Standortporträt Freiburg

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Freiburg


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Politik • Standort Freiburg

Günter Weinberger ist seit Jahresbeginn Chef der Freiburger Solar-Fabrik AG

Zu diesem Thema Für die Elite

Eine private Initiative erfüllt der Stadt die Sehnsucht nach einer Berufsakademie S. 135

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Der grüne Regent

Wie Dr. Dieter Salomon den Wirtschaftsstandort Freiburg sieht S. 136

Unfertiges Wissen

Unis forschen nicht zu Ende und lassen so viel Geld liegen. Damit ist nun Schluss S. 141

Foto: Jigal Fichtner


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Die neue

Hoffnung Weil die bekannten Namen schwächeln, muss

sich Freiburg auf Zukunftsbranchen verlassen – und auf sein Wissen um Dienstleistungen

G

ünter Weinberger steht in der Sonne und kneift die Augen zusammen. Sie macht ihm zu schaffen. „Ich bin ein wenig sonnenempfindlich“, sagt Weinberger, ausgerechnet Weinberger. Als wir ihn treffen, ist er seit genau 50 Tagen Vorstandschef der Solar-Fabrik. Die börsennotierte AG ist im wahrsten Sinne das, was man als Vorzeigeunternehmen bezeichnet. Das ist auch der Architektur geschuldet. Wann immer es einen Vortrag oder eine Bilderreihe zum Wirtschaftsstandort Freiburg gibt, ist das Hauptgebäude der SolarFabrik optisch dabei. „Wir sind eine starke Marke“, sagt der selbstbewusste Vorstandschef. Zwar gibt er zu, dass ihm der Name noch neu war, als der Aufsichtsratschef, der Schokoladenfabrikant und Solar-Unternehmer Alfred Ritter, ihm vor wenigen Monaten den Job anbot. Doch das

liegt an zwei Gründen: Zum einen war Weinberger zuvor noch in einer anderen Branche tätig, der Halbleiter-Industrie. Und zum anderen war er das die vergangenen sieben Jahre in den USA. Jetzt muss Weinberger große Pläne schmieden, denn sein Vorgänger im Amt hat ihm ein neues Prunkstück hinterlassen, dass weniger die Freunde zeitgemäßer Gewerbe-Architektur begeistern wird, als die Ingenieure, die Techniker. Und Weinberger selbst ist so einer. Um die Zukunft der Solar-Fabrik zu sehen, muss man raus aus dem Gewerbegebiet Haid und rein ins Industriegebiet Hochdorf. Eine Autofahrt von kaum mehr als fünf Minuten. Passenderweise hat sich der Solarmodul-Produzent in einer Halle eingenistet, die den Namen Fortschritt trägt. Der in die Jahre gekommene Möbelhersteller braucht den Platz nicht mehr.

1500 Quadratmeter groß ist das nunmehr dritte Werk der SolarFabrik in Freiburg. 16 Millionen Euro hat das Unternehmen investiert. „Technisch ist es für uns ein Quantensprung“, sagt Unternehmenssprecherin Andrea Ocker. Die Zahlen verdeutlichen das: In den beiden bestehenden Fabriken kann die Solar-Fabrik pro Jahr Solarmodule mit einer Gesamtleistung von 70 Megawatt produzieren. Das neue Werk allein schafft 60 Megawatt. Und die Produktionshalle ist nur zu einem Drittel gefüllt. „Schon mittelfristig können wir unseren Marktanteil verdoppeln bis verdreifachen“, sagt Weinberger vor Zuversicht strotzend. Solche Firmen braucht die Stadt. Die Solar-Fabrik beschäftigt in Blütezeiten etwa 350 Menschen. Jetzt im Winter sind es deutlich weniger. Wenn die Sonne

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Politik • Standort Freiburg

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Unternehmen Uniklinik Universität Stadt Freiburg RKK Verbund Regierungspräsidium Sparkasse Freiburg Northrop Grumman Litef Micronas Badenova Pfizer-Gödecke Polizeidirektion Haufe Mediengruppe Fraunhofer ISE Landratsamt Rhodia Acetow Agentur für Arbeit Deutsche Post Evangelische Diakonie VAG Hüttinger

Mitarbeiter 8000 6200 2500 1770 1550 1280 1200 1150 1050 1050 1000 950 830 750 750 740 700 700 680 630

wiederkommt, fangen die Leute auch wieder an, sich Gedanken über Solaranlagen zu machen. Dann steigt die Produktion und mit ihr die Beschäftigung. Allein im neuen Werk sind im ersten Schritt 60 neue Arbeitsplätze entstanden. Damit hat die Solar-Fabrik einen sicheren Platz im oberen Mittelfeld der Arbeitgeber Freiburgs. Von den ganz großen ist sie noch weit entfernt (siehe Tabelle). Dabei gibt es dort durchaus ein paar Spitzenpositionen neu zu besetzen. Zumindest in der Rangfolge der industriellen Spitzenkräfte. Jahrelang war der Halbleiter-Hersteller Micronas das Maß aller Dinge in der Stadt. Jetzt, da der Schweizer Konzern seine Verluste nicht länger ertragen will, wird auch in Freiburg ein schmerzhafter Schnitt gezogen. 460 Jobs fallen weg und der Rüstungskonzern Northrop Grumman Litef zieht vorbei, schafft es damit aber gerade mal auf den siebten Platz der größten Arbeitgeber.

Branche Gesundheit Bildung Öffentliche Verwaltung Gesundheit Öffentliche Verwaltung Finanzdienstleistung Elektronik Elektronik Energieversorger Pharma Öffentliche Ordnung Verlag Forschung Öffentliche Verwaltung Chemie Öffentliche Verwaltung Logistik Gesundheit Nahverkehr Elektronik

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Quelle: eigene Recherchen, Angaben der Unternehmen

Freiburgs größte Arbeitgeber

Auch bei Antrieben

Unternehmen

sind heute vor allem individuell passgenaue Lösungen gefragt

F

Mattke liefert Antriebstechnik nach den Wünschen des Kunden

Wie ein Maßanzug

ür Werner Böhringer ist die Wahl der passenden Antriebslösung wie das Konfektionieren eines Maßanzugs. „Der Kunde sucht sich den Anzug aus. Wir machen die Jacke länger oder die Hose kürzer“, sagt der kaufmännische Leiter der Mattke AG. Die Kunden des Freiburger Unternehmens sind wählerisch. Sie kommen nicht nur aus dem Mittelstand, sondern auch aus der Bel Etage der deutschen Industrie: Porsche, Siemens oder Bosch lassen bei Mattke konfektionieren. So hat sich das mittelständische Familienunternehmen seit mehr als vier Jahrzehnten am Markt behauptet. „Unsere Erfahrung ist aber nicht der Garant für den Erfolg“, sagt Böhringer. „Damals haben wir als eine

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Art Neckermann der Antriebstechnik begonnen. Heute ist solch eine Ausrichtung nicht mehr originell genug.“ Böhringer sieht Mattke als verlängerten Arm und zweites Gehirn seiner Kunden. „Das ist nur möglich, weil wir neben unseren exzellenten Mitarbeitern auch Partner haben, die sich sehen lassen können.“ Dazu setzt Böhringer auf ein breites Netzwerk. „Niemand kann alles können. Aber wir können jedes Know-how organisieren.“ Von den Vorteilen dieses Netzwerks profitieren vor allem Mattkes Kunden. „Wir sind heute in der Lage, nicht nur Antriebe zu liefern“, sagt Böhringer. „Wir können auch komplette Anlagen und Geräte nach den Wünschen unserer Kunden bauen.“

Elektronik und Mechanik aus einer Hand lautet das Motto, das den Freiburger Antriebstechniker Mattke seit mehr als 40 Jahren zum Erfolg führt. Was nicht im umfangreichen Katalog enthalten ist, kann in der Regel kurzfristig realisiert werden. Alle Geräte des Lieferprogrammes, auch solche, die in den 1970er-Jahren geliefert wurden, werden im Hause Mattke repariert und gegebenenfalls ersetzt.

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133 Auch Rhodia Acetow, Hersteller von Zigarettenfiltern, ist nur mehr ein Schatten seiner selbst. Die 750 Mitarbeiter, die der französische Konzern in seinem Freiburger Werk noch beschäftigt, so der letzte Stand, sind nur noch ein Bruchteil dessen, was hier mal war. Über die Jahre ist das Unternehmen stetig geschrumpft. Massenentlassungen, wie es sie zuvor auch schon beim Medizintechniker GE Healthcare gegeben hat, werden stets von großen Schlagzeilen begleitet. Das so entstehende Bild, Freiburg würde Arbeitsplätze verlieren, hat mit der Realität jedoch nichts zu tun. Tatsächlich sind Jobs entstanden. Doch das vor allem auf dem Dienstleistungssektor. Unter den Großen der Industrie sind das die Ausnahmen. Northrop Grumman hat 2008 etwa 200 neue Jobs geschaffen. Vor der Krise wohlgemerkt. Auch der TransformatorenHersteller Hüttinger ist durch sein stetes Wachstum jetzt Teil der Top 20 geworden.

Daneben hält einzig der Pharmakonzern Pfizer sein Niveau. Seit der Übernahme des GödeckeWerkes vor neun Jahren wurden auch hier rund 200 neue Arbeitsplätze geschaffen. Im vergangenen Jahr hat das Unternehmen 35 Millionen in den Standort Freiburg investiert.

lust der Micronas-Arbeitsplätze tut sehr weh, aber ist das Ergebnis einer weltweiten Absatzflaute in der Unterhaltungselektronik und Autoindustrie“, sagt Freiburgs Oberbürgermeister Dr. Dieter Salomon im Econo-Interview (ab Seite 136). „Auf der anderen Seite haben wir in den letzten gut

Massenentlassungen täuschen: Seit 1990 sind 35 000 neue Jobs entstanden Pfizer betreibt in Freiburg sein weltweit größtes Abpackwerk und entwickelt neue Tabletten und Kapseln. Pro Jahr werden von den gut 1000 Mitarbeitern 3,3 Milliarden Kapseln und Tabletten produziert, das entspricht 230 Millionen Packungen. Das Produktionsvolumen hat sich in den vergangenen zwölf Jahren verzehnfacht. Politiker wie Unternehmer bemühen sich um einen sachlichen Blick auf die Situation. „Der Ver-

