Downdays Magazine, Januar 2017 (DE)

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SCOTT-SPORTS.COM © SCOTT SPORTS SA 2016 | Photo: Will Wissman

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SAM COHEN


Ihr habt die Wahl ! „Vor dem Internet war jede Frau viel spezieller.“ Hank — Swiss Army Man (2016)

Angesichts aktueller Vorgänge auf geopolitischer Ebene sollten wir alle ein wenig Abstand von der Echokammer namens Social Media gewinnen. Ich bin genauso schuldig im Eiltempo durch Instagram zu scrollen mit durchschnittlich 0,28 Sekunden pro Bild. Ich will auch nicht auf Instagram schimpfen – oder über die Unfähigkeit von Facebook falsche Nachrichten herauszufiltern, was zu einer unerfreulichen Propagandaschlacht mit zugehörigem Wahlausgang geführt hat –, sondern auf etwas aufmerksam machen, was viele heute zu vergessen scheinen: die Möglichkeit zu wählen. Von Social Media Abstand zu gewinnen heißt nicht, sie nicht zu nutzen; es bedeutet zu wählen, wann und wie man sie nutzt. Beispiel: Wenn du gerade eine fette Line in einen Powderhang gezogen hast und nicht widerstehen kannst ein Foto zu schießen, lade es nicht in der Gondel hoch anstatt dich mit deinen Freunden zu unterhalten, sondern erst abends daheim auf dem Klo. Einfach gesagt, wenn du dich im echten Leben befindest, klebe nicht an deinem Telefon auf der Suche nach dem perfekten Hashtag für einen Snap. Genieße stattdessen die Gesellschaft echter Menschen. Erlebe echte Momente. Tritt zurück und wähle, wann und wie du Social Media benutzt und nimm dir verdammt noch mal Zeit, die Medien wirklich wahrzunehmen, die du konsumierst. Ich hoffe, ihr werdet euch auf dieses Magazin einlassen. Vielleicht erfahrt ihr zu Beginn etwas über den tschechischen Jib-Zauberer Daniel Hanka oder – wenn ihr das Heft von hinten aufrollt – über den kanadischen Trick-Innovator Vincent Gagnier in unseren Interviews. Vielleicht werft ihr einen Blick auf die Freeride-Aufsteigerin Arianna Tricomi und den Filmemacher Nikolai Schirmer. Ihr könnt natürlich auch gleich in die Vollen gehen und euch in unsere üppige FeatureAuswahl vertiefen: angefangen bei Jérémie Heitz’ High-Speed-Version von Steilwandbefahrungen in La Liste über den runden Tisch mit den Stilikonen Phil Casabon, Henrik Harlaut und Eric Iberg anlässlich von BE Inspired sowie den Erlebnissen leicht paranoider Kiwis in Nordkorea bis hin zu einem Blick hinter die Kulissen eines außergewöhnlichen Videoprojekts, das wichtige Stationen der Freeski-Geschichte aufleben lässt. Mit noch einigen weiteren spannenden Seiten liegt die Wahl ganz bei euch. Ich hoffe, ihr findet ein paar ruhige Momente, um zu lesen und euch inspirieren zu lassen. Es kann euer Refugium im Wirbelsturm der sozialen Medien sein. Vielleicht entscheidet ihr euch dann früher als später endlich Skifahren zu gehen… Gutes Shredden, Mark

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Editorial


Johnny Collinson exploring the Stikine region of the Yukon.

BUILT FOR THE PURSUIT

Andrew Miller


Text: Lukas Schäfer

Foto: Daniel Tschurtschenthaler

Fahrer: Lukas Schäfer

Spot: Plätzwiese, Italien

Der Mond ist mächtig. Wir verloren uns in Gedanken, während wir dem riesigen, leuchtenden Ball beim Aufgehen zuschauten, und träumten von einer Silhouette davor. Daniel hatte entdeckt, dass er den Mond mit einer ziemlich kurzen Verschlusszeit fotografieren konnte, und so entstand die Idee vom Skifahrer im Mond. Beim ersten Versuch im Winter scheiterten wir noch an der Kommunikation und das Timing klappte nicht. Am nächsten Tag kamen uns dicke Wolken in die Quere. Einen Monat später war ich dann verletzt und so dachten wir schon, wir müssten das Projekt auf nächste Saison verschieben. Doch zu guter Letzt, gerade als wir zum Saisonfinale nach Oregon fliegen wollten, war die Wettervorhersage zum Vollmond gut. Es war noch etwas Schnee übrig und wir bauten einen neuen Absprung. Der Mond ging genau über der Kante auf, kurz bevor die Sonne unterging. Fünf Sprünge später hatten wir den Shot im Kasten.

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Intro



Downdays Magazine — Januar 2017 14

Cover Foto: Grant Gunderson Fahrer: Eliel Hindert & Mattias Evangelista Spot: North Cascade Heliskiing/WA, USA 16

Beitragende / Impressum

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Interview: Daniel Hanka Shiftys aus Tschechien

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Gallery

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Gear

Ausrüstung zum Runterkommen 40

Hintergrund Reccos SAR System

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Creative: Sämi Ortlieb Bier-Etiketten-Skizzen

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Vorgestellt Arianna Tricomi & Nikolai Schirmer

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Portrait: Paddy Graham Von der Matte in den Powder

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Jérémie Heitz’ La Liste

Steilwandskifahren neu interpretiert ●●

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Das BE Inspired Interview Weise Worte von Eric Iberg, Phil Casabon und Henrik Harlaut

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Planlos in Nordkorea

●●●

Zwei Kiwis auf Irrfahrt durch die Volksrepublik 76

Tolle Zeiten

●●●●

Die Freeski History in zehn Kapiteln 88

Destination: Nordkette Innsbrucks Freeski-Juwel

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Interview: Vincent Gagnier Skifahren der anderen Art

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Night Glow Ein unerwarteter Powdershot

Inhalt

■ / ● = Features


FREDERICK ILIANO [ SNOWPARK L A A X ]

# M A D E W I T H L O V E F O R S K I I N G


Beitragende Lukas Schäfer & Daniel Tschurtschenthaler

Sämi Ortlieb Der Schweizer aus dem gebirgigen Kanton Glarus hat sich als treibende Kreativkraft der europäischen Freeskiszene etabliert. Anders als viele seiner Landsleute ist er nicht auf Contests fokussiert, sondern zeigt seinen einzigartigen Style lieber in Filmen. Wenn er nicht gerade mit Level 1 oder Line Traveling Circus dreht, dann kümmert sich Sämi um sein eigenes Grafikdesign-Büro, wo er ausgefallene Illustrationen, Motion Graphics und noch anderes mehr erstellt.

Indem sie die meiste Zeit beim Skifahren, Bergsteigen, Erforschen von Wäldern und Beobachten von Wildtieren verbringen, jagen Lukas und Daniel besonderen Momenten nach und fangen sie mit ihren Kameras ein. Vor ein paar Jahren trafen sie sich beim Skifahren und begannen sich gegenseitig zu filmen. 2013 wurde daraus Wild Zoo Entertainment. Inzwischen arbeiten die beiden Südtiroler neben dem Skifahren auch als Filmer und Fotografen und überzeugen dabei mit kreativen Ideen wie der Skifahrersilhouette im Mond.

Sam Smoothy & Will Lascelles

Pally Learmond

Jeder, der die Freeride World Tour verfolgt, kennt Sam Smoothy als wilden Kiwi, der in jeder Situation unfassbare Runs hinlegen kann. Nichtsdestotrotz ist Smoothy ein recht überlegter Zeitgenosse, ein talentierter Schreiber und ein einfallsreicher Abenteurer. Will Lascelles dagegen ist eine Hälfte der Produktionsfirma Colab Creative aus Wanaka, Neuseeland und ein erfahrener Filmer, wenn auch einem Abenteuer nicht abgeneigt. Zusammen reisten die beiden nach Nordkorea, um die kalten Geheimnisse dieses abgeschotteten Landes zu erforschen.

Als Brite, der seine Heimat in Innsbruck gefunden hat, ist Pally zum Ehrenmitglied der Legs of Steel Crew gereift. Er kennt Paddy Graham schon seit Zeiten, als noch nicht mal Flaum dessen Oberlippe zierte. Zusammen verbrachten sie viele Winter beim Skifahren wie Fotografieren und entwickelten sich dabei parallel zu angesehenen Größen ihrer jeweiligen Zunft. Pally Learmond ist aber nicht nur ein sehr talentierter Fotograf, sondern weiß auch mit Worten umzugehen. Nachzulesen ist das im äußerst fundierten Portraitartikel seines Landsmannes.

„Unvollkommenheit ist schön, Verrücktheit ist genial und es ist besser total lächerlich zu sein als total langweilig.“ Marilyn Monroe

Impressum Herausgeber Distillery Concept & Creation GmbH Innsbruck, Österreich Chefredakteur Mark von Roy | mark@distillery.cc Produktionsleiter & Fotoredakteur Klaus Polzer | klaus@distillery.cc Art Direction & Design W—THM Büro für Gestaltung | www.wthm.net Layout Floyd E. Schulze | hello@wthm.net Bildbearbeitung & Desktop Publishing Klaus Polzer Deutsche Übersetzung & Korrektur Klaus Polzer, Simon Kegler

Anzeigen, Marketing & Distribution Simon Kegler | simon@distillery.cc Druckerei F&W Druck- & Mediencenter | www.fw-medien.de Fotografen dieser Ausgabe Jeremy Bernard, Rachel Bock, Adam Clark, Dom Daher, Craig Douglas, Oskar Enander, Guy Fattal, Mattias Fredriksson, Grant Gunderson, Blake Jorgenson, Ole Kliem, Reuben Krabbe, Will Lascelles, Pally Learmond, David Malacrida, Chris O’Connell, Brady Perron, Klaus Polzer, Christian Pondella, Tero Repo, Marius Schwager, Sophie Sjöberg, Stephan Sutton, Daniel Tschurtschenthaler, Dan Villaire Autoren dieser Ausgabe Jérémie Heitz, Simon Kegler, Will Lascelles, Pally Learmond, Klaus Polzer, Lukas Schäfer, Sam Smoothy, Ethan Stone, Mark von Roy

Verlag & Redaktionsanschrift Distillery Concept & Creation GmbH Leopoldstrasse 9 6020 Innsbruck Österreich Tel.: +43 (0)512-307 811 Fax: +43 (0)512-307 812 info@distillery.cc www.distillery.cc Du willst das Downdays Magazine in deinem Shop, deiner Bar oder deinem Camp auslegen? Dann kontaktiere uns einfach! Das Downdays Magazine erscheint in Deutsch, Englisch und Französisch. Downdays gibt es auch als Website: www.downdays.eu Downdays Social Media: www.facebook.com/downdays www.instagram.com/downdays_eu

Das Magazin und alle Beiträge sind durch Copyright geschützt. Eine Vervielfältigung, Veröffentlichung oder sonstige Wiederverwertung, analog oder digital, als Ganzes oder in Teilen, ist nur zulässig mit vorheriger schriftlicher Genehmigung des Herausgebers. Der Herausgeber und die Redaktion übernehmen keine Verantwortung für unverlangt eingesandte Text- oder Bildmaterialien.

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Beitragende / Impressum


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Daniel Hanka

Interview


Daniel Hanka wuchs an einem Hügel mit gerade mal 250 Höhenmetern auf und entwickelte seinen ganz eigenen Zugang zum Freeskiing. Heute, viele Jahre später, gilt der kreative Tscheche als Innovator in der internationalen Szene. Interview: Mark von Roy

Foto: gitgo.ch

Geboren: am 01.09.1990 in Hradec Králové, Tschechische Republik Heimatstadt: Vysoká nad Labem, Tschechische Republik Hausberg: Destne v Orlických Horách, Tschechische Republik Hobbys: Rollerbladen, Wakeboarden, Gitarre spielen & Freunde Sponsoren: Faction Skis & Outerwear, Monster Energy, Skicentrum Destne v Orlických Horách, Excelent

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Daniel Hanka

Portrait: gitgo.ch

Spot: Verbier, Schweiz

Wann bist du zum ersten Mal auf Skiern gestanden und was hat dich daran fasziniert? Mein Vater war Rennläufer, deshalb stehe ich auf Skiern, seit ich denken kann. Ich habe in Destne angefangen, wo mich mein Vater an einem Seil hielt, während wir den Hügel hinabfuhren. Irgendwie hat er es dabei geschafft, sich beide Knie zu verletzen. Er hat sich sehr angestrengt, um mir das Skifahren beizubringen. Auch bin ich schon immer Rollerblades gefahren. Allerdings langweilt es mich schnell, wenn ich etwas ausprobiere und gleich kann. Also habe ich versucht, immer etwas anderes zu machen, um weiter Spaß zu haben. Auf Rollerblades begann ich über Treppen zu springen, was mich in Skateparks geführt hat. Skifahren zu lernen ist mir etwas schwerer gefallen. Anfangs war für mich die Messlatte nur nicht zu stürzen. Es machte Spaß, einfach zu versuchen nicht hinzufallen. Als mir das gelang, überlegte ich, was ich als Nächstes tun konnte. Ich begann über jeden Hügel zu springen, den ich fand. Es half, dass ich mit Rollerblades schon im Park fuhr. Am Ende sind die Unterschiede nicht so groß und ich begann den Berg wie einen Skatepark zu begreifen – zu einer Zeit, als ich noch gar nicht wusste, dass es Snowparks gab. Am meisten mochte ich die kleinen Bobbahnen, die es meist in den Bäumen neben den Pisten gibt. Dann bin ich über mein erstes Rail gestolpert. Mein Vater war

darüber gar nicht glücklich, denn für einen Rennläufer sind die Kanten die Grundlage des Skifahrens und wenn sie stumpf sind, dann ist ein Ski wertlos. Jedes Mal, wenn er meine Kanten von einem Rail stumpf fand, schliff er sie und ich bekam Ärger. Irgendwann gab er aber auf, weil er einsah, dass er mich nicht davon abhalten konnte. Dabei wusste ich damals noch gar nicht, was Freeskiing ist und dass es noch andere Leute gab, die etwas Ähnliches auf Skiern machten. Und wann bist du dann mit Freeskiing in Berührung gekommen? Das war, nachdem ich mir Snowblades gekauft hatte. Ich mochte die, weil sie quasi Rollerblades für den Schnee waren. Ich bin darauf nicht stolz, und wenn ich daran zurückdenke, war es auch nicht so toll. Sie waren so kurz, dass man dauernd im Schnee stecken blieb und kaum Speed bekam. Aber eine Zeit lang hat es Spaß gemacht, obwohl ich damit nicht in die kleine Halfpipe durfte, die es an unserem Berg gab. Danach bekam ich meine ersten richtigen Twintips und ich entdeckte das Internet. Mir wurde klar, welch verrückte Tricks die Leute auf Skiern machten, und ich lernte andere tschechische Freeskier kennen. Das Lustige ist, dass mein erster Twintip ein Candide Pro Model war und jetzt fahre ich wieder auf einem Candide Pro Model von Faction. Ich kann mich erinnern, dass ich damals ein Video von Pep Fujas sah, wie er einen


