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red queer
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2. Jahrgang Oktober 2007
DKP queer als offizielle Einrichtung der Partei bestätigt Parteivorstand verabschiedet Bildung einer entsprechenden Kommission in Essen Im Rahmen des dritten Bundestreffens von DKP queer, wurde am 1. April dieses Jahres mit dem Parteivorsitzenden Heinz Stehr und dem Hamburger Bezirksvorsitzenden Olaf Harms die Konstituierung der Gruppe beraten. Dazu wurde beschlossen, auf der Parteivorstandstagung im September den Antrag zur Bildung einer Kommission „DKP queer“ des Parteivorstand zu stellen. Nun tagte vom Samstag, den 8. bis Sonntag, den 9. September 2007 in Essen der Parteivorstand der Deutschen Kommunistischen Partei (DKP). Auf der Tagesordnung für den 9. September fand sich der Punkt „Kommission ‚DKP queer‘“. In dem Antrag heisst es u.a.: „Anfang der 1980er Jahre bildete sich die Demokratische Schwuleninitiative (DeSI), die sich Mitte der 80er Jahre als Demokratische Lesben- und Schwuleninitiative (DeLSI) erweitert
hatte. Sie zeichnete in enger Zusammenarbeit mit dem marxistischem Philosophen Robert Steigerwald verantwortlich für die bis heute geltenden programmatischen Aussagen der DKP im Bereich der Lesben- und Schwulenpolitik. Ende der 80er Jahre löste sich die DeLSI auf. Seit 2005 gibt es, zunächst auf Initiative einzelner Genossinnen und Genossen, ein Wiederaufleben in Form von DKP queer. Die Genossinnen und Genossen nehmen mit eigenen Flugblättern an den in verschiedenen Orten stattfindenden „Christopher-Street-Demonstrationen“ teil. Sie haben sich erfolgreich am UZ-Pressefest mit einem eigenen Stand beteiligt. Dort konnten zwei neue Mitglieder für die DKP gewonnen sowie ein kleiner Überschuss zur finanziellen Beteiligung überwiesen werden. Die Genossinnen und Genossen treffen sich in
regelmäßigen Abständen bundesweit ca. 3-4 mal im Jahr. An ihren Treffen nehmen auch Mitglieder aus der Linkspartei, der SDAJ und politisch noch Unorganisierte teil. “ Nach dem Antrag über die Konsolidierung von DKP queer als Kommission des Parteivorstand, den der Genosse Harms stellte, kam es zu einigen wenigen Fragen, die von den anwesenden Genossen von DKP queer beantwortet wurden. Der Parteivorstand beschloss daraufhin einstimmig, dass DKP queer ab sofort eine Kommission des Parteivorstand der DKP sei. Kommissarischer Leiter der Kommission ist bis zum 18. Parteitag in Mörfelden-Walldorf im Februar, Olaf Harms. Die auf den Bundestreffen von DKP queer bestimmte Kollektive Leitung arbeitet weiter wie bisher.
