Ausgabe Nr. 40/2010
magazin Kompetenz. Und Gottvertrauen.
Beziehungslos – Orientierungslos – Haltlos – Auswirkungen auf Gesellschaft und Psyche
Die innere Heimatlosigkeit des modernen Menschen Einleitung
Seite
6
Der ganz normale Blödsinn
Therapiegrundlagen
Wertezerstörung durch negative Vorbilder und Idole
Das Körperbild als Dimension des sozialen Vergleiches
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Kompetenz. Und Gottvertrauen.
Psychotherapie, Psychiatrie, Psychosomatik. Auf christlicher Basis.
Blick aus Parkanlage der Fachklinik In der de’ignis-Fachklinik behandeln wir psychische und psychosomatische Erkrankungen, z. B. Depressionen, Ängste und Zwänge – sowohl stationär als auch ambulant. Grundsätzlich können die Kosten für eine Behandlung in unserer Klinik von allen Kostenträgern übernommen werden.
Bei unseren Präventionsangeboten steht die gesundheitliche Vorsorge im Mittelpunkt: Das Angebot reicht von individuellen Gesundheitswochen bis hin zu Kursen zur Stressbewältigung.
2 de’ignis-Fachklinik gGmbH auf christlicher Basis für Psychiatrie, Psychotherapie, Psychosomatik Walddorfer Straße 23 · 72227 Egenhausen · Telefon +49 (0) 74 53 93 91-0 · info@deignis.de
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20 Jahre Fachklinik
editorial
Liebe Leserinnen, lieber Leser, in Gesellschaft, Wirtschaft und Politik steht das Thema Glaubwürdigkeit und Vertrauen weltweit ganz oben. Eng damit verbunden sind die Fragen nach Beziehungsfähigkeit, Verbindlichkeit und die Suche nach Orientierung. Es gibt kaum eine Nachricht in den Medien, wo sich diese Inhalte nicht ablesen lassen. Bei der Frage der Beziehungsfähigkeit spielt die Glaubwürdigkeit und das Vertrauen eine wesentliche Rolle. Für ein erfülltes Leben ist es ein vorrangiges Ziel, in Beziehungen zu leben und zu wachsen. Dabei sehe ich drei Beziehungsebenen: • Der Mensch zu Gott • Der Mensch zu sich selbst • Von Mensch zu Mensch Wenn wir uns über Glaubwürdigkeit und authentisches Verhalten Gedanken machen, geht es um Vertrauen und um das Verhältnis zu sich selbst. Was bedeutet ein solches Verhältnis zu sich selbst und zu Gott, für das Leben derer, die sich ganz auf diese Beziehungsebenen einlassen? Daraus ergeben sich eine Reihe persönlicher Fragen: Worauf setzen Sie Ihr Vertrauen, wenn es um die Sicherung des Lebensunterhaltes und die Fragen der persönlichen Zukunft geht? Wie werden Sie mit den Sorgen und Ängsten des täglichen Lebens fertig? Wovon lassen Sie sich in Ihren Entscheidungen leiten, wie setzen Sie Ihre Prioritäten? Wie gehen Sie mit eigenem und fremdem Fehlverhalten um? Kurz: Wie gestalten Sie Ihr Verhältnis zu sich selbst aus ihrem Verhältnis zu Gott? Der letzte Hauptteil der Bergpredigt (Matthäus 6,19 – 7,11) spricht über diese Fragen. Es geht darin um die innere Freiheit gegenüber Besitz und Reichtum, um die Befreiung von Ängsten und Sorgen für sich selbst und um die Überwindung der Blindheit für eigenes Fehlverhalten. Wie kaum ein
anderer Teil der Bibel hat die Bergpredigt immer wieder Menschen fasziniert. Sie sahen darin nicht nur eine bewundernswert hoch stehende Ethik, sondern gewannen aus ihr auch grundsätzliche Leitlinien für das eigene Handeln und das Leben in der Gesellschaft. Die Radikalität praktischer Nächstenliebe und die als Zumutung erscheinende Forderung, Gewalt durch friedliche Zuwendung zu überwinden, haben immer wieder Menschen in ihren Bann geschlagen. Namen wie Leo Tolstoi, Mahatma Gandhi und Martin Luther King mögen als Beispiel für viele andere stehen. Die Direktheit der Forderung Jesu, seine Aufforderung zum absoluten Vertrauen und die Kritik an jeder zur Schau gestellten Frömmigkeit trafen das Christentum oft an einer empfindlichen Stelle. Die Überzeugung, dass das wörtliche Verständnis die Verheißung von Heil und Frieden in sich trägt, hat sich immer wieder durchgesetzt. Was aber sagt die Bergpredigt in ihrer Gesamtheit? Um das zu erkunden, und als Ergänzung zu den Artikeln unserer Autoren, möchte ich Ihnen empfehlen, die Bergpredigt (Matthäus 5 – 7) im Zusammenhang durchzulesen. Erst dann kann jeder für sich entscheiden, was die Bergpredigt uns sagen will. So wünschen wir Ihnen mit der neuen Magazinausgabe Freude und Gewinn für Ihre täglichen Herausforderungen und Fragen. Im Namen der Herausgeber,
Die Herausgeber: Claus Jürgen Hartmann Geschäftsführer, de’ignis-Fachklinik
Winfried Hahn Geschäftsführender Heimleiter, Sozialtherapeutisches de’ignis-Wohnheim
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inhaltsverzeichnis
S. 6
S. 25
Titelthema: Beziehungslos – orientierungslos – haltlos Auswirkungen auf Gesellschaft und Psyche TITELTHEMA
S. 6
Winfried Hahn
Die innere Heimatlosigkeit des modernen Menschen Einleitung
Peter Hahne
S. 8
Lieber „Lindenstraße“ als Nachbarschaft Haltlos ohne Wurzeln Manfred Lütz
S. 11 S. 13
Der ganz normale Blödsinn
Wertezerstörung durch negative Vorbilder und Idole Janina Eisele
Freundschaft per Mausklick –
Internetfreundschaften? Chancen und Gefahren in der Cyber-Welt Dipl. Psych. Rainer Oberbillig
S. 15 4
Personale und soziale Integrität
Eine förderliche und erstrebenswerte Tugend in Beziehungen
impressum
Redaktion: Rainer Oberbillig, Winfried Hahn, Claus J. Hartmann Layout, Gestaltung & Druckvorstufe: ART DESIGN Dipl.-Ing. Rainer Haas Tel. 07 11 48 23 31 · info@artdesign-stuttgart.de Grundlayout: JoussenKarliczek GmbH
S. 11
Druck: Gedruckt auf Luxosamt Offsetpapier von Henkel Druck, Stuttgart Auflage 16.000 Herausgeber:
ZUR DISKUSSION
Winfried Hahn
S. 22
Vertrauen und Vertrauensverlust in Kirchen und Gemeinden IMPULS
Dr. Gerhard Maier, Landesbischof i.R.
S. 25
Vergebung – eine vergessene Tugend in einer Kultur der Anklage THERAPIEGRUNDLAGEN
S. 27 S. 32 S. 38 S. 41
Dr. rer. nat. Achim Schubert Körperbild und Beziehung:
Das Körperbild als Dimension des sozialen Vergleiches Gilian Flügel
Hochsensibilität – Last oder Gabe Annemarie Wolf
Einen sicheren Ort finden und einnehmen Stabilisierungsübungen in der therapeutischen Praxis bei posttraumatischer Belastungsstörung DE’IGNIS AKTUELL
Termine · Berichte · Neues aus den Einrichtungen
de’ignis-Fachklinik gGmbH auf christlicher Basis für Psychiatrie – Psychotherapie – Psychosomatik Walddorfer Straße 23 72227 Egenhausen Telefon: 07453-9391- 0 Telefax: 07453-9391-193 E-Mail: info@deignis.de Volksbank Nordschwarzwald eG Konto 62 168 002 · BLZ 642 618 53 de’ignis-Wohnheim gGmbH – Haus Tabor zur außerklinischen psychiatrischen Betreuung Fred-Hahn-Straße 30 72514 Engelswies Telefon: 07575-92507-0 Telefax: 07575-92907-30 E-Mail: wohnheim@deignis.de Sparkasse Pfullendorf-Meßkirch Konto 105 338 · BLZ 690 516 20 de’ignis-Institut gGmbH für Psychotherapie und christlichen Glauben Markgrafenweg 17 72213 Altensteig Telefon: 07453-9494-0 Telefax: 07453-9494-96 E-Mail: institut@deignis.de Volksbank Nordschwarzwald eG Konto 66 624 002 · BLZ 642 618 53 Christliche Stiftung de’ignis-Polen Fred-Hahn-Straße 30 72514 Engelswies Telefon: 07575-92507-0 Telefax: 07575-92907-30 E-Mail: wohnheim@deignis.de Sparkasse Pforzheim Konto 7 26 05 12 · BLZ 666 500 85 Alle de’ignis Einrichtungen sind gemeinnützig und arbeiten überkonfessionell. Spendenbescheinigungen werden auf Wunsch gerne ausgestellt.
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Titelthema
Die innere Heimatlosigkeit des modernen Menschen
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ngststörungen und Depression – diese beiden Krankheitsbilder sind wie nie zuvor in einer rasanten Ausbreitung. Die Behandlung psychischer Krankheitsbilder ist zu einem der höchsten Kostenverursacher für die Krankenkassen geworden. Woher kommt es, dass der moderne Mensch, der sich gerne als selbstbewusst, souverän und autonom definiert, gerade für diese Krankheitsbilder so anfällig geworden ist? Ist es nicht die innere Heimatlosigkeit, die unsere Industrienationen prägt? Der kaum zu bremsende Mobilitätswahn unserer Gesellschaft hetzt die Menschen fast zu Tode. Man arbeitet nicht mehr da, wo man lebt, man lebt da, wo man Arbeit findet. Das bedeutet häufiger Wohnortwechsel: Verlust von Heimatgefühl, Freunden, liebgewordenen Gewohnheiten, letztlich immer wieder stattfindende Entwurzelung. Oft habe ich im Gespräch mit Eltern gehört: Seitdem wir umgezogen sind, hat unser Kind nicht mehr Fuß fassen können. In der neuen Schulklasse, mit den neuen Lehrern und anderen Veränderungen ist unser Kind nicht mehr zurechtgekommen. Es ist diese ständige Flexibilität, die in unserer Zeit den Menschen abverlangt wird, um erfolgreich zu sein. 6
von Winfried Hahn
Auch wird ständige Anpassung an Neuerungen im beruflichen Alltag verlangt, Software jagt Software. Kaum ist das eine Computerprogramm installiert und funktioniert endlich, kaum hat der Mitarbeiter gelernt, damit umzugehen, wird es schon wieder modifiziert, optimiert, … ersetzt – ständiger Wechsel, Anpassung an Neuerungen. Nichts bleibt, wie es war. Rasant das Tempo des Wandels. Wer mithalten will, muss ständig in Bewegung bleiben. Flexibilität und Mobilität – unabdingbare Voraussetzungen, um erfolgreich zu sein. Nur wer bereit ist, seinen Arbeitsplatz öfters zu wechseln und häufig umzuziehen, kann seine finanzielle Existenz langfristig sichern. Aber auch die familiären Bindungen werden lockerer und brüchiger. Fast jede zweite Ehe wird geschieden. Zurück bleiben verletzte, entmutigte Ehepartner, innerlich zerrissene, heimatlose Kinder. Wie schon ausgeführt, die Folge ist die rasante Zunahme von psychischen Erkrankungen. Alle 10 Jahre verdoppelt sich die Anzahl der Personen, die an Depressionen leiden. Ängste unterschiedlichster Art greifen um sich, Süchte breiten sich aus. Der innerlich heimatlos gewordene Mensch sucht verzweifelt nach Halt und Sicherheit. Dabei pfeifen es die Spatzen schon lange von den Dächern. Ständig gestresste Eltern,
Beziehungslos – orientierungslos – haltlos – Auswirkungen auf Gesellschaft und Psyche
Aber auch die weltanschauliche Pluralität bietet immer weniger Orientierung und trägt dadurch zur allgemeinen Verunsicherung bei. Auf wichtige, existenzielle Fragen gibt es kaum noch schlüssige Antworten. Wahrheit ist, was der Einzelne für richtig hält. Wahrheit, an der man sich orientieren kann, gültige Wahrheiten, die feste Orientierungspunkte sind, werden in Frage gestellt. Auch viele Kirchen verkünden das Evangelium nicht mehr als richtungs- und sinngebende Botschaft, sondern verstehen sich immer mehr als weltanschauliches Diskussionsforum. So gleicht die Situation vieler Menschen den Verhältnissen zur Zeit Jesu. In Matthäus 9, 36 lesen wir:
„Als er aber die Volksmengen sah, wurde er innerlich bewegt über sie, weil sie erschöpft und verschmachtet waren, wie Schafe, die keinen Hirten haben.“ Weiterführende Inhalte in dem Buch „Psychische Erkrankungen im Licht der Bibel“. SCM Hänssler, 2. Auflage 2009
ÜBER DEN AUTOR Winfried Hahn, Pastor und Pädagoge, Heimleiter de’ignis-Wohnheim – Haus Tabor, Vorsitzender der Christlichen Stiftung de’ignis-Polen.