Foto: Tero Repo

Spot: Verbier, Schweiz

360er mit einem Critical Grab machte. Den Trick wollte ich dann unbedingt lernen, denn die anderen Freeskier rotierten für meinen Geschmack zu viel. Daneben hatte ich damals aber kaum Einflüsse von außen. Ich versuchte einfach das, was mir so in den Sinn kam. Wann war dir klar, dass du Pro werden und die ganze Zeit Ski fahren konntest? Das ist schwer zu sagen. Vor vielleicht drei Jahren dachte ich, dass ich gut genug sein könnte, aber ich glaubte nicht wirklich daran, denn für uns Tschechen ist es sehr schwer bekannt zu werden, weil wir so viel reisen müssen. Wir haben nur kleine Skigebiete, und obwohl die Parks eigentlich ganz gut sind, fehlt ihnen einfach die Größe. Als ich dann allerdings Speedin, das ich mit Martin Bernard gedreht hatte, auf Newschoolers.com hochlud, war ich überrascht, wie populär das Video wurde. Wir hatten in einem sehr kleinen Park mit kleinen Features an einem unbekannten Berg gedreht, trotzdem mochten es viele Leute, was mich wirklich begeisterte. Wir machten also in den nächsten zwei Wintern mehr solcher Videos, die unter andem auch auf Downdays.eu gepostet wurden, und schließlich erkannten mich sogar ein paar Leute beim Skifahren. Da wurde mir klar, dass die Leute an dem, was ich machte, tatsächlich interessiert waren. Das war quasi der Wendepunkt. Es war aber trotzdem nicht leicht weiter zu kommen, denn dazu musste ich in größere Skigebiete reisen und dafür brauchte ich Geld. Vorerst gab mir aber niemand Geld fürs Skifahren. Ich musste mir also Geld leihen.

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Interview

Meine Freunde halfen mir sehr und es würde mich nicht wundern, wenn ich noch jemandem etwas schulde. Martin hat mir auch sehr geholfen. Dann bekam ich erstmals Geld fürs Skifahren von Faction – nicht dass es besonders viel gewesen wäre – und gab alles direkt an Martin weiter, um meine Schulden zu begleichen. Im Prinzip war diese ganze Zeit eine Investition in meine Karriere, was nicht ohne Risiko war und mich lange auf Sparflamme leben ließ. Wie sieht die Freeski-Szene in Tschechien heute aus? Die Szene ist immer noch sehr klein. Das tschechische Nationalteam versucht mehr Nachwuchs zu bekommen und so gibt es eine Art Nachwuchsakademie, wo die Kids wirklich etwas lernen könnten, aber anscheinend gibt es nicht so viele motivierte Kids. Es gibt einen Jungen, der recht vielversprechend ist, aber er ist noch zu jung, um schon viel sagen zu können. Es ist jedoch nicht leicht international zu bestehen, wenn es in Tschechien keine großen Parks gibt und anderswo 12-Jährige schon Triples springen. Man muss also unbedingt ins Ausland gehen, wenn man weiterkommen will. Du musst dich mit den Besten messen können, um all diese verrückten Tricks zu lernen. In Tschechien fahren die meisten nur zum Spaß und kaum jemand macht harte Tricks. Wenn man bei uns einen Double Cork 1080 springt, findet das jeder schon krass, dabei ist heute ein Dub 10 nichts Besonderes mehr, es sei denn, man beherrscht ihn auf alle vier Arten. Die tschechischen

Kids müssen also möglichst viel reisen, wenn sie besser werden wollen. Was motiviert dich weiter zu machen? Das weiß ich auch nicht so genau. Ich habe es einfach in mir drin. Andere Fahrer zu sehen, die krass abgehen, motiviert mich ebenfalls sehr. Der Trickstandard ist heute unglaublich. Man kann unmöglich alles beherrschen, doch das treibt mich an. Es macht Spaß, wenn man sein Ding entdeckt hat und sich dort immer weiter verbessert. Außerdem gibt es so viele Einflüsse von coolen Crews wie The Bunch oder Keesh, die einen inspirieren. Ich schaue unglaublich gerne Jossi Wells zu – er ist wahrscheinlich mein Lieblingsskifahrer – und dann gibt es da Khai Krepela, der super heftige Rail-Tricks drauf hat. Außerdem gefällt mir, was Parker White und Chris Logan im Backcountry machen, und natürlich Sean Pettit. Nicht zu vergessen Antti Ollila. Sie alle und noch einige andere motivieren mich, auf meinem eigenen Weg weiterzugehen. Irgendwelche abschließenden Worte? Ich möchte allen danken, die mein Skifahren mögen, das bedeutet mir wirklich viel. Ich hätte nie gedacht, dass so vielen Leuten gefällt, was ich mache. Außerdem möchte ich dem Excelent Soldiers Event in Destne danken, denn er bringt einige der besten Freeskier weltweit in ein echt kleines Skigebiet in Tschechien; ich bin stolz darauf ein Teil davon zu sein. Und ein riesiges Danke an Jürgen von der Freeski Crew, der mich einen Monat lang bei sich in Innsbruck hat wohnen lassen.


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Foto: Reuben Krabbe

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Fahrer: Mark Abma

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Spot: Tordrillo Mountains/AK, USA


Foto: Guy Fattal

Fahrer: Flo Gรถller

Spot: Whistler Backcountry/BC, Kanada

NR. 8 25

01 / 2017 Januar


Foto: Oskar Enander

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Fahrer: Pep Fujas

Gallery

Spot: Engelberg, Schweiz


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Januar


Foto: Christian Pondella

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Fahrer: Eric Pollard

Gallery

Spot: Stellar Heliskiing/BC, Kanada


Foto: Stephan Sutton

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Fahrer: Christian Strรถmberg

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Spot: Espoo, Finnland


Foto: Ole Kliem

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Fahrer: Evan McEachran

Gallery

Spot: European Freeski Open/Laax, Schweiz


Foto: Marius Schwager

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Fahrer: Jan Berger

Januar

Spot: Hochjoch, Ă–sterreich


Foto: David Malacrida

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Fahrer: Jules Bonnaire

Gallery

Spot: Les Arcs, Frankreich


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Januar


Foto: Mattias Fredriksson

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Gallery

Fahrer: Johan Jonsson

Spot: Engelberg, Schweiz


Foto: Jeremy Bernard

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Fahrer: Loic Collomb-Patton

Januar

Spot: Haines/AK, USA



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Das SAR System

40 Jahre nach der Firmengründung bringt der Spezialist für Such- und Rettungstechnologie aus Schweden, Recco, ein neues revolutionäres Sicherheitssystem auf die Berge und in die Wildnis der Welt. Text: Simon Kegler Reccos Anfänge liegen in einem tragischen Ereignis. Der Gründer und Erfinder Magnus Granhed fuhr 1973 in Åre Ski, als eine Lawine am Svartberget losbrach und eine große Suchaktion auslöste. Nach stundenlangem Sondieren fanden die Rettungskräfte zwei tote Körper. Magnus suchte daraufhin nach einer effektiveren Methode Verschüttete zu suchen, und nach jahrelanger Forschung und Entwicklung war der erste Reflektor mit zugehörigem Detektor fertig. Recco Reflektoren sind passive Transponder, die aus zwei mit einer Diode verbundenen Antennen bestehen. So entsteht ein Schaltkreis, der eine bestimmte Frequenz reflektiert. Sobald das gerichtete Signal des Detektors den Reflektor trifft, wirft er es zurück und erzeugt ein Signal doppelter Frequenz. Dieses Prinzip der Signalreflektion wird als harmonisches Radar bezeichnet. Es erlaubt ein Signal aus bis zu 200 m Entfernung zu

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Hintergrund

orten, wenn der Reflektor nicht abgeschirmt an der Luft ist. Im Schnee einer Lawinensituation bleiben davon etwa 20 m übrig, immer noch ein riesiger Vorteil gegenüber Sonden bei der Suche. Das System ist bei über 850 professionellen Rettungsorganisationen weltweit Standard, da Verschüttete mit ihm auf großen Flächen schnell und zuverlässig geortet werden können, solange sie einen Reflektor tragen. Inzwischen integrieren über 200 Hersteller die Reflektoren in ihrer Outdoor-Ausrüstung, was es mit Abstand zum weitest verbreiteten Lawinenrettungssystem weltweit macht. Von vielen Verbrauchern wird das gar nicht wahrgenommen, da die Reflektoren sehr klein, leicht und unauffällig sind. „Die Chance Leben zu retten steigt dramatisch, wenn Verschüttete Recco Reflektoren in ihren Schuhen oder anderswo in ihrer Ausrüstung tragen“, sagt Bruno Jelk von der Bergrettung

Zermatt, eine der ersten Organisationen, die das System verwendeten. 2015 kündigte Recco sein neues SAR System an, das speziell für die Suche von Vermissten im Hochgebirge wie auch in Waldgebieten oder über Wasser ausgelegt ist. Der von einem Helikopter getragene Detektor der 2. Generation hat effektivere Antennen mit einer Suchstreifenbreite von 200 m. Laut Hersteller kann damit ein Gebiet von 1 km2 in 3-4 Minuten gescannt werden, ein großer Vorteil gegenüber bisherigen Methoden. Mit der Technologie kann auch nachts per Helikopter gesucht werden und Rettungsoperationen sind fast immer möglich. Bis Frühjahr 2017 sollen 15 SAR Detektoren im Einsatz sein – in der Schweiz und anderen Alpenregionen. Trotz der offensichtlichen Vorteile der Reflektoren ist es wichtig festzustellen, dass die passive Technologie keinesfalls das Wissen um die Lawinengefahr und das Mitführen der klassischen Lawinenausrüstung (LVS-Gerät, Schaufel und Sonde) zur Kameradenrettung ersetzt. Das System benötigt stets die speziellen Detektoren inklusive eines ausgebildeten Rettungsteams für die Suche. Nichtsdestotrotz stellt Recco eine zusätzliche Sicherheitsebene dar, auf die niemand verzichten sollte, der in unserer wunderschönen, aber potentiell auch gefährlichen Natur aktiv ist.


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Der Schweizer Freeskier Sämi Ortlieb ist mit dem Bleistift genauso talentiert wie auf Skiern. Wenn er nicht gerade mit Level 1 Productions oder Line Traveling Circus filmt, arbeitet Sämi als freier Grafikdesigner mit einem ganz eigenen, verrückten Stil. „Diese Collage ist das Produkt von ein paar Bier“, erklärt Sämi. „Es sind Zeichnungen, die wir auf den Rückseiten der Etiketten unserer Lieblingsbiere angefertigt haben. Eine Idee von Cat King Carl, ausgeführt für diese Seite von mir und Silvan Zweifel.“

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Creative


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Sämi Ortlieb


Arianna Tricomi Von Telemark und Alpinrennen bis Slopestyle und Freeride hat Arianna Tricomi alle Spielarten ausprobiert — und mit einem ersten und einem dritten Platz in ihrer ersten FWT-Saison ihren Platz nun wohl gefunden. Interview: Mark von Roy

Foto: Klaus Polzer

Spot: Arlberg, Österreich

Wie bist du zum Freeriden gekommen? Meine Mutter hat mich zum Freeriden gebracht und ich bin ihr sehr dankbar dafür. Anfangs ging ich immer mit Telemark-Skiern zum Freeriden. Immer wenn es Neuschnee gab, habe ich das Alpin-Training geschwänzt und bin in den Bäumen verschwunden. Ich glaube, ich habe das Freeriden einfach im Blut. Wie ist die Stimmung auf der FWT? Die Stimmung ist sehr gut und entspannt. Als ich letztes Jahr zum ersten Mal dabei war, hat es mich positiv überrascht. Es gibt ganz unterschiedliche Typen, sodass man mit Seinesgleichen abhängen kann und bestimmt Spaß hat. Wie kam es, dass du in deiner RookieSaison gleich so erfolgreich warst? Ich denke, dass ich viel Spaß und keinerlei Erwartungen hatte, war der Schlüssel. Ich liebe Skifahren, jedes Mal wenn ich auf meinen Skiern stehe, habe ich ein Lachen im Gesicht, ganz gleich wie die Bedingungen sind. Ich mache es vor allem für mich und habe immer Spaß

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Vorgestellt

dabei, was bei den Wettkämpfen einen großen Unterschied macht. Wie würdest du deinen Zugang zum Skifahren beschreiben? Kreativ, ungezwungen und hoffentlich stilvoll. Ich arbeite viel an meinem Style, denn Style ist King. Surfen ist dabei eine große Inspiration für mich, außerdem meine Ski- und Snowboardfreunde. Ich möchte gerne mehr Freestyle ins Backcountry bringen und zeigen, dass Skifahren genauso stylisch sein kann wie Snowboarden. Was ist dein Background und wer oder was sind deine Einflüsse? Ich durfte in der großartigen Umgebung der Dolomiten aufwachsen mit allen Freiheiten und Möglichkeiten, die sich ein Teenager wünschen kann. Meine Eltern haben mich immer unterstützt, egal was ich machen wollte. Ich bin schon alleine um die Welt gereist und habe viele Erfahrungen gesammelt, so dass ich eine sehr glückliche und zufriedene Person bin.

Dein Rat an aufstrebende Freerider? Geht raus und habt Spaß am Ausprobieren! Hört auf eure innere Stimme, lasst den Tiefschnee liegen, wenn es gefährlich ist, und nehmt immer die komplette Sicherheitsausrüstung mit. Sicherheit ist am wichtigsten, denn am besten bleibt man safe und fährt Ski, bis man 80 ist.

Alter: 24 Heimat: Alta Badia, Italien und Innsbruck, Österreich Hausberge: Alta Badia und Tirol Hobbys: Skifahren, Telemark, Surfen, Biken, Wandern, die Welt entdecken Sponsoren: Scott Sports, Mons Royale, Alta Badia, Dalbello, Marker, Thule, Surftolive Resultate: 1. Platz FWT-Contest Fieberbrunn 2016 3. Platz FWT-Contest Alaska 2016 3. Platz FWT Overall 2016 FWT „Rookie of the Year“ 2016


Nikolai Schirmer Als professioneller Skifahrer und Filmemacher zur gleichen Zeit geht Nikolai Schirmer seinen eigenen Weg in der Skiwelt.