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V. Bundestreffen von DKP queer 9. bis 11. November 2007 in Berlin DKP queer, das Treffen von Schwulen, Lesben, Bisexuellen und Transgendern berät über seine politische Aktivitäten im kommenden Quartal. Die Kommission des Parteivorstand der Deutschen Kommunistischen Partei (DKP) diskutiert u.a. „Queer Theory und Marxismus“ sowie „Das blaue Heft“, ein aus dem Jahr 1986/87 stammendes Grundsatzpapier mit Forderungen der DKP gegen die Diskriminierung der Homosexualität. Freunde und Sympathisanten sind recht herzlich eingeladen daran teilzunehmen. Es wird jedoch um die vorherige Anmeldung gebeten. DKP queer steht allen Interessierten offen gegenüber. Eine Mitgliedschaft in der Partei ist für die Mitarbeit in der Gruppe nicht erforderlich. Vielmehr geht es um den breiten linken Dialog über Queer-Themen. Beginn am Sonnabend: 9:30 Uhr, der Freitagabend dient dem Kennenlernen Veranstaltungsort: Chile Freundschaftsgesellschaft „Salvador Allende“ e.V., Jonasstraße 29, 12053 Berlin
Weitere Infos und Anmeldung:
www.dkp-queer.de info@dkp-queer.de
Sozialismus ist sexy! DKP queer auf dem CSD Frankfurt Zum zweiten mal hat DKP-queer am CSD (Christopher Street Day) in Frankfurt teilgenommen. Wie schon beim ersten mal war die Resonanz auf unseren Stand sehr groß. Auch das in der UZ vom 20.7. die Seite 3 ganz im Zeichen von DKP queer stand hatte dazu beigetragen. Mehrere UZ Leserinnen und Leser kamen an unseren Stand und nahmen Material mit, um sich über uns zu informieren. Der sehr reichhaltig bestückte Infostand bot so manches, angefangen mit der UZ, die wir im Freiverkauf an die Leute brachten, Ausgabe 7 unserer Zeitung „red&queer“, einer Sondernummer des „Taunus-Echo“ der Zeitung der DKP Hochtaunus zum CSD, dem Selbstverständnis von uns, sehr schön gestalteten Buttons, Kondomen und vielem mehr, haben wir auf uns aufmerksam gemacht. Mit vielen Leuten sind wir ins Gespräch gekommen, die meisten Gespräche liefen auch sehr gut, negatives war marginal und wenn ein Antikommunist vorbeikam, war auch diese Unterhaltung zumindest für uns eher witzig, denn diese Leute lassen sich zum großen Teil sehr schnell aufs Glatteis führen. Insgesamt kann man sagen, dieses Wochenende in Frankfurt hat DKPqueer einen großen Schritt nach vorn gebracht. Bedanken möchten wir uns bei allen Beteiligten, vor allem bei den zwei Genossen die den weiten Weg aus NRW zu uns nach Hessen gemacht haben, um uns hier zu unterstützen.
Fotos: PRO-FUN MEDIA GmbH
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Gleiche Rechte für kubanische Homos Von Dalia Acosta Es ist eine Revolution, vor der bisher sogar Kuba zurückschrak. Das Politbüro der KP Kubas berät einen Vorschlag, homosexuellen Paaren die gleichen bürgerlichen Rechte zuzuerkennen wie allen anderen Paaren. Von der Homoehe ist vorläufig noch nicht die Rede. Wenn der Vorschlag angenommen wird, gelten für kubanische Schwule und Lesben dieselben Eigentumsund Erbschaftsrechte wie für Heteros. Sie werden auch das gleiche Recht haben, Kinder zu adoptieren und Fruchtbarkeitsbehandlungen machen zu lassen. Solche Behandlungen sind bis dato nur für verheiratete Paare möglich. Der Vorschlag geht von der NGO Föderation der kubanischen Frauen (UMC) aus, die dabei vom Nationalen Zentrum für Sexualerziehung (Cenesex), einem staatlichen Organ, unterstützt wird. „Wir hoffen, dass der Text noch in diesem Jahr im Parlament beraten werden kann“, sagt Mariela Castro, Direktorin von Cenesex und Nichte von Raúl Castro, dem amtierenden Präsidenten. „Doch das hängt nicht von uns ab, und natürlich gibt es viel Widerstand.“ Gegner sind der Meinung, dass die kubanische Gesellschaft „dafür noch nicht reif“ sei. Vor allem das Adoptionsrecht für homosexuelle Paare stößt auf viel Kritik. „Vorsätzliche Äußerungen von Homosexualität“ waren über Jahrzehnte auf Kuba verboten. Nach der kubanischen Revolution von 1959 wurden hunderte Schwule in Straflager geschickt. Bis zum Beginn der achtziger Jahre wurde Homosexualität als eine mit der Revolution nicht zu vereinbarende Anweichung gesehen. Schwule wurden aus Universitäten und wichtigen Funktionen gewehrt.
