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Wenn das Herz aus dem Takt gerät

Wer gerade eine anstrengende Sporteinheit beendet hat, dessen Herz schlägt zeitweise schneller, wer im Tiefschlaf liegt, hat gerade einen etwas langsameren Herzschlag. Alles normal, genauso wie der ein oder andere Extraschlag, der bei vielen Menschen oft unbemerkt bleibt. Gerät das Herz jedoch immer wieder und unabhängig von besonderen Beanspruchungen aus dem Takt, spricht man von einer Herzrhythmusstörung und die sollte abgeklärt werden.

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Herzrhythmusstörungen sind in unserer Bevölkerung weit verbreitet und können unterschiedlichste Symptome und Ursachen haben. Dr. Olaf Grebe, Leiter des Departments für Elektrophysiologie und Rhythmologie am Petrus-Krankenhaus, erklärt, welche Unterschiede es gibt und worauf Betroffene achten sollten: „Allgemein gilt, Herzrhythmusstörungen können zunächst in bradykarde (das Herz schlägt zu langsam) und tachykarde (das Herz schlägt zu schnell) Rhythmusstörungen eingeteilt werden. Schlägt das Herz unregelmäßig spricht man von einer Arrhythmie.“

Symptome Manche Herzrhythmusstörungen können auch ohne eindeutig spürbare Symptome auftreten. Zu den unspezifischen Symptomen zählen dauerhafte Müdigkeit oder Abgeschlagenheit, ebenso Schwindel oder Sehstörungen. Eindeutiger ist sogenanntes Herzstolpern oder auch anfallweises Herzrasen. „Ist der Puls zeitgleich sehr unruhig, kann dies bereits ein erster Hinweis auf Vorhofflimmern sein. In diesem Fall sollte schnellstmöglich ein EKG geschrieben werden, um eine Diagnose zu ermöglichen“, so Dr. Grebe. Gleiches gelte, wenn auf das Herzrasen Schwindel oder Bewusstlosigkeit folgen, dann sollte sofort ärztliche Hilfe in Anspruch genommen werden. Auch ein dumpfer Schmerz im Herzen oder Atemnot sollten zwingend abgeklärt werden.

Zu schnell, zu langsam, ein paar Extraschläge – jedes Herz hat seinen individuellen Rhythmus. Abweichungen von der Norm sind nicht per se gefährlich, aber bei bestimmten Unregelmäßigkeiten sollte man zum Spezialisten gehen. Ein gesundes Herz schlägt durchschnittlich 60 bis 100 Mal pro Minute. Neben individuellen Unterschieden können bestimmte Tätigkeiten oder Situationen die Frequenz beeinflussen.

Diagnose Den Beginn bildet eine ausführliche Anamnese, bei der der behandelnde Arzt über Symptome, Vorerkrankungen, Medikamente und auch Herzerkrankungen in der Familie informiert werden sollte. Mitunter kann schon das Abhorchen mittels Stethoskop erste Hinweise geben, in den meisten Fällen wird der Arzt jedoch ein EKG durchführen, um die elektrischen Ströme im Herz zu messen. Dabei unterscheidet man zwischen einem Ruhe-EKG, das unter Ruhebedingungen durchgeführt wird, und einem BelastungsEKG, das die Herzströme aufzeichnet, während sich der Patient auf einem Laufband oder Fahrrad bewegt. Auch ein 24-Stunden-EKG ist häufig hilfreich. Dr. Grebe: „Oft gibt es jedoch kein EKG eines Anfalls oder die Diagnose kann nicht zweifelsfrei gestellt werden. In diesen Fällen kann eine elektrophysiologische Untersuchung weiterhelfen.“ Bei dieser Untersuchung (EPU) werden mittels durch die

Leiste eingebrachter passagerer Elektroden die Leitungseigenschaften des Herzens und die Neigung des Patienten zu Rhythmusstörungen überprüft.