Alter: 25 Heimatstadt: Tromsø, Norwegen Winterwohnort: seit 2013 Chamonix, Frankreich Hausberg: Kroken, Norwegen Hobbys: Surfen, Literatur, Musik und Wissenschaft Sponsoren: Norrøna, Black Crows Resultate: Einige Podiumsplätze bei FWQ-Contests

Interview: Mark von Roy Bist du ein Skifahrer, der filmt, oder ein Filmemacher, der Ski fährt? Ich liebe es, aber Filmen war für mich immer eine Methode, um Skifahren zu gehen. Also wenn es um Leidenschaft geht, bin ich ein Skifahrer, der filmt, aber wenn ich auf mein Bankkonto blicke, ist es genau umgekehrt. Frustriert es dich manchmal, wenn du hinter der Linse stehst, dass du nicht selbst fahren kannst? Ja sicher, vor allem wenn die Bedingungen gut sind! Auf der anderen Seite ist die Art von Skifahren, die für viele Filmprojekte gefragt ist, aus Fahrersicht nicht besonders interessant. Ein Schwung hier, ein Schwung da… Filmen ist dann spannender. Auf was bist du besonders stolz? Dass ich in fünf Jahren Jura studiert habe, während ich jeden Winter beim Skifahren war und mich als Pro Freerider

Foto: Jeremy Bernard

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Spot: Courmayeur, Italien

etablieren konnte. Und natürlich dass ich letzten Winter einen Startplatz beim Linecatcher bekommen habe. Dein größtes Abenteuer? Meine drei Monate 2012 mit meinem Freund Lars in Alaska. Wir hatten keine Ahnung, worauf wir uns eingelassen hatten. Ich ging durch einige meiner tiefsten Tiefen und höchsten Höhen. Wie siehst du deine Rolle in der Skiindustrie? Ich habe bis heute eine Doppelrolle, in der ich Content gleichzeitig produziere und dafür Ski fahre. Es brauchte ein paar gute Resultate bei Contests und ein paar solide Edits für Brands, um als Skifahrer ernst genommen zu werden, doch da hatte ich meine Position schon gefunden. Und wie sehen deine Ziele als Skifahrer und als Filmemacher aus?

Mein Hauptziel diesen Winter ist, wieder nach Alaska zu kommen und ein paar Spines zu fahren. Wenn mir das zukünftig jedes Jahr gelingt, solange meine Knochen mitspielen, bin ich glücklich. Als Filmemacher will ich mitreißende Geschichten erzählen und so viel wie möglich in der Natur unterwegs sein.


Er ist einer der wenigen, die es von den harten Mattenabfahrten in England als Freeski Pro auf die echten Berge geschafft haben. Und das nicht etwa im Stile von „Eddie the Eagle“. Seine Errungenschaften sind substanziell, vielseitig und haben Bestand, also lasst uns eineinhalb Jahrzehnte zurückblicken, als seine Karriere begann, um zu sehen, wie er zur heutigen Persönlichkeit gereift ist.

Paddy Graham Text & Fotos: Pally Learmond

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Portrait


Erst im Jahre 1999 stand Paddy Graham erstmals auf Skiern – als Elfjähriger in einem dreitägigen Kurs im Mattenskigebiet von Sheffield. Diese ersten Tage hauten ihn nicht um, denn „eigentlich wollte ich den 20 Meter hohen Plastikhügel nur gerade hinunter fahren“, wie er sich bei einem Guinness erinnert. „Der Hang war viel zu kurz und ich wollte schneller fahren. Aber irgendwann habe ich doch gelernt, Schwünge zu machen, was auf Plastikmatten gar nicht so leicht ist.“

verschiedenen Sprüngen und Rails, und ich traf eine Menge neuer Freunde – das war wirklich toll!“ Auch hier machte Paddy schnell Fortschritte und so dämmerte es ihm, dass diese Skifahrerei vielleicht sein Ding war. „Selbst mitten im Sommer wollte ich nichts anderes tun als Ski zu fahren.“ Doch genau in den englischen Mattenskigebieten war dies möglich! Ein Jahr nachdem er mit Skifahren begonnen hatte, organisierte seine Schule einen

Ein vorbildlicher Kangaroo Flip auf einem perfekten Kicker in Zürs am Alberg 2015. (oben) 2014 fand Paddy bei Filmaufnahmen mit Legs of Steel Traumbedingungen in Revelstoke. (unten)

Nachdem er in Rekordzeit die Grundlagen erlernt hatte, bemerkte er einige Skifahrer und Snowboarder, die auf den größeren Hügeln Sprünge praktizierten, und wollte sofort mit ihnen fahren. „Zum Glück war Sheffield einer der wenigen Orte in England damals, wo man Freestyle machen konnte. Es war wirklich großartig, wenn ich so zurückdenke. Es gab einen brandneuen SnowFlex Funpark mit einer Halfpipe,

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Paddy Graham

Skitrip an die amerikanische Ostküste, und Paddy nutzte die Chance erstmals auf echtem Schnee zu gleiten. „Plötzlich war alles so viel leichter! Die Reibung war viel geringer und ermöglichte mehr

Speed, gleichzeitig konnte man aber wirklich seine Kanten benutzen und schwingen.“ Diese Zeit in den verschneiten Bergen war ein echtes Erweckungserlebnis für ihn. „Alles fühlte sich viel echter an“, erinnert er sich. Paddy verbesserte sich nun unglaublich schnell, und nachdem er bereits mit 14 ein Sponsoring von Line Skis erhielt, bekam er bald darauf die Chance, seine erste Saison im Schnee zu verbringen: „Ich war 16 und völlig überraschend stimmten meine Schule und meine Eltern zu. Sie meinten, sollte es nicht klappen, könne ich immer noch auf die Schule zurückgehen.“ Natürlich kam es nie dazu. Von da an richtete sich Paddy im Freeski-Lifestyle ein, bewies sich jedoch weiterhin auf englischen Contests wie der Artificial Indoor Mountain Serie. Ein alter Artikel von 2004 gibt einen Einblick in diese Anfänge: „Die beiden Fahrer aus Sheffield, Paddy Graham und Mark Elliot, zeigten beide tollen Style in ihren Slopestyle Runs, jedoch hatte Elliot die technischeren Tricks mit einem Double Shifty 180 und einem Fakie Rail Slide und gewann deshalb vor Graham.“ Von einem Double Shifty 180 geschlagen zu werden, spricht für sich, doch Paddy gewann immerhin den Big Air mit einem Cork 540. 2004 war jedoch das Jahr, als die Dinge wirklich ins Rollen kamen. „Ich erinnere mich, wie ich eine Woche mit Jamie ‚Pikey‘ Cameron, einer britischen Skilegende, in seinem umgebauten Pferdetransporter in Tignes verbrachte, und du warst in einem Land Rover nebenan“, kichert Paddy. „Dieser Skibum-Lifestyle hat mich wohl beeindruckt, denn ab da habe ich eine Saison an die nächste gehängt.“ Laax im Winter und Neuseeland im europäischen Sommer wurden die nächsten Jahre zu seiner zweiten Heimat. „Laax war und ist einfach großartig. Jeden Tag in einem Weltklasse-Park fahren zu können, hat mich unheimlich weiter gebracht. Damals liebte ich es, die Pipe dort zu shredden.“ Paddy fuhr eine Zeit lang die europäischen Contests und hatte auch ansprechende Resultate, aber er fühlte sich dabei nie richtig wohl. Mit seinem Talent und dem richtigen Auftreten überzeugte er jedoch die richtigen Leute und ab 2006 hatte er ein Sponsoring von Völkl, das bis heute besteht. „Es mag kitschig klingen, aber Völkl war wie eine Familie für mich. Sie ermöglichte mir ein

„Bei Contests kann man nicht immer gewinnen, aber wenn man zurückblickt, welche Filmaufnahmen einem gelungen sind, dann ist das viel mehr wert als ein Platz auf dem Podium.“


Freeskier im wahrsten Wortsinn zu werden. Ich wurde nie in Schubladen mit der Aufschrift ‚Park‘ oder ‚Backcountry‘ gesteckt, sondern konnte tun, wonach mir der Sinn stand.“ So wurde Paddy zu einem echten Allrounder. Er entfernte sich von der Wettkampfszene und im Winter 2009 wurde er süchtig nach Powder. „Es waren britische Fahrer wie Jamie Cameron oder Dave Young, die mir das Backcountry zeigten. Jamie war dafür bekannt, riesige Cliffs zu springen, und Dave hatte stylische 180s drauf – irgendwie bin ich zwischen diesen Polen gelandet. Ich liebe es im Powder zu surfen und Tricks von Klippen zu springen, und diese beiden Jungs haben mich darauf gebracht.“ Nachdem er einige Jahre zwischen den Alpen und England hin und her gependelt war, nahm Paddy schließlich die Einladung seiner Skikollegen Bene Mayr, Thomas Hlawitschka sowie Tobi Reindl an und bezog mit ihnen zusammen ein Haus in Innsbruck. So entstanden die Legs of Steel. „Das war bisher die beste Zeit in meiner Skikarriere. Bei Contests kann man nicht immer gewinnen, aber wenn man zurückblickt, welche Filmaufnahmen einem gelungen sind, dann ist das viel mehr wert als ein Platz auf dem Podium.“ LOS hat in nur

Letzten Winter war Paddy für einen zweiwöchigen Tourentrip mit Sven Kueenle auf den Lofoten.

wenigen Jahren viel erreicht und sich einen respektablen Platz in der SkifilmIndustrie erarbeitet. „Es ist schon lustig, wir haben ganz klein angefangen und plötzlich filmten wir mit Heli und den besten Kameras… unglaublich! Ich bin wirklich stolz auf das, was wir erreicht haben, und die verschiedenen IF3 und Powder Awards, die wir mit unseren Projekten gewinnen konnten, sind eine tolle Bestätigung.“

Wie „Eddie the Eagle“ vor ihm darf sich Paddy Graham inzwischen Filmproduzent nennen. Doch selbst wenn er fast 30 ist, hat er immer noch die gleiche Leidenschaft fürs Skifahren. Vom Drehen preisgekrönter Skifilme und dem Designen funktioneller Skibekleidung bis zum Shredden kanadischer Pillow Lines und einem gelegentlichen Double Cork ist seine erstaunliche Karriere mehr denn je in voller Fahrt. Und ist es nicht schön zu wissen, dass dies einem kleinen Jungen aus Sheffield gelingen konnte?

Paddy zauberte 2013 diesen großartigen Cork 720 Tail in den Schnee von Davos.

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Geboren: am 15. Januar 1988 in Sheffield, England Wohnort: Innsbruck, Österreich Hobbys: Wandern, Reisen, Biken, Klettern, Freunde Highlights: 2016: Squawk Lofoten - Legs of Steel 2015: Passenger - Legs of Steel 2014: #skigoodmoneywillcome - Legs of Steel 2013: The Legs of Steel - Legs of Steel 2013: Teil des Siegerteams beim Skiers Cup 2012: WE - Poor Boyz Productions 2012: Hurt So Good - Legs of Steel 2011: Nothing Else Matters - Legs of Steel 2010: The Pilot - Legs of Steel 2010: Best Trick @ Red Bull Line Catcher 2010: 2. Platz London Ride Big Air 2007: 2. Platz Austrian Open Slopestyle Sponsoren: Völkl, Marker, Dalbello, O’Neill, Red Bull, Oakley, Leki, Mons Royale


NORDKETTE FREERIDE The Hafelekar Run is one of the steepest ski runs in Europe. With an incline of 70 %, only the best can ride Innsbrucks ”Little Alaska“. Be one of them.

NORDKETTE.COM


Jérémie Heitz’ La Liste Portrait: Klaus Polzer

Text: Jérémie Heitz

Linie, Geschwindigkeit, Kontrolle. Diese drei Begriffe kennzeichnen Jérémie Heitz als Skifahrer. Da es gleichzeitig Wertungskategorien bei Freeride-Contests sind, überrascht es nicht, dass der Schweizer aus dem kleinen Örtchen Les Marécottes – in den Walliser Alpen nicht weit von Chamonix gelegen – schon mehrmals nahe daran war, die Gesamtwertung der Freeride World Tour zu gewinnen. Im letzten Winter ging er jedoch einen Schritt weiter. Für sein Projekt La Liste, das er bereits im Jahr davor begonnen hatte, interpretierte er das klassische Steilwandskifahren neu. Der 27-Jährige befuhr eine Reihe massiver, bis zu 55° steiler Eiswände, die er nach historischen und ästhetischen Gesichtspunkten ausgewählt hatte – Jérémies Liste –, mit unglaublicher Dynamik und Geschwindigkeit. Es war ein Schritt in eine neue Dimension. Dass er am Ende knapp daran scheiterte alle 15 Wände der Liste abzuhaken, ist genauso zweitrangig wie die Auswahl seiner Ziele. Was bleibt ist eine unglaubliche Leistung und eine neue Perspektive, die Jérémie auf diese altbekannte Disziplin eröffnet hat. Sie vereint Berg und Skifahren auf harmonische Weise und rückt beides in den Mittelpunkt. Mit höchst attraktiven und authentischen Bildern von den Abfahrten wie auch von den Protagonisten ist La Liste der Skifilm, den man diese Saison gesehen haben muss. Die besten Fotos gibt es auf den folgenden Seiten und dazu ein paar Gedanken von Jérémie Heitz höchstpersönlich. 50

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vorhergehende Doppelseite (Foto: Dom Daher)

Lyskamm Nordnordostwand Gipfel: 4.527 m Lage: 45° 55' 21" N, 7° 50' 9" E Wandhöhe: 700 m Steilheit: durchgehend 50°, stellenweise bis 55° Erstbefahrung: Heini Holzer 1974

Der Lyskamm, direkt neben dem Monte Rosa gelegen, hat eine breite und fantastische Nordwand. Eine Wand, die mich sofort gefesselt, mir aber auch Geduld beigebracht hat. Der Schnee hält hier erst sehr spät im Jahr auf dem Eis, meist gegen Ende Juni oder Anfang Juli. Unsere Abfahrt fand nicht bei idealen Bedingungen statt. Wir mussten am Gipfel eine Weile warten, bis der Schnee aufgeweicht genug war. Vom Gipfel konnten wir nur die ersten 100 Meter sehen, dann rollt der Hang mit zunehmender Steilheit weg. Als ich losfuhr, war der Schnee oben noch hart, doch je tiefer ich kam, umso besser wurden die Bedingungen. Als ich die Engstelle neben dem großen Serac passiert hatte, öffnete sich ein riesiger Hang. Ich bin froh, dass ich diese unglaubliche Erfahrung mit Luca Rolli teilen konnte.

