, was mit dem Werkzeug der Biographie­arbeit möglich ist: „Aus den Erlebnissen von ­früher sind heute wertvolle neue ­Erlebnisse ent­standen“. Beim Abnehmen der Plakate pfeift ein Zivildiener einen Peter-A­lexander-Song vor sich hin: Sag beim Abschied leise Servus …

INFO : WA S I ST E I G E NT L I C H B I O G R A FIE A R B EI T? Biographiearbeit öffnet durch verschiedene Methoden und Medien (Fotos, Erinnerungsstücke, Texten) Zugänge zur eigenen Vergangenheit. Sie ermutigt Menschen, über ihre Lebensgeschichte zu erzählen, nachzudenken und Erinnerungen wertzuschätzen. Biographiearbeit ist ein wichtiger Bestandteil in der Begleitung von Menschen im Alter.

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Ob Mittanzen oder nur Zuschauen: für die BewohnerInnen im Haus am Ruckerlberg war der Tag eine beliebte Abwechslung.


menschen im alter

kurznachrichten

Demenz: Das tut sich in den Bundesländern

Tipps zum Thema Demenz: Was kann ich essen und trinken?

Steiermark: Leben mit Demenz | Beratung im Café Ingrid Ferstl vom Diakoniewerk Steiermark steht mit hilfreichen Tipps für den Alltag zur Seite und gibt einen Überblick über Entlastungs­ möglichkeiten wie die Tages­ betreuung. Eine Anmeldung ist nicht erforderlich! Informationen unter Tel. 0316 32 16 08 401

Geschmack ändert sich. Geschmackund Geruchssinn verändern sich im Alter. Dementsprechend können sich auch die Vorlieben für Speisen und Getränke ändern. Das gilt auch für Menschen mit Demenz. Generell sollten die Gerichte etwas stärker gewürzt werden, damit der reduzierte Geschmacksinn ausgeglichen werden kann.

Termine: 11. Mai und Freitag 15. Mai zwischen 14.30 und 17.30 Uhr im SMZ Stadtteilzentrum Jakomini, Graz; 30. Juni und 2. Juli zwischen 14.30 und 17.30 Uhr im incafé, Graz Salzburg: Leben mit Demenz im ­Salzburger Seenland Bei den Vorträgen in allen Gemeinden des Salzburger Seenlands bekommen ­Betroffene, ­Angehörige und Interessierte a­ llgemeine Informationen für den Umgang mit Demenz. Termine: 22. April, 19 Uhr, Haus ­Gaberhell, ­Seeham, Weitere Termine online: www.demenzberatung-salzburg.at Anmeldungen zum Vortrag und den Demenzberatungen unter Tel. 0664 85 82 682 Oberösterreich: Leben mit Demenz | Impulse Die nächsten Veranstaltungen finden zu folgenden Terminen statt: Linz, 27. April: „Wenn nichts mehr getan werden kann, ist noch immer viel zu tun“ und Wels, 25. Mai, „Wechsel der Umgebung als Risiko“.

Selber aktiv werden. Es kann sein, dass nicht mehr alle Tätigkeiten beim Essen richtig vom Gehirn wiedergegeben und gereiht werden können. Unterstützt man Menschen mit Demenz aber, beispielsweise in dem man etwas auf die Gabel aufspießt, ihnen in die Hand gibt und auf halben Weg zum Mund führt, dann kann die Tätigkeit oftmals alleine zu Ende gebracht werden. Generell gilt: der Hunger kommt beim Essen bzw. Zubereiten. Die Einbindung von Menschen mit Demenz in die Zubereitung des Essens kann über die Geräusche, Gerüche und Tätig­keiten appetitfördernd wirken, darüber hinaus ergeben sich Tätigkeiten, wo Menschen mit Demenz selbst wieder aktiv werden können z. B.: beim Gemüse putzen oder schneiden. Die Menge der verschiedenen Gerichte sollte individuell angepasst werden.

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Häppchen vor­ bereiten. Auch Hunger-, Durst- und Sättigungsgefühl verändern sich, daher gilt es zu beobachten und aufmerksam zu sein, was Ess- und Trinkmengen betrifft. Menschen mit Demenz können oftmals ab einer ­gewissen Phase der Demenz nicht mehr mit Messer und Gabel umgehen, auch ihre Tisch­manieren sind anders als bisher gewohnt. Hilfreich ist es hier, Menschen mit Demenz nicht auf ihre fehlenden Tischmanieren hinzuweisen, sondern sie so essen zu lassen, wie sie möchten und können. Klein geschnittene Würstchen, Fleischbällchen, Kroketten, Gemüsesticks eignen sich besonders gut. Alles was schmeckt: Isst ein Menschen mit Demenz beispiels­weise zum Frühstück eher mehr und dann den restlichen Tag nur mehr wenig, dann sollte das Frühstück als Hauptmahlzeit aufgewertet werden und beispielswiese auch Gerichte mit Eiern ­ange­ boten werden. Beim Trinken gilt, wie auch beim Essen: Alles was schmeckt ist erlaubt. Gerne auch einmal Bier, Wein, ein ­Schnapsler zum Essen und gespritzte Fruchtsäfte untertags.


spiritualität

„ Ich aber bete zu dir, Herr, zur Zeit der Gnade.“

Ich aber bete. Wie viele von uns können das heute mit dem gleichen Selbstbewusstsein sagen, wie es damals David getan hatte? David war in Not geraten und er betete. Zur Zeit der Gnade. Ist die Gebetszeit, trotz notvollen Umständen immer auch eine Gnadenzeit? Wie oft bete ich? Glaube ich an einen hörenden, erhörenden Gott? Der Evangelist Lukas vergleicht das Gebet mit einem Beben: „Während sie beteten, bebte der Ort, wo sie versammelt waren.“ Der Dialog mit Gott bringt demnach auch Orte zum Beben. Nutzen wir also die Gnadenzeit, um unsere Anliegen vor den lebendigen Gott zu bringen – für uns, für unsere Mitmenschen. Monika Hutegger, MBA DGKP Diakonie.mobil Salzburg Lektorin Diakoniewerk Salzburg

Ps. 69, 14a


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menschen mit

behinderung

Wenn Menschen mit Behinderung älter werden Die steigende Lebenserwartung betrifft zunehmend auch Menschen mit Behinderung. In Einrichtungen des Diakoniewerks werden darum immer mehr ältere Menschen mit Behinderung begleitet und betreut. Das nötige Know-How können sich MitarbeiterInnen unter anderem durch eine kombinierte Ausbildung aneignen.  Katharina Schönberger

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ornelia Spitzer, Mitarbeiterin der Leopold-Pfest-­ Straße, einem Wohnhaus für Menschen mit Behinderung in Salzburg, begleitet unter anderem ältere BewohnerInnen. Dass sie dafür umfangreiches Wissen hat, verdankt sie ihrer kombinierten Ausbildung an der Schule für Sozialbetreuungsberufe: „Wählt man die Ausbildung zur Fach-­ Sozialbetreuerin Alten- und Behindertenarbeit bedeutet dies, dass man zwei Abschlüsse absolviert. Meine Entscheidung habe ich nie bereut. Die Kombination hat sich gut ergänzt und war für mich sehr wertvoll. Man profitiert von den vielfältigen Erfahrungen, die man

während der Ausbildung macht. Sie helfen einem im Arbeitsleben sehr oft weiter.“ Die Wahl für einen der beiden Bereiche fiel schließlich aufgrund der absolvierten Praktika: „Nachdem ich praktische Erfahrungen in beiden Bereichen gesammelt hatte, war mir klar, dass ich mit Menschen mit Behinderung arbeiten wollte. Aber das heißt nicht, dass ich mein Wissen aus der Altenarbeit im Arbeitsalltag nicht nutzen kann. Denn schließlich werden auch Menschen mit Behinderung älter. Außerdem habe ich durch mein umfassendes Wissen die Chance, mich innerhalb des Bereichs der Pflege und Betreuung vielleicht irgendwann noch einmal

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neu zu orientieren. Generell empfinde ich die Arbeit mit beeinträchtigten und auch älteren Menschen sehr erfüllend. Mir ist es wichtig, sie bei der gesellschaftlichen Teilhabe und der Bewältigung von Hürden zu unterstützen. Und man bekommt eine Menge Dankbarkeit zurück.“

Das Alter und seine Folgen Altern ist auch bei Menschen mit Behinderung mit verschiedenen Prozessen verbunden. Diese zeigen sich beispielsweise durch körperliche Einschränkungen des Bewegungsapparates, kognitive Schwierigkeiten und zunehmende Verlangsamung.