Ursachen Neben äußeren Ursachen wie Stress, übermäßigem Alkohol- oder Koffeinkonsum können auch Medikamente eine Herzrhythmusstörung auslösen. Weitere häufige Ursachen sind dauerhaft hoher Blutdruck oder bereits vorliegende Herz- oder Kreislauferkrankungen wie koronare Herzerkrankungen (KHK), Herzinfarkte, Entzündungen des

Elektrophysiologie und Rhythmologie

Dr. Olaf Grebe, Facharzt für Innere Medizin, Kardiologie und Intensivmedizin (Zusatzqualifikation: Spezielle Rhythmologie, Interventionelle Kardiologie und Kardiales MRT) ist Leiter des Departments für Elektrophysiologie und Rhythmologie am Petrus-Krankenhaus. Er bietet folgende Leistungen an:

• Rhythmologische Beratung • Medikamentöse und interventionelle Behandlung von Herzrhythmusstörungen, insbesondere

Vorhofflimmern (Pulmonalvenenablation, inkl.

Vorhofohrverschluss) • Durchführung diagnostischer elektrophysiologischer Untersuchungen, Ajmalin-Test • Durchführung von Katheterablationen bei tachykarden Rhythmusstörungen aller Art • Bildgebung bei allen Herzrhythmusstörungen (Kardio-MRT, CT, 3D-Ultraschall und intrakardialer

Ultraschall) mit Integration in 3D-Navigationssystemen • Abfrage und Optimierung der Programmierung von Schrittmachern und implantierbaren Kardioverter-Defibrillatoren (ICDs)

Leiter des Departments Dr. Olaf Grebe

Facharzt für Innere Medizin, Kardiologie und Intensivmedizin.

Tel 0202 299-2674

kardiologie.kh-petrus@cellitinnen.de www.petrus-krankenhaus-wuppertal.de Herzmuskels oder angeborene Herzfehler. „Beispiele für angeborene Ursachen sind die AVNRT, also die AV-KnotenReentrytachykardie, bei der der AV-Knoten (die elektrische Verbindung zwischen Vorhöfen und Herzkammern) doppelt angelegt ist, oder das WPW-Syndrom, eine angeborene Kurzschlussverbindung zwischen Herzkammer und Vorhof“, erläutert Dr. Grebe. Weitere mögliche Ursachen können Schilddrüsenerkrankungen oder auch Schlafapnoen sein. „Oft lässt sich nicht nur eine einzige Ursache finden, sondern mehrere Faktoren spielen zusammen“, weiß der Experte aus Erfahrung. Dies gilt auch für Patienten, die unter Nierenproblemen leiden. Herzinsuffizienz und Niereninsuffizienz bedingen sich oft gegenseitig oder haben eine entsprechende Wechselwirkung.

Häufige Formen und Therapien

Vorhofflimmern „In diesem Fall schlägt das Herz meist zu schnell und unregelmäßig. Ein Sonderfall ist das im Vorhof etwas langsamere und meist regelmäßig übergeleitete Vorhofflattern“, erläutert Dr. Grebe. „Durch den Wegfall der geordneten Vorhofaktion kann es zu einer Blutgerinnselbildung im Vorhof kommen, verbunden mit einer erhöhten Schlaganfallgefahr.“ Eine medikamentöse Behandlung ist je nach Art der Rhythmusstörung und der zugrundeliegenden Herzerkrankung möglich. Dabei werden sogenannte Antiarrhythmika eingesetzt. Ein Blutverdünner wird unabhängig davon hinzugenommen, liegen Risikofaktoren für einen Schlaganfall vor. „Antiarrhythmika verändern die Elektrik des Herzens und können selbst Herzrhythmusstörungen hervorrufen. Auch die Nebenwirkungen sind individuell unterschiedlich. Die Gabe muss daher genau geprüft werden.“ Alternativ kann eine Ablationstherapie, die Pulmonalvenenablation, Abhilfe schaffen. Dr. Grebe: „Die Erfolgsrate liegt meist zwischen 60 und 80 Prozent, hier spielen individuelle Faktoren wie Vorerkrankungen oder Dauer des Vorhofflimmerns eine große Rolle.“

Angeborene Herzfehler Anfallsweises, regelmäßiges Herzrasen hat meist angeborene Veränderungen im Reizleitungssystem des Herzens zur Ur-

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