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die von Leistungsdruck, Karrierestreben oder Existenzangst getrieben werden, können ihren Kindern nicht die geschützte Atmosphäre geben, die sie für eine gesunde Entwicklung brauchen. Die von John Bowly und Mary Ainsworth entwickelte und heute allseits anerkannte Bindungstheorie ist an dieser Stelle sehr eindeutig. Kinder brauchen für eine gesunde Entwicklung ein stabiles Umfeld, in dem mit Feinfühligkeit auf ihre Bedürfnisse nach Sicherheit und Schutz eingegangen wird. Bei Unwohlsein, Bedrohung, Schmerz und Angst brauchen sie feinfühlige Bezugspersonen, die ihnen Sicherheit und emotionale Beruhigung vermitteln können. Ansonsten ist es dem Kind nicht möglich, diese innere Sicherheit zu entwickeln, die durch die schützende Verbindung zum häuslichen Umfeld mit wenig Wechsel und liebevoller Begleitung, vor allem durch die Mutter, entsteht. Das bedeutet, dass das Kind sichere Bindungen braucht, um in seinen frühen Explorationsversuchen (Erkundung seiner Umwelt) durch feinfühlige Zuwendung (Blickkontakt, Ermutigung etc.) sich geschützt zu fühlen. Diese frühkindlichen Bindungserfahrungen werden dann zu überdauernden, ins Erwachsenenalter hineinreichenden Bindungsschemata. Die Mutter-Kind-Interaktion zeigt also die Tendenz zur Generalisierung. Sind für das Kind keine oder nur wenig sichere Bindungen erlebbar, können langfristige, psychopathologische Entwicklungen wie die Neigung zu Angststörungen, Depressionen, Borderlinestörungen, Abhängigkeitserkrankungen etc. die Folge sein. Deshalb ist es für eine gesunde psychische Entwicklung unserer Kinder von großer Bedeutung, dass sie ein stabiles Umfeld mit möglichst wenigen Trennungserfahrungen von ihren Eltern erleben. Nur so entsteht das Gefühl, eine innere Heimat zu haben.
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Titelthema
Lieber „Lindenstraße“ als Nachbarschaft
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n unserer gleichgültigen Zuschauergesellschaft haben viele vor lauter Fernsehen die Nahsicht verloren. Viele kennen sich in der „Lindenstraße“ besser aus als in ihrer eigenen Nachbarschaft. Und mit Fernsehen meine ich auch das typisch deutsche Phänomen einer umgedeuteten „Weitsicht“: Je weiter der Gegenstand der Empörung entfernt ist, um so intensiver und engagierter unser Einsatz. Manche sind für Länder auf die Straße gegangen, deren Lage sie auf Anhieb auf dem Globus kaum hätten lokalisieren können. Fernsehend sehen viele weg von den Problemen der engsten Umgebung in Familie, Nachbarschaft und am Arbeitsplatz. Vor lauter Fernsehen bekommt die Menschlichkeit das Nachsehen. Auch das ist 8
von Peter Hahne
ein Preis der Globalisierung: Was früher fern war, ist heute nahe. Das Nahe ist uns dabei allerdings fern geworden. Veränderte Wertvorstellungen sind die Folge. Es entwickelt sich eine fatale Gesellschaft der gleichgültigen Weg-Seher, die selbst bei Gewalt und Randale nicht einschreitet, höchstens Mal die Polizei ruft. Ex-ZDFChef Dieter Stolte nahm als Beispiel den 01. Mai 2001 in Berlin-Kreuzberg: „Droben auf den Balkonen haben die Anwohner das alljährliche Spektakel in durchaus heiterer Gelassenheit erlebt, als Reality-Show außerhalb des Fernsehens“. Inwieweit, so fragte er, können wir Journalisten dazu beitragen, der gesellschaftspolitischen Rat- und Orientierungslosigkeit abzuhelfen?
Beziehungslos – orientierungslos – haltlos – Auswirkungen auf Gesellschaft und Psyche
Von der Friedensnobelpreisträgerin Mutter Teresa stammt der Satz: „Das Schlimmste sind nicht Pest und Cholera. Das Schlimmste ist, von niemandem beachtet und geliebt zu werden.“ Auf die beliebte Fragenbogenfrage, was er sich als Kind immer gewünscht und nie bekommen habe, antwortet der Sänger und Moderator Björn Casapietra kurz und bündig: „Eltern, die da sind.“ In einem seiner Dramen schildert der Existenzialist und Atheist Jean-Paul Sartre den letzten Weg der zum Tode Verurteilten. Da sagt einer: „Ich wäre so gerne für jemanden nicht überflüssig gewesen.“ Viele, vor allem junge Leute, fühlen sich heute überflüssig und nicht gebraucht. Und viele machen sich selbst leider überflüssig, indem sie sich ins Private zurückziehen. Nicht erst die folgenreiche Krise des Ehrenamtes macht erschreckend deutlich: Immer mehr Menschen haben sich auf die Tribüne zurückgezogen und beobachten aus der Distanz ihres wohligen Logenplatzes die wenigen, die sich noch auf dem Spielfeld abrackern. Und das sind meist dieselben, die sich in Politik und Gesellschaft, in Wirtschaft und Kirche engagieren, im Elternbeirat, im Sportverein, im Betriebsrat, im Arbeitgeberverband. In einigen Regionen, zum Beispiel in Brandenburg, sind verfassungsmäßige Kommunalwahlen gefährdet, weil sich nicht genug
Kandidaten finden. Dabei ist Politik nichts anderes als Dienst am Menschen, deshalb heißen die Minister auch Minister (lat.: Diener). Aber wer will noch dienen … „Viele junge Leute lernen in der Schule die Grundrechte, aber von den Pflichten jedes Menschen und von seiner Verantwortung ist selten die Rede“ (Helmut Schmidt). Weil wir alles wohl geordnet haben, sitzen auf der Tribüne meist die Schiedsrichter, die alles besser wissen und denen da unten schon sagen, wie dumm sie das machen und wie was anders ginge. Geordnet wie beim Fußball: Wird die Nationalmannschaft Vizeweltmeister, dann sind wir es. Fliegt Völlers Elf jedoch in der Vorrunde raus, dann muss Rudi gehen. So haben wir inzwischen unsere ganze Gesellschaft geordnet und wundern uns, dass niemand mehr Verantwortung übernehmen will. Die peinliche Suche nach einem Bundestrainer für unsere bei der EM in Portugal so früh ausgeschiedene Nationalelf ist ein Paradebeispiel. Als sei es eine Beleidigung für bestbezahlte Experten, für den Fußball der Nation Deutschland Verantwortung zu übernehmen. Was wir brauchen, sind keine Schiedsrichter, sondern Stürmer. Menschen, die sich aufs Spielfeld trauen, die die Ärmel hochkrempeln und sich einmischen. Wir brauchen Hoffnungsträger, keine Bedenkenträger. Leute mit Visionen und Perspektiven. Leute, auf die man sich verlassen kann. Wir brauchen keine Angst- und Panikmacher, keine Miesmacher, sondern Mutmacher. Dieses Land hat genug Gestalten, es braucht Gestalter. Das sind übrigens auch Menschen, die einer der beiden Gründungsväter der Volksbanken, Friedrich Wilhelm Raiffeisen, Ende des 19. Jahrhunderts im Blick hatte, als er einen neuen Streit statt des üblichen Parteigetriebes forderte: „Ein Wettstreit dahingehend, wer in der Nächstenliebe am segensreichsten wirkt.“ Aus diesen christlichpietistischen Wurzeln entstand die geniale Raiffeisen’sche Genossenschaftsbewegung. (Peter Hahne, Schluss mit lustig, S. 105 – 109)
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Titelthema
Haltlos ohne Wurzeln
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ie in Düsseldorf erscheinende „Wirtschaftswoche“ schrieb: „Die Menschen in Deutschland waren noch nie reicher als heute. Sie waren aber auch noch nie wurzelloser.“ Ein Problem, das inzwischen nämlich auch die Unternehmen eingeholt hat. Visionen, Strategien und Corporate Identity sind als Tipps kostspieliger Berater so lange leere Worthülsen, als sie nicht getragen werden von einem verbindlichen und verbindenden Wertebewusstsein der Belegschaft. Das beginnt mit Pünktlichkeit und Ehrlichkeit und geht bis zum Sozialverhalten. Wie über-lebens-wichtig Wurzeln sind, zeigt uns die Pflanzenwelt. Je tiefer das Wurzelwerk, desto leichter sind Energiekrisen (wie die des heißen Sommers 2003) zu überstehen. Umso schwerer können einen (Alltags-) Stürme niederlegen, weil fester Halt vorhanden ist. Doch was in diesem Bild meist übersehen wird: je tiefer die Wurzeln, desto weniger kann man umgetopft werden. Und genau hier erweist sich unsere Gegenwart als Zeit ohne Wurzeln. Die Leute lassen sich (vor-)schnell überallhin mitnehmen. Jeder gerade aktuellen Modemeinung wird gefolgt. Der Zeitgeist, geprägt von Demoskopie und dem, was gerade „in“ ist, gibt den Ton an. Die Halbwertzeit unserer Lebensausrichtung wird immer kürzer. Ohne feste Verwurzelung sind wir dem Wind jeder Tagesparole ausgeliefert. Wer sich dauernd „verpflanzen“ lässt, bleibt letztlich ohne festen Standpunkt. Wir leben in einer Umtopfgesellschaft, die die Proklamation fester Werte unter Fundamentalismusverdacht stellt. Hier ist zum Beispiel der entschlossene Mut entschiedener Christen gefragt. Sie müssen die Konfrontation mit dem Zeitgeist und seiner Kultur aufnehmen und nicht die Phrasen der Trendpropheten nachbeten. Das erfordert einen kompromisslos-radikalen, an der Bibel orientierten Lebensstil. Nur so können Christen zur Erneuerung unserer Gesellschaft beitragen. Wer jedoch seine Identität und seine Widerstandskraft (mangels Wurzelwerk) verloren hat, der steht angepasst und einflusslos am Rand der Gesellschaft. Eine solche Kirche wäre eine selbst säkularisierte Subkultur, die ein unbeachtetes Nischendasein fristet und nur dann interessant ist, wenn es Spaß macht. Doch nur Konstantes hat Konjunktur. „Ein GlaubensSupermarkt mit schnellen Wechseln und unzähligen Kombinationen“ (Trendforscher Matthias Horx) wirkt nur auf den ersten Blick attraktiv, nach dem Motto: Bedient euch, auf dass ihr selig werdet. Auch hier sieht man mit dem zweiten besser: Zum Schluss zählt nur das Echte. Kurzzeitreligionen können weder das Wertevakuum nachhaltig füllen noch die nötigen Sicherheiten bieten.
Selbst christlich verbrämte Modeströmungen mit immer kleineren Halbwertzeiten überzeugen den kritischen Zeitgenossen nicht mehr. Die Kirchen muss es herausfordern, dass immer weniger Menschen ihre Lebensfragen an sie stellen. Eindeutigkeit ist gefragt. Christen haben etwas zu sagen, wenn sie Christus das Sagen überlassen. Gebote dürfen im Warenkorb unserer pluralistischen KaufhausGesellschaft nicht zu Angeboten verkommen. Wenn alles Wahrheit ist, ist nichts mehr Wahrheit.
Spiegel Bestseller 2008 Auszug aus dem Buch von Peter Hahne, Schluss mit lustig – Das Ende der Spaßgesellschaft, Johannis Verlag, 83. Auflage 2009, S. 52 – 54 und S. 105 – 109.
ÜBER DEN AUTOR Peter Hahne ist Diplomtheologe, Hörfunkmoderator, Fernseh- und Buchautor. Er arbeitet in der Hauptredaktion „Aktuelles“ des ZDF, wo er als Moderator und Redakteur des „heute-journal“ und der Nachrichtensendung „heute“ tätig ist. Hahne ist stellvertretender Leiter des ZDF-Hauptstadtstudios in Berlin, außerdem Kolumnist der Bild am Sonntag. Bis Oktober 2009 Mitglied des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD).