Mariela Castro, Foto: Montrealais / Wikipedia
Experten zufolge wurden jedoch mit der Strafrechtsreform von 1997 alle homophoben Bestimmungen aus den Gesetzestexten entfernt. Der staatliche Rundfunk öffnet sich schon seit einigen Jahren den Schwulen und Lesben. In diesem Jahr sendete das Fernssehen zum ersten Mal „Fresa y Chocolate” (Erdbeeren und Schokolade), ein kubanischer Film von 1993, in dem die Freundschaft zwischen einem Schwulen und einem jungen kommunistischen Aktivisten im Mittelpunkt steht. Trotzdem meint Mariela Castro, dass ihre Initiative auf „sehr wenig Unterstützung“ seitens der Staatsmedien rechnen kann. Die Homoehe steht noch nicht auf der Tagesordnung. Dafür ist eine Verfassungsänderung notwendig: Artikel 36 der kubanischen Verfassung spricht schließlich davon, dass eine Ehe eine „freiwillige Verbindung zwischen Mann und Frau“ ist. „Diesen
Vorschlag reichen wir ein, wenn die Zeit dafür reif ist”, so Mariela Castro. Doch auch unverheiratete Paare haben auf Kuba viele Rechte. Der kubanische Gesetzgeber gibt zwei Menschen, die ohne jegliches offizielle Band zusammenleben, dieselben Rechte wie verheirateten Paaren, auch Kinder aus solchen Beziehungen werden nicht zurückgestellt. Sollten das Politbüro der PCC und das Parlament grünes Licht geben, dann wird Kuba der erste Staat in der Karibik, in dem Schwule und Lesben gleichberechtigt werden. In Lateinamerika haben nur Mexiko, Argentinien und Brasilien Gesetze, die die Rechte von Homosexuellen anerkennen. In der Karibik existieren noch Länder wie Jamaika, in denen Partnerschaften zwischen zwei Menschen des gleichen Geschlechts schwer bestraft werden.
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Naziszene im Umgang mit Homosexuellen entzweit von Markus Bernhardt Seit dem Nationalsozialismus ist der Umgang der Nazis mit Homosexuellen als widersprüchlich zu bezeichnen. Eine eindeutige politische Linie existiert nur vordergründig. Während Homosexuelle zumeist Opfer von Neonazis sind, waren und sind einige Neonazis jedoch auch selbst schwul. Prominentestes nicht-bekennendes schwules NSDAP-Mitglied war der überzeugte Faschist und langjährige Chef der „Sturmabteilung“ (SA), Ernst Julius Röhm. Im Gegensatz zu anderen führenden Faschisten galt er als politisch eigenwillig und spätestens als er nach der Machtübernahme 1933 die Fortsetzung der „nationalsozialistischen Revolution“ forderte, zog er sich die Mißbilligung Hitlers zu. In der sog. „Nacht der langen Messer“ vom 30. Juni auf den 1. Juli 1934, fiel Röhm einer politischen Säuberungswelle der Nazis im eigenen Lager zum Opfer und wurde erschossen. Obwohl politische Differenzen dazu führten, nutzte Hitler maßgeblich die Homosexualität Röhms, um die Liquidierung seines ehemaligen Duzfreundes zu rechtfertigen. Taktische Befürwortung Nach 1945 war Michael Kühnen in den 1980er Jahren der erste Neofaschist, der sich dem Themenbereich Homosexualität weitgehend bejahend widmete. Fünf Jahre nach der schwulenfeindlich intendierten Ermordung seines damals 26-jährigen Gesinnungsfreundes Johannes Bügner, der am 28. Mai 1981 von vier seiner „Kameraden“ mit 21 Messerstichen getötet worden war, veröffentlichte Kühnen die fast siebzigseitige Schrift