Die Begleitung von Menschen mit Behinderung im Alltag orientiert sich unter anderem an ihren Bedürfnissen und Wünschen.

„Es ist heraus­fordernd, wenn bei Menschen, die ohnehin schon mit einer Beeinträchtigung leben, eine Diagnose wie Schlaganfall dazu kommt. In solchen Fällen helfen mir in meiner Arbeit die verschiedenen Zugänge und das ­entsprechende Hintergrund­ wissen“, erklärt Cornelia Spitzer. Es gibt allerdings Beeinträchtigungen, bei denen sich Erscheinungen des Alters anders gestalten. Menschen mit Down-Syndrom beispielsweise ­erkranken häufig 10 bis 14 Jahre früher an Alzheimer-Demenz. „Wenn man das weiß, kann man auch entsprechend reagieren und sich in der Begleitung darauf einstellen“, so Cornelia Spitzer weiter.

Förderung im Alltag In der Arbeit mit Menschen mit ­Behinderung wird stets ein Schwerpunkt auf die Unterstützung der Fähigkeiten gelegt.

„Es ist wichtig, Menschen mit Behinderung auch in diesem Lebensabschnitt zu fördern“ Cornelia Spitzer, Mitarbeiterin Leopold-Pfest-Straße

„Der Erhalt der vorhandenen Ressourcen bekommt im Alter jedoch noch einmal einen besonderen Stellenwert. Es ist wichtig, Menschen mit Behinderung auch in diesem Lebensabschnitt zu fordern und zu fördern“, berichtet sie aus ihrer Erfahrung. Eine wichtige Rolle spielen dabei stets die Bedürfnisse der BewohnerInnen. Mit zunehmenden Alter können

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sich diese auch verändern. „Wenn man BewohnerInnen, die sich nicht durch verbale Sprache ausdrücken können, kennenlernt, findet man mit vielen eine andere Art der Kommunikation wie zum Beispiel durch Gebärdensprache oder Validation. Dadurch können auch Bedürfnisse ausgedrückt werden, auf die wir dann in der Begleitung eingehen“, erklärt Cornelia Spitzer.


menschen mit

behinderung „Mir macht es nichts aus, ein Chromosom mehr zu haben“ Unter den verschiedenen Einrichtungen des Diakoniewerks in Gallneukirchen fällt bald die umtriebige und aufgeweckte Theatergruppe Malaria der Kunstwerkstatt auf. Anlässlich des Welt-Down-Syndrom Tags am 21. März haben wir bei den zwei KünstlerInnen nachgefragt: Was ist euch wichtig?  Sigrid Walch Ruth Oberhuber (27) und ­Christoph Kremser (42) arbeiten und wohnen in Einrichtungen des Diakonie­werks in Gallneu­ kirchen. Am Vormittag findet man die Künstler, beide mit Down-­ Syndrom, im „Theater Malaria“ der Kunstwerkstatt. Auf Eigen­ initiative von künstlerisch tätigen Menschen mit Behinderung im Diakoniewerk e­ ntstanden, setzt sich die ­Gruppe heute aus einem elfköpfigen Ensemble, externen Gastschau­spielerInnen sowie einem künstlerischen Team aus der Tanz-, ­Theater- und Behinderten­ pädagogik zusammen. Ruth Oberhuber hat neben ihrem schauspielerischen Talent auch

ein literarisches. Sie moderierte im Vorjahr die Preisverleihung der Literaturveranstaltung „Ohrenschmaus“. Bei der Veranstaltung werden Texte von Menschen mit Lernbehinderung prämiert.

Verantwortung übernehmen Nachmittags arbeiten Ruth ­Oberhuber und Christoph Kremser in der „Kunstwerkstatt Macherei“ und sind dort verantwortlich für die Wartung und Betreuung des Onlineshops mit den Erzeugnissen aus den Werkstätten des Diakonie­ werks. Sie betreuen dort die gesamte logistische Abwicklung des Shops, wie die Bearbeitung der eingehenden Bestellungen, die

Verpackung der Waren und den Versand sowie die Verwaltung des Lagerbestands. „Es macht mir nichts aus, ein ­Chromosom mehr zu haben“, meint die junge Frau. Sie weiß Bescheid über den „Welt-DownSyndrom-Tag“ am 21. März und worauf an diesem Tag weltweit aufmerksam gemacht wird. „Dass niemand bevorzugt wird. Und dass ich für andere wichtig bin“, sind ihre Anliegen an diesem Tag. „Und dass wichtige Sachen nicht unwichtig werden“, sagt sie mit einem Lächeln, während sie sich an Christoph schmiegt.

Sportlicher Ausgleich Um 16 Uhr kommen sie von der Arbeit in der Kunstwerkstatt nach Hause. Für Christoph Kremser fängt dann der sportliche Teil des Tages erst an. Stolz zählt er auf, was er alles macht: Montag Tischtennis, Dienstag Kegeln, Mittwoch Leichtathletik-Training, Donnerstag Stockschießen. Alles über FRISBI, das Zentrum für Freizeit, Sport und Bildung. Ruth Oberhuber bevorzugt Nordic ­Walken, Lesen und Shoppen. Nicht zu viel fern­ sehen, ist beiden w ­ ichtig. Und am Wochenende gehen sie fort, zum Beispiel ins ZERO, einem beliebten Club in Gallneukirchen.

Ruth Oberhuber und Christoph Kremser haben viele Talente, die sie unterschiedlich einsetzen.

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menschen im diakoniewerk

„Ich habe mit vielen eine gemeinsame Geschichte“

porträt

Heinz Thaler war 35 Jahre im Diakoniewerk, 17 Jahre davon im Vorstand. Im April geht der studierte Psychologe in Pension. Ein Rückblick auf eine ereignisreiche Zeit.  Karin Windpessl

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einz Thaler hatte schon die Zusage für einen Job in der Industrie in der Tasche, als ihn der Ruf aus dem Diakoniewerk ereilte. Ein junger Psychologe wurde gesucht, Thaler hatte sein Psychologie-Studium gerade abgeschlossen, drei Jahre in der evangelischen Jugendarbeit gearbeitet und ein Ziel: Menschen und ihre Motive verstehen zu lernen. Thaler überlegte und entschied kurzerhand: in diese Richtung wolle er gehen. Man schrieb das Jahr 1985. Bis 1990 war Thaler als Psychologe tätig, anschließend leitete er bis 2003 den Bereich Behindertenarbeit.

Konsequent in Qualität investiert Was waren die wesentlichen Meilensteine dieser Zeit? „Der größte Erfolg ist für mich, dass sich die Angebote für Menschen mit Behinderung und Menschen im Alter verbessert haben“, betont Thaler. Wohnraum wurde in vielen einzelnen Schritten geschaffen: „In der Mühle haben auf 70 Quadratmeter fünf Kinder gewohnt. Die Wohnfläche wurde schließlich auf bis zu 200 Quadratmeter erhöht.“ Bessere Wohnbedingungen bedeuten generell bessere Lebensbedingungen und so investierte das Diakoniewerk konsequent in bessere Qualität.