Beziehungslos – orientierungslos – haltlos – Auswirkungen auf Gesellschaft und Psyche
Der ganz normale Blödsinn Wertezerstörung durch negative Vorbilder und Idole
von Manfred Lütz
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ieter Bohlen ist ein mäßig begabter Musiker, der sich gern Pop-Titan nennen lässt. Wie kaum ein anderer hat er die Medien für sich eingespannt. Seine Autobiografie, in der er vor allem von Aktivitäten seiner unteren Körperhälfte berichtet, wurde vor Jahren ein Bestseller. In so genannten Casting-Shows glänzt er vor dem Publikum mit, darauf legt er Wert, von ihm selbst erfundenen Unflätigkeiten. Die gießt er über schlicht begabte Gemüter aus, die es für den Höhepunkt ihres irdischen Daseins halten, einmal im Fernsehen zu sein – und sich dann bis auf die Knochen blamieren zu können. Gnadenlos zieht Dieter Bohlen mit menschenverachtenden Sprüchen über seine Opfer her und verdient sich dabei dumm und dämlich. Immerhin ist Dieter dadurch von der Straße und langweilt sich nicht in einer Welt zu Tode, in der es so ein Prachtexemplar wie ihn nur einmal gibt. Schließlich ist das der einzige Mensch, für den er sich wirklich interessiert. Was ist das Geheimnis des Dieter Bohlen? Dieter Bohlen vermarktet sich selbst als Produkt. So hat er aus dem, was man eine schwere Beziehungsbehinderung nennen könnte, einen durchschlagenden Werbegag gemacht. Dieter Bohlen hätte jedenfalls eigentlich das Zeug für einen richtig tragischen Fall. Er hält Frauenbeziehungen nur wenige Jahre durch. Dann ist der Titan entweder bei seinen Partnerinnen so sehr auf Normalmaß
geschrumpft, dass sie nicht mehr die Bewunderung für ihn aufbringen, die der Titan für einzig angemessen hält, oder der Hautbefund seiner Lebensabschnittsgefährtinnen hat sich bedenklich verändert oder irgendeine andere Katastrophe ist eingetreten. Jedenfalls muss Dieter dann dringend wechseln. Er meldet das dramatische Ende regelmäßig in der Boulevard-Presse. Und wenig später wird dann „die Neue“ vorgestellt. Auch in der Presse. Die Neue sieht meistens ziemlich genauso aus wie die Alte und wenn das nicht so ist, muss sie sich vermutlich bald umarbeiten lassen. Dieter Bohlen ist dann glücklich, was er auch ausführlich berichtet – bis es wieder so weit ist. Um die Dramatik dieser Live-Soaps etwas zu erhöhen, wird schon mal die Reihenfolge verändert. Er lässt, wie es aussieht, zuerst die Neue in der Klatsch-Presse melden und macht dann erst mit der Alten Schluss. Das ist zwar für die Alte misslich, aber sie ist dann wenigstens vollständig im Bilde, wenn Dieter Bohlen ihr eröffnet, dass sie nun die Alte ist. Mitleid kommt da kaum auf, denn nichtentmündigte Frauen wissen schließlich, worauf sie sich beim Titan einlassen. Keiner meiner Patienten ist so abgedreht wie Dieter Bohlen und keine meiner Patientinnen so naiv wie seine Gespielinnen. Dennoch, so verrückt das Ganze auch ist, weder Dieter Bohlen selbst noch seine Alten/Neuen hätten die Chance, in der Psychiatrie behandelt zu werden. 11
Titelthema
Dieter Bohlen erfreut sich nach Lage der Dinge praller körperlicher und seelischer Gesundheit. So sehr Sie sich dagegen sträuben, lieber Leser: Dieter Bohlen ist normal. Wer wird da noch meine These bestreiten, dass unser Problem nicht die psychisch Kranken sind. An diesem Beispiel von ganz normalem Blödsinn zeigt sich nur umso drastischer: Unser Problem sind die Normalen. Dieter Bohlen ist kein Einzelfall. Er ist auch keine Erstausgabe. Schon vor ihm gab es in unseren Breitengraden einen Gunter Sachs. Der machte im Wirtschaftswunderzeitalter klar, dass man nichts können muss, um viel Geld auszugeben. Sein Beruf war Erbe-Sein, und er lebte diese Berufung öffentlich mit aller Hingabe aus. Irgendwelche auch nur annähernd geistreiche Bemerkungen sind von ihm nicht überliefert. In unseren Tagen hat Boris Becker eine hervorragende Koordination des rechten Armes mit beiden Beinen bewiesen. Mit dieser Fähigkeit hat er als Tennisspieler viel Geld verdient. Dagegen ist nichts zu sagen. Doch dass man aus der Fähigkeit, bestimmte Muskelgruppen effektiv zu koordinieren, schließt, dieser Mann könne dann gewiss auch kluge Lebensweisheiten von sich geben, ist ein merkwürdiger Fehlschluss. Man weiß nicht genau, ob man für den so produzierten ganz normalen Blödsinn diejenigen verantwortlich machen soll, die ausdauernd solche Fragen stellen, oder Boris Becker selbst, der keiner Kamera und keinem Mikrofon ausweicht. Weder bei Gunter Sachs noch bei Boris Becker wäre durch eine psychiatrische Behandlung Besserung zu erzielen. Es fehlt dafür nämlich die entscheidende Voraussetzung. Sie sind nicht krank. Ganz im Gegenteil, sie sind erschreckenderweise berstend normal. In Amerika ist von gleichem Kaliber eine gewisse Paris Hilton. Die reiche Hotelerbin hat sich entschlossen, ein Leben im Rampenlicht zu führen. Für jeden Blödsinn scheint sie zu haben zu sein. Ihre Fehlverhaltensweisen wurden neulich zu Recht mit Sozialstunden geahndet. Auch das Supermodel Naomi Campbell wird bisweilen sozial auffällig, wenn sie Telefone und Gläser gezielt auf ihre Hausangestellten wirft. Auch sie geht dann zum allgemeinen Vergnügen und mit großer Medienaufmerksamkeit ein paar Stunden sozial putzen. Völlig verrückt, sollte man meinen. Doch all diese selbstverliebten Stars sind nicht krank. Sie leiden nicht an ihrem offensichtlichen Narzissmus. Sie machen Geschäfte damit. Sie bieten sich mit all ihrer Egozentrik als Vorbilder an. Damit ruinieren sie zwar auf Dauer die sozialen Standards unserer Gesellschaften, aber das stört sie nicht weiter. Denn der ganz normale Blödsinn, den sie tagaus tagein produzieren, verkauft sich prachtvoll. Keine meiner Patientinnen hat sich jemals so dämlich und verantwortungslos benommen wie diese Partyladys. 12
Dennoch, behandlungsbedürftig sind Frau Hilton undFrau Campbell jedenfalls nicht. Alles völlig normal. Unterdessen hat sich der ganz normale Blödsinn zu einem eigenen Berufszweig entwickelt. Comedy heißt das Gewerbe und da werden ziemlich mühsame Witze im Fernsehen gewöhnlich mit woanders aufgezeichnetem Publikumsbeifall zusammengeschnitten. Comedy hat mit Humor nichts zu tun, Comedy rechnet mit Rudelreaktionen. Man macht sich einfach über alles lustig. Jede noch so entfernte witzfreie Assoziation mit den Geschlechtsorganen löst wieherndes Gelächter aus. Das Niveau liegt irgendwo zwischen spätem Kindergarten und früher Pubertät. Saublöde Witzfiguren rennen atemlos durch eine Dekoration, die verdächtig nach Kindergeburtstag aussieht. Gegen eine solch elende Quälerei erscheint das Zwangslachen bei Mittelhirnkrankheiten geradezu als Wohltat. Die Witze eines hinreißenden Manikers sind allemal geistreicher als solche abgefahrenen Witzmüllhalden. Der ganz normale Comedy-Blödsinn gefährdet inzwischen nachhaltig den guten Geschmack. Doch behandeln kann man das nicht. Dieser ganz normale Blödsinn ist bedauerlicherweise völlig normal. Genehmigter Abdruck aus dem Buch von Manfred Lütz „Irre! Wir behandeln die Falschen“. Eine heitere Seelenkunde. Gütersloh, 14. Auflage 2010; S. 14 – 17
ÜBER DEN AUTOR Dr. med. Dipl. theol. Manfred Lütz, geboren 1954, ist Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie, Nervenarzt und Theologe. Er studierte Humanmedizin, Philosophie und katholische Theologie in Bonn und Rom. Seit 1997 ist er Chefarzt des AlexianerKrankenhauses in Köln, einem Fachkrankenhaus für Psychiatrie, Psychotherapie und Neurologie mit Versorgungsverpflichtung für den Kölner Süden. Bekannt wurde er durch verschiedene Bestseller, darunter „Lebenslust – Wider die Diätsadisten, den Gesundheitswahn und den Fitness-Kult“ (2002) und „Gott – Eine kleine Geschichte des Größten“ (2007), wofür er den internationalen Corine-Buchpreis 2008 erhielt.
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Beziehungslos – orientierungslos – haltlos – Auswirkungen auf Gesellschaft und Psyche
Freundschaft per Mausklick – Internetfreundschaften? Chancen und Gefahren in der Cyber-Welt
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igentlich wollte sie doch nur 15 Freunde einladen – doch am Ende hatte eine 14-jährige Nutzerin des Online-Netzwerkes Facebook in England 21.000 Zusagen für ihre Geburtstagsparty bekommen, vermeldete die Deutsche Presse Agentur (dpa) erst neulich. Wie dieser bemitleidenswerte Teenager zum Opfer des Internets wurde, erinnert doch fatal an Goethes Zauberlehrling: „Die ich rief, die Geister/Werd’ ich nun nicht los“. Damit rührte die Geschichte doch gar zu schön an der Urangst, dass Technik, Fortschritt und jetzt auch noch das Internet uns alle bald wie eine Woge überrollen könnten. Harald Schuster, Vorsitzender und Jugendtrainer des Volleyballvereins USC Konstanz, außerdem Vizepräsident Sport im Südbadischen Volleyballverband, hat vielfach Erfahrungen mit Sozialen Netzwerken gemacht und seine Schlüsse daraus gezogen: „Wir dürfen die Inter-
von JANINA EISELE
netforen nicht verteufeln, wir müssen Kompetenzen im Umgang mit ihnen schulen“. Er nennt ein Beispiel. Nach dem Spiel diskutiert die Mannschaft, wer für das schlechte Abschneiden in den vorherigen Spielen verantwortlich war. Das ist leider nicht unüblich, so etwas passiert in der Kabine oder im Mannschaftsbus schon mal. Doch hier wurde die Diskussion im Netz weitergetragen. Dabei, so Schuster, griff nun aber ein ganz anderer Mechanismus: „In Chats und Foren sind leicht Dinge geschrieben, die so von Angesicht zu Angesicht niemals gesagt werden würden“. Aus der unbedachten Äußerung im Netz entstand schlussendlich ein Problem, das beinahe die Mannschaft gesprengt hätte. Seine Aufgabe war es, das Mobbing im Netz auf den realen Tisch zu bringen. Seine Erzählung ist erschütternd, weil der Verursacherin des kleinen Dramas so offensichtlich überhaupt nicht klar war, welche Folgen der Eintrag im Netz haben würde und wie verletzend 13
Titelthema
Natalja Lotocka/123rf.com
sie sich damit gegenüber einer Mannschaftskameradin verhalten hat. Einmal gegenübergestellt brachen beide Mädchen, Opfer wie Täterin, in Tränen aus. Vergangene Woche startete in Deutschland der Kinofilm „Social Network“ über den Facebook-Gründer Mark Zuckerberg. Der Film findet seine eigene Antwort auf den Wert von Freundschaften. Zum einen zeigt er, wie ein komplett unsozial eingestellter Mensch mit einem sozialen Netzwerk Milliarden Dollars scheffelt. Zum anderen aber präsentiert er in Zuckerberg auch eine traurige Figur, die mit ihren Freunden nur noch vor Gericht kommuniziert. Facebook gilt mit weltweit etwa 500 Millionen Nutzern als das größte virtuelle Netzwerk. Daneben tummeln sich Menschen im virtuellen Raum auch über SchülerVZ, StudiVZ und andere Netze. Laut einer Studie der Landesanstalt für Medien Nordrhein-Westfalen nutzen knapp 70 % der 12 –24-jährigen mehrmals pro Woche die sozialen Medien. Bezahlt wird mit persönlichen Daten, die mit dem Akzeptieren der Geschäftsbedingungen oft zur Weiterverwendung freigegeben sind. Freundschaften im Internet schließt man per Mausklick, zum Beispiel aufgrund ähnlicher Interessen. Diese Freundschaften erfüllen in den seltensten Fällen jene Kriterien, wie sie der Brockhaus für eine Freundschaft definiert. Das Lexikon spricht von „Partnern, die durch gegenseitige Anziehung und persönlichkeitsbezogene Vertrautheit“ verbunden sind. Das Verhältnis sei „durch Achtung bestimmt“ und könne „Hilfs- und Opferbereitschaft und freiwillige Verantwortung für den anderen einschließen“. Von einer solchen Freundschaft kann im Netz schon deshalb keine Rede sein, weil sich die Mausklick-Freunde bisweilen persönlich gar nicht kennen. Für manche Nutzer 14
liegt der Reiz darin, im Netz besonders viele Freunde zu sammeln, um damit an Renommee zu gewinnen. Doch wie viele Freundschaften kann ein Mensch überhaupt pflegen? Solche, wie sie der Brockhaus definiert, wohl kaum mehr als eine Handvoll. Der britische Anthropologe Robin Dunbar fand allerdings vor etwa 30 Jahren die Antwort auf diese Frage in der Zahl 150. Er machte sein Ergebnis an den Gehirnen von Säugetieren fest und an den Gruppengrößen, in denen diese gewöhnlich leben. Über 100 Freundschaften zu pflegen, dahinter steckt viel Mühe, wenn es nicht nur darum geht, gemeinsam den besten Weidegrund zu finden. Manchmal geht es auch überhaupt nicht um mehr. Zweckgemeinschaften oder Kollegen, die zu Kumpels werden, sind wichtig für das soziale Zusammenleben – warum also soll es solche Bündnisse nicht auch im Netz geben? Gerade das Internet kann die Freundschaftspflege vereinfachen. Aber sie folgen wie jede soziale Interaktionsbestimmten Regeln des Zusammenlebens. Harald Schuster predigt seine Quintessenz während des Volleyballtrainings immer wieder: „Niemals etwas wiedergeben, was man nicht selbst über sich wiedergegeben finden möchte und gegenseitiger Respekt – so altmodisch das klingen mag.“
Artikel von Janina Eisele, erschienen im Südkurier am 16.10.2010 unter dem Titel „Echte Freunde oder vage Bekannte?“
Beziehungslos – orientierungslos – haltlos – Auswirkungen auf Gesellschaft und Psyche
Personale und soziale Integrität Eine förderliche und erstrebenswerte Tugend in Beziehungen VON DIPL. PSYCH. RAINER OBERBILLIG
In meinem Beitrag – zum eigenen Nachsinnen/ nachspüren – möchte ich die Persönlichkeitseigenschaft oder Tugend der Integrität eines Menschen von verschiedenen Seiten her beleuchten.