La Liste Produktion: Timeline Missions Fahrer: Jérémie Heitz, Samuel Anthamatten, Luca Rolli Regie: Guido Perrini Konzept: Jérémie Heitz Länge: 47 Minuten La Liste kann man komplett und kostenlos auf www.laliste-film.com ansehen.

gegenüberliegende Seite (Foto: Tero Repo)

Lenzspitze Nordostwand Gipfel: 4.294 m Lage: 46° 6' 16" N, 7° 52' 7" E Wandhöhe: 500 m Steilheit: durchgehend 50° Erstbefahrung: Heini Holzer 1972

Die Nordostwand der Lenzspitze ist eine perfekte Eiswand, nahezu gleichmäßig von oben bis unten. Ich unternahm diese Abfahrt zusammen mit Samuel Anthamatten. Die Bedingungen in der Wand waren so perfekt, dass wir uns entschieden gemeinsam in die Wand einzufahren. Es war quasi ein Party Shred ! Der Hang ist gleich vom Start weg steil und unglaublich beeindruckend, dazu kommt die exponierte Lage hoch oberhalb von Saas-Fee. Einmal mehr hatten wir enormes Glück, dass wir diese Wand für unser Projekt in den genau richtigen Bedingungen antrafen und die Abfahrt total genießen konnten.

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gegenüberliegende Seite (Foto: Tero Repo)

Hohbärghorn Nordostwand Gipfel: 4.219 m Lage: 46° 6' 45" N, 7° 51' 15" E Wandhöhe: 300 m Steilheit: durchgehend 50°, stellenweise bis 55° Erstbefahrung: unbekannt

Das Hohbärghorn war die erste Abfahrt, die ich auf meiner Liste abhaken konnte. Davor war ich schon ähnliche Linien gefahren, zum Beispiel an der Aiguille de l’Amône, die aber keine 4.000 m misst und deshalb nicht auf der Liste stand. Bei der l’Amône hatten wir perfekte Bedingungen vorgefunden, was mir die Sicherheit gab, dass ich solche Abfahrten auf meine Art überhaupt durchziehen konnte. Die Unternehmung am Hohbärghorn war ein fantastischer Tag, den ich gemeinsam mit Sam Anthamatten verbrachte. Ich kletterte zum Hohbärghorn, während Sam zum Stecknadelhorn ging. Er startete zuerst und wartete auf mich unten am Gletscher. Über Funk sagte er mir, dass die Bedingungen großartig seien. Ich fuhr darauf meine Linie, wie ich es mir immer vorgestellt hatte. Es war der perfekte Anfang.

Jérémie Heitz Geburtstag: 28. September 1989 Heimat: Les Marécottes, Schweiz Hausberg: Les Marécottes und allgemein die Walliser Alpen Hobbys: Drachenfliegen, Mountainbiken, Fitness Resultate: 4. Platz FWT Overall 2013 3. Platz FWT Overall 2014 2. Platz FWT Overall 2015 7 Podiumsplätze bei FWT-Contests von 2013 bis 2016 Sponsoren: Mammut, Scott, Red Bull, Les Marécottes, Pomoca, Petzl, Salomon, Look Montagne, Fitness Vitamine folgende Doppelseite (Foto: Tero Repo)

Obergabelhorn Nordwand Gipfel: 4.063 m Lage: 46° 2' 19" N, 7° 40' 5" E Wandhöhe: 350 m Steilheit: durchgehend 55° Erstbefahrung: Martin Burtscher & Kurt Jeschke 1977

Das Obergabelhorn ist ein unglaublicher Berg. Diese Abfahrt war für mich auf jeden Fall eine der beeindruckendsten Erfahrungen. Ich kletterte die Nordwand alleine hinauf und die Bedingungen waren nur in der Hälfte der Wand gut. Ich musste einen Weg für die Abfahrt ohne Eis finden und nach einigem Suchen gelang mir das schließlich. Am Gipfel des Obergabelhorns zu stehen ist einmalig. Man ist umringt von Zinalrothorn, Dent Blanche und Matterhorn. Für unser Projekt war das Obergabelhorn eine der schwierigsten Etappen, denn die Nordwand ist nur selten in guten Verhältnissen. Am Ende konnte ich diese Abfahrt jedoch auch abhaken und wir hatten das Ziel von La Liste – im Prinzip – erreicht.

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Henrik Harlaut

Foto: David Malacrida

Interview: Ethan Stone

BE Inspired: Das Interview


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Foto: Dan Villaire

Schon seit dem Beginn von Inspired Media Concepts 2010 mit Iberg verbandelt, haben B&E mit ihm jetzt ihr ambitioniertestes Projekt verwirklicht: Der Film BE Inspired legt seinen Fokus nur auf Henrik Harlaut und Phil Casabon. Vollgepackt mit unglaublicher Action aus zwei Jahren stellt er den bisherigen HĂśhepunkt im Schaffen von Eric Iberg als Filmemacher dar. Das Ergebnis dĂźrfte Freestyle auf Jahre hinaus beeinflussen.

Phil Casabon


Phil Casabon

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Foto: Chris O’Connell

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Spot: Sapporo, Japan


Wieso habt ihr entschieden, an einem zweijährigen Projekt zu arbeiten? Eric Iberg: Wir waren zwei Monate in Nordamerika auf einer Filmtour unterwegs und haben Pläne geschmiedet. Phil und Henrik wollten einen Film machen, bei dem ich Regie führen sollte. Ich sagte: „Super, freut mich!“ und stellte klar, dass es mein letzter Film nach 18 Jahren im Business werden würde. Also wollten wir alle zum Abschluss einen echt guten Film machen. Henrik Harlaut: Wir saßen jeden Tag drei, manchmal sogar bis zu acht Stunden im Auto und hatten viel Zeit. So entstanden viele Ideen. Uns wurde klar, dass es im Skifahren wieder einmal etwas Besonderes brauchte. Iberg ist ein guter Freund und Partner, also lag es auf der Hand, das zusammen anzugehen. Wir haben seine Filme in der Vergangenheit immer bewundert, er ist meiner Meinung nach der beste Filmemacher in der Skiindustrie. Es war uns eine Ehre, mit ihm arbeiten zu können.

Das habe ich bei vielen Filmen in den letzten Jahren vermisst. Als ich klein war, habe ich mir jeden Skifilm auf VHS so lange angeschaut, bis das Band hinüber war. Das passierte in den letzten Jahren kaum noch, und nicht etwa weil es keine Videorekorder mehr gibt. Ich wollte etwas machen, womit sich die Leute identifizieren können – spektakuläre Tricks, aber mit unserem ganz eigenen Style. Etwas, das man sich immer wieder anschauen will… vor, zwischen und nach dem Skifahren! Phil: Wir wollten auf die Leute zugehen. Wir haben extra ein Park-Segment ohne besondere Obstacles gemacht, einfach nur den Mammoth Park am Anfang der Saison. Ich glaube, das gefällt vielen Leuten, weil sie einen Bezug dazu haben. Wenn sie keinen Bezug dazu haben, berührt es die Leute auch nicht. Wenn du einen Trick auf einer Tube siehst, die jeder fahren kann, dann denkst du vielleicht am nächsten Tag: „Yo, das probiere ich heute auch!“ Das ist unser Ziel.

Dabei sind Phil und Henrik meiner Meinung nach besser als jeder andere. Sie haben ihren eigenen Zugang. Sie suchen nicht diese sterilen Situationen, die nicht mehr echt wirken, aber die man heute in fast allen anderen Filmen andauernd sieht. Wer hat schon einen Bezug zu Parks, deren Bau 80.000 Dollar kostet und in denen niemand fährt? Wer hat einen Bezug zu Alaska? Wer kann damit etwas anfangen? Das hat mich damals nicht zum Filmemachen gebracht. Es war ein großer Spaß, wieder zu den Ursprüngen zurückzukehren. Die Musik spielt in dem, was ihr macht, offensichtlich eine große Rolle.Warum ist sie euch so wichtig? Henrik: Die Musik kann viel verändern, denn sie schafft die Atmosphäre für ein ganzes Segment. Wenn man originell sein will, dann darf man nicht mit einer vorgefestigten Sichtweise anfangen. Als ich klein war, hatten wir noch nicht überall Internet und ich hörte

„Diese Jungs wissen anzupacken, sie sind motiviert und entschlossen, und sobald sie über etwas sprechen, sind sie auch bereit es umzusetzen.“ Iberg, warum ist das dein letzter Film? Eric: Ich bin an einem Punkt angelangt, wo ich mich frage, was ich noch tun kann. Ich habe in Bezug auf Skifilme alle meine Ziele erreicht. Es macht mich besonders stolz, dass ich mit den Three Phils gearbeitet habe, die später Pléhouse gründeten, dann Tanner zu sehen, der nach seinem Film mit mir ebenfalls seine eigenen Projekte verwirklicht hat. Was Eric Pollard und Nimbus Independent erreichten, nachdem wir Idea zusammen gemacht hatten. Wenn ich zurückblicke, gibt es nicht viel, was ich nicht schon gemacht hatte. An Idea und Education of Style waren jeweils drei Fahrer beteiligt. Ich hatte noch nie nur mit zwei Fahrern gearbeitet und ich hatte noch kein Zwei-Jahres-Projekt versucht. Beides sind große Herausforderungen, aber es passt zusammen. Schwierig ist es nur, wenn sich jemand verletzt. Es ist mein letzter Skifilm, weil ich in der Skiwelt alles gemacht habe. Ich bin zufrieden und will einen guten Abgang haben. Ich glaube, dieser Film erlaubt mir das. Was waren am Anfang des Projekts eure Vorstellungen und Ziele? Henrik: Ich wollte vor allem einen Skifilm machen, den man sich gerne anschaut, und zwar nicht nur einmal.

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Wir wollen die Leute dazu bringen, rauszugehen, es selbst zu versuchen und dabei besser zu werden. Eric: Der Film ohne Credits ist 22 Minuten lang, das ist wichtig. Wir wollten diese Konzentration haben – kurz, aber intensiv – und es durfte keinesfalls langweilig werden. Man schaut sich Filme an, die eine Stunde dauern, und sie sind so lang, weil alle Fahrer der Sponsoren untergebracht werden müssen. Plötzlich hat man dreißig Fahrer im Film, und Produkt-Shots müssen auch noch drin sein. Da bleibt nicht nur der künstlerische Anspruch auf der Strecke. Mein Ziel war es, mit diesen Jungs etwas zu schaffen, das sich die Kids anschauen wollen. Ich glaube, Henrik und Phil haben gezeigt, wie vielseitig sie in Freestyle und überhaupt im Skifahren sind. Alles, was sie in diesem Film machen, könnte eigentlich jeder machen. Es gab keine Helikopter, sie haben auf Couchen geschlafen oder sogar gecampt. Es ist wie Idea, nur eben in Freestyle. Man sieht sie in zerfahrenen Hängen landen – es gibt eine Aufnahme, in der Henrik switch landet und dann durch eine SkidooSpur fährt. Wenn man es sieht, denkt man, das hätte sein Knie ruinieren können! Es ging uns nicht um perfekte Landungen, sondern darum Spaß zu haben.

nicht viel Musik im Radio. Die Musik meiner Lieblingsskifilme war so etwas wie der Soundtrack meines Lebens. Heute ist Musik immer und überall zugänglich, umso wichtiger ist es, einen unverbrauchten Soundtrack zu haben, bei dem man nicht schon andere Bilder im Kopf hat, wenn man den Film sieht. Phil: Wie bei Henrik stammte auch bei mir der Soundtrack zum Leben aus Skifilmen, die ich immer geschaut habe. Alles, was ich heute höre, lässt sich im Prinzip auf Skifilme zurückführen. Das den Kids heute zu geben, macht einfach Spaß. Die Künstler von unserem Soundtrack haben schon unglaublich viel Musik gemacht, man kann also leicht in ihre Welt einsteigen. Aus Sicht des Filmers ist es darüber hinaus toll, wenn man einen mitreißenden Song hat. Da fühlt man schon beim Schneiden den richtigen Vibe. Wenn man den nicht hat, wenn das Schneiden keinen Spaß macht und man die Musik nicht mag, dann wird man das im Ergebnis sehen können. Aber wenn die Musik einen mitreißt, dann kann das auch der Edit. Iberg, wie ist es, neben einem Film auch noch einen Soundtrack zu produzieren? Iberg: Das ist cool. Ich habe schon ein paar Soundtracks gemacht, für Idea,


Like A Lion, Retallack, Let It Flow und einige Inspired TV Shows, als wir die noch hatten. Der aktuelle ist allerdings einzigartig, denn ich konnte mit einem Typen namens Walshy Fire von der Gruppe Major Lazer arbeiten, die im letzten Sommer mit dem Song Lean On durch die Decke gegangen sind. Sie haben als Erste über eine Milliarde Views auf Youtube bekommen und in vielen Ländern mehrfach Platin für den Song abgeräumt. Ich kenne Walshy Fire noch aus seiner Dancehall-Zeit, als er bei der Gruppe Black Chiney war. 2009 machte er ein Mixtape für Cali P. Letzten Februar haben wir uns zufällig wiedergetroffen. Im April sagte ich dann, „hey, ich kenne da zwei großartige Skifahrer, willst du nicht ihren Soundtrack produzieren?“ Es war lustig, denn das war genau vor seinem großen Durchbruch, und so habe ich diesen hautnah miterleben können. Für den Soundtrack wollte ich gezielt Reggae-DancehallArtisten auswählen und mit Hip-HopKünstlern zusammenbringen. Dafür habe ich mit Walshy Fire Tausende Beats angehört und wir suchten für jedes Segment den passenden aus. Danach wählten wir die Rapper und MCs, wobei wir vor allem nach der Stimme gingen. Der Prozess dauerte für jedes Stück ganz schön lange, aber es hat sich gelohnt. Ich konnte mit einigen meiner Lieblingskünstler tolle Songs einspielen, und das alles für einen Skifilm. Es war verrückt und für mich persönlich die beste Erfahrung an diesem Film.

