wirbiz OFFENER BLICK – GENI˙¸S PERSPEKTI˙F
2016_Nº. 4
HERAUSGEGEBEN VOM DEUTSCH-TÜRKISCHEN FORUM STUTTGART E. V.
Ein Epos über das Straßenleben von Istanbul Literaturnobelpreisträger Orhan Pamuk im Interview
Nach DEN Landtagswahlen in Baden-Württemberg Die Bilanz der letzten fünf Jahre und ein Ausblick
Frauenbilder und Männerfantasien Ein Beitrag von Violetta Hagen
Deutsche Investitionen in der Türkei Ein Beitrag von Süheylâ İnce Demir
Kinder mit Fluchterfahrung sind gut in Stuttgart angekommen.
ATELIER HANS ULRICH SCHOLPP BERATUNG. DESIGN. NETZWERK.
www.ulrichscholpp.de
EDITORIAL BAŞ EDİTÖRDEN Liebe wirbiz-Leserinnen und Leser,
Sevgili wirbiz-Okurları,
unsere Gesellschaft verändert sich mit den aktuellen wirtschaftlichen, politischen sowie sozialen Ereignissen. Als Teil der Gesellschaft stellen wir uns der Herausforderung, unseren Beitrag für ein besseres Miteinander in Vielfalt und eine bessere Verständigung zu leisten. Mit unserem Magazin wirbiz möchten wir Meinungen mit Ihnen teilen, um Kulturen einander näher zu bringen, Ängste und Vorurteile gegenüber dem Unbekannten abzubauen. In der vierten wirbiz-Ausgabe haben wir uns den Kindern, insbesondere Kindern mit Fluchterfahrung, gewidmet. Viele sind in Stuttgart gut angekommen. Unsere Erfahrungen möchten wir mit Ihnen teilen, indem wir Ihnen das DTF-Projekt Merhaba in Stuttgart vorstellen. Besonders freuen wir uns auch, Ihnen ein exklusives Interview mit dem Literaturnobelpreisträger Orhan Pamuk über seinen neuen Roman „Diese Fremdheit in mir“ präsentieren zu dürfen. Ein zweiter Schwerpunkt des Magazins ist die Landtagswahl 2016 in Baden-Württemberg. Wir haben AkteurInnen aus Vereinen, Verbänden und Institutionen gefragt, welche integrationspolitischen Impulse sie sich von der neuen Landesregierung erwarten. Zudem fassen wir im Rückblick auf den Wahlkampf das Podiumsgespräch zu Migration, Interkultur und Asyl zusammen, bei dem vier Stuttgarter KandidatInnen ihre integrationspolitische Bilanz der letzten Legislaturperiode zogen. Unter ihnen war auch Muhterem Aras von Bündnis 90/Die Grünen, die für ihre Partei erneut das beste Wahlergebnis geholt hat. Bei der konstituierenden Sitzung des neuen Landtags ist sie zur Landtagspräsidentin gewählt worden. Wir gratulieren unserer Kuratorin zur Wahl in das neue Amt und wünschen ihr alles Gute. Ich bedanke mich ganz herzlich bei unserem ehrenamtlichen Redaktionsteam für die herausragende Unterstützung und den Autoren für ihre Beiträge. Für die Entstehung des Magazins sind wir auch auf Spenden angewiesen. Auch Sie können uns mit Ihrer Spende unterstützen (Spendenkonto: DE91600901000225786028, BIC: VOBADESS). Ich freue mich sehr über Ihre Meinung zur vierten Ausgabe von wirbiz! Schreiben Sie mir unter wirbiz@dtf-stuttgart.de
yaşanan güncel ekonomik, siyasi ve sosyal olaylarla beraber toplumumuz da değişime uğruyor. Toplumun bir parçası olarak bizler de, çeşitlilik içerisinde daha iyi bir beraberlik çerçevesinde, birbirimizi daha iyi anlayarak, birbirimize anlayış göstererek yaşayabilmemiz için üzerimize düşeni yapmayı görev edindik. Magazinimiz wirbiz ile kültürleri birbirine yaklaştırmak, önyargıları ve korkuları kırmak için sizlerle görüşler paylaşmak istiyoruz. Dördüncü sayımızda çocuklara, özellikle de kaçış tecrübesi yaşamak durumunda kalmış olan çocuklara yöneldik. Birçoğu Stuttgart'ta kendini iyi hissediyor. Bu olumlu tercrübelerimizi, Merhaba in Stuttgart adlı DTF projesini tanıtarak sizlerle paylaşmak istiyoruz. Edebiyat Nobel Ödülü'nün sahibi Orhan Pamuk'un „Kafamda bir Tuhaflık“ adlı yeni romanını tanıttığı röportaji bu sayıda siz okurlarımıza sunabilmek, bizim için büyük bir mutluluktur. Bu dergide ağırlık verdiğimiz ikinci bir konu da 2016 Baden-Württemberg Eyaleti Meclisi seçimleridir. Dernek, kuruluş ve kurumları temsil eden kişilere, yeni ,yönetimden uyum politikasıyla ilgili ne gibi yenilikler beklediklerini sorduk. Buna ek olarak, geriye dönüp seçim mücadelelerine bakarak, dört Stuttgartlı adayın kendi uyum politikaları ile ilgili bir değerlendirme yaptıkları göç, kültürlerarasılık ve iltica konularının ele alındığı paneli özetledik. Aralarında Yeşiller partisinden yine partisi icin en iyi seçim sonucunu elde eden Muhterem Aras da bulunuyordu. O, yeni parlamentonun açılış oturumunda Meclis Başkanı seçildi. Mütevelli heyeti üyemizi, bu yeni görevine seçilmesinden dolayı tebrik ediyoruz. Olağanüstü desteklerinden ve katkılarından dolayı gönüllü editörler grubununa ve yazarlara çok teşekkür ederim. Derginin oluşumu, bağışlara da bağlı. Sizler de derginin oluşumunu bağışta bulunarak destekleyebilirsiniz (Bağış hesap numarası: DE91600901000225786028, BIC: VOBADESS). Wirbiz'in dördüncü sayısı hakkındaki görüşlerinizi okumak beni mutlu eder. Bana bu adresten ulaşabilirsiniz wirbiz@dtf-stuttgart.de.
Nun wünsche ich Ihnen eine spannende Lektüre Ihre Özlem Şahin
Sizlere, okurken keyifli dakikalar geçirmenizi diliyorum Özlem Şahin
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INHALT İçERIİK
EIN EPOS ÜBER DAS STRASSENLEBEN VON ISTANBUL İSTANBUL'UN SOKAK HAYATI HAKKINDA BİR EPİK
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Im Gespräch mit dem Literaturnobelpreisträger Orhan Pamuk
NACH DEN LANDTAGSWAHLEN IN BADEN-WÜRTTEMBERG
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DEUTSCHE INVESTITIONEN IN DER TÜRKEI TÜRKİYE'DE ALMAN YATIRIMLARI
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„DEUTSCH WIRD WICHTIGER“
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BESCHÄFTIGUNGSCHANCEN MIT EINER AUSBILDUNG IM HANDWERK Im Gespräch mit Claus Munkwitz, Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer Region Stuttgart
MERCİMEK ÇORBASI, GOLD UND KOCHLÖFFEL PRESSEFREIHEIT IN DER TÜRKEI BERUFSWUNSCH: JOURNALISTIN IN SCHWIERIGER ZEIT 2
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FRAUENBILDER UND MÄNNERFANTASIEN 28 KADININ RESMİ VE ERKEK FANTEZİLERİ BAKIŞ 2016 – FLUCHT UND IHRE FOLGEN 32
20 NÄCHSTENLIEBE, IMMER MITTWOCHS UM 14 UHR EIN WOCHENENDE AUF DEM LAND 23
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Elternarbeit des Ağabey-Abla-Programms
UNSER NEUES PROJEKT FÜR UND 24 MIT GEFLÜCHTETEN: MERHABA IN STUTTGART 27
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DIE QUAL DER WAHL DER ,,RICHTIGEN“ SCHULE DIE VERLEIHUNG DES MANFRED-ROMMEL-PREISES 2015 „JEDER HAT SEINE GESCHICHTE“
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DAS NEUE STADTMUSEUM STUTTGART
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HAYET HEISST LEBEN 60 40 ENGAGIERTE IM DEUTSCHTÜRKISCHEN FORUM STUTTGART 62 42 UNSERE NÄCHSTEN VERANSTALTUNGEN 63
KONFLIKT IN DER TÜRKEI SPALTET COMMUNITY IN DEUTSCHLAND 44 IMPRESSUM 64 TÜRKİYE'DEKI ÇATIŞMA ALMANYA'DAKİ TOPLULUğU BÖLÜYOR VOM VERSUCH, IN ISTANBUL HEIMISCH ZU WERDEN
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PRÄVENTION IN BADEN-WÜRTTEMBERG 48 STUTTGART IST UNICEF-KINDERSTADT
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KULTURHAUS ARENA – GRENZENLOSER, LEBENDIGER DIALOG DER KULTUREN 54 Im Gespräch mit Erol Avcı TOLERANZ REICHT NICHT
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Eberhard Stilz, Präsident der Stiftung Weltethos im Gespräch mit Susanne Offenbach, Kuratorin des Deutsch-Türkischen Forums
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EIN EPOS ÜBER DAS STRASSENLEBEN VON ISTANBUL İSTANBUL'UN SOKAK HAYATI HAKKINDA BİR EPİK Orhan Pamuk, der Literaturnobelpreisträger, im Gespräch mit Sibylle Thelen, Özlem Şahin und Kerim Arpad
In seinem neuen Roman „Diese Fremdheit in mir“ entwirft Orhan Pamuk ein vielgestaltiges und vielstimmiges Porträt seiner Heimatstadt Istanbul. Im Mittelpunkt steht der Straßenhändler Mevlut Karataş.
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er große Saal des Stuttgarter Hospitalhofs ist bis auf den letzten Platz besetzt gewesen, als Orhan Pamuk im Februar 2016 seinen Roman „Diese Fremdheit in mir“ vorgestellt hat. Entspannt und sichtlich gut gelaunt gab der Literaturnobelpreisträger Einblicke in die Arbeit an dem Buch, umriss seine Poetik, seine schriftstellerischen Grundüberlegungen, und lauschte dem Übersetzer und Schauspieler Recai Hallaç, der aus der deutschen Übersetzung seines Werks las. Am Nachmittag vor der Kooperationsveranstaltung des Stuttgarter Literaturhauses und des Deutsch-Türkischen Forums e. V. hatte unser wirbiz-Team die Gelegenheit, zum Gespräch mit Orhan Pamuk. wirbiz Ihr Held, der Dorfjunge Mevlut, kommt mit zwölf Jahren nach Istanbul. In Ihrem Roman erzählen Sie, wie die Stadt zu seiner Heimat wird. Doch nach
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vier Jahrzehnten des ständigen Wandels fühlt sich Mevlut fremd. Verbindet Sie das mit Ihrem Protagonisten? Orhan Pamuk Mevlut entstammt der Arbeiterklasse. Seine kulturellen, religiösen und sozialen Prägungen, sogar seine persönlichen Traumata – all das macht ihn zu einem Mitglied der Unterschicht. Mevlut ist komplett anders als ich es bin. Dennoch identifiziere ich mich mit ihm am Ende des Romans, denn auch Mevlut ist verstört angesichts der Veränderungen der Stadt. Ich habe viel Zeit damit verbracht, Leute zu interviewen, um Mevluts Lebensumstände bis ins Detail zu klären. Aber zugleich wollte ich seine Menschlichkeit voll entfalten. Ich habe viel über Mevlut nachgedacht, um ihm in seine innere Welt folgen zu können. wirbiz Anders als für Ihre bisherigen Romane haben Sie diesmal regelrecht Feldforschung betrieben. Wie kann man sich die Recherchen vorstellen? Orhan Pamuk Mevlut ist Straßenhändler. Ich wollte wissen, wie er kauft und verkauft, was er über dieses oder jenes denkt. Dafür habe ich eine Menge recherchiert. Man geht durch die Straßen Istanbuls, sieht einen Verkäufer, der Reis mit Hühnchen anbietet, kauft
Orhan Pamuk, yeni romanı „Kafamda Bir Tuhaflık“ ile, İstanbul'un çok yönlü ve çok sesli bir portresini çiziyor. Hikayenin merkezinde, sokak satıcısı Mevlut Karataş yer alıyor.
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rhan Pamuk, 26 Şubat 2016 tarihinde, Stuttgart Hospitalhof 'un büyük salonunda „Kafamda Bir Tuhaflık“ adlı romanını tanıttığında tek bir yer dahi boş değildi. Rahat ve keyifli olduğu gözlemlenen Nobel Ödülü sahibi, kitap üzerindeki çalışmaları hakkında bilgi verdi, sanatını ve edebi temel düşüncelerini ana hatlarıyla tanıttı ve kitabına Almanca ses veren, çevirmen ve oyuncu olan Recai Hallaç'a kulak verdi. Stuttgart Edebiyat Evi ile Stuttgart Türk-Alman Forumu'nun işbirliğiyle düzenlenen bu akşamın öncesinde wirbiz ekibimiz, Orhan Pamuk'la röportaj yapabilme fırsatı buldu. wirbiz Köylü çocuğu olan kahramanınız Mevlut, oniki yaşındayken İstanbul'a geliyor. Romanınızda, bu şehrin nasıl Mevlut'un memleketi haline geldiğini anlatıyorsunuz. Fakat o, 40 yıl boyunca süregelen bu değişimin içinde kendini yabancı hissediyor. Bu anlamda kahramanınızla bir bağınız var mı?
Orhan Pamuk Mevlut, işçi sınıfından geliyor. Kültürel, dini ve sosyal gelişimi ve hatta kişisel travması dahi, onu, alt sınıfın bir üyesi yapmaktadır. Mevlut, benim olduğumdan çok farklı biri. Buna rağmen, romanın sonunda kendimi onda buluyorum, çünkü o da benim gibi, şehrin değişiminden rahatsızlık duyuyor. Mevlut'un yaşam koşullarını tüm detaylarına kadar öğrenebilmek için insanlarla röportaj yapmaya çok vakit ayırdım. Fakat aynı zamanda da onun insani yönlerini geliştirmek istiyordum. Mevlut'un iç dünyasına ulaşabilmek için onun hakkında çok düşündüm. wirbiz Diğer romanlarınızdan farklı olarak bu sefer ciddi bir alan araştırması yaptınız. Bu araştırmalarınızdan biraz bahsedebilir misiniz? Orhan Pamuk Mevlut bir sokak satıcısıdır. Onun, neyi, nasıl alıp sattığını, hangi konuyla ilgili ne düşündüğünü bilmek istedim. Bunun için birçok araştırma yaptım. İstanbul'un sokaklarını geziyorsunuz, tavuklu pilav satan bir satıcıyla karşılaşıyorsunuz, bir porsiyon satın alıyorsunuz, ağzınızda yemek doluyken sohbet etmeye başlıyorsunuz. Sokak satıcıları konuşkandırlar. Müşterilerinin tekrar gelmesini istiyorlar sonuçta. Araştırmalarımdan elde ettiğim bu gibi detayların kitaba
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eine Portion, hat den Mund voll mit Essen und fängt an, sich zu unterhalten. Straßenhändler sind gesprächig, der Kunde soll schließlich wiederkommen. In das Buch sind viele Details aus solchen Recherchen eingeflossen, und doch handelt es sich um einen Roman. Er sollte zunächst kurz werden, aber dann haben mich die Recherchen derart beglückt, dass das Buch immer länger und länger geworden ist. Der Roman ist ein Epos über das Straßenleben Istanbuls in den vergangenen vierzig Jahren. wirbiz Mevlut verkauft Joghurt und Boza, ein leicht alkoholisches Getränk aus Hirse. Warum haben Sie ausgerechnet diese Produkte gewählt? Orhan Pamuk Das hat viele Gründe. Vor allen Dingen wollte ich über einen Straßenverkäufer schreiben, der seinen Job verliert, weil sein Produkt im Zuge des Fortschritts in Flaschen angeboten wird. Genau das geschah mit Joghurt. In meiner Kindheit wurde er lose verkauft, doch dann kam er in Gläsern, später in Plastikbehältern und Pappbechern in die Läden. Dieses Beispiel aus dem Alltagsleben macht plastisch, wie Istanbul von der Moderne erfasst worden ist.
yansımasına rağmen, bu, yine de bir roman. Kısa bir roman olacaktı başta, fakat araştırmalarım bana öyle keyif veriyordu ki kitabım gittikçe uzadı. Roman, son kırk yılın İstanbul'un sokak hayatı hakkında bir epik. wirbiz Mevlut, yoğurt ve darı irmiğinden yapılan hafif alkollü bir içecek olan boza satmaktadır. Neden özellikle bu ürünleri seçtiniz? Orhan Pamuk, 1952 in Istanbul geboren, studierte Architektur und Journalismus. 1979 begann er zu schreiben. Für seine Werke erhielt er u. a. 2003 den IMPAC-Preis, 2005 den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels und 2006 den Nobelpreis für Literatur. Viele seiner Romane, zuletzt „Diese Fremdheit in mir“, erschienen auch in deutscher Sprache. 1952'de İstanbul 'da doğan Orhan Pamuk, mimarlık ve gazetecilik okudu. Yazarlığa 1974 yılında başladı. Birçok ödülün yanı sıra eserleriyle 2003'te IMPAC Ödülü'nün, 2005'te Alman Yayıncılar ve Kitapçılar Birliği Barış Ödülü'nün ve 2006'da Edebiyat Nobel Ödülü'nün sabihi oldu. En son „Kafamda bir Tuhaflık“ olmak üzere birçok romanı Almanca'ya çevrildi.
Orhan Pamuk Bunun birçok sebebi var. Her şeyden önce, gelişimle beraber, sattığı ürünün şişelenip sunulmasıyla işini kaybeden bir satıcı hakkında yazmak istedim. Yoğurtla olan da tam olarak buydu. Çocukluğumda yoğurt, açık satılıyordu, sonra mağazalarda cam kaplarda, daha sonra da plastik ve kağıt kaplarda ambalajlanıp sunulmaya başlandı. Günlük hayattan alınmış olan bu örnek, İstanbul'un, nasıl modernleşmenin pençesinde olduğunu maddeselleştiriyor. wirbiz Mevlut, bu değişimlere direniyor gibi görünüyor. En azından boza satmaya devam ediyor çünkü… Orhan Pamuk Evet, Mevlüt eski şeyleri seviyor – Eski İstanbul resimleri, ahşap evler, mezarlıklar… O, muhafazakar biri, fakat dini değil, daha
çok estetik anlayışı anlamında. Bu konuda ona kendimi yakın hissediyorum. wirbiz Mevlut'un büyük ailesi hakkında da konuşalım, Karataş ve Aktaş aileleri hakkında. İsimlerden de anlaşıldığı gibi bu aile, birçok farklı zıtlıkları birleştiriyor. Mevlut'un bu geniş ailesi bir nevi Türkiye'nin bir resmi midir? Orhan Pamuk Kitap uzadıkça, bütün İstanbul'u kapsayan bir roman yazmak istedim. Mevlut'un en yakın arkadaşı, Kürt Alevisi ve marksist olmasıyla birçok yönden azınlık mensubudur. Mevlut'un kuzenleri ise, maçolar, sağcı ve baskıcı bir görüşe sahiptirler. Mevlut'un aile fertleri Konya civarından gelmekteler, muhafazakar fakat aynı zamanda maddi anlamda bir şeylere sahip olma çabasındalar. Böylece, kesinlikle Türkiye'nin bir görüntüsünü yansıtmaktalar. Onlar gibi olan insanlar, kendi çaplarında İstanbul'un değişmesine sebep oldular. Göçün getirdiği etkilerden dolayı birçoğu fakir geldi. Fakat, buna rağmen kırk yıl sonra güçlendiler, kendilerine olan güvenleri artı ve durumları yerindedir, ürkütücü bir yapıya sahipler. Bu, hem Mevlut'u hem de beni kızdırıyor.
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„ICH HABE VIEL ÜBER MEVLUT NACHGEDACHT, UM IHM IN SEINE INNERE WELT FOLGEN ZU KÖNNEN.“ wirbiz Mevlut scheint sich diesen Veränderungen verweigern zu wollen. Denn zumindest Boza verkauft er auch weiterhin… Orhan Pamuk Ja, Mevlut liebt alte Dinge – Abbildungen des früheren Istanbul, Holzhäuser, Friedhöfe… Er ist konservativ, aber nicht im politischen Sinne, sondern eher in seiner Vorstellung von Ästhetik. Darin fühle ich mich ihm nahe. wirbiz Lassen Sie uns auch über Mevluts Großfamilie sprechen, über die Familie Karataş und die Familie Aktaş. Wie die Namen schon andeuten, vereinigen diese Familienbande viele unterschiedliche Widersprüche. Ist Mevluts Großfamilie eine Art Abbild der Türkei? Orhan Pamuk Als das Buch immer länger wurde, wollte ich einen Roman schreiben, der ganz Istanbul umfasst. Mevluts bester Freund ist kurdischer Alevit und Marxist, also in mehrfacher Hinsicht Angehöriger einer Minderheit. Mevluts Cousins wiederum sind rechts, sie haben machistische und repressive Ansichten. Mevluts Angehörige stammen aus der Gegend von Konya, sie sind konservativ, aber zugleich darauf aus, zu Besitz zu kommen. Damit geben sie durchaus
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ein Abbild der Türkei. Leute wie sie haben Istanbul auf ihre Weise verändert. Viele kamen arm, gezeichnet von der Fragilität der Migration. Doch vierzig Jahre später sind sie stark, selbstbewusst und wohlhabend, sie wirken einschüchternd. Das regt Mevlut und auch mich auf. wirbiz Das heißt, sie haben den Wandel der Stadt bewirkt, an dem Mevlut am Ende leidet? Orhan Pamuk Ich habe mein Bestes gegeben, um die typischen Nostalgiegefühle der Istanbuler Oberschicht angesichts der Veränderungen und des Verlusts zu vermeiden. Mag sein, dass ich diesen Empfindungen in meinen früheren Büchern Ausdruck verliehen habe. Dieser Roman jedoch ist von Mevluts Optimismus getragen, von seinem guten Willen und seinem starken Charakter. Manche nennen das Naivität, andere Unschuld. Jedenfalls hat Mevlut etwas, das den gesamten Roman zusammenhält. Mag sein, dass der eine oder andere Leser mein Buch nicht mag – das würde mich nicht weiter bekümmern. Aber ich würde unglücklich, wenn meine Leser Mevlut nicht mögen würden. Zum Glück ist keins von beidem der Fall (lacht).
wirbiz Yani, hikayenin sonunda Mevlut'u da olumsuz anlamda etkileyen şehrin değişmesinin sebebi onlar mı? Orhan Pamuk İstanbul'un değişim ve kayıplarıdan dolayı üst sınıfta oluşan tipik nostaljik duyguları önlemek için elimden geleni yaptım. Daha önceki kitaplarımda belki bu duyguyu yansıtmış olabilirim. Ancak, bu romanda esas olan, Mevlut'un optimizmi, iyi niyeti ve güçlü karakteridir. Bazılarına göre bu, saflık, bazılarına göre de masumiyettir. Sonuç olarak, Mevlut'un sahip olduğu şey, tüm romanı bir arada tutmaya yetiyor. Romanımı sevmeyenler çıkabilir – bu beni endişelendirmiyor. Fakat, okurlarımın Mevlut'u sevmemesi beni üzerdi. Neyse ki, her ikisi de söz konusu değil (gülüyor). wirbiz Aile içindeki tüm farklılıklara rağmen, ne Mevlut'ta ne de ailesinde, hiçbir şekilde toleranslı olma fikri gelişmiyor. Tüm çelişkili durumlar bir şekilde beraberce atlatılıyor. Neden farklı bir çözüm üretmek için bir öğrenme süreci gelişmiyor? Orhan Pamuk Belki de bunun için daha fazla eğitime ihtiyaç vardır. Karakterlerim, iyi bir üniversitede insan-
cıl bir eğitim görebilme şansına nail değiller. Esas olan, şehirde hayat mücadelesidir. wirbiz Çocuk haliyle Mevlut'un da yardım etmesi gerekiyor. İşten yorgun düştüğü için derslerine vakit ayıramıyor… Orhan Pamuk … (gülüyor) tam da bu melodramı önlemek istemiştim halbuki! Mevlut için üzülmeniz gerekmiyor! Gülümsemeniz gerekir. Çok mutlu bir hayat sürdürdüğünü unutmamalısınız, özellikle de ilk eşi Rahiya ile birlikte. Birbirlerine çok iyi birer dost olarak yaklaşıyorlar ve çok iyi bir cinsel hayat sürdürmektedirler. Mevlut'un mutluluğunun anahtarı, eşiyle olan ilişkisidir. Roman, epik niteliklere sahip. Kırk yıla yayılan aşk hikayesi, nakış gibi dokunmuş romanın içine. wirbiz Rahiya çok güçlü bir kişiliğe sahip. Yeni romanınızda, kadınların, daha güçlü karakterler olduğunu söyleyebilir miyiz? Orhan Pamuk Bu bromanda birçok kadının sesini topladım. Okurlarıma, bu kadınların iç dünyalarında nelerin olup bittiğini gösteriyorum. Kocaları hakkındaki alaylı konuşmalarını ve aynı zamanda da öfkelerini tasvir ediyorum. Türkiye'deki kadınların bastırılmış olduğu bir gerçek, fakat
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„MEVLUT'UN İÇ DÜNYASINA ULAŞABİLMEK İÇİN ONUN HAKKINDA ÇOK DÜŞÜNDÜM.“
Straßen Istanbuls. İstanbul sokakları.
wirbiz Trotz aller Unterschiede innerhalb der Familie entwickeln Mevlut und seine Familie keine Vorstellung von Toleranz. Man wurstelt sich bei allen Widersprüchen gemeinsam durch. Warum gibt es keinen Lernprozess, um auf andere Weise zusammenzufinden? Orhan Pamuk Möglicherweise wäre dazu mehr Bildung notwendig. Meine Charaktere haben nicht das Glück, eine humanistische Erziehung an guten Universitäten zu genießen. Im Vordergrund steht der Überlebenskampf in der Stadt. wirbiz Auch Mevlut muss von Kindesbeinen an mithelfen. Die Schularbeiten kommen deshalb zu kurz, er ist müde von der Arbeit… Orhan Pamuk …(lacht) dabei wollte ich doch gerade diese Melodramatik vermeiden! Sie sollten Mevlut nicht bemitleiden! Sie sollten lieber lächeln. Vergessen Sie nicht, dass er ein sehr glückliches Leben führt, besonders mit seiner ersten Frau Rahiya. Die beiden sind einander freundschaftlich zugewandt, und sie haben so
guten Sex. Mevluts Schlüssel zum Glück ist die Beziehung zu seiner Frau. Der Roman hat epische Qualitäten. Die Liebesgeschichte, die sich über vierzig Jahre erstreckt, ist darin eingewoben wie ein Band. wirbiz Rahiya ist eine starke Persönlichkeit. Täuscht es oder sind die Frauen die stärkeren Charaktere in Ihren neuen Roman?
sırf bu yüzden pasif ya da köle oldukları doğru değil. Daha çok, kendilerini savunmak için kendi dillerini geliştiriyorlar. Onlar, süregelen adaletsizliğin farkındalar. wirbiz Kahramanlarınızın, çatışmalı karmaşık durumlarda geliştirmiş oldukları savuma mekanizmaları çok ilginç. Olumsuz yönde dikkat çekmemek için bir „kişisel“ görüş bir de „resmi“ bir görüşleri var…
Orhan Pamuk ... bu da, Türkiye'nin, aşırı baskının hakim olduğu bölgelerinde mevcut olan koşullardan dolayı insanların kamusal alanlarda (Habermas bağlamında) istedikleri gibi hareket edemeyişleriyle bağlantılıdır, özellikle de alt sınıfa mensuplarsa. Mevlut gibiler için düşüncelerini ifade etmek kolay olmuyor, çünkü sonunda zorluklarla karşılaşabilir
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„FRAUEN IN DER TÜRKEI SIND EINDEUTIG UNTERDRÜCKT.“ Orhan Pamuk Ich habe in diesem Roman viele Frauenstimmen versammelt. Ich zeige meinen Lesern, was in diesen Frauen vor sich geht. Ich beschreibe die gewitzte Art, in der sie über ihre Männer sprechen, aber auch ihre Wut. Frauen in der Türkei sind eindeutig unterdrückt, aber deshalb nicht automatisch passiv oder unterwürfig. Vielmehr erfinden sie ihre eigene Sprache, um sich zu wehren. Sie sind sich der fortgesetzten Ungerechtigkeiten bewusst. wirbiz Interessant sind die Schutzmechanismen, die sich Ihre Helden in dieser konfliktträchtigen Gemengelage angewöhnt haben. Um nicht unangenehm aufzufallen, legen sie sich eine „private“ und eine „öffentliche“ Meinung zu…. Orhan Pamuk … auch das hängt mit den herrschenden Verhältnissen in der Türkei zusammen, in der die Repression so stark ist, dass die Menschen nicht wagen, im öffentlichen Raum (im Habermas’schen Sinne) zu agieren, besonders dann, wenn sie der Unterschicht angehören. Menschen wie Mevlut fällt es nicht leicht, ihre Meinung zu artikulieren, denn sie könnten am Ende in Schwierigkeiten geraten und auf der Polizeistation lan-
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den. Vor zwanzig, dreißig Jahren war das noch schlimmer. Diese Situation will ich mit meiner Geschichte über die „private“ und „offizielle“ Meinung darstellen. Ein Land, in dem sich die Bürger ohne Angst äußern können, ist ein glückliches Land.
ve karakola düşebilirler. Yirmi, otuz sene önce, bu durum daha kötüydü. Hikayemde bunu, bahsi geçen „kişisel“ ve „resmi“ görüşlerle anlatmak istiyorum. Bir ülkenin vatandaşları, düşüncelerini korkmadan ifade edebiliyorlarsa, o ülke, mutlu bir ülkedir.
wirbiz Was muss geschehen, dass dies auch in der Türkei der Fall ist?
wirbiz Bunun, Türkiye için de geçerli olması için ne olması gerekiyor?