Auch die Vielschichtigkeit des Netzwerkes an Einrichtungen wuchs kontinuierlich. Waren es anfangs Wohneinrichtungen in Gallneukirchen und Engerwitzdorf, eine Werkstätte am Linzerberg und die Gärtnerei Friedenshort, so ließen nach und nach immer mehr Puzzlesteine das heutige Bild entstehen. Bedarfsgerechte, individuelle Förderung war Thaler stets ein Anliegen: „Wir orientieren uns heute am Grad der Selbstständigkeit, an spezifischen Bedürfnissen der Menschen und entscheiden, welche Wohnformen angeboten werden. Das hatten wir zu Beginn noch nicht in dieser Form.“ Expansion und das Hineingehen in den Sozialraum waren und sind nach wie vor zwei zentrale Leitthemen des Unternehmens.

Bodenhaftung nicht verlieren Neben der Arbeit mit dem ­Menschen, dem Entwickeln von ­Strategien und dem Einbinden ­neuer Arbeitsweisen war es Thaler stets wichtig, die Bodenhaftung nicht zu verlieren. Immerhin kommt Thaler aus einem Handwerkerhaushalt, einer Tapeziererei. „In einem Familienbetrieb muss alles erledigt werden“, meint der Generalist ­heute rückblickend. Eine Aus­bildung an der HTL Steyr mit Schwerpunkt auf Maschinen, ­Motoren- und Kraftfahrzeugbau trägt seiner Herkunft Rechnung. Das Interesse

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an der Technik war groß, trotzdem fiel die ­Entscheidung auf die Studienfächer Psychologie und ­Sportwissen­schaften. 2003 kam der Ruf in den Vorstand. Gemeinsam mit Josef Scharinger und Gerhard Gäbler bildete Thaler eine Dreifachspitze. 35 Jahre später sind es viele Geschichten, Begegnungen, die Thaler mitgetragen und mehr als das: Richtungen und Konzepte vorgegeben, zur Welt gebracht hat. Seither ist das Diakonie­werk unaufhörlich gewachsen. „In fünf Jahren werden hier 4 000 MitarbeiterInnen arbeiten“, schätzt Thaler. Menschen mochte Thaler schon immer gerne, den einzelnen in seiner Individualität sehen war Thalers Bestreben. Viele Begegnungen reihen sich da aneinander: „Ich habe mit vielen eine gemeinsame Geschichte.“ Was macht Heinz Thaler nun nach 35 Jahren im Diakoniewerk an seinem ersten Tag in der ­Pension? „Ausschlafen und gemütlich frühstücken“, meint Thaler schmunzelnd und setzt nach: „Hin und wieder sicherlich auch im ­KOWALSKI.“


ein tag mit …

„Jeder Tag ist anders und abwechslungsreich“ Alexandra Ortner liebt ihren Beruf. Sie hat sich als Diplomierte Krankenschwester dafür entschieden, Menschen im Alter im Haus für Senioren Bad Zell zu begleiten.   Karin Windpessl

7:00 Uhr Alexandra Ortner beginnt ihren Arbeitstag mit der Dienstübergabe im Team. Was ist diese Nacht passiert? Wer hat gut geschlafen, wer war unruhig? Alle Informationen werden genau dokumentiert, der Tag wird im Team geplant.

Kurze ­Lage­besprechung: Wer bereitet die Medikamente vor, wer wechselt Verbände am Vormittag?

8:00 Uhr Medikamente vorbereiten: Um den Überblick zu bewahren gibt es ein übersichtliches Farbleitsystem. Gelb für den Morgen, Rot für mittags, Blau für den Abend und Grün für die Nacht.


ein tag mit … Neben der medizinischen Versorgung ist es für Ortner wichtig da zu sein, ein offenes Ohr für die BewohnerInnen zu haben. Zwischendurch ein Späßchen ist erlaubt!

10:00 Uhr Verbände anlegen – für die diplomierte Krankenschwester gehört das zur täglichen Routine. Alexandra Ortner hat zuvor jahrelang in einem Krankenhaus gearbeitet. Jede Hand­ bewegung sitzt!

12:00 Uhr

Karten spielen, einen Spaziergang machen: Angehörige unterstützen des Betreuungspersonal auf vielfältige Art und Weise.

16:00 Uhr

Mittagessen in der Hausgemeinschaft.

Angehörigengespräche führen: Für Abwechslung ist gesorgt, wenn die BewohnerInnen Besuch ihrer Liebsten bekommen.

Die Tagesabläufe orientieren sich „am normalen Leben“ ­zuhause – mit einem Unterschied: BewohnerInnen erhalten professionelle Betreuung und ­Pflege im eigenen Wohnbereich. Gemeinsames Kochen und Essen gehören einfach dazu.

Schwester Alex nützt diese Zeit für Gespräche mit der Familie. Eine wichtige Voraussetzung dafür, dass alle denselben Wissenstand haben und Fragen stellen können.

13:30 Uhr Dokumentation, Visiten­vor­ bereitung und -begleitung: Fünf Hausärzte wechseln sich im Dienst ab.

18:00 Uhr Dienstschluss für heute!

Schwester Alex muss die Medikamentenliste vorbereiten und über jede Bewohnerin, jeden Bewohner informiert sein. Sie begleitet die Visite und dokumentiert die Ergebnisse.

Schwester Alex geht nach einem ereignisreichen Tag müde, aber zufrieden nach Hause. Jeder Tag ist anders – das gefällt Frau Ortner an ihrer Arbeit.

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international

„Später will ich selbstständig werden“ Seit 2015 betreibt das Diakoniewerk zwei Tagesbetreuungen für sozial ­benachteiligte Kinder in Rumänien. Anlässlich des fünfjährigen Bestehens stellen wir Ihnen Sara, eine ­lernwillige Besucherin der Tagesbetreuung ­Sebeş vor.  Nicole Bachinger-Thaller

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ara ist 12 Jahre alt und besucht vom ersten Tag ihres Bestehens die Tages­ betreuung in S­ ebeş. Dort zählt sie mittlerweile zu den älteren Kindern. Sie kommt aus einer kleineren Familie, hat einen Bruder. Ihre Eltern haben keinen fixen Arbeitsplatz, die fi ­ nanzielle Lage der Familie ist leider immer wieder unsicher. Sie sind abhängig von der Großmutter, die einen kleinen Lebensmittel­laden führt. Wenn der Vater sporadisch als Tagelöhner arbeitet und weg von Zuhause ist, unterstützt Sara ihre Mutter auch im Haushalt und in der Betreuung des jüngeren Bruders.

Fragen stellen ist erlaubt Als Sara in die Tagesbetreuung kam, war sie in der Grundschule, hinkte im Wissen aber weit ihren Klassenkolleginnen und Klassenkollegen nach. Sie konnte noch nicht lesen und rechnen. Im ersten Sommer konnte sie in der Tages­ betreuung viel schulisches Wissen nachholen und gestärkt ins neue Schuljahr gehen. Seitdem ist Sara eine äußerst bemühte Schülerin, auch wenn sie im Unterricht nicht immer mitkommt. „Bei meinem Matheprofessor verstehe ich nicht alles, aber in der Tagesbetreuung gehen sie den Inhalt noch einmal mit mir durch. Dann verstehe ich

Rechnen und Schreiben war für Sara zu Beginn ihres Besuchs noch nicht möglich. Dank der nötigen Struktur und der aufgebrachten Geduld hat sie große Fortschritte gemacht.

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es.“ Sara schätzt an der Tages­ betreuung, dass sie immer jede Frage zu den schulischen Aufgaben stellen kann, ohne Angst zu haben etwas Dummes zu fragen oder für ihr fehlendes Wissen gemaßregelt zu werden.