Phil: Im ersten Jahr, als Henrik und ich unabhängig gefilmt haben, arbeitete ich daheim in Québec mit Vince RC, mit dem ich Keynote Skier gedreht hatte. Außerdem war da Emil Granöö, mit dem Henrik und ich seit 2012 filmen. Henrik: Für mich ging es zäh los. Im ersten Jahr habe ich nicht annähernd das gefilmt, was ich sonst schaffe – filmerisch war das einer meiner schlechtesten Winter. Aber ich habe daraus meine Schlüsse gezogen. Phil hatte ein gutes erstes Jahr und ich sah, welches Level er erreicht hatte. Das motivierte mich, im zweiten Jahr meine ganze Energie ins Filmen zu stecken. Contests sind dabei einfach. Man fährt hin und weiß, wenn man dran ist, muss man nur seinen besten Run zeigen. Doch der ganze Rest des Jahres drehte sich um diesen einen Film. Wir haben nicht mal einen Edit zwischendrin herausgebracht. Alles ging zu 100% in unseren Movie. War es nicht seltsam, zwei Jahre quasi von der Bildfläche zu verschwinden? Phil: Und wie! Manchmal wollte ich unbedingt etwas rausbringen, insbesondere als ich im zweiten Jahr verletzt war und sich die Aufnahmen vom Vorjahr schon so alt anfühlten. Ich habe mein Footage wahrscheinlich zwanzig Mal geschnitten und alles schien mir irgendwie unbedeutend. Dieser Aspekt ist echt hart. Im Nachhinein würde ich es vorziehen, Material schneller zu veröffentlichen. Aber alles zu seiner Zeit. Ich bin definitiv glücklich damit, wie es letzlich

Henrik: Ich mochte es eigentlich Material zurückzuhalten, denn das steigerte meine Motivation. Als ich zu Contests fuhr, wollte ich dort besonders gut sein, damit die Leute sahen „verdammt, der ist auf dem richtigen Weg!“ Ich wollte bei den X Games und beim B&E Invitational zeigen, dass ich besser Ski fahre als jemals zuvor: „Es gibt einen Grund, warum ihr nichts von mir seht!“ Ihr arbeitet alle schon lange zusammen. Wie habt ihr zueinander gefunden und warum bleibt ihr beieinander? Eric: Henrik hat mir als Kind – so um 2003 – gemailt und gefragt, ob er in meinen Filmen mitfahren könne. Das war über Hotmail, richtig? Wir blieben in Verbindung, haben uns dann irgendwann getroffen und Henrik zu Armada gebracht, aber erst ein Jahrzehnt nach der ersten Mail zusammen gefilmt. Dinge passieren im Leben, wenn sie reif sind. Mit Phil war es fast dasselbe. Ihn habe ich zuerst bei den Orage Masters getroffen, als er noch ein Kid war. Aber er war der Einzige, der umsonst Armada Ski bekommen hat außer den ursprünglichen Firmengründern. Damals habe ich mich gefragt: „Wer ist dieser Junge, den JP da ausgegraben hat?“ Als wir dann durch Inspired endlich zusammenarbeiten konnten, war es ein Vergnügen. Dass wir nun sechs Jahre später dieses Projekt realisieren durften, machte es noch besser. Unsere Beziehung hat sich über 16 Jahre entwickelt, das ist einfach großartig und ein echtes Privileg.

„Es gibt einen Grund, warum wir immer wieder zusammenkommen. Wir haben sehr ähnliche Vorstellungen und Herangehensweisen im Leben.“ Wird es auch ein Album geben? Eric: Ja, es wird BE Inspired Original Motion Picture Soundtrack heißen. Es kommt auf Walshy Fires Label raus, das Walshy Fire Presents heißt und eine rein digitale Plattform ist. Es wird aber auch eine CD und Vinyl geben. Wie gestaltete sich das Filmen? War die Organisation schwer zwischen Verletzungen und all den Events? Iberg, stehst du eigentlich noch selbst hinter der Kamera? Eric: Ich filme selbst nicht mehr. Ich sitze nur noch am Computer, telefoniere und versuche Träume wahr werden zu lassen. Brady Perron war erster Kameramann und daneben gab es noch ein paar andere…

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abgelaufen ist. Aber es ist bestimmt leichter, mehr Clips zu veröffentlichen und damit sichtbar zu bleiben. Eric: Das ist natürlich, was jeder in der Skiindustrie will. Die Sponsoren der Jungs freuen sich gar nicht, wenn sie eine Zeit lang von der Bildfläche verschwinden. Es sind also diese Leute, die vor allem für Phils Gefühl verantwortlich sind. Instagram und das ganze Zeug – jeder Sponsor würde den Jungs wohl mehr Geld zahlen, wenn sie jeden Tag einen 15-Sekunden-Insta-Clip rausbringen und die Sponsoren hashtagen würden. Wenn man einen Film machen will, die Industrie aber auf Skifilme pfeift, ist das nicht ganz so einfach. Deshalb ist es umso schöner, dass wir dieses Projekt zusammen verwirklichen konnten.

Phil: Es gibt einen Grund, warum wir immer wieder zusammenkommen. Wir haben sehr ähnliche Vorstellungen und Herangehensweisen im Leben. Es fällt uns leicht zusammen Dinge in Bewegung zu setzen. Diese beiden hier können Träume verwirklichen! Die Jungs wissen anzupacken, sie sind motiviert und entschlossen, und sobald sie über etwas sprechen, sind sie auch bereit es umzusetzen. Mit ihnen zusammen zu sein, ist ein großer Segen. Wenn man solche Freunde hat, fällt es einem leicht fokussiert zu bleiben. Unsere Crew hat eine ungeheure Synergie. Es ist immer ein Vergnügen zusammen etwas Neues anzufangen. Henrik: Ich glaube, damit ist eigentlich alles gesagt. Von klein auf war es


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Foto: Sophie Sjรถberg

Spot: B&E Invitational/Les Arcs, Frankreich

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Foto: Chris O’Connell

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Spot: Sapporo, Japan


Henrik Harlaut

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Foto: David Malacrida

Spot: Les Arcs, Frankreich

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Henrik Harlaut

Foto: Sophie Sjöberg

Henrik Harlaut

Foto: Brady Perron

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Spot: Riksgränsen, Schweden

Spot: Chicoutimi, Québec, Kanada


Phil Casabon

Foto: Dan Villaire

Spot: Guardsman Pass/UT, USA

„Wenn jemand denkt, man brauche tolle Kameras oder Computer, um einen Film zu drehen… das ist ein Witz!“

immer mein größter Traum, in einem von Erics Filmen fahren zu dürfen, und da ist es natürlich umso schöner, dass wir auch darüber hinaus gute Freunde geworden sind. Genauso auch mit Phil. Wir passen einfach zusammen, unsere Liebe zur Musik, unsere Ansichten übers Skifahren, welche Sportarten wir noch mögen… Es gibt viele Gründe, weshalb unsere Crew gut funktioniert. Was meint ihr, welchen Einfluss Iberg auf Skifilme allgemein hatte? Phil: Meiner Meinung nach hat er alles verändert. Seine Herangehensweise ist genauso, wie ich es für richtig halte. Das alles mit ihm zusammen zu machen, scheint mir einfach richtig. Keiner seiner Filme gleicht dem anderen, es gibt immer ein neues Konzept, andere Musik, einen individuellen Ansatz, den man vorher so noch nicht gesehen hat.

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Henrik: Das fasst es perfekt zusammen. Ich bin sehr dankbar, dass ich die Gelegenheit hatte, gleich zwei Filme mit Iberg zu drehen. Er ist zweifellos ein wichtiger Einfluss, nicht nur beim Skifahren, sondern auch in meinem Leben. Ich bin dankbar für die Erfahrungen der letzten Jahre und sehr glücklich damit, wie die Filme geworden sind. Eric: Vielen Dank, Jungs! Ich muss aber etwas hinzufügen: Diese beiden Jungs haben den ganzen Film selbst geschnitten. Auf einem 15-Inch-Laptop nur mit Trackpad und einem kleinen Fenster auf dem Bildschirm! So etwas hatte ich davor noch nie gesehen, es ist einfach unglaublich. Wenn jemand denkt, man brauche tolle Kameras oder Computer, um einen Film zu drehen… das ist ein Witz! Hut ab vor diesen Jungs! Ihnen beim Schneiden zuzusehen, hat mich einfach umgehauen. Das hat mir

als Regisseur am meisten Spaß gemacht, dass dieser ganze Prozess so flexibel war. Es war einzigartig und ganz anders als bei allen anderen Filmen, die ich davor gemacht hatte.

BE Inspired Regie: Eric Iberg, Henrik Harlaut und Phil Casabon Kamera: Brady Perron, Emil Granöö, Marco Gilbert und Vincent RC Original Soundtrack: Walshy Fire feat. Raekwon, Kabaka Pyramid, Dillon Cooper, Sizzla, Cali P und viele andere mehr Unterstützt von: Armada, Monster Energy, CL-95, Oakley, Blue Tomato, Garmin, RAD, D-Structure, Slytech


Sie hält ein Mikrofon, während ihre großen Augen in meine starren. „Würden sie gerne mit mir singen?“ Sie fragt, ohne ein Nein als Antwort zu akzeptieren. Ich folge ihr durch das Café in der Bergstation zu einem Bildschirm und versuche meine Hände von ihren zu lösen, um das Mikrofon zu nehmen. Die Musik dringt aus den Lautsprechern und die Wörter fliegen über den Screen. Ich weiß, ich bin am Arsch. Text: Sam Smoothy & Will Lascelles Fotos: Will Lascelles

Sam Smoothy (links), ein nordkoreanischer Staatsdiener und Will Lascelles

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Sam Smoothy ist trotz der Schilder orientierungslos, und das liegt nicht am Nebel.

SAM: Das Lied ist auf Koreanisch und meine Gastgeberin ermutigt mich es zu versuchen. Ich will niemanden verärgern aus Angst vor möglichen Reaktionen, also bemühe ich mich ihre Töne zu wiederholen, doch ich scheitere. Sie lächelt sich durch mein grausames Gekrächze und dankt mir für das Lied, als die Musik verstummt. Willkommen zur Mittagsunterhaltung, wenn du in der Demokratischen Volksrepublik Korea zum Skifahren gehst… Ich mag Skifahren aus vielen unwichtigen Gründen, aber tief in mir mag ich es, weil es den Überlebensinstinkt in mir weckt und die Leute mich nicht dafür verurteilen. Vielleicht ist die jetzige Situation ein Auswuchs dieser seltsamen Motivation; ein Weg einmal mehr mit Desaster zu flirten, aber auf eine ganz neue Art, die das Risiko einer Lawine mit dem eines Erschießungskommandos ersetzt. In unserem sicheren Zuhause in Neuseeland einige Monate zuvor hatten Will, der Produzent von CoLab Creative, und ich nach den seltsamsten Plätzen auf unserer Erde gesucht, um Skifahren zu gehen. Wir kontaktierten Koryo Tours, einen der wenigen Reiseveranstalter, der Touristen nach Nordkorea bringt, und fassten einen Plan. Einige Tage vor dem Abflug, als ich beginne die Entscheidung zu bereuen, rufe ich Will an, der sich um die Logistik gekümmert hat.

Jahren schwerer Arbeit in einem nordkoreanischen Lager verurteilt wurde. Und der Führer Kim Jong-un schießt wie wild mit Raketen um sich. Autsch. Ich versichere Sam mit Nachdruck, dass alles okay sei. Innerlich bin ich nicht so sicher, aber Sam braucht die Bestätigung. Wir sind in China am ersten Tag des dortigen Neujahrsfests angekommen. Bei Koryo Tours werden wir eingewiesen: eine zweistündige Liste, was man nicht tun darf, und die lakonische Bemerkung, dass man im sichersten Land der Welt sei, wenn man sich nur an die Regeln hält. Am Zoll. Wir haben den Eindruck, sie kennen uns und wissen, warum wir hier sind. Sie durchsuchen gründlich die Taschen, öffnen unsere Laptops und wollen unsere MovieFolder sehen. Sie finden einige GoPro POV-Aufnahmen, alles andere haben wir gelöscht. Bis auf Sam, der seine verräterischen Files nur in den Papierkorb verschoben hat. Wir dürfen einreisen. Wir werden von der lächelnden Reewa begrüßt, eine von zwei Reiseführerinnen, die uns begleiten. Draußen wartet unsere zweite Aufpasserin Chay. Wir stapeln uns in einen Van – die Mädels sind von unseren großen Skibags amüsiert – und fahren in die Stadt. Beide Begleiterinnen sind super freundlich und erzählen uns fleißig von den Errungenschaften der Volksrepublik. Bei der Ankunft werden wir von einer Bowling-Bahn in unserem Hotel überrascht, dem vielleicht amerikanischsten aller Zeitvertreibe. Dazu gibt es Billard und Karaoke.

WILL: „Werden wir von diesem Trip heimkehren?“, fragt Sam nervös. „Irgendwie scheine ich doch an meinem Leben zu hängen.“ Ich sitze ruhig am Tisch und denke über Sams Angst nach, die von Nachrichten über einen amerikanischen Studenten befeuert werden, der wegen Verbrechen gegen den Staat zu 15

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SAM: Die ständige Beklemmung wird von seltsamen Situationen und Wills tiefschwarzem Humor verdrängt. Es ist seltsam großartig! Hier sind wir; zwei Idioten, die sich sonst auf ihren Charme verlassen können, der aber nutzlos ist in einem Land


Kim Il-sung und Kim Jong-il

Tag eins in der Demokratischen Volksrepublik Korea und ich frage mich ernsthaft, wie ich es schaffen soll hier nicht erschossen zu werden. Was. Machen. Wir. Hier??? der versteinerten Gesichter – doch unsere Gastgeber sind verdammt nett… Wir sitzen im Penthouse-Restaurant des wohl größten leeren Hotels, in dem ich je war, nippen an unserem Bier und starren auf die Lichter von Pjöngjang, von denen wir nicht dachten, dass es sie gäbe. Ich hatte mir vorgenommen unvoreingenommen zu bleiben, aber das war hier unmöglich. Wie kann man keine Vorurteile haben gegenüber einem Ort, der so oft aus schlechten Gründen in den Nachrichten ist? Ich ergreife einen Kranz und nähere mich den goldenen Statuen von Kim Il-sung und Kim Jong-il. Vorsichtig lege ich ihn zu ihren Füßen nieder, ziehe meine Hand zurück, verbeuge mich und stehle mich davon. Umgeben von Militärwachen und inmitten meines Jetlags und genereller Verwirrung erzwingt Reewas unglaublich schnelles Englisch meinen ersten, nicht unwesentlichen Fehler: „Warum wird er Kleiner Kim Jong-il genannt? Das ist nicht ganz fair. Er ist zwar nicht groß, aber ihr seid alle nicht gerade riesig…“ „Es ist nicht der KLEINE Kim Jong-il, sondern der FÜHRER Kim Jong-il ! Er hasst es, klein genannt zu werden!“ Verdammt! Tag eins in der Demokratischen Volksrepublik Korea und ich frage mich ernsthaft, wie ich es schaffen soll hier nicht erschossen zu werden. Was. Machen. Wir. Hier???