1.
Die Bedeutungsvielfalt der „Tugend“ Integrität aus humanistischer Perspektive
Illustration udo-buffler.de
Einige Definitionsversuche1 zeigen, dass es sich hier um einen zusammen gesetzten Begriff handelt, der behutsam umschrieben werden muss, um seine Bedeutung zu verstehen:
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„Ein integrer Mensch ist und bleibt sich treu – das macht ihn zu einer Autorität, einer starken Führungskraft, die andere auch anleiten kann, und auf die die Beteiligten, Mitarbeiter wie Topmanagement, sich verlassen können.“2 Integrität ist eine ethische Forderung des philosophischen Humanismus, nämlich die Übereinstimmung zwischen idealistischen Werten und der tatsächlichen Lebenspraxis, nicht in jedem kleinen Detail, aber im Ganzen. Persönliche Integrität ist die fortwährend aufrecht erhaltene Übereinstimmung des persönlichen, an einer
www.wikipedia.de http://www.pbueche.de/wp/wp-content/uploads/Integritaet_christlicher_Wert_Fuehrungskraefte_Diplomarbeit_Peter_Bueche.htm
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Peter Büche – Integrität als christlicher Wert für Führungskräfte in Wirtschaftsunternehmen. Diplomarbeit. Katholische Fachhochschule Freiburg
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humanistischen Ethik ausgerichteten Wertesystems mit dem eigenen Handeln. Gesellschaftlich deuten folgende Eigenschaften auf eine integre Persönlichkeit hin: Aufrichtigkeit, Humanismus, Gerechtigkeitsstreben, Vertrauenswürdigkeit, Zivilcourage. Ein integrer Mensch lebt in dem Bewusstsein, dass sich seine persönlichen Überzeugungen, Maßstäbe und Wertvorstellungen in seinem Verhalten ausdrücken. Persönliche Integrität ist als Treue zu sich selbst umschrieben worden. Das Gegenteil von integer ist korrumpierbar, also sich in seinem Verhalten nicht von inneren Werten und Prinzipien, sondern von äußeren Drohungen und Verlockungen leiten zu lassen. … Der Begriff findet Verwendung vor allem dann, wenn darauf hingewiesen werden soll, dass die Persönlichkeit eines Menschen, seine Ganzheit und Unversehrtheit ein zerbrechliches Gut ist und gegen Angriffe von außen geschützt werden muss. Neben dieser Verwendung gibt es
eine zweite Bedeutungsrichtung. Die Aussage über einzelne Menschen – sie seien „integer“ – meint, dass diese Personen „unbestechlich“ sind und über „feste, tief verankerte, positive Werte“ verfügen, zu denen sie stehen und von denen sie sich nicht abbringen lassen.“ In seiner Diplomarbeit „Integrität als christlicher Wert für Führungskräfte in Wirtschaftsunternehmen“3 beschreibt Peter Büche die Schwierigkeit, das aus dem Lateinischen kommende Wort Integrität nicht einfach mit einem Wort ins Deutsche übersetzen zu können: „ … besäße eine Person dann Integrität, wenn sie Selbsttreue, Rechtschaffenheit, Integriertheit und insgesamt Ganzheit erfährt bzw. wenn ihr von außen Unbestechlichkeit, Unbescholtenheit, Kohärenz und Unversehrtheit attestiert werden können“. Dabei wurde der Gegner mit der Lanze aus dem Sattel gestochen und fiel dadurch, meist verletzt, zu Boden. Eine Person, die „bestechlich“ war, zeigte sich verletzlich, womöglich in Lebensgefahr. Eine Person, die sich jedoch nichts hatte zuschulden kommen lassen, war unbestechlich, wurde der Gefahr des Turnierkampfs und der Verletzung nicht ausgesetzt – sie blieb unversehrt. Nach diesen definitorischen Erwägungen kann davon ausgegangen werden, dass eine Person, die heute (in der Außensicht ihrer sozialen Umgebung) als integere Person gilt, sich selbst treu ist, als unbestechlich gilt und aufgrund ihrer moralischen Makellosigkeit unbescholten ist.
Beziehungslos – orientierungslos – haltlos – Auswirkungen auf Gesellschaft und Psyche
2.
Die Sehnsucht, den Verlust einer Ganzheit ungeschehen zu machen
Auf diesen Sachverhalt weist P. Büche hin: „damit etwas integriert werden kann, muss es nämlich zuvor gewissermaßen tegriert, d. h. entzweit (durchbohrt, in 2 Teile aufgespießt oder gestochen) gewesen sein … Der Wunsch des „zersplitterten Subjekts“ nach Ganzheit bringe eine „normative Einheit in der Vielheit soziakritischer Bemühungen“4 hervor: das Begehren nach Intaktheit und Unversehrtheit menschlicher Selbst- und Weltverhältnisse.“ An dieser Stelle, so gemäß A. Pollmann5, wo dieses Begehren mit Leben gefüllt werden soll, wird immer öfter „der äußerst suggestive Begriff Integrität herbeizitiert“. Pollmann unterscheidet dabei 4 Dimensionen von Integrität, die getrennt dargestellt werden: in der Innenperspektive, bei der eine Person sich selbst Integrität zuschreibt, ob sie integer ist oder nicht und der Außenperspektive, der „Fremdzuschreibung“. Nach Auffassung des Autors gilt: „Ob eine Person selbst glaubt, Integrität zu besitzen, ist von der Frage, ob auch andere ihr dies attestieren würden, relativ unabhängig … Um sagen zu können, wann Integrität vorhanden ist, ist es hilfreich zu wissen, wann sie eingebüßt wird (negativ)“. (siehe Abb. 1) Verschiedene Aussagen fallen mir besonders ins’ Auge: Es besteht eine Sehnsucht im Menschen nach Intaktheit (Unberührtheit, Ungestörtheit, nicht in Unordnung befindlich), nach Unversehrtheit, sich nichts zuschulden kommen zu lassen. Ein Mensch möchte sich womöglich der Selbstsuggestion der Unverletzlichkeit hingeben, nicht „gestochen“ werden zu können bzw. er will im nega-
tiven Sinn „nicht Angst“ haben müssen „kein unbescholtener Bürger mehr sein zu können“. (etwa bei Eintragung im Vorstrafen Register) Von den sprachlichen Redewendungen her könnten wir hier auch von einer humanen Motivationsstruktur „Moralische Vermeidung sozialer Beschämung“ beim Streben nach Integrität sprechen: Ich will nicht blamiert werden, mir nicht nachsagen lassen müssen, ich sei bestechlich oder mir nicht selbst treu, ich sei nicht kohärent in Wertorientierung und Handeln, sei eine nicht integrierte Persönlichkeit, nicht ganz, nicht mehr unversehrt. (z. B. die Bedeutung der Jungfräulichkeit oder Unversehrtheit des Hymens bei Muslima) Natürlich haben wir jetzt stark den sozialpsychologischen Aspekt betont, die Frage „wie komme ich in meiner sozialen Umgebung an, was wird mir von wichtigen Bezugspersonen attestiert?“ Eine negative Außenwahrnehmung oder negative Fremdzuschreibung wie etwa bestechlich zu sein „der hängt sein Fähnlein nach dem Wind“ will wohl niemand zu hören bekommen. Wenn die Selbstreferenz/Selbstzuschreibung von Integrität laut Pollmann als relativ unabhängig von der Außenwahrnehmung betrachtet werden kann, dann vermögen korrigierende Wahrnehmungen meines sozialen Umfeldes mich in meiner Selbstbeurteilung nicht so leicht umzustimmen. Verfolgen wir diesen Umstand weiter, lässt sich vermuten, dass jeder einer Selbsttäuschung (andere nehmen mich völlig anders wahr) bezüglich seiner vermeintlichen Integrität unterliegen kann. Bibelkundige Menschen dürften hier an den Pharisäismus denken mit seiner eingebildeten Rechtschaffenheit und Selbsttreue (Überzeugt im Einklang mit inneren Werten zu handeln)
Innenperspektive / Selbstzuschreibung
Außenperspektive / Fremdzuschreibung
Positiv
Negativ
Positiv
Negativ
ethisch
Selbsttreue
Depersonalisation1
Unbestechlichkeit
Bestechlichkeit
moralisch
Rechtschaffenheit
„Schmutzige Hände“
Unbescholtenheit
Scheinheiligkeit
psychologisch
Integriertheit
Desintegration2
Kohärenz3
Inkohärenz
sozialphilosophisch
Ganzheit
Entzweiung
Unversehrtheit
Verletztheit
Abb. 1: Dimensionen der Integrität 1,2,3 siehe Glossar (Begriffserklärung), Quelle: Pollmann, S. 83
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Zit. Nach P. Büche - Pollmann, Arnd (2005): Integrität. Aufnahme einer sozialphilosophischen Personalie. Bielefeld. A. Pollman, zit. bei P. Büche
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und der Außenwahrnehmung der Scheinheiligkeit sowie Korrumpierbarkeit eines Pharisäers im NT. Jesus legt seinen Finger ja in besonderer Weise auf die Inkohärenz der Werte und Verhaltensansprüche der Pharisäer: „Nun, ihr Pharisäer, ihr reinigt das Äußere des Bechers und der Schüssel, euer Inneres aber ist voller Raub und Bosheit.“ 6 Der Anspruch der Pharisäer nach einem gesetzestreuen, gerechten, tadellosen (geheiligten) Leben in ihrer (auch außen sichtbaren) Lebenspraxis steht zu ihren (verborgenen) Motiven oder Werten also in scharfem Kontrast. Integrität wurde im ersten Teil laut Wikipedia definiert als eine ethische Forderung des philosophischen Humanismus: du sollst integer sein, d. h. deine tatsächliche Lebenspraxis soll im Ganzen übereinstimmen mit deinen idealistischen Werten. Aus meiner Sicht ist dieser Imperativ eine unrealistische Forderung an den Menschen; aus der sozialpsychologischen Forschung ist bekannt, dass die Korrelation zwischen hierarchisch hoch angesiedelten (mir ganz wichtigen) Einstellungen und den Handlungen jeweils nicht sehr hoch ist. Hier scheint Jesus überzeugte Humanisten bezüglich ihrer Ideologie der Integrität zu warnen:
„Auch euch Gesetzesgelehrten wehe! Denn ihr belastet die Menschen mit schwer zu tragenden Lasten, und selbst rührt ihr die Last nicht mit einem eurer Finger an.“ 7 Handelt es sich bei der Überzeugung eines Menschen „ich hoffe und glaube integer zu sein“ also um eine grandiose Selbsttäuschung? Driftet die multikulturelle Gesellschaft etwa in eine sozialromantische Vorstellung von psychophysischer Unversehrtheit ab oder in eine subjektive Gemütslage personaler Intaktheit und sozialer Unbescholtenheit? Betrachten wir nur einmal die Innenperspektive von Integrität: Wer setzt uns den Maßstab für eine solche positive Selbstbeurteilung? Ist die Unschuld (Intaktheit, Unversehrtheit) des Menschen aus einer biblischen Perspektive nicht längst „flöten“ gegangen? Müssen wir nicht Gottes Wort als richtende oder beurteilende Außenperspektive hier stärker beachten, dass alle Menschen moralische Lügner sind, eben nicht in den Grenzen des sittlich Tolerablen bleiben? 8
3.
Integrität ein humanistischer Mythos oder ... Gibt es eine mit der Anthropologie der Bibel kohärent gelebte Integrität?
Lukas 11,39 Lukas 11,46 Römer 5 spricht vom Tod (physisch, geistlich …) der alle Menschen infiziert hat – Römer 3 von der verlorenen moralischen und sozialphilosophischen Ganzheit – Römer 7 vom Verlust der psychologischen Integriertheit 6
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Zur Erinnerung stelle ich für unsere Auseinandersetzung mit dem sozialphilosophischen Modell einer gelebten Integrität noch einmal die Beschreibung von A. Pollmann in der Tabellenform dar. Ich sehe einen gewissen Unterschied zwischen der Beurteilung der Integrität eines Menschen im AT und NT.