Orhan Pamuk In der Türkei finden zwar Wahlen statt, aber sie ist keine vollständige Demokratie. Das bedeutet: Die Medien, Journalisten und anderen Leute, die sich politisch äußern, werden eingeschüchtert. Ich weiß nicht, was geschehen muss, damit sich daran etwas ändert. Als Schriftsteller schreibe ich über das, was ich wahrnehme. Aber es macht mich traurig, dass auch jene türkischen Bürger, die genau wissen, dass die Regierung repressiv ist, diese Regierung dennoch unentwegt wählen. Sie tun das meines Erachtens nicht, weil sie religiös sind, sondern weil die Regierung wirtschaftliches Wachstum gebracht hat. Schauen Sie nach Indien, wo die konservative Partei die Wahlen gewonnen hat. Ähnlich wie die AKP ist diese Partei zwar öko-
Orhan Pamuk Türkiye'de her ne kadar seçimler yapılsa da tam bir demokrasi hakim değil. Yani, siyasi görüş bildiren medyanın, gazetecilerin ve diğer insanların, gözleri korkutuluyor. Bunun değişmesi için neyin yapılması gerektiğini bilmiyorum. Bir yazar olarak algıladıklarım hakkında yazıyorum. Fakat, hükümetin baskıcı olduğunu çok iyi bilen Türkiye vatandaşlarının, hala bu hükümeti arka arkaya seçmeleri, beni üzüyor. Bence bunu, dindar oldukları için değil, hükümetin, ekonomik gelişim sağladığı için yapıyorlar. Muhafazakar partinin seçimleri kazandığı Hindistan'a bakın. AKP gibi onlar da ekonomik açıdan başarılı fakat demokratik değiller. Bu gibi örnekler, ekonomik patlamanın olduğu yerde, otomatik olarak liberal demokrasinin gerçekleşmesinin gerekmediğini, rahatsızlık verici bir şekilde gösteriyor.
wirbiz Romanınız, tüm bu AKP seçmenlerinin nerde olduklarının daha iyi anlaşılmasını sağlıyor. Mevlut ve ailesi de öncelikli olarak daha iyi yaşam koşullarına sahip olmak istiyorlar… Orhan Pamuk Evet, bu doğru. Fakat, bununla birlikte Mevlut, bu bağlamda tipik bir figür değil. Diğer yönden de Mevlut, üst orta sınıfın geldiği, benim de büyümüş olduğum ve romanlarımın geçtiği Avrupai Nişantaşı'mdan gelmiyor. Öncelikle, bu çevrelerde yaygın olduğu gibi, işadamı ya da diplomat değil de yazarlığı meslek edinerek, daha sonra da, kendimin de bulunduğu sınıfla alakası olmayan bir insan hakkında yazarak, bu sınıfın dışına çıkmış olmam, beni mutlu ediyor. Bunu başarabildiğim için çok mutluyum. wirbiz İstanbul ve aynı zamanda şehre göç de, Mevlut hakkındaki romanınızı bitirdiğinizden bu yana, yine değişime uğradı. Şimdi göç eden mülteciler, şehrin resmini nasıl şekillendiriyorlar? Orhan Pamuk Öncelikle, Mevlut'un göç etmesini ele alalım. Bugün, Suriye veya diğer Müslüman ülkelerden göç edenlerin yaşamış olduğu gibi zor, travmatik bir göç yaşamadı o. Mevlut, aynı dili ko-
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„TÜRKİYE'DEKİ KADINLARIN BASTIRILMIŞ OLDUĞU BİR GERÇEK.“
nomisch erfolgreich, aber nicht sehr demokratisch. Solche Beispiele zeigen auf beunruhigende Weise: Wo es zum Wirtschaftsboom kommt, muss nicht automatisch auch eine freiheitliche Demokratie entstehen. wirbiz Ihr Roman lässt einen leichter begreifen, wo all die vielen AKP-Wähler sind. Auch Mevlut und seine Angehörigen wollen zunächst bessere Lebensverhältnisse… Orhan Pamuk Ja, das schon. Dennoch ist Mevlut in dieser Hinsicht keine typische Gestalt. Andererseits ist Melvut auch nicht aus meinem europäisch geprägten Nişantaşı, aus diesem Viertel der oberen Mittelschicht, in dem ich aufgewachsen bin und meine Romane angesiedelt habe. Ich bin glücklich, dass ich aus dieser Klasse herausgesprungen bin. Zunächst, indem ich Schriftsteller geworden bin und nicht – wie üblich in diesen Kreisen – Geschäftsmann oder Diplomat. Dann, indem ich über einen Menschen geschrieben habe, der nichts mit meiner eigenen Schicht zu tun hat. Darüber, dass mir dies gelungen ist, bin ich sehr glücklich. wirbiz Istanbul, aber auch die Migration in die Stadt hat sich schon wieder verändert, seit Sie Ihren
Roman über Mevlut abgeschlossen haben. Auf welche Weise prägen die Flüchtlinge, die inzwischen zuwandern, das Bild der Stadt? Orhan Pamuk Schauen Sie sich doch zunächst einmal Mevluts Migration an. Er erlebte nicht die harte, traumatische Migration wie sie die Leute aus Syrien oder anderen muslimischen Ländern heute erleben. Mevlut hatte dieselbe Sprache, denselben Pass. Zwar gab es auch für Mevlut einige traumatische Veränderungen, aber er passte sich schnell an, weil er nicht wieder zurück wollte aufs Land. Aber wie reagierten die Istanbuler Angehörigen der Oberschicht in meiner Nachbarschaft, als sie all die vielen armen, bäuerlich geprägten Migranten sahen? Sie sagten, die Regierung solle die Zuwanderung nach Istanbul stoppen. Man wollte nicht noch mehr Menschen, jedenfalls nicht mehr, als man in den Fabriken unbedingt benötigte. Es ist ein natürlicher Instinkt der Menschheit, sich die Lebensumstände so zu erhalten wie sie sind, vor allem, wenn diese Lebensumstände angenehm sind. Auch damit haben die Probleme zu tun, mit denen man durch die Migration heute konfrontiert ist – das gilt auch für Europa. wirbiz Vielen Dank für das Gespräch. n
nuşuyor, aynı pasaporta sahip. Mevlut için de bir takım travmatik değişiklikler söz konusu oldu tabii. Ama, buna rağmen köye geri dönmek istemediği için çabuk uyum sağladı. Fakat, kırsal kesimlerden gelen, göç eden pekçok fakiri gören İstanbullular'ın, çevremdeki üst sınıf mensuplarının tepkileri ne oldu? Onlar, hükümetin, İstanbul'a yapılan göçü durdurması gerektiğini söylediler. Daha fazla insan instenmiyordu, yani en azından fabrikalarda ihtiyaç duyulduğundan fazlası istenmiyordu. Özellikle, rahat olan yaşam koşullarını olduğu gibi korumaya çalışmak, insani bir içgüdüdür. Günümüzde, göç sebebiyle karşı karşıya kaldığımız problemler de bununla alakalı – bu, Avrupa için de geçerli.
Orhan Pamuk erzählt wirbiz von seinem Roman „Diese Fremdheit in mir“. Orhan Pamuk, "Kafamda bir Tuhaflık" adlı romanını wirbiz'e anlatıyor.
wirbiz Söyleşi için teşekkür ederiz. n
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NACH DEN LANDTAGSWAHLEN IN BADEN-WÜRTTEMBERG
Ein Beitrag von Sibylle Thelen
Die Bilanz der letzten fünf Jahre und ein Ausblick
bilanz. Die Gesprächsrunde wurde vom DTF-Geschäftsführer Kerim Arpad moderiert.
„eingebürgert 1989, Muslima“, so der Hinweis in ihrer offiziellen Vita.
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Nicht nur für die neue Landtagspräsidentin Muhterem Aras war der 11. Mai 2016 ein historischer Tag. „Wir haben heute Geschichte geschrieben“, mit diesen Worten wandte sich die türkeistämmige Politikerin nach ihrer Wahl bei der konstituierenden Sitzung des 16. Landtags von Baden-Württemberg an das Plenum. „Sie haben zum ersten Mal eine Frau in das hohe Amt der Landtagspräsidentin gewählt. Eine Frau mit Migrationshintergrund als Repräsentantin dieses Hohen Hauses. Damit haben Sie ein deutliches Zeichen gesetzt. Ein Zeichen weit über die Grenzen Baden-Württembergs hinaus. Ein Zeichen für Weltoffenheit, für Toleranz und für das Gelingen von Integration.“
Ausgestattet mit der Ordnungsgewalt (und der Glocke in der Hand) wird die Präsidentin Aras (Bündnis 90/Die Grünen) künftig die Landtagssitzungen leiten. Ihr und ihrem Stellvertreter Wilfried Klenk (CDU) fällt die Aufgabe zu, die Debatten in Plenum, womöglich auch Konflikte zu moderieren – in einem Landtag, in dem die grün-schwarze Koalition zwar mit 89 Sitzen über eine komfortable Mehrheit verfügt, in dem aber auch die erstmals ins Landesparlament gewählte AfD mit 23 Abgeordneten die größte Oppositionspartei stellt, vor den Sozialdemokraten (19) und der FDP (12). Die konstituierende Sitzung bot die Gelegenheit zu einer ersten Positionierung. Geschlossen versagte die AfD-Fraktion der frisch gekürten Präsidentin den Applaus. Gelungene Integration lebt von Persönlichkeiten, die sie verkörpern, aber nicht zuletzt auch von klaren Zielsetzungen. Im grün-schwarzen Koalitionsvertrag mit dem Titel „Baden-Württemberg gestalten: Verlässlich. Nachhaltig. Innovativ.“ findet sich zwar kein eigenes Kapitel zur Integrationspolitik, so wie es auch kein eigenes Integrationsministerium mehr gibt, denn
o steht die Integrationspolitik in Baden-Württemberg? Was ist in der vergangenen Legislaturperiode erreicht worden? Welche Aufgaben gilt es, in den nächsten fünf Jahren anzupacken? wirbiz hat AkteurInnen, die sich an unterschiedlichen Stellen unserer Gesellschaft, in Vereinen, Verbänden und Institutionen für ein Miteinander in Vielfalt einsetzen, nach ihren Erwartungen an die neue Landesregierung gefragt. Auf den folgenden Seiten finden Sie die Antworten. Wir stellen zudem dar, welche integrationspolitischen Ziele sich das grün-schwarze Bündnis in seiner Koalitionsvereinbarung setzt. Außerdem blicken wir auf das Podiumsgespräch mit den Kandidatinnen und Kandidaten der bisherigen Landtagsfraktionen zurück, zu dem das Forum der Kulturen und das Deutsch-Türkische Forum am 23. Februar 2016 geladen hatten: Die vier, unter ihnen die inzwischen frisch gekürte Landtagspräsidentin Muhterem Aras, präsentierten an dem Abend im Stuttgarter Lindenmuseum eine Mischung aus Wahlkampf und Arbeits-
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Frau, noch dazu mit Migrationshintergrund: diese Konstellation in hervorgehobenen politischen Positionen hat in Deutschland noch immer Seltenheitswert. 2010 wurde die CDU-Politikerin Aygül Özkan in Niedersachsen als erste türkeistämmige Muslimin überhaupt in das Amt der Sozialministerin berufen. Ein Jahr später übernahm die Ber-
Sibylle Thelen, geboren 1962, studierte Politik, Turkologie und Kommunikationswissenschaften in München. 2008 erschien ihr Buch „İstanbul – Stadt unter Strom. Gesichter der neuen Türkei“ und 2010 „Die Armenierfrage in der Türkei“. Sie leitete viele Jahre als Redakteurin die Wochenendbeilage der Stuttgarter Zeitung und ist seit Juli 2011 Leiterin der Abteilung für Demokratisches Engagement der Landeszentrale für politische Bildung BadenWürttemberg.
liner Sozialdemokratin Bilkay Öney das baden-württembergische Integrationsministerium. Und auch auf Bundesebene ist seit Ende 2013 eine Pionierin vertreten: Aydan Özoğuz ist Staatsministerin bei der Bundeskanzlerin und Beauftragte der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration –
Politik & Gesellschaft
das unter Grün-Rot geschaffene Haus wird aufgelöst. Im neuen Koalitionsvertrag ist die Integrationspolitik, für die nun das Sozialministerium zuständig ist, stattdessen als Querschnittsaufgabe angelegt. Die Zielsetzungen finden sich in etlichen Kapiteln wie etwa zur Bildungs-, Sozial- und Innenpolitik: so das Bekenntnis zur frühen Sprachförderung; die Zielsetzung, den islamischen Religionsunterricht weiter auszubauen; das Bekenntnis zum Grundrecht Asyl, bei gleichzeitigen Forderungen nach beschleunigten Verfahren und einem „wirkungsvollen Rückkehrmanagement“. Den integrationspolitischen Schwerpunkt setzt freilich der letzte Abschnitt „Mit Herz und Hand – In Europa und der Welt und bei der Integration“, der das Spannungsfeld von Fördern und Fordern in aller Grundsätzlichkeit umreißt: „Unser Willkommen ist mit Erwartungen verbunden: Wir fordern von unseren neuen Mitbürgerinnen und Mitbürgern, dass sie unsere Werte anerkennen, wie sie in der Grundrechtecharta der Europäischen Union, im deutschen Grundgesetz und in der baden-württembergischen Landesverfassung verankert sind. Diese Werte sind durch die Aufklärung, den Humanismus, die christlich-jüdischen Wurzeln geprägt und durch die Vielfalt der zugewanderten
Menschen bereichert. Die Würde des Menschen ist unantastbar, wir werden sie achten und schützen. Freiheit, Demokratie, Menschenrechte, Rechtsstaatlichkeit und Gleichberechtigung von Mann und Frau sind die unabdingbare Grundlage für Pluralismus und die offene und die herzliche Aufnahme in unsere Gesellschaft.“ Welche konkreten Erwartungen sich auf dem weiten Feld der Integrationspolitik an die neue Landesregierung richten, zeigen Ihnen auf den folgenden Seiten die Statements von Akteurinnen und Akteuren, die sich an unterschiedlichen Stellen unserer Gesellschaft für ein Miteinander in Vielfalt einsetzen. Einige Aufgabestellungen waren auch beim Podiumsgespräch unter der Überschrift „Landtagswahl 2016 – Migration, Interkultur und Asyl“ am 23. Februar 2016 im Lindenmuseum Stuttgart zur Sprache gekommen. Versammelt auf dem Podium saßen dort die Stuttgarter Kandidaten Dr. Reinhard Löffler (CDU), Muhterem Aras (Bündnis 99/Die Grünen), Ergun Can (SPD) und Gabriele Reich-Gutjahr (FDP). Weithin einig war man sich, dass gute Sprachkenntnisse und Bildung die Voraussetzung für Teilhabe sind. Kontrovers wurde die Debatte bei einem anderen Thema, dem Umgang der Politik mit den Flüchtlingen. n
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Gari Pavković, Integrationsbeauftragter der Stadt Stuttgart
Wir lassen uns nicht von der großen Zahl der Geflüchteten überwältigen, auch nicht von vermeintlich zu großen kulturellen und religiösen Unterschieden, die unsere Einwanderungsgesellschaft durch die neuen Asylsuchenden prägen. Menschen, die zu uns kommen, lernen unsere demokratischen Spielregeln schätzen und werden sie deshalb auch übernehmen. Seit den hässlichen Vorfällen in der Silvesternacht von Köln gibt es eine kontroverse Diskussion darüber, wie die Vermittlung unserer demokratischen Werte und Regeln insbesondere bei den jungen arabischen Männern gelingen kann. Rechtspopulisten instrumentalisieren die Ängste bei Teilen der Bevölkerung für ihre politischen Interessen und spalten dadurch unsere Gesellschaft. Eine gemeinsame Verständigung über die Grundlagen eines friedlichen und respektvollen Zusammenlebens in kultureller Vielfalt ist die große Aufgabe der nächsten Jahre. Auch wenn die große Bevölkerungsmehrheit sich an unsere Gesetze und Vorschriften hält, nehmen rassistische Äußerungen und Gewaltdelikte zu. Teilweise ist dies eine Folge der Konflikte und Kriege in den Herkunftsländern der Immigranten, teilweise Panikmache der Populisten, die als „Integrationsverweigerer ohne Migrationshintergrund“ bezeichnet werden können. Mit kommunalen Flüchtlingsdialogen und mit anderen Foren der Bürgerbeteiligung wollen wir die Möglichkeit geben, dass die Menschen über ihre positiven und negativen Erfahrungen sprechen können. Integrative Stadtgesellschaften zeichnen sich dadurch aus, dass sie neben der Willkommenskultur auch eine demokratische Streitkultur pflegen, und dass sie den benachteiligten Bevölkerungsgruppen faire Teilhabechancen ermöglichen. Die alte Landesregierung hat die Städte und Gemeinden bei der Lösung der genannten Herausforderungen tatkräftig unterstützt, insbesondere durch das Integrationsministerium. Dies erwarten wir auch von der neuen Regierungskoalition in Baden-Württemberg.“ Gari Pavković wurde im heutigen Bosnien-Herzegowina geboren und kam mit 10 Jahren nach Deutschland. Hier hat er Psychologie studiert und war anschließend bis 2001 in psychosozialen Diensten tätig. Pavković leitete die städtische Erziehungsberatungsstelle in Stuttgart-Wangen mit interkulturellem Arbeitsansatz. Seit 2001 ist er Integrationsbeauftragter der Stadt Stuttgart. Seine Arbeitsschwerpunkte sind Integration durch Bildung, interkulturelle Ausrichtung der Stadtverwaltung, Einbindung der BürgerInnengesellschaft und insbesondere der MigrantInnenorganisationen in die kommunale Integrationsarbeit sowie die politische Beteiligung von MigrantInnen.
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Doro Moritz, Landesvorsitzende der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft
Als Vorsitzende der Bildungsgewerkschaft GEW steht für mich für alle Menschen, die nach Deutschland zuwandern, der Zugang zu Bildungsangeboten im Vordergrund, passend zu ihrem Lern- und Bildungsstand und ihren sonstigen Voraussetzungen – unabhängig von ihrem Aufenthaltsstatus. Diese Bildungsangebote sollten schon in der Landeserstaufnahmestelle (LEA) für Flüchtlinge gemacht werden. Ein schneller Erwerb der deutschen Sprache ist vordringlich. Daher müssen Kitas, Schulen, Berufliche Schulen, Weiterbildungseinrichtungen und Hochschulen personell und finanziell zusätzlich so ausgestattet werden, dass deutlich mehr Kapazitäten für eine individuelle und bedarfsgerechte Sprachbildung zur Verfügung stehen und die regulären Angebote unverändert aufrechterhalten werden können. Wir fordern das Recht zum Besuch der berufsbildenden Schule bis zum Alter von 25 Jahren. Dringend notwendig ist die Qualifizierung von Lehrkräften für Deutsch als Zweitsprache. Erzieherinnen und Erzieher sowie Lehrkräfte unter den Geflüchteten sollten in ihrer Profession anerkannt und bereits in den Erstaufnahmeeinrichtungen zur Betreuung und zum Unterricht von Kindern und Jugendlichen hinzugezogen werden.“ Doro Moritz ist seit April 2008 Landesvorsitzende der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW), der Bildungsgewerkschaft im Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB). Die Organisation hat in Baden-Württemberg derzeit fast 50.000 Mitglieder. Frau Moritz studierte an den Pädagogischen Hochschulen Ludwigsburg und Heidelberg. Einige Jahre arbeitete sie als Lehrerin an einer Haupt- bzw. an einer Grund-, Haupt- und Realschule. Sie übt und übte zahlreiche Ehrenämter aus. Unter anderem arbeitete sie mehrere Jahre in einem Integrationsprojekt für türkische Frauen in Heimsheim mit.
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Monika Memmel, eva Abteilungsleiterin für die „Dienste für Kinder, Jugendliche und Familien in der Region“
Um den Opferschutz in Baden-Württemberg sicherzustellen, muss die Beratungsstelle durch die neue Landesregierung auf Dauer gefördert werden. Für volljährige Frauen, die von Gewalt in dieser Form betroffen sind, wären darüber hinaus kurzfristige Notaufnahmeplätze dringend erforderlich. So könnte die eva jungen Migrantinnen ein Leben in Würde ermöglichen und die Integration fördern.“ Monika Memmel ist eva Abteilungsleiterin für die „Dienste für Kinder, Jugendliche und Familien in der Region“. Zu ihrer Abteilung gehören „Hilfen für junge Migrantinnen“ – dazu zählt ROSA und YASEMIN. YASEMIN ist eine mobile Beratungsstelle in Baden-Württemberg für junge Migrantinnen und ihre vertrauten Dritten. Beraten werden diese in den Konfliktsituationen, in denen sie sich befinden. Schwierigkeiten mit der Familie, den Verwandten oder dem sozialen Umfeld bedingt durch den traditionellen und kulturellen Hintergrund gehören zu dem Aufgabengebiet der Beratungsstelle. Auch Betroffene von Zwangsheirat und Bedrohte von körperlicher, sexueller oder seelischer Gewalt in der Partnerschaft können sich bei YASEMIN Hilfe holen und werden bedarfsgerecht unterstützt. Außerdem sensibilisieren die Mitarbeiterinnen von YASEMIN Behördenmitarbeitende, Lehrkräfte von Schulen und andere psychosoziale Berufsgruppen. Sie informieren junge Menschen an Schulen und in Ausbildungsbetrieben und führen Präventionsveranstaltungen durch. Seit 2007 ist die Evangelische Gesellschaft (eva) Trägerin von YASEMIN.
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Andreas Richter, Hauptgeschäftsführer der IHK Region Stuttgart
Viele Betriebe aus der Region Stuttgart sind rund um den Globus erfolgreich. Dazu tragen nicht nur deren Leistungsfähigkeit und Innovationskraft bei. Auch Weltoffenheit und kulturelle Vielfalt spielen dabei eine wesentliche Rolle. Menschen aus rund 140 Ländern arbeiten in unserer Region. Diversity ist in vielen Betrieben wichtiger Bestandteil der Unternehmenskultur. Weil Beschäftigung der beste Weg zur Integration ist und Fachkräfte gesucht sind, setzt sich die IHK zusammen mit engagierten Unternehmen für die Vermittlung von Migranten sowie Flüchtlingen in Ausbildung und Arbeit ein. Dabei ist es unbedeutend, woher eine künftige Fachkraft kommt. Die Sicherung unseres Wirtschaftsstandorts kann nur gelingen, wenn ausreichend in Bildung investiert wird. Die guten Ansätze der Vorgängerregierung Baden-Württembergs zur Stärkung der dualen Ausbildung und Verbesserung der Berufsorientierung müssen weiter verfolgt werden. Wir sind überzeugt, dass auch die neue Landesregierung hinter diesen Zielen steht.“ Andreas Richter (63) ist seit 1998 Hauptgeschäftsführer der IHK Region Stuttgart. Er studierte Volkswirtschaftslehre sowie Soziologie in Heidelberg und begann eine journalistische Ausbildung bei der Stuttgarter Zeitung, in deren Wirtschaftsredaktion er 15 Jahre tätig war – sieben Jahre als Leiter des Wirtschaftsressorts. Außerdem war er drei Jahre als Wirtschaftskorrespondent in Frankfurt für verschiedene Zeitungen aktiv. Die Industrie- und Handelskammer (IHK) Region Stuttgart vertritt das Gesamtinteresse ihrer Mitgliedsunternehmen aller Branchen, sie wirkt für die Förderung der Wirtschaft und hat dabei die Interessen einzelner Gewerbezweige oder Betriebe abwägend und ausgleichend zu berücksichtigen. Die IHK bietet ein breites Spektrum an Information, Beratung und Bildung. Sie vernetzt Unternehmen untereinander und sie vernetzt Unternehmen mit Politik. Ebenso unterstützt und berät sie staatliche Stellen durch Vorschläge, Gutachten und Berichte und sorgt so für Wirtschaftsnähe mit dem Ziel, bessere Rahmenbedingungen für die Wirtschaft zu erwirken.
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Sandra Kostner, Geschäftsführerin des Masterstudiengangs „Interkulturalität und Integration“ an der PH Schwäbisch Gmünd
Integrationspolitik wird in den kommenden Jahren aller Voraussicht nach spannungsgeladener sein als unter Grün-Rot, bilden doch mit Bündnis 90/Die Grünen und der CDU zwei Parteien eine Koalition, die ein recht unterschiedliches Verständnis von Fördern und Fordern haben. Für die Grünen steht fördern an erster Stelle, für die CDU fordern. Anstehende Aufgaben gibt es genug: Das im Dezember 2015 in Kraft getretene „Partizipationsund Integrationsgesetz“ wird sich nicht kostenneutral verwirklichen lassen. Als Diversitätsbeauftrage der PH Schwäbisch Gmünd habe ich schon 2012 einen Leitfaden zur Interkulturellen Öffnung und Diversitätsorientierung der Hochschule entwickelt und weiß daher nur zu gut, dass die auf den Hochschulbereich abzielenden Passagen des Gesetzes nicht ohne Ressourcen umsetzbar sind. Die gezielte Ansprache unterrepräsentierter Bevölkerungsgruppen ist nur mit zusätzlichem Personal leistbar ebenso wie die Einsetzung von Ansprechpersonen für Antidiskriminierung. Wichtig ist zudem, dass Integrationspolitik stärker bedarfs- statt gruppenorientiert erfolgt. Gegenwärtig besteht die Tendenz, Sonderprogramme für Flüchtlinge aufzulegen, die leider nicht immer gut mit bereits bestehenden Programmen verzahnt sind. Auch sollte die Politik darauf achten, dass die wichtige Förderung von Flüchtlingen nicht dazu führt, dass andere Neuzuwandernde (bundesweit ca. 600.000 Personen im Jahr 2015) und die „migrationsstämmige“ Bestandsbevölkerung aus dem Blickfeld der Integrationspolitik geraten.“ Dr. Sandra Kostner ist seit Mai 2010 Geschäftsführerin des Masterstudiengangs „Interkulturalität und Integration“ an der Pädagogischen Hochschule Schwäbisch Gmünd. Ihre Forschungsschwerpunkte sind vergleichende Migrations- und Integrationspolitik mit dem Fokus Deutschland, Australien und Großbritannien sowie Prozesse der interkulturellen Öffnung und Diversitätsorientierung von Hochschulen, Verwaltungen und Kultureinrichtungen.
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Kerim Arpad, Geschäftsführer des Deutsch-Türkischen Forums
Migration hat Baden-Württemberg in den vergangenen 60 Jahren stark und bunt gemacht. Um allerdings die Herausforderungen der Einwanderung zu stemmen, bedarf es auch seitens der neuen Landesregierung vielfältiger Maßnahmen und Impulse. Zentral ist dabei die Bildungspolitik, weil die Schulleistungen entscheidend sind für spätere Erfolge. Bereits ab dem Kindergarten muss eine qualifizierte Sprachförderung erfolgen, die auch fächerübergreifend in der Schule anschließt. „Individualisierung“ darf dabei nicht nur ein Schlagwort sein, sondern muss gelebter Alltag werden, um einzelne Schüler nach ihren Potenzialen fördern zu können. Bei Bedarf müssen Mentoren als Vorbilder zum Einsatz kommen, die Schüler individuell in und außerhalb der Schule begleiten. Mit den Eltern als Bildungspartner müssen Wege der Kinder durch das Schulwesen geplant und begleitet werden. Aber auch in anderen Bereichen der Landespolitik muss der Aspekt der Migration eine Querschnittsaufgabe bilden. Förderungen von Kultureinrichtungen, Sozialträger und Unternehmensgründern müssen sich an den neuen demografischen Gegebenheiten orientieren und darauf abzielen, alle Bevölkerungsgruppen zu erreichen. Angesichts der neuen rechtspopulistischen Agitationen kommt auch der politischen Bildung eine gesteigerte Bedeutung zu. Sie muss dringend ausgebaut werden, damit die Auseinandersetzung mit Rassismus auf allen gesellschaftlichen Ebenen stattfindet und Extremisten keinen Nährboden finden. Schließlich gilt es, Integration als Querschnittsaufgabe in der Landespolitik zu verankern. Ein eigenständiges Ministerium mit erweiterten Kompetenzen und zusätzlichen Ressourcen wäre dafür der beste Weg.“ Kerim Arpad, geboren in Stuttgart, ist Geschäftsführer des Deutsch-Türkischen Forums Stuttgart e. V. Er ist außerdem beratendes Mitglied des Landesschulbeirats Baden-Württemberg sowie des Jugendhilfeausschusses und des Internationalen Ausschusses des Stuttgarter Gemeinderats.
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Gökay Sofuoğlu, Bundes- und Landesvorsitzender der Türkische Gemeinde in Baden-Württemberg
Integrationspolitik hat in den letzten fünf Jahren eine enorme Bedeutung für unser Bundesland gewonnen. Der Bereich, der bis dahin als Randthema bei verschiedenen Ministerien behandelt wurde, hat durch das neu eingerichtete Ministerium einen neuen Stellenwert bekommen. Bilkay Öney hat dieses Amt nach anfänglichen Schwierigkeiten sehr gut ausgefüllt. Das Thema Integration wurde nicht nur als ein wichtiger Bestandteil der Landespolitik diskutiert, sondern es wurden auch einige Landesgesetze dazu verabschiedet. Migrations- und Partizipationspolitik muss auch in der neuen Regierung ein Schwerpunktthema werden. Viele Initiativen der Ministerin Bilkay Öney müssen fortgesetzt werden. Voraussetzung dafür ist unter anderem mehr Budget.“ Gökay Sofuoğlu, Bundes- und Landesvorsitzender der Türkischen Gemeinde in Baden-Württemberg wurde 1962 in Kayseri in der Türkei geboren. Nach seinem Abitur kam er 1980 nach Deutschland um Sozialpädagogik zu studieren. Seine Tätigkeit als Sozialpädagoge übte er in Kornwestheim und Stuttgart aus. Die Türkische Gemeinde in Baden-Württemberg e. V. (TGBW) ist als Interessenvertretung verschiedener Organisationen für Menschen mit Migrationshintergrund tätig. Seit ihrer Gründung im Jahr 1999 liegt der Schwerpunkt auf den Arbeitsfeldern der Inklusion und der Vermittlung von Aus- und Weiterbildung für Menschen nichtdeutscher Herkunft sowie der Tätigkeit als Anlaufstelle für Betroffene von Diskriminierung. Die TGBW setzt sich für die Belange von Menschen mit ausländischen Wurzeln ein und mischt bei der Gestaltung der deutschen Gesellschaft mit, damit ein offeneres und multikulturelles Zusammenleben stattfindet.
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DEUTSCHE INVESTITIONEN IN DER TÜRKEI TÜRKİYE'DE ALMAN YATIRIMLARI Ein Beitrag von Süheylâ İnce Demir
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ie türkische Wirtschaft erlebt seit Jahren einen Konjunkturaufschwung. Sie ist in den letzten Jahren mit einer durchschnittlichen jährlichen BIP-Wachstumsrate von 4,7 Prozent gewachsen. Damit einhergehend sind auch die deutsch-türkischen Wirtschaftsbeziehungen gewachsen. Deutschland ist der wichtigste Handelspartner der Türkei. Das bilaterale Handelsvolumen beträgt in den letzten Jahren durchschnittlich 35 Milliarden Euro. In Deutschland erhöht sich darüber hinaus die Zahl der türkeistämmigen Unternehmer ebenfalls stetig. Derzeit beschäftigen ca. 82.000 türkeistämmige Unternehmer nahezu 450.000 Mitarbeiter und erwirtschaften einen Jahresumsatz von ca. 45 Milliarden Euro. Der wirtschaftliche Aufstieg der Türkei wirkt sich auch unmittelbar auf die Investorenlage aus. Die Zahl der Unternehmen mit deutschen Investoren ist zwischenzeitlich auf über 6.200 gestiegen. Die Türkei selbst bietet mit ihrem großen Markt für ausländische Investoren einen Anreiz, darüber hinaus ist sie aber auch attraktiv als „Brückenland“ für wirtschaftliche Betätigungen in den Nachbarländern der Türkei, wie in den ehemaligen GUS-Staaten oder nunmehr auch dem Iran. Das türkische Rechtssystem bietet hierbei den ausländischen
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Investoren die Grundlage für ihren Eintritt in das Land. Insbesondere das türkische Handelsund Gesellschaftsrecht hat sich nach der letzten Reform des türkischen Handelsgesetzbuches im Juli 2012 immer mehr dem deutschen Recht angenähert bzw. angeglichen. Somit kann der deutsche Investor sich grundsätzlich in einem ihm bekannten rechtlichen Terrain wägen, wenn er sich in der Türkei unternehmerisch engagiert. Dem türkischen Handelsgesetzbuch sind Gesellschaftsformen bekannt, die es im deutschen Recht ebenso gibt, so wie: Limited Sirketi, Ltd.Sti. – Gesellschaft mit beschränkter Haftung nach türkischem Recht, Anonim Sirketi, A.S. – Aktiengesellschaft nach türkischem Recht, Kommanditgesellschaft auf Aktien, die Genossenschaft sowie die Personengesellschaften wie die Adi Sirket – GbR nach türkischem Recht. Die Limited Sirketi kann mit einem Mindeststammkapital von 10.000 TL gegründet werden. Bei der Limited Sirketi ist die Haftung auf das Gesellschaftsvermögen wie bei der GmbH beschränkt, jedoch gilt hier zu beachten, dass bezüglich öffentlich rechtlicher Verbindlichkeiten wie Steuern und Sozialabgaben eine gesetzliche Durchgriffshaftung der Gesellschafter gegeben ist.