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Feature

Wir gehen in einen Supermarkt in Pjöngjang und sind überrascht von den unzähligen koreanischen Kims, die hier Bier und Snacks kaufen. Wir haben von leeren Läden gehört, doch dieser hier ist gerammelt voll. Wie könnte das eine Inszenierung sein? Unmöglich! Aber vielleicht war es der Job dieser Kims, auf Anweisung Bier zu kaufen? Unser Verstand begann sich aufzulösen. Wie kann man nur versuchen einen Ort zu verstehen, der sich komplett deiner Vorstellung entzieht? Was ist hier echt und was Paranoia? Nach ein paar Tagen Touristenprogramm in Pjöngjang brechen wir begierig ins Skigebiet Masik-Ryong auf, das erstmals für Ausländer offen ist. Das Skifahren ist auf diesem Trip eigentlich Nebensache, doch die einzige Gelegenheit einmal alleine zu sein. Bis zum Mittagessen sind wir endlich frei. Zuerst scheint das nichts Besonderes zu sein, bis uns klar wird, dass wir uns zum ersten Mal seit langem ungezwungen unterhalten können. Sogar in der Volksrepublik sind die Berge frei. Irgendwie zumindest. Meine Versuche mich dem lokalen Synchro-Skiteam anzuschließen scheitern, wohl weil ich nicht sauber auf einer Kante fahren kann, während ich auf dem Innenski balanciere. In so etwas Ähnlichem wie einem Hausmeisterkittel fahren sie in


Smoothy hat auf seine Weise Spaß…

Mit der modernen Gondel auf den Gipfel des Berges zu fahren fühlt sich an, wie die Grenze zu überqueren.

…und die Locals auf ihre Weise.

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Nordkorea


Die Massen versammeln sich zu offiziellen Anlässen in den Straßen…

Jenseits aller Paranoia ist unser Zimmer verwanzt.

…und nur zu offiziellen Anlässen.

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Feature


WILL: Formation zu viert oder fünft die Piste hinab und hinterlassen dabei perfekte Spuren im Schnee. Neugierig beobachten sie, wie ich mit kleinen Hits und Roller am Rand spiele, doch meine Butter 360s scheinen sie nicht zu beeindrucken. Wir teilen uns den Hang und alle scheinen Spaß zu haben. Mit der modernen Gondel auf den Gipfel des Berges zu fahren fühlt sich an, wie die Grenze zu überqueren. Hier oben sind wir die einzigen Skifahrer und so können wir im dichten Nebel sogar neben der Piste durch die Bäume schleichen. Absolut still und einsam kommt es mir fast vor wie im Backcountry. Wir genießen die einzigartige Atmosphäre. Der große, runde Berg mit seinen breiten Pisten, die sich perfekt für High Speed Turns eignen, erinnert mich an die amerikanische Ostküste, nur mit Kimchi statt Hotdogs. In der Talstation treffen wir den Chef der Skischule. Wir erfahren, dass er mit ein paar anderen Glücklichen seit 30 Jahren Ski fährt, zuerst im Norden des Landes am Berg Paektu, der spirituellen Geburtsstätte der Volksrepublik Korea. Dort entwickelte Kim Il-sung die Chuch’e-Ideologie, Nordkoreas grundlegende Philosophie der Autarkie und Stärke. Wir hatten gehofft am Berg Paektu Ski fahren zu können, doch seit unserer Ankunft wird uns strikt mitgeteilt, das sei unmöglich, weil die Straßen vom Schnee blockiert würden. Wir versuchen uns in die Hierarchie des Skigebiets einzuschmeicheln, also treffen wir uns mit dem Management und den Skilehrern. Wir geben ihnen ein paar Tipps, was sie noch besser machen können, sagen ihnen, wie sehr wir uns freuen, dass die Koreaner so viel Spaß am Skifahren haben – ein guter Start. Um ihnen zu erklären, was wir normal so machen, zeige ich ihnen ein Video: ich in Alaska. Auf dem Laptop ist ein Heli zu sehen, Musik baut sich auf, Ski-Action vom Feinsten. Doch etwas passt nicht. Die Stimmung ist frostig und die Skilehrer verlassen abrupt den Raum. Ich schaue nervös in die Runde, versuche zu verstehen, was passiert. Aber es gibt keine Antwort. Leises, aber extrem schnelles Koreanisch ist das Einzige, was man hört. Der Skigebietsmanager und der Chef-Skilehrer murmeln miteinander. Für uns ist es Zeit zu gehen. Wir sitzen in unserem Hotelzimmer, als die Rakete startet – wir folgen dem Stakkato des Nachrichtensprechers im Fernsehen. Kurz vor unserer Ankunft hat die Volksrepublik eine Rakete getestet. Abgeschnitten in Masik-Ryong wirken agitatorische Fernsehsendungen nicht gerade beruhigend auf uns. Wir holen die Kamera heraus um zu filmen, wie wir die Fernsehnachrichten verfolgen. Doch sobald die Kamera läuft, fällt der Strom aus und wir sitzen im Dunkeln. Das ist sicher Zufall, nicht? Jenseits aller Paranoia ist unser Zimmer verwanzt. Jedes Mal, wenn wir das Zimmer verlassen, platzieren wir etwas über Computer und Kameras, und wenn wir zurückkommen, ist es leicht verschoben – und das nachdem die Zimmer gemacht worden sind. Nach was suchen sie? Wir sind aufgeregt, denn draußen schneit es. Es gibt Hoffnung auf einigen Neuschnee, also gehen wir früh zu Bett. Am nächsten Morgen fahren wir auf den Berg in Vorfreude auf die lockeren Bäume im oberen Teil. Doch wie fast immer auf diesem Trip verflüchtigen sich unsere Hoffnungen schnell. Wir finden nur komplett durchnässten Schnee, der sich beim Fahren anfühlt wie drei Tage alte Gemüsesuppe. Aber wir fahren trotzdem und es macht immer noch Spaß. Egal wo man auf der Welt ist, über die Bedingungen entscheidet stets Mutter Natur. Wenn man an so einem exotischen Ort keinen Spaß haben kann, ist man wohl etwas verwöhnt. Wir genießen unsere Turns und vor allem, dass es sich normal anfühlt. Wir huschen durch die Wälder, machen Spray Turns im Sulz, wie wir es überall auf der Welt tun würden. Ein Gefühl, das schnell verfliegt, sobald wir etwas später in unsere nordkoreanische Realität zurückkehren.

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Nordkorea

Nach dem seltsamsten Schneesturm, den wir je erlebt haben, fahren wir zurück nach Pjöngjang. Die Ladies wollen uns das bescheidene Haus zeigen, in dem Kim Il-sung seine Kindheit verbracht hat. Drum herum sieht es aus wie in einem verlassenen Vergnügungspark mit gefrorenen Springbrunnen und einer Hochbahn. Offensichtlich ist es eine Attraktion für Nordkoreaner im Sommer. Plötzlich sehe ich ein großes Tier in einem Käfig; es sieht aus wie ein Bär mit dem Kopf eines Schnabeltiers. „Was war das?“, frage ich. Ich erkläre, was ich gesehen habe. Die Ladies scheinen trotz ihres exzellenten Englisch nicht zu verstehen und unser Fahrer wird schneller. Ich schaue zu Sam. Wir sind uns einig, dass wir nicht weiter nachfragen wollen. Als wir am Heimweg noch einmal am Käfig vorbeikommen, ist er leer. Habe ich halluziniert? Bin ich tatsächlich schon paranoid? Sam muss am Vorabend des Geburtstages des verstorbenen Kim Jung-il in Japan sein. Da große Feiern angekündigt sind, beschließe ich noch zu bleiben. Wir bringen Sam am Morgen zum Flughafen. Er umarmt mich und meint, ich solle auf mich aufpassen. Ich winke zum Abschied und mir wird klar, dass ich nun allein bin. Mein Magen zieht sich zusammen. Das Tagesprogramm sieht vor, das Totenbett von Kim Jung-il zu besuchen. Ich soll mich entsprechend anziehen und bekomme ein frisches Hemd, Hose und eine schreckliche Krawatte. Als wir am Kumsusan-Palast ankommen und ich aussteigen will, hält mich Reewa zurück und sagt, ich solle im Van bleiben. Bald darauf trifft eine Karawane von Diplomatenfahrzeugen ein mit Flaggen aus Russland, Pakistan, Syrien und Nigeria. Ich komme mir deplatziert vor. Als die Diplomaten aussteigen, darf ich mich ihnen anschließen. Ich werde ermahnt die Hände stets seitlich am Körper zu lassen, sie nicht vor oder hinter mir zu verschränken. Nachdem ich auf Kameras durchsucht worden bin, betrete ich das Gebäude. Ich werde hier nichts riskieren. Bilder und Auszeichnungen verzieren die Wände: Diplome und Doktortitel von allen möglichen Universitäten. Schließlich gelangen wir zum Raum des ehemaligen Führers. Es ist dunkel, an den Wänden hängen schwere Samtvorhänge. In der Mitte ist Kim Jung-il aufgebahrt. Er liegt in einer Glaskiste, sein Körper mit einem roten Seidentuch bedeckt. Sein von Balsam glänzender Kopf ruht bewegungslos auf einem runden Kissen. Es fällt schwer, ihn sich als den weithin verhassten Führer vorzustellen, der er einst war. Ich folge der Menge, die sich einer nach dem anderen zu seinen Füßen verneigt, dann zur Seite, zum Kopf und schließlich zur anderen Seite. Ich höre junge Mädchen schluchzen – manche so jung, dass sie zu Lebzeiten des Führers noch gar nicht auf der Welt waren. Es ist völlig surreal. Ich kann es kaum erwarten, das Gebäude zu verlassen. Endlich draußen bin ich mental erschöpft und bekomme das Gefühl, dass mein Gehirn langsam gewaschen wird. Am Abend fahren wir in die Innenstadt, wo Tausende Männer und Frauen müßig vor den Portraits von Kim Il-sung und Kim Jung-un stehen. Die Frauen tragen bunte Kleider, die ans Amerika der 1950er Jahre erinnern. Musik ertönt und lässt mich innerlich schmunzeln, während ich nach außen Haltung bewahre. Es hört sich an wie eine ernste Variante des Chicken Dance. Die Leute drehen sich im Kreis, wie ein großer, farbiger Organismus, der sich streckt und zusammenzieht. Ich werde gebeten, mich daran zu beteiligen. Die Leute sind freundlich und es macht fast sogar Spaß, nur dass es sich verdammt komisch anfühlt. Ich wechsle Partner nach Partner. Kein Wort fällt, nur Blicke gehen hin und her und ich frage mich: „Wo zur Hölle bin ich hier?“


1

76

Feature


Letzte Saison überzeugten einige Gleichgesinnte Red Bull von der grandiosen Idee, einen Kurzfilm über die Epochen des Freeskiings zu machen; ein Film, der den wichtigsten Phasen und deren wegweisenden Athleten Tribut zollt. So komplex wie spaßig, war es ein Projekt, das bis zur Verwirklichung die eine oder andere Hürde zu überwinden hatte.

Tolle Zeiten Text: Mark von Roy Fotos: Klaus Polzer

Bene Mayr zeigt einen authentischen Splaffy, während Viktoria Rebensburg durch die Buckel wedelt.

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Tolle Zeiten


2

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Feature


(erste Doppelseite)

Ballett-Träume

1 Hot-Dogging Buckelpisten sind heute eher selten. Mitte April begann der Shoot und der letzte Schneefall lag lange zurück – weit und breit waren keine natürlichen Buckel zu sehen. Mithilfe von Fuzzy Garhammer, Deutschlands Hot-Dog-Legende, bauten wir schließlich unsere eigene Buckelpiste und verpflichteten Bene Mayr sowie die Riesenslalom-Olympiasiegerin Viktoria Rebensburg dazu, durch die Buckel zu wedeln und einen Spread Eagle nach dem anderen zu zeigen. Die sensationellen Kostüme, die historischen Ski, die Moves und nicht zuletzt manch irrsinniger Slam dank 30 Jahre alter Bindungen garantierten Gelächter an allen Fronten. Wenn ich mich auf einen Moment festlegen müsste, an dem der Freeski-Geist geboren wurde, wäre das die Entwicklung des Hot Doggings. Während der Recherchen für dieses Projekt wurde sehr deutlich, dass Skifilme aus den 70ern alle Kriterien erfüllten: radikale Action und harte Crashes genauso wie jede Menge Alkohol und willkürliche Nacktheit. Während wir dieses Mal auf die letzten beiden Punkte verzichteten, war der ursprüngliche Geist sehr wohl bei uns.

Lisa Zimmermann: früher Eiskunstläuferin, heute Freeski Pro; Mark von Roy: heute Freeski-Journalist, morgen Skiballett-Amateur.

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2

Tolle Zeiten

Manche werden Skiballett als verkümmertes Relikt aus der dunkeln Vergangenheit des Freestyle abtun, ich hingegen sehe es genau anders herum: Zumindest im frühen Stadium war Skiballett die reinste Form der Kreativität auf Skiern. Keine Sprünge, kein präpariertes Gelände; nur die Piste und keine Regeln. Jahrzehnte vor Boyd Easley im legendären Poorboyz Film Session 1242 wurden Butters und erstaunliche Stocktricks auf flachen Pisten gezeigt – vom Spitzingsee in Bayern bis nach Vail in Colorado. Leider fiel Skiballett den Regularien der guten alten FIS zum Opfer und so standen wir vor einem Problem: jemanden zu finden, der überhaupt noch Skiballett fährt. Ich bin seit jeher Skiballett-Fan, und nachdem unsere Suche gescheitert war, meldete ich mich freiwillig. Zudem schafften wir es, FreeskiPhänomen Lisa Zimmermann an Bord zu holen, eine ehemalige Eiskunstläuferin. Beim Dreh zeigte Lisa perfekt choreographierte Pirouetten… ich dagegen lag ausgestreckt im Schnee. Mein Cameo als professioneller Athlet endete fünf Mal buchstäblich auf dem Kopf, bevor ich einen Pole Plant Frontflip stand. Meinen Traum Skiballett-Profi zu werden muss ich wohl begraben, doch die Tatsache, dass ich es irgendwie in ein ausgewachsenes Red Bull Video geschafft habe, ist bisher womöglich eine meiner größten Leistungen auf zwei Brettern.