Beziehungslos – orientierungslos – haltlos – Auswirkungen auf Gesellschaft und Psyche
Pollmann
Selbsttreue
Person lebt in Einklang mit dem eigenen standhaltenden Wollen
Standhaftigkeit (als Teil der Selbsttreue zu verstehen)
Person bleibt sich treu, und zwar von inneren und äußeren Zwängen relativ unbehelligt
Rechtschaffenheit
Person lebt in den Grenzen des sittlich Tolerablen
Integriertheit
Person lebt auf Basis eines integrierten ethisch-existentiellen Selbstverständnisses
Ganzheit
Person ist in einer Stimmung der Ganzheit, also mindestens seelisch und körperlich unversehrt
Abb. 2: Gelebte Integrität aus sozialphilosophischer Warte: Werte und Lebenspraxis konkordant 9
Im AT scheint mit Einschränkung die äußerlich sichtbare Übereinstimmung zwischen den Werten der göttlichen Gebote und der Lebenspraxis „Wer das Gesetz tut, der wird leben“ der Maßstab für gelebte Integrität zu sein. Das subjektive Gewissen steht wohl als Richtschnur, ob das gelungen ist, im Vordergrund der Betrachtung. Als Beispiel soll uns hier das Drama zwischen Abraham & Abimelech10 dienen: Abimelech, ein König der Philister (Lebensraum im heutigen Gaza Streifen oder Sinai als Stammesgebiet) hatte einen Traum, in dem ihm Gott begegnete und ihm ausrichtete, dass er so gut wie tot sei, weil er Abrahams Frau zu sich nehmen wollte. Abimelech antwortet: „Hat er (Abraham) nicht selbst zu mir gesagt: Sie ist meine Schwester. Ich habe das gemacht mit einem klaren Bewusstsein/ reinem Gewissen und reinen Händen ….“ Gott bestätigt „Ja, ich weiß, dass du dies mit einem klaren Bewusstsein/ lauteren Gewissen getan hast …“ Er zeigt ihm auf, dass sein einfältiges Handeln trotzdem falsch war, weil es auf trügerischen Prämissen beruhte. Gott berät Abimelech nun, wie seine Selbsttreue, Standhaftigkeit und Rechtschaffenheit sich in seiner Lebenspraxis zeigen können. Er soll Abraham konfrontieren mit dessen Doppelbödigkeit
Nach Pollmann – zit. bei P. Büche … Genesis 20,4 -17 Johannes 5,19 12 Matthäus 7,12/1. Kor 1,29-31
und ihn um Vergebung bitten wegen des letztlich unmoralischen Begehrens von Sara, Abrahams Frau und nicht einfach Schwester, als Erweis seiner Integriertheit. Er soll selbstverständlich Sara wieder zu ihrem Mann zurück geleiten. Dazu soll der König seinen Gast Abraham auch um Fürbitte bei Gott ersuchen, damit er und sein ganzes Haus am Leben bleibt. Abimelech gehorcht dem im Traum gehörten Reden Gottes, konfrontiert Abraham mit dessen Verführung zur Sünde und beschenkt ihn mit Vieh und Land, aus einer Stimmung von Ganzheit heraus. Als Antwort Gottes auf das Gebet Abrahams wird Abimelech wiederhergestellt, die Unfruchtbarkeit der Frauen in seinem Haus geheilt, für jeden wahrnehmbar als sichtbares Zeichen seiner Unversehrtheit. Die Anthropologie des NT orientiert sich hingegen zentral an Jesus Christus. Betrachten wir ihn bezüglich seines Modells an gelebter Integrität. Wir fragen: Lebt ein Mensch in seiner Gesinnung Jesus ähnlich? Lebt er genauso wie er in vollkommener Ausrichtung nach dem offenbarten Willen des Vaters in Selbsttreue und Standhaftigkeit? „Der Sohn kann nichts von sich selbst tun, außer was er den Vater tun sieht; denn was der tut, das tut ebenso auch der Sohn. Denn der Vater hat den Sohn lieb und zeigt ihm alles, was er selbst tut; und er wird ihm größere Werke als diese zeigen, damit ihr euch wundert.“11 Lebt der zu Beurteilende – auch ich selbst – im Vertrauen auf die Gerechtigkeit/Rechtschaffenheit oder Rechtfertigung in Christus? „Alles was ihr wollt, das euch die Menschen tun sollen, das tut ihr ihnen auch … Aus ihm (Gott) aber kommt es, dass ihr in Christus Jesus seid, der uns geworden ist Weisheit von Gott und Gerechtigkeit und Heiligkeit/Heiligung und Erlösung; damit wie geschrieben steht: Wer sich rühmt, der rühme sich des Herrn!“ 12
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Römer 8,13b-16 Hier finden wir ein Beispiel, wie Gott selbst uns attestiert, dass wir Integrität besitzen: wir bleiben als Christen uns selbst, unserer Berufung treu, wenn wir uns in unseren (inneren) Werten und Idealen vom Geist Christi leiten lassen dann können wir auch in Versuchungen standhaft bleiben, unbestechlich 15 1. Kor 1,30 16 1. Johannes 3,19f 13
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Wird die Integriertheit bestimmt von einem ethisch existenziellen Selbstverständnis eines inneren Hören Wollen auf die Führung13 des Heiligen Geistes? „ … wenn ihr aber durch den Geist die Handlungen des Leibes, „nämlich triebhafte, selbstsüchtige Impulse in jeder Richtung’“tötet, so werdet ihr leben. Denn so viele durch den Geist Gottes geleitet werden, die sind Söhne Gottes. Denn ihr habt nicht einen Geist der Knechtschaft empfangen, wieder zur Furcht, sondern einen Geist der Sohnschaft habt ihr empfangen, in dem wir rufen: Abba, Vater! Der Geist zeugt mit unserem Geist, dass wir Kinder Gottes sind.“ 14 Hat sich beim Christen die subjektive Gewissheit und Stimmung von Ganzheit eingestellt im Vertrauen auf Jesus, der ihm gemacht ist zur „Erlösung und zur Heiligung“?15 „Kinder lasst uns nicht lieben mit Worten noch mit der Zunge, sondern in Tat und Wahrheit. Hieran werden wir erkennen, dass wir aus der Wahrheit sind, und wir werden vor ihm unser Herz zur Ruhe bringen, – dass wenn das
Herz uns verurteilt/verdammt, Gott größer ist als unser Herz und alles kennt. Geliebte, wenn das Herz nicht verurteilt, haben wir Freimütigkeit zu Gott, und was immer wir bitten, empfangen wir von ihm, weil wir seine Gebote halten und das vor ihm Wohlgefällige tun.“ 16 Wie innere Werte (Rechtschaffenheit/Integriertheit) und die Lebenspraxis (Unbescholtenheit/Unanstößigkeit) auch von außen betrachtet als kohärent attestiert werden können, dazu ermahnt Paulus im Brief an die Philipper: „Wirkt euer Heil (Erlösung zur Ganzheit/Unversehrtheit) in eure Seele hinein mit (Ehr)Furcht und Zittern! Denn Gott ist es, der in euch wirkt sowohl das Wollen als auch das Wirken zu seinem Wohlgefallen. Tut alles ohne Murren und Zweifel, damit ihr tadellos („blameless“) und lauter (unverdorben, unversehrt, rein ohne Hintergedanken/„harmless“) seid, unbescholtene Kinder Gottes inmitten eines verdrehten und verkehrten Geschlechts, unter dem ihr leuchtet wie Himmelslichter in der Welt, indem ihr das Wort des Lebens festhaltet …“ 17 Wird in diesen Versen nicht in ergreifend intensiver Weise seelsorgerlicher18 Bezug genommen auf die Sehnsucht oder „das Begehren nach Intaktheit und Unversehrtheit menschlicher Selbst- und Weltverhältnisse“, wie es Arnd Pollmann formuliert?! Wir dürfen also mit Hiob19 hoffen, dass wir gegenüber Vorhaltungen aus der sozialen Umgebung sagen können: „I will not admit you are in the right; till I die, I will not deny my integrity.“ 20
Beziehungslos – orientierungslos – haltlos – Auswirkungen auf Gesellschaft und Psyche
Christus gemäß zu leben, nicht nach einer humanistischen Ideologie21 und wie Jesus gesinnt zu sein, nach Integrität zu streben im biblischen Sinne, das geht nicht aus uns selbst. Hierzu braucht es Wirken Gottes, andernfalls dürfen wir von Sozialromantik des Humanismus sprechen. Oder wie vielen öffentlichen Personen ist nicht schon nachgewiesen worden mit Häme, dass sie keineswegs vollkommen rechtschaffen ihre Lebenspraxis gestaltet haben, dass ihr Denken/Sprechen und Handeln keineswegs Kohärenz aufwiesen, dass sie sich blamiert hätten? Wir dürfen uns von solchen Philosophien als „machbare Rechtschaffenheit und Selbsttreue“ nicht gefangen nehmen lassen, aber Christus gemäß nach der Tugend der Integrität, wie oben beschrieben, streben: „Er selbst aber, der Gott des Friedens, heilige euch völlig; und vollständig möge euer Geist und Seele und Leib untadelig (ohne dass jemand anderes einen Fehler findet, wegen dessen ich blamiert werden könnte) bewahrt werden bei der Ankunft unseres Herrn Jesus Christus. Treu ist, der euch beruft; er wird es auch tun.“ 22 Nur Gott selbst, der absolut integer ist, kann uns m. E. in der Außenperspektive Integrität attestieren.
Er verhilft uns zu Integriertheit unseres Selbstkonzeptes und Weltverständnisses. In Christus gelangen wir nach dem NT zu einer wirklichen Ganzheit, die Gespaltenheit der Motive wird aufgelöst oder befriedet. Statt Selbsttreue könnten wir auch von Versöhnung mit dem „inneren Schweinehund“ sprechen.
ÜBER DEN AUTOR Rainer Oberbillig ist Dipl. Psychologe und Psychologischer Psychotherapeut, er ist als Supervisor für Verhaltenstherapie an der Landespsychotherapeutenkammer akkreditiert und Leitender Psychologe an der de’ignis-Fachklinik.
Glossar: Depersonalisation – vom lat. (persona = Charakter, Maske, Person), Ich-Störung, bei der das Erleben der persönlichen Einheit im Augenblick oder der Identität über den Lebenszeitlauf gestört ist: Betroffene kommen sich selbst verändert, fremd, unwirklich, uneinheitlich oder wie eine andere Person vor.
suche, ‚rumgekriegt’ zu werden durch Versprechungen/ Manipulation: „Das Wort „corruptio“ wurde bei Augustin für die Erbsünde gebraucht. Der bekannte Kirchenvater war davon überzeugt, dass alle Menschen im tiefsten Inneren ihrer Seele korrupt seien, nicht nur die Kaufleute. „Homo corruptus est“, könnte man sagen.“ 23
Desintegration – ein der Integration (Entzweiung oder Spaltung aufheben) gegenläufiger Prozess, in dem sich Ganzheiten (z. B. seelisches Erleben mit Körper und Gefühl, dazu bewusstes Denken), die durch Vereinigung entstanden sind, wieder in ihre Teilsysteme (Herzrasen ohne Verbindung zum Gefühl der Angst) bzw. Elemente spalten.