„Nationalsozialismus und Homosexualität“. Kühnen, der um die links-alternative Homosexuellenbewegung der 1980er Jahre einen weiten Bogen gemacht hatte, verlor darin kein Wort über die Homosexuellenverfolgung im „Tausendjährigen Reich“. In der programmatischen Schrift bezeichnet Kühnen den gleichgeschlechtlichen Verkehr als „natürliche, biologische Veranlagung“ und weist „alle Erscheinungsformen von Spießer-Moral“ zurück, wozu er auch „blödsinnigen Schwulenhass“ zählt. Ziel des Nationalsozialismus sei die Überwindung der „uns umgebenden dekadenten Lebenswirklichkeit“, um „eine gesunde Hochkultur zu errichten“ und nicht, um „spießbürgerliche Prüderie oder jüdisch-christliche Leibfeindlichkeit“ wiederzubeleben. In völliger Verkehrung der nationalsozialistischen Lehre der 1920er und 1930er Jahre kam er unter anderem zu der Schlussfolgerung, dass Homosexualität von der Natur dazu bestimmt sei, „einer kleinen Anzahl von Männern zu ermöglichen, sich völlig unbeeinflußt von persönlichen Interessen ganz der kulturellen Entwicklung und dem Dienst an der Gemeinschaft zu widmen“. Die Homosexualität entspreche daher seiner Meinung nach dem „nationalsozialistischen Leitsatz“: „Du bist nichts, Dein Volk ist alles!“, da sich homosexuelle Männer zwar mit ihrer naturgegebenen Neigung der Fortpflanzung des „arischen Volkskörpers“ entzögen, aber die kulturelle Entwicklung der „Herrenrasse“ befördern könnten. Kühnens Schrift echauffierte damals weite Teile der nationalsozialistischen Bewegung und führten zu einer Spaltung der Szene.
Wogen geglättet? Doch die homophoben Vorurteile bestehen noch heute in der Neonaziszene. Ein 2005 im Internet kursierendes Phamplet rückte die Führungsriege des „Kampfbund Deutscher Sozialisten“ (KDS), die sich stark auf Kühnen bezieht, sowie Manfred Rouhs in einer Bildmontage aus KDS‘lern und Fotos mit Schwulen in die Nähe der Homoszene. Geschickt versuchten politische Gegner aus dem neonazistischen Lager so, die zumindest offizielle einheitliche Ablehnung von homosexuellen Lebensentwürfen gegen den KDS zu mobilisieren. Gegen Schwule im Allgemeinen hetzten stets auch die Parteizeitung der NPD, die „Deutsche Stimme“ (DS) und die „Nationalzeitung“ des Vorsitzenden der Deutschen Volksunion (DVU), Gerhard Frey. Beispielsweise erklärte DS-Autor Roland Bau, Lesben und Schwule anlässlich des ChristopherStreet-Days (CSD) 2004 zu einer „Panne der Humanevolution“ und forderte, Homosexuellen „entschieden entgegenzutreten“, sollten sie ihre „sexuelle Veranlagung in die Öffentlichkeit tragen“. Unter der Überschrift „Abstoßender Karneval der Endzeitgesellschaft“ warf er den Homosexuellen vor, die „produktive Lebensgemeinschaft der Familie“ zu verhöhnen. Homosexuelle dürften laut Bau zwar „in der Zurückgezogenheit ihrer vier Wände, wo keine sozialethischen Verheerungen angerichtet werden können“, nach „ihrer Façon selig“ werden. Dies jedoch nur solange, wie sie nicht ihre „sexuelle Veranlagung in die Öffentlichkeit“ tragen und auch noch „politische Forderungen“ stellen würden. Diese