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ayri safi milli hasılatı son yıllarda ortalama yıllık yüzde 4,7'lik bir büyüme kaydeden Türk ekonomisinin yıllardır gösterdiği konjonktürel gelişim ve genişleme hala devam etmektedir. Bununla uyum içerisinde Türk-Alman ekonomi ilişkileri de her geçen gün daha fazla büyümektedir. Almanya, Türkiye'nin en büyük ticaret ortağıdır. Son yıllarda ikili ticaret hacmi ortalama 35 milyar euro'yu bulmaktadır. Almanya'da da, Türk girişimcilerin sayısı giderek artmıştır. Şu anda yaklaşık 82.000 Türkiye kökenli girişimciler yaklaşık 450.000 çalışanlarıyla yaklaşık 45 milyar euro yıllık ciro kazanmaktalar. Türkiye'nin ekonomik olarak yükselişi, yatırımcıların durumuna da doğrudan etki etmektedir. Alman yatıcırımcıların dahil oldukları şirket sayısı 6.200 rakamını aşmıştır. Büyük pazarıyla Türkiye yabancı yatırımcıların ilgisini cezbetmektedir. Bunun dışında da, eski BDT-ülkeleri veya şimdi de İran gibi Türkiye'nin komşusu olan ülkelerle olan ekonomik faaliyetlerde „köprü ülke“ olarak da ayrıca çok çekici bir konuma sahiptir. Türk hukuk sistemi, yabancı yatırımcılara ülkeye girmek noktasında gerekli zemini sunmaktadır. Türk Ticaret Kanunu'nda Temmuz 2012'de gerçekleştirilen son reformlarla bilhassa Türk Ticaret ve Şirketler Hukuku Alman Hukuku'na daha da yakın-
laşmış ve intibak ettirilmiştir. Bu şekilde Alman yatırımcı, Türkiye'deki girişimcilik faaliyetlerinde kendisini prensip olarak bildiği ve aşina olduğu bir hukuki alanda hissedecektir. Türk Ticaret Kanunu, Alman hukukunda da olan limited şirket – sorumluluğu kısıtlı şirket, anonim şirket (Aktiengesellschaft), komandit ortaklık, kooperatif ile adi şirket (GbR) gibi şahıs şirketleri de dahil olmak üzere tüm bu şirket türlerinin hepsini kapsamaktadır. Limited şirket, 10.000 TL'lik bir asgari ana sermaye ile kurulabilmektedir. Limited şirkette sorumluluk, GmbH'da olduğu gibi şirketin varlıklarıyla sınırlıdır. Ancak burada, vergi, sosyal kesintiler gibi kamu borçları bakımından ortakların şahsi sorumluluklarının bulunduğu hususuna dikkat etmek gerekir. Bir anonim şirket kurmak için 50.000 TL'lik bir asgari ana sermaye gerekmektedir. 2012 yılından bu yana tek başına bir yabancı ortak tarafından da anonim şirket kurulması mümkündür. A.Ş.'nin sorumluluğu da aynı şekilde şirket varlıklarıyla sınırlıdır. Bunların dışında, bağımlı şube, ticari temsilcilik veya bir irtibat bürosu kurma gibi başkaca yaygın faaliyet şekilleri de mevcuttur. Son belirtilen, Alman hukukunda bulunmamakla birlikte, yabancı bir şirketin Türkiye'de
Wirtschaft
„ALMANYA, TÜRKİYE'NİN EN BÜYÜK TİCARET ORTAĞIDIR.“ Zur Gründung einer Anonim Sirketi bedarf es eines Mindeststammkapitals von 50.000 TL. Seit 2012 ist eine Gründung auch durch einen ausländischen Alleingesellschafter allein möglich. Die Haftung der A.S. beschränkt sich ebenso auf das Gesellschaftsvermögen. Darüber hinaus gibt es weitere gängige Betätigungsformen wie
die Errichtung einer unselbstständigen Niederlassung, der Beauftragung eines Handelsvertreters oder der Errichtung eines sogenannten Verbindungsbüros. Letzteres ist eine Form der Präsenz eines ausländischen Unternehmens in der Türkei, die es so im deutschen Recht nicht gibt. Ein Verbindungsbüro dient unter anderem dazu, für das aus-
mevcudiyetinin başka bir şeklidir. İrtibat büroso, yabancı bir şirketin müşteri kazanması, sipariş toplaması veya yürüyen işleri yerinde denetlemesine hizmet etmektedir. Ancak ticari faaliyet gösteremez. İrtibat bürosu kurmak için Türk Hazine Müsteşarlığı'nın izni gereklidir. Önemli şartlardan birisi de, irtibat bürosunun tüm harcama-
larının Alman şirket tarafından yurt dışından yapılmak zorunda olmasıdır. Bu da, çalışanlara ödenen maaş ve ücretlerin, Türk ücret vergisi yükümlülüğüne tabi olmaması durumunu ortaya çıkarmaktadır. İcabında daha sonra bir şube veya yavru şirket kurararak ekonomik olarak faaliyet göstermek amacıyla, evvela pazarı araştır-
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Wirtschaft
„DEUTSCHLAND IST DER WICHTIGSTE HANDELSPARTNER DER TÜRKEI.“
ländische Unternehmen zu akquirieren oder das laufende Geschäft vor Ort zu überwachen. Es darf sich nicht wirtschaftlich betätigen. Die Gründung erfordert die Genehmigung des türkischen Schatzamtes. Eine der wesentlichen Voraussetzungen ist, dass sämtliche Ausgaben des Verbindungsbüros vom deutschen Unternehmen aus dem Ausland erfolgen müssen. Dies bedingt zudem, dass gezahlte Gehälter an Mitarbeiter nicht der türkischen Lohnsteuerpflicht unterliegen. Die Errichtung eines Verbindungsbüros ist geeignet, um zunächst den Markt zu sondieren, um sich hiernach ggf. durch Gründung einer Niederlassung oder Tochtergesellschaft wirtschaftlich zu betätigen. Hinsichtlich der strukturellen Organisation bieten in der Türkei sogenannte Investitionszonen eine Alternative. Mit den sogenannten „Organize Sanayi Bölgesi“ – Organisierten Industriezonen – werden dem Unternehmer bereits eine bestehende Infrastruktur sowie soziale Einrichtungen zur Verfügung gestellt. Die bereitgestellte fertige Infrastruktur umfasst unter anderem Straßen, Wasser-, Gas- und Stromversorgung, Kommunikationsnetze und die Abfallbeseitigung. Jede größere Stadt verfügt zwischenzeitlich über mindestens eine solche
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Zone am Rande ihres Stadtgebietes. Türkeiweit gibt es derzeit 290 Zonen, wobei mehr als 210 Zonen bereits in Betrieb sind, der Rest im Bau. Für Unternehmen, die die Türkei als „Brückenland“ nutzen wollen, bietet sich an, sich in einer der sogenannten Freihandelszonen (Serbest Bölge) anzusiedeln. Freihandelszonen sind geschlossene Areale, die sich innerhalb der türkischen Landesgrenze befinden, aber nicht den türkischen Zollbestimmungen unterliegen. Es gibt über 20 Freihandelszonen in der Türkei, meist in der Nähe von Häfen. Befreiungen von der Körperschaftssteuer für produzierende Unternehmen und der Mehrwertsteuer können als einige der Vorteile genannt werden. Damit können Unternehmen in der Türkei produzieren oder Lager halten und von dort ohne großen Aufwand ihre Produkte in die umliegenden Länder exportieren. n
Rechtsanwältin Süheylâ İnce Demir, Inhaberin der Anwaltskanzlei İnce & Koll. (www.anwaltskanzlei-ince.de), ist spezialisiert auf Wirtschaftsrecht im deutsch-türkischen Rechtsverkehr. Sie ist zudem Gesellschafterin der Beratungsgesellschaft GATIC GmbH – German and Turkish International Consultancy (www.gatic-de.com), die gemeinsam mit ihrer Niederlassung in Istanbul GATIC Ltd. Şti. Unternehmens-, Rechts,- Steuerberatung und Wirtschaftsprüfung koordiniert. Sie ist seit vielen Jahren Mitglied im Kuratorium des Deutsch-Türkischen Forums in Stuttgart sowie erste stellvertretende Vorsitzende der Deutsch-Türkischen Juristenvereinigung. Avukat Süheylâ İnce Demir, Ince & Koll. avukatlık bürosunun (www.anwaltskanzlei-ince.de) sahibi olarak, Türk-Alman hukuk ilişkileri çerçevesinde ticaret ve ekonomi hukuku konularında uzmanlaşmıştır. Aynı zamanda GATIC GmbH (www.gatic-de. com) danışmanlık şirketinin ortaklarındandır ve İstanbul GATIC Ltd. Şti. şubesi ile, şirket-, hukuk- ve mali denetim ve vergi danışmanlığını koordine etmekte. Uzun yıllardır Stuttgart Türk-Alman Forumu'nun mütevelli heyeti üyesi ve Türk-Alman Hukukçular Derneği'nin yönetim kurulu başkan yardımcısıdır.
mak adına bir irtibat bürosunun kurulması uygun bir opsiyon olabilir. Yapısal organizasyon ile ilgili Türkiye için yatırım bölgeler bir alternatif oluşturmakta. Organize Sanayi Bölgeleriyle girişimcilere hazır altyapı ve sosyal tesisler sunulmakta. Verilen altyapı, yol, su, gaz, elektrik, iletişim araçları, atık bertarafı içermekte. Her büyük şehrin kenarında en az bir tane böyle bir bölge bulunmakta. Türkiye çapında şu an 290 OSB bulunmakta, bunlardan 210 tanesi faal, diğerleri ise inşaat halinde. Türkiye'den „köprü ülke“ olarak istifade etmek isteyen şirketler için, bir serbest bölgeye yerleşmek imkanı da bulunmaktadır. Serbest bölgeler, Türkiye sınırları içinde bulunan, fakat Türk gümrük kanun ve yönetmeliklerine tabi olmayan kapalı alanlardır. Çoğunluğu limanların yakınında olmak üzere Türkiye'de 20'den fazla serbest bölge bulunmaktadır. Üretim yapan şirketler için kurumlar ve katma değer vergisinden muafiyet, bu bölgelerin getirdiği avantajlardan sadece birkaçıdır. Bu şekilde şirket ve girişimciler Türkiye'de üretim yapabilir veya depo tutabilir ve oradan kolayca etrafta bulunan ülkelere ihracat yapabilirler. n
Bildung
„DEUTSCH WIRD WICHTIGER“
Ein Beitrag von Dr. Roland Kaehlbrandt
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er Sprachwissenschaftler Florian Coulmas hat ein einfaches Gesetz aufgestellt: Je mehr Menschen eine Sprache sprechen, desto nützlicher ist sie. Und je nützlicher sie ist, desto mehr Menschen wollen sie lernen. Das Deutsche ist verbreiteter, als es viele meinen. 103 Millionen Menschen sprechen Deutsch als Muttersprache. Das ist ziemlich viel, wenn man bedenkt, dass nur 300 Sprachen von den bestehenden 6.000 überhaupt mehr als eine Million Sprecher zählen. In sieben Staaten ist Deutsch nationale oder regionale Amtssprache. Es gibt große deutschsprachige Minderheiten im Ausland, 7,5 Millionen Menschen weltweit. Deshalb ist es auch von Belang, dass das Deutsche zu den wenigen Sprachen der Welt gehört, die im Ausland als Fremdsprache gelernt werden. Es sind wieder 15 Millionen Menschen, die Deutsch im Ausland lernen, und zwar an 95.000 Schulen. Die Zahl derer, die zum gegenwärtigen Zeitpunkt Deutsch als Muttersprachler sprechen oder in irgendeiner Art und Form als Fremdsprachenlerner gelernt haben oder lernen, kann auf bis zu 280 Millionen Menschen weltweit geschätzt werden, so der Germanist Ulrich Ammon.
Man sollte also das Deutsche auch als überregional nützliche Sprache nicht zu früh abhaken.
soziale Beziehungen geht es bei dem Zusammenleben, das wir erleichtern wollen und müssen.
Im Gegenteil! Die Goethe-Institute melden in der jüngsten Zeit bedeutende Zuwächse in ihren Instituten, nicht nur in Südeuropa, sondern auch in Südamerika und Asien. Die Nachfrage nach Deutsch steigt. Vor allem hat die starke Flüchtlingseinwanderung eine einhellige Reaktion hervorgebracht: Die Integration der vielen Menschen aus anderen Sprachgemeinschaften und Kulturkreisen, so ist man sich hierzulande erstaunlicherweise einmal einig, muss in erster Linie über das rasche Erlernen des Deutschen gehen.
Und wer mit Mark Twain der Meinung ist, das Leben sei zu kurz, um Deutsch zu lernen, dem seien nur folgende Vorzüge unserer Sprache genannt: eine geniale Wortbildung mit reichem und transparentem Wortschatz, ein elastischer Satzbau und eine bemerkenswerte Beziehungsbegabung (durch die vielen kleinen Wörter, die die Kommunikation so erfreulich machen können: wohl, eben, ja, halt…).
Kein Zweifel: Deutsch ist wieder wichtig. Als Sprache der Integration, als Sprache des Zugangs zu und des Aufstiegs durch Bildung. Vielleicht ist dies ein Hinweis aus der gesellschaftlichen Praxis an all jene, die meinen, unsere Verständigung könne und solle nur noch in einer einzigen Weltsprache erfolgen. Vielleicht ist dies ein Hinweis darauf, dass wir auch an den Hochschulen und auf den Campi gut daran tun, die Landessprache Deutsch weiter zu verwenden. Sprachen sind kognitive Modelle sozialer Beziehungen, hat jüngst der australische Sprachforscher Nichols Evans formuliert. Um
Als Ermutigung möchte ich jene 18-jährige Deutsche libanesischer Herkunft zitieren, die ihre Einstellung zu unserer Sprache so ausgedrückt hat: „Das Deutsche ist die Sprache des aufgeklärten Geistes und eines freiheitlich-optimistischen Lebensgefühls.“ Vielleicht liegt die Zukunft unserer Sprache ja in den Händen derer, die von außen zu uns kommen und die sie als Sprache ihrer neu gewonnenen Sicherheit und Freiheit auch zu schätzen wissen. n
Dr. Roland Kaehlbrandt, 1953 geboren, studierte Romanistik, Germanistik und Völkerkunde in Köln und Paris. Seit dem 1. Dezember 2008 ist er Vorstandsvorsitzender der Stiftung Polytechnische Gesellschaft in Frankfurt am Main. Die Stiftung setzt die Tradition der Polytechnischen Gesellschaft fort, die 1816 von Frankfurter Bürgern gegründet worden war. Die Stiftung, die sich selbst als Werkbank der Stadtgesellschaft sieht, fördert in den Bereichen Bildung, Kultur und Soziales. Zuletzt veröffentlichte Dr. Kaehlbrandt das „Logbuch Deutsch – wie wir sprechen, wie wir schreiben“ (Verlag Vittorio Klostermann).
Dieser Beitrag wurde in der Zeitschrift Forschung & Lehre 2/2016 veröffentlicht.
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BESCHÄFTIGUNGSCHANCEN MIT EINER AUSBILDUNG IM HANDWERK
Claus Munkwitz, Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer Region Stuttgart, im Gespräch mit Özlem Şahin
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und 90 Milliarden Euro Umsatz, 767.000 Beschäftigte und 48.000 Auszubildende hat das baden-württembergische Handwerk. In der Region Stuttgart sind es circa 20 Milliarden Euro Umsatz. Im Moment gibt es im Handwerk in der Region Stuttgart etwa 190.000 Beschäftigte in knapp 30.000 Handwerksbetrieben. Claus Munkwitz, der Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer Region Stuttgart, stellt Perspektiven einer Ausbildung im Handwerk vor.
nicht besetzt werden, als Nachfragen, die nicht bedient werden können. Wir brauchen qualifizierten Nachwuchs. Da kommt es gar nicht nur auf die Schulnoten an, sondern ganz stark auch auf das Sozialverhalten. Den Ausbildungsbetrieben ist wichtig, ob die Bewerber lern- und leitungsbereit sind und sich auch in komplexeren Situationen zurechtfinden. Es ist tatsächlich ein Problem, dass wir viele Stellen nicht besetzen können, weil das Matching nicht immer zu 100 Prozent funktioniert.
wirbiz Welche Ausbildungsleistung wird im Handwerk erbracht?
wirbiz Wie bewerten Sie die Perspektive nach der Ausbildung?
Claus Munkwitz Wir sind die Ausbilder der Nation. Denn unsere Ausbildungsquote ist deutlich höher als in anderen Wirtschaftsbereichen, wie etwa in der Industrie. Insgesamt bilden in Deutschland etwas mehr als 20 Prozent aller Unternehmen aus. Im Handwerk sind es deutlich mehr, etwa 35 bis 40 Prozent.
Claus Munkwitz Wer eine Ausbildung im Handwerk gemacht hat, dem stehen alle Wege offen. Die Beschäftigungschancen sind ideal. 66 Prozent der Unternehmer übernehmen den Lehrling. Und deutlich mehr machen ihm zumindest ein Angebot. Mit einer Ausbildung im Handwerk hat man ein Zertifikat, das in ganz Deutschland anerkannt ist. Man kann mit diesem Gesellenabschluss gut von Flensburg bis Garmisch, ganz besonders natürlich in unserer wirtschaftsstarken Region Stuttgart, eine Beschäftigung finden. Auch außerhalb des Handwerks sind Handwerksgesellen gefragt, beispielsweise in der Industrie.
wirbiz Gibt es genügend Lehrstellen und genügend qualifizierte Nachfrage nach Ausbildungsplätzen? Claus Munkwitz Es gibt etwa doppelt so viele Lehrstellen, die im Moment
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Die Beschäftigungschancen sind also mit einer abgeschlossenen Lehre hervorragend, ohne Abschluss aber eher schwierig. Es eröffnen sich nach erfolgreichem Abschluss einer Lehre aber auch zahlreiche Chancen, weiter auf der Karriereleiter nach oben zu klettern. Man kann fachpraktische und -theoretische Fortbildungen machen, beispielsweise zum Servicetechniker im Kfz- oder Installationsgewerbe. Auch bieten wir einen speziellen Kurs für Gestaltung im Handwerk an. Und sehr empfehlen wir, nach einer gewissen Zeit zu überlegen, ob man nicht die Meisterprüfung ablegen will. In den Meisterkursen, die darauf vorbereiten, wird ein fundiertes fachliches und betriebswirtschaftliches Können und Wissen vermittelt, mit dem man bestens für die Leitung eines Unternehmens oder eine Führungsposition vorbereitet ist. Mit dem Meistertitel hat man auch die Möglichkeit zu studieren, oder, vielleicht besser noch, man besucht in unserer Bildungsakademie den Kurs zum Staatlich anerkannten Betriebswirt des Handwerks. Damit ist man dann firm in allen Managementthemen und Führungsaufgaben und sozusagen ein „Hochkaräter“ bei uns im Handwerk. wirbiz Was könnte das Deutsch-Türkische Forum Stuttgart tun, um das Verständnis in türkeistäm-
migen Familien und Familienbetrieben für die Zukunftschancen im Handwerk zu fördern? Claus Munkwitz Wir sind mit dem Deutsch-Türkischen Forum in bestem Kontakt. Ich glaube, es gelingt den türkischen Familien viel zu selten, einen Jugendlichen für das Handwerk zu motivieren. Sehr gut können wir aber junge Türkeistämmige, die erfolgreich eine Ausbildung gemacht haben, zu Botschaftern machen. Von diesen jungen Leuten gibt es bereits eine sehr stattliche Menge. Diese guten Möglichkeiten einer beruflichen Bildung müssen noch sehr viel stärker in die türkische Gemeinde hinein kommuniziert werden. Ich beobachte, dass dort der Wunsch, unbedingt studieren zu wollen oder zu sollen, noch stärker als bei den Deutschen ist. Doch das ist eine Fehlorientierung. Die Chancen, das eigene Leben zu gestalten, den eigenen Unterhalt zu verdienen, einer befriedigenden Tätigkeit nachgehen zu können, diese Chancen sind mit einer beruflichen Ausbildung deutlich größer. Daher sollten wir die Zusammenarbeit mit dem Deutsch-Türkischen Forum auf jeden Fall weiter verstärken. Ich habe mich deshalb sehr gefreut, als Sie auf uns zugekommen sind. Ich baue da sehr auf eine Verstetigung unserer Zusammenarbeit, auf Multiplikatoren
Bildung
„HANDWERK WIRD IMMER MEHR ZUM KOPFWERK.“
aus diesem Forum, auf eine bessere Entdeckung des Handwerks, der Möglichkeiten im Handwerk und Möglichkeiten in der Berufsbildung überhaupt. Berufsbildung im Handwerk ist für die Persönlichkeitsentwicklung vielleicht sogar wertvoller als ein Studium. Es bedeutet, sich in kleinen Teams ausbilden zu lassen. Von Anfang an lernt man beim Arbeiten, man hat gleich kleine Erfolge, sieht die Ergebnisse des handwerklichen Arbeitens und erlebt dank guter Arbeit zufriedene Kunden. Das ist für viele sogar befriedigender als eine Ausbildung in der Lehrwerkstatt bei Bosch oder bei Daimler. wirbiz Gibt es Handwerksbetriebe türkeistämmiger Handwerker, die auch als Ausbildungsbetriebe wirken? Claus Munkwitz Ja, da gibt es schon jede Menge, aber auch durchaus noch Luft nach oben. In unserer Region gibt es 734 Betriebe, die von türkischen Mitbürgern geführt werden, davon sind 42 Ausbildungsbetriebe. Insgesamt 749 Auszubildende mit türkischer Staatsbürgerschaft befanden sich Ende vergangenen Jahres in einer handwerklichen Ausbildung. Wir sollten noch mehr türkeistämmigen Betrieben und auch Betriebsinhabern den Wert des Themas Ausbildung vermit-
Claus Munkwitz, geboren 1951, studierte Jura in Freiburg und Stuttgart. 1994 kam er als leitender Ministerialrat vom Staatsministerium Baden-Württemberg zum Handwerk. Heute ist er der Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer in Stuttgart. Ebenso ist er Vorsitzender des Landesausschusses Bildungspolitik der baden-württembergischen Handwerkskammern und Vorsitzender des Lenkungsausschusses „Nachwuchssicherung im Handwerk/ Nachwuchskampagne“. Munkwitz wurde mit der Silbernen Ehrennadel des Baden-Württembergischen Handwerkstags und der Goldenen Ehrennadel des Zentralverbands des Deutschen Handwerks ausgezeichnet.
teln. Unser früherer deutscher Handwerkspräsident hat einmal gesagt, „die Integrationsarbeit ist dann gelungen, wenn ein türkeistämmiger Meister einen deutschen Lehrling hat und dieser Lehrling im Bundeswettbewerb den ersten Preis macht.“ Gerne natürlich auch ein türkeistämmiger Lehrling. Teilweise gibt es schon sehr gute Ansätze. Aber wir werden noch viel mehr gute Beispiele haben. Unsere Bildungskulturen müssen noch mehr zusammen kommen, damit unsere türkischen Freunde den Wert beruflicher Bildung in Deutschland besser verstehen. wirbiz Welchen Beitrag leistet oder kann das Handwerk Ihrer Meinung nach zur gesellschaftlichen Teilhabe in einer Einwanderungsgesellschaft leisten? Claus Munkwitz Ich glaube, nirgends kann Integration, auch die sprachliche Integration, so gut wie an einem Arbeitsplatz in einem kleinen Team gelingen. Gerade unsere besten Betriebe hier in der Region Stuttgart haben Belegschaften mit verschiedensten Nationalitäten. Diese Vielfalt ist für die Betriebe wichtig. Egal, woher die Fachkräfte kommen, sie sind die Leistungsträger von morgen. Aber ich denke, das Zusammenarbeiten, das gemeinsame Lernen, den Austausch im kleinen Team und den Nutzen des
eigenen Beitrags für den Betrieb zu erleben, baut auch Selbstbewusstsein auf. Ich denke, die Integrationsleistungen des Handwerks gerade in unserer Region sind enorm. Natürlich muss der Auszubildende auch die Bereitschaft mitbringen. Gerade mit jungen Türkeistämmigen in den Betrieben haben wir ganz hervorragende Erfahrungen gemacht. Wenn sie sich erst einmal für das Handwerk entschieden haben, dann bringen sie Identifikation und eine hohe Leistungsbereitschaft mit. Türkeistämmige Auszubildende sind mindestens so fleißig und dabei manchmal vielleicht ein bisschen fröhlicher als ihre deutschen Kollegen. Denn sie bringen südländische Leidenschaft mit (lacht). Und wir sagen ja „Leidenschaft ist das wichtigste Handwerkszeug“. wirbiz Was hat sich in den letzten Jahren geändert? Welche Entwicklungen zum Thema Handwerksberufe konnten Sie beobachten? Claus Munkwitz Die Herausforderungen und die Anforderungen an die Berufe sind größer geworden. Es ist schwieriger geworden, geeignete Fachkräfte und geeignete Auszubildende zu bekommen. Es ist heute so, dass Handwerk überhaupt nicht mehr – und das
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Bildung
„WER EINE AUSBILDUNG IM HANDWERK GEMACHT HAT, DEM STEHEN ALLE WEGE OFFEN.“ wiederum kann man den jungen Menschen positiv mitgeben – ein Arbeiten nach vorgegebenen Verfahren mit der Hand ist, sondern Handwerk ist sehr komplex geworden. Handwerk ist immer auch digitalisiert. Die Handwerker arbeiten heute, ob in der Backstube oder in einer Metallwerkstatt, mit Computern. Also in der Metallwerkstatt mit CNC-gesteuerten Maschinen, in der Backstube mit Computern, die die Mischungen berechnen und abmessen. Es gehört daher heute auch einfach dazu, dass man einen Sinn für IT haben muss, ein Händchen und Interesse dafür. Handwerk ist herausfordernder geworden, aber dadurch für die jungen Leute auch attraktiver. Es ist nicht mehr der Bereich, der vorwiegend dadurch gekennzeichnet ist, dass man schwere körperliche Arbeiten ausüben muss. Daher werben wir auch sehr stark um junge Frauen. Handwerk ist immer mehr zum „Kopfwerk“ geworden. wirbiz Welche Angebote kann das Handwerk machen, um auch Flüchtlingen eine berufliche Perspektive zu bieten? Claus Munkwitz Integration durch Ausbildung steht hier an erster Stelle, immer verbunden natürlich mit intensi-
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ver Sprachförderung. Denn ohne ausreichende Deutschkenntnisse kann eine Ausbildung nicht erfolgreich sein. Wir arbeiten im Moment mit drei zusätzlichen Personalstellen. Wir haben eine Mitarbeiterin, die sich darum kümmert, dass Geflüchtete in Vorbereitungsklassen auf eine mögliche Ausbildung vorbereitet werden. Das gelingt über ein sogenanntes Matching der Ausbildungsplätze mit den individuellen Fähigkeiten der potentiellen Auszubildenden. Das ist eine kleine pilothafte Maßnahme. Eine zweite Maßnahme ist, dass wir über eine weitere Stelle Arbeitgeber beraten und unterstützen, wie sie Geflüchtete in den Beruf integrieren können. Wir haben zusätzlich einen Willkommenslotsen, der zwischen Arbeitgeber und den Geflüchteten vermittelt. Und als Maßnahme unserer Bildungsakademie in Weilimdorf bieten wir dort den potentiellen Auszubildenden die Möglichkeit, ihre Kompetenz und Neigungen im handwerklichen Bereich zu testen. wirbiz Was ist Ihnen im Rückblick besonders wichtig? Wo sehen Sie das Handwerk in 10 – 15 Jahren? Claus Munkwitz Was mir wichtig ist? …., dass Handwerk auch weiterhin der Kern des Unternehmertums, der Kern des Mittelstandes bleibt,
Barış Taşkın Junger Handwerksmeister, Kfz-Handwerk, Stuttgart „Ich finde die Ausbildung gut, weil sie sehr vielfältig ist, und die Aufgabenbereiche immer neue Herausforderungen bieten. Da sich die Fahrzeugelektronik immer mehr erweitert, muss man ständig auf dem neuesten Stand sein. Die Handwerkskammer bietet mir Möglichkeiten, mich weiterzubilden zum Kfz-Meister oder spezielle Schulungen für den Kfz Bereich, da sich Fahrzeuge heutzutage rasant weiterentwickeln. Ich bin zufrieden, weil ich gerade selber den Kfz-Meister im Handwerk mache, und die Perspektiven in der Automobilbranche gut sind.“
dass es geprägt wird von ehrbaren, eigenverantwortlichen Handwerker, von einem Handwerker, der sich weiterhin zum nachhaltigen Wirtschaften bekennt. Nachhaltig in den Bereichen Ökologie, Ökonomie und im Sozialen. Einem Unternehmer, der nicht auf das schnelle Geld aus ist, sondern auf die langfristige Sicherung seines Unternehmens und der Arbeitsplätze. Wichtig ist aber auch, dass sich Handwerk fit macht für die nächsten 10 bis 15 Jahre und darüber hinaus. Da geht es um die Erschließung neuer Märkte, beispielsweise auch durch Strategien der Internationalisierung. Da geht es aber auch ganz aktuell darum, die Chancen des digitalen Wandels zu ergreifen, digitale Verfahren verstärkt im Handwerk einzusetzen, in der vernetzten Produktion, aber auch im Marketing und im Marktauftritt. Das sind große Herausforderungen. Wenn das Handwerk sie aber beherzt angeht, wird es auch in 10 bis 15 Jahren noch als stolzer Wirtschaftsbereich neben unserer hochleistungsfähigen Industrie bestehen und mit dieser, wie bisher schon in unserer Region, vernetzt arbeiten. wirbiz Vielen Dank für das Gespräch. n
Kulinarik
MERCİMEK ÇORBASI, GOLD UND KOCHLÖFFEL
Ein Beitrag von Sibylle Merx
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m Mercure Hotel in Stuttgart Möhringen bekommen gerade 50 türkische Herren in Businessanzügen das Dessert serviert und trinken dazu türkischen Kaffee, schwarz und süß. Jetzt hat Küchenchef Holger Stöhr endlich Zeit, sich um den Dienstplan der kommenden Woche zu kümmern. Das macht der blonde Schwabe jeden Donnerstag. Zuvor lässt er sich von den Kollegen an der Rezeption genau darüber informieren, welche Gäste gebucht haben, ob es eine Tagung in den vier Konferenzräumen gibt, ob am Wochenende eine Hochzeit stattfindet oder ob sich eine größere Reisegruppe angemeldet hat. Das alles sind wichtige Details für die Planung des erfahrenen Kochs und seiner Mannschaft in der Küche des Viersternehotels. In den vergangenen zehn Jahren im Mercure Hotel hat er gelernt, sich auf die unterschiedlichen Nationalitäten einzustellen. Das bringt die Arbeit in einem Hotel nahe am Airport mit sich. Die Zahl der Touristen, die zum Einkaufen in die Region kommen, hat zugenommen. Nach einem langen Shopping-Tag verwöhnt der kreative Küchenchef seine Gäste mit schwäbisch-internationaler Küche. Gelernt hat er das im Laufe der Zeit bei den großen Hotelketten, für deren Häuser er tätig war. „Vorbereitung ist alles“, sagt Holger Stöhr und lächelt Gürkan Gür verschmitzt an. Der schwä-
bische Koch und der türkeistämmige Hoteldirektor Gür sind das Erfolgsduo des Mercure Hotels. Stolz präsentiert Gür die neue moderne Terrasse mit Kräutergärtlein. Neben Minze wachsen da Koriander, Kreuzkümmel und Zatar (Arabischer Oregano), alles Kräuter für die orientalische Küche. „Seit Herr Gür hier Direktor ist, haben wir zahlreiche Gruppen türkeistämmiger Geschäftsleute“, sagt der Koch. „Für diese Gäste besorge ich extra helal geschlachtetes Fleisch, ich koche auch mal spät und biete gerne Mercimek Çorbası, türkische Linsensuppe, an. Das können dann schon fast hundert Personen sein, die anlässlich des Fastenbrechens bekocht werden möchten.“ Dass dabei alle Essen gleichzeitig auf dem Tisch stehen müssen, war für Holger Stöhr eine neue Herausforderung. Mittlerweile ist aber auch das zur Routine geworden. Den Mittvierziger bringt so schnell nichts aus der Ruhe. Seine Erfahrungen hat er nicht nur in Hotelküchen gesammelt, nein er hat sein Handwerk im Sternerestaurant Adler in Asperg gelernt. Direktor Gür nennt Stöhr seinen „Goldjungen“, denn dieser gehört zu den 13 Personen, die den Goldstatus des „Mundschenk“ in Deutschland besitzen, und er ist der einzige Küchenchef der diesen Titel tragen darf. n
Mercimek Çorbası, schwäbische Art
Rote Linsensuppe mit Kaninchenrückenfilet und Bärlauchravioli Zutaten für vier Personen 250 g Rote Linsen 1 Zwiebel in Würfel 1/2 l Hühnerbrühe 1/2 l Gemüsefond 140 g Butter 200 g Karotten 150 g Kartoffeln (vorwiegend mehlig kochend) Salz / Pfeffer / Zitronensaft nach Geschmack 4 Stück Kaninchenrückenfilet 4 Stück Bärlauch-Ravioli Joghurt 4 Stück Minzspitzen, Borretschblüten als Dekoration Die Linsen waschen, Kartoffeln, Zwiebeln und Möhren schälen und in Würfel schneiden. Die Hälfte der Butter in einem Topf erhitzen und die Zutaten dazugeben. Leicht anschwitzen und mit der Brühe und dem Fond angießen. Zum Kochen bringen und bei mittlerer Hitze ca. 25 bis 30 Minuten köcheln lassen. Die Kartoffeln und Möhren sollten durch sein! In der Zwischenzeit die Kaninchenfilets mit Salz, Pfeffer würzen und braten. Die Ravioli in leichtem Salzwasser abkochen. Die Suppe mit einem Stabmixer oder Küchenmaschine pürieren, während des Pürierens die zweite Hälfte Butter, Salz, Pfeffer und Zitronensaft hinzufügen. Nochmals kurz aufkochen lassen. Die Kaninchenfilets tranchieren und in die Tellermitte legen. Den Ravioli anlegen und mit der heißen Suppe angießen. Am Schluss noch mit Joghurt, Blüten und Minze dekorieren.