3 Luftsprünge Ursprünglich sollte der Olympiateilnehmer und Aerial-Profi Travis Gerrits dieses Kapitel gestalten, doch nachdem er aus Kanada eingeflogen war, servierte ihm der Gletscher drei Tage Nebel, sodass er unverrichteter Dinge abreisen musste. Eine Woche später war die letzte Chance, die speziell gebaute Arial-Schanze zu filmen, und da Travis nicht kommen konnte, fanden wir Ersatz in Igor Ishutko, ein Ex-Olympionike aus der Ukraine, der kürzlich seine Kite-Schule auf der Krim an die Russen verloren hatte. Er wusste in paar interessante Geschichten zu erzählen… Igor sollte nicht mit moderner Perfektion springen, sondern die Aerial-Springer aus den Anfangstagen imitieren. „Ah, soll Scheiße aussehen?“, fragte er mit breitestem Akzent. „Kein Problem!“ Nach zwei Speed Checks zog er seinen Helm auf, versuchte einen doppelten Backflip, unterdrehte und landete auf dem Bauch. „Jetzt kenne ich Speed!“, verkündete Igor, zog seinen Helm ab und stand in der Folge einen sketchy Double Full Backflip nach dem anderen – mit nichts als einer Old-School Goggle und der alten Mütze auf dem Kopf, die wir für den Shoot organisiert hatten.

3

Trotz einer drohenden Wolkenfront sprang Igor Ishutko einen doppelten Schraubensalto nach dem nächsten.

80

Feature


4

4 Neon-Shirts & Schmidt-Turns

Henrik Windstedt war von zahllosen Jump Turns in einem engen Couloir nicht müde und sprang dieses alternativlose Cliff am Ende im radikalen Extreme Style der 80er.

81

Tolle Zeiten

Irgendwann in den späten 80ern oder frühen 90ern wurde Skifahren radikal. Mit Pionieren wie Scott Schmidt – möglicherweise der erste professionelle Freeskier – und Glen Plake – der definitiv die längste professionelle Karriere vorweisen kann – war dies wohl die kultigste FreeskiÄra, auch wenn damals die Bezeichnung noch Extreme Skiing lautete. Wir wollten Glen dabei haben, aber zu seinem und unserem Bedauern konnte er nicht. Zum Glück fanden wir in Henrik Windstedt erstklassigen Ersatz. Lukas Tielke, der Regisseur, wollte von mir eine Einstellung haben, in der Henrik komplett in Neon gekleidet Jump Turns vor der Kamera machte. Während ich vorsichtig mit einer brandneuen RED Weapon Kamera in der Hand durch 15 cm Pulverschnee auf einer Eiskruste pflügte, killte es Henrik mit astreinen Schmidt-Turns. Dann kam ich Henrik etwas zu nahe und zack – eine Schneewolke nebelte die Kamera ein. Nachdem sich der Schneestaub gelegt hatte, war die Kamera tot. Panik! 50.000 Euro hinüber? Zum Glück ging die RED nach 40 Minuten nervösem Trocknen wieder an und Henrik zerlegte ein krasses Couloir mit einem bildschönen Iron Cross über das abschließende 10-Meter-Cliff. Gelernt ist eben gelernt.


Misty Flips waren für Snowblader ein Muss und Bene hat kein Problem damit, für die Ladys einen aus seiner Trickkiste zu holen.

5 Das Snowblade-Erbe

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Ein weiteres Kapitel unserer Geschichte würden viele Freeskier am liebsten vergessen: Snowblades – von Anhängern auch Skiboards genannt – erfuhren Ende der 90er eine große Popularität. Legenden wie Eric Pollard, Skogen Sprang, Jason Levinthal und auch Nico Zacek verbrachten zwei oder drei Winter auf den bis zu einen Meter langen Brettern und starteten so im Prinzip ihre Freeski-Karrieren. Auch wenn viele es bestreiten wollen, nehmen Snowblades eine wichtige Rolle in der Entwicklung des Sports ein; die ersten Misty Flips und Rodeos wurden vorwiegend von Snowbladern gemacht. Als jüngstes Downdays-Mitglied wurde Roy Kittler zwar mehr oder weniger gezwungen für dieses Segment Snowblades anzuschnallen, doch er spielte bravurös mit. Bene Mayr stand ihm in nichts nach, und einige Misty Flips und relativ peinliche Grabs später war auch dieses Kapitel abgeschlossen.

82

Feature


6 Backcountry Session Der Zeitplan für das gesamte Projekt hätte knapper nicht sein können. Wir veranschlagten insgesamt neun Tage, um zehn verschiedene Segmente zu filmen. Backcountry Kicker waren früh ein integraler Teil von Freeskiing (und sind es immer noch), aber mangels Neuschnee taten wir uns schwer, eine akzeptable Landung zu finden. Nach langem Scouting standen wir endlich an einem unberührten Spot, doch eine herannahende Warmfront ließ uns nur ein kurzes Fenster, um die Session durchzuziehen. Dieses Kapitel fokussierte Freeskiing ab etwa 2003, als Backcountry-Sprünge den Mittelpunkt von Skifilmen bildeten. Auch wenn wir den Kicker nicht so groß wie gewünscht bauen konnten und die Landung eher sketchy war, stellten Fabio Studer und Bene Mayr souverän ein paar kultige Tricks aus dieser Ära hin, bevor das Wetter umschlug. Fabio landete einen perfekten Cork 360 No Grab à la Tanner Hall und Bene zauberte einen schönen Flatspin 360 Japan Grab in den Schnee – mehr als genug um die Intention klar zu machen.

Absprung und Landung waren keineswegs ideal, doch das hinderte Fabio Studer nicht an einigen luftigen Airs.

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Tolle Zeiten

6


Kai Mahler hat den Gangster Steeze in seiner DNA, wie dieser Afterbang hoch fünf eindrucksvoll beweist.

7

8 Gangster Steeze

Nachdem Tom Wallisch 2006 den Superunknown Videobewerb von Level 1 Productions gewonnen hatte, versuchten unzählige aufstrebende Fahrer seinen Style nachzuahmen. Während Tom nicht der Einzige war, der den Afterbang zelebrierte, war er definitiv derjenige, der ihn zu den Massen trug – der Gangster-Style übernahm weltweit die Parks. Diese Bewegung brachte endlich den längst überfälligen StyleFokus in die Szene, und während mancher mit erzwungenem Gangster-Steeze wenig überzeugend wirkte, entwickelten sich daraus nach und nach die verschiedensten Stilrichtungen, welche die Szene nachhaltig belebten. Kai Mahler, im XXXL-Shirt, mit Bandana und Headphones, passte perfekt. Dass Kai sowieso schon ein verdammt stylisher Skifahrer ist, half enorm. Als wir ihn dann fragten, einfach noch mehr „Gangster“ zu sein, hob er den Afterbang auf ein neues Level und wir fühlten uns in der Zeit zurückversetzt.

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Feature

Jesper Tjäder stellte diesen verrückten 180 on to Switch Backflip off bombensicher in die Baustelle.

7

Urban Madness Streng genommen ist Urban Skiing keine Ära im Freeskiing, nichtsdestotrotz wollten wir es unbedingt einbauen. Hätten wir die Komplikationen vorhergesehen, hätten wir anders entschieden. Aufgrund der Verfügbarkeit von Athleten und Filmern mussten wir dieses Segment am Stubaier Gletscher drehen. Glücklicherweise präsentierte sich die Baustelle der neuen Eisgratbahn als sicke Location. Dennoch war den Schnee heranzuschaffen, In-Run und Landung zu bauen, Kameras und Winde aufzustellen und alles wieder aufzuräumen viel mehr Aufwand als gedacht. Dank einer unermüdlichen Crew und geschickter Planung konnten drei Obstacles für Jesper Tjäder und Nick Goepper aufgestellt werden. Natürlich fuhr Jesper die Features komplett anders, als wir uns das vorgestellt hatten. Mein Herz stand kurz still, als ich ihn bei einem 180 auf ein 4 Meter hohes Rail beobachtete, gefolgt von einem Switch Backflip in eine extrem improvisierte Landung. Nach einigen Slams, die uns weiter in Angst und Schrecken versetzten, landete Jesper die Combo perfekt und eine weitere Sequenz war abgeschlossen.

8


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Tolle Zeiten


9

200 Umzugskartons von Ikea und wir hatten das perfekte Crash Pad für Jespers krassen Salto vom zweiten Stock der Stubaier Gletscherbahn.

9 One Of Those Shoots Die Verbreitung erschwinglicher POVKameras hatte unbestreitbar großen Einfluss auf unseren Sport. Plötzlich konnte sich jeder beim Shredden filmen und es entstand eine Dynamik, bei der jeder Fahrer die Runs der anderen toppen wollte. Längere und verrücktere Lines jagten einander und immer mehr Kreativität kam zum Vorschein. Dann jedoch toppte Candide Thovex alles Dagewesene. Bei dem Versuch Candides One Of Those Days nachzuahmen wurde uns erst klar, wie viel harte Arbeit und Genie wirklich in diese Videos geflossen waren. In der mit Abstand kompliziertesten Szene des Films fuhr Jesper Tjäder per Wallride und Railslide in eine Gondelstation, nur um einen Frontflip von einer 5 Meter hohen Brüstung in einen Stapel Kartons zu machen. Nach einer Mission zu IKEA hatten wir genug Dämpfung für den Stunt und widmeten uns der Mammutaufgabe, zig herumlaufende Statisten zu koordinieren. Schon mal versucht, 10 Kätzchen gleichzeitig zu baden? So etwa lief der Shoot ab, doch um 22:00 Uhr war alles im Kasten.

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Feature


10 Das große Finale Der finale Dreh sollte alle Rider und Styles in einem Shot vereinen. Nachdem die Sonne sämtliche Kicker – und damit die Hoffnung auf eine Fertigstellung im Frühjahr – hatte schmelzen lassen, wurde der letzte Shoot auf November verschoben. Um das große Finale wie geplant zu filmen, verbrachten wir die Nacht auf dem Gletscher und standen um 5:30 Uhr auf. Ein phänomenaler Sonnenaufgang entschädigte uns nur ungenügend für eine Nacht auf eiskaltem Boden, zusammengepfercht mit zwanzig schnarchenden, furzenden Menschen. Mutter Natur meinte es weiterhin nicht besonders gut mit uns, aber trotz Wind und aufziehenden Wolken brachten wir die Schlusssequenz weitestgehend wie vorgestellt zusammen. An dieser Stelle muss ein riesiges Dankeschön an die mehr als vierzig Beteiligten ausgesprochen werden. Trotz einiger Schwierigkeiten haben wir meiner Meinung nach etwas durchaus Spezielles geleistet. Wenn ihr das überprüfen wollt, schaut euch das fertige Video und die zugehörige Doku an. Beides wird ab Ende Januar auf redbull.com sowie redbull.tv zu sehen sein!

Dass alle zusammen über die Kicker des Stubai Zoo flogen, war der würdige Schlusspunkt eines äußerst spaßigen Projekts.

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Tolle Zeiten

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Der Blick von der Hafelekarspitze hinab zur Seegrube und nach Innsbruck zeigt ein Winterwunderland für Freeskier.

Der Innsbrucker Hausberg thront allgegenwärtig über der Stadt, weiß aber trotzdem immer wieder zu überraschen.

Nordkette Text & Fotos: Klaus Polzer 88

Destination


Wenn man nach Innsbrucks Hausberg fragt, hört man manchmal Antworten wie „Patscherkofel“, wo 1974 Österreichs Skiheld Franz Klammer olympisches Gold im Abfahrtslauf holte. Oder von der Felspyramide der Serles, die den Weg zum Brennerpass weist. Doch kein anderer Berg ist in Innsbruck so eindrucksvoll und omnipräsent wie die Nordkette. Lange Zeit als zu steil für ein

für einsame Lines gibt es an der Nordkette auch an diesen Tagen, allerdings sollte man wissen, was man tut. Das Gelände ist durchgehend steil und entsprechend lawinengefährlich, zudem enden abgelegene Abfahrten schnell mit einem ordentlichen Fußmarsch im Tal, vor allem wenn die Schneelage schon weit vor der nächsten Bushaltestelle zum Abschnallen zwingt.