Umgang mit Gefühlen lernen Dies hat dazu geführt, dass Mathe mittlerweile eines ihrer Lieblings­ fächer ist, obwohl sie sich im Unterricht damit schwer tut. „Die ­Pädagoginnen sprechen mit mir auch über mein Verhalten, ­früher wurde ich schnell wütend, jetzt bin ich ruhiger und habe gelernt mit meinen Gefühlen umzugehen.“ So wie Sara geht es vielen Kindern in der Tagesbetreuung. Oftmals leiden die Kinder unter fehlenden Strukturen und sind mit ihren Emotionen überfordert, ­aggressives Verhalten und Streit sind häufig die Folgen. In der Tagesbetreuung lernen sie den Umgang mit ihren Gefühlen, lernen über Kommunikation Konflikte zu lösen und über Strukturen und Regeln erhalten sie Sicherheit im Miteinander. Sara hat große Ziele für ihre Zukunft. Wie ihre Großmutter möchte sie finanziell unabhängig sein und ein eigenes Geschäft führen, im Bereich der Kosmetik. Ihr Traum ist es, einen ­eigenen Laden als Kosmetikerin aufzumachen. Sara ist bewusst, dass sie dafür die Schule erfolgreich beenden muss. Die Pädagoginnen der Tagesbetreuung unterstützen sie weiter auf ihrem Weg.


aktiv für

bildung

23 Der 38-jährige ehemalige Geologe hat ein Ziel: Menschen mit Behinderung zu fördern und zu begleiten.

Bildung schafft Integration Hassan Hassan kam aus dem Irak nach Salzburg und entdeckte hier sein Interesse an der Arbeit mit Menschen mit Behinderung. Nun absolviert er die Ausbildung zum Behindertenbegleiter an der Schule für Sozialbetreuungsberufe des Diakoniewerks und sammelt erste Praxiserfahrung.  Katharina Schönberger

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assan Hassan kam 2015 vom Irak über die sogenannte Mittelmeerroute nach E­ uropa. In seinem Heimatland war der 38-Jährige nach seinem ­Studium als Geologe tätig. In Salzburg musste er sich aufgrund der neuen Sprache, der neuen Gegeben­heiten und seines Asyl­ status neu orientieren. „Freunde von mir, die sich in der Leopold-­ Pfest-Straße, dem Wohnhaus für Menschen mit Behinderung, freiwillig engagieren wollten, baten mich um Unterstützung beim Übersetzen. Denn durch meine Kurse am Sprachenzentrum der Universität eines Sprachtrainings des Diakoniewerks hatte ich schon einiges gelernt. Schließlich entschloss auch ich mich dazu, freiwillig zu helfen“, erzählt Hassan Hassan.

Ausbildung auch ohne positiven Asylbescheid Durch ein Informations- und Ausbildungsprogramm, das Asyl­

werberInnen und MigrantInnen bei der Eingliederung in eine Ausbildung im Sozialbereich unterstützt, erfuhr er schließlich mehr über die Ausbildung im Behinderten­ bereich. Diese konnte er auch ohne positiven Asylbescheid beginnen. Nach erfolgreichem Aufnahmeverfahren startete Hassan Hassan im Herbst 2019 seine Ausbildung zum Fach-Sozialbetreuer Behindertenbegleitung: „Bisher fühle ich mich sehr wohl. Die Ausbildung ist abwechslungsreich und das Tempo ist für meine Deutschkenntnisse gut geeignet. Wenn man regelmäßig mitlernt, sind auch die Prüfungen zu bewältigen.“ Neben seiner Ausbildung hilft Hassan Hassan auch weiterhin in der Leopold-Pfest-Straße: „Die Begleitung von Menschen mit Behinderung kann herausfordernd sein. Aber es ist schön zu sehen, wie sie sich an den kleinen Dingen erfreuen. Man kann ihnen mit für

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uns vermeintlich kleinen Tätig­ keiten, wie zum Beispiel der Unterstützung beim Essen oder einem Spaziergang, eine große Hilfe sein und bekommt dafür viel Dankbarkeit zurück.“ Die sozialen Kontakte im Rahmen seines Engagements in der Leopold-Pfest-Straße und der Ausbildung helfen Hassan Hassan auch bei der Integration und der laufenden Verbesserung seiner Deutschkenntnisse.

Wunsch nach einer Zukunft in Österreich Für die Zukunft wünscht sich ­Hassan Hassan einen positiven Asylbescheid und damit die Möglichkeit, in Salzburg bleiben zu können: „Ich habe hier Freunde und eine erfüllende Ausbildung bzw. Tätigkeit gefunden. Nun hoffe ich, das behalten zu können, was ich mir in den vergangenen Jahren aufgebaut habe. Im Irak zu leben und als Geologe zu arbeiten, kann ich mir heute nicht mehr vorstellen.“


aktiv für bildung

kurznachrichten Ausbildung im Teilzeitmodell Weniger Wochenstunden ermöglichen es Menschen mit Betreuungspflichten, die Ausbildung zu absolvieren Für Menschen mit kleineren Kindern oder anderen Angehörigen, die Betreuung benötigen, war es bisher schwierig, eine Ausbildung zum/zur FachsozialbetreuerIn zu absolvieren. Das Teilzeitmodell im Ausbildungsbereich Altenarbeit, welches eine maximale Auslastung von 30 Wochenstunden für Unterricht und Praxis vorsieht, macht dies nun möglich. Die Ausbildung dauert statt bisher vier, jetzt fünf Semester und inkludiert die Pflegeassistenz. Auch Menschen, deren Muttersprache nicht Deutsch ist, profitieren von der längeren Ausbildungsdauer, da der Spracherwerb mit der Zeit steigt. Das Teilzeitmodell gibt es seit 2019 an der Schule für Sozialbetreuungsberufe in Mauerkirchen und seit Februar 2020 auch in Gallneukirchen. Nähere Infos zum nächsten Ausbildungsstart: www.zukunftsberufe.at

produkttipp

buchtipp

PL ATZ F ÜR I DEEN UN D GEDA N K EN N OTI ZB UC H „ ZEB RA“

DO M I N I K BA RTA „VO M LA N D “

Dass Theresa, um die sechzig und Bäuerin, sich plötzlich krank fühlt, bringt alle Gewissheiten ins Wanken. Die erwachsenen Kinder müssen anreisen, von wo auch immer es sie hin verschlagen hat, um endlich wieder miteinander zu reden. Mit großer Präzision und Empathie erzählt Dominik Barta in seinem Debütroman von den Menschen und den Umständen. Er schreibt eine große Tradition der österreichischen Literatur fort.

In unseren Notizbüchern finden all Ihre Ideen und Gedanken ein Zuhause: Seitenweise gibt es Platz für Wünsche, verrückte Träume, Geistesblitze, Tagebucheinträge und das, was nicht vergessen werden soll. Gestaltet wurde das Cover von Johanna Rohregger, Künstlerin der Kunstwerksta des Diakoniewerks Format: A5 Seitenanzahl: 160 Seiten unliniert Preis: 12,90 € / Stück

Paul Zsolnay Verlag Preis: 18,50 €

Erhältlich in der Bücherinsel, Hauptstraße 7, 4210 Gallneukirchen, Tel.: 07235 625 13, lesen@buecherinsel.at

Zu bestellen in unserem Onlineshop unter www.diakoniewerk­shop.at

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aktiv für

gesundheit Private „Hausarzt­ ordination“ als erste Anlaufstelle

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Für plötzlich auftretende Beschwerden gibt es seit kurzem in der Klinik Diakonissen Linz eine neue Anlaufstelle – die Privatambulanz. Spontan auftretende Schmerzen, eine Impfung, die notwendig ist oder eine unangenehme Erkältung, die im Anmarsch ist – es gibt viele Gründe, weshalb ärztliche Betreuung kurzfristig nötig ist. Um diesen Ansprüchen gerecht zu werden, eröffnete im Sommer 2019 die Klinik Diakonissen Linz eine Privatambulanz.

Die Privatambulanz für kurzfristige Fragen Mit dem Charakter einer „Hausarztordination“ bietet die Klinik Diakonissen Linz bei kurzfristigen Fragen sowie plötzlich auftretenden Beschwerden eine ­umfassende Begutachtung der körperlichen und psychischen Verfassung. „Oberstes Gebot ist dabei immer, in akuten Fällen mit viel Kompetenz, Einfühlungs­ vermögen sowie Gastfreundschaft für den Patienten da zu sein und diesen auf dem Weg der Genesung zu unterstützen“, erklärt Primar Dr. Josef Macher. Privatambulanz Klinik Diakonissen: In akuten Fällen mit Kompetenz für den Patienten da sein

Als private Hausarztordination behandeln die ­Ärzte ­Infekte, stellen den Blutdruck oder Blut­zucker ein, führen Impfungen durch und leiten je nach Krankheitsbild bei Bedarf die nötigen diagnostischen Schritte ein. Sollte es also vonnöten sein, organisiert die Privat­ambulanz zudem auch einen Termin bei einem Facharzt.