Gürkan Gür und Holger Stöhr.
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PRESSEFREIHEIT IN DER TÜRKEI
Ein Beitrag vom Außenpolitikredakteur der Stuttgarter Zeitung Knut Krohn
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Dr. Knut Krohn hat in Tübingen, Florenz und Moskau Deutsch, Politik und Sport studiert. Er arbeitet als Redakteur im Politik-Ressort der Stuttgarter Zeitung. Zuvor schrieb er als Korrespondent aus Polen, Italien und Russland. Auch in seinem Blog kkrohnblog.wordpress.com sind regelmäßig Berichte von ihm zu lesen.
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as Wort eines US-Präsidenten wiegt schwer. Aus diesem Grund äußert sich der mächtigste Mann der Welt nur dann, wenn ihm ein Thema wirklich wichtig erscheint. Nun hat Barack Obama das Wort ergriffen: für die Pressefreiheit in der Türkei. Eigentlich wollte er sich am Rande des Nukleargipfels in Washington Ende März nicht offiziell mit dem türkischen Staatschef Recep Tayyip Erdoğan treffen, zu selbstherrlich und autoritär ist dessen Politik der vergangenen Jahre. Dann kam es aber doch zu einer spontanen Begegnung und Obama gab seinem Kollegen bei dieser Gelegenheit einige mahnende Worte mit auf den Weg. Der gegenwärtige Umgang mit den Medien sei „einer, der die Türkei einen Weg abwärts führen könnte, was besorgniserregend wäre“, sagte der US-Präsident. Die Liste der Beispiele für die Unterdrückung der freien Meinungsäußerungen ist inzwischen erschreckend lang. So ist die regierungskritische Zeitung Zaman unter Zwangsverwaltung gestellt worden. Can Dündar und Erdem Gül – der eine Chefredakteur, der andere Hauptstadtbüroleiter der Tageszeitung Cumhuriyet – wurden im
Mai 2016 wegen Spionage und Terrorismusvorwürfen zu hohen Haftstrafen verurteilt. Der türkische Journalist Yavuz Baydar kennt die schwierige Lage aus eigener Erfahrung. Seit 35 Jahren arbeitet er in und außerhalb seiner Heimat für verschiedene Medien und wurde dafür mit internationalen Preisen ausgezeichnet. Auf Einladung der Friedrich-Naumann-Stiftung und des Deutsch-Türkischen Forums Stuttgart war Yavuz Baydar nach Stuttgart in die Stadtbibliothek gekommen, um über sein neues Buch zur Lage der Medien in der Türkei und über den Umgang mit kritischen Medienvertretern zu sprechen. Die mit rund 150 Zuhörern gut besuchte Veranstaltung fand in Zusammenarbeit mit Reporter ohne Grenzen statt. Mit Yavuz Baydar diskutierten Moderator Dr. Hans-Georg Fleck, Projektleiter Türkei der Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit, Veronika Hartmann, freie Journalistin und Übersetzerin mit Wohnort Istanbul, und der Außenpolitikredakteur der Stuttgarter Zeitung, Knut Krohn. Besonders alarmierend an den Berichten Baydars waren an diesem Abend aber nicht nur die erschreckenden Ausführungen über die offensichtlichen Versuche von Zensur durch die Regierung und die Behörden. So rufen etwa Regierungsmitglieder in Redaktionen an, um
zu verlangen, dass regierungskritische Berichte von Webseiten entfernt werden. Strenge Internetgesetze ermöglichen das Blockieren kritischer Webseiten. Im März 2014 ließ die Regierung in Ankara vorübergehend Twitter sperren. Was Baydar inzwischen fast mehr zu beunruhigen scheint, ist der allgemeine Niedergang der türkischen Medien. Bei seinen Aussagen bezieht er sich auf seine langjährigen Beobachtungen. Um diese zu systematisieren hat er Ende 2013 die unabhängige Medienplattform P24, Punto 24, mitbegründet, deren Aufgabe darin besteht, die Entwicklungen im Mediensektor in der Türkei zu analysieren sowie Umfragen und Übungsworkshops zu organisieren. Die türkischen Medien würden an der „Krankheit Selbstzensur“ leiden, konstatiert Yavuz Baydar. In seinem Buch mit dem Titel „Freiheitsbeschränkung – Selbstzensur – Korruption“ präsentiert er Dokumente, die zeigen, dass die Medienmacher sogar eine „Komplizenschaft“ mit der Regierung eingegangen seien. Yavuz Baydar spricht von einer „historischen Herausforderung“, um einen Kampf für eine starke und funktionierende Demokratie in der Türkei. Doch dazu brauche es einen unabhän-
Politik & Gesellschaft
„DIE TÜRKISCHEN MEDIEN LEIDEN AN DER ‚KRANKHEIT SELBSTZENSUR‘.“ Die Podiumsgäste diskutieren über das Thema Pressefreiheit. Von links nach rechts: Knut Krohn, Veronika Hartmann, Dr. Hans-George Fleck, Yavuz Baydar.
gigen und mutigen Journalismus, der als Kontrollmechanismus gegenüber den Mächtigen im Staate fungiere. Die offensichtliche Selbstzensur in der Türkei hat nach Ansicht Yavuz Baydars mehrere Gründe. Da ist zum einen der Druck, den die politische Exekutive durch Gesetzte ausübt. Durch die willkürliche Auslegung des Türkischen Strafgesetzbuches (TCK) könne jeder Journalist sehr schnell vor Gericht landen und einem langen und kostspieligen Prozess entgegensehen. Zuletzt sprach sich Präsident Recep Erdoğan dafür aus, die Terrorismus-Definition im Strafrecht so zu erweitern, dass sie auch Journalisten, Akademiker und Abgeordnete umfassen könne. „Zwischen Terroristen, die Waffen und Bomben tragen, und jenen, die ihre Position, ihren Stift oder ihren Titel den Terroristen zur Verfügung stellen, damit diese an ihr Ziel gelangen, besteht überhaupt kein Unterschied“, wurde Erdoğan in Medienberichten zitiert. Aber auch die Haltung der Besitzer der Medienunternehmen schade dem Journalismus. Anders als in Deutschland üb-
lich, gehören Zeitungen und TV- oder Radiokanäle großen Holdings, die ihr Geld auch in anderen Bereichen, etwa dem Baugewerbe, verdienen. Die Angst, in dieser Lage bei Regierungsausschreibungen übergangen zu werden, sei enorm. So sei die Lust, kritische Beiträge über die einflussreichen Politiker in
Ankara zu publizieren, nicht sehr groß. Mehr noch: diese Mächtigen der Medienbranche lebten in einer verkehrten Welt, schreibt Yavuz Baydar in seinem Buch. „Ihre Aufgabe besteht nicht darin, Nachrichten, die gelogen, übertrieben, nicht integer sind oder gegen das Allgemeinwohl verstoßen, auszusortieren, sondern darin, Meldungen aufzustöbern, die nicht im Interesse der Regierung sind und diese in den Papierkorb zu werfen.“
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„MIT DIESER ENTWICKLUNG VERSCHWINDET AUCH DIE JOURNALISTISCHE BERUFSETHIK ALLMÄHLICH.“
Der türkische Journalist Yavuz Baydar kennt die schwierige Lage aus eigener Erfahrung.
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Bedrückend sei auch, so erklärt Yavuz Baydar, eine im Grunde positive Entwicklung. In den vergangenen Monaten sei die Zahl der inhaftierten Journalisten zurückgegangen. Aber: die türkische Regierung habe längst geschicktere Methoden entwickelt, um die unliebsame Presse an die Kette zu legen. So konstatiert Baydar, dass nach den Protesten vom Gezi-Park im Juni 2013 die Zahl der entlassenen Journalisten in die Höhe geschnellt sei. Viele von diesen Männern und Frauen hätten danach kaum mehr eine Chance gehabt, in ihrem Beruf zu arbeiten, da sie wegen ihrer kritischen Haltung zur „Persona non Grata“ abgestempelt worden seien. Yavuz Baydars Resümee: Ein großer Teil der Beschäftigen im Mediensektor werde inzwischen anhand der Treue zu Erdoğan, dem Gehorsam und der politischen Fügsamkeit ausgewählt. Bitter an diesem Zustand sei, dass mit dieser Entwicklung auch die journalistische Berufsethik allmählich verschwinde. Aber nicht nur der Druck auf türkische Journalisten wird größer. Auch ihre ausländischen Kollegen bekommen die Repressionen des Staates zunehmend zu spüren. So entschied jüngst das deutsche Nachrichtenma-
gazin Spiegel, ihren Korrespondenten Hasnain Kazim aus der Türkei abzuziehen, weil die Behörden seine Presse-Akkreditierung trotz monatelanger Bemühungen nicht verlängerten. Schon im Februar verließ Silje Rønning Kampesæter von der norwegischen Zeitung Aftenposten das Land, weil ihr ohne Begründung die Akkreditierung verweigert wurde. Sie selbst habe bis jetzt noch keine größeren Probleme mit der Akkreditierung gehabt, erzählte in Stuttgart Veronika Hartmann, die seit vielen Jahren in Istanbul als freie Journalistin arbeitet. Allerdings spüre natürlich auch sie die zunehmend angespannte Stimmung im Land und erahne bei manchen Interviewpartnern bisweilen eine Art Selbstzensur. „Natürlich überlege ich, wie ich reagieren würde, wenn ich Probleme bekommen würde“, sagt Veronika Hartmann, „ich will mich durch solche Gedanken aber auf keinen Fall in meiner Arbeit beeinflussen lassen.“ Angesichts dieser Entwicklung erhofft sich Yavuz Baydar mehr Engagement von der internationalen Gemeinschaft. So müsse die Europäische Union die Lage weiter genau beobachten. Knut Krohn, Redakteur bei der Stuttgarter Zeitung gab allerdings zu bedenken, dass die Eingriffsmöglichkeiten Brüssels in diesem Fall sehr beschränkt seien. Mehr zu erreichen sei womöglich mit der Unterstützung
der Zivilgesellschaft, wie es die Friedrich-Naumann-Stiftung mit ihrer Arbeit vor Ort tut. Baydar stimmte zu, plädierte aber gleichzeitig für das energische Vorantreiben der Beitrittsverhandlungen zwischen der Türkei und der EU. Seine Hoffnung ist, dass die Türkei auf diesem Weg langsam zu Reformen bewegt werden kann. Allerdings macht sich der erfahrene Journalist Yavuz Baydar keine Illusionen. Angesichts der Flüchtlingskrise und des Krieges in Syrien sei die Türkei zwar wieder ins Zentrum des internationalen Interesses gerückt und zu einem wichtigen Verhandlungspartner geworden, er befürchtet aber, dass sich das eher negativ auf die Zustände in der Türkei selbst auswirken könnte. Mit dieser Einschätzung erntete er nicht nur die ungeteilte Zustimmung auf dem Podium, sondern im ganzen Saal. Da Ankara zur Lösung der Krisen in der Region benötigt werde, dürfte sich die internationale Kritik am überaus willkürlichen Vorgehen im eigenen Land gegen das eigene Volk in Grenzen halten. n
Politik & Gesellschaft
BERUFSWUNSCH: JOURNALISTIN IN SCHWIERIGER ZEIT
Nesil Arıyürek und Julia Weise im Gespräch mit Kim Lucia Ruoff
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esil und Julia sind beide Anfang 20. Sie studieren Medien- und Kommunikationssysteme und Crossmedia-Redaktion. Julia in Deutschland, Nesil in der Türkei. Beide begannen ihr Studium mit dem Ziel Journalistin zu werden – in einer Zeit, in der die internationale Organisation Reporter ohne Grenzen immer mehr Anfeindungen und Drohungen gegenüber Journalisten registriert. Auch die gewalttätigen Übergriffe auf Journalisten haben nach Angaben des Vereins zugenommen. Ein Gespräch über gemeinsame Ziele und Zukunftsperspektiven und darüber, was beide Studentinnen ganz persönlich mit Journalismus verbindet. Kim Lucia Ruoff Welche drei Begriffe fallen euch ein, wenn ihr an Journalismus denkt? Nesil Oh, okay. Das sind dann wohl Gefängnis, Dichtmachen müssen und Stift. Julia Das ist so lustig, aber auch erschreckend, weil die Begriffe, die ich mit dem Wort Journalismus verbinde, Unabhängigkeit, Selbstbewusstsein und Arbeit sind. Unabhängigkeit war der Grund, warum ich Journalismus studieren wollte. Ich habe Journalisten immer dafür bewun-
Julia und Nesil im Gespräch.
dert, dass sie ihre Stimme nutzen und über Dinge berichten, die sie für wichtig halten. Unabhängig von Staat oder Wirtschaft. Kim Lucia Ruoff Was waren die Gründe, dass ihr euch für ein Journalismus-Studium entschieden habt? Nesil Ich wollte ganz am Anfang meines Studiums unbedingt Journalistin werden. Ich wollte die Leute informieren, ich wollte sie über Dinge aufklären, die sie bisher nicht wussten. Aber zu dieser Zeit begannen die Proteste im Gezi-Park und ich war eine der Demonstrantinnen. Ich war fast jeden Tag dort, mein Freund wurde mit Tränengas angegriffen. Danach wurde mir klar, dass ich keine Journalistin in der Türkei werden kann, auch wenn ich es möchte. Entweder werde ich im Gefängnis landen oder ich werde eine von ihnen werden. Eine der Regierung. Ich werde also wahrscheinlich eher
in die Werbung gehen, sollte sich nichts radikal ändern. Julia Ich wusste eigentlich noch gar nicht so richtig, was ich mal machen möchte. Das einzige, was ich wusste, war, dass es irgendwas mit Medien sein sollte. Der Film „Erin Brockovich“ hat mich damals ziemlich inspiriert. Also entschied ich mich dafür, Journalistin zu werden, um mich den Dingen widmen zu können, die ich für wichtig halte. Kim Lucia Ruoff Die Hochschule der Medien in Stuttgart und die Bilgi-Universität in Istanbul sind beide sehr zukunftsorientiert und modern. Wie würdet ihr euren Alltag dort beschreiben? Nesil Das Leben auf dem Campus ist ein Leben im Goldfischglas. Ich habe so wunderbare Kurse über Menschenrechte, Journalismus, über Rede- und Pressefreiheit
oder über Schwulen- und Lesben- und Transgender-Rechte. Die meisten Menschen an der Bilgi-Universität sind so offen und man kann so ziemlich über alles sprechen. Das liegt aber auch daran, dass ich an einer privaten Universität studiere. Wenn ich danach zurück zu meiner Familie fahre und meinem Vater davon erzähle, was ich gelernt habe, versteht er das nicht. Mir ist erst da klar geworden, dass wir komplett unterschiedliche Einstellungen haben. Es ist also echt eine tolle Möglichkeit hier zu studieren, aber es ist eben nicht die Realität. Es wird schwer für mich, in der Türkei zu leben, nachdem ich über all diese Dinge Bescheid weiß. Julia An unserer Hochschule ist alles so innovativ und man ermutigt die Studenten neue Dinge auszuprobieren. Wir bekommen einen tollen Einblick in neue Formen des Journalismus wie Datenjournalismus oder crossmediale Aufbereitung. Trotzdem denke ich manchmal, dass uns elementare Fächer wie Politik, Wirtschaft oder Menschenrechte fehlen. Wenn ich höre, welche Fächer Nesil innerhalb ihres Studiums wählen kann, finde ich es schon etwas schade, dass es diese „Allgemeinbildung“ in unserem Studiengang eher nicht gibt. n
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FRAUENBILDER UND MÄNNERFANTASIEN KADININ RESMİ VE ERKEK FANTEZİLERİ Ein Beitrag von Violetta Hagen
In der arabischen Welt ist der Umgang der Geschlechter durch einen restriktiven Sittenkodex geregelt. Umso rätselhafter und verwirrender erscheint Flüchtlingen aus dem Nahen Osten die scheinbar totale Freiheit im Westen.
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elten hat der arabische Mann so viel Aufmerksamkeit erhalten wie in diesen Tagen: „Wer ist er?“, fragt die Wochenzeitung Die Zeit. Wie halte ich ihn mir vom Leib?, fragen sich offenbar viele deutsche Frauen und plündern die Pfefferspray-Vorräte deutscher Versandhändler. An jedem Tag finden sich neue Orte, von denen arabisch aussehende Männer verbannt werden, weil man dort ihr schlechtes Benehmen fürchtet: Schwimmbäder, Diskotheken, Clubs. Welches Frauenbild, fragt man sich, hat dieser arabische Mann? Und kann es überwunden werden? Jede westliche Frau, die in einem arabischen Land gelebt hat, weiß, dass diese Fragen schwer zu beantworten sind: Zwischen Syrien, Saudi-Arabien und Marokko, zwischen Akademikern und Analphabeten, zwischen Salafisten und säkular eingestellten Muslimen liegen Welten. Jede Besucherin wird aber zustimmen, dass
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Arap dünyasında cinsiyet konusuna, kısıtlayıcı ahlaki bir gelenekle yaklaşılıyor. Dolayısıyla, Batı'da görünüşte var olan sınırsız özgürlük, Orta Doğu'dan gelen mülteciler için bir o kadar şaşırtıcı ve kafa karıştırıcıdır.
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u günlerdeki gibi, nadiren dikkatleri üzerine çekmiştir Arap erkeği: „O kim?“ diye soruyor haftalık gazete Die Zeit. Onu kendimden nasıl uzak tutabilirim? diye düşünüyordur anlaşılan birçok Alman kadını, Alman satıcıların ellerindeki biber spreyi stoklarını tüketirken. Arap görünümlü erkeklerin uygunsuz hareket etmelerinden korkulduğuna, hergün uzaklaştırıldıkları yerlere hergün yenileri katılıyor: havuzlar, diskolar, kulüpler. Bu Arap adamın, kadınlar hakkındaki düşünceleri nelerdir acaba? Ve bu aşılabilir mi? Bir Arap ülkesinde yaşamış olan her Batılı kadın, bu soruları yanıtlamanın zor olduğunu bilir: Suriye, Suudi Arabistan ve Fas arasında, akademisyenler ve okuma-yazma bilmeyenler arasında, Selefiler ve laik Müslümanlar arasında dünya kadar fark var. Ancak, her ziyaretçi, tüm Arap ülkelerinde kadınla
Violetta Hagen, Jahrgang 1988, studierte Staatswissenschaften in Erfurt und Friedensforschung und Internationale Politik in Tübingen. Während ihres Studiums verbrachte die gebürtige Würzburgerin ein Auslandssemester in Syrien, um dort Arabisch zu lernen. Später studierte sie ein halbes Jahr in Israel. Im Februar 2014 begann sie ihr Volontariat bei der Stuttgarter Zeitung. Seit Mai 2015 ist sie dort Redakteurin im Politik-Ressort. 1988 doğumlu olan Violetta Hagen, Erfurt'ta siyasi bilimi ve Tübingen'de dış politika ve barış araştırmaları okudu. Würtzburg doğumlu Hagen, öğrenciliği sırasında Arapça öğrenmek için değişim programıyla bir dönem Suriye'de okudu. Daha sonra yarım sene İsrail'de okudu. Şubat 2014'te Stuttgarter Zeitung gazetesinde gönüllü hizmet vermeye başladı. Mayıs 2015'ten bu yana orada siyasi bölümde editörlük yapmaktadır.
Politik & Gesellschaft
das Verhältnis zur Frau in allen arabischen Ländern ein Problem darstellt – und dass die westliche Frau dort eine besonders polarisierende Rolle spielt. Als ich im Herbst 2009 für ein Auslandssemester nach Damaskus aufbrach, hatte ich keine Vorstellung, was mich dort als junge westliche Frau erwarten würde. Im Rückblick kann ich sagen: Ich fühlte mich von syrischen Männern beobachtet, genervt, ja, auch manches Mal bedrängt. Ein entschiedenes „Nein“ wurde aber immer akzeptiert. In eine Situation wie in Köln bin ich in Damaskus nie geraten. Was mich allerdings störte, ja ärgerte, war die Vorstellung, die hinter vielen Annäherungsversuchen stand: Es ist das völlig verzerrte Bild der westlichen Frau, das mir auf der Straße offenbar immer vorauseilte. Blonde westliche Frauen kannten die meisten syrischen Männer bestenfalls aus amerikanischen Hollywood-Filmen – schlimmstenfalls als Akteurinnen in einschlägigen Pornoproduktionen. Sie wissen, dass hinter dieser Frau kein Vater und kein Bruder steht, der über die Einhaltung ihrer „Ehre“ wacht. Sie wissen, dass westliche Frauen sexuell frei sind. Warum also nicht sein Glück versuchen?
Ich begriff, dass eine westliche Frau bei ihrem Gang durch die Stadt eine Bugwelle von Begehrlichkeiten vor sich herschiebt, ohne es zu bemerken. In den Augen mancher Männer ist sie fleischgewordene Pornografie, für andere ein Symbol der ersehnten westlichen Freiheit, für manchen eine potenzielle Fahrkarte in Richtung Europa. In jedem Fall stiftet sie Verwirrung, und ein entspannter Umgang mit ihr fällt schwer. Denn jede dieser Begegnungen spielt sich ab vor dem Kanevas einer zutiefst unbefriedigten Gesellschaft. Die arabischen Länder haben hohe Geburtenraten, die Straßen ihrer Städte sind voller junger Leute, die vor der Ehe keine sexuellen Erfahrungen machen dürfen. Aufgrund von Konflikten und der schlechten ökonomischen Lage steigt das Heiratsalter an. Das sexuelle Verlangen, die natürliche Neugierde auf das andere Geschlecht bleiben so noch länger unterdrückt. In diesen Gesellschaften ist Sexualität nichts, was man austesten, an das man sich herantasten könnte. Vor allem zu Hause ist die Kontrolle der Familie schier absolut. Der öffentliche Raum bietet so paradoxerweise die beste Gelegenheit für Intimitäten. Und diese eng gefassten Freiheitsräume werden immer aufs Neue ausgelotet, denn all die strengen
olan ilişkinin bir sorun teşkil ettiğini kabul eder – ve Batılı kadının orada özellikle kutuplaştırıcı bir rol oynadığını. 2009 sonbaharında bir dönem değişim programında yer almak için Şam'a yola koyulduğumda, Batılı genç bir kadın olarak beni orada nelerin beklediğinin farkında değildim. Dönüp baktığımda, Suriyeli erkekler tarafından izlendiğimi hissettiğimi, rahatsız edildiğimi, evet, zaman zaman taciz edildiğimi de söyleyebilirim. Fakat, kararlı bir „hayır“ her zaman kabul görüyordu. Köln'deki gibi bir olayla Şam'da hiçbir zaman karşılaşmadım. Ancak, beni rahatsız eden, evet hatta kızdıran, bu yaklaşım girişimlerinin arkasındaki düşünceydi: Batılı kadın hakkındaki tamamen yanlış düşüncelerden kaynaklanıyordu muhtemelen. Suriyeli erkekler, sarışın Batılı kadını, en iyi ihtimalle Amerikan Hollywood filmlerinden, en kötü ihtimalle porno yapımları oyuncuları olarak tanıyorlardı. Onlar, bu kadının başında, onun „namusunu“ koruyacak bir baba veya bir ağabeyin olmadığını biliyorlar. Batılı kadınların cinsel yönden özgür olduklarını biliyorlar. O halde neden şanslarını denemesinler? Batılı bir kadının şehirden geçerken farkında olmadan nasıl bir şehvet dalgasına yol açtığını
anladım. Bazı erkeklerin gözünde canlı pornografi, bazılarının gözünde hasret duyulan Batılı özgürlüğün sembolü, bazılarının gözünde ise Avrupa'ya açılan potansiyel bir kapı. Her durumda bu, karışıklığa sebep oluyor ve rahat bir tutum sergilemeyi zorlaştırıyor. Çünkü tüm bu durumlar, derin memnuniyetsizlikleri olan bir toplumda meydana geliyor. Arap ülkelerinde doğum oranları yüksektir, sokakları, evlenmeden önce cinsel deneyim yaşamalarına izin verilmeyen genç insanlarla dolu. Anlaşmazlıklar ve kötü ekonomik şartlardan evlenme yaşı artıyor. Cinsel arzular, karşı cinse duyulan doğal merak, böylece daha da uzun bir süre bastırılmış oluyor. Bu toplumlarda, cinsellik, deneyip tecrübe edilebilinecek bir şey değil. Özellikle evde, aile kontrolü hakimdir. İronik bir biçimde, yakınlaşmalar için en iyi fırsatı kamusal alanlar sunuyor. Dar olan bu özgürlük alanları, sürekli yeniden şekillendiriliyor, çünkü tüm bu sıkı kurallar, Arap ülkelerinde flört edilmez anlamına gelmiyor – tam tersi. Bilinmeyen karşı cinse duyulan merak, tüm bu cinselliğin gizemli evrenine duyulan merak o kadar güçlü ki, anonim kalınabilinen kamusal alanlarda her fırsat, iletişim kurmak için değerlendirilmeye çalışılıyor. Bir
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„IM HARTEN INDIVIDUALISMUS DER WESTLICHEN GESELLSCHAFT FÜRCHTEN VIELE UNTERZUGEHEN.“
Regeln bedeuten nicht, dass in arabischen Ländern nicht geflirtet wird – im Gegenteil. Die Neugier auf das unbekannte andere Geschlecht, auf diesen ganzen verborgenen Kosmos der Sexualität ist so gewaltig, dass in der Anonymität des öffentlichen Raumes jede kleinste sich bietende Gelegenheit zur Kontaktaufnahme genutzt wird. Glühende Blicke fliegen von Straßenseite zu Straßenseite, mit leisem Zungenschnalzen wird versucht, die Aufmerksamkeit einer Fremden für sich zu gewinnen, im Linienbus streift eine Hand wie zufällig die andere. Je weniger offener Kontakt erlaubt ist, umso wichtiger wird jeder Blick, jede kleinste Geste. Ein syrischer Freund berichtete mir, wie er und seine Freunde in Verzückung gerieten, wenn sie im Frühling das erste Mädchen mit kurzen Ärmeln auf dem Campus erblickten. „Das war wie die erste Blume nach einem langen harten Winter!“ Es ist kein Wunder, dass die Eingänge zu den Studentenwohnheimen der Universität Damaskus nach Sonnenuntergang verriegelt wurden. Während jungen Männern ein Übertreten der strengen gesellschaftlichen Grenzen noch verziehen wird, reagiert die Gesellschaft auf Fehltritte von
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Frauen meist gnadenlos. Selbst der Blick des wilden Verehrers kann sich schnell eintrüben: Hat er erreicht, was er wollte, kann es vorkommen, dass er die nun „Entehrte“ als Ehefrau nicht mehr in Betracht zieht. Die Jungfräulichkeit ist und bleibt ein hohes Gut in der arabischen Welt. Selbst wagemutige Pärchen aus liberalen Kreisen respektieren diese Grenze. Viele junge Frauen kultivieren lieber gleich die Rolle der Zurückhaltenden, Unnahbaren – und schaffen einen umso größeren Kontrast zur westlichen Frau. Was denken diese jungen Männer und Frauen nun, wenn sie in unsere westliche, sexuell übersättigte Gesellschaft eintreten? Viele sind zunächst verwirrt. Einerseits ist Sexualität in dieser fremden Welt omnipräsent, sind der Fantasie scheinbar keine Grenzen gesetzt (wie die westliche Pornoindustrie beweist). Andererseits passiert im öffentlichen Raum erstaunlich wenig: Da legen sich wildfremde Menschen nackt nebeneinander an den Strand oder in die Sauna, mit stoischen Mienen, ohne sich eines Blickes zu würdigen. Diese Freizügigkeit gepaart mit demonstrativem Desinteresse, mit
yabancının dikkatini üzerine çekebilmek için ağzıyla ses çıkararak bir kaldırımdan diğerine ışıldayan gözlerle bakışlar atılıyor, otobüste tesadüfmüş gibi bir el diğerine değiyor. Açık bir şekilde iletişim kurmak ne kadar kısıtlanırsa, her bakış, her hareket bir o kadar anlam kazanıyor. Suriyeli bir arkadaşım, baharda kampüste ilk kez bir kızı kısa kollularla gördüklerinde, o ve arkadaşının sevinçten nasıl mest olduklarını anlattı. „Zor bir kışın ardından açan ilk çiçek gibiydi!“ Şam Üniversitesi'nin öğrenci yurtlarının girişlerinin, güneş batımından sonra kilitlenmesi şaşırtıcı değil. Katı toplumsal kuralların ihlalinde erkekler affedilirken, toplum, kadınlara karşı genelde daha acımasız davranıyor. Vahşi hayranın bakışları dahi değişebilir: İstediğini elde ettikten sonra „namusu kaybolmuş“ kişiyi artık kendine eş olarak görmeyebilir. Arap dünyasında bekaret, önemli bir yere sahip olmaya devam etmektedir. Liberal çevrelerden cesur çiftler dahi, bu sınırlara saygı gösteriyorlar. Birçok genç kadın, ağır, ulaşılmaz olma rolünü baştan üstlenmeyi yeğliyor – ve böylece Batılı kadınlara daha büyük bir tezat oluşturuyorlar. Bizim, Batılı, cinsel doygunluğa ulaşmış toplumumuza girdiklerinde, bu genç kadınlar ve erkekler ne düşünüyorlar? Birçoğu öncelikle şaşkınlığa uğruyor. Bir yandan, cinsellik, bu yabancı
dünyada her an, her yerde, hayal gücünde sınır yokmuş gibi, var olan bir şeyken (Batı porno endüstrisinde görüldüğü üzere), diğer yandan da, kamusal alanlarda şaşırtıcı bir şekilde yok sayılıyor: Birbirine yabancı insanlar, soğukkanlılıkla, birbirlerine bakmaya tenezzül etmeden kumsalda ya da saunada çırılçıplak yanyana yatıyorlar. İlgisizlikle beraber gösterilen bu serbestlik, bu rahat tavırlar, bazı yeni gelenler için anlaşılması zor bir durum. Bu durumda hangi sanat kuralına uygun olarak yaklaşılır? İnsanlar, görünürdeki bu sınırsız özgürlüklerini nasıl yaşıyorlar? Bu, arzu edilecek mi yoksa ahlaken kınanması gereken bir tutum mu? Ve bir müslüman göçmen olarak ben de bunu yapabilir miyim? Yaşanan bu çelişki, Batılı kadınlara yapılan cinsel saldırılara tabii ki gerekçe gösterilemez. Yeni gelenlerin büyük bir çoğunluğu, bir kadına asla cinsel şiddet uygulayacak düşünceye sahip değil – bu düşünceye kendi memleketlerinde de kapılmazlardı. Ancak, çoğunun, Batılı kadının özgür yaşam tarzını algılayabilmek için ve sonunda da bunu, kendi oğulları ve kızlarını da bu yönde eğitebilecek şekilde onaylamaları için çok zamana ihtiyaçları olduğu bir gerçek.
Politik & Gesellschaft
„BATI TOPLUMUNUN KATI BİREYCİLİĞİ ARASINDA KAYBOLMAKTAN KORKUYOR BİRÇOĞU.“ sexueller Tiefenentspanntheit, ist für manchen Neuankömmling schwer zu durchschauen. Nach welchen Regeln der Kunst nähert man sich hier an? Wie leben die Menschen ihre offensichtlich unbegrenzte Freiheit aus? Ist das erstrebenswert – oder moralisch verwerflich? Und darf und kann ich als muslimischer Einwanderer das auch? Dass diese Verwirrung keine Rechtfertigung sexueller Übergriffe auf westliche Frauen darstellt, steht außer Frage. Die ganz überwiegende Mehrheit der Neuankömmlinge würde einer Frau niemals sexuelle Gewalt zufügen – sie wären im Übrigen auch in ihrer Heimat nie auf diesen Gedanken gekommen. Wahrscheinlich ist allerdings, dass die meisten von ihnen viel Zeit brauchen, die freie Lebensart der westlichen Frau zu begreifen – und am Ende so gutzuheißen, dass sie auch ihre Töchter und Söhne in diesem Sinne erziehen. Leider ziehen sich viele Neuankömmlinge, die sich in ihren Heimatländern oft sehr nach der Freiheit des Westens gesehnt haben, nach der ersten Euphorie auf die altbekannten Werte zurück. Es sind die Regeln ihrer Kindheit und Jugend, ihrer Heimat – und oft auch der arabischen Exilgemeinden im
Westen, die enormen Druck ausüben können. Es sind Werte, die eine scheinbar größere Klarheit und Reinheit ausstrahlen, als die verwirrende, unkontrollierbare westliche Freiheit. Und was ist das für eine Gesellschaft, in der zwar jede Form der körperliche Nähe möglich ist, aber doch viele Menschen einsam bleiben? Ein syrischer Bekannter staunte in seinen ersten Monaten in Deutschland über die Reeperbahn, Karneval und deutsche Diskotheken. Einige Monate später fragte er mich, warum die Deutschen es zuließen, dass ihre alten Großeltern die Einkäufe alleine nach Hause trügen. In Syrien hatte er immer von einer deutschen Frau geträumt. Nach drei Jahren in Deutschland heiratete er eine junge Syrerin aus seinem Heimatdorf. Im harten Individualismus der westlichen Gesellschaft fürchten viele unterzugehen und kehren lieber zurück in den Schoß einer klar geordneten Wertegemeinschaft, in der zwar vieles verboten ist, aber niemand alleine bleibt. n Dieser Beitrag wurde zuvor in der Stuttgarter Zeitung veröffentlicht.
Kendi ülkelerinde genelde Batılı özgürlüğün özlemini çekenlerin çoğu, ne yazık ki ilk çoşkunun ardından bilindik değerlerine geri dönüyorlar. Çocukluk ve gençliklerinin, memleketlerinin ve çoğu zaman da Batı'da sürgün yaşayan Arap topluluklarının kurallarıdır üzerlerinde baskı kurabilecek olan. Bunlar, şaşırtıcı ve kontrol edilemeyen Batılı özgürlükten daha büyük bir netlik ve saflık yayan değerlerdir. Her türlü fiziksel temasın mümkün olduğu, ancak buna rağmen birçok insanın yalnız kaldığı bir toplum nasıl bir toplumdur? Suriyeli bir tanıdığım, Almanya'daki ilk aylarında Reeperbahn, karnaval ve Alman kulüplerini şaşırtıcı bulmuştu. Birkaç ay sonra bana, Almanların neden yaşlı büyük anne ve babalarına, evlerine alışverişlerini taşımalarına izin verdiklerini sordu. Suriye'deyken hep bir Alman kadının hayalini kurmuş. Almanya'da üç sene geçirdikten sonra köylüsü olan, genç Suriyeli biriyle evlendi. Batı toplumunun katı bireyciliği arasında kaybolmaktansa, birçok şeyin yasak olsa da kimsenin yalnız kalmadığı, değerlerinin açık ve düzenli olduğu topluluğa geri dönüyor birçoğu. n Bu yazı daha önce Stuttgarter Zeitung'da yayımlandı.
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Politik & Gesellschaft
BAKIŞ 2016 – FLUCHT UND IHRE FOLGEN
Ein Beitrag von Sibylle Thelen
Rückblick auf den Auftaktabend mit Edzard Reuter und Doğan Akhanlı
Die Podiumsgäste erzählen von ihrer eigenen Fluchterfahrung. Von links nach rechts: Sibylle Thelen, Edzard Reuter und Doğan Akanlı.
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ehn Themenabende haben in der Gesprächsreihe „Bakış – Die Türkei im europäischen Dialog“ bereits stattgefunden. Damals, 2010, als die Konzeption der Reihe erarbeitet wurde, schien dieser Dialog ermattet zu sein. Die Beitrittsgespräche der Türkei mit der EU stagnierten, und auch in Deutschland war das Interesse an Fortschritten eher verhalten. Mit Bakış, dem Austausch der Standpunkte, wollte das DTF zeigen, was für ein Potenzial ein solcher Dialog mit der Türkei in Wirklichkeit hat – wissenschaftlich fundiert, essayistisch nachdenklich, perspektivisch bereichernd, mit Podiumsgästen aus beiden Ländern. Wie anders heute: Der Dialog mit der Türkei ist so präsent, aber auch so problembelastet wie schon lange nicht mehr. Alle Beteiligten stehen unter Handlungsdruck. Die Politik muss Lösungen in der sogenannten Flüchtlingskrise finden, in der EU ebenso wie in der Türkei. Auch Bakış befasst sich deshalb 2016 mit Flucht, Vertreibung und Exil. Wir werden fragen, wie sich die Eskalation der Gewalt im Nahen Osten auf die Türkei auswirkt und auf welche Weise diese Entwicklungen den türkischen Blick auf die EU be-
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einflussen. Wie von Anfang an wird die Reihe von der Robert Bosch Stiftung gefördert. Flucht, Vertreibung und Exil sind freilich keine neuen Phänomene in der deutsch-türkischen Geschichte. Dies wurde bei der Auftaktveranstaltung von Bakış 2016 im Literaturhaus Stuttgart zum Greifen deutlich, als beide Podiumsgäste von ihren persönlichen Flucht- und Exilgeschichten erzählten: der Unternehmer Edzard Reuter, der 1935 als Siebenjähriger mit seinen politisch verfolgten Eltern aus Nazideutschland fliehen musste, und der Schriftsteller Doğan Akhanlı, der nach dem Militärputsch 1980 mehrere Jahre im Militärgefängnis saß, bis ihm mit seiner Familie 1992 die Flucht in die Bundesrepublik gelang. Deutschland und die Türkei verbindet nicht nur eine mehr als hundertjährige Geschichte des politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Austauschs. Auch in schwierigen Zeiten war das Schicksal beider Länder verflochten.
Auch dieser Bakış-Abend ist zusammen mit Ehrenamtlichen aus dem Ağabey-Abla-Programm vorbereitet worden. Die jungen Mentoren setzten sich mit dem historischen und politischen Kontext der beiden Biografien auseinander. Und sie formulierten Fragen, die zugleich persönliche Erfahrungen von Migration in Zeiten der Globalisierung einbezogen: Ob Reuter denn nie daran gedacht habe, in der Türkei zu bleiben? Was ihn oder seine Eltern dort, in Ankara geprägt habe? Oder an Akhanlı gerichtet: wie er die Aufnahme innerhalb der türkeistämmigen Community in Deutschland damals erlebt habe? Ob das literarische Schreiben ihm bei der Verwurzlung geholfen habe? Edzard Reuter, dessen Vater schon bald seine Vorlesungen an der Universität auf Türkisch halten konnte, erinnerte sich dankbar, aber unverklärt an seine Jahre in Ankara. Die Türkei hatte seinem Vater, dem Sozialdemokraten Ernst Reuter, und auch anderen renommierten
Wissenschaftlern und Experten, die von den Nationalsozialisten aus politischen oder rassischen Gründen verfolgt worden waren, Zuflucht gewährt. Auf diese Weise konnten sich insgesamt 500 bis 600 Personen aus dem „Dritten Reich“ retten: die Wissenschaftler, ihre Angehörigen und Mitarbeiter. Doch das Exil war fragil, jederzeit konnte die Ausweisung aus der Türkei drohen. Doğan Akhanlı wiederum wurde als Asylbewerber anerkannt, als ein spätes Verfolgungsopfer nach dem Militärputsch von 1980, der nach dem Anwerbeabkommen von 1961 die zweite große türkische Einwanderungswelle im Nachkriegsdeutschland ausgelöst hatte. Der politisch engagierte Autor kam damals in ein Land, im dem wie in Mölln oder Solingen Häuser von türkischen Einwanderern in Flammen aufgingen, aber auch in ein Land, das ihm Schutz gewährte. Hier hat er entscheidende Anstöße für seine literarische Arbeit gefunden. Heute ist der Autor, der 1998 von der Türkei ausgebürgert wurde, deutscher Staatsbürger. n Die nächsten Termine in der BAKIŞ-Reihe des DTF finden Sie auf Seite 63.
Bildung
NÄCHSTENLIEBE, IMMER MITTWOCHS UM 14 UHR
Ein Beitrag von Derya Alakuş
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s kommt mir no ch immer vor, als hätte ich die Zusage für das Stipendien- und Mentorenprogramm Ağabey-Abla des Deutsch-Türkischen Forums Stuttgart gestern erhalten. „Wir heißen Dich hiermit ganz herzlich offiziell als neue Abla willkommen!“ Ich ahnte nicht, dass sich mein Leben mit diesem Willkommensgruß grundlegend verändern würde. So bin ich zur Abla, zur großen Schwester eines türkeistämmigen Jungen geworden. Eine Abla, die ihr Mentee ins Herz geschlossen hat, seine Probleme zu ihren eigenen macht und diese gemeinsam mit dem Elternhaus angeht. Denke ich an meine eigene Schulzeit zurück, so stelle ich traurigerweise fest, dass ich von meinen Lehrern im Stich gelassen wurde. Nein, ich war keine Musterschülerin und gewiss keine Streberin. Eher war ich eine Kämpferin, die sich durch das deutsche Bildungssystem schlug. Hätte ich damals dem Urteil meiner Lehrer Glauben geschenkt, wären Abitur und Studium für mich unerreichbare, meine Fähigkeiten übersteigende Ziele geblieben. Wo derart voreilige Schlüsse gezogen werden, wird unnötigerweise wertvolles Potenzial verschenkt. Genau hier muss man ansetzen.
Es gilt, junge Menschen aus schwierigen Verhältnissen individuell zu fördern, ihnen im alltäglichen Chaos eine Stütze zu sein, verborgene Stärken aus ihnen herauszukitzeln – genau das sind unsere zentralen Aufgaben als Mentoren. Würde ich Ihnen sagen, dass die Dinge auf Knopfdruck einwandfrei laufen, wäre dies sicherlich gelogen. Mit der rosaroten Brille kommt man als Abla oder Ağabey nicht weiter. Die Mentorentätigkeit besteht aus einem Wechsel von Höhen und Tiefen. Hin und wieder werde ich als Mentorin mit schwierigen Situationen konfrontiert, die jedoch Ruhe erfordern, um sich einen klaren, objektiven Blick bewahren und geeignete Entscheidungen treffen zu können. Mentor zu sein, bedeutet nicht nur das Verkörpern einer gesellschaftlichen Vorbildrolle. Vielmehr stellt man sich auch der Verantwortung, gezielt Probleme zu lösen.
Zwischen mir und meinem Mentee lassen sich Parallelen im schulischen Werdegang aufgezeigen. Von Beginn an ist meinem Mentee in der Schule Ungerechtigkeit widerfahren, da seine Lehrer ihm im Gegensatz zu seinen Mitschülern nicht das notwendige Vertrauen geschenkt haben. Der ständige Kampf mit den Lehrern beeinflusste seine schulische Motivation negativ. Um diese wiederherzustellen, ging es zunächst darum, Nähe zu meinem Mentee zu schaffen und gegenseitiges Vertrauen aufzubauen. Nachdem unsere Kennenlernphase abgeschlossen war, stand unserer erfolgreichen Zusammenarbeit nichts mehr im Wege. Dies hat sich sehr positiv auf seine schulischen Leistungen und Beziehungen zu seinen Lehrern ausgewirkt. Mein Mentee wird seine Talente entfalten, zu einer richtigen Persönlichkeit heranwachsen und seinen Beitrag in der Gesellschaft leisten. Einst betonte Friedrich von Schiller: „Die Zeit bringt Rat. Erwartet‘s in Geduld. Man muss dem Augenblick auch was vertrauen.“ Zu guter Letzt werden Bemühungen zum richtigen Zeitpunkt Früchte tragen, vorausgesetzt, man ist bereit, seinem Gegenüber Geduld und Respekt, Vertrauen und Liebe entgegenzubringen. n
Derya Alakuş studiert Wirtschaftswissenschaften an der Universität Hohenheim. Seit September 2014 ist sie Stipendiatin, Mentorin und Schulsprecherin im Stipendien- und Mentorenprogramm Ağabey-Abla des Deutsch-Türkischen Forums Stuttgart e. V.
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EIN WOCHENENDE AUF DEM LAND – ELTERNARBEIT IM AĞABEY-ABLA-PROGRAMM
Ein Beitrag von Mukaddes Steinkrüger
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om 8. bis 10. April 2016 fand das zweite Familienbildungswochenende aktivEltern – aktiVeli auf Haus Lutzenberg in Althütte statt. Für viele Kinder war dies der erste Aufenthalt auf dem Land, denn nicht alle haben die Möglichkeit, gemeinsam mit ihren Eltern mal ein Wochenende im Grünen zu verbringen. Mit dem Elternbildungsprogramm aktivEltern – aktiVeli ist das nun möglich. In Kooperation mit dem Elternseminar der Stadt Stuttgart bietet das Deutsch-Türkische Forum Stuttgart den Eltern, deren Kinder am Ağabey-Abla-Programm teilnehmen, eine türkischsprachige Seminarreihe an, in der sie sich zu schulischen und vor allem erzieherischen Themen weiterbilden können. Das Kernthema des gemeinsamen Wochenendes war „Kommunikation in der Familie“. Das Thema wurde gewählt, weil die Familien bei früheren Seminaren oft über Kommuni-
Die gemeinsamen Abendgespräche bieten eine gute Gelegenheit für die Eltern, sich auszutauschen.
kationsschwierigkeiten mit ihren Kindern gesprochen hatten. Mukaddes Steinkrüger und die Referenten Nimettin Aksoy, Sozialpädagoge beim Jugendamt, Songül Akşahin und Sevim Çalayır, Kursleiterinnen beim Elternseminar, begleiteten die Familien durch das Wochenende. Dabei konnten die teilnehmenden Eltern eigene Kommu-
nikationsstrukturen reflektieren und viel Neues dazulernen. Am Morgen fing es mit Biografiearbeit an. Bei der Vorstellung der einzelnen Kindheitsgeschichten konnten die Eltern sehen, welche Unterschiede es in der Kommunikation innerhalb der Familie früher und heute gibt und welches Verhalten sie heute unbewusst weitergeben. Eine Mutter erzählte: „Mein Vater war Gastarbeiter in Deutschland. Meine Mutter, Geschwister und ich dagegen haben in der Türkei gelebt. Erst mit zehn Jahren, nachdem wir auch nach Deutschland gezogen sind, habe ich meinen Vater so richtig ken-
In der gemeinsamen Märchenstunde üben Eltern und Kinder, wie wichtig das Zuhören für eine gelungene Kommunikation ist.
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nengelernt“. Eine andere Mutter hingegen berichtete, dass sie einen sehr liebevollen Vater hatte, der sie immer in die Arme genommen habe, obwohl das damals nicht üblich gewesen sei. Geprägt von der individuellen Biografie werden unbewusst Erziehungsstile und Kommunikationsmuster in die eigene Familie weitergetragen. Der Sozialpädagoge Nimettin Aksoy sagt dazu: „Viele Eltern bemerken spätestens mit der Pubertät ihrer Kinder, dass es innerhalb der Familie Kommunikationsprobleme gibt“. Mit interaktiven Seminaren wie an diesem Wochenende möchten wir den Familien Mittel und Wege aufzeigen, wie eine funktionierende Kommunikation und Beziehung gelingen kann. Dies gestaltet sich in jeder Familie anders. Die Eltern nehmen das
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mit, was sie brauchen und verändern möchten. Am letzten Tag sagt Suna C., eine Mutter, in der Feedbackrunde: „Meine Mutter habe ich fast nie gesehen, weil sie viel gearbeitet hat. Meine Großmutter hat auf mich aufgepasst. Weil meine Kindheit sehr schwer war, möchte ich meinem Kind vieles
erleichtern. Dank des Seminars und der guten Gespräche hier habe ich bemerkt, dass ich konsequenter sein muss und meiner Tochter zum Beispiel bei einem Konflikt nicht immer alles abnehmen sollte.“
Der Austausch untereinander ist für die Familien sehr wichtig. Eltern sein ist ein schwerer Job, denn man möchte nur das Beste für die Kinder. Das Familienbildungswochenende stärkt mit dem intensiven Erfahrungsaustausch die Familien in ihrer Erziehungsarbeit. Nach diesem Wochenende sind sich die Betei-
ligten einig, dass gute Kommunikation die Lösung zahlreicher Probleme sein kann. Dank Spenden und der Unterstützung der Stadt Stuttgart konnte dieses Wochenende realisiert werden. n
Auch Sie können unsere Jugendarbeit im Verein unterstützen! Liebe Leserinnen und Leser, das Stipendien- und Mentorenprogramm Ağabey-Abla fördert engagierte türkeistämmige Studierende und Gymnasiasten im Raum Stuttgart auf ihrem Bildungsweg – sowohl finanziell als auch ideell. Die Stipendiaten sind zugleich als ehrenamtliche Mentoren für ebenfalls türkeistämmige Schüler der Klasse 1 bis 7 tätig. Hier bringen sie aktiv ihre persönliche Erfahrung ein und sind ein positives Vorbild für die Kinder. Mit unserem neuen Projekt Merhaba in Stuttgart heißen wir geflüchtete Menschen willkommen und stellen ihnen Personen an die Seite, die ihnen Stuttgart näher bringen. Werden Sie ein Teil gelebter Integration in Stuttgart und werden Sie Mitglied beim DTF. Sie können uns aber auch gerne mit einer einmaligen Spende unterstützen. Jede kleine Spende bringt unsere Vereinsarbeit voran! Unterstützen Sie uns auch mit Ihrer Zeitspende als ehrenamtlicher Mitarbeiter in unserem Verein, wie etwa bei unseren Kulturveranstaltungen an unserem Stand, mit Kreativangeboten und Freizeitgestaltung für Kinder und Jugendliche oder längerfristig mit einer Patenschaft für ein Ağabey-Abla Stipendium. Gerne nehmen wir auch Sachspenden an. Wir bieten Ihnen auch gerne die Möglichkeit eines Sponsorings. Selbstverständlich sind wir als anerkannter gemeinnütziger Verein berechtigt, Ihnen Spendenbescheinigungen auszustellen. Unser Spendenkonto: Volksbank Stuttgart ¼ IBAN DE91600901000225786028 ¼ BIC: VOBADESS Vielen Dank für Ihre Unterstützung!
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UNSER NEUES PROJEKT FÜR UND MIT GEFLÜCHTETEN: MERHABA IN STUTTGART
Ein Beitrag von Maria Tramountani
„Sie sind ganz normale Kinder – genauso frech, brav, laut, leise, süß und nervig wie die Kinder, die hier leben auch.“
Kinder lernen das Museum am Löwentor kennen.
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ies sagt Pınar und klingt fast ein bisschen überrascht. Pınar ist eine von über 50 ehrenamtlich Engagierten mit und ohne (türkischen) Migrationshintergrund im DTF-Projekt Merhaba in Stuttgart, unterstützt von der Stiftung Kinderland Baden-Württemberg und dem Sozialministerium Baden-Württemberg, das sich seit September 2015 für geflüchtete Kinder, Jugendliche und Familien einsetzt. Ihre Beobachtung fasst die Erfahrungen der letzten Monate gut zusammen: Eigentlich sind „diese Flüchtlinge“ gar nicht so anders als du und ich. Viele der Ehrenamtlichen im Programm engagieren sich schon lange beim DTF und sind zum Beispiel als Mentoren für Schüler aktiv. Im Ağabey-Abla-Programm konnten sie ihre pädagogischen Fähigkeiten schulen und erproben und wissen somit genau, was man macht, wenn ein Kind zappelig oder laut wird. Pınar und ihre Helfer gehen aus diesem Grund ganz entspannt mit dem Dutzend Kinder um, das durch die Räume der Gemeinschaftsunterkunft tobt.
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„Kommt, ich zeige euch, wie man eine Laterne bastelt“, lockt sie. Und kurze Zeit später sind die Kinder konzentriert bei der Arbeit. Das Laternenbasteln mit anschließendem Laternenlauf im November ist nur eine von vielen Aktivitäten. Gemeinsam mit Kindern und Jugendlichen wurden Stadtführungen unternommen und Theater besucht. Mit freundlicher Unterstützung des Arab Business Circle der Daimler AG konnten wir sogar eine arabischsprachige Führung durch das Mercedes-Benz-Museum auf die Beine stellen – wo an jedem Auto ein Selfie gemacht werden musste: für Facebook. Ganz normale Jugendliche eben.
Überall stoßen wir auf offene fröhliche Menschen, die sich über jede Abwechslung von ihrem Alltag freuen und dankbar sind für die Aktivitäten, die wir vorschlagen, und eigene Ideen einbringen. Trotz vieler verschiedener Kulturen und Sprachen fällt die Kommunikation selten schwer. Man lernt zuzuhören und langsamer zu sprechen und den ganzen Körper einzusetzen. Im Notfall kommt man mit Englisch weiter oder man unterhält sich zum Beispiel mit Abdul aus Syrien, der auf seiner Flucht einige Jahre in der Türkei gelebt hat und dort seinen Abschluss gemacht hat. Obwohl er fließend Türkisch spricht, besteht er nach einigen Sätzen darauf, sich auf Deutsch zu un-
terhalten – so gut es eben geht. Masud dagegen ist in Afghanistan zweisprachig aufgewachsen, Paschtu und Farsi, spricht außerdem noch Englisch, lernt nun Deutsch und lässt jedes Sprachtalent vor Neid erblassen. Und da ist Reza, der bald eine Ausbildung als Koch beginnen wird und von seinem eigenen afghanischen Restaurant in Stuttgart träumt. Oder Firas, der uns stolz seine Zeichnungen zeigt und erklärt, dass er Schmuckdesigner werden will. Träume, die sich nicht unterscheiden von denen, die wir auch haben und Träume, die hier in Deutschland eine Zukunft haben können. Und trotzdem kommt man manchmal ins Grübeln. Wenn zum Beispiel Ferhat beim Besuch in einer WG von unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen erklärt, dass er Deutschland mag, weil es hier so ruhig ist. „Es gibt keine Bomben“, erklärt er und fängt im selben Satz an über das Wetter in Kabul zu sprechen. Und Ali, der in Damaskus Medizin studierte, erzählt auf Nachfrage offen, dass die Verletzung an seinem Bein von einer Landmine herrührt, in die er getreten ist. Wo die Dokumente sind, die seinen Abschluss bescheinigen? Im Mittelmeer.
Politik & Gesellschaft
Den Ehrenamtlichen fällt es jedoch leicht, diese jungen Menschen nicht über ihre Erfahrungen als Geflüchtete zu definieren. Im Rahmen von zahlreichen Freizeitaktivitäten begegnen sie ihnen auf Augenhöhe und lernen sie mit all ihren Talenten, Vorlieben und Ängsten als die jungen Menschen kennen, die sie eben auch sind.
Nach zahlreichen Begegnungen, wichtigen Erfahrungen und einem frisch erworbenen Grundwortschatz von arabischen Redewendungen ziehen wir somit ein erstes Fazit: Wir haben Spaß und wir machen weiter! Und freuen uns über alle, die mitmachen wollen. n
Bei Interesse am Projekt melden Sie sich bitte bei uns oder direkt über unseren Online-Fragebogen als ehrenamtlicher Engagierter an. Sobald wir die Daten und Ideen gesammelt haben, melden wir uns bei euch/Ihnen und bringen das Engagement mit den Bedürfnissen vor Ort zusammen. Interessierte Flüchtlingsunterkünfte und Freundeskreise, die noch Helfer suchen, können sich gerne melden. Alle weiteren Informationen und Anmeldung unter: www.dtf-stuttgart.de/merhaba
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DIE QUAL DER WAHL DER ,,RICHTIGEN“ SCHULE
Ein Beitrag von Mukaddes Steinkrüger, Maria Tramountani und Alice Heisler
Das Ağabey-Abla-Programm unterstützt Familien bei der Wahl der weiterführenden Schule
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nsere Ağabeys und Ablas helfen ihren Schützlingen nicht nur durch Nachhilfe, sondern stehen ihnen und den Eltern auch beratend in schulischen Fragen zur Seite. Eltern haben oft Rückfragen oder wollen eine genaue Einschätzung der Mentoren, um die Chancen ihrer Kinder zu verbessern, auf eine passende weiterführende Schule (oder in die nächste Klasse) zu kommen. Die Wahl einer geeigneten Schule für ihre Kinder ist nicht einfach. Seit dem Wegfall der verbindlichen Grundschulempfehlung im Jahr 2012 liegt die Entscheidung bei den Eltern, was die Wahl jedoch in vielen Fällen nur noch schwerer macht. Das Ağabey-AblaProgramm bietet für die Eltern, neben der persönlichen Beratung durch die Mentoren oder mit unserer pädagogischen Referentin Mukaddes Steinkrüger, auch Info-Veranstaltungen zum Thema „Das deutsche Schulsystem in Baden-Württemberg“ an. Die Mentoren fungieren als Mediatoren zwischen Eltern und Lehrern. Nicht zuletzt dank der Erfahrungen ihrer eigenen Bildungsbiografie können sie die Eltern optimal unterstützen. Sie sind dafür da, die Wünsche der Kinder abzufragen, sprechen
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aber auch selbst Einschätzungen und Empfehlungen aus, da sie die Stärken und Schwächen der Kardeş‘ in ihrer gemeinsamen Zeit kennengelernt haben. Von der Grundschule in die weiterführende Schule – Stimmen aus unserem Programm:
„Die Wahl haben wir nach den Stärken und Interessen unseres Sohnes getroffen.“ Mutter Ciğdem „Emirhan und sein Ağabey Mesut haben gemeinsam nach passenden Gymnasien gesucht, denn mein Sohn hat von seiner Klassenlehrerin eine Gymnasialempfehlung bekommen. Dies hat mich sehr stolz gemacht. In Gesprächen mit Derya Bermek-Kühn (Anm. d. Red.: ehemalige Programmleiterin) und Mukaddes Steinkrüger und unserem Ağabey Mesut haben wir uns für zwei Gymnasien entschieden. Die Wahl haben wir nach den Stärken und Interessen meines Sohnes getroffen. Am Tag der offenen Tür des Gymnasiums hat sich Emirhan sofort in diese Schule und ihre Atmosphäre verliebt. Doch leider haben wir eine Absage bekommen. Letztendlich haben wir ihn nun an einem anderen Gymnasium angemeldet und hoffen auf ei-
Ağabey Mesut und Emirhan.
nen guten Start. Letzte Woche hat mein Sohn erfahren, dass sich noch zwei weitere Schulfreunde an diesem Gymnasium angemeldet haben. Dies hat ihn etwas beruhigt.“ Mentee Emirhan „Ich wollte auf ein Gymnasium, welches vor allem das mathematisch-technische Profil anbietet (MINT-Fächer). Darüber habe ich meinen Ağabey informiert, damit er die Anforderungen bei der Suche beachten kann.“ Ağabey Mesut „Ich wurde von der Mutter gebeten, fünf Gymnasien herauszusuchen, die für Emirhan in Frage kommen würden. Dies war nicht leicht, da zuerst die Anforderungen auf das Gymnasium geklärt werden mussten. Daraufhin
habe ich jedes Gymnasium, abhängig von der Entfernung zum Wohnort der Familie, aufgesucht und mir Informationen geholt.“
„Am Anfang wussten wir nicht, wie dieses Konzept funktioniert.“ Mutter Gülşen „Wir haben uns für die Gemeinschaftsschule entschieden. Am Anfang wussten wir nicht wie dieses Konzept funktioniert. Auf jeden Fall fanden wir es am Anfang ganz komisch zu erfahren, dass man keine Note bekommt. Doch bei dem Besuch in der Schule, am Tag der offenen Tür, hat man uns die Gemeinschaftsschule ausführlich vorgestellt, so dass wir uns entschieden haben, Zeynep auf dieser Schule anzumelden.“
Bildung
„Mein Ağabey glaubt an mich und dass ich erfolgreich sein werde.“
ihn bei Problemen jederzeit anrufen kann. Mein Ağabey glaubt an mich, und dass ich erfolgreich sein werde.“
Vater Niyazi „Wir haben zuallererst Enes‘ Entscheidung zur Kenntnis genommen. Denn letztendlich wird er auf diese Schule gehen und seine Freunde auswählen.“
Ağabey Hasan „Enes ist ein begeisterter Schüler, den es fasziniert neue Sachen zu lernen. Mein besonderes Anliegen war es immer, Enes einen Blick hinter die Kulissen zu geben, wofür er das Wissen später benötigen wird. So hoffe ich, dass auch er aus unserer gemeinsamen Zeit etwas auf seinen Lebensweg mitnimmt. Ich weiß, dass er mit Motivation auch das Gymnasium meistern wird. Allah yardimcin olsun Enes Efendi!“
Mutter Ülfet „Das Entscheidende an unserer Schulwahl war, dass Enes‘ Klassenlehrerin für meinen Sohn eine Gymnasialempfehlung ausgesprochen hat.. Wenn die Lehrerin eine andere Schulform empfohlen hätte, hätte ihre Empfehlung auch unsere Schulwahl beeinflusst. Die Lehrerin kennt Enes mit seinen Leistungen, Stärken und seinem Verhalten am besten. Ihre Meinung und auch das Gespräch mit unserem Ağabey Hasan haben mich ermutigt und mir gezeigt, dass Enes es an dieser Schule schaffen kann.“ Mentee Enes „Ich habe mich für ein Gymnasium entschieden, auf das auch meine Freunde gehen. Beim Tag der offenen Tür fand ich die Schule sehr sympathisch. Ich habe die Lehrer kennen gelernt, die sehr nett waren. Mein Ağabey hat mir für die neue Schule schon mal viel Glück gewünscht und mir gesagt, dass ich
„Ich sagte den Eltern ganz klar, dass ich ihnen die Entscheidung nicht abnehmen könnte.“ Ağabey Devran „Die Mutter wollte Nihat ursprünglich auf die Realschule schicken. Die war näher und sie dachte sich, dass Nihat automatisch mehr leistet, wenn das Niveau höher ist. Der Vater ist irgendwann auf mich zugekommen und hat mich nach meiner Meinung gefragt. Ich habe ihm erklärt, dass ich mir Nihat besser in der Gemeinschaftsschule vorstellen könnte. Das war eine Ganztageschule, wo er den ganzen Tag Deutsch sprechen würde, außerdem
Links: Nihat ist der Kardeş von Devran. Rechts: Mentee Enes mit seinen Eltern.
war dort Inklusion ein großes Thema. So würde Nihat nicht nur rohe Fakten eingetrichtert bekommen, sondern auch den sozialen Umgang mit anderen lernen. Trotzdem sagte ich den Eltern ganz klar, dass ich ihnen die Entscheidung nicht abnehmen könne. Ich empfahl dem Vater, noch einmal mit Nihats Lehrerin zu sprechen. Ich denke, das hat ihn dann dazu bewegt, mit ihr das Gespräch zu suchen. Anfangs war Nihat skeptisch,
aber als sich auch sein Freund an der Schule angemeldet hatte, war er überzeugt.“ Mentee Nihat „Meine Mutter wollte, dass ich auf die Realschule gehe, weil da auch meine Cousins waren. Mein Ağabey hat gesagt, dass die Gemeinschaftsschule besser ist. Ich freue mich jetzt auch darauf, weil das eine Ganztagesschule ist und ich dann dort meine Hausaufgaben machen kann.“ n
Das Stipendien- und Mentorenprogramm Ağabey-Abla (türkisch: großer Bruder – große Schwester) wurde 2009 mit der Unterstützung der Robert Bosch Stiftung gegründet. Über 200 türkeistämmige Studierende und Gymnasiasten engagierten sich seit Beginn des Programms für über 200 türkeistämmige Schüler. Ağabey-Abla fördert diese jungen Menschen ideell und finanziell auf ihrem Bildungsweg und setzt sich so für mehr Chancengleichheit in der Gesellschaft ein.
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Politik & Gesellschaft
DIE VERLEIHUNG DES MANFRED-ROMMEL-PREISES 2015
Ein Beitrag von Özlem Şahin
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as Kuratorium des D e ut s ch - Tü rk i s che n Forums Stuttgart hat den Manfred-Rommel-Preis 2015 an vielseitige Initiativen, Projekte und Unternehmungen in der Region Stuttgart vergeben. In diesem Jahr erhielten ihn das Mitarbeiternetzwerk Daimler Türk-Treff, das Ehepaar Yeşim und Aykut Dalgıç sowie der Verein Kultur- und Sozialinitiative für Jugendliche und Kinder Stuttgart. Bei der Preisverleihung zum Manfred-Rommel-Preis am 23. Oktober 2015 im Stuttgarter Rathaus hielten die Laudationes auf die Preisträger die Landtagsabgeordnete Muhterem Aras, die Sozialbürgermeisterin Isabel Fezer und die Stadträtin Sibel Yüksel. Unter den rund 400 Gästen waren zahlreiche Persönlichkeiten aus Politik, Wirtschaft, Kultur, Wissenschaft und Medien. Die Preisträger erhielten eine von der Stuttgarter Künst-
Die Preisträger des Manfred-Rommel-Preises 2015.
lerin Sibylle Schwarz gestaltete Statuette, die dem „Stuttgarter Rössle“ nachempfunden ist. Die Festveranstaltung wurde von der Sängerin Yeşim und dem Akustik Trio musikalisch umrahmt. Der öffentlich ausgeschriebene Manfred-Rommel-Preis wurde erstmals im Jahr 2009 zum zehnjährigen Jubiläum des DTF gestiftet. Er ist nach dem verstorbenen Ehrenvorsitzenden des DTFs, Oberbürgermeister a.D. Professor Dr. h.c. Manfred Rommel benannt, der die kulturelle und gesellschaftliche Integration der zugewanderten Bevölkerung in der Landeshauptstadt Stuttgart und in Baden-Württemberg entscheidend geprägt hat.
Yeşim und das Akustik Trio.
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Der Ehrenpreis ging an das Mitarbeiternetzwerk Daimler Türk-Treff. Die Jury würdigte die Verdienste der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter um eine beispielgebende Engagementkultur innerhalb und außerhalb ihres Unternehmens. Ein dotier-
Das Kuratorium des Deutsch-Türkischen Forums Stuttgart e. V. stiftet seit dem Jahr 2009 den Manfred-Rommel-Preis. Der Preis will die vielseitigen Initiativen, Projekte und Unternehmungen in der Region Stuttgart deutlicher sichtbar machen, in denen deutsche und türkische Bürger erfolgreich zusammenarbeiten, wirkungsvoll zum interkulturellen Dialog beitragen und gute Beispiele gelingender Integration in Bildung, Wirtschaft und Politik geben.
ter Preis wurde an das Ehepaar Yeşim und Aykut Dalgıç aus Wendlingen verliehen. Das Paar engagiert sich seit über zwanzig Jahren in der Region Stuttgart für türkische Folkloretänze und internationale Tanzfestivals. Sie vermitteln mit großer Begeisterung und hohem Idealismus Wissen über Folkloretänze aus verschiedenen Teilen der Türkei und aus anderen Ländern. Einen weiteren dotierten Preis verlieh das DTF an den Verein Kulturund Sozialinitiative für Jugendliche und Kinder Stuttgart. Der Verein engagiert sich seit seiner Gründung im Jahr 1988 um die Vermittlung der türkischen und anatolischen Kultur an Kinder und Jugendliche. n
TV-Ratgeber „Babys in Bewegung“ auch auf Türkisch Bewegung macht Spaß – was Erwachsene zum Teil wieder lernen müssen, haben die Jüngsten „im Blut“. Mit ihrem natürlichen Bewegungsdrang erschließen sie sich ihre Umwelt von Geburt durch Bewegung und erforschen diese mit allen Sinnen. Und das ist auch gut so, denn Bewegung wirkt sich positiv auf die gesunde körperliche, geistige und sozial-emotionale Entwicklung von Kindern aus. Mit dem TV-Ratgeber „Babys in Bewegung“ möchte die Kinderturnstiftung Baden-Württemberg Eltern anregen, bereits von Geburt an mit einfachen Bewegungsideen den natürlichen Bewegungsdrang ihrer Kinder zu unterstützen und Bewegung im Alltag ihrer Kinder selbstverständlich werden zu lassen. Den TV-Ratgeber gibt es ab sofort auch auf Türkisch.
Tolle Bewegungsanregungen für Zuhause Der TV-Ratgeber besteht aus 20 Folgen. Jede Folge beschäftigt sich mit einem Bereich der motorischen Entwicklung. Zum Beispiel: Welche Bedeutung hat das Gleichgewicht für die kindliche Entwicklung und wie lernt mein Kind eigentlich das Gleichgewicht zu halten? Auf Fragen wie diese gibt der Ratgeber Antwort. Gleichzeitig liefert er anschaulich erklärte Bewegungsideen, die von den Eltern mit ihren Kindern zuhause nachgemacht werden können. Schon mit einer zusammengerollten Decke kann man die Entwicklung des Gleichgewichtssinns beispielsweise im eigenen Wohnzimmer anregen. In Folge 20 wird das Vereinsangebot „Babys in Bewegung“ vorgestellt. Große Unterstützung fand die Kinderturnstiftung Baden-Württemberg neben der Lechler Stiftung als Projektförderer auch im Deutsch-Türkischen Forum Stuttgart e. V., dessen Mitarbeiter die Übersetzung geprüft haben. Alle Folgen sind kostenfrei auf der Homepage der Stiftung unter www.kinderturnstiftung-bw.de/tv-ratgeber zu finden. Eine Broschüre inklusive DVD mit den ersten zehn Folgen kann per Mail an info@kinderturnstiftung-bw.de angefordert werden.
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„JEDER HAT SEINE GESCHICHTE“
Ein Beitrag von Nilgün Tasman
„Ich versuche, nicht an meine Familie zu denken!“
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ustafa kommt aus Afghanistan und war gerade 15 Jahre alt geworden, als er seine Mutter und seine Geschwister verließ. Innerhalb von fünf Monaten hatte er so gut Deutsch gelernt, dass er sich mit uns unterhalten, aber auch für die anderen afghanischen Jungs übersetzen konnte. Seine Mutter habe ihm am Abend vor seiner Flucht sein Lieblingsessen gekocht. „Ohne die dicken Wollsocken, die mir meine Schwester mitgegeben hat, wäre ich auf dem Boot bestimmt erfroren!“, erzählte er mit einem Lächeln im Gesicht. Von Kabul aus sei er in den Iran und dann nach Istanbul. Mustafa fing an, über das wunderschöne Istanbul zu schwärmen, und dass man ihm gesagt habe, Istanbul sei das Tor zum Paradies. Wer es bis in diese Stadt geschafft habe, werde es auch nach Deutschland schaffen. Doch all die Versprechungen der Schlepper erwiesen sich als Lügen. Er konnte nicht gleich auf das Boot, das ihn nach Griechenland bringen sollte, man sagte ihm, er müsse sich ein paar Wochen gedulden. Er fand Arbeit in einer Textilfirma, in deren Lagerhalle er nachts auch übernachten konnte. Oft
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sei er hungrig eingeschlafen und Albträume hätten ihn gequält. Er habe immer Geräusche gehört und sich gefürchtet. „Da habe ich zum ersten Mal richtig Heimweh bekommen, aber ich habe mir gesagt, Mustafa, du musst erwachsen werden! Immer wieder habe ich mir das gesagt.“ Drei Monate arbeitete er in dieser Firma, bis er dann endlich einen Platz auf einem Schlauchboot bekam, das ihn nach Griechenland bringen sollte. „Als kein Land mehr in Sicht war, ging plötzlich der Motor aus, und da ich habe nur noch gebetet!“, erzählte er leise weiter. Meine Gedanken schweiften zu unseren Kindern, die ohne Handy nicht mal in die Stadt gehen durften, und diese Mütter mussten ihre Söhne loslassen und ins Ungewisse schicken. Für alle Beteiligten eine grauenvolle Situation und diese Gedanken ließen mich schaudern. Zum Glück habe ein türkisches Schiff das völlig überfüllte Boot auf offenem Meer gefunden und wieder mit an Land gezogen. Ein paar Wochen später sei es ihm dann endlich gelungen, Griechenland mit einem anderen Boot zu erreichen, wo er jedoch gleich nach seiner Ankunft in Handschellen abgeführt wurde. Bis er beweisen konnte, dass er minderjährig war, habe es einige Tage gedauert. Danach
kam er nach Deutschland. Mustafa wurde wie die anderen minderjährigen Jungen in einer Notunterkunft einquartiert und wird im Juni bereits das fünfte Mal umziehen. Er hat seinen Hauptschulabschluss gemacht und obwohl er von einer Fußballkarriere träumt, ist ihm schnell klar geworden, dass er einen Beruf erlernen muss. Doch Mustafa ist in der Tat ein Überflieger, ein Sprachgenie! Er spielt Theater, ist im Fußballverein und ab September besucht er eine Realschule. „In Deutschland dauert alles so lange!“, sagt er und arbeitet zielstrebig an seiner Zukunft. Auf die Frage, ob er seine Familie vermisst, antwortet er: „Ich versuche, nicht an meine Familie zu denken. Das tut so weh!“
Schlaflose Nächte Baktash war sehr schüchtern, zurückhaltend, höflich und leider auch sehr traurig. Sein Vater, ein sehr wohlhabender Unternehmer in Kabul, hatte eine Transportfirma und als die Taliban ihn dazu zwingen wollten, für sie zu arbeiten, und er sich weigerte, musste er einen hohen Preis dafür bezahlen. Der älteste Sohn wurde ermordet und das Haus sowie das Firmengebäude wurden in Schutt und Asche gelegt. Die ganze Familie flüchtete. Bis zur türkischen Grenze blieben die Familienmitglieder
zusammen, doch als sie von Soldaten entdeckt wurden, rannte jeder in eine andere Richtung davon. Plötzlich stand Baktash ganz alleine da und wartete tagelang an der Grenze auf seine Eltern und seine Geschwister. Keiner seiner Angehörigen war über das Handy erreichbar – kein gutes Zeichen. Damals war er 16 Jahre alt und er musste wochenlang in Gefängnissen ausharren, bis er es nach Mazedonien schaffte und von dort aus endlich nach Deutschland kam. „Ich war neun Monate auf der Straße, immer nur laufen, laufen laufen!“ Elf Monate lang wusste der Junge nicht, ob seine Familie überhaupt noch lebte. Die erste Zeit in Deutschland habe Baktash kein Wort geredet, erzählte seine damalige Betreuerin. Erst vor kurzem bekam er endlich ein Lebenszeichen von seiner Familie über facebook. Durch den Kontakt zu seinen Eltern findet Baktash allmählich aus seiner tiefen Trauer heraus. „Weißt du, ich liebe meine Familie, meine Freunde und mein Land, und eines Tages gehe ich zurück!“, sagte er. „Aber ich möchte wissen, wie es in meinem Leben jetzt weitergeht!“ Baktash möchte KFZ-Mechatroniker werden, denn er habe viel Zeit in der Werkstatt seines Vaters verbracht.
Politik & Gesellschaft
„Ich kann nicht schlafen vor lauter Angst, dass sie mich zurückschicken!“ erzählte er mir immer wenn wir uns treffen.
Von links: Leyla Demirhan, Nilgün Tasman, Ulrich Scholpp, Baktash, Mustafa, Arman, Zabiullah und Najib. Die Namen wurden teilweise von der Redaktion geändert.
Eine neue Familie ist das größte Glück Souraka kommt aus Togo und obwohl er volljährig ist, hat er das große Glück, dass ihn eine Familie, die bereits zwei Söhne hat, bei sich aufnimmt. Souraka wird ebenfalls vom Jugendamt in Stuttgart betreut, da er nach Togos Gesetzen erst mit 21 Jahren die Volljährigkeit erreicht und somit noch als minderjährig gilt. Kurz bevor er bei der neuen Familie einzog, sagte er bei unserem ersten Treffen besorgt: „Ich hoffe, dass ich manchmal spazieren gehen darf und im Fernsehen Fußballspiele anschauen kann.“ Mehr erwarte er nicht von der Familie. Sourakas zukünftige deutsche Familie lernte ich bei seiner Theaterpremiere im Renitenz kennen und stellte dabei fest, dass es wundervolle Menschen waren, völlig frei von Vorurteilen und mit dem Herz am rechten Fleck! Frau Preuß erzählte, dass sie noch ein Zimmer im Haus frei gehabt hätten, aber die größten Hürden die bürokratischen gewesen seien, und dass sie sich nun auf den Familienzuwachs sehr freuen würden. Ihre Söhne hätten nun einen Bruder mehr. Souraka darf wann immer er möchte spazieren gehen und hat
auch das große Glück, dass er mit seinen neuen Brüdern jedes Spiel im Fernsehen gemeinsam anschauen kann. Der Abschied von Konrad, Max und Uwe, seinen Betreuern in der Unterkunft in Vaihingen, fällt ihm dennoch nicht leicht.
Eine Sorge teilen alle Flüchtlinge Der ungeklärte Aufenthaltsstatus macht allen Flüchtlingen zu schaffen. Sobald ihre Herkunftsländer als „sicher“ eingestuft werden, droht ihnen die Ausweisung. Doch wenn sie nachweislich an
Integrationsprojekten teilnehmen, Sprachschulen besuchen oder auch einen Ausbildungsplatz haben, besteht die „Chance“ für einen dauerhaften Aufenthalt. Aber auch das ist unklar und es gibt keinerlei gesetzliche Regelungen. Ulrich, Leyla und ich sind nun seit fast drei Jahren ehrenamtlich in der Flüchtlingshilfe tätig. Seit 2015 kümmern wir uns auch um unbegleitete minderjährige Flüchtlinge, die wir „unsere Jungs“ nennen. Wir treffen uns regelmäßig, reden über ihre Zukunftspläne, ihre Ängste und ihre Sorgen. Wir helfen ihnen bei der Suche nach Praktikumsund Ausbildungsplätzen und optimieren die Bewerbungsun-
terlagen. Ab und an starten wir eine Hilfsaktion, um Hygieneartikel, Sportschuhe, Unterwäsche usw. für unsere Jungs zu kaufen. Doch am liebsten treffen wir uns einfach so mit allen und essen, trinken, reden und haben Spaß! Die Unterkünfte für UMFs (Unbegleitete minderjährige Flüchtlinge) in Stuttgart bieten den Jugendlichen eine Menge und ich habe einige Betreuer persönlich kennengelernt. Sie sind wundervoll! Je kleiner eine Einrichtung, desto besser funktioniert die Integration und umso schneller schaffen es diese jungen Menschen, ihre traumatischen Erlebnisse einigermaßen zu verarbeiten und sich einzugliedern. Aber dann kommt der Punkt in ihrem Leben, wo sie auf gepackten Koffern sitzen, ständig umziehen und immer wieder von vorne anfangen müssen. Die bürokratischen Hürden sind groß. Ändern können wir an diesen Tatsachen nichts, aber wir geben Trost und motivieren sie weiterzumachen. Sie sind gekommen, um zu bleiben und wir brauchen diese jungen Menschen und sie brauchen uns! n
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KONFLIKT IN DER TÜRKEI SPALTET COMMUNITY IN DEUTSCHLAND TÜRKİYE'DEKI ÇATIŞMA ALMANYA'DAKİ TOPLULUĞU BÖLÜYOR
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esorgt blickten Medien und Politiker auf die Demonstrationen in mehreren deutschen Großstädten, wo im April 2016 einige hundert türkische Nationalisten gegen die Terroranschläge der kurdisch-nationalistischen PKK und des IS (Islamischer Staat) in Ankara und Istanbul protestierten. Parallel dazu fanden Gegendemonstrationen von kurdisch-(nationalistischen) und linksradikalen Gruppierungen statt. Entgegen aller Befürchtungen kam es nur vereinzelt zu Ausschreitungen – nicht zuletzt Dank des großen Polizeiaufgebotes. Grund zur Entwarnung? Kaum, denn die anhaltende politische Polarisierung unter den Türkeistämmigen in Deutschland kann jederzeit in Gewalt umschlagen. Gäbe es in Deutschland nach den Bombenanschlägen in Ankara und Istanbul ähnliche Solidaritätskundgebungen wie nach dem Terroranschlag von Paris, hätten Randgruppen kaum Gelegenheit, die Empörung von Türkeistämmigen für ihre Zwecke zu mobilisieren. Innerhalb der türkeistämmigen Community in Deutschland stehen sich zwei Lager zunehmend unversöhnlich gegenüber: Auf der einen Seite traditionskonservative, religiöse Menschen und türkische Nationalisten, die überwiegend rechts-konservative türkische
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Parteien wählen und vereint sind in tiefer Abneigung gegen alles, was im links-säkularen Lager zum guten Ton gehört. Auf der anderen Seite stehen Linke verschiedener Couleur, Kurden und Aleviten, die überwiegend die linkssäkulare CHP, die pro-kurdisch linke HDP oder andere linke Gruppierungen unterstützen. Sie alle lehnen Erdoğans Machtanspruch sowie islamisch-konservative Wertvorstellungen ab. Eine Folge dieser politisch-kulturellen Polarisierung ist moralische Fragmentierung, d. h. Doppelstandard greift um sich, politische Entwicklungen werden mit zweierlei Maß bewertet: Während die einen wegsehen, wenn es um Menschenrechtsverletzungen durch die Sicherheitskräfte oder um Demokratieabbau durch die Regierung geht, halten sich andere bei Terroranschlägen der PKK oder anderer linksextremistischer mit Kritik zurück. Die türkeistämmige Community in Deutschland driftet auseinander, und das nicht erst seit den Gezi-Park-Protesten im Sommer 2013. Die letzten drei landesweiten Wahlen in der Türkei in den Jahren 2014 und 2015, an denen auch türkeistämmige Staatsbürger in Deutschland teilnehmen konnten, haben erneut vor Augen geführt, dass sich kulturelle, ethnische und
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Eine Analyse von Dr. Yaşar Aydın
üzlerce Türk milliyetçisinin, 2016 Nisanı'nda, Kürt ayrılıkçısı PKK ve İŞİD'in (Irak ve Şam İslam Devleti) Ankara ve İstanbul'daki terör saldırılarına karşı yapmış olduğu gösterileri, medya ve siyasetçiler endişeyle izledi. Buna paralel olarak, Kürt (milliyetçi) ve radikal sol gruplar tarafından karşı gösteriler yapıldı. Tüm korkuların aksine tek tük taşkınlık yaşandı. Bunda polisin yoğun önlemlerinin payı büyük. Bu, iyimser olmak için yeterli bir sebep mi? Zor, çünkü Almanya'daki Türkiye kökenliler arasında devam eden siyasi kutuplaşma, her an şiddete dönüşebilir. Almanya'da, Paris'teki terör saldırısı sonrası olduğu gibi Ankara ve İstanbul'daki bombalı saldırılar sonrasında da siyasi çevrelerce benzer dayanışma gösterileri düzenlenmiş olsaydı marjinal grupların, Türkiye kökenlilerin öfkesini kendi amaçları doğrultusunda seferber etmeye fırsatları olmazdı. Almanya'daki Türkiye kökenliler arasında uzlaşmaz bir şekilde birbirlerine karşı olan iki siyasal kutup var: Bir yanda sağcı Türk partilerini seçen ve sol, laik kesimde yaygın olan değerlere karşı derin bir hoşnutsuzluk besleyen, geleneksel muhafazakar, dindar insanlar ve Türk milliyetçileri. Diğer yanda ise ağırlıklı olarak sol laik CHP'yi, Kürt yanlısı sol HDP'yi ya da başka sol grupları destekleyen, farklı sol görüşte olanlar, Kürt-
ler ve Aleviler. Hepsinin ortak paydası ise Erdoğan'ın otoriter tarzına ve muhafazakar islami değerlerin toplumsal etkinliğine karşı olmak. Bu siyasi ve kültürel kutuplaşmanın bir sonucu da ahlaki parçalanmadır. Yani kamplara ayrışmış Türkiyelilerin çifte standart uygulaması, siyasi gelişmeleri iki farklı ölçütle değerlendirmesidir: Kimileri, güvenlik güçlerinin insan haklarını ihlal ettiklerini ya da hükümetin demokrasiyi sınırlandırmasını görmezden gelirken, kimileri de, PKK ya da diğer aşırı solcu örgütlerin terör saldırılarını eleştirmiyorlar. Almanya'daki Türkiye kökenlilerin içinde bulunduğu topluluk bölünmüş bir durumda ve bu sadece 2013 yazındaki Gezi Parkı protestolarından bu yana böyle değil. Almanya'daki Türk vatandaşlarının da oy kullanabildiği 2014 ve 2015'te gerçekleşen son üç ulusal seçimler, kültürel, etnik ve dini kimliklerin oy kullanırken büyük önem taşıdığını yeniden gösterdi. Bunlar, yapısal nedenlerden mi, yoksa ekonomik gelişmelere bağlı nedenlerden mi kaynaklanıyor?
Yukardan-Aşağıya Modernleşme ve Otoriter Laiklik Sadece halk arasında değil aynı zamanda siyasi elitler arasında da kültürel bütünlüğün parçalanması sonucunu doğuran ve derinleştiren 200 yıllık
Politik & Gesellschaft
„EINE FOLGE DIESER POLITISCHKULTURELLEN POLARISIERUNG IST MORALISCHE FRAGMENTIERUNG.“ religiöse Identitäten verfestigt haben und ausschlaggebend bei der Stimmabgabe sind. Sind die Ursachen struktureller oder konjunktureller Natur?
Top-down Modernisierung und Laizismus Die Türkei blickt auf eine 200-jährige top-down-Modernisierung zurück, die nicht nur die kulturelle Einheit in der Bevölkerung, sondern auch die kulturelle Einheit der Machteliten untergraben hat. Die säkularen Reformen nach der Republikgründung waren ebenfalls ein Elitenprojekt und haben in der Folge nicht nur die Religion, sondern zugleich die frommen Schichten an den Rand gedrängt und teilweise entrechtet. Es ist größtenteils die Erinnerung an diese autoritäre top-down-Modernisierung in den Jahren der Einparteienregierung vor 1950, die die Nachkommen der „Modernisierungsverlierer“ auch heute motiviert, sich hinter rechts-konservative und nationalistische Parteien zu stellen und linksliberale Werte weitestgehend abzulehnen.
Zuspitzung gesellschaftlicher Konflikte Verantwortlich für die tiefe Spaltung sind auch Macht- und Verteilungskämpfe:
1.) Kampf gegen die PKK: Seit Sommer 2015 eskaliert in der Südosttürkei die Gewalt zwischen den Streitkräften und PKK-Milizen, nachdem im Frühjahr die Verhandlungen zwischen der Regierung und der PKK ausgesetzt wurden. Trotz der Erfolge in Nordsyrien und Nordirak haben PKK-Milizen in der Südosttürkei schwere Rückschläge erfahren müssen und scheiterten mit ihrer Strategie, die Ethnokurden gegen den Staat zu mobilisieren. PKK-nahe Kreise in Deutschland verstärkten daraufhin ihre Lobbytätigkeiten, um die Bundesregierung dazu zu bewegen, Druck auf die türkische Regierung auszuüben, was wiederum die Polarisierung unter Türkeistämmigen hierzulande vertieft. 2.) Wirtschaftsdynamik: Trotz der Wirtschaftsdynamik bis 2012 konnten hohe Arbeitslosigkeit, Inflation und hohes Außenhandelsdefizit nicht überwunden werden. Zudem steckt die Wirtschaft in einer mittleren Einkommensfalle: Der Aufholprozess kommt nicht mehr richtig voran, das pro Kopf Durchschnittseinkommen stagniert und die Türkei verbleibt in der Gruppe der Länder mit mittleren Einkommensniveau. Das Wirtschaftswachstum hat sich verlangsamt, wegen Wegfall wichtiger Absatzmärkte ist der Export zurückgegangen und aufgrund der russischen Wirtschaftssanktionen droht
Yaşar Aydıns neues Buch „Transnational“ statt „nicht integriert“. Yeni kitabı „Entegre olmamış“ yerine „Ulusaşırı“.
bir yukarıdan aşağıya otoriter modernleşme geçmişi var Türkiye'nin. Cumhuriyetin kuruluşu sonrası gerçekleştirilen laik reformlar da bir elit projeydi ve sadece dini değil aynı zamanda dindar kesimleri de dışladı, hatta onları birçok haklarından mahrum etti. Sağcı muhafazakarların ve milliyetçilerin sol liberal ve seküler değerleri büyük ölçüde reddetmesinin bir nedeni de 1950’lere kadar süren bu otoriter laik Türk modernleşmesinin hatırasının sözkonusu sürecin kaybedenlerinin ve ardıllarının hafızasında hala canlı olmasıdır.
Toplumsal Çatışmaların Şiddetlenmesi Bu derin bölünmelerin bir başka sebebi de güç çatışması ve paylaşım mücadeleridir: 1) PKK ile Mücadele: Hükümet ve PKK arasında ilkbaharda kesilen görüşmelerin ardından, 2015 yazından bu yana Türkiye'nin güneydoğusunda silahlı kuvvetler ile PKK militanları arasındaki çatışmalar şiddetlendi. PKK militanları, Kuzey Suriye ve Kuzey Irak'taki başarılara rağmen Türkiye'nin güneydoğusunda ciddi gerile-
meler yaşadı ve etnik Kürtleri devlete karşı harekete geçirme konusunda başarısız kaldı. Bunun üzerine PKK yanlısı çevreler Almanya'daki lobi faaliyetlerini arttırarak Federal hükümeti Türkiye üzerinde baskı kurmaya davet etmektedirler . Bu da, Almanya'daki Türkiye kökenliler arasındaki kutuplaşmayı derinleştirmektedir. 2) İktisadi Dinamizm: 2012 ylına kadar devam eden güçlü ekonomik büyümeye rağmen yüksek işsizlik oranının, enflasyonun ve yüksek dış ticaret açığının üstesinden gelinemedi. Ayrıca, ekonomi, orta gelir tuzağında: Ekonomik açık kapatılamıyor, kişi başına düşen ortalama gelir durağanlaştı ve Türkiye, orta gelirli ülkeler arasında yerini aldı. Ekonomik büyüme yavaşladı, önemli pazarların kaybıyla ihracat geriledi ve Rus ekonomik yaptırımlarından
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Politik & Gesellschaft
„BU SİYASİ VE KÜLTÜREL KUTUPLAŞMANIN BİR SONUCU DA AHLAKİ PARÇALANMADIR.“
nun auch ein Einbruch des Tourismus. Dies verschärft die Verteilungskämpfe, vergrößert den Kreis derjenigen, die sich vom „Wohlstand“ ausgeschlossen fühlen und erschwert die Entschärfung sozialer Konflikte durch Ausbau von Sozialleistungen. 3.) Einschränkung der Medienfreiheit: Repressionen gegen oppositionelle Medien und kritische Journalisten spalten die Gesellschaft zusätzlich und sorgen auch in Deutschland für Kritik und rufen Empörung unter Türkeistämmigen hervor. Verstärkt wird in Deutschland die Polarisierung zusätzlich durch die Aktivitäten einer türkeiskeptischen Öffentlichkeit: Im Namen der Solidarität mit kritischen und oppositionellen Journalisten und Intellektuellen in der Türkei erheben Kritiker aus diesem Lager Einspruch gegen die Annäherungspolitik der Bundesregierung an Ankara. Dies wiederum erzeugt bei einem Großteil der türkeistämmigen Bevölkerung Unbehagen und das Bedürfnis, sich mit der AKPRegierung zu solidarisieren. 4.) Präsidialsystem: Politische Spannungen fügen sich in Staatspräsident Erdoğans Agenda der Eskalation. Er will entweder per Referendum oder vorgezogene Parlamentswahlen eine Verfassungsänderung erreichen, um die Türkei in ein Präsidialsystem mit ihm an der Spitze zu überführen. Eine kontrollierte
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Zuspitzung der Polarisierung könnte ihm ermöglichen, Unterstützung für sein Vorhaben zu mobilisieren. Die Türkei war seit Anbruch der Moderne ein in kultureller, politischer und moralischer Hinsicht gespaltenes Land. Doch ein neuer Mechanismus gibt der Polarisierung Auftrieb: Die unverkennbare Verfestigung islamisch-konservativer Wertvorstellungen erzeugt Ängste unter säkular-liberalen Bevölkerungsschichten sowie Aleviten und Nichtmuslimen. Ihre Mobilisierung wiederum erzeugt Ängste unter konservativ-religiösen Bevölkerungsschichten vor einem „kemalistischen Rollback“, durch den sie wieder an den Rand gedrängt werden könnten. n
dolayı artık turizmde de ciddi bir daralmayla karşı karşıyayız. Bu, iktisadi ve sosyal paylaşım mücadelelerini keskinleştiriyor, ulaşılmış toplumsal refah düzeyinden kendini dışlanmış hissedenlerin çemberini genişletiyor ve sosyal hizmetlerin genişletilmesi yoluyla, sosyal çatışmaların yatıştırılmasını zorlaştırıyor. 3) Basın Özgürlüğünün Kısıtlanması: Muhalif medya ve eleştirel gazetecilere uygulanan baskılar, toplumdaki bölünmeyi daha da derinleştiriyor. Bu, Almanya'da da eleştirilere sebep oluyor ve Türkiye kökenliler arasında öfke yaratıyor. Alman-
Dr. Yaşar Aydın ist Lehrbeauftragter an der HafenCity Universität Hamburg. Er studierte Soziologie und Volkswirtschaftslehre in Hamburg und im britischen Lancaster. Zu seinen Forschungsschwerpunkten zählten Türkei- und Migrationsforschung, Zuwanderungspolitik, Nationalismusforschung und die Exklusionsproblematik. Dr. Yaşar Aydın, Hamburg HafenCity Üniversitesi'nde öğretim üyesidir. Hamburg ve Ingiltere Lancester'de sosyoloji ve ekonomi okudu. Araştırma konuları arasında Türkiye ve göç araştırmaları, göç politikası, milliyetçilik ve ayrımcılık sorunu yer almaktadır.
ya'daki bu kutuplaşmanın yoğunlaşmasına, Türkiye'ye karşı kuşkulu yaklaşan bir kamuoyunun faaliyetleri de katkı sağlıyor: Eleştirmenlerin; Türkiye'deki eleştirel ve muhalif gazeteciler ve aydınlarla dayanışma adına Federal hükümetin Ankara'ya yaklaşım politikasına itirazda bulunmaları da Almanya’daki Türkiye kökenli nüfusun büyük bir kısmında rahatsızlığa sebep oluyor ve AKP hükümeti ile dayanışma göstermek ihtiyacı doğuruyor. 4) Başkanlık Sistemi: Siyasi gerginliklerin, Cumhurbaşkanı Erdoğan'ın siyasal ajandasıyla örtüştüğünü söyleyebiliriz. Ya referandum ya da olası bir erken seçimle kendisinin başta olduğu bir başkanlık sistemine geçmek için kapsamlı bir anayasa değişikliği hedefliyor. Kutuplaşmanın kontröllü kızışması, onun bu planına destek oluşturabilir. Modernleşmenin başından bu yana Türkiye, kültürel, siyasi ve ahlaki anlamda hep bölünmüş bir ülkeydi. Fakat yeni bir mekanizma, kutuplaşmaya farklı bir dinamizm kazandırıyor: İslami, muhafazakar değerlerin bariz kalıplaşması ve toplumsal etkinliğinin güçlenmesi, laik, liberal kesimlerde, Alevi ve Müslüman olmayanlarda korku uyandırıyor. Onların harekete geçmesi de, muhafazakar dindar kesimlerde, Kemalist bir geri dönüşüm ile tekrar bir kenara itilme korkusunu doğuruyor. n
Kunst & Kultur
VOM VERSUCH, IN ISTANBUL HEIMISCH ZU WERDEN
Eine Buchbesprechung von Kerim Arpad
Ein Journalistenpaar in Istanbul
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iele Deutsche denken bei dem Wort „Migranten“ an den Zuzug von Nichtdeutschen in ihr Land. Das Journalistenpaar Susanne Landwehr und Michael Thumann ging einen anderen Weg: sie lebten für sechs Jahre in der Türkei. „Eine Emigration auf Zeit“ nennen sie es, stets im Bewusstsein, nicht für immer in Istanbul zu bleiben. In „Neue Anschrift Bosporus“ erzählen die beiden ihre Geschichte der Auswanderung und des Lebens in der türkischen Megacity. Für viele Auswanderer ein Traum, doch das Resümee der beiden Autoren ist eher ernüchternd: „Wir haben sechs großartige Jahre in der Türkei verbracht und verließen Istanbul am Ende mit dem Gefühl, dass es Zeit war zu gehen“. Dabei begann alles sehr vielversprechend. Michael Thumann, außenpolitischer Korrespondent der ZEIT, sollte von Istanbul aus über die Türkei und den Mittleren Osten berichten. Susanne Landwehr arbeitete als freie Korrespondentin unter anderem für die Neue Zürcher Zeitung und die Berliner Zeitung. Daher war die Entsendung für sie ein Traum, in den sie sich mit ihren Arbeitsgebern im Rücken stürzen konnten. „Wir wollten uns
nicht in einem Ausländerghetto verstecken, sondern versuchten, uns in das ganz normale Istanbuler Alltagsleben einzufügen. Das jedoch führte uns fast täglich in einen kleinen Zusammenprall der Kulturen – beim Essen, Arbeiten und Autofahren. Dieser Zusammenprall konnte zu neuer Nähe führen, er war bisweilen ärgerlich, aber oft klärend, er zeigte uns Grenzen auf und stärkte zugleich unser Empfinden, dass wir eben verschieden sind. Meist war er einfach nur amüsant und ließ uns und die Türken herzlich lachen. Das erleichterte unser Leben.“ So erzählen Susanne Landwehr und Michael Thumann von ihrem Leben mit zwei kleinen Söhnen in einem Istanbuler Mehrfamilienhaus, von den Abgründen der spätosmanischen Bürokratie, den Ähnlichkeiten zwischen türkischen und deutschen Handwerkern und der Kunst, beim Hupen den richtigen Ton zu treffen. Ein kluges, persönliches Buch über das Leben im Spannungsfeld der Kulturen. Am Ende gestehen sich die beiden Journalisten ein, dass sie „die Integration nicht geschafft
haben“. Die Anpassung im Alltag scheiterte oft an ganz kleinen Dingen, aber vor allem an den sprachlichen Hürden und auch an plötzlichen Distanzen bei persönlichen Freundschaften, wenn die türkische Großfamilie dann eben doch Vorrang vor den „Gästen aus Deutschland“ hatte. „Zurück in Deutschland jedoch fühlten wir uns häufig sehr türkisch“, resümieren Susanne Landwehr und Michael Thumann. Der Kampf mit der Berliner Bürokratie bei der Einschulung der Kinder, das Warten auf den Kellner im Restaurant und der Stolz im Baumarkt darauf, dass man alles selber machen kann – nicht alle Eigenschaften haben sie am Bosporus zurücklassen wollen. Zum Glück bietet die neue Heimat Berlin aber doch auch viel Türkisches und allerlei Vielfalt, was das Einleben leichter macht.
Zum Buch Susanne Landwehr und Michael Thumann Neue Anschrift Bosporus: Wie wir versuchten, in Istanbul heimisch zu werden. Rowohlt Taschenbuch Verlag Dezember 2015 ISBN: 978 3 499 63098 9
Mit einem sehr feinfühligen Schreibstil und in leichtfüßiger Sprache schlängelt sich das Buch durch 14 Kapitel vom „Ankommen“ über „Vorankommen“ und „Überleben“ bis zum „Zurückkehren“. Dazwischen eingestreut sind thematische Abschnitte über „Nachbarn“, „Frau und Mann“, „Essen und Feiern“ sowie „Glauben“. Ein Buch für Istanbulfreunde und solche, die es werden wollen. n
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PRÄVENTION IN BADEN-WÜRTTEMBERG
Ludwig Haupt, Leiter der Abteilung Prävention des Polizeipräsidiums Stuttgart und sein Stellvertreter Ulrich Sauter im Gespräch mit Sadri Okumuş
Sadri Okumuş Mit weniger als 6.000 Verbrechen pro 100.000 Einwohnern ist Baden-Württemberg statistisch gesehen das sicherste Bundesland in ganz Deutschland. Das ist sehr erfreulich, denn Kriminalität wirkt sich stark auf die Lebensbedingungen in einer Stadt aus. Sowohl alte als auch junge Bürger sollten sich wohl und sicher fühlen können. Ist Stuttgart tatsächlich eine sichere Stadt? Ludwig Haupt, Leiter der Abteilung Prävention des Polizeipräsidiums Stuttgart im Interview.
Ludwig Haupt Ja, zweifelsohne. Man muss das immer auch im Vergleich sehen: Was ist sicher? Wo legen Sie Maßstäbe an? Wenn Sie beispielsweise selbst Betroffener einer Straftat sind, dann kann es sein, dass diese Stadt für Sie eventuell nicht mehr ganz so sicher ist. Gemessen an der Kriminalitätsbelastung ist Stuttgart im bundesweiten Vergleich aller Großstädte relativ sicher. Mit den uns zur Verfügung stehenden Ressourcen machen wir sehr viel. Wir sind sehr professionell in Baden-Württemberg, ich bin mir sicher, dass sich unsere Ergebnisse sehr gut sehen lassen können. Beispielsweise haben wir entgegen dem Landestrend in Stuttgart im vergangenen Jahr stark rückläufige Zahlen beim Wohnungseinbruch.
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Wir haben beispielsweise bei der Kriminalpolizei relativ viel Personal in diesem Bereich eingesetzt. Parallel haben wir dazu etliche Präventionsmaßnahmen durchgeführt, haben Infostände betrieben, Menschen angesprochen und sensibilisiert, Hinweiskarten verteilt und die Tipps in Zeitschriften veröffentlicht. Dies alles um u.a. auch klar zu machen: „Man kann aktiv etwas tun! Prävention und eine aufmerksame Nachbarschaft zahlen sich aus!“. Die Statistik zeigt uns nämlich, dass etwa 40 Prozent aller Wohnungseinbrüche nicht über das Versuchsstadium hinauskommen. Stuttgart ist sicher, nicht nur anhand der Fallzahlen. Wer sich in Stuttgart bewegt, weiß, die Polizei ist da. Wir haben hier keinen Bereich, in dem man sich unwohl fühlt, wenn man – auch abends – unterwegs ist. Da macht die Stadt sehr viel. Dunkle Ecken soll es nicht geben. Nicht nur von der Polizei oder seitens der Stadt, auch durch die vielen engagierten ehrenamtlichen Bürgerinnen und Bürger, dem Engagement von Vereinen und der Mithilfe der Wirtschaft – sie alle greifen Hand in Hand und
unterstützen sich gegenseitig – das ist eine Erfolgsgeschichte in unserer Stadt! Sadri Okumuş Wie stark ist die Drogenszene in unserer Stadt ausgeprägt und welche Maßnahmen können für die Prävention ergriffen werden? Ludwig Haupt Wenn man sich die registrierte Drogenkriminalität ansieht, also die Delikte, die der Polizei im Rahmen von Ermittlungsverfahren bekannt werden, so hatten wir im letzten Jahr etwa 4.500 Drogendelikte. Wir liegen damit über dem Zehn-Jahresdurchschnitt von rund 3.100 Fällen. Dazu muss man aber auch wissen, dass wir im Bereich der Betäubungsmittelkriminalität eine relativ hohe Aufklärungsquote haben, und zwar von rund 85 Prozent. Wenn man diese Aspekte berücksichtigt, lassen sich die relativ hohen Fallzahlen auch dadurch erklären. Wenn man mehr kontrolliert, resultieren aufgrund dieser verstärkten Bemühungen automatisch auch höhere Fallzahlen. Da besteht ein direkter Zusammenhang. Wir sprechen dann von der sog. Aufhellung des Deliktsfeldes. Dies unterliegt u.a. in Deliktsbereichen wie der Rauschgiftkriminalität maßgeblich den Aktivitäten der Sicherheitsbehörden
Politik & Gesellschaft
„PRÄVENTION UND EINE AUFMERKSAME NACHBARSCHAFT ZAHLEN SICH AUS!“ Von links nach rechts: Ulrich Sauter, Sadri Okumuş und Ludwig Haupt.
und ist abhängig von der Anzahl bzw. Intensität der durchgeführten polizeilichen Maßnahmen. Interessant ist es im Bereich der Jugendkriminalität. Die Zielgruppe „Jugendliche“ definiert sich bei uns bis zum Alter von einschl. 21 Jahren, also mitsamt den „Heranwachsenden“. Wir sprechen dann von Jungtätern. In 2015 gehörten rund 24 Prozent der Tatverdächtigen zu dieser Gruppe der Jungtäter. Im selben Zeitraum war jede zehnte tatverdächtige Person eine Frau und rund ein Drittel aller Tatverdächtigen hatte nicht die deutsche Staatsangehörigkeit. Bei der Drogenkriminalität wurden 2015 über 70 Prozent – und damit ein Großteil der Fälle – durch den illegalen Besitz und Erwerb von Cannabisprodukten begangen. Dieser Wert ist nahezu identisch mit dem Vorjahr. Ich gehe davon aus, dass u.a. auch die Diskussionen um eine Legalisierung dazu beitragen, dass auch junge Menschen die Grenze zwischen Legalität und Illegalität häufig nicht mehr richtig wahrnehmen. Wir sprechen dann von sinkendem Unrechtsbewusstsein.
In diesem Zusammenhang verfolgen wir mit unseren Maßnahmen, wie beispielsweise regelmäßig durchgeführten Personenkontrollen zur Bekämpfung der Straßen- und Drogenkriminalität, auch das Ziel, eine offene Drogenszene bzw. die Etablierung von Drogenumschlagplätzen zu verhindern. Einschlägige Orte werden permanent beobachtet und auf Veränderungen reagieren wir sehr zeitnah. Sadri Okumuş Sie haben ja gesagt, dass im Bereich der Drogen Cannabis spe-
ziell für Jugendliche ein Problem ist. Wie steht es mit der jungen Bevölkerung im Allgemeinen? Wie hoch ist denn das Risiko, dass Kinder und Jugendliche in Stuttgart kriminell werden und wie kann man das verhindern? Welche Faktoren wirken da mit rein? Ludwig Haupt Junge Menschen, die sich in der Phase des Erwachsenwerdens befinden, sind grundsätzlich etwas mehr gefährdet Täter oder Opfer von Straftaten zu werden als erwachsene Menschen mit einer bereits entwickelten Persönlichkeit.
Wir sprechen dabei von entwicklungsbedingtem Fehlverhalten. Dabei wollen die Jugendlichen zeitweise die Grenzen erlaubten Verhaltens ausloten. Das ist nach unserer Beobachtung und sozialwissenschaftlichen Erkenntnissen aber zumeist ein temporäres Verhalten, dass eben mit dem Erwachsenwerden zusammenhängt und auch später oftmals wieder verschwindet.
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„WIR SIND SEHR PROFESSIONELL IN BADEN-WÜRTTEMBERG, ICH BIN MIR SICHER, DASS SICH UNSERE ERGEBNISSE SEHR GUT SEHEN LASSEN KÖNNEN.“
Themenbereiche 2015
Anzahl der Veranstaltungen
Drogen (legal und illegal)
254
Eigentum und Vermögen
962
Gewalt
1.119
Jugendschutz
38
Mediengefahren
175
Sicherungstechnische Beratung
1.401
Politisch motivierte Kriminalität
33
Senioren
61
Sicherer Schulweg
680
Verkehrsprävention
1.311
Präventionsaktivitäten 2015
Ich denke, dass ich diese Erfahrung gemeinsam mit meiner Tochter auch noch persönlich machen werde. Derzeit freut sich meine dreieinhalbjährige Tochter noch, wenn ich sie lobe, weil sie bestimmte Regeln eingehalten hat. Es kommt aber auch ziemlich sicher mal eine Zeit, in der auch sie ihre Grenzen austesten wird. Dann sind anerkennende Worte von anderen, meist Freunden, viel wichtiger als die der Eltern. Das schöne ist: Das geht auch wieder vorbei und gehört einfach dazu zum Erwachsenwerden. Im Bereich der Jugendkriminalität ist meines Erachtens auch das Thema Alkoholmissbrauch
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ein nicht zu unterschätzender Faktor. Nach unserer Statistik standen zwölf Prozent aller Tatverdächtigen unter 21 Jahren unter Alkoholeinfluss – ein, wie ich meine, sehr hoher Wert. Ulrich Sauter Wenn ich vielleicht noch ergänzen darf, es ist ja bekannt, dass eine bestimmte Alkoholmenge enthemmt, was dann eher dazu verleitet, Körperverletzungen zu begehen, zum Täter zu werden oder eben auch zum Opfer. Das ist ganz natürlich. Das gilt für Diebstahldelikte ebenso wie für Sexualdelikte. Wenn hauptsächlich Mädchen relativ viel Alkohol konsumieren, dann werden sie unter Umständen schneller Opfer, als wenn sie nüchtern aus der Diskothek rauskommen. Potentielle Täter gehen dann evtl. davon aus, dass sie leichteres Spiel haben. Auch aus diesem Grund legen wir unser großes Augenmerk auf die Problematik Alkoholmissbrauch. Sadri Okumuş Wie wichtig ist Erziehung und welche Rolle haben die Eltern dabei? Ludwig Haupt Die Eltern haben eine ganz wichtige Rolle. Kinder wollen ihre Eltern generell nicht enttäuschen. Kinder wollen ihren Eltern auch keinen Unmut und Kummer bereiten. Dennoch ha-
ben Eltern nicht immer die gleichen Möglichkeiten, Einfluss auf ihre Sprösslinge zu nehmen. Bei Kleinkindern ist diese Einwirkungs- und Steuerungsmöglichkeit naturgemäß viel größer als bei Jugendlichen in pubertierendem Alter. Trotzdem ist es wichtig, dass Eltern stets einen guten Kontakt zu ihren Kindern – egal in welchem Alter sie sind – haben, Werte vermitteln und Erziehung aktiv betreiben. Ihre Botschaften werden nicht in jedem Lebensabschnitt der Kinder in gleicher Art und Wichtigkeit wahrgenommen, wichtig ist es aber Interesse zu zeigen und sich Zeit zu nehmen. Wenn Eltern deutlich machen, was noch akzeptabel ist, und auch klar sagen, wann sie enttäuscht wären, ist das eine Botschaft, die bei Kindern schon ankommt. Dadurch kann man viel bewirken. Sadri Okumuş Wie können Vereine wie das Deutsch-Türkische Forum zur Prävention beitragen? Ludwig Haupt Man muss sich fragen, wo der Schuh drückt, welche Themen die Jugendlichen gerade beschäftigen. Was sollte thematisieren werden? Diskutiert man vielleicht, welche Auswirkungen
Politik & Gesellschaft
delinquentes Verhalten für die Zukunft unserer Kinder bedeutet? Übrigens, unter Umständen sehr erhebliche Auswirkungen, nicht nur für die Kinder selbst sondern evtl. für die gesamte Familie! Gleichzeitig könnte auch unser Gemeinwesen verlieren. Wir verlieren hoch kreative, motivierte junge Menschen, kurz: unsere Zukunft, die unsere ge-
meinsame Gesellschaft weiter vorantreiben und die Zukunft mitprägen könnten. Auch aus diesem Grund ist uns neben der Steigerung der Sicherheitslage durch Kriminalitätsbekämpfung und der
Beseitigung von Gefahren auch immer die Aufgabe der Prävention ein sehr wichtiges Anliegen. Sie wird meines Erachtens auch zu Recht als vornehmste Aufgabe der Polizei bezeichnet. Mit der nachfolgenden Übersicht, möchte ich Sie daher gerne noch abschließend über einen Teil unserer Präventionsaktivitäten aus dem Jahr 2015 informieren. Dabei wurden 4.495 Präventi-
onsveranstaltungen durchgeführt, an denen 51.348 Personen teilgenommen haben. Bei den Veranstaltungen handelte es sich um Vorträge und Aktionen aus den verschiedensten polizeilich relevanten Bereichen. n
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STUTTGART IST UNICEF-KINDERSTADT
Ein Beitrag von Kevin Latzel
Interkulturelles Stuttgarter Kinderfest 2016 Stuttgart ist international – Stuttgart ist interkulturell. Es gibt viele Gründe, in Stuttgart ein Kinderfest zu feiern, das bunt, vielfältig und nicht-kommerziell ist. Gemeinsam mit der Kinderbeauftragten der Landeshauptstadt lädt das Deutsch-Türkische Forum Stuttgart am 5. Juni 2016 zu einem interkulturellen Fest für Kinder auf dem Stuttgarter Marktplatz ein. Weitere Partner sind der Stadtjugendring Stuttgart, die Stuttgarter Jugendhausgesellschaft und das Forum der Kulturen Stuttgart. Dabei können Kinder und Familien feiern und erleben, wie bunt und vielfältig ihre Stadt ist. Es gibt ein Bühnenprogramm, sowie zahlreiche Mitmach-Angebote von Stuttgarter Einrichtungen, Verbänden und Vereinen. Die Veranstaltung findet im Rahmen der UNICEF-Kinderstadt Stuttgart statt. Der Erlös unserer Tombola kommt den Projekten der bis November 2016 andauernden Städtepartnerschaft zwischen UNICEF und Stuttgart zu Gute.
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eit dem 20. November 2015 ist Stuttgart ein Jahr lang UNICEF-Kinderstadt. In diesem Jahr stehen Kinder in Stuttgart wie auch Kinder auf der ganzen Welt im Mittelpunkt. Unsere Partnerschaft mit UNICEF soll anregen, ihre Sorgen, ihre Hoffnungen oder ihre Nöte stärker in den Blick zu nehmen – und dementsprechend zu handeln. Mit Aktionen und Veranstaltungen während des Partnerschaftsjahres werden Spenden für UNICEF-Projekte in drei Ländern gesammelt:
Bildung für syrische Flüchtlinge im türkischen Mardin Aufgrund des anhaltenden Bürgerkrieges in Syrien hat sich die Zahl der syrischen Flüchtlinge in der Türkei im Laufe des Jahres 2014 verdreifacht. Mittlerweile beherbergt das Land 2,2 Millionen syrische Flüchtlinge. Durch den großen Zuwachs haben viele syrische Kinder keinen Zugang zu Bildung, psychosozialer Betreuung und medizinischer Versorgung. In der Provinz Mardin leben rund 21.500 syrische Kinder im schulpflichtigen Alter, doch bisher können nur knapp 4.000 von ihnen zur Schule gehen. UNICEF renoviert oder baut Schulen, bildet Lehrer aus und unterstützt syrische Lehrer
finanziell, damit sie den Kindern zur Seite stehen und sie so gut wie möglich ausbilden können.
Ägypten: Gesundheitsversorgung in Slums und illegalen Siedlungen in Kairo In den Slums von Kairo steigt die Kindersterblichkeit stetig an. Zunehmende Armut, ausgelöst durch eine hohe Anzahl von Zuwanderern, erschwert den Zugang zu angemessener Gesundheitsversorgung, sauberem Wasser und sanitären Anlagen. Das Risiko von Krankheiten ist sehr hoch. UNICEF und die ägyptische Regierung haben eine Partnerschaftsinitiative zur Verbesserung der Gesundheit von
Müttern, Kindern und Neugeborenen ins Leben gerufen. Ziel der Initiative ist es, die Gesundheit von Frauen und Kindern zunächst in zwei illegalen Siedlungen nachhaltig zu verbessern und ein Modell zu entwickeln, wie man generell die Gesundheit und die Gesundheitsversorgung in Slums und illegalen Siedlungen verbessern kann.
Burundi: Mit Innovationen in die Zukunft In Burundi haben weniger als drei Prozent der Bevölkerung Zugang zu Strom. Schüler können abends nicht mehr lesen oder Hausaufgaben machen.
Bildungsprojekt für syrische Flüchtlinge im türkischen Mardin.
Politik & Gesellschaft
Computer und andere digitale Medien gibt es so gut wie gar nicht. UNICEF Burundi hilft durch zwei innovative Projekte: Projet Lumière versorgt die Menschen mit Hilfe von Solarenergie und so genannten Power-Cycles mit Strom. Als elektronische Weiterbildungsmöglichkeiten hat UNICEF einen besonders robusten Computer entwickelt, Digital Drum genannt. Über die auf dem Computer installierten Programme können die Kinder Sprachen lernen, sich über Fortbildungsund Arbeitsmöglichkeiten informieren oder auch wichtige Informationen über Hygiene und Gesundheit erhalten. Die Geräte werden in Schulen und Jugendzentren aufgestellt.
600.000 Euro aus Stuttgart für UNICEF-Projekte Der Kern der Städtepartnerschaft ist, dass die Bürgerinnen und Bürger der Stadt, dass Stuttgarter Unternehmen, Schulen, Vereine, Institutionen und alle ein gemeinsames Ziel verfolgen: die Kinderrechte für besonders benachteiligte Kinder Wirklichkeit werden zu lassen. Damit UNICEF diese Projekte in den genannten Ländern umsetzen kann und die Kinder damit erreicht werden, wurde ein Spendenziel gesetzt. Oberbürgermeister Fritz Kuhn: „Wir wollen
in diesem Partnerschaftsjahr pro Stuttgarter Bürgerin und Bürger einen Euro an Spenden sammeln, also insgesamt 600.000 Euro.“
Gesundheitsversorgung in einem Slum in Ägypten.
Die Kinder brauchen unsere Hilfe – heute mehr als je zuvor. Werden Sie initiativ, spenden Sie für die Projekte oder entwickeln Sie selbst Projekte und Aktionen, die Sie der UNICEF-Kinderstadt widmen. Weitere Informationen zu den Projekten und Veranstaltungen im Partnerschaftsjahr gibt es auf: www.stuttgart.de/unicef-kinderstadt. n
Kontakt Landeshauptstadt Stuttgart Referat Koordination und Planung des Oberbürgermeisters Kevin Latzel Telefon: 0711 / 21 66 02 89 E-Mail: unicef-kinderstadt@stuttgart.de Spendenkonto: BW-Bank Stuttgart BIC: SOLADEST600 IBAN: DE10 6005 0101 0001 2309 03
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KULTURHAUS ARENA – GRENZENLOSER, LEBENDIGER DIALOG DER KULTUREN
Erol Avcı im Gespräch mit Sibylle Merx und Özlem Şahin
Auf die Frage, „Und, was willst du werden, wenn du groß bist?“ hätte Erol Avcı als Kind wie selbstverständlich geantwortet: „Irgendwas im Eventbereich…“ Dass er mit 23 Jahren die Verantwortung für 20 Mitarbeiter und einen Betrieb mit 80 Events im Jahr führen sollte, das hätte er damals auch nicht gedacht. wirbiz Herr Avcı, Sie sind jetzt seit fünf Jahren Geschäftsführer des Kulturhauses Arena. Wie kam es dazu, dass Sie so früh eine solche Verantwortung übernahmen? Erol Avcı Für mich war es immer schon klar, dass ich im Betrieb meines Vaters arbeiten werde. Nach der Realschule wollte mein Vater, dass ich ins Geschäft einsteige. Ich bin in das Veranstaltungsgewerbe hineingewachsen. Die vielseitige Arbeit im Kultur-Event-Bereich fand ich schon immer faszinierend. Ich hatte gerade meine Ausbildung zum Veranstaltungskaufmann beendet, da erkrankte mein Vater an Krebs. Und so übernahm ich mit 21 schon die Geschäftsführung. All meine Zeit investierte ich in diesen Betrieb, immer in der Hoffnung, dass es nur vorübergehend sei und mein
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Vater zurückkehren wird. Aber das war nicht der Fall, 2011 erlag er seiner Krankheit. Auf einmal lastete der Druck der Geschäftsführung auf mir. Die Arbeit half die Trauer zu bewältigen. Das Erbe meines Vaters wollte ich pflegen, aber das war schon eine schwere Zeit. wirbiz Sie schlüpften ja doch in recht große Schuhe. Ihr Vater war eine starke Persönlichkeit. Wie meisterten Sie das erste Jahr ohne ihn? Erol Avcı Ich war ja nicht alleine. Nachdem unser Vater gestorben war, mussten wir uns neu aufstellen. Meine Schwester Ece Avcı ist Juristin und arbeitete ja schon im Familienbetrieb, ihr Ehemann, mein Schwager Barış Binici, arbeitete auch schon zuvor in unseren Betrieben, bevor er zur Abteilung Integration der Landeshauptstadt Stuttgart wechselte. Von 2009 bis 2011 übte er diese Tätigkeit aus und konnte dadurch weitere Aspekte und Problematiken als auch Bedürfnisse der hier lebenden Migranten und Migrantinnen feststellen. Diese Erfahrung brachte er dann nach dem Tod unseres Vaters mit in unseren Familienbetrieb. In seiner Verantwortung lag zunächst das Großhandelsunternehmen
Erol Avcı im Interview.
AVCI IMPORT-EXPORT, das über 2000 verschiedene Artikel aus 15 Staaten, hauptsächlich aus dem Fernen Osten, anbot. Diese Firma lösten wir im Jahr 2013 auf und konzentrierten uns gemeinsam auf das Herzstück der Betriebe meines Vaters. Seit 2013 sind mein Schwager und ich gleichwertige Geschäftsführer der Avcı Veranstaltungsmanagement GmbH, also des Kulturhauses Arena. Jetzt nach fünf Jahren stehen wir besser da denn je und haben viele Projektpläne meines Vaters umgesetzt. Es war die richtige Entscheidung und das macht uns stolz. wirbiz Ihr Vater übernahm 2004 das Theaterhaus Stuttgart in Wangen als Pächter. Haben sich die Veranstaltungen im Kulturhaus Arena in den vergangenen Jahren verändert? Erol Avcı Auf jeden Fall! Mein Vater war 1975 ein Vertreter der ersten Generation der türkischen Einwan-
derer. Für ihn und seine Landsleute war es sehr problematisch, die eigene Kultur zu leben. Für Familienfeste zum Beispiel bekam man keine Hallen. Mein Vater kam aus Hatay, eine der kosmopolitischsten Provinzen des Landes. Dort leben viele Ethnien in Frieden zusammen. Das prägte meinen Vater und er vermisste diese Toleranz. Schließlich entschloss er sich dazu, ein Kulturzentrum zu leiten, um allen Kulturen die Möglichkeit zu bieten in Frieden zu feiern. Wir haben diesen Geist in all den Jahren mitgetragen und bieten allen, die Möglichkeit eine Location zu mieten. 2003 war es zunächst eine Riesenbaustelle. 2004 ging es dann querbeet los: Familienfeste, Rockkonzerte, Firmenveranstaltungen. Von Salsa Kursen, über Orient-Nights, von
AVCI Veranstaltungsmanagement GmbH Ulmer Straße 241 70327 Stuttgart (Wangen) Gesamtfläche: 3500 qm Ausstattung: Zwei Veranstaltungssäle (1100 qm und 200 qm) Seminarraum Foyer / Bar / Café Bistro Büroräume zur Vermietung
Wirtschaft
„DIE VIELSEITIGE ARBEIT IM KULTUR-EVENT-BEREICH FAND ICH SCHON IMMER FASZINIEREND.“ Schwulen- und Lesbenchor über Kinder-Musicals, von Benefizveranstaltungen über Podiumsdiskussionen, von klassischen Musikkonzerten bis Heavy Metal, von Theateraufführungen über Flohmärkte, von Roadshows bis hin zu Autorenlesungen, all diese Events führen wir in unseren Räumlichkeiten durch. Neben den Veranstaltungen bieten wir jeden Tag einen Mittagstisch an. Das begann schon zu Zeiten meines Vaters. In unserer Umgebung gibt es zahlreiche Firmen, die unser Tagesessen schätzen. Unser Koch zaubert jeden Tag frisch gekochte Menüs von mediterran bis schwäbisch. Wir sind immer gut besucht! Und am Wochenende kümmern sich unsere Köche ums Catering der Veranstaltungen. wirbiz Man kann also schon sagen, dass Sie es geschafft haben. Zusammen mit Ihrem Schwager haben Sie das Kulturhaus Arena zu einem erfolgreichen Unternehmen am Markt etabliert. Was ist der Schlüssel Ihres Erfolges? Erol Avcı Unser Eventkonzept zeichnet aus, dass wir einerseits dem Kunden mittlerweile ein Baukastensystem anbieten können. Sie können bei uns entweder nur
den Saal buchen, oder eben alles dazu, was eine Veranstaltung zu einem unvergesslichen Event macht – Catering, Technik, Fotograf, DJ, Musiker – wir können mittlerweile sehr viele Module anbieten. Wir passen uns dem Budget unseres Auftraggebers an, die wiederum von unserer Erfahrung profitieren. Und andererseits begegnen wir unseren Kunden auf Augenhöhe. Wir vermitteln jedem Kunden das Gefühl willkommen zu sein, unabhängig von Hautfarbe, sprachlichen Barrieren oder Bildungsstand. wirbiz Sind Sie ein Wedding-Planer? Erol Avcı Mit unseren zwei Sälen und einem „Rundum-sorglos-Paket“ haben wir uns in der Hochzeitsbranche etabliert. Pro Jahr bieten wir ca. 70 Veranstaltungen zum Thema Hochzeit an, Polterabend, Hennaabend, Hochzeiten. Ja, dann bin ich wohl tatsächlich unter anderem auch ein Wedding-Planer. Jedoch ist das nur ein Teil unseres Konzepts. Darüber hinaus haben wir es mit dem Kulturhaus geschafft eine kulturelle Plattform in Stuttgart zu etablieren, die den kulturel-
len Austausch der hier lebenden Stuttgarter Bürgergesellschaft, bestehend aus über 170 Nationalitäten, fördert. Wir haben seit unserer Eröffnung kulturelle Veranstaltungen aus allen Kontinenten, von Brasilien über Kuba, von Kamerun über Eritrea, von Sri Lanka über Iran, von Marokko über Irak, vom Balkan über Russland, von Deutschland bis ins Schwabenländle mit Freude empfangen. Daher sind wir der Überzeugung, dass auch wir unseren Beitrag dafür leisten, dass Stuttgart die weltoffene, tolerante, kulturell vielfältige Stadt bleibt, die sie ist. wirbiz Was sind Ihre Pläne für die Zukunft? Was ist die Vision für das Kulturhaus Arena?
Erol Avcı Mein Wunsch wäre es, dieses Model zu übertragen, traumhaft wäre das Konzept deutschlandweit anbieten zu können und KünstlernInnen mit Migrationshintergrund bundesweit eine Eventlocation anbieten zu können. In Stuttgart wird man wirklich auch von Seiten der Stadt unterstützt. Stuttgart ist eine Einwanderungsstadt. Aber bundesweit brauchen Menschen mit Migrationshintergrund eine Möglichkeit, zu feiern und Ihre Kultur auszuleben. Das könnte unsere Aufgabe sein, unsere Erfahrungen für diese Menschen einzusetzen. n
Das Kulturhaus Arena ist ein Familienbetrieb. Von links nach rechts: Barış Binici, Ece Avcı und Erol Avcı.
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TOLERANZ REICHT NICHT
Eberhard Stilz, Präsident der Stiftung Weltethos, im Gespräch mit Susanne Offenbach, Kuratorin des Deutsch-Türkischen Forums
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st es Illusion oder Tatsache: Dass uns Menschen – wo immer auf der Erde – weit mehr verbindet, als uns trennt? Und wenn ja, was ist dieses Verbindende? Was sind die Werte, auf die wir uns alle einigen können? Die Stiftung Weltethos arbeitet seit 20 Jahren daran, ein Bewusstsein für diese gemeinsame Plattform zu schaffen, auf der wir stehen. Susanne Offenbach Braucht es ein neues Bewusstsein für unsere Werte? Eberhard Stilz Die Werte des Abendlandes werden in der letzten Zeit häufig angerufen – aus einer Haltung der Furcht heraus. Aus Furcht vor dem Fremden, Furcht auch konkret vor einer angeblichen Islamisierung Europas. Susanne Offenbach Was kann man tun? In der politischen Diskussion heißt es ja oft, die Ängste der Menschen sollten ernst genommen werden. Eberhard Stilz Zunächst brauchen wir eine offene Diskussion darüber, was genau eigentlich die Werte des Abendlandes ausmachen. Was ist unser Ethos? Susanne Offenbach Und welches ist das – etwa aus der Sicht des Verfassungsjuristen, der Sie ja auch sind?