Schnee im Laufe des Tages in Sulz verwandelt, präsentiert sich das Terrain genauso herausfordernd wie spaßig und ist nicht zuletzt ein hervorragendes Trainingsrevier für angehende FreerideContest-Duellanten. Wer hier unerschrocken Gas gibt, wird sich auch in den oft wenig idealen Wettkampfhängen nicht unterkriegen lassen. Nicht selten hat man die weiten Hänge dann für sich

Solch unberührten Powder wie hier Lena Stoffel findet man nach einem Schneefall meist nur für kurze Zeit.

ordentliches Skigebiet betrachtet, war die Bahn auf die Hafelekarspitze direkt oberhalb der Stadt beim Bau als Sommerattraktion gedacht (und ist das immer noch). Heute allerdings ist sie der Hauptgrund, dass sich in Innsbruck sowohl eine erkleckliche Zahl an Freeride Pros als auch eine Heerschar schneesüchtiger Studenten versammelt. Vom Stadtzentrum bis auf den Gipfel der Hafelekarspitze – immerhin 1.700 Höhenmeter voneinander getrennt – gelangt man im Idealfall in weniger als einer halben Stunde. Kein Wunder, dass der Berg gerne für den schnellen Shred vor der ersten Vorlesung oder in der Mittagspause genutzt wird. Bei Neuschnee muss man allerdings anders planen. Wer nicht schon deutlich vor der ersten Gondelfahrt an der Talstation ankommt, geht vielleicht besser auf einen Kaffee ins Hitt und Söhne gleich nebenan und schmiedet an einem Alternativplan, bis sich der erste Andrang gelegt hat. Möglichkeiten

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Nordkette

Hat man es dagegen in die erste Gondel geschafft, erwartet den Glücklichen ein wahrer Freeride-Traum: steile, offene Hänge, die erst nach mehreren hundert Höhenmetern mit einer Querung zurück zum Sessellift an der Seegrube enden oder bei idealen Bedingungen ihre ebenso famose Fortsetzung in Waldschneisen bis hinunter zur Hungerburg finden. Leider sind die Karrinne, die Seilbahnrinne und der direkte Südhang unterhalb der Bergstation spätestens nach einem halben Tag komplett verspurt und selbst extreme Varianten, von denen es je nach Schneelage mehr oder weniger viele zwischen dem Karwendelkalk zu entdecken gibt, müssen meist nicht lange auf interessierte Kandidaten warten. Es ist jedoch ein – zum Glück weit verbreiteter – Irrtum, dass sich die Nordkette nur nach Neuschnee zum Freeriden eigne. Gerade wenn alle Hänge gut eingefahren sind und die Sonne den

und kann ungestört dem Geschwindigkeitsrausch frönen – entsprechende Oberschenkelmuskulatur vorausgesetzt. Oder man bringt seine Tourenausrüstung mit und nutzt die Hafelekarspitze als Ausgangspunkt in die nordseitigen Karwendelkare, die oft wochenlang feinsten Pulverschnee konservieren, während in Innsbruck T-Shirt-Wetter herrscht. Die Nordkette ist aber nicht nur ein Eldorado für Freerider, auch Freestyler sind schon lange auf der Seegrube heimisch. Vor langer Zeit gab es hier sogar eine Halfpipe, in der sich manch Snowboarder auf Olympia vorbereitete. Inzwischen ist die Halfpipe wie auch der Slopestyle-Trainingsparcours des ÖSV ins nahe Kühtai abgewandert, wo mehr Platz auf einem nordseitigen Hang zur Verfügung steht. Die Innsbrucker Freestyle-Szene trifft sich aber nach wie vor am liebsten auf der „Grub’n“. Neben der einfachen Erreichbarkeit spricht


Innsbrucker Nordkette: Der auch Inntalkette genannte, gut zehn Kilometer lange Gipfelkamm ist der südlichste und kürzeste der vier großen Gebirgsketten im Karwendel. Der höchste Punkt befindet sich mit dem Kleinen Solstein auf 2.637 m im westlichen Teil, die Hafelekarspitze mit 2.334 m Höhe liegt genau nördlich von Innsbruck etwa in der Mitte und ist mit der Stadt durch die Nordkettenbahn verbunden.

Anreise:

Jossi Wells fährt ein Setup, das er beim Blank Canvas Shoot vor zwei Jahren selbst gebaut hat.

nicht zuletzt die chillige Sonnenlage für den kleinen, aber feinen Skyline-Park. In dieser Saison geht die Nordkette im Bezug auf den Snowpark neue Wege. Inspiriert vom Blank Canvas Shoot des Atomic Teams vor zwei Jahren, bei dem sich Jossi Wells & Co. nach eigenen Vorstellungen ihre Shooting Obstacles aus einem Schneehaufen bauten, verteilten die Bergbahnverantwortlichen vor der Saison blanko Parkpläne an die lokalen Ski- und Snowboard-Crews. Darauf konnten die Fahrer ihrer Kreativität freien Lauf lassen, die besten Ideen werden nun im Laufe des Winters nacheinander umgesetzt. Die Jib Community darf sich also auf innovative Setups und viel Abwechslung freuen. Bleibt die Frage, ob der Spot nur für Locals interessant oder auch einen Trip mit weiter Anreise wert ist. Die Antwort: Eine Fahrt zur Nordkette lohnt sich immer und gerade auch für länger! Inns-

bruck ist einfach zu erreichen und bietet neben einem breiten Spektrum an Unterkünften und dem bekannt pulsierenden Nachtleben auch Freeski- und Snowboardkultur zuhauf. In der IgluBar des Cloud 9, die direkt neben dem Park liegt, gibt es jeden Freitag von 18:00 bis 23:00 cooles Club-Feeling mit internationalen DJs. An den anderen Tagen bietet sich das Hitt und Söhne direkt neben der Talstation für extensives Aprés Ski an und in der ganzen Stadt locken Ausstellungen, Filmvorführungen, Konzerte, Partys… es gibt immer irgendetwas zu entdecken. Wer länger bleibt, erhöht zudem die Chance auf einen der wirklich magischen Tage auf der Grub’n. Also, worauf wartet ihr noch? Auf und entdeckt eines der wohl vielseitigsten und besten „kleinen“ Skigebiete der Welt!

Innsbruck erreicht man über die Inntal- oder Brennerautobahn, die Inntaloder Brennerbahnlinie sowie den eigenen Flughafen (INN) aus allen Richtungen leicht und schnell. Vom Kongress im Stadtzentrum aus führt die Hungerburgbahn auf ein Plateau auf 850 m Höhe direkt unterhalb der Nordkette, wo die Seilbahn zur Seegrube und weiter auf die Hafelekarspitze beginnt. Alternativ ist die Talstation der Nordkettenbahn auch per Bus oder Auto zu erreichen.

Beste Reisezeit: Die Nordkette ist bekannt für sehr ergiebige Schneefälle, sodass auch früh oder spät in der Saison immer wieder fantastische Powder-Tage vorkommen. Aufgrund der südseitigen Lage findet man die besten Bedingungen aber allgemein im Januar und Februar vor.

Tipp: Das Hitt und Söhne ist eine Kombination aus Café, Bar und Concept-Store direkt neben der Talstation der Nordkettenbahn und bietet sich daher bestens als Treffpunkt oder fürs Après Ski an. Von Freeskier Bene Mayr gegründet, kann man hier von 10:00 bis 19:00 Uhr in gemütlich-modernem Ambiente seinen Kaffee genießen, einen Snack zu sich nehmen, feinste Drinks schlürfen oder Wintersportprodukte ausgewählter Anbieter erwerben.

So leer ist die Terrasse des Hitt und Söhne nur außerhalb der Saison.

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Destination


Adam Clark | Mark Fisher

HELIO SERIES SKIS Combining the lightest-weight constructions with high-performance materials, Helios Series skis tackle big, serious lines deep in the mountains. Available in 88, 95, 105, and 116-mm waist sizes with early rise tip and tail.

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Interview


Vincent Gagnier: Skifahren der anderen Art Interview: Ethan Stone Portrait: Rachel Bock

Photo: Rachel Bock

Spot: Perisher, Australien

Mit Grabs und Spins, die den Regeln der Physik zu widersprechen scheinen, und viel Wissen um die Geschichte des Sports hat Vincent Gagnier offensichtlich großen Spaß auf dem Berg; zumindest hat er immer ein Lächeln im Gesicht. 93

Vincent Gagnier


Wie haben Trainer und Nationalteams die Big-Air-Szene verändert? Trainer gibt es jetzt schon seit ein paar Jahren, so neu ist das nicht. In letzter Zeit sieht man aber, dass man für einen Triple Cork 1440 Safety eine Wertung von 90 bekommt. Man muss den nicht besonders schön machen, nur hinstellen. Deshalb wollen die Kids den alle können. Aber ehrlich gesagt ist das nicht der beste Weg, um sich zu etablieren.

Foto: Blake Jorgenson

Spot: Whistler/BC, Kanada

Die Gagnier Familie aus Québec ist in Freeski-Kreisen wohlbekannt. Der älteste Sohn Antoine war ein Pionier in den Anfangstagen der Newschool-Bewegung, der mit ausgefallenen Grabs und Grinds experimentierte; einige der Tricks, die er kurz nach der Jahrtausendwende erfand, wurden erst ein Jahrzehnt später populär. Der mittlere Sohn Charles etablierte den Style, den Antoine auf den Weg gebracht hatte, an der Spitze der Wettkampfszene – unvergessen ist sein Sieg vor Tanner Hall im X Games Slopestyle 2005. Inzwischen steht Antoines und Charles’ jüngerer Bruder Vincent im Rampenlicht, wo er den charakteristischen Stil der Familie auf dem höchsten Level fortführt. Wie seine Brüder vor ihm unterscheidet sich Vinnie Cash, wie er von seinen Freunden genannt wird, auf Skiern markant von den meisten anderen Fahrern seiner Generation – ein frischer Wind in einem Klima, das von zunehmend standardisierten Tricks in Contests geprägt wird. Mal ist es ein unkonventioneller Grab, mal eine bisher nicht gesehene Rotation oder einfach, dass er zum Spaß verkehrt herum in die Bindung steigt; Vincent Gagnier weiß, wie er die Skiwelt überraschen kann. Deine ganze Familie hat einen eigenen Skistil.Woher kommt das? Das liegt an Antoine, er hat das angefangen. Charles ist Antoine gefolgt und hat seine eigenen Marken gesetzt und dann kam ich und habe ebenfalls meinen Eindruck hinterlassen, aber alles geht auf Antoine zurück. Dein Auftreten bei Contests stellt die Judges vor das Problem, wie sie mit unkonventionellen Tricks umgehen sollen. Kann das den Sport interessant halten?

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Interview

Das kommt auf die Judges an. Aber vor allem müssen die Fahrer mehr in jeden Trick investieren, damit nicht immer dasselbe dabei herauskommt. Meiner Meinung nach macht es keinen Sinn einen Trick zu zeigen, der schon gemacht wurde. Die Fahrer sollten versuchen, sich von ihren Kollegen zu unterscheiden und nicht immer nur auf ihren Coach hören. Wie packt man einen verrückten Grab wie einen Dub Genie – ein Screamin’ Seaman, bei dem man beide Ski greift – in einen heftigen Trick? Man muss mit weniger Rotationen anfangen, zuerst ein 7er, dann ein 9er. Im Contest kann man dann aufs Ganze gehen und mehr Rotationen versuchen. Einfach machen! Tricks sind einfacher, wenn man grabt als wenn man nicht grabt. Ich verstehe nicht, warum noch nicht mehr Leute den Dub Genie versucht haben, so schwer ist der nicht. Man kann mit seinem Ski nicht hängen bleiben, wenn das andere Bein gestreckt ist. Deine Einstellung gegenüber Contests scheint sehr entspannt zu sein. An was denkst du, wenn du einen Contest fährst? Man sollte das alles nicht allzu ernst nehmen, sondern Spaß haben und sich nicht den Kopf zerbrechen. Konzentriere dich auf den Moment und finde deinen Flow im Skifahren! Inzwischen springen viele Kids schon Triples.Wie geht es mit dem Fortschritt im Big Air weiter? Die Coaches verderben es und dann verderben es auch die Kids. Sie lassen wichtige Schritte aus. Sie verstehen nicht, dass es Zeit braucht. Man kann es nicht erzwingen. Bei manchen funktioniert das, aber nicht bei mir.

Sollten Big-Air-Fahrer kreativer sein? Das wäre der bessere Weg. Ich würde gerne mehr neue Tricks sehen. Die Fahrer sollten nicht bei jedem Contest denselben Trick zeigen dürfen, dafür sollte es irgendwann keine Punkte mehr geben. Man sollte sich immer herausfordern, aber das ist riskant und so kann man niemandem vorwerfen es nicht zu tun. Arbeitest du auch mit Trainern? Wie bereitest du dich auf die Saison vor? Ich würde nicht sagen, dass ich trainiere. Ich sollte vielleicht, denn ich will immer noch viele Tricks lernen. Ich spreche viel mit meinen Brüdern. Antoine versucht immer mir Tipps zu geben, aber ich höre nicht auf alles. Hast du einen Tipp für Kids, die wie du auf andere Art Ski fahren wollen? Schaut euch alte Skifilme an und lasst euch von denen inspirieren, die unseren Sport zu dem gemacht haben, was er heute ist. Lernt von ihnen, denn sie konnten mehr Tricks als viele Fahrer heute, die für Big Airs trainieren. Wo wir jetzt sind mit all den verrückten Spins… es hat mich mein ganzes Leben gekostet, um hierher zu kommen. Und das auf der Grundlage der Jungs von damals. Sie haben die Grenzen verschoben. Die Kids heute sollten sich das anschauen und davon lernen, denn ohne diese ganze Entwicklung wären wir gar nichts.

Geburtstag: 21. Juli 1993 Heimatort: Victoriaville, Québec, Kanada Hausberg: Mont-Sainte-Anne, Québec Sponsoren: Rockstar, O’Neill, Salomon, Anon, Faded Underwear, Axis Boutique Hobbys: Entspannen, Madden NFL, allgemein Sport Resultate: 1. Fenway Park Big Air, Boston 2016 1. Frostgun Invitational Big Air, Val d’Isère 2016 1. X Games Big Air, Aspen 2015 1. AFP World Tour Finals Big Air, Whistler 2015 3. Air&Style Big Air, Los Angeles 2015 3. Frostgun Invitational Big Air, Val d’Isère 2015 2. X Games Big Air, Aspen 2014 Filmsegmente: Canvas – Blank Collective 2016 Blank. The Movie – Blank Collective 2015 Small World – Level 1 Productions 2015


NINE ROYALS

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PHOTO: THE DISTILLERY | DAVID MALACRIDA


Text & Foto: Klaus Polzer

Fahrer: Mitchell Brower

Spot: Saalbach, Österreich

Bei einem Park Shoot denkt man nicht unbedingt an Powder, und wenn es dann zu schneien beginnt, ist man im Gegensatz zu sonst eher weniger froh. Im letzten Winter beim Blank Canvas Dreh in Saalbach kamen die Flocken sogar so fett und dicht herab, dass nach kurzer Zeit gar nichts mehr ging. Die Anfahrt war stumpf, die Fahrer bekamen keinen Speed für Tricks und die Kameras sahen im Schneetreiben kaum noch etwas. Zu allem Überfluss passierte es mitten im Night Shooting, für das wir extra aufwendig Licht aufgebaut hatten. Wir packten missgelaunt zusammen. Kaum aber waren wir fertig, hatte es aufgehört zu schneien und in der kurzen Zeit waren fünf Zentimeter Neuschnee gefallen. Also stellten wir noch einmal ein kleines Setup auf und Mitchell zirkelte einen perfekten Slash Turn in die Seite des Kickers. Mittels einer Folie mutierte sein Spray zur Farbexplosion. So bekam ich doch noch ein besonderes Foto, wenn auch anders, als ich es erwartet hatte. Man muss die Dinge eben so nehmen, wie sie kommen.

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Outro





Das neue Filmprojekt mit Mammut Pro Team Athlet Jérémie Heitz

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Skyfall. Wenn unser Pro Team Athlet Jérémie Heitz am Hohbärghorn die Schwerkraft auf die Probe stellt, ist er gut vorbereitet und weiss, was er tut. Und er weiss, dass er sich absolut auf seine Ausrüstung verlassen kann. Für Freerider: www.mammut.swiss

Mammut / Tero Repo

COMING SOON


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