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Ansichten dürften auch bei der so genannten „Bürgerbewegung Pro Köln“, die seit der letzten Kommunalwahl in Nordrhein-Westfalen im Jahr 2004, sowohl im Kölner Stadtrat als auch in den neun Bezirksvertretungen sitzt, auf Wohlwollen stoßen. So hatte Judith Wolter, Fraktionsvorsitzende der extrem rechten Gruppierung, die immer bemüht ist, sich trotz ihrer guten Kontakt zu militanten Neonazis ein bürgerliches Antlitz zu geben, mehrfach erklärt, dem CSD, den „DemoCharakter aberkennen“ lassen zu wollen, da es sich bei den Paraden „nicht um eine Demonstration“, „sondern um ein bloßes Zurschaustellen sexueller Vorlieben“ handele. Bereits am 7. Juli 2002 hatte „Pro Köln“ anläßlich des damaligen CSDs zu einer „Mahnwache gegen den Werteverfall“ aufgerufen, die Anmeldung jedoch aufgrund der zu erwartenden antifaschistischen Proteste zurückgezogen. In einer Befragung im offiziellen CSDProgrammheft 2004 betonte „Pro Köln“ dem hingegen, sich den erklärten Moslemhasser und Homosexuellen „Pim Fortuyn, wenn er noch leben würde, als Spitzenkandidat“ vorstellen zu können. Schwule Nazis heute In einem sog. „Revolutionären Manifest“ der „Organisationsleitung“ des KDS vom 30.1.2005 folgender Abschnitt, der stark an Kühnens Einschätzung zur Homosexualität erinnert: „Es kommt uns dabei nicht auf persönliche Standpunkte derer an, die in unseren Reihen mitwirken, sondern darauf, daß die persönlichen Befindlichkeiten aller dem großen Ganzen untergeordnet werden. Dieses große Ganze muß einzig und alleine der Wille zur Veränderung sein und dabei zählt nicht, wie ein Kamerad sich kleidet, welche Musikrichtungen er bevorzugt und all die hundertelei anderen lebensreformerischen Aspekte,
wie sie im nationalen Lager leider allzu häufig anzutreffen sind, sondern nur wie er sich einsetzt und was er bereit ist zu leisten und zu opfern!“ Zwar gibt es derzeit keine Führungskader in der Neonaziszene, die öffentlich zu ihrer Homosexualität stehen würden, dass es sie gibt, ist jedoch mehr als ein offenes Geheimnis. Dies bewies auch der schwule Filmemacher Rosa von Praunheim in seinem im vergangenen Jahr veröffentlichten Dokumentarfilm „Männer, Helden, schwule Nazis“. In diesem porträtierte er nicht nur den aus Dresden stammenden damaligen NPD-Aktivsten Alexander Schlesinger, sondern auch den eigenen Angaben zufolge 1995 aus der Neonaziszene ausgestiegenen Bela Althans. Althans organisiert noch heute – in der Schwulenszene weitgehend akzeptiert – Fetisch-Partys für Homosexuelle. In den vergangenen Jahren nahm in der Homoszene unterdessen auch die Verehrung der Nazi-Filmemacherin Leni Riefenstahl zu, da ihre Filme und Fotografien in den Augen mancher Schwuler deutlich erotisch und ästhetisch seien. Parallel dazu findet wie beispielsweise auf der Internetseite http://surf.to/gaynazisexads (Anmerkung der Redaktion: Mittlerweile wurde die Seite vom Provider FortuneCity gelöscht. Beschwerden führten wohl dazu, dass es als ein Verstoß gegen die Nutzungsbestimmungen geahndet wurde.) eine Fetischisierung von Nazisymbolik statt. Zwar betonen die Verantwortlichen der Internetpräsenz Neonazis nicht fördern zu wollen, sondern einzig Männer in Naziuniformen erotisch zu finden, wirklich glaubwürdig ist dies jedoch nicht. Welcher Mensch, der keine Sympathien mit dem faschistischen Terrorregime pflegt, könnte schließlich allen Ernstes – die hinterlassenen Leichenberge der deutschen Faschisten im Hinterkopf – beim Anblick von SS-Uniformen zu erotischen Gedanken neigen?