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Eberhard Stilz Aus säkularer Sicht gehören dazu Gleichheit und Brüderlichkeit. Und die Religionsfreiheit. Denn nach europäischem Grundwerte-Verständnis soll keine Religion oder Weltanschauung die andere majorisieren, dominieren oder verdrängen dürfen. Die Werte des Abendlandes sind bis heute wesentlich bestimmt durch die christliche Ethik – mit der zentralen Botschaft der Nächstenliebe. Aber auch der Islam wird als Religion der Barmherzigkeit bezeichnet. Gerade bei diesen aktuellen Werten könnten Christen und Moslems Arm in Arm auf die Straße gehen. Susanne Offenbach Auf die Straße – ist das vielleicht Teil des Problems, dass neuerdings Wertediskussionen auf der Straße stattfinden? Oft genug gewalttätig nach Art der Kölner Silvesternacht oder gar in islamistischen Kriegen? Eberhard Stilz Deshalb hat Hans Küng schon 1984 – lange vor den aktuellen Erscheinungen von religiös verbrämtem Terrorismus und Bürgerkrieg – formuliert: „Kein Weltfrieden ohne Religionsfrieden!“ Susanne Offenbach Da dieser Religionsfrieden auf Sicht weniger denn je erreichbar
ist, könnte man auch sagen: Die Existenz der Religionen selbst ist das Problem? Eberhard Stilz Dazu möchte ich am Besten noch einmal meinen Vorgänger und Gründer der Stiftung Weltethos, Professor Dr. Hans Küng, zitieren, der hellsichtig festgestellt hat: „Die fanatischsten, grausamsten politischen Kämpfe sind die von Religionen eingefärbten, inspirierten, legitimierten politischen Kämpfe. Dies auszusprechen heißt nicht, die angesprochenen KonStiftung Weltethos 1995 gründete der Theologe Prof. Dr. Hans Küng in Tübingen die Stiftung Weltethos für interkulturelle und interreligiöse Forschung, Bildung und Begegnung. Um den Bewusstseinswandel auf allen Ebenen der Gesellschaft zu befördern, bietet die Stiftung Weltethos weltweit unterschiedlichste Projekte an. Themen sind vor allem Schule und Bildung, Wirtschaft, Politik, Recht, Religion und Kultur. Die neue baden-württembergische Landesregierung hat ausdrücklich in ihrem Koalitionsvertrag festgehalten: „Wir wollen den interreligiösen Dialog stärken. Dazu brauchen wir eine starke Schnittstelle zwischen den Kirchen, Glaubensgemeinschaften und dem Staat...Die Stiftung Weltethos leistet hier Wegweisendes.“
fliktherde auf Religionskämpfe zu reduzieren, sondern heißt, die religiös-ökumenische Mitverantwortung ernst zu nehmen – für eine Befriedung unserer friedlos-zerrissenen Welt.“ An diese Mitverantwortung möchte ich appellieren. Susanne Offenbach Aus Appellen, man könnte salopp auch Lippenbekenntnissen sagen, müssen dann Taten werden. Wie kann das gehen? Eberhard Stilz Es muss gehen. Und es geht nur mit Toleranz. Die wird derzeit zweifellos auf eine harte Probe gestellt. Es beginnt mit dem Gedanken, der auch Zugewanderten nicht fremd vorkommen dürfte: ‚Ich bin jetzt hier. Alle anderen sollen draußen bleiben.’ Diese egoistische Denkweise übersieht, dass Migration ein Phänomen aller Zeiten und Gesellschaften war und ist. Auch Deutschland und die Türkei sind davon seit jeher geprägt. Die Ursachen der Migration gehen ineinander über. So, wie jetzt auch, flohen Menschen vor Krieg und Folter, vor Verfolgung um der Rasse oder des Glaubens willen, aber auch aus Hunger und Perspektivlosigkeit. Was sie suchen, sind Sicherheit an Leib und Leben für sich und ihre Familie, aber ebenso Bildung, Arbeit und Gerechtigkeit, kurz: ein menschenwürdiges Leben.
Politik & Gesellschaft
„WELTETHOS LÄSST RAUM FÜR ÜBERZEUGUNGEN UND TRADITIONEN.“ Das liberale Menschenwürde-Verständnis des Westens gilt keinesfalls global. Man denke an den fernen Osten, einige nicht-christliche Religionen oder das Wertesystem der Russischen Orthodoxie.
Im konstruktiv-kritischen Dialog über Werte und ihre Umsetzung: Eberhard Stilz und Susanne Offenbach.
Susanne Offenbach ‚Das verstehen wir ja‘, heißt es. Aber es seien zu viele. Ist ein Ende der Ströme in Sicht? Eberhard Stilz Nicht nur ist kein Ende solcher Migration in Sicht, sondern sie ist eher in Zukunft als Massenphänomen zu erwarten. Dafür spricht, dass die technisch-faktische Möglichkeit, räumliche Distanzen zu überwinden, erheblich zugenommen hat. Sie wird unterstützt durch die überall verfügbaren Möglichkeiten der Information und Kommunikation. Wir werden uns dieser Herausforderung ganz praktisch und täglich stellen müssen – und dies vermutlich auf lange Zeit. Es lohnt sich also nicht nur, es ist notwendig, alle Kraft auf den toleranten Umgang miteinander zu richten. Susanne Offenbach Toleranz – ist das die kleine Schwester des Ethos und der Werte? Wenn wir jeden lassen, wie er will, reicht das schon? Eberhard Stilz Ein verbreitetes Missverständnis! Nicht alles, was ich dulden
Susanne Offenbach Ist deshalb ein anerkanntes Weltethos von Nutzen?
kann, sollte ich auch achten und respektieren müssen. Ich weiß, auch aktive Toleranz bedeutet keineswegs, sich die Meinung anderer zu eigen zu machen, sich zu assimilieren. Es gibt Meinungen, die ich zwar nicht verbieten möchte, die ich aber definitiv nicht achten kann, über die ich auch nicht verständnisvoll reden, sondern die ich möglichst verhindern will. Für solche Meinungen mag Toleranz im Sinne eines bloßen Hinnehmens, ein passives Dulden also, verlangt werden können. Mehr aber auch nicht. Übrigens: Toleranz kann auch nicht auf den eigenen Kulturkreis oder auf die spezifische Ethik einer Religion begrenzt werden. Denn Toleranz ist ja gerade auf das Andersartige, das Abweichende wesensbezogen. Sie braucht daher eine übergreifende Grundlage.
Susanne Offenbach Welche könnte das sein? Das Weltethos? Oder reichen – etwas weniger hochragend – unsere bewährten Menschenrechte? Die sind international anerkannt. Eberhard Stilz Die können ein hinreichendes Konzept sein, wenn man sich gleichzeitig eingesteht, dass Menschenrechte eben nicht überall auf der Welt genau identisch verstanden werden.
Eberhard Stilz Weltethos beruht auf Prinzipien, die nicht nur alle großen Religionen der Welt teilen, sondern die auch von nicht religiösen Humanisten weltweit anerkannt sind. Dabei handelt es sich nur um das grundlegend gemeinsame Ethos. Religiöse Glaubenssätze werden nicht tangiert. Es bleibt der notwendige Raum für kulturspezifische Überzeugungen und Traditionen. Wenn man es in einem populären Satz ausdrücken möchte: „Was Du nicht willst, dass man Dir tu, das füg’ auch keinem andern zu.“ n
Eberhard Stilz, Jahrgang 1949, studierte Rechtswissenschaften und Philosophie. Heute ist er Präsident des Verfassungsgerichtshofs für das Land Baden-Württemberg. Von 1992 bis 1994 war er Vorsitzender Richter am Oberlandesgericht Stuttgart, bis 2012 dessen Präsident. Neben seiner beruflichen Tätigkeit ist Eberhard Stilz Präsident der Stiftung Weltethos. Susanne Offenbach ist Journalistin, Buch- und Filmautorin. Von 1979 bis 2015 war sie Kolumnistin bei Sonntag Aktuell. Im Deutsch-Türkischen Forum Stuttgart e. V. ist sie stellvertretende Vorsitzende des Kuratoriums.
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DAS NEUE STADTMUSEUM STUTTGART
Ein Beitrag von Anja Dauschek
Auch ein Ort für die Migrationsgeschichte(n) der Stadt
Dr. Anja Dauschek leitet den Planungsstab Stadtmuseum Stuttgart. anja.dauschek@stuttgart.de Telefon 0711 / 21 69 64 00
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m Herbst 2017 ist es soweit: Im Wilhelmspalais eröffnet das Stadtmuseum Stuttgart. Auf der Baustelle am Charlottenplatz wird derzeit im fertigen Rohbau die Gebäudetechnik installiert und bis Anfang 2017 ist der Innenausbau abgeschlossen. Danach wird im 1. Obergeschoss die ständige Ausstellung eingebaut, die die Geschichte Stuttgarts im 19. und 20. Jahrhundert präsentiert. Im 2. Obergeschoss werden jährlich zwei Sonderausstellungen zur Stadtgeschichte und dem Themenfeld Architektur, Gestaltung und Urbanität gezeigt. Das Erdgeschoss bietet mit Foyer, Vortragssaal und Salon viel Platz für Veranstaltungen. Denn das Stadtmuseum will nicht nur die Geschichte der Stadt vermitteln, sondern auch ein Ort sein, an dem über Gegenwart und Zukunft der Stadt diskutiert werden kann. Im Gartengeschoss wird das „Stadtlabor“ Raum finden, das Workshops und Programme zu
Stuttgarter Biografien und andere Geschichten lesen Sie schon jetzt unter www.stadtmuseumstuttgart.de/meine-stadt-meine-geschichte
Architektur und Stadtplanung für Kinder, Jugendliche und ihre Familien bietet. Das „Stadtlabor“ ist bereits seit 2011 in der Kriegsbergstraße in Betrieb, schon über 15.000 Schülerinnen und Schüler haben das Angebot seitdem genutzt. Seit Beginn der Planungen ist Migrationsgeschichte ein Thema mit besonderem Augenmerk. Da es zu diesem wichtigen Aspekt der Stadtgeschichte wenig Literatur und noch weniger Objekte in der Sammlung des Stadtmuseums gab, realisierte das Planungsteam des Stadtmuseums unter anderem die Ausstellungen „Liebe auf den zweiten Blick“ über die Zeit der
Werden Sie Mitglied im Freundeskreis des Stadtmuseums 2014 wurde der Freundeskreis gegründet. Bereits über 125 Freundinnen und Freunde unterstützen und begleiten den Aufbau des Stadtmuseums. Das Programm für 2016, das viele Blicke hinter die Kulissen der Museumsplanung bietet, finden Sie unter www. stadtmuseumsfreunde.de. Eine Einzelmitgliedschaft kostet 40 Euro im Jahr, Paare bezahlen 60 Euro. Wir freuen uns auf Sie!
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Anwerbeankommen mit Griechenland und Spanien (2010) und in Zusammenarbeit mit dem Deutsch-Türkischen Forum und dem Linden-Museum die Ausstellung „Merhaba Stuttgart“ zum 50-jährigen Bestehen des Deutsch-Türkischen Anwerbeabkommens 2011. Durch die Ausstellungen, aber auch durch die von der Robert-Bosch Stiftung geförderte Sammlungsaktion „Meine Stadt – Meine Geschichte“ und die enge Zusammenarbeit mit dem Forum der Kulturen kamen viel Wissen und eine Reihe von Objekten zur Migrationsgeschichte ins Stadtmuseum. Stadtgeschichte ist Migrationsgeschichte und deshalb steht zu Beginn der Ausstellung die Frage „Wie wird man Stuttgarter/ in?“ und die möglichen Kriterien städtischer Identität. ‚Harte‘ Faktoren wie Geburt oder Eingemeindung stehen ‚weichen‘ Faktoren wie Gefühlen gegenüber. Hier trifft man viele un-
terschiedliche Stuttgarterinnen und Stuttgarter. Stuttgarter von „Berufs wegen“ wie Serdar Taşçı (als er noch für den VfB spielte), oder die in Stuttgart geborene Zeynep S., die als Sechsjährige mit dem Plakat „Wir sind hier geboren“ ihr Recht dazuzugehören noch auf einer Demonstration einfordern musste. Die Ausstellung will keine Antworten geben, sondern dazu anregen, über das eigene Zugehörigkeitsgefühl nachzudenken und Kategorien zu hinterfragen. Im Zentrum der Ausstellung steht ein großes Modell der Gemarkung Stuttgart im Maßstab 1:3500 und gibt einen Überblick über Topografie und Entwicklung der Stadt. Rund um das Modell greifen sechzehn Ausstellungsmodule Themen auf, die in den letzten 200 Jahren „Stadtgespräch“ waren und die Stuttgart noch heute bewegen. Das beginnt bei der Pressefreiheit 1816/17 und endet bei der Auseinandersetzung um „Stuttgart21“. Das Stadtgespräch mit dem (Arbeits-)Titel „Ins Gespräch kommen?“ wurde gemeinsam mit dem Forum der Kulturen e. V. entwickelt. Vor dem Hintergrund, dass Stuttgart in den 1960er Jahren deutschlandweit die höchste Quote bei der Aufnahme von „Gastarbeitern“ hatte, befragt die Installation die Bedeutung von Sprache und gemeinsamem Gespräch für die Aushandlung
Kunst & Kultur
Ein erster Eindruck der Ausstellungsgestaltung.
einer pluralen Stadtgesellschaft. Das zentrale Objekt ist ein Koffer mit Single-Schallplatten zum Deutschlernen, die wir von Christos Psarras erhalten haben. Übersetzungskarten aus dem Krankenhaus verdeutlichen die praktischen Probleme der 1960er Jahre. Das Stadtgespräch vertieft anhand des „Ausländerberichts“ von 1976 und anderen Dokumenten das Ringen um gesellschaftliche und politische Integration. Unter der Überschrift „Stuttgart ist wieder da“ geht es in einem anderen Stadtgespräch um den Bau von S-Bahn und Stadtbahn und die Diskussion, ob Stuttgart das ganze Umland an sein Schienennetz anschließen sollte. Die riesigen Baustellen in der Innenstadt erzählen aber auch eine Migrationsgeschichte, denn hier begegneten viele Stuttgarter und Stuttgarterinnen zum ersten Mal den „Gastarbeitern“, die als Bauarbeiter den Umbau der Stadt leisteten. Für Besucher des zukünftigen Stadtmuseums, die die Stadtgeschichte lieber chronologisch erleben wollen, wurden die sogenannten „Jahrhundert-Räume“ zur Stadtgeschichte des 19. und 20. Jahrhunderts entwickelt.
Wie in den „Stadtgesprächen“ soll auch hier Geschichte anhand von Menschen und ihren Biografien erzählt werden. So kommt Panagiot Wergo durch Heirat mit Catharina Hemmerling bereits 1791 nach Stuttgart. Der „erste Grieche Stuttgarts“ hatte zuvor in St. Petersburg und London gelebt. Sein Cannstatter Wohnhaus wird zu einem bürgerlichen Salon, in dem Größen wie Justinus Herder und Gustav Schwab verkehren Mitte des 19. Jahrhunderts öffnet sich Stuttgart der Welt und der industrielle Aufbruch mit Verlagen, Chemie- und Textilindustrie bringt ausländische Unternehmer wie Honoré Frédéric Fouquet in die Stadt. Andere suchen ihr Glück in der Auswanderung. Diese Geschichten stehen – wie viele Migrationsgeschichten – in kei-
nem Geschichtsbuch. Enkel und Urenkel, die immer noch in Stuttgart leben, haben sie uns erzählt. Das Team des Stadtmuseums sammelt weiter Geschichten, vor allem für die Zeit nach 1950. Mit dem Wirtschaftswunder wird Stuttgart nach den Jahren des NS-Regimes (wieder) international. Menschen aus vielen Ländern kamen aus unterschiedlichsten Gründen nach Stuttgart, dies prägte die Stadt städtebaulich, soziodemographisch, aber auch das Zusammenleben und den Alltag in der Stadt. Die Ausstellung will die letzten 60 Jahre der Stadtgeschichte vor allem mit Erinnerungen von Stuttgarterinnen und Stuttgartern erzählen. Dazu werden aktuell Interviews geführt. Falls Sie eine besondere Erinnerung haben und Ihre Stadtgeschichte erzählen wollen, melden Sie sich! n
Konkret gesucht: Ein Objekt zum Thema ‚Gastarbeit‘ aus der Zeit 1955 bis 1965 Museen erzählen Geschichten anhand von Dingen. Aktuell suchen wir noch ein aussagekräftiges Objekt zur frühen Zeit der ‚Gastarbeit‘ Ende der 1950er, Anfang der 1960er Jahre. Was könnte es sein? Die Maurer-Kelle von der ersten Baustelle in Stuttgart oder der Kochtopf, der für spezielle Speisen eigens mitgebracht wurde? Ein Produkt, das Sie an Ihrem ersten Stuttgarter Arbeitsplatz hergestellt haben? Schicken Sie uns ein Foto an stadtmuseum@stuttgart.de oder rufen Sie uns an: 0711 / 21 69 64 00
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HAYET HEISST LEBEN
Eine Kurzgeschichte von Maria Tramountani
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hr Name war Hayet und ihre Augen hatten kein Licht. Ich neige nicht zu solchen Formulierungen, ich bin keine Poetin, ich bringe Dinge gern auf den Punkt. Doch wenn ich in Hayets Augen blickte, dann gab es nichts, was das, was ich dort sah, besser beschrieb: Ihre Augen hatten kein Licht. In den acht Monaten, in denen Hayet schon in Deutschland lebte, hatte sie schnell Deutsch gelernt. Sie war aufmerksam in der Schule und wenn die Lehrerin sie etwas fragte, wusste sie die Antwort. Es war jedoch auffällig, dass sie nie mit den anderen spielte und sie nur aus sicherer Entfernung beobachtete. Sie war ein fröhliches und geselliges Kind. Meine Schwester und mein Schwager waren ihr gute Eltern. Leider konnten sie keine weiteren Kinder bekommen und so war Hayet ihr ein und alles. Sie wuchs mit ihren Cousinen auf und musste sich nie als Einzelkind fühlen. Wir lebten in derselben Straße. Als der Krieg kam, saßen wir oft zusammen und sprachen darüber zu gehen.
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Ich verbrachte so viel Zeit wie möglich mit Hayet. Ich holte sie am Nachmittag ab, ging mit ihr spazieren, versuchte sie zum Spielen zu animieren. Manchmal gelang es mir, ein kleines Gespräch mit ihr zu führen, aber die meiste Zeit sprach nur ich, stellte ihr Fragen, die sie nicht beantwortete, erzählte Anekdoten aus meinem Leben. Ich bin mir nicht sicher, ob sie mich überhaupt hörte. Ihre lichtlosen Augen blickten die meiste Zeit teilnahmslos ins Leere. Als eine Bombe in der Schule explodierte, auf die unsere Kinder gingen, trafen wir endgültig die Entscheidung. Wie durch ein Wunder war den Kindern nichts geschehen und wir wollten unser Glück nicht überstrapazieren. Auch meine Schwester und ihr Ehemann wollten ihre Tochter in Sicherheit wissen. So legten wir unser Geld zusammen und beschlossen, über die üblichen Routen das Land zu verlassen und nach Europa zu fliehen. Dann, drei Tage vor unserem geplanten Aufbruch, geschah es. Ein Zwischenfall ist mir in Erinnerung geblieben. Es geschah etwa einen Monat, bevor Hayet mit ihren Verwandten die Stadt verließ, um anderswo eine Unterkunft zu beziehen.
Wir saßen auf dem Boden des Gemeinschaftsraums der Unterkunft, in der sie mit ihrem Onkel, ihrer Tante und ihren zwei Cousinen lebte und spielten mit Puppen. „Sie heißt Hayet“, erklärte sie mir und deutete auf eine blauäugige Puppe, die nicht weniger arabisch hätte aussehen können. Ich nickte und versuchte, meine Freude darüber zu verbergen, dass sie diese Information mit mir teilte, um sie nicht zu verunsichern. Sie kamen am späten Abend. Wir löschten die Lichter und zogen die Vorhänge zu und versuchten die Kinder zu beruhigen. Irgendwann hörten wir Schüsse und Schreie. Ich erkannte die Stimme meiner Schwester nicht und doch war ich mir sicher, dass die Schüsse im Nachbarhaus gefallen waren. Ich betete, dass das nicht der Fall war. „Das ist ein sehr schöner Name“, antwortete ich.
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„ICH FAND HAYET VERSTECKT IM SCHRANK IM SCHLAFZIMMER.“ Sie reagierte nicht und ich war mir sicher, dass sie sich wieder zurückgezogen hatte, an den Ort irgendwo in ihr, den sie auch sonst immer aufsuchte, wenn sie den Kontakt mit der Außenwelt verlor. Am Morgen, nach einer Nacht voller Todesangst und ohne Schlaf, traute ich mich aus dem Haus. Geduckt schlich ich zum Nachbarhaus. Die Tür stand offen und in diesem Moment verlor ich meine letzte Hoffnung. Das Haus war leer. Ich wusste nicht, ob ich darüber erleichtert oder erschrocken sein sollte. Es hatte sich wohl ein Kampf zugetragen, der Tisch war umgekippt und es lagen Gegenstände auf dem Boden. Ich fand Hayet versteckt im Schrank im Schlafzimmer. Als ich die Schranktür öffnete, hatte sie die Augen fest zugepresst und die Handflächen an die Ohren gedrückt. Wer weiß, wie lange sie dort so gesessen hatte. Sie zuckte zusammen, als ich sie vorsichtig am Arm berührte. Und dann geschah es. Ohne dass ich etwas gesagt hatte, ohne dass ich sie dazu ermutigt hatte, mit mir zu sprechen, oder ihr eine
Frage gestellt hatte, blickte sie auf und sah mir direkt in die Augen. Fast zuckte ich zusammen, denn so hatte sie mich noch nie angesehen. Ich versuchte mich zusammenzureißen, hielt ihrem Blick stand und lächelte ihr aufmunternd zu. „Sie heißt Hayet“, wiederholte sie. „Genau. Hayet. So wie du“, nickte ich. „Das bedeutet Leben.“ Es hatte irgendwie auswendig gelernt geklungen. Als hätten die Erwachsenen immer wieder wiederholt „Hayet heißt Leben“. Als hätte ein Sozialarbeiter mit einem Dolmetscher gesprochen und ihr dann gesagt „Weißt du, was dein Name bedeutet? Hayet bedeutet Leben“. Doch ihr Blick widersprach der teilnahmslosen Stimme. Zum ersten Mal seit ich Hayet kannte, waren ihre Augen nicht stumpf und leer. Ich musste mich nicht fragen, ob sie verstand, was sie mir eben mitgeteilt hatte. Sie gab mir das Gefühl, dass sie sehr wohl wusste, was Hayet – was Leben – bedeutete.
Augen. Ich beobachtete, wie sie die Puppe in den Arm nahm und vorsichtig hin und her schaukelte. Sie schien mich wie immer kaum wahrzunehmen. Doch für den Bruchteil einer Sekunde hatte sie mich hereingelassen. Sie hatte sich geöffnet und mir gezeigt, was hinter dem Schleier lag. Und ich hatte keine wehrlose Waise gesehen, kein Opfer eines Krieges, kein Flüchtlingskind, sondern jemanden, der dem Tod getrotzt hatte – und lebte. Was sich wohl ihre Eltern gedacht hatten, als sie ihrem Kind den Namen Hayet gaben? Wahrscheinlich hatte ihnen einfach der Klang gefallen. Oder es hatte irgendwann eine Großmutter oder Tante namens Hayet gegeben, die in der kleinen Tochter weiterleben sollte. Vielleicht aber hatten sie den nahenden Krieg geahnt und ihrer Tochter den Namen als Schutz mitgegeben. Kurze Zeit später verließ Hayet die Stadt. Ich habe sie seitdem nicht wiedergesehen. n
Maria Tramountani ist Mitarbeiterin des DTF und leitet seit September 2015 das Projekt Merhaba in Stuttgart. In ihrer Freizeit schreibt sie Gedichte und Kurzgeschichten, die sie auf ihrem Blog daslebeningruen. wordpress.com veröffentlicht. Im Jahr 2015 wurde sie mit dem „A Sea of Words“-Preis des Europäischen Instituts des Mittelmeers ausgezeichnet. Im selben Jahr hielt sie eine Lesung im Rahmen des „Made in Stuttgart“-Festivals des Forums der Kulturen.
Und dann senkte sie ihren Blick und wieder legte sich der Schleier, den ich kannte, über ihre
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ENGAGIERTE IM DEUTSCH-TÜRKISCHEN FORUM STUTTGART
Dr. Mehmet Varlık Kuratoriumsvorsitzender
Kerim Arpad Geschäftsführer Stv. Projektleiter Stipendien- und Mentorenprogramm Ağabey-Abla
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Susanne Offenbach Stellvertretende Kuratoriumsvorsitzende
Gülten Aysel Vorstandsvorsitzende
Özlem Şahin Referentin Kulturprogramme und Mitgliedermanagement Chefredaktion wirbiz
Dr. Wolfgang Kunze Stellvertretender Vorstandsvorsitzender
Sibylle Merx Referentin für Fundraising und Philanthropie
Kenan Er Schatzmeister
Seyhan Çalışkan Praktikantin
m DTF finde ich Menschen, denen Stuttgart am Herzen liegt. Menschen mit und ohne Migrationshintergrund. Menschen mit unterschiedlicher politischer Ausrichtung, mit unterschiedlicher Religion, mit unterschiedlichen Lebenseinsichten. Junge Leute, ältere Leute, Leute wie ich: irgendwo in der Mitte ihres Lebens. Hier geht es um das Miteinander, den Austausch, das Kennenlernen. Man schlägt Brücken, lädt ein zum Nachdenken, lacht und tanzt miteinander,
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Berkay Yılmaz Vorstandsmitglied
Katrin Brandeis Vorstandsmitglied
Sabine Reich Bereichsleiterin „Bildung“ Projektleiterin Stipendien- und Mentorenprogramm Ağabey-Abla
Mukaddes Steinkrüger Pädagogische Referentin Stipendien- und Mentorenprogramm Ağabey-Abla
Christina Metke Kooptiertes Vorstandsmitglied
Maria Tramountani Pädagogische Referentin Stipendien- und Mentorenprogramm Ağabey-Abla Projektleiterin Merhaba in Stuttgart
Belgin Yasa Kooptiertes Vorstandsmitglied
Alice Heisler Projektassistentin Stipendien- und Mentorenprogramm Ağabey-Abla und wirbiz
lernt voneinander – und sei es, ganz nebenbei, wie man den Nachnamen des eigenen Nachbarn richtig ausspricht. Schauen Sie doch mal bei uns vorbei: auf unserer Homepage, unserer Geschäftsstelle oder einer unserer Veranstaltungen. Dr. Wolfgang Kunze
DTF intern
UNSERE NÄCHSTEN VERANSTALTUNGEN 03. Juni 2016, Stadtbibliothek In der Reihe LiteraTürkei des Deutsch-Türkischen Forums Stuttgart e. V. und der Stadtbibliothek Stuttgart liest erstmals eine Kinderbuchautorin Arzu Gürz Abay. 05. Juni 2016, Marktplatz Beim Interkulturellen Kinderfest können Kinder und Familien bei Bühnenprogramm und zahlreichen Mitmach-Angeboten auf dem Marktplatz feiern und erleben, wie bunt und vielfältig unsere Stadt ist. 29. Juni 2016, Literaturhaus „BAKIŞ – Die Türkei im europäischen Dialog“ diskutiert das Thema „Krieg und Terror: Die Türkei an schwierigen Schnittstellen“. Dr. habil. Gülistan Gürbey: Privatdozentin im Fachbereich Politik- und Sozialwissenschaften am Otto-Suhr-Institut für Politikwissenschaft der Freien Universität Berlin und Prof. Dr. Atilla Eralp: Direktor des Center for European Studies an der Middle East Technical University Ankara. 29. Juni 2016, DTF-Geschäftsstelle Der DTF-Literaturkreis liest und diskutiert Romane aus aller Welt. 12. Juli bis 17. Juli 2016, Marktplatz Das SommerFestival der Kulturen präsentiert jedes Jahr im Sommer Stars und Highlights der internationalen Weltmusikszene auf dem Stuttgarter Marktplatz. Zusammen mit dem Forum der Kulturen Stuttgart präsentiert das Deutsch-Türkische Forum Stuttgart den türkischen Musikabend CAZ À LA TURCA mit der Band LuXuS Oriental Blues. 16. Juli bis 17. Juli 2016, Bezirkssportanlage Waldau Zum 24-Stunden-Lauf für Kinderrechte 2016 laden der Förderverein Kinderfreundliches Stuttgart und der Sportkreis Stuttgart wieder alle sportbegeisterten Bürgerinnen und Bürger sowie alle Kinder mit ihren Familien ein. Laufen auch Sie im Namen des Ağabey-Abla-Teams für Kinderrechte. 25. Juli 2016, DTF-Geschäftsstelle Der DTF-Literaturkreis liest und diskutiert Romane aus aller Welt.
01. August bis 02. September 2016 Sommerpause 23. September bis 25. September 2016 Bei unseren deutsch-türkischen Biografiegesprächen nach dem „Gödelitzer Modell“ erzählen sich Deutsch- und Türkeistämmige ein Wochenende lang ihr Leben und begegnen sich auf Augenhöhe. 28. September 2016, DTF-Geschäftsstelle Der DTF-Literaturkreis liest und diskutiert Romane aus aller Welt. 10. Oktober 2016, Literaturhaus „BAKIŞ – Die Türkei im europäischen Dialog“ diskutiert das Thema „Kontakt und Kalkül: Der Blick der Türkei auf Europa“. Prof. Dr. Meltem Müftüler-Baç: Professorin für Internationale Beziehungen an der Sabancı Universität Istanbul und Prof. Dr. Bilgin Ayata; Professorin für Politische Soziologie an der Universität Basel. 23. Oktober 2016, Treffpunkt Rotebühlplatz Beim Tag der Kulturen werden in einem vielfältigen Kulturprogramm aus Tanz, Musik, Theater und Film von über 70 Migrantenkulturvereinen unterschiedlichste Aspekte des interkulturellen Geschehens in Stuttgart vorgestellt. 24. Oktober 2016, Liederhalle In Zusammenarbeit mit dem Orchesterverein Stuttgart lädt das Deutsch-Türkische Forum Stuttgart zu einem besonderen Konzertabend mit Yudum Çetiner und Selin Şekeranber ein. 26. Oktober 2016, DTF-Geschäftsstelle Der DTF-Literaturkreis liest und diskutiert Romane aus aller Welt.
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Dankeschön Teşekkürler
Impressum Baskı hakkında
Tue erst das Notwendige, dann das Mögliche, und plötzlich schaffst du das Unmögliche. Franz von Assisi (*ca. 1181/1182 – † 1226)
Deutsch-Türkisches Forum Stuttgart e. V. Hirschstraße 36 70173 Stuttgart
Wir bedanken uns bei unseren Spendern Christina Metke, Dr. Katharina Miller und dem Rotary Club Stuttgart Wildpark, bei allen Anzeigenkunden, Autoren und Gesprächspartnern, die dazu beigetragen haben, unser Magazin wirbiz zu realisieren.
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Chefredaktion der 4. Ausgabe Özlem Şahin
Redaktionsteam Kerim Arpad, Gülten Aysel, Dr. Ulrich Bopp, Sibylle Thelen, Rıdvan Çavus, Sadri Okumuş Fotos Marcia Scharf (7), Gari Pavković (11), eva Stuttgart (12), GEW (12), IHK (13), Sandra Kostner (13), Süheylâ İnce Demir (18), Jérôme Gravenstein (19), HWK (21), Marcia Scharf (27), Stuttgarter Zeitung (28), Derya Alakuş (33), Mesut Kuşcu (38), Gottfried Stoppel (43), UVK Verlag (45), Rowohlt Verlag (47), PKS Polizeipräsidium Stuttgart (50), UNICEF (52-53), Kulturhaus Arena (54-55), Leif Piechowski (57), Stadtmuseum Stuttgart (58-59) Alle weiteren Fotos Deutsch-Türkisches Forum Stuttgart e. V. Textübersetzungen Özlem Şahin, Nuri Hışır (16-18) Lektorat Sibylle Thelen, Özlem Şahin Konzeption und Gestaltung Atelier Hans Ulrich Scholpp Beratung. Design. Netzwerk. www.ulrichscholpp.de Layout Sheela Rübenach Druck studiodruck GmbH Talstraße 68, 72622 Nürtingen-Raidwangen Auflage 2.500 Stück
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Die Bosch-Philosophie:
Nur wer sich unterscheidet, kann sich perfekt ergänzen. Vielfalt im Arbeitsalltag bei Bosch: Wir wissen, dass die Stärken jedes Einzelnen uns alle bereichern. Deshalb arbeiten schon heute weltweit über 150 verschiedene Nationalitäten an rund 350 Standorten für Bosch – denn Vielfalt ist unser Vorteil. Mehr Informationen unter: www.bosch-denken.de
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Die Bentour Türkei Reisen AG, gegründet von Kadir Ugur 2004, ist einer der führenden Türkei-Spezialisten unter den Reiseveranstaltern. BENTOUR REISEN grenzt sich ganz bewusst von Billigangeboten ab und betreibt einen einzigartigen qualitativen Türkei-Tourismus. • • • • •
99,6 % Gästezufriedenheit bei 100.000 Gästen in der Saison 2015 Eigene Reiseleitung in der Türkei, 24h/7Tage im Einsatz Elektronische Reiseleiter und BENTOUR-App Über 18000 eigene Hotelbetten in 14 Hotels der 5* Kategorie Kundengeldabsicherung über „reise garant“ und „Reisegarantie“
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