Literatur:
Kohärenz/Inkohärenz – Zusammenhangerleben oder -gefühl, Kohärenzsinn. Umfassende subjektive Orientierung zur Lebensbewältigung mit Gefühl von Verstehbarkeit, Handhabbarkeit und Bedeutsamkeit im Denken und Handeln (in der Außenwahrnehmung der psychologischen Dimension der Integrität) „das was der tut macht Sinn, leuchtet ein…“ Korrumpierbarkeit – lat. ‚corrumpere’ (bestechen, jmd. ‚rumkriegen’) – Anfälligkeit für Bestechung oder Ver-
Büche, Peter – Integrität als christlicher Wert für Führungskräfte in Wirtschaftsunternehmen. Diplomarbeit. Katholische Fachhochschule Freiburg Holthaus, Stephan (2008) – Werte. Was Deutschland wirklich braucht. Brunnen Verlag Margraf/Müller-Spahn (Hrsg.) (2009) – Pschyrembel: Psychiatrie . Klinische Psychologie . Psychotherapie. Walter de Gruyter Verlag. Pollmann, Arnd (2005): Integrität. Aufnahme einer sozialphilosophischen Personalie. Bielefeld. Strongs’ exhaustive Concordance of the bible: „Integrity“
Philipper 2,13-16a Paulus der Seelsorger, dem Integrität am Herzen liegt, formuliert im selben Brief – 1,9.11 – die Fürbitte zu Gott: „Und um dieses bete ich, dass eure Liebe noch mehr und mehr überströme in Erkenntnis und aller Einsicht, damit ihr prüft, worauf es ankommt, damit ihr lauter und unanstößig seid auf den Tag Christi, erfüllt mit der Frucht der Gerechtig keit, die durch Jesus Christus gewirkt wird zur Herrlichkeit und zum Lobpreis Gottes.“ 19 Hiob 27,5.6 antwortet auf die Unterstellungen seiner Freunde: „Bis ich verscheide, lasse ich meine Rechtschaffenheit nicht von mir weichen. An meiner Gerechtigkeit halte ich fest und werde sie nicht fahren lassen; mein Herz schmäht nicht einen von meinen Tagen.“ 20 Engl. Version/NIV = New International Version: Ich will euch nicht einräumen, dass ihr im Recht seid. Ich werde bis zuletzt nicht meine Integrität verleugnen / verneinen. 21 Kol 2,8f 22 1. Thess 5,23.24 23 Stephan Holthaus – Werte …, S. 97 17 18
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Die hier getroffenen Aussagen spiegeln nicht zwangsläufig die Meinung der Redaktion wider. Ihre Meinung ist gefragt. Antworten Sie uns an E-Mail: wohnheim@deignis.de
Zur Diskussion von Winfried Hahn/Dr . theol. Manfred Dreytza
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Vertrauen und Vertrauensverlust in Kirchen und Gemeinden
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in schwieriger, ja um nicht zu sagen, ein äußerst schmerzhafter Prozess ist zu beobachten. Viele Menschen wenden sich enttäuscht und verletzt von ihren Kirchen und Gemeinden ab. Dieser Vorgang scheint sich nicht nur an bestimmten Konfessionen festzumachen, sondern ist bis auf wenige Ausnahmen denominationsübergreifend (siehe Buch „Das Gemeinde Come-back“, Seite 10 –14, SCM R. Brockhaus). Während die Großkirchen schon seit vielen Jahren von Kirchenaustrittswellen betroffen sind, verzeichnen auch die Freikirchen, bis auf wenige Ausnahmen, Stag22
nation oder Rückgang ihrer Mitgliederzahlen. Wachsend die Zahl der unchurched believers, der gemeindelosen Christen. (Charisma 2/2010, Ausgabe 152) Um viele Gemeinden bildet sich ein Umfeld frustrierter ehemaliger Gemeindemitglieder, die sich enttäuscht abwenden. Wachstum verzeichnen interessanterweise häufig Gemeinden mit starken Migrationsanteilen. Scheint das christliche Abendland nicht mehr christlich zu sein und sich immer stärker von seinen Wurzeln zu entfernen? Worin liegen die Ursachen?
ZUR DISKUSSION
Allgemeiner Trend zur Unverbindlichkeit Die meisten Organisationen verzeichnen rückläufige Mitgliederzahlen. Dies betrifft nicht allein die Kirchen. Parteien, Gewerkschaften, Vereine etc. sind gleichermaßen davon betroffen. Die zunehmende Individualisierung der sogenannten Postmoderne macht auch vor den Kirchen nicht Halt. Man tut sich schwer damit, sich festzulegen, einbinden zu lassen, die Mühe der Gemeinschafts- und Freundschaftspflege auf sich zu nehmen. (siehe auch den Beitrag: „Freundschaft per Mausklick“ in diesem Heft) Man schaut sich lieber einen Gottesdienst im Fernsehen an, hört eine Predigt übers Internet etc., als sich die Mühe zu machen, sich aus dem Haus in die Kirche oder Gemeinde zu quälen. Die Versuchung zur Unverbindlichkeit scheint in unserer Zeit vor niemandem Halt zu machen. Anonym, bequem, frei Haus – per Mausklick eben.
Oberflächliche und unehrliche Beziehungen In jeder Gemeinschaft gibt es Konflikte, die gelöst werden müssen. „Gelöst werden“ bedeutet jedoch nicht „unter den Teppich gekehrt“. Ich beobachte eine zunehmende Unfähigkeit, Konflikte zu lösen. Man geht sich bei Spannungen vornehm aus dem Weg, statt offen miteinander zu sprechen. Distanzierte, oberflächliche Beziehungen sind die Folge. Soziale Kälte hat sich auch in vielen christlichen Kreisen breit gemacht. Man zieht sich lieber zurück, um recht behalten zu können, statt sich dem offenen Gespräch zu stellen. Konflikte führen, Sachverhalte klären wird als unbequem oder rechthaberisch empfunden. Man bleibt in vornehmer Distanz oder auf Sicherheitsabstand. Eine Beziehung ist nur dann eine gute Beziehung, eine Freundschaft nur dann eine Freundschaft, wenn sie auch Konflikte aushält. Dazu gehört jedoch die Bereitschaft zum offenen Gespräch. Mit Ratlosigkeit schaue ich noch heute auf eine Situation zurück, die sich in einer freikirchlichen Gemeinde abspielte und die ich miterleben konnte. Eine Person aus der Gemeindeleitung geriet mit einem Gemeindeglied in einen Konflikt, der für beide Seiten nicht lösbar war. Das Gemeindeglied bat die anderen Mitglieder der Gemeindeleitung um Vermittlung. Die andere Konfliktpartei, die ja selbst zur Gemeindeleitung gehörte, war zu keinem Gespräch bereit. Die anderen Mitglieder der Gemeindeleitung, die um Klärung gebeten wurden, sagten sinngemäß: „Wenn die Person zum Gespräch nicht bereit ist, können auch wir nichts ändern“. Aus meiner Sicht ist es leicht nachvollziehbar, dass das Gemeindeglied, dem die Aufarbeitung des Konflikts verwehrt wurde, mit seiner gesamten Familie und seinem Freundes- und Bekanntenkreis nicht mehr zu dieser Gemeinde gehört. Schwer nachvollziehbar ist für mich, dass jemand, der klärende Gespräche verweigerte, noch jahrelang Mitglied der Gemeindeleitung bleiben konnte.
Einzelfall oder symptomatisch für eine Zeit, in der man lieber nach Scheinlösungen und Scheinfrieden strebt, als nach echter Konfliktverarbeitung und Beziehungspflege, die ja auch mit Arbeit, eben mit Beziehungsarbeit, etwas zu tun hat. Kein Wunder, wenn es dann kühl und unverbindlich wird in unseren Kirchen und Gemeinden. Gemeinden, die Orte der Zuflucht, der Rettung und der Hilfe auch für Menschen in äußeren und inneren Notlagen sein sollten, entwickeln sich zu oberflächlichen, gut bürgerlichen frommen Clubs, die keine Antworten und Hilfen für Menschen mit echten Problemen haben. Zu oberflächlich ist das geistliche Leben, zu selbstbezogen die Einstellung vieler Mitglieder, zu brüchig das Geflecht der Beziehungen, um hilfebedürftige und notleidende Menschen wirklich tragen zu können. Diese Entwicklung betrifft zwar nicht alle Gemeinden, aber leider viel zu viele.
Wassersuppe statt erweckte Verkündigung Wenn Predigten auf das in der Regel seichte Niveau der Fernsehsendung „Das Wort zum Sonntag“ abfallen, wer wird sich dann noch die Mühe machen, zum Gottesdienst zu gehen? Hat der Verkündiger keine geistliche Vision, kein Feuer oder keine Berufung, soll er lieber seinen Dienst quittieren als seine Kirche leer zu predigen. Schon Paulus schrieb: Wenn die Posaune einen undeutlichen Schall von sich gibt, wer wird sich zum Kampf rüsten? (1. Kor. 14,8) Ich bin fest davon überzeugt, dass man auch in der heutigen Zeit so predigen kann, dass sich die Menschen angesprochen fühlen. Es gibt sie ja auch noch, die wachsenden Gemeinden, wenn auch nicht in der Überzahl. Jemand sagte einmal sinngemäß: „Wenn die Kanzel nicht brennt, brennt die Gemeinde nicht”. Wenn die Gemeinde nicht brennt, bleibt die Kirche leer. Das bedeutet nicht, dass Predigten sensationsorientiert, rhetorisch überzogen, mit verkürzten, vereinfachenden Patentrezepten und geistlichen Scheinlösungen mit einem hohen Maß an Entertainment garniert sein müssten. Eine an der Bibel orientierte, von heiligem Geist inspirierte Verkündigung beinhaltet alle Aspekte des menschlichen Lebens mit Licht- und Schattenseiten, mit Freud und Leid. Aber sie ist voller Hoffnung, gibt Orientierung und ist erwecklich. Möge der Herr sich seines Volkes erbarmen, und seine Verkündiger neu erwecken und bevollmächtigen, um in Zeiten zunehmender Ratlosigkeit und Verwirrung von neuem Orientierung und Hoffnung geben zu können. Wie muss jedoch Verkündigung sein, damit sie erwecklich ist? Darauf geben die nachfolgenden Ausführungen von Dr. theol. Manfred Dreytza wichtige Anregungen.
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ZUR DISKUSSION
Erweckliche Verkündung Das Wort „Erweckung“ umfasst das Erwecken und das Erwachen. „Erwecken“ bezeichnet den Vorgang, wenn ein Mensch durch ein Wort aufgeweckt wird. „Erwachen“ meint den Vorgang von innen her, vom Menschen, der nun wach wird und das Licht des Tages sieht. In dem Bibeltext Eph 5,14 sind beide Seiten vereinigt: „Wache auf, der du schläfst, und stehe auf von den Toten, so wird dich Christus erleuchten.“ Darin sind alle Seiten der „Erweckung“ enthalten:
1.
Der Schläfer ist geistlich tot. Er liegt wie Lazarus im Grab und stinkt. Das weiß er aber nicht. Er fühlt sich subjektiv wohl, wie ein Schlafender, der seinen Traum für die Wirklichkeit hält.
2.
Das entscheidende Wort, das ihn wach macht, kommt nicht aus ihm. Er muss es hören. Es muss ihm gesagt werden. Der Weckruf kommt in der Christusverkündigung an ihn. Die rüttelt ihn auf. Denn sie bezeugt ihm Gottes Gericht über seine Sünde. Es sagt ihm, in welcher gefährlichen Lage er sich befindet. Er ist in der Gefahr, geistlich weiter zu schlafen und in der Hölle aufzuwachen. Es bezeugt ihm aber auch, dass Gott sein Gericht im Kreuzestod Jesu vollzogen hat und nun jeder Vergebung und Leben empfängt, der sie dort sucht.
3.
Das Wort des Evangeliums hat Leben schaffende Kraft. Nicht unsere Rhetorik. Das Wort Gottes ist der gute Same, der den Hörer wach macht und Leben aus Gott in ihn pflanzt. Dann steht er auf und beginnt ein neues Leben im Licht des Ostertages. Jesus Christus ist von den Toten auferstanden, und er ruft den Menschen aus dem geistlichen und ewigen Tod zum Leben.
4.
Geben wir also dieses Wort reichlich und treu weiter und erwarten wir, dass der Herr selbst sich zu diesem Zeugnis stellt. Erweckung ist also nicht die Pflege eines christlichen Hobbys zusätzlich zu anderen. In diesem genannten Sinn ist 24
„Erweckung“ das Lebenswunder, das sich seit Ostern und Pfingsten immer wieder vollzieht und darum das Zentrale der christlichen Botschaft. Lassen wir uns in diesem Sinne immer wieder aufwecken? Was heißt das für unsere Verkündigung? • Sie sollte „erwecklich“ sein, also nicht einschläfernd, sondern aufweckend zu einem frohen Glauben an Jesus Christus. • Wir haben nicht die Aufgabe, den Hörer zu unterhalten, sondern offen über den Ernst seiner Lage ohne Christus zu reden, ohne uns dafür zu entschuldigen. • Wir Verkündiger brauchen immer wieder die Buße und Reinigung, damit wir dem Herrn nicht im Weg stehen. (Abdruck mit freundlicher Genehmigung von Dr. theol. Manfred Dreytza der Staatsunabhängigen Theologischen Hochschule Basel) Das Buch „Worüber man nicht spricht“ von Ute Horn und Winfried Hahn enthält weiterführende Inhalte zum Thema dieses Artikels. Lieferbar im SCM Hänssler Verlag .
ÜBER DEN AUTOR Winfried Hahn, ist Pastor und Pädagoge. Der Vater von zwei erwachsenen Kindern, Damaris und Daniel, war Pastor in mehreren freikirchlichen Gemeinden, studierte Pädagogik und machte eine Ausbildung zum Christlichen Therapeuten. Heute leitet er das de’ignis-Wohnheim – Haus Tabor zur außerklinischen psychiatrischen Betreuung und ist Vorsitzender der Christlichen Stiftung de’ignis-Polen. Als Pastor im übergemeindlichen Dienst und Buchautor hält er Predigten, Vorträge und Seminare im In- und Ausland.
Impuls
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Impuls
Vergebung – eine vergessene Tugend in einer Kultur der Anklage VON Dr . Gerhard Maier , Landesbischof i.R .