Männer, Helden, schwule Nazis Ein Film von Rosa von Praunheim Der Film porträtiert schwule Männer, die offen rechts sind, Aussteiger, die von ihrer Faszination für Uniformen und Männerrituale erzählen. Er blickt auch zurück und berichtet von den schwulen Nazis von gestern. „Für manche Zuschauer wird es schockierend sein, dass ich in meinem Film selbst nicht Stellung nehme, dass ich schwule Neonazis nicht als Monster darstelle, sondern als Menschen, die einen großen Widerspruch leben.“ – Rosa von Praunheim Quelle und Cover: absolut MEDIEN GmbH
Dokumentation, ca. 78 min., DVD ISBN: 978-3-89848-799-3 absolut MEDIEN GmbH Preis: 17,90 EUR zu beziehen über: Neue Impulse Versand Hoffnungsstr.18 45127 Essen Fon: 0201 /24 86 482 Fax: 0201 /24 86 484 eMail: NeueImpulse@aol.com
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Reggae – Rasta – Reaktion Über Homophobie in der Reggae-Szene von Sascha dankengut ferngehalten werden müsse. Toleranz hat dort seine Grenzen, wo faschistisches oder reaktionäres Gedankengut transportiert werden soll, meinten wir und dass man dann ja auch gleich Störkraft oder andere Nazi-Bands einfach so spielen lassen könnte. Ja aber die besagten Interpreten seien doch aus ärmeren Verhältnissen und wir müssten doch Verständnis für ihre Situation haben. Daraufhin stellten wir klar, dass wir nicht wünschen, dass solche Interpreten ihren Karriere-Sprung auf Kosten von Minderheiten machen und dass dieses Auftrittsverbot völlig im Sinne der Aufklärung sei und sich diese Interpreten ja dann mal fragen könnten, Warum sie in der BRD unerwünscht seien. Nach längerem Gespräch kam heraus, dass es im Grunde sein eigenes Kapital war, um das er fürchtete, da er sein Geld als Reggae-DJ verdient – soll er doch lieber auf kubanische Musik umsteigen, sagte ich, da wird er keine reaktionären Texte finden.
Foto: Die Montage zeigt eine Kombination aus dem Reggae-Interpreten Sizzla, der die öffentliche Verbrennung Homosexueller anpreist und dem sogenannten Stellvertreter Hitlers, Rudolf Heß.
Auf dem UZ-Pressefest hatten wir von DKP queer ein höchst unangenehmes Erlebnis an unserem Stand. Ein leicht angetrunkener Reggae-Fan kam zu uns und verwickelte uns in ein Gespräch über das im Auftrag des Lesben- und Schwulenverband in Deutschland (LSVD) verfügte Auftrittsverbot für Reggae-Interpreten aus Jamaika aufgrund ihrer homophoben Texte. Er
meinte, der LSVD schade der Toleranz gegenüber Schwulen und Lesben in der BRD nur mit seiner Haltung, weil er so diejenigen innerhalb der deutschen Reggae-Szene, die eigentlich nicht homophob seien, gegen sich aufbringe. Er fand es unverständlich, dass wir in dieser Hinsicht den LSVD voll unterstützten und der Meinung waren, dass dererlei reaktionäres Ge-
Auf jeden Fall fand ich, es lohne sich, mal zu recherchieren und zu diesem Thema einen Artikel zu verfassen. Innerhalb der Reggae-Szene gibt es tatsächlich eine latent vorhandene Homophobie, die in etwa zu vergleichen ist mit derjenigen der Evangelikalen, weil auch diese biblisch begründet wird. Homosexualität wird mit den biblischen Städten „Sodom und Gomorra“ in Verbindung gebracht. Es gelte sie, wie auch die beiden mythischen Städte, verbal niederzubrennen. Selbstverständlich taucht auch hier wieder die aufmerk-
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Aber nicht nur in der Reggae-Szene gibt es homophobe Tendenzen, die jamaikanische Gesellschaft an sich ist reaktionär und homophob (mehr über Homosexualität auf Jamaika in der nächsten „red& queer“). Das liegt vor allem begründet in dem von religiösen Fundamentalisten stark geprägten jamaikanischen Proletariat, dem bewusst von der herrschenden Klasse Bildung und Aufklärung vorenthalten wird. Deshalb erscheint es auf Jamaika auch als völlig legitim und normal mit homophober Hetze für sich zu werben. Dies tat sogar die „Jamaican Labour Party“, indem sie den Song „Chi chi man“ der Band T.O.K, wo es im Refrain um die Verbrennung eines Schwulen geht, zur Wahlhymne 2001 machte!