20 Jahren rund 35 000 zusätzliche Arbeitsplätze gewonnen“, so der erste grüne Oberbürgermeister einer deutschen Großstadt. Und Barbara Mayer, geschäftsführende Partnerin in Badens größter Kanzlei Graf von Westphalen sagt: „Entscheidend ist doch letztlich nicht, wie viele Arbeitsplätze irgendwo abgebaut werden, sondern der Saldo zwischen neu entstehenden und verlorenen Arbeitsplätzen. Und meiner Einschät-

zung nach sind im gesamten vergangenen Jahr mehr Arbeitsplätze entstanden als abgebaut worden.“ Und da liegt Mayer richtig. Auch die Industrie zieht an, zumindest in der zweiten Reihe. Und vor allem in Zukunftsbranchen. Die Solarbranche etwa bringt es mittlerweile auf rund 1500 Arbeitsplätze in Freiburg. Größter Arbeitgeber dieser Sparte sind die Solar-Fabrik und das FraunhoferInstitut für Solare Energiesysteme (ISE), das mit 870 Mitarbeitern das größte Institut der Stadt ist. Das Institut erlöst derzeit einen Umsatz von 41 Millionen Euro pro Jahr. Die beiden anderen Fraunhofers der Stadt, das Institut für Physikalische Messtechnik (IPM) und das Ernst-Mach-Institut (EMI) bringen es zusammen auf etwa 400 Mitarbeiter. Freiburg lebt von der Vielfalt seiner Dienstleister und seiner Wissensbetriebe. „Gott sei Dank sind wir nicht von einzelnen Branchen abhängig“, sagt denn auch OB Salomon.

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Politik • Standort Freiburg

Einwohner davon … weiblich … jünger als 6 Jahre … 65 Jahre und älter Ausländer Haushalte Geburtenüberschuss Wanderungsgewinn Ungebundene Kaufkraft absolut je Einwohner Beschäftigung Arbeitsplätze Dienstleister Produz. Gewerbe Land- und Forstwirtschaft

219 430 115 196 11 426 35 126 31 353 124 280 334 1553 2,827 Mrd. Euro 13 166 Euro 128 500 110 800 17 300 400

Einpendler Auspendler Arbeitslosenquote

54 536 16 305 7,1 Prozent

Steuern Gewerbesteuer Grundsteuer A Grundsteuer B Steuerkraft/Einw. Gewerbesteuer

400 600 600 676 Euro 96,9 Mio. Euro

Das bestätigt eine Analyse der Sparkasse Freiburg-Nördlicher Breisgau. „Der Mangel an qualifiziertem Personal war vergangenes Jahr sowohl im Produktions- wie auch im Dienstleistungsbereich erkennbar“, schreibt die Bank. So ist die Sorge in Waldkirch derzeit viel größer, wo der weltgrößte Sensorhersteller Sick gerade in die Kurzarbeit gegangen ist. Kaum auszudenken, was Waldkirch passieren würde, wenn Sick in die Knie gehen würde. In Freiburg schaut man durchaus auf die Nachbarstadt, die es gerade über die Einwohnerzahl von 20 000 und somit zur Großen Kreisstadt geschafft hat. Die Wirtschaftsförderung arbeitet nämlich nicht nur lokal, sondern auch für das Umland. Und auch die Geschäftsleute aus Freiburg scheuen den Weg nach Umkirch, Gundelfingen oder eben Waldkirch nicht. „Es kommen zahlreiche Kunden auch aus Freiburg zu uns“, sagt etwa Dirk Burger, geschäftsführender Gesellschafter von Burger Druck. Er beschäftigt 55 Mitarbeiter und hat gerade einen Millionenbetrag in

die Erweiterung im Waldkircher Ortsteil Kollnau investiert. Die beiden prägenden Kräfte auf dem Freiburger Arbeitsmarkt sind das Duo der Albert-Ludwigs-Universität und der Uni-Klinik Freiburg. Zusammen stellen die beiden Institutionen mehr als zehn Prozent der fast 130 000 Arbeitsplätze in der Stadt. Und beide haben ein vortreffliches Image. Die Klinik als medizinische Kapazität. Und die Uni hat es – wenn auch erst im zweiten Anlauf – in den Elite-Zirkel geschafft. Das steht der Stadt gut zu Gesicht. Barbara Mayer sieht darin auch einen Grund, dass der Arbeitsmarkt von Dienstleistern dominiert wird. „Die Universität zieht viele junge Leute aus ganz Deutschland an, darunter viele, die nach Abschluss ihres Studiums gerne in Freiburg bleiben möchten. Die Dienstleister in der Stadt bieten vielen jungen Akademikern hochqualifizierte Arbeitsplätze.“ Und so ist der Raum für neue Dienstleister denn auch ein vorherrschendes Thema bei der Stadtentwicklung. Die Wiederbelebung des alten Güterbahnhof-Areals

wird die Stadt noch Jahrzehnte beschäftigen. Erste Schritte sind bereits getan (siehe Seite 138). Auch die Sparkasse setzt mit der Neubebauung des Fahnenbergplatzes am Rande der Altstadt ein Signal für mehr Büros in der Stadt. Im August 2011 soll der Turm bezugsfertig sein. Dann wird die Sparkasse selbst mit einigen Abteilungen einziehen, ein Teil der Fläche wird aber auch vermietet. Auf Seiten der Industrie lebt Freiburg teilweise auch von seinen Spezialisten. Etwa der Härterei EFD, die vor fast 60 Jahren gegründet wurde, später mit Hüttinger konkurrierte, sich heute aber in eine andere Richtung entwickelt hat. Heute kann EFD auch große Teile von bis zu fünf Metern Länge und bis zu einem Gewicht von fünf Tonnen bearbeiten. Auch das ein Alleinstellungsmerkmal für die Stadt, auch wenn man es so nicht vermutet. Philipp Peters

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Standort Freiburg • Politik

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Robert Wetterauer begleitet Freiburger Privatschüler von der Grundschule bis zur Uni

Die Uni für die Elite Robert Wetterauer ist der Mann der Freiburger Privatschulen. Mit seiner Berufsakademie erfüllt er der Stadt nun eine alte Sehnsucht

R

obert Wetterauer scheint im Freiburger Rathaus derzeit sehr beliebt zu sein. Oberbürgermeister Dr. Dieter Salomon schwärmt von Wetterauer und dessen entstehender privater Berufsakademie IUCE Freiburg (siehe Kasten). Wetterauer ist in Sachen private Bildung eine feste Größe in der Stadt. Seine Angell Akademie steht denen, die es sich leisten können, von der Grundschule übers Abi bis zur Ausbil-

dung zur Seite. Die 83 Jahre alte Schule hat 1600 Schüler und 170 Mitarbeiter. Auch Studiengänge bietet Angell an. Jetzt gönnt Wetterauer sich und der Stadt etwas Neues: eine Berufsakademie (BA). Der pensionierte HochschulRektor Prof. Dr. Wolfgang Jäger steht der Gründungskommission vor. Der OB und sein Wirtschaftsförderer strahlen anlässlich der Gründung um die Wette. Dr. Bernd Dallmann gibt sogar lä-

Die International University of Cooperative Education, kurz IUCE Freiburg, ist keine Uni, sondern eine Berufsakademie. Die Ausbildung erfolgt im dualen System. In diesem Fall folgen auf drei Monate Schule drei Monate Betrieb. Nach drei Jahren steht der Abschluss Bachelor of International Business Management in den

Fachrichtungen Immobilienwirtschaft, Hotel- und Sportmanagement. Studiengänge zu Umweltmanagement und Technik sind angepeilt. Studieren kann nur, wer parallel eine Ausbildung in einer der Partnerfirmen macht. Die Studiengebühr beträgt 500 Euro pro Monat. Zum Start im Oktober hofft die IUCE auf 120 Studenten.

Foto: Michael Bode

chelnd zu, dass es ihm nicht gelungen ist, eine BA nach Freiburg zu holen. „Mehr als zehn Jahre haben wir es versucht“, sagt Dallmann. Zwei ernste Kandidaten gab es in dieser Zeit: Die internationale Hotelfachschule ging nach Bad Honnef. Und aus einer Außenstelle der Hochschule Furtwangen wurde nichts. „Die Gespräche waren weit“, blickt Dallmann zurück. „Aber es fehlte der ministeriale Segen.“ Das Land verfolgt bis heute die Politik, BAs und Außenstellen eher im ländlichen Bereich aufzubauen. So musste Freiburg auf den privaten Gönner warten. Wetterauer und sein Onkel Friedrich Klute haben der Hochschule das Startkapital gegeben. Doch in drei bis vier Jahren soll die IUCE sich selbst tragen: aus den Beiträgen der bis dahin angepeilten 500 Studenten, was der Schule einen Jahresetat von etwa drei Millionen Euro erlauben würde. Dass die Hochschule genügend Studenten anwirbt, daran zweifelt

keiner. Geschäftsführer Ulrich Rüter rechnet vor: „In BadenWürttemberg gibt es derzeit 25 000 BA-Studenten. Davon sind 15 000 Studenten der Wirtschaftswissenschaften. Unser Ziel ist es, pro Jahr 120 neue Studenten zu bekommen. Das wird klappen.“ Entscheidender wird die Kooperation mit der Wirtschaft, über die sich die IUCE auch am Thema Forschung beteiligen will. Einige regionale Größen haben bereits zugesagt. Der Europa-Park etwa, das Hotel Colombi oder die Immobilienfirma Gisinger. Und obschon die IUCE sich nicht als Konkurrenz zur Uni sieht, sondern als Ergänzung, ist diese auf der Hut. Am selben Tag, als die IUCE ihre Gründungs-Pressekonferenz gab, schickte die Uni eine Pressemitteilung raus. Neben artigen Glückwünschen folgt dort der Hinweis, dass man derzeit vier neue berufsbegleitende Studiengänge vorbereite. Konkurrenz belebt eben das Geschäft. Philipp Peters 3/2009

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Politik • Standort Freiburg

Freiburgs Oberbürgermeister Dr. Dieter Salomon über die Vorteile die man hat, wenn man als grüne Stadt gilt

Steuern, nicht herrschen D

as Freiburger Stadtoberhaupt war gerade zu Besuch bei Bill Clinton. Der ehemalige US-Präsident wollte ihn als Referenten zum Thema grüne Stadt. Doch auch zu anderen Themen hat Dr. Dieter Salomon eine sichere Meinung. Herr Dr. Salomon, wann beginnt der Wahlkampf? ➤ Dr. Dieter Salomon: Ich habe in meinem Amt genug zu tun. Der OB-Wahlkampf steht an, wenn ich weiß, wer sonst noch kandidiert. Bisher bin ich ja der Einzige, der sich öffentlich erklärt hat. Sie gaben sich zuletzt sehr sicher, dass Sie von 2010 an auch die nächsten acht Jahre Chef im Rathaus sein werden. Was stimmt Sie so zuversichtlich? ➤ Salomon: Weil ich davon überzeugt bin, dass Freiburg in den letzten Jahren eine gute Entwick-

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lung genommen hat: Wir sind eine wachsende Stadt, wir sind Spitzenreiter bei den Arbeitsplatzzuwächsen. Unsere Haushaltsprobleme sind gelöst – und nicht nur das: Wir bauen Schulden ab und investieren mehr als je zuvor in die Infrastruktur, vor allem in die Sanierung von Schulen. Bildung und Betreuung sowie ein ausgeglichener Wohnungsmarkt sind zwei der wichtigsten Themen in der Stadtpolitik. Da haben wir viel erreicht, sind aber noch nicht am Ziel. Diese Politik möchte ich weiterführen, und ich habe den Eindruck, dass die Bürger das auch wollen. Und was ist die größte Herausforderung für die Zukunft? ➤ Salomon: Zunächst müssen wir die Wirtschaftskrise gut durchstehen. Dafür ist die Stadt gut aufgestellt. Das erwähnte Programm der Schulsanierung ist ein Kon-

junkturprogramm im besten Sinne. Es wird noch einige Jahre in Anspruch nehmen. Wir wollen das Stadtbahnnetz weiter ausbauen und regionale Verkehrsverbindungen stärken. Die Ziele im Klimaschutz, Konversion des früheren Güterbahnhofs – das sind nur einige Themen. Es ist genug zu tun. Sprechen wir über die Wirtschaft. Wenn Sie neue Unternehmen ansiedeln wollen, müssen Sie recyceln. Denn freie Flächen in Händen der Stadt sind rar. Ein Standortnachteil? ➤ Salomon: Flächen zu „recyceln“, wie Sie es nennen, ist kein Standortnachteil, im Gegenteil! Wenn wir Brachen sinnvoll nutzen, sei es für Gewerbe oder für Wohnbau, schonen wir wertvolle Freiflächen, und sparen Geld für die Erschließung. Es kommt gar nicht darauf an, dass die Stadt

selbst überall Eigentümerin ist, sondern dass wir die Planung in der Hand behalten. Die Konversion des früheren Güterbahnhofs ist ein Beispiel, und die Erweiterung des Gewerbegebiets Haid im Süden ein weiteres. Politik heißt, Entwicklungen zu steuern, aber es heißt nicht, um jeden Preis Großgrundbesitzer zu sein. Freiburg ist Green City. Erklären Sie mir doch mal, was der Mittelstand von diesem Label hat. ➤ Salomon: Eine ganze Menge. In der Stadt und der Region sind über 10 000 Menschen in Betrieben der Umweltwirtschaft beschäftigt. Das sind deutlich mehr Arbeitsplätze als im Durchschnitt anderer Regionen. Nur zwei Beispiele: Im Dezember hat die Firma Concentrix eröffnet. Da sind ein paar pfiffige junge Leute als Startup aus dem Fraunhofer-Institut für Foto: Michael Bode


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Dr. Dieter Salomon, 48, ist der erste grüne Politiker als OB einer deutschen Großstadt und seit 2002 im Amt. Zuvor war er Vorsitzender der Grünen im Landtag. Heute ist er auch Vorsitzender des Kommunalen Arbeitgeberverbandes und Mitglied im Präsidium des Städtetags. Salomon kam in Melbourne zur Welt und lebt seit seinem 4. Lebensjahr in Deutschland. Er ist verheiratet und hat eine Tochter.

Solare Energiesysteme gekommen und peilen dieses Jahr 100 Beschäftigte an. Die SolarMarkt AG installiert derzeit die größten Solaranlagen in Italien, mit Freiburger Technikern. Umweltkompetenz ist ein Freiburger Markenartikel, der inzwischen in der ganzen Welt gefragt wird und uns Beschäftigung und Wachstum bringt. Die Solarindustrie ist das Aushängeschild der Freiburger Wirtschaft. Welchen Stellenwert hat diese in fünf bis zehn Jahren? ➤ Salomon: Heute sind in der Branche – Forschung, Entwicklung, Produktion, Vertrieb und Anwendung – rund 1500 Menschen beschäftigt. Wenn ich die Wachstumszahlen der letzten Jahre sehe, vermute ich in zehn Jahren ein Mehrfaches von heute. Keine andere Branche wächst so schnell wie die Solarwirtschaft.

Sie muss in die Bresche springen, da andere schwächeln. Pfizer stagniert. Rhodia schrumpft seit Jahren. Und jetzt streicht Micronas jede dritte Stelle. ➤ Salomon: Der Verlust der Micronas-Arbeitsplätze tut sehr weh, aber er ist das Ergebnis einer weltweiten Absatzflaute in der Unterhaltungselektronik und Autoindustrie. Wir haben in den letzten gut 20 Jahren rund 35 000 zusätzliche Arbeitsplätze gewonnen. Freiburg war nie ein klassischer Industriestandort und wird auch nie einer werden. Unsere Wirtschaft ist vielfach gegliedert, mit 75 bis 80 Prozent Dienstleistungen, und nicht von einzelnen Branchen abhängig. Das ist jetzt ein Vorteil, weil uns die Krise weniger hart trifft. Unser Aushängeschild sind nach wie vor Dienstleistungen, an erster Stelle Wissenschaft. Eine Frage muss ich stellen: Die Stadt Freiburg hat 47 Millionen Euro bei Lehman Brothers angelegt. Ist das Geld schon da? ➤ Salomon: Anfang Februar gab es eine verbindliche Aussage für die Rückzahlung angelegter Gelder. Seit dem 18. Februar ist das Geld wieder auf unserem Konto. Welchen Schaden hat die Stadt durch dieses Invest? ➤ Salomon: Von der Einlage ist kein Cent verloren gegangen. Auch die Zinsen über die vereinbarte Laufzeit wurden gezahlt. Wir mussten keine Kassenkredite zur Überbrückung aufnehmen. Richtig ist, dass wir weitere Zinseinnahmen hätten erzielen können, wenn unser Geld rechtzeitig zur Verfügung gestanden hätte. Darüber verhandeln wir nun mit dem Bundesverband Deutscher Banken. Philipp Peters

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Politik • Standort Freiburg

41 Hektar Phantasie Die Wiederbelebung des alten Güterbahnhof-Areals hat begonnen. Sie wird Freiburg noch Jahrzehnte beschäftigen

A

ls erster war Quint da. Seit dem 16. Februar residiert die Werbeagentur im Zollamt am alten Güterbahnhof-Areal. „Ich denke, das ist ein Ort, an dem man kreativ tätig sein kann“, sagt Agentur-Chef Johannes Zeller. Sicher funken die Synapsen in dem Gründerzeitbau von 1903 besser als in dem Büroturm an der Basler Straße, in dem Quint bisher residierte. „Es hat uns gleich sehr angesprochen“ erinnert sich Zeller. In Freiburg gibt es kaum noch Freiflächen. So gesehen ist die Revitalisierung des GüterbahnhofAreals eine der letzten städtebaulichen Entwicklungschancen innerhalb der Stadt. Im ersten Schritt

investiert die Immobilien-Gesellschaft Aurelis rund zehn Millionen Euro in das Zollamt und dessen Peripherie. „Die Arbeiten laufen planmäßig“, sagt Aurelis-Sprecherin Susanne Heck. Aurelis verwaltet allein 35 der 41 Hektar und ist so ein wichtiger Partner der Stadt. Es war eine schwere Geburt. Gut ein Jahrzehnt haben sich zuvor die Grabenkämpfe mit der Stadt hingezogen. Nun geht es endlich los. Für die nächsten zwei Jahrzehnte, so die Prognose, wird hier gebaut. Ausschließlich gewerbliche Nutzung. Schon bald soll aus dem Güter- ein Wissensbahnhof werden. Philipp Peters

Start der Wiederbelebung: Im alten Zollamt auf dem GüterbahnhofAreal sind bereits die ersten Mieter eingezogen Foto: aurelis

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Die Ladung immer im Blick: Mitarbeiter der Firma Klotz können mehr, als nur Lastwagen fahren

Fotos: Michael Bode

Die drei Hauptgeschäftsfelder des Transport- & Logistikdienstleisters Klotz GmbH sind Direkttransporte, Werkslogistik und regionale Transportdienstleistungen. Außerdem übernimmt das Unternehmen auch europaweite Transporte für Teil- und Komplettladungen, Expressfahrten, Kontraktlogistik und Beschaffungslogistik. Als zertifizierter Entsorgungsdienstleister bietet Klotz auch die fachmännischeVerwertung aller gängigen Abfälle und Sonderabfälle. Über 1000 Quadratmeter Lagerfläche stellt das Unternehmen seinen Kunden als Kurzzeit- oder Dauerlager zur Verfügung. Sehr viel Wert legt das Unternehmen auf hohe Standards bei seinen Mitarbeitern. Dazu gehört nicht nur die fundierte Ausbildung zur Fachkraft für Lagerwirtschaft oder zum Berufskraftfahrer. Die Geschäftsführung achtet auch darauf, dass Mitarbeiter regelmäßig an Schulungen und Weiterbildungen teilnehmen und so gut gerüstet sind für ihre täglichen Aufgaben.

Die Transportprofis Die Klotz GmbH aus Freiburg ist der regionale Partner für individuelle Logistiklösungen

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hat der Kunde einen Ansprechpartner“, sagt Projektiele Unternehmer denken erst an Transportlömanager Oliver Beck. Das unterscheidet die Logistiksungen, wenn es um Fernverkehr geht. Dabei fachleute von Konzernspediteuren, wo jedes Päckkönnen schon 500 Meter auf dem eigenen chen genau definiert ist. Werksgelände zum Problem werden. Bernd Klotz, Beispiel Schaltschränke: Der Transport dieser ElekGeschäftsführer des Freiburger Transport- & Logistiktroverteiler für Fabrik- und Werkshallen muss umsichdienstleisters Klotz GmbH, kennt so einen Fall. tig geplant werden. Immerhin geht es dabei um Fracht „Einer unserer Kunden hatte ein neues Außenlager mit einem Warenwert von rund 100 000 Euro – pro gebaut und stand plötzlich vor einem Problem: Wie Stück. „Wir holen die Stücke ab und liefern sie ans kommt das Material vom Lager zum Werk?“ Ein eigeZiel, ohne dass sich der Kunde um irgendetwas kümner Lastwagen lohnte sich für den Betrieb nicht. Die mern muss“, sagt Klotz. Das funktioniert nur, weil die Lösung lieferten die Logistikexperten. Für zwei bis Fahrer wissen, wie die empfindlichen Geräte geladen, drei Stunden täglich springt die Spedition nun als befestigt und transportiert werden müssen. „Bei eiDienstleister ein und übernimmt den Transport. Die nem Massenanbieter müsste der Kunde die Schaltübrige Zeit können Fahrzeug und Fahrer anderweitig schränke beispielsweise noch aufwändig verpacken. disponiert werden. Der Vorteil: Keine teuren StandDadurch würden ihm zusätzliche Kosten entstehen, zeiten für einen kaum genutzten Lastwagen, keine was den eventuell günstigeren Preis für den Transport zusätzlichen Personalkosten für das Unternehmen. wieder aufwiegt“, erklärt der GeUnd: Das Fahrzeug ist in Bezug auf schäftsführer. Technik und Ausstattung immer auf Neben Werkslogistik und den Didem neuesten Stand. „Das funktiorekttransporten ist der Regionalverniert wie beim carsharing“, erklärt kehr das dritte große Kompetenzder Geschäftsführer. Der Kunde feld der Firma. Lieferungen in die bucht genau das, was er braucht engen Gassen der Freiburger Innenund zahlt so keinen Cent zuviel. stadt gehören genauso dazu wie auf Ein weiterer Trumpf der Speditidie Höhen des Schwarzwalds. on Klotz ist die Organisation. TransDenn: „Bedarf an Logistik-Lösunporte von der Stange gibt es hier gen hat heute jedes Unternehmen“, nicht. „Wir setzen auf individuelle sagt Bernd Klotz. Lösungen aus einer Hand – bei uns Auf die Ausbildung kommt es an


Standort Freiburg • Politik

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Aus Ideen Produkte zu machen ist langjährige Puzzle-Arbeit, die viele nicht bezahlen wollen

Unfertiges Wissen Universitäten produzieren mehr Ideen als Produkte und lassen so viel Geld liegen. In Freiburg soll sich das jetzt ändern

P

rof. Dr. Bernhard Arnolds ist ein aufgeräumter Mann mit Hang zum Sarkasmus. Seit 20 Jahren ist er im Technologietransfer tätig. Der Chef der Zentralstelle für Forschungsförderung und Technologietransfer (ZFT) an der Uni Freiburg vergleicht sich und seine Arbeit schon lang nicht mehr mit nationaler Konkurrenz. „Da stehen

wir ja super da“, sagt Arnolds. Lieber schaut er über den Großen Teich in die USA. Zu den Unis Harvard, Stanford oder dem MIT. Das sind die Großen der Branche, die es schaffen, das Geld einzusammeln, um fertig zu forschen. „An deutschen Universitäten kommen wir in der Regel über die Grundlagenforschung nicht hinaus“, sagt Arnolds. Da-

mit lassen die Unis viel Geld liegen. Ideen bringen die Forscher an der Freiburger Elite-Uni zahlreich hervor. Mittlerweile hält man rund 1200 Patente. Das Gros kommt aus dem medizinischen Bereich. Allein 2008 kamen mehr als 50 Patente hinzu. Doch ein Patent bedeutet nicht, dass man ein Produkt hat, das man morgen auf den Markt bringen könnte. „Viele Ideen schaffen es gar nicht bis zum Proof of Principle.“ Doch erst dieser Funktionsbeweis bedeutet auf der Bonitätsskala den nächsten Schritt. Das leuchtet ein: Wer

eine Idee hat, wie man eine gängige Krankheit heilen kann, der findet vielleicht einen Abnehmer, der einem ein paar Tausend Euro dafür bezahlt. Hat man den Wirkstoff indes weiterentwickelt, ihn am Tier und sogar am Menschen getestet, so besitzt man eine Cash-Cow. Nur ein neuer Wirkstoff – und die Uni wäre finanziell saniert, könnte auf Jahre forschen, wonach sie wollte. Aber eine Idee zum Produkt zu machen, kostet mehrere Millionen Euro. Geld, das es vom Staat nicht gibt und das die Uni nicht übrig hat. Also sucht Ar-

Foto: istockphoto

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Politik • Standort Freiburg

nolds jetzt nach externen Geldgebern. „Wir müssen es schaffen, Investoren zu holen, die unsere Ideen unterstützen.“ Solche Ideenfabriken gibt es bereits. Die britische IP Group etwa fördert zehn Unis. Allerdings nur in England. Gerüchte, die Investmentgesellschaft wolle jetzt auch im Ausland tätig werden, speziell in Deutschland, lässt die IP Group auf Anfrage unkommentiert. Dass sich das Geschäft mit den Patenten lohnt, zeigen die Zahlen: Zuletzt erlöste die IP Group einen Jahresgewinn von rund 35 Millionen Euro. An den Erfolgen der Briten sind die Grundlagenforscher stets beteiligt. Anders sieht es bei der IP Bewertungs AG aus Hamburg aus, die offenkundig an einer Zusammenarbeit mit den Freiburgern interessiert ist. Nur übernehmen die Hamburger die Idee komplett und streichen dann auch die Erträge ein. „Das ist für uns auf Dauer natürlich weniger interessant“, sagt Arnolds.