Moderne Radiologie Einen der größten Vorteile stellt die Infrastruktur der Klinik Diakonissen Linz dar, auf die die Privatambulanz jederzeit zurückgreifen kann. Das macht es möglich, sofort Untersuchungen im Labor sowie EKG, Röntgen und Ultraschall durchzuführen. Die Radiologie ist mit den modernsten und neuesten Geräten ausgestattet. Bei Bedarf kann so der Patient untersucht und bestmöglich behandelt werden. Zudem steht das gesamte Team der Diagnostik zur Verfügung. Mit hoch­qualifizierten Ärzteteams aus allen ­medizinischen Bereichen kann so den Ursachen auf den Grund ­gegangen werden.

I N FO: PRI VATA M B UL A N Z K L I N I K DI A KO N I SSEN L I N Z Montag bis Freitag: 8 bis 12 Uhr Überweisungen, Rezepte und Arbeitsfähigkeitsmeldungen Keine Akutfälle wie Herzinfarkte, Schlaganfälle, schwere Verletzungen o. ä., keine Aufnahme von Kindern unter 15 Jahren und Schwangeren.

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aktiv für

gesundheit

„Lucas ist aufgeblüht, seit er die Therapie macht“ Mit beiden Beinen im Leben stehen: das möchte der vierjährige Lucas eines Tages. Im Therapiezentrum des Diakoniewerks am Linzerberg in Gallneukirchen (OÖ) versuchen TherapeutInnen, diesem Ziel Schritt für Schritt näher zu kommen.  Karin Windpessl

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ucas steht auf einer dicken, instabilen Matte, seine Beine wackeln etwas. Nur mühsam kann er das Gleichgewicht halten. Die diplomierte Physiotherapeutin Christa Leonfellner beobachtet jeden Schritt. Lucas streckt seine Beine durch, stemmt sich hoch. Heute hat Lucas ein konkretes Ziel: Er möchte die Matchbox-Autos auf der Rennbahn bewegen. Lucas richtet sich auf und fasst sich das erste Auto.

„Lucas hatte wenig Körperspannung, wurde in vielen Dingen von seiner Mutter unterstützt.“ Christa Leonfellner, Therapeutin

Langsame Entwicklung Die Physiotherapeutin verstellt die höhenverstellbare Liege nach oben. Lucas reagiert sofort, streckt sich weiter durch und spielt unbeeindruckt weiter. Eine Herausforderung für jemanden, der noch vor kurzem nur mit Fußschienen und teils durch einen Gehrollator gestützt vorangekommen ist. Lucas entwickelte sich nach der Geburt motorisch und sprachlich nur langsam. Er hatte wenig Körperspannung, wurde in vielen Dingen gezielt von seiner Mutter ange­ leitet und unterstützt. Lucas hat nicht zu krabbeln begonnen wie alle anderen, war in der Entwicklung verzögert, hat mit kleinen Dingen gekämpft. Sitzen war etwa lange nicht möglich. Mut tut Lucas gut Mittlerweile wagt sich der Vierjährige sogar schon aufs Pferd. Durch die besondere Bewegung kippt sein Becken nach vorne, er imitiert die Bewegungen des Pferdes und wird nicht durch die Fehlstellung

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seiner Beine blockiert. Neben der besonderen Bewegungsabfolge ist es auch der Mut, der Lucas gut tut. Mittlerweile hat Christa für Lucas eine neue Herausforderungen bereitgestellt: Lucas sollte sich nur mit Kraft seiner Oberarme aus einer Matte befreien, die um seinen Körper gewickelt ist. Er kämpft, drückt sich vom Boden ab. Man erkennt: Alles, was für andere Gleichaltrige wie von selber und natürlich abläuft, braucht bei ihm viel Mühe und Kraft. Spiel oder Therapie? Genau an dieser Schwelle erfolgt die Therapie im Therapiezentrum Linzerberg in Gallneukirchen. „Es soll Spaß machen, damit die Kinder auch dabei bleiben“, betont die T ­ herapeutin. „So vergessen die Kinder die ­Anstrengung und trainieren motiviert!“ Das Training zur Stabilität auf einem Bein kann ermüdend sein, aber einen Ball ins Tor zu schießen, das macht dem Kleinen Spaß.

Rückhalt aus der Familie Die wichtigste Rückendeckung bekommt Lucas aber von seiner ­Familie. Zu jeder Therapie begleiten ihn nicht nur seine Mama, sondern auch seine große Schwester und sein kleinerer Bruder. Besonders sie sind es, die ihm den sicheren Rahmen für seine weitere Entwicklung geben und ihn stets ermutigen, den nächsten Schritt zu tun. Oder wie es Stefanie G., Lucas’ Mama formuliert: „Lucas ist aufgeblüht, seitdem Christa mit ihm arbeitet. Dieses Jahr hat er es geschafft, eigenständig zu gehen. Das war einer der glücklichsten Momente in meinem Leben.“


aktiv für

gesundheit

Tipps für einen Nachmittag im Freien Das Vor- und Grundschul­ alter ist geprägt von raschen körperlichen Veränderungen und der Erweiterung motorischer und kognitiver Fähigkeiten. Kleine Übungen im Alltag können Kinder dabei unterstützen und vor allem eines: Spaß machen!

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Auf Baumstämmen balancieren   Aus Naturmaterialien Wichtelhäuser, Boote, Tiere … bauen   Naturmaterialien sammeln, vergleichen, bestimmen und trocknen oder etwas daraus basteln   Mit geschlossenen Augen verschiedene Naturmaterialien erfühlen, riechen …   Sich hinsetzen, ganz leise sein und in den Wald hineinhören: Was gibt es für Geräusche? Tiere, Bach, Wind …   Spaziergang mit kleinen Spielen: Wer findet etwas Gelbes? Wer sieht als erstes eine Ameise? Wer sieht eine Tanne?


netzwerke Hier brennt man für das soziale Miteinander Die Integrative Beschäftigung des Diakoniewerks ist stets auf der Suche nach weiteren Kooperationspartnern. Welchen Mehrwert die Beschäftigung von Menschen mit Behinderung bringen kann, berichtet der Chef der Brennerei Erber, Christian Schmid.  Elisabeth Braunsdorfer

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hristian Schmid leitet seit 2010 das Traditionsunternehmen Brennerei Erber GmbH in Brixen im Thale. Das Tiroler Unternehmen besteht seit 1651 und produziert Edel­brände, Schnäpse, Spirituosen und Liköre. Zusätzlich gibt es eine Schau­ brennerei, einen Gastronomie­ bereich sowie einen Shop für regionale Spezialitäten. 18 Mit­ arbeiterInnen kümmern sich um die Produktion und den Versand in der Region sowie nach Deutschland. Seit 2016 arbeitet die Firma Erber mit der Integrativen Beschäftigung Hopfgarten zusammen.

Firmenchef Christian Schmid und Mitarbeiter Robert Aschauer mit dem Team der Integrativen Beschäftigung Hopfgarten.

Wie sind Sie darauf gekommen, mit dem Diakoniewerk zusammen zu arbeiten? Christian Schmid: Katrin ­Pancheri, Jobcoach im Diakoniewerk Tirol,

hat mich angesprochen und gefragt, ob eine Kooperation vielleicht etwas für unseren Betrieb wäre. Ich war skeptisch, ob die Arbeitsaufträge ordentlich ausgeführt werden würden, war aber nach den ersten Probearbeiten überzeugt.