sein. Selbstverständlich gibt es Homophobie auch in anderen Musikszenen, wie beispielsweise dem Hip Hop – auch dieser ursprünglich eine dem Reggae vergleichbare Unterschichtsmusik mit reaktionären religiösen Tendenzen. Es gibt sie aber nahezu gar nicht im Rock- und Metal-Bereich (von neofaschistischen Bands mal abgesehen) und beinahe überhaupt nicht im Wave/Gothic-Bereich, was möglicherweise damit zusammenhängen mag, dass diese Genres größtenteils in aufgeklärteren Kreisen beheimatet sind. Mittlerweile hat die europäische Reggae-Szene reagiert und versucht sich an einer Lösung des Problems, wobei sie dem LSVD Propaganda gegen Reggae an sich vorwirft – eine Einschätzung, die ich, bei allen Vorbehalten gegen den LSVD, so nicht teile. Das Problem, so wird argumentiert, seien nicht die unaufgeklärten Parolen-Brüller, sondern das factum, dass diese in Europa auf aufgeklärte, zumeist „linke“ Jugendliche treffen, die wider besseren Wissens auch eindeutig homophobe Texte mitgröhlen. Auch in der BRDReggae-Szene ist man mittlerweile zu der Auffassung gelangt, dass „Die meinen das gar nicht so!“ kein gutes Argument mehr sei und plädiert dafür, nur noch Interpreten zu buchen, die sich verpflichten, ihre Gewaltaufrufe gegen Homosexuelle nicht auf deutsche Bühnen zu tragen. Ob dies aus innerer Einsicht oder aufgrund des Druckes seitens des LSVDs erfolgt und man eher die kapitalen Einbußen im Sinn hat, sei dahingestellt.
Homophobe Interpreten sind u.a. Buju Banton, Beenie Man, Sizzla und eben T.O.K.! Bereits im Sommer 2004 kam es zu zahlreichen Konzert- und Tourneeabsagen in Europa. So wurde beispielsweise Beenie Man von den MTV-Awards ausgeschlossen und seine Videos und Stücke aus dem Rundfunk verbannt. Beanie Man soll auch an einem tätlichen Angriff auf Homosexuelle beteiligt gewesen
Ferner plädiert man dafür, die Labels anzuhalten, nur noch Stücke auf die Scheiben zu bringen, die sich mit der deutschen Gesetzgebung unter einen Hut bringen lassen. Beide Maßnahmen wären lediglich Symptombekämpfung aber keine Heilung der Ursache. Unsere SLBT-Leidensgenossen auf Jamaika müssen sich weiter dem Terror der reaktionären Rastafari-Bewegung ausgesetzt sehen. Auch für
samen „red&queer“-Lesern wohl bekannte Stelle in Leviticus 20/13 auf, wo es heißt: „Wenn jemand bei einem Manne liegt wie bei einer Frau, so haben sie getan, was ein Greuel ist, und sollen beide des Todes sterben;“ es ist dies auch die Stelle auf die Paulus sich im Römerbrief bezieht, wenn er den Sündenkatalog auflistet – seltsam, dass er das tut, wo doch Christus das mosaische Gesetz ad absurdum geführt hatte! Aber schweifen wir lieber nicht ab! Wer sich zu Sinn und Unsinn des Alten Testamentes informieren möchte, dem empfehle ich den Brief an Dr. Laura Schlessinger in „red&queer“ Nr. 1 (seinerzeit noch „Red & Gay“) oder im „Taunus Echo“ (Sonderausgabe für den CSD FFM 2007).