U
nsere Zeit ist eine Zeit der Hochkonjunktur verschiedenster „Kulturen“. Weil wir keine allgemeine Kultur mehr haben, sind unzählige Einzelkulturen entstanden: „Kultur des Streitens“, „Kultur des Friedens“, „Kultur des Gesprächs“, „Kultur des Hinsehens“ usw. In unserer Zeit gibt es tatsächlich auch so etwas wie eine „Kultur der Anklage“. Meines Erachtens beginnt sie im pädagogischen Bereich. Die Erziehung hat sich jahrzehntelang auf die Rechte des Einzelnen, aber weniger auf seine Pflichten und die notwendige Solidarität der Gemeinschaft konzentriert. Ich-Stärke und oppositionelles Verhalten waren Leitsterne der Erziehung, Individualisierung und Egozentrik ihr Ergebnis. Zu den Ergebnissen zählt leider auch die Annahme eines Rechts, die Schuld zuerst bei anderen zu suchen, und sie unter Anklage stellen zu dürfen. Die Gesellschaft befindet sich auf dem Weg einer ständigen Suche nach Sündenböcken. Passiert irgendwo ein Amoklauf, geschieht irgendwo eine Überflutung oder ein Erdbeben, kommt unweigerlich die Frage: Wer, welcher Mensch und welche menschliche Institution trägt daran Schuld oder Mitschuld?
Im gesellschaftlichen Bereich verfestigt sich diese „Kultur der Anklage“. Wie andere moralische Instanzen sind etwa die Kirchen unter Dauerfeuer. Ihr Recht auf die Entwicklung eigener, glaubensgemässer Ordnungen wird in Zweifel gezogen, obwohl es im Grundgesetz und in der Landesverfassung garantiert ist. Das Kruzifix, zugleich Symbol einer Jahrtausende alten Geschichte und Kultur, wird aus dem Raum der Öffentlichkeit hinausgedrängt. Das eigene Fehlverhalten der Kirchen fordert allerdings solche Reaktionen und Anklagen geradezu heraus. Eine Verfestigung der „Kultur der Anklage“ kann man auch im gesamten politischen Bereich beobachten. In der jüngeren Vergangenheit ist das am Umgang mit Thilo Sarrazin besonders anschaulich geworden. In wenigen Tagen vermischten sich berechtigte und unberechtigte Anklagen zu einem erdrückenden Konglomerat. Die Frankfurter Allgemeine Zeitung fühlte sich veranlasst, die Frage nach der Meinungsfreiheit in unserem Staat zu stellen. Umso auffälliger ist das Fehlen einer „Kultur der Vergebung“. Das letzte größere Ereignis, in dem die Vergebung eine Rolle spielte, war meiner Erinnerung nach die Ermordung dreier Christen unter scheußlichen Umständen
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IMPULS
im türkischen Malatiya. Dort sprach die Frau eines der Ermordeten öffentlich aus, dass sie den Mördern vergebe. Aber wo wird Vergebung im öffentlichen Leben unseres Landes ausgesprochen und praktiziert? Und wo geschieht sie unter uns im persönlichen Bereich? Insofern legt es sich nahe, von einer vergessenen Tugend zu sprechen. Der christliche Ausgangspunkt der Vergebung liegt bei der Vergebung, die Gott dem sündigen Menschen schenkt. Bei ihm allein ist die Vergebung aus reiner Liebe, ohne den Gedanken der Kompensation oder des menschlichen Verdienstes. Diese göttliche Vergebung soll unser Leben so tief verändern, dass es wieder neu beginnen kann. Zugleich hat diese göttliche Vergebung eine feste Basis, von der aus sie in unser Menschenleben hineinwirkt. Sie ist nicht nur ein punktuelles oder gar „zufälliges“ Ereignis. Die feste Basis besteht in der Erlösung, die Jesus Christus gebracht hat und die unsere Sünden wieder beseitigte: „In ihm haben wir die Erlösung durch sein Blut, die Vergebung der Sünden“, sagt eine Kernstelle im Neuen Testament (Epheser 1,7). Es ist nach dem Zusammenhang des Neuen Testaments, aber auch vom Charakter der Vergebung her klar, dass sie niemandem aufgedrängt wird. Sie kann nur im Vertrauen auf Gottes Zusage gesucht und angenommen werden. Klar ist dann auch, dass in dieser christlichen Sicht die Vergebung beim Einzelnen ansetzt. Sie kann nicht einfach kollektiv ausgesprochen werden. Auch dort, wo einer ganzen Gemeinde oder einer Gruppe von Menschen Vergebung zugesprochen wird, bleibt immer noch die Frage, wie der Einzelne in der Gemeinde oder Gruppe damit umgeht. Höchst anschaulich kommt dies in der Abendmahls-Liturgie zum Ausdruck. Obwohl die ganze Gemeinde am Abendmahl teilnimmt, spricht doch jeder für sich das Schuldbekenntnis. Jeder geht für seine Person, um Brot und Wein, gleich Leib und Blut Christi zu empfangen, und jeder empfängt von diesen Elementen etwas, was keiner in der Welt jemals empfangen hat oder empfangen wird. Die Vergebung wird ferner charakterisiert durch eine besondere Gewissheit. Zitiert sei noch einmal das alte Konfirmandenbuch der Württembergischen Kirche (Nr. 54): „Durch sein Wort ruft der Heiland uns Sünder in sein Reich und schenkt uns die Vergebung. Allen Verlorenen hat er versprochen: Wer zu mir kommt, den werde ich nicht hinaus stoßen ( Joh. 6,37). Unter Umständen kann die von Gott geschenkte Vergebung auf den gesellschaftlichen und politischen Bereich übergreifen. Zwar wird sie dadurch keine „Tugend“ im Sinn der antiken Tugendlehre, aber ein Gegenpol zu einer
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Kultur der Anklage, und damit zum möglichen Ansatzpunkt einer „Kultur der Vergebung“. Dabei werden einige Punkte relevant sein: Vergebung, die eventuell einer Kultur der Vergebung entspricht, wird niemals ihren religiösen Ausgangspunkt vergessen. Sie bleibt insofern ein Ausrufezeichen im öffentlichen Leben, das uns an die Existenz Gottes erinnert und zugleich unsere Verantwortung vor Gott bewusst macht. Jeder Einzelne, der unter den gegenwärtigen Verhältnissen lebt, ist auf allen Gebieten herausgefordert, selbst Vergebung zu üben. Das macht eine ökonomisch und ökologisch, ja insgesamt rational durchdachte Handlungsweise keineswegs überflüssig. Vergebung geschieht ja gerade mitten in diesen Lebensverhältnissen und nicht außerhalb auf einem exotischen Kontinent. Derselbe Mensch, der Vergebung üben kann, muss ja ständig die Kosten seines „Turmbaus“ (seines Verhaltens) verantwortungsbewusst kalkulieren (Lukas 14,27-29). Dennoch muss sich der Einzelne auch immer wieder der Frage stellen: Wann habe ich das letzte Mal vergeben? Vergebung eignet sich nicht dazu, ununterbrochen ausgesprochen und „gewährt“ zu werden. Bitte keine Inflation der Vergebung! Eine letzte Erwägung: Wo man Vergebung auch in das wirtschaftliche, politische und gesellschaftliche Verhalten einbezieht, ist dies Ausdruck eines ganz bestimmten Menschenbildes. Hier wird dann ernst gemacht mit der Erkenntnis, dass wir alle Sünder sind. „Der gute Mensch“ als Idealbild einer Ideologie oder Weltanschauung muss hier der menschlichen Realität weichen, die sich in den Worten zusammenfassen lässt: Wir sind im höchsten Maß geliebte Menschen – nämlich von Gott geliebt – aber nach unserer Erkenntnis zugleich sündige Menschen, die auf Vergebung angewiesen sind.
ÜBER DEN AUTOR Dr. Gerhard Maier war von 2001 bis 2005 Landesbischof der Evangelischen Landeskirche in Württemberg. Er war Prälat in Ulm und Studienleiter des Albrecht-Bengel-Haus in Tübingen. Außerdem ist er ist Autor vieler wegweisender Bücher und einschlägiger theologischer Fachliteratur. Derzeit Gastprofessor an der Staatsunabhängigen Theologischen Hochschule Basel und an der Evangelisch-Theologischen Fakultät in Heverlee/Leuven (Belgien).
THERAPIEGRUNDLAGEN
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Therapiegrundlagen
Körperbild und Beziehung:
Das Körperbild als Dimension des sozialen Vergleiches VON Dr . rer . nat. Achim Schubert
Z
unächst scheint der Begriff des Körperbildes als „Körper-Selbst-Bild“ sich dem Wortsinne nach selbst zu erklären: im Sinne einer inneren Vorstellung von der körperlichen Erscheinung des Selbst und ihrer Wirkung auf andere. Befragungen von Fachleuten auf Weiterbildungen zufolge schließt sich die Mehrzahl dieser intuitiven Auffassung an. Jene Minderheit, die sich gründlicher mit dem Thema des Körperbildes auseinander setzte, erklärt das „Körperbild“ als Ergebnis der Strukturierung eines individuellen Körpergedächtnisses. Dieses Konzept beinhaltet auf der Grundlage der Geschichte des eigenen Leibes ein Bewusstsein der wesentlichen physischen Aspekte unseres Daseins.
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Nachfolgend sollen diese beiden unterschiedlichen Schwerpunkte der Auffassungen des Körperbildes als der Position des Selbst im Ranking eines (narzisstischen 1) Vergleichs bezüglich seiner vom Selbst unterstellten Wirkung auf andere mit dem Körperbild als Konstrukt über das physische Korrelat unserer Individual entwicklung bzw. Identität hinsichtlich der Implikationen für die Gestaltung sozialer Beziehungen verglichen werden.
Senst, Rolf (2010) Der Mythos des Narziß, de’ignis Magazin, 39, S. 6
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THERAPIEGRUNDLAGEN
Körperbild
Selbstkonzept Selbstwerterleben Interaktion
Seit jeher und in allen Kulturen wirkt die körperliche Erscheinung einer Person auch als Attraktivitätsindex und Statussymbol. Einzig unsere physische Selbstdarstellung ist (im Unterschied zu anderen Attributen sozialer Macht) in zwischenmenschlichen Begegnungen stets präsent. Besonders unter sozialen Bedingungen des materiellen Mangels oder Überflusses gewinnt das Körperbild über soziale Bewertungen an Bedeutung für Selbstwerterleben, Selbstvertrauen sowie soziale Gestaltungsmöglichkeiten eines Individuums. Das offenbaren besonders Manipulationen der körperlichen Erscheinung, mit denen, oft sogar zu Lasten der physiologischen Funktionen, ein sozialer Nutzen erreicht werden soll. Zunächst ein Beispiel aus Äthiopien: „Bei dem Stamm der Mursi wird die Unterlippe aufgeschnitten und langsam gedehnt, indem immer größere Tonteller eingesetzt werden; auf dieselbe Art werden häufig auch die Ohrläppchen verziert. Ein besonders großer Lippenteller wird hoch angesehen. Frauen werden daher ab dem 20. Lebensjahr einige Zähne ausgeschlagen, die Unterlippen durchbohrt und ein Jahr lang aufgedehnt bis sie ihre endgültige Größe haben. Manche Forscher glauben, dass diese Tradition ursprünglich dazu diente, sie für arabische Sklavenjäger unattraktiv zu machen. Für einen Mursi-Mann liegt die Schönheit in der Größe der Tellerlippe seiner Frau. Je größer, am besten im Durchmesser von 15 Zentimetern, desto mehr Respekt kann die Frau erwarten und desto höher ist der Brautpreis, den ihr Vater verlangen kann. Heute ist die Tradition auch eine Geldquelle, denn MursiFrauen ziehen sich schnell ihre Lippenteller an, sobald Touristen in ihre Gegend kommen.“ Tattoos können in langer Tradition sehr unterschiedliche Funktionen und Bedeutungen haben. „Die Literatur nennt Funktionen als Mitgliedszeichen, rituelles oder
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sakrales Symbol, Ausdrucksmöglichkeit für Abgrenzung und Exklusivität, Mittel zur Verstärkung sexueller Reize, Schmuck, Protest (Punk) und nicht zuletzt die der politischen Stellungnahme. Mit sogenannten Knast-Tätowierungen können Rangfolgen und „Kastenzugehörigkeiten“ etwa durch das Kreuz der Diebe dargestellt werden, sowie Funktionen, die der Häftling während der Gefangenschaft innehatte“. 2 In unserer Kultur sind Tätowierungen immer häufiger anzutreffen, deren Motive den jeweiligen Modetrends entsprechen. Eine Studie der Universität Leipzig untersuchte, ob Tattoos und Piercings in der Gegenwart Ausdruck klinischer Störungen sind. Als einziges Unterscheidungskriterium zwischen körperlich manipulierten und nicht manipulierten Personen erwies sich das Ausmaß des Bedürfnisses, ihr Erregungsniveau zu steigern oder durch Suchen nach Abwechslung und neuen Erlebnissen aufrecht zu erhalten („Sensation seeking“). 3 In unserer Überfluss- und Leistungsgesellschaft wurden Schönheit und Macht zu Erfolgskriterien. Von Kindheit an prägen uns Medien auf narzisstische Konkurrenz. Die Werbung normiert Ideale körperlicher Attraktivität und suggeriert als erstrebenswertes Ziel, sich diesen möglichst anzunähern. Diese These wird auch belegt durch den Trend zu Schönheitsoperationen: Die Statistik der Gesellschaft für Ästhetische Chirurgie Deutschland e. V. mit ca. 400 Mitgliedern gibt pro Jahr etwa 135.000 Schönheitsoperationen (Fettabsaugung, Lid-, Brust-, Nasen-, Ohr-, Gesichts- und Kieferkorrekturen) an. Dieser Trend sei zwischen 2004 bis 2009 stabil geblieben. Faktisch müssen diese Zahlen (welche Faltenbehandlungen nicht enthalten) über die Jahre jedoch aufsummiert werden. Zudem sollten noch die Dunkelziffer der Konsumenten von Körperveränderungen im Ausland, berücksichtigt werden sowie steigende Anteile der männlichen Klientel. Die Erweiterung des Angebots, erfindet neuen „Bedarf “ (z. B. nimmt inzwischen die Beschneidung der äußeren Schamlippen in der anglikanischen Kultur den dritten Rangplatz bei „Kosmetik-Korrekturen“ ein 4). Die Kunden der Schönheitschirurgie erwarten von der Steigerung äußerer Attraktivität ein besseres Körperbild im Sinne von Selbstwerterleben, bessere Chancen bezüglich Partnerwahl und Karriere; denn mit einem schönen, jugendlichen Erscheinungsbild sind Sympathie, Dynamik, Leistungs- und Durchsetzungsfähigkeit assoziiert.