Wie viele MitarbeiterInnen der Integrativen Beschäftigung Hopfgarten arbeiten bei Ihnen? Schmid: Wir haben eine laufende Kooperation mit einem Mitarbeiter der Integrativen Beschäftigung Hopfgarten, er kommt einmal pro Woche zu uns. Die Zusammen­ arbeit funktioniert sehr gut, er arbeitet selbstständig und verlässlich! Wenn Großaufträge zu erledigen sind, kommen bis zu vier MitarbeiterInnen plus eine ­pädagogische Mitarbeiterin. Was bringt die Integrative Beschäftigung für Ihr Unternehmen? Schmid: Die Zusammenarbeit entlastet die MitarbeiterInnen unseres Unternehmens. Die MitarbeiterInnen der Integrativen Beschäftigung arbeiten ordentlich und wir sind sehr zufrieden mit ihrer Arbeit. Außerdem ist mir die Inklusion von Menschen mit Behinderung ein persönliches Anliegen.

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„Man soll Menschen mit Behinderung nicht unter­ schätzen!“ Christian Schmid, Firmenchef

Was schätzen Sie an den MitarbeiterInnen mit Behinderung? Schmid: Vor allem die offensichtliche Freude an der Arbeit. Alle sind sehr bemüht, die Arbeitsaufträge ordentlich und sauber umzusetzen. Jeder nutzt seine Fähigkeiten. Welche Ratschläge haben Sie für andere Firmen, die die Integrative Beschäftigung nutzen wollen? Schmid: Man sollte Menschen mit Behinderung nicht unterschätzen. Sie können mehr leisten, als sich viele vorstellen können. Ich glaube, viele Unternehmen befürchten, dass sie sich neben dem stressigen Alltag noch zusätzlich um die Mitarbeiter­ Innen mit Behinderung kümmern müssen und sich das einfach nicht ausgeht. Uns hat die Begleitung der Menschen mit Behinderung durch eine pädagogische Mitarbeiterin sehr viel Sicherheit gegeben.


flucht und

integration

Spiele, die mit­ helfen, psychische Belastungen besser verarbeiten zu können helfen den Jugendlichen

Integrationsarbeit beginnt bei den Kleinsten Verschiedene Projekte haben ein gemeinsames Ziel: Geflüchteten Menschen eine Grundlage für eine gute Existenz zu ermöglichen.  Margarete Moser

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ntegrationsarbeit beginnt schon bei den Kleinsten: ­Speziell für Kinder von Familien mit Fluchthintergrund wurde vergangenes Jahr ein Projekt „Mutig und gestärkt“ in zwei verschiedenen Altersgruppen durchgeführt. Die Volksschul­kinder befassten sich mit Themen wie „Erste H ­ ilfe“, „Gesunde Ernährung“, „Meine Rechte und meine Pflichten“, „Wertever­mittlung“ und „Gefühle ausdrücken“. Die Themen wurden in Gruppen erarbeitet und bei ­einem gemeinsamen Ausflug in den Motorikpark reflektiert. Das Projekt richtete sich an Kinder zwischen 6 und 15 Jahren mit Migrationshintergrund, die in Gallneukirchen und Engerwitzdorf wohnen und fand großen ­Anklang. Die Durchführung erfolgte in zwei Gruppen, zum einen mit einer Gruppe für Kinder zwischen 6 und 10 Jahren (Volks-

schulalter) und zum anderen mit einer ­Gruppe für Kinder zwischen 11 und 15 ­Jahren (Hauptschul­ alter).

Cunabula ermöglicht Stabili­ sierung für AsylwerberInnen Um auf die außerordentlichen ­psychischen Belastungen der AsylwerberInnen zu ­reagieren, bietet das Diakoniewerk in ­Kooperation mit dem Roten Kreuz Stabilisierungs­gruppen für ­belastete AsylwerberInnen an. Ein Vorzeigeprojekt in Sachen Integrationsarbeit ist das Projekt ­Cunabula – eine Stabilisierungsgruppe für afghanische Menschen. Dadurch wurden Frauen, Männer und Kinder mit all ihren Belastungen wahrgenommen, ­Bewältigungsstrategien für den ­Alltag erarbeitet und auf vor­ handene Ressourcen und Stärken aufmerksam gemacht.

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Ausstellung „Menschen zwischen den Welten“ Im Oktober 2014 kamen die ersten asylsuchenden Menschen aus den Kriegsgebieten Syrien, Irak und Afghanistan nach Gallneu­kirchen. Was ist aus diesen Menschen geworden? Wie haben sie sich in Österreich integriert? Die Stadtgemeinde Gallneukirchen, das ­Diakoniewerk Oberösterreich und die freiwilligen Helfer vom Verein GiG (Gemeinsam in ­Gallneukirchen) sind dieser Frage nachgegangen. Anlässlich des fünfjährigen J­ ubiläums der Flüchtlings- und Integrationsarbeit des Diakoniewerks in Oberösterreich wurden im Herbst 2019 einige Erfolgsgeschichten von Menschen mit positivem Aufenthalts­ status im Rahmen der Ausstellung „­Menschen z­ wischen den Welten“ einer breiteren Ö ­ ffentlichkeit zugänglich gemacht.


Endlich angekommen im Quartier Riedenburg

Die Eltern-Kind-Gruppe trifft sich regelmäßig. Die Startbegleitung half dabei, die Gruppe ins Leben zu rufen.

316 Wohnungen, rund 700 Bewohnerinnen und Bewohner: Die Start­ begleitung und eine Wohnkoordination helfen dabei, von Anfang an eine gute Nachbarschaft zu pflegen.  Elisabeth Braunsdorfer

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ch denke, ich kenne inzwischen 95 Prozent der Bewohnerinnen und Bewohner“, erklärt Antje Kindler-Koch und lächelt. Sie erzählt stolz von ihrer Arbeit, die sie seit eineinhalb Jahren im Quartier Riedenburg macht. Kontakte knüpfen, Menschen mit ähnlichen Interessen und Bedürfnissen zusammenbringen, Informationen bündeln und allen zur Verfügung stellen, bei sämtlichen Anliegen mit Tipps zur Seite stehen. Das ist ihr Job als Soziale Startbegleitung. „Meine erste Aufgabe war es, die Besiedelung und die Termine zu koordinieren. So habe ich die meisten Menschen ein wenig kennengelernt“, sagt die Sozial-

arbeiterin. Sie ist an vier Tagen pro Woche im Quartier und nach wie vor Schnittstelle zur Hausverwaltung und zu den Bauträgern. Nachbarschaftliche Aktivitäten zu initiieren sei ebenfalls eines ihrer Hauptanliegen, so Kindler-Koch. „Im Idealfall vernetzen sich die Menschen im Quartier Riedenburg in den kommenden zwei Jahren untereinander so gut, dass es mich nicht mehr braucht“, fasst Kindler-­ Koch zusammen. Das war auch bei der ElternKind-­Gruppe so, die sich seit einigen Wochen regelmäßig im Gemeinschaftsraum trifft. Antje Kindler-Koch hat im Quartiersbrief

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einen Hinweis platziert. Ein junger Vater möchte gerne andere Eltern zum Austausch treffen. Drei bis sieben Mütter und Väter mit ihren Krabbelkindern treffen sich einmal pro Woche. Kindler-Koch brauchen sie nicht mehr. „Ich habe ihnen nur noch den Raum organisiert, alles andere machen sie selbst“, erklärt sie.

Hinhören und Ideen aufgreifen Kindler-Koch ist viel im Quartier unterwegs. Sie horcht hin, spricht mit den Menschen, fragt nach, was sich die Bewohnerinnen und Bewohner wünschen. „Jetzt kommt der Frühling, da wird sich im Quartier sicher mehr tun. Von


leben im

quartier Wohnkoordinatorin Birgit Birnbacher begleitet Menschen ab 60 Jahren im Betreuten Wohnen.

FAK TE N : QUA RTI E R R I E DENB U RG Das Quartier Riedenburg ist eines der größten, aktuellen Bauprojekte in der Stadt Salzburg. Auf der ehemaligen Riedenburg­kaserne wurden 316 Wohnungen errichtet (Eigentum, Miete, geförderte Miete, Betreutes Wohnen), dazu Gemeinschaftsräume für das Quartier und Betreute Wohnen, Geschäftsräume und Büroflächen. Im Quartier betreibt das Diakoniewerk neben Start­ begleitung und Wohn­ koordination den zweiten Küchenstandort des Kulinarium Salzburg sowie das Café und Bistro KOWALSKI I Riedenburg.

den Jugendlichen kam der Impuls, einen Hip-Hop-Workshop zu organisieren. Das werde ich natürlich unterstützen. Ich möchte auch gern ein Quartiersfest ausrichten, wo man sich kennenlernen kann“, sagt die Sozialarbeiterin. Mit dem schönen Wetter werden auch die ersten Konflikte auftauchen. Ein klassischer Fall ist, wenn sich Kinder im verkehrslosen Quartier austoben. „Manchen Menschen ist das einfach zu laut und sie wünschen sich mehr Ruhe. Deshalb ist es wichtig, dass die Leute einen guten Kontakt haben, dann lässt sich vieles schnell und unkompliziert ausreden und grobe Konflikte vermeiden“, erklärt Kindler-Koch.

Sicherheit und Hilfe vermitteln Eine etwas kleinere Gruppe begleitet Wohnkoordinatorin Birgit Birnbacher. Die Sozialarbeiterin ist für die 40 Wohnungen im ­Betreuten Wohnen zuständig. Menschen ab 60 Jahren leben hier allein oder zu zweit in seniorengerechten Wohnungen. Dass sie nicht vereinsamen, ist eine von Birnbachers Hauptaufgaben. Sie ist zweimal pro Woche je einen halben Tag im Büro. Ihre Tür steht dann allen BewohnerInnen offen. Herr ­Höllbacher schaut immer gerne im Büro vorbei. Er lebt seit drei Monaten im Quartier Riedenburg. Der Umzug ist ihm nicht leicht gefallen, aber er freut sich, dass er es geschafft hat. „Ich bin hier ja viel mobiler als in der alten Wohnung“, erklärt der 80-Jährige. Und dann beginnt er zu erzählen, seine ­spannende Lebensgeschichte, von den vielen Schicksalsschlägen und dem enormen Lebenswillen, weiter zu machen. Birgit Birnbacher hört zu. Sie weiß, dass Zuhören und die Service­ leistungen einen großen Wert haben. Oft kommen Bewohner­ Innen zu ihr mit Schreiben von Behörden. Sie hilft ihnen beim Ausfüllen, erklärt ihnen, was das Amt tatsächlich von ihnen will. „Ich helfe Ihnen bei der GIS-­GebührenBefreiung oder organisiere mobile Hilfen, wenn jemand aus dem Krankenhaus zurückkommt und Hilfe braucht“, erklärt sie. Innerhalb des Betreuten Wohnens möchte sie eine achtsame und mit-sorgende Nachbarschaft stärken. So etwas braucht Zeit, Geduld und vor allem Vertrauen. „Es gibt hier zwei Gemeinschaftsräume nur für das Betreute Wohnen.

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Antje Kindler-Koch (rechts) steht als Startbegleitung mit Rat und Tat zur Seite.

„Oft kann man mit ganz wenig eine riesengroße Freude auslösen“ Birgit Birnbacher, Wohnkoordinatorin

Die Leute sind aber gerade zu Beginn ver­unsichert, ob sie da jetzt überall mitmachen müssen. Ich erkläre ihnen, dass sie das selbst ent­scheiden können“, erklärt ­Birnbacher. Die Erleichterung ist groß, dass sie die Wahl haben. Die meisten schauen irgendwann neugierig vorbei, wollen ganz ankommen in der Nachbarschaft im Quartier Riedenburg.


vielfalt

Pflegende Angehörige: Wissen als Brücke zum Verständnis Wertvolles Wissen verpackt in einer neuen Kursreihe: In vier Modulen wird Pflegenden Angehörigen vermittelt, wie gute Pflege zuhause möglich ist, ohne sich selber dabei aus den Augen zu verlieren. Andrea Obermühlner

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en Lebensabend in vertrauter Umgebung verbringen. Von jenen betreut werden, die uns am besten kennen und mit denen wir unsere Geschichten teilen. Wer möchte das nicht? Gleichzeitig ist uns bewusst: die Pflege von Angehörigen erfordert nicht nur Zeit und Geduld. Sehr oft stoßen Angehörige hier an ihre persönlichen Grenzen der Belastbarkeit. Neue Vorgehensweisen müssen überlegt werden, Aufgaben müssen übernommen werden und gleichzeitig gilt es, auf sich selbst nicht zu vergessen. Mit einer neuen Kursreihe für pflegende Angehörige schlägt die Diakonie Akademie eine neue Richtung ein. Gebündeltes Wissen kann aufeinanderfolgend oder auch einzeln – je nach Schwerpunkt – gebucht werden. Der individuelle Nutzen des Lehrgangs? In praktischen Übungen werden

Mehr Informationen online unter: www.diakonie­akademie.at/ vr/kursreihe­fuer­pflegende­ angehoerige

die angeführten Inhalte anhand theoretischer Grundlagen näher gebracht und reflektiert.

Modul 1: Pflegemethoden und Techniken für den Alltag Alexandra Ausserwöger und Wilma Kramer: „Oft sind es nur kleine Kniffe und Tricks, die die Betreuung und Pflege von Angehörigen wesentlich erleichtern und den Alltag einfacher machen. Sich hier die Unterstützung von Fachpersonen zu holen, macht Sinn.“ Modul 2: Brücken in die Welt der Vergesslichkeit Petra Fercher: „Wissen ist eine Brücke zum besseren Verständnis für bestimmte Verhaltensweisen. Das hilft beim Annehmen von Situationen. Durch die Methode der Validation kann man lernen, wie man auf unterschiedliche Verhalten eingehen kann und mit verbaler und/oder nonverbaler Kommunikation stressfreier reagiert.“ Modul 3: Gesundheits­ förderung und Selbstpflege Ulrike Praschl: „In diesem Modul geht es um pflegende Angehörige als individuelle Persönlichkeiten,

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die Großartiges leisten. Ich begleite die TeilnehmerInnen auf der Suche nach Möglichkeiten der Entlastung und wir werfen einen Blick auf individuelle Kraft- und Energiequellen.“

Modul 4: Am Leben Teil haben Petra Fercher: „Für hochaltrige Menschen ‚sinnvolle‘ Beschäftigung im Alltag zu gestalten ist nicht immer leicht. Wo liegt die Grenze zwischen Motivation und Zwangsbeglückung? Wir suchen nach Aktivierungsmöglichkeiten in der Praxis.“

Die Module sind auch einzeln buchbar! Anmeldung: Sie können sich über unsere Homepage www.diakonie­akademie.at bzw. per E-Mail an office@ diakonie­akademie.at anmelden. Anmeldeschluss: jeweils einen Monat vor dem konkreten Termin. TeilnehmerInnen-Anzahl (max.) 12 Personen


vielfalt „Wenn es meiner Frau gut geht, geht es mir auch gut“ Lothar Krain kennt die Herausforderungen pflegender Angehöriger gut. Jahrelang hat er seine Frau Martha zu Hause gepflegt. Heute lebt sie im Haus Abendfrieden in Gallneukirchen.

DIE REF E R E N T I N N E N DER KUR S R E I H E :

Herr Krain, Sie haben Ihre Frau jahreslang gepflegt. Welche Einschränkungen hat sie? Meine Frau ist seit fünf Jahren dement, es hat langsam begonnen und wurde immer schlimmer. Heute lebt sie im Haus Abendfrieden in Gallneukirchen, weil ich in der Betreuung an meine Grenzen gestoßen bin. Ich besuche sie fast jeden Tag, mache mit ihr Spaziergänge. Es ist wichtig, dass ich mich auf sie einstelle. Heute weiß ich: Man muss sie in Ruhe lassen, sie in ihrer Welt belassen.

, 19 Uhr: 29. April tions­ Informa altung veranst ien, s Bethan Ort: Hau irchen k Gallneu

Was waren die Herausforderungen im Alltag? Sie hatte den starken Drang nach außen gehabt, ist immer wieder weggelaufen, weil sie ihren alten Schulweg einschlagen wollte. Zum Teil ist sie von einer Minute auf die andere verschwunden, dann habe ich die Tür versperrt, was dazu geführt hat, dass sie beim Fenster rausgestiegen ist, teilweise im Frühling nur mit Hausschlapfen. Ich habe mein Leben nicht mehr führen können und habe fünf Kilogramm abgenommen. Mittlerweile bin ich wieder so weit, dass ich sage: ich kann wieder alles machen. Meine Frau fehlt mir zwar sehr, aber ich bin wieder ein Mensch geworden.

„Wissen ist eine Brücke zum besseren Verständnis für bestimmte Verhaltensweisen.“ Petra Fercher, Trainerin, Systemischer Coach

Wie geht es Ihrer Frau heute im Haus Abendfrieden? Die Umgebung ist sehr familiär, die anderen BewohnerInnen nehmen auf meine Frau Rücksicht. Man hat sich seitens der Pflege sogar dazu entschieden, die Vielzahl an Medikamenten etwas zu reduzieren und wachsam zu sein: Was ist nötig, was ist zu viel? Vorher war meine Frau kaum ansprechbar, jetzt gibt es hin und wieder Momente, da strahlt sie. Wir bewegen uns viel, das ist auch bei Demenz wichtig. Meine Frau war Hebamme, sie war ein recht aktiver Mensch. Wir haben gemeinsam viele Wanderungen unternommen, waren sogar auf dem Kilimandscharo. Wenn der Frühling kommt, möchte ich meine Frau nachmittags für ein paar Stunden nach Hause holen. Dann kann sie mir zuschauen, während ich im Garten arbeite.

„Oft sind es nur kleine Kniffe und Tricks, die die Betreuung und Pflege von Angehörigen wesentlich erleichtern.“ Wilma Kramer, Pflegedienstleitung Haus Abendfrieden

„In diesem Modul geht es um pflegende Angehörige als individuelle Persönlichkeiten, die Großartiges leisten.“ Ulrike Praschl, Psychologische Beraterin

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vielfalt

NachbarschaftsService: Ein Austausch auf Augenhöhe Der Einkauf ist schwer, das Stiegensteigen mühsam und zum Plaudern war auch schon lange niemand da. Einsamkeit in der Stadt ist über alle Generationen hinweg ein soziales Thema. Das neue Nachbarschaftsservice der Arbeit und Assistenz Graz schafft Abhilfe!  Saskia Dyk

Soziale Netz­ werke werden immer brüchiger: Das neue Service setzt hier an.

„W

ir sind ohnedies oft in der Stadt unterwegs, um für uns Einkäufe und andere Wege zu machen – ­warum nicht auch für jemand anderen eine

ähnliche Aufgabe erledigen?“ Diese Frage stellen sich Teamkoordinatorin Claudia Höfer und die Kundinnen und Kunden der Arbeit und Assistenz Graz. An diesem Standort des Diakoniewerks mitten in Graz arbeiten Frauen und Männer mit Behinderung – je nach Fertigkeiten, Kompetenzen und Interessen.

Tagsüber Unterstützung im Alltag Jetzt geht das Projekt „Nach­ barschaftsservice“ an den Start. „Die sozialen Netzwerke werden immer brüchiger. Genau hier setzen wir an“, so Velimir Pantić, Leitung Behindertenarbeit im ­Diakoniewerk Steiermark. Gedacht ist das Service für Menschen in Graz, die tagsüber Unterstützung im Alltag brauchen: Weil das Kind krank ist und die alleinerziehende Mutter nicht außer Haus gehen kann. Weil die erwachsenen Söhne und Töchter in einer anderen Stadt leben und für den älteren Herren niemand da ist, der zum Postamt oder zur Behörde geht. Weil die Katze der jungen Uni-Assistentin auch während der Dienstreise Hunger hat. „Wir erledigen Einkäufe, Friedhofsbesuche, bringen Mittagessen,

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essen miteinander oder machen Spaziergänge“, erklärt Claudia Höfer. „Wir wollen Zeit schenken oder ein Gespräch oder Kartenspiel anbieten.“ Außerdem ist ein Urlaubsservice wie Post-Ausheben oder Blumen-Gießen vorgesehen. „Es wird ein individuelles und verlässliches Service“. Das Team der Arbeit und Assistenz Graz ist mobil und umweltbewusst mit öffentlichen Verkehrsmitteln ­unterwegs. Die Idee hinter diesem Projekt ist ein inklusiver Gedanke: Menschen mit Behinderung unterstützen aktiv ihre Mitmenschen und sorgen für ein soziales Miteinander. „Genau das verstehen wir unter Inklusion: Wir sind für andere Menschen da. Es ist ein Austausch auf Augen­ höhe“, so Pantić.

Gegen die Vereinsamung Für das maßgeschneiderte Service wird eine kleine Aufwandsentschädigung verrechnet. Etwas ist Claudia Höfer noch wichtig: „Wir sind offen für Menschen, die sich freiwillig für das Nachbarschaftsservice engagieren möchten. Wir hoffen, dass Freundschaften entstehen. Und dass Menschen, die von Vereinsamung bedroht sind, durch uns wieder Mut finden, selbst für andere da zu sein!“

ehr Informationen unter: M 0664 827 33 06 oder www.diakoniewerk.at/ steiermark


Ihr verlässlicher Begleiter fßr Keine Sorgen im Leben.


meinung Grundsätzlich braucht es Unterstützung, aber nicht in Form eines Gehalts. Ange­ hörige sind bereit, sich einzubringen, die Unter­stützung müsste in einer Vielfalt von individuellen Angeboten passieren. Und nicht nur in der Entscheidung stationär versus mobil. Peter Kumar-Reichenberger, Regionalleitung Seniorenarbeit Urfahr-Umgebung

Pflegende Angehörige ­leisten Unglaubliches und stoßen oft auch an ihre Grenzen durch Doppel­ belastungen. Ich finde eine Entlohnung sehr gut, aber genauso wichtig ist die dazu­gehörige Ausbildung, um den Alltag auch gut bewältigen zu können. Alexandra Ausserwöger, Leitung Haus Abendfrieden

Pflegende Angehörige sind in der Regel nicht in der Lage, einer Vollzeit­ beschäftigung nachzugehen oder müssen sogar ihren Beruf aufgeben. Die resultierenden Nachteile hinsichtlich Pensionszeiten und ­sozialrechtlicher Absicherung müssen sich ehest­ möglich verbessern! Stephan Mader, Bereichsleitung Tirol

Das burgenländische Modell ist ein politisch mutiger Schritt in Richtung ­Anerkennung der Pflege und Betreuung innerhalb des Familienverbandes. Ob ­pflegende Angehörige dadurch entlastet werden, wird sich zeigen, diese werden auch außerhalb der „Dienstzeit“ zu Verfügung stehen und somit zu wenig Zeit für ihr eigenes Wohl­ergehen haben. Eva Deutsch, Vertrauensperson/­ Angehörige eines Tagesgastes

Mindestlohn für Pflegende Angehörige: Längst überfällig oder reines Wunschkonzert? In einem zweijährigen Pilotversuch soll im Burgenland die Anstellung von pflegenden Angehörigen ermöglicht werden. Soll dieses Modell auch auf andere Bundesländer ausgerollt werden?

Ich stelle mir das ­schwierig vor: Wer will seinen ­bisherigen Beruf schon völlig aufgeben? Wenn man mehr verdient, möchte man seinen Beruf wahrscheinlich nicht an den Nagel hängen. Ich war Konstrukteur. Bei mir hätte diese ­Entscheidung ­sicher bedeutet, große finanzielle Einbußen ­hinzunehmen. Lothar Krain, ehemaliger Pflegender Angehöriger


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