sie kann es nach meiner Auffassung nur Befreiung durch eine revolutionäre Umwälzung der jamaikanischen Gesellschaft geben. Solange der Einfluss reaktionärer Kräfte durch die herrschende Klasse gefördert wird, sehe ich noch keinen Hoffnungsschimmer am Horizont. Weiterhin wird Künstlern des Genres nahegelegt, gegen die Hetze anzuschreien und dem Publikum, diejenigen auszupfeifen, die sich homophob gebärden. Ein frommer Wunsch. Erinnert an Lenins Beschreibung der Sozialrevolutionäre, die die herrschende Klasse um Besserung anflehen. Es sind Klasseninteressen, die hier aufeinandertreffen. Solange das jamaikanische Proletariat seinen Hass an Minderheiten auslässt, wird es der Bourgeoisie nicht gefährlich. Selbst wenn wir diese Homophobie von Europas Bühnen verbannen, in Jamaika wird sie unvermindert weitergehen. Lasst uns unsere Solidarität mit unseren jamaikanischen Klassengenossen mit einer Aufklärungskampagne verbinden! Tragen wir die Emanzipation in die jamaikanischen Arbeiterparteien! Damit verändern wir wirklich etwas und schotten uns nicht nur dagegen ab! Quellen: 1. Kneschke, Robert: „Reggae ist eben keine Musik für Schwule und Lesben!“, in: http:// www.bloom.de/articles/article_005834_ php4.htm 2. http://www.reggaenode.de/feature/statement-2004-12.html 3. Burg, Susanne: „Paul Gilroy – There Ain´t No Pink In The Union Jack“, in: www.riddim. de/feature.php?id=267 4. Karnick, Olaf: „Der dritte Weg“, in: http:// www.riddim.de/feature.php?id=268
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g n i com out hilfe
Wenn du, wie wir alle einmal, in der Phase steckst, wo du dich eigentlich outen möchtest, dich aber noch nicht traust, da du mit Problemen rechnest, egal ob mit deinen Eltern, Freunden, Mitschülern, Kollegen oder anderen, möchten wir dir das Angebot machen uns zu mailen oder einen Brief zu schreiben. Selbstverständlich wird dies vertraulich behandelt und wir werden versuchen dir zu helfen.
90 Jahre Oktoberrevolution Veranstaltung der DKP Berlin, 3. November 2007
Impressum red&queer Zeitung von DKP queer Herausgeber und Redaktion: DKP queer V.i.S.d.P. Thomas Knecht
Mailen kannst du uns an die Adresse: info@dkp-queer.de, die Briefe gehen an: DKP queer, Postfach 1344 in 61283 Bad Homburg. Über diese beiden Adressen kann auch Infomaterial über DKP queer angefordert werden.
Ort: Babylon, Rosa-Luxemburg-Str. 30 Von: 14-18 Uhr, Einlass: ab 13 Uhr Film, Kulturprogramm, Musik und mehr Eintritt: 12 EUR / ermäßigt: 8 EUR
Weil auch Hoffnungsträger Druck von links brauchen …
Layout: Roy
Unsere Zeit Zeitung der DKP
Druck: Eigendruck Anschrift & Kontakt: DKP queer Postfach 13 44 61283 Bad Homburg info@dkp-queer.de www.dkp-queer.de
Dabei ist es uns absolut egal, ob du der SDAJ, der DKP oder einer anderen Organisation angehörst oder überhaupt nicht organisiert bist.
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Redaktionsschluß: 19.10.2007
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