Ich war eine Suchende Ester Ambrosino und »Die Göttliche Komödie« Lisa Evers
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or 700 Jahren, 1321, starb der wohl berühmteste Dichter Italiens Dante Alighieri, der mit seiner »Divina Commedia« (Literatur-)Geschichte schrieb. Der sizilianischen Choreografin und Gründerin des Tanztheater Erfurt e.V. ist das ein Anlass, sich künstlerisch mit dem Werk zu beschäftigen, das in Italien zum Schulstoff gehört. Für Ester Ambrosino hat die »Göttliche Komödie« eine große Aktualität: »Wir erleben dieses Purgatorio [Fegefeuer] gerade. Wir warten darauf, dass etwas passiert. Warten auf Erlösung.« Und auf Erlösung
und dem Theater Erfurt so spannend für mich, weil es die freischaffenden Künstler*innen mit den fest engagierten Künstler*innen zusammenbringt«, so Ester Ambrosino. Dabei können alle Beteiligten von den verschiedenen Strukturen und Begegnungen profitieren. »Mich interessieren die Menschen in ihren Unterschiedlichkeiten;das ist etwas, was mir von Pina [Bausch] geblie ben ist«. Denn die gebür tige Sizilianerin studierte nach ihrer Ausbildung in Klassischem Tanz in Palermo zeitgenössischen Tanz an der renommierten Folkwang Hochschule in Essen, die damals von der bedeutenden Choreografin Pina Bausch geleitet wurde.
warten
dass etwas passiert
Tanz
hofft auch Dantes Protagonist, der in unserer Inszenierung durch einen Unfall seine Geliebte verliert und sich – im Koma liegend – auf eine Traumreise durch das Inferno und das Purgatorium begibt. Unter Beteiligung von Tänzer*innen, Opernsänger*innen, Musiker*innen sowie einem Schauspieler erleben wir ein Spektakel, das die Sprache der »Göttlichen Komödie« in bewegende Szenen fasst. Die mitreißende Komposition Michael Krauses unterstützt dabei die bildgewaltige Inszenierung.
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Die Mühen und die Energiegeladenheit der Choreografin Ester Ambrosino, die mit Herzblut diese Produktion vorangetrieben hat, sind maßgeblicher Motor für die Realisierung eines derartig großen Vorhabens in Pandemiezeiten. Ihr ist daran gelegen, gerade in dieser Zeit die gemeinsamen Kräfte zu bündeln und dem Publikum einen fulminanten Theaterabend unter Beteiligung aller künstlerischen Sparten, der beteiligten Partner, zu bieten. »Was mich interessiert ist, immer neue Wege zu gehen. Deswegen ist die Kooperation mit dem DNT
»Ich war eine Suchende. Suchende vielleicht nach Liebe. Der Tanz hat mir das gegeben. Und der Tanz hat mir auch Struktur gegeben und ich denke, ohne ihn hätte mein Leben vielleicht auch in eine andere Richtung gehen können, weil ich immer jemand war, die alles ausprobieren wollte.« Ester Ambrosino beschreibt ihre Zeit an der Folkwang Hochschule als großes Glück; denn die damals mittellose junge Tänzerin merkte schnell, dass die strengen Vorgaben des Balletts nicht das waren, was sie am Tanz und an der Bewegung interessierte. Als 1989 Bauschs vielbeachtete Inszenierung »Palermo Palermo« in der sizilianischen Hauptstadt aufgeführt wurde, schlich sich Ambrosino insgesamt 13 Mal durch eine Hintertür ins Theater: »Ich war überwältigt von dem, was ich auf der Bühne sah.« Hier entdeckte sie, wonach sie suchte; eine große Kreativität, die so viel mehr Persönliches beinhaltete als das, was die Tänzerin in ihrer klassischen Ausbildung erlebte. Es folgten Besuche der öffentlichen Proben der Company sowie Workshops in Bari, angeleitet durch einen Tänzer Pina Bauschs: »Ich hatte meinen Weg gefunden. Es fühlte