Deutschlandweit liegt die Uni Freiburg mit ihrem Technologietransfer auf Platz zwei. Nur die TU Dresden ist besser. Laut Arnolds erzielt man aus der Patentverwertung jährlich bis zu siebenstellige Erlöse. „Das ist nicht schlecht,

patentrelevante Wissenschaftler von 90 Mitarbeitern bei der Transferstelle betreut. Freiburg bringt es auf 2400 patentrelevante Wissenschaftler, doch Arnolds’ ZFT ist nur mit drei Stellen bestückt. „Auch das Land hat mal versucht, eine

Harvard hat 90 Mitarbeiter für den Technologietransfer – Freiburg drei aber auch nicht wirklich gut. Es reicht einfach nicht.“ Und wieder geht sein Blick in die USA. Die Universität Harvard etwa hat einen eigenen InvestmentFonds, der aktuell mit vier Milliarden Dollar gefüllt ist. Sogar deutsche Unternehmen zahlen bereitwillig in den Fonds ein, in der Hoffnung, am Ende ein HarvardPatent zu erhalten. Eine Transfergesellschaft wie das ZFT gibt es auch in den USA, doch auch hier stimmt das Verhältnis nicht. In Harvard werden 3000

solche Institution einzuführen“, erinnert sich Arnolds. „Da saßen dann fünf Leute, die sich um 17 000 Forscher hätten kümmern sollen.“ Beim Versuch blieb es. Unis und Forschungsinstitute sind schon froh, wenn es ihnen dann und wann mal gelingt, eine Ausgründung in die Wege zu leiten. Das ZFT hat bislang 86 Firmen Geburtshilfe geleistet. „Davon hat nur eine nicht überlebt“, so Arnolds. Auch die Fraunhofer Institute werkeln kräftig daran, das Wissen

in die Wirtschaft zu bringen. „Im Kern haben sie aber das gleiche Problem wie wir“, sagt SzeneKenner Arnolds. Eine Erfolgsgeschichte ist Concentrix Solar. 2005 wurde das Unternehmen aus dem Fraunhofer ISE ausgegründet, dem größten nichtuniversitären Forschungsinstitut der Stadt. Die Vorarbeit zur Gründung betrug allerdings ein Jahrzehnt. Und als das Unternehmen dann entstand, gab es noch nicht mal einen Prototyp. „Der Mittelstand will von uns keine Ideen“, sagt Arnolds. „Er will Blaupausen und Prototypen. Dinge, die er in spätestens zwei Jahren auf den Markt werfen kann.“ Doch das ist die Ausnahme. Arnolds: „Wenn die Uni aufhören muss zu forschen, stehen in der Regel noch fünf Jahre Arbeit an.“ Philipp Peters

www.zft.uni-freiburg.de

Foto: Michael Wissing

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Unternehmen burger)(druck wurde 1987 von Herbert und Margret Burger in Buchholz gegründet und sitzt seit der Erweiterung 1997 in Waldkirch-Kollnau. Modernste Vorstufen- und Drucktechnik sowie ein hervorragend ausgebildetes Personal machen burger)(druck über weite Grenzen hinaus bekannt. Geleitet wird das Unternehmen seit einem Jahr von Dirk Burger, dem Sohn des Gründerpaars.

Kontakt burger)(druck GmbH August-Jeanmaire-Straße 20 79183 Waldkirch info@burger-druck.de www.burger-druck.de Telefon: 0 76 81/40 31-0 Telefax: 0 76 81/2 38 91

econo 3 / 2 0 0 9 · 6 . M ä r z 2009

Von Visitenkarte bis Buch: burger)(druck aus Waldkirch versteht sich als Komplettanbieter

D

Dirk Burger leitet das Familienunternehmen seit März 2008

Wie man vorne bleibt

irk Burger hat es nicht für die Baukonjunktur getan, nicht für sein Ego, sondern für den Kunden. „Um technisch permanent vorne mit dabei zu sein, muss man investieren“, sagt der Geschäftsführer von burger)(druck. Als der Spatenstich für die zusätzlichen 1000 Quadratmeter für Produktion, Versand und Logistik erfolgt ist, saß sein Vater Herbert noch mit am Ruder, der das Unternehmen gemeinsam mit seiner Frau Margret vor 22 Jahren gegründet hat. Heute ist burger)(druck eine Besonderheit unter den mittelständischen Druckereien. „Es gibt nur sehr wenige Druckereien, die das gesamte Produktspektrum – und zwar weit über den konventionellen Be-

reich hinaus – anbieten können. Wir gehören dazu“, so Burger. Hauptinvestition bei der jetzt abgeschlossenen Erweiterung war eine UV-Druckmaschine, die UV-Druck und Veredelung in einem Arbeitsgang ermöglich. „Das bietet uns einen wesentlichen Zeit- und Kostenvorteil.“ Davon profitieren die Kunden. Denn trotz der Flaute am Druckmarkt stemmt sich burger)(druck gegen die Krise. Neben dem umfassenden Produkt-Portfolio – Burger ist es egal, ob der Kunde eine Visitenkarte oder ein ganzes Buch wünscht – ist es vor allem die verlässliche Qualität, die im Wettbewerb den entscheidenden Vorteil bringt. Burger: „Unsere Kunden wollen nicht auf Qualität, Service und Verlässlichkeit verzichten. Das bieten wir.“


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