Zitierte Passagen aus Wikipedia übernommen Brähler, E., Stirn, A. & Hinz, A. (2009) Piercing und Tattoo., Leipziger Beiträge zur Sozialmedizin (2),S. 35-45 Karras, N. (2010) Das Weibliche Geschlecht.Rogner & Bernhard, Berlin
THERAPIEGRUNDLAGEN
Wenden wir uns nun dem
Körperbild als Begriff von Leibgeschichte und physischer Identität zu:
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Unter diesem Aspekt beinhaltet das Körperbild die dem Bewusstsein verfügbaren Informationen des Körpergedächtnis. Betrachten wir die räumliche Repräsentation des Körpers im Nervensystem auf dem neurophysiologischen Regulationsniveau, sprechen wir vom Körperschema. Das Körperschema vermittelt eine permanente und implizite (dem Bewusstsein nicht direkt zugängliche) Hintergrundinformation. Ein klassisches Beispiel für Störungen des Körperschemas ist das Phantomphänomen, bei dem Bahnungsstärke beziehungsweise Gedächtniseffekte vor dem Verlust eines Körpergliedes nach dessen Amputation nachwirken. Wird auf der psychologischen Ebene das Körperschema subjektiv erlebt, sprechen wir vom Körperbild. Dies geht mit differentiellen Bewertungen einzelner Körperregionen einher. Gravierende Störungen drücken sich in körperdysmorphen Überzeugungen aus, wie sie z. B. für Ess-Störungen, Transsexualität oder im Extremfall für Amputationsbegehren Gesunder (Body Integrity Identity Disorder) typisch sind. Psychodynamische Konzepte postulieren eine Homöostase der Selbstwert-Regulation: Mit dem Selbstkonzept übereinstimmende Informationen („ich-synton“) werden assimiliert. Hingegen werden Mitteilungen, die das Konzept des Selbst bedrohen („ich-dyston“), dissoziiert. Der Begriff des Körperselbst bezeichnet diese Funktion der Aufrechterhaltung der Vorstellung eines Menschen von seiner leiblichen Identität. Zur Diagnostik des Körperbildes bewährte sich im klinischen Bereich die Körperskulptur-Methode. 5 Aus dem Körpergedächtnis (daher mit geschlossenen
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Augen und ohne äußere Bezugspunkte) wird eine Skulptur des eigenen Körpers in knetbarem Material ausgeformt. Dabei entsteht ein dreidimensionales Modell des Körperbildes, die Körperskulptur. Deren diagnostische Informationen werden nach einem empirisch fundierten Auswertungssystem gewonnen. Langjährige Erfahrungen mit der KörperskulpturMethode lassen sich in folgenden Postulaten zusammenfassen: Das Körperbild ist das Ergebnis eines sensumotorischen Lernprozesses. Es wird durch Reaktionen auf typische soziale Interaktionen des Kindes mit signifikanten Bezugspersonen während prägender Kindheitsphasen ausgebildet. Aufgrund der Einwirkung entwicklungshemmender Interaktionen erworbene Besonderheiten des Körperbildes sind zunächst Nebenwirkungen zum Überleben erforderlicher Gedächtnis- und Anpassungsleistungen. Sie wirken jedoch später, außerhalb ihrer Entstehungsbedingungen (z. B. nach der Ablösung aus der Ursprungsfamilie) maladaptiv. In der frühen Kindheit erworbene und später fehl angepasste Körperbilder behindern die konstruktive Beziehungsgestaltung, was zur Weitergabe von Störungen von Generation zu Generation führen kann. Die in der Kindheit erworbenen Körperbilder werden ebenso wie emotionale Schemata (Young et. al.6) durch spätere Erfahrungen modifiziert. In Abhängigkeit von Gewohnheitsstärke oder Intensität interagieren aktuelle sensumotorische Reaktionsmuster mit maladaptiven Aspekten des Körperbildes hemmend oder verstärkend. Insbesondere können aktuelle traumatische Einwirkungen Körperbilder regressiven Erlebens aktivieren frühe sensumotorische Reaktionsmuster wieder auslösen, sofern Ähnlichkeiten zwischen der traumatischen Situation und lebensgeschichtlich frühen Bedrohungen wahrgenommen werden.
Schubert, A. (2009) Das Körperbild. Die modulare Körperskulpturmethode, Klett-Cotta, Stuttgart Young, J. E. et. al. (2008) Schematherapie. Jungfermann, Paderborn
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THERAPIEGRUNDLAGEN
Das folgende Fallbeispiel veranschaulicht diese Zusammenhänge: Frau I. ist 50 Jahre alt, leitende Angestellte. Im Anschluss an eine stationäre Behandlung sucht sie nachfolgende ambulante Therapie wegen rezidivierender depressiver Störungen mit somatischem Syndrom und Panikattacken. Ihre Körper-Skulptur nannte sie „Das Baby ohne Unterleib“: Sie kommentiert: „Beim Vorschlag, die Körperskulptur zu formen, empfand ich einen leichten Schwindel, ein nicht greifbares Unbehagen. Ich konnte meinen Widerstand rational nicht fassen. In der Klinik hatten wir Gestaltungstherapie. Da war das zunächst auch so. Aber dann habe ich gestaunt, wie ich mich hinein geben konnte, nachdem ich sicher war, dass Mitpatienten und Therapeuten sehr respektvoll mit allen und allem umgehen. Schon vor dem Anfassen des Tones hatte ich ein inneres Bild von einem Berg. Ich sah etwas wie einen Stein, vielleicht mit einem Kopf. Während des Formens hatte ich für Momente ein angenehmes Gefühl, aber dann fiel mir ein, dass ich doch endlich bald fertig sein müsste. Übrigens ging es mir am vergangenen Wochenende auch so. Mein Mann und ich wanderten bei schönem Herbstwetter auf einem Höhenweg. Manchmal genoss ich das prächtige Panorama, dann wieder trieb ich mich an, schneller zu gehen, als ob es darauf ankäme, möglichst bald auf dem Gipfel zu sein. Beim ersten Anblick der Figur war ich erstaunt, dass die Figur viel feiner geworden ist, als ich sie mir vorstellte. Ich mag die Figur. Ich meine das in dem Sinne, dass es mir gefällt, genau das ausgedrückt zu haben, was mir wichtig ist: Ich fühle mich so wie die Skulptur. Ich bin ebenso in mich gestülpt. Irgendwann habe ich beim Formen intuitiv beschlossen, ich weiß auch nicht warum, ich mache keine Arme! In meiner Familie habe ich immer für die anderen gehandelt. Eigentlich möchte ich mich fallen lassen. Es soll doch einmal jemand anderes etwas für mich in die Hand nehmen! Meine Figur ist ein Gegenstück zu den Nanas von Niki de Saint Phalle 7: dicke, bunte Figuren, Symbole der weiblichen Fruchtbarkeit. Weiblichkeit zu betonen war für meine Mutter, die viel Wert darauf legte, bieder und korrekt auszuschauen, ein Sakrileg. Meine Mutter hatte wahrscheinlich eine Abscheu vor ihrem Körper. Als bettlägeriger Pflegefall war es ihr, die sich zuvor um keinen Preis nackt gezeigt hätte, plötzlich völlig egal, wenn sie entblößt auf dem Bett lag, selbst wenn ein Mann das Zimmer betrat. Es war ihr nicht mehr wichtig, ihre Intimität zu schützen, als hätte sie geistig bereits ihren Körper verlassen. Nacktsein ist noch heute schlimm für mich.
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In Bezug auf meine Vorstellungen von meiner Attraktivität fällt mir eine Schlüsselepisode ein: Ich war noch klein und saß bei meinem Vater auf den Schoß. Der kämmte mich und sagte: ‚Du bist meine Hübsche.’ Die Mutter kommentierte barsch: ‚Nein, hübsch wird sie nicht, aber adrett.’ Damals habe ich das Wort nicht verstanden, aber mir war klar, dass ich niemals schön werden kann. Ich war immer größer als die anderen Mädchen in der Klasse. Wenn mich beim Tanzstundenball ein Junge aufforderte und ich mich vom Sitzen aufrichtete, dann dachte ich: „Jetzt bereut er seine Wahl, denn ich bin viel zu groß und zu breit für ein Mädchen“. Oft stand ich vorm Spiegel und kritisierte mich. Warum konnte ich denn nicht zierlicher ausschauen? Ich fühlte mich weder als Mann noch als Frau. Männer wollen etwas Kleines, Zierliches und nicht so ein Mann-Weib wie mich. Ich glaube daraus resultieren bis heute meine Hemmungen hinsichtlich sexueller Initiative. In der Ablehnung empfindet mein Körper am intensivsten.“ In einer späteren Phase versuchte Frau I. ein imaginatives Rollenspiel zwischen ihrem heutigen Selbst und ihrem Selbst als dem neunjährigen Mädchen. 8 Die Kontaktaufnahme scheiterte, da ihr heutiges Selbst Ekel vor dem Imago ihres Mädchen-Selbst empfand. Als die Patientin anhand einer Videoaufzeichnung des Rollenspiels das Problem ergründen wollte, war ihr zunächst eine inhaltliche Auswertung nicht möglich; denn auch die Aufnahmen, die sie mit ihrem Anblick konfrontierten, lösten physische Abneigung aus. In nachfolgenden Sitzungen fand Frau I. heraus: „Ich kann mich in Bezug auf meine Mutter nicht an körperliche Zärtlichkeiten oder tröstenden Kontakt erinnern. Berührungen waren für sie ein notwendiges Übel zum Zwecke der Versorgung mit dem Gesichtsausdruck von Abscheu. Mein Vater erklärte unsere Mutter „zur Heiligen der Familie“ und ihre depressive Erkrankung uns Kindern zur Verpflichtung zu unbedingter Rücksichtnahme.
Becker, M. (2005) Niki de Saint Phalle – Starke Weiblichkeit entfesseln., List Taschenbuch, München. Smucker, M. Reschke, K, B. Kögel (2008) Imagery Rescripting & Reprocessing Therapie. Schaker, ,Aachen.
THERAPIEGRUNDLAGEN
Später hatte ich ihre Rolle im Haushalt zu übernehmen. Der Vater forderte dabei „Selbstlosigkeit und Hingabe“ ein. An eigene Interessen zu denken würde den Herrgott erzürnen. In diesem Zusammenhang erinnere ich mich, wie ich etwa als Neunjährige vom Weihnachtsteller den letzten der köstlichen Schokoladenlebkuchen nahm. Nach einigem Zögern legte ich ihn wieder zurück, um mir einen weniger schmackhaften Keks zu nehmen. Schon damals hatte ich wohl das Gottesbild meines Vaters verinnerlicht: Gott ist – seiner Vorstellung nach – ein perfekter, zum Strafen bereiter Beobachter, den mein Egoismus erzürnen würde. Betrachtungen im Spiegel habe ich mir nur unter dem Vorwand erlaubt, den korrekten Sitz der Kleidung prüfen zu „müssen“. Selbstbespiegelung wäre Hoffahrt gewesen! Das sitzt noch tief in mir. Daher habe ich auch mein Video zunächst nicht ertragen. Eigentlich war vorige Woche die irrationale Angst, meine Eltern oder gar Gott, von dessen Liebe ich als Erwachsene überzeugt bin, zu enttäuschen, noch stärker als der Wusch, mich zu verstehen. Mir ist inzwischen klar: Meine Arbeitssucht und die Depressionen sind der Preis meiner Flucht vor mir und meinen Bedürfnissen.“
Körperwahrnehmung Körpergedächtnis
Körperschema neuronales Raumbild physiologische Ebene
Körperbild subjektives Erleben topische Bewertung
Körperselbst Selbstwertregulation Ich-synton Ich-dyston
Zusammenfassung Vorstellungