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ADOPTION MIT HERZ NIYAMA PRIVATE ISLANDS, MALEDIVEN
ADOPTION
MIT HERZ
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Nach einer Überlieferung sollte ein Mann drei Dinge in seinem Leben tun: ein Haus bauen, einen Sohn zeugen und einen Baum pflanzen. Auf den Malediven scheint es viel existentieller, eine Koralle anstelle eines Baums zu pflanzen – und nicht nur Männer, auch Frauen sind auf Niyama Private Island dazu herzlich eingeladen.
Text: Karin Schmidt
Bewaffnet mit Flossen und Schnorchel stehe ich vor einer jungen Frau, ihre blonden Locken vom Wind zerzaust. «Die Unterwasserwelt rund um Niyama ist atemberaubend schön. Ein Paradies für Schnorchler und Taucher», schwärmt Emeline Bouchet. Und die Meeresbiologin muss es wissen, hat sie doch meist den Kopf unter dem Meeresspiegel. Als Kind träumte die gebürtige Französin davon, Tierärztin in Afrika zu werden. Als sie zum ersten Mal in die Wunder und Geheimnisse des Ozeans abtauchte, entschied sie sich für ein Studium der Meeresbiologie, das sie 2015 an der Ecole Pratique des Hautes Etudes in Paris mit einem Master-Zertifikat abschloss. Doch Emeline wollte sich nicht nur theoretisch mit dem maritimen Lebensraum beschäftigen, sie wollte auch an Ort und Stelle arbeiten. Daher absolvierte sie im Jahr 2016 zudem eine Ausbildung zur zertifizierten PADI- und SSI-Tauchlehrerin. Seit Herbst 2017 kümmert sich Emeline im Niyama Private Islands um die Umweltbelange des Hotels und gibt Gästen wie mir bei der «Korallenadoption» einen Einblick ins Inselleben.
Emelines Arbeitsplatz ist der Indische Ozean und das Float-Wassersportzentrum. Dort untersucht sie die Veränderungen vor Ort, versucht entgegenzuwirken. Auf ihren täglichen Tauchgängen schaut sie, wie es den Korallen am Meeresboden geht. Mit gezielter Anzucht versucht sie das Korallenwachstum zu unterstützen. «Als ich von der bedrohten Korallenwelt auf den Malediven hörte, kam ich hierher. Jetzt bin ich im Paradies und versuche, alles zu tun, um die wundervolle Unterwasserwelt, die die Natur uns gegeben hat, zu schützen.»
Mit einer Meeresbiologin Korallen pflanzen
Im Rahmen des «Adopt a coral»-Programms von Niyama Private Islands leisten Interessierte mit ihrer Teilnahme am Korallenaufzuchtprogramm aktiv einen Beitrag zum Erhalt der faszinierenden Unterwasserwelt der Malediven und gewinnen zudem ein einzigartiges und lebendes Souvenir. «Für viele ist es eine ganz neue Erfahrung sich an der Riff-Restaurierung und Instandhaltung zu beteiligen», erklärt Emeline. Dabei geht es nicht einfach nur darum, sich eine schöne Koralle auszusuchen. Vielmehr werden die Teilnehmer in die Geheimnisse der Korallentransplantation eingeweiht. Emeline Bouchet fängt mit einem wissenschaftlichen Exkurs an, der mir erläutert, wie eine Insel im Atoll entsteht, schweift über die artenreiche Tier- und Pflanzenwelt der Malediven ab (indem sie mit mir durch abgelegene Korallengärten schnorchelt) und kommt letztlich zu den Patenkindern, den Korallen. «Korallen gelten als Regenwald der Meere», erklärt die Biologin, «sie sind Lebensraum für Hunderte Arten von Fischen, Algen und kleinen Meerestieren. Ein ganz eigenes Ökosystem unter Wasser.»
Doch dieses Ökosystem ist gefährdet. Alte Fischernetze, Abwässer und Chemikalien greifen das Meer und seine Bewohner an. Dazu gehört auch so etwas Alltägliches wie Sonnencreme. «Die chemischen Stoffe in der Creme machen Korallen anfällig für Krankheiten», sagt Emeline. Eine vermeidbare Gefahr, würde es doch schon reichen, nach dem Eincremen 30 Minuten zu warten, ehe man ins Wasser geht, fügt sie hinzu.
Problematik Plastikmüll
Millionen von Touristen sorgen für viele Tonnen Abfall. Zu viel für den kleinen Inselstaat, in dem zwar einige Inseln Öfen haben, um Müll zu verbrennen und der Grossteil nahe der Hauptstadt Malé auf einer künstlich angelegten Müllinsel namens Thilafushi entsorgt wird. Bauschutt, Altöl und Plastikmüll landet aber immer wieder auch im Meer oder wird mit der Strömung angeschwemmt. Die winzig kleinen Plastikteile bringen die Meeresbewohner Gefahr und sie können daran sterben. Auch für Schildkröten sind die Folgen verheerend: Beim Fressen der Plastikteile wird ihr Magen verstopft und das Schlucken verhindert. Der Magen versucht das Plastik zwar zu zersetzen, setzt dabei aber Gas frei. Die Schildkröten blähen auf und treiben an die Oberfläche, können nicht mehr abtauchen. «Bubble butt» heisst das Phänomen, das dazu führt, dass die Tiere an der Wasseroberfläche elendig verhungern oder gefressen werden. Immer wieder muss Emeline auch Tiere aus alten Fischernetzen befreien, die als sogenannte Geisternetze durchs Wasser treiben – beim Fischen abgerissen oder einfach im Meer entsorgt.
1 Instandsetzungsprogramme sind nicht nur ein Erlebnis für die Urlaubsgäste, sondern ein wertvoller Beitrag zur Instandhaltung der Riffs. 2 Meeresbiologin Emeline Bouchet ermöglicht Gästen des Niyama Private Islands Korallen zu adoptieren. 3 Je nachdem, welche Alge sich in dem Kalkskelett einnistet, leuchtet die Koralle rot oder gelb, rosa oder blau. 4 Sobald das Eisengestell im Korallengarten umwachsen ist, wird das künstliche Mini-Riff draussen am grossen Riff angesiedelt.
Die «stillen Mörder der Ozeane»
Organisationen wie das Olive Ridley Project dokumentieren solche Fälle und helfen bei der Befreiung, wenn jemand ein Geisternetz meldet. Über eine Notrufnummer kann man, entdeckt man eine Schildkröte in Not, die Helfer des Olive Ridley Projects verständigen. 528 Schildkröten konnten so zwischen 2011 und 2018 aus Geisternetzen gerettet werden. Allein kommen die Tiere nur selten wieder raus, weshalb die Organisation Geisternetze als die «stillen Mörder der Ozeane» bezeichnet.
Horrorszenario Korallenbleiche
Für die Korallen deutlich gefährlicher aber sei die Versauerung der Meere und die globale Erwärmung, so die Biologin. Korallen sind sehr temperaturanfällig: Stehen sie längere Zeit in zu warmem Wasser, verlieren sie ihre Farbe, weil die Algen absterben. Übrig bleiben weisse Kalkskelette. Korallenbleiche heisst dieses Phänomen. Eine etwa alle vier Jahre auftretende Klima-Anomalie, mit Wassertemperaturen von bis zu 32 Grad Celsius. Optimal seien 26 Grad, so Emeline. Für die Korallen war auch das Wetterphänomen El Niño 2016 zu viel. An mehreren Stellen der sonst so bunten Unterwasserwelt blieben nur geisterhaft wirkende weisse Riffe zurück. Ein Problem, bilden die Riffe doch nicht nur einen Schutz vor Wellen, sondern sind auch Nahrungsgrundlage vieler Meeresbewohner. Etwa 50 Prozent aller Korallenriffe seien in den letzten 30 Jahren zerstört worden, schätzt die Ocean Agency, in den nächsten 30 Jahren könnten es 90 Prozent sein. Emeline ist jedoch guter Dinge: «Vielerorts sind die Korallen schon wieder bis ein Meter gross, und das in nur knapp zwei Jahren, das gibt allen Grund zur Hoffnung!»
Patenprogramm sensibilisiert Malediven-Urlauber
Als Höhepunkt des «adopt a coral»-Programms fixiere ich zusammen mit Meeresbiologin Emeline abgebrochene, noch lebende Korallenbruchstücke mit Kabelbindern auf einem vorbereiteten Stahlgestell, das mit Korallensand beschichtet ist. Je nach Grösse des Stahlgestells kostet die Korallenadoption 150 oder 250 US Dollars. Mein «Baby» versehe ich mit einem Namensschild und bringe es zum Hausriff, wo es Emeline im Korallengarten «einpflanzt». 15 Zentimeter pro Jahr wachsen die schnellsten Korallen. Sobald das Eisengestell umwachsen ist, wird das künstliche Mini-Riff draussen am grossen Riff angesiedelt. «Für viele Gäste ist das Namensschild am Gerüst eine tolle Erinnerung, dass sie mit eigenen Händen einen Teil zum Schutz der Malediven beigetragen haben», sagt die Meeresbiologin. Zum Abschluss erhalten die Teilnehmer ein Zertifikat und nach ihrer Reise regelmässig Fotos von der Koralle. So können sie die Entwicklung weiterverfolgen und sehen, wie ihr «Adoptivkind» wächst und gedeiht.
PROJEKTE ZUM SCHUTZ DER MEERESTIERE UND OZEANE
Ocean Initiatives ist in Programm der Surfrider Foundation Europe, um die Meeresmüllproblematik durch Bildungsarbeit, Partizipation und Lobbyarbeit anzugehen. Die Ocean Initiatives finden weltweit in Form von Reinigungsaktionen von Stränden, See- und Flussufern statt. Diese Müllsammelaktionen werden von Ehrenamtlichen organisiert.
www.oceaninitiativs.org
Mit einer Wal-Patenschaft von OceanCare hilft man sanften Riesen in Not und unterstützt Projekte zum Schutz bedrohter Wale im Mittelmeer. Als Pate erhält man eine persönliche Urkunde und ausführliche Informationen rund um die Wal-Projekte von OceanCare.
www.oceancare.org
Das Olive Ridley Project rettet Schildkröten aus im Meer treibenden Geisternetzen.
www.oliveridleyproject.org
Umweltschutz als Teil des guten Images
Das Bewusstsein für die Unterwasserwelt wächst. Viele haben erkannt, an welch seidenem Faden die Existenz des Paradieses hängt. Nur wer die Natur versteht, kann sie auch schützen. Bereits einige Fünf-SterneLuxusresorts leisten sich daher eigene Meeresbiologen wie Emeline, die sich um die Riffe der zumeist in Privatbesitz befindlichen Inseln kümmern und auch Touristen deren Bedeutung näherbringen sollen. «Wenn man ein bisschen weiterdenkt, merkt man, dass unser Leben vom Ozean und den Korallenriffen abhängt», sagt Emeline nachdenklich. Denn wo Korallen sind, ist Leben. Die Korallenpaten werden vermutlich kaum die Riffe auf den Malediven oder anderswo retten können. Aber auf die Problematik aufmerksam machen können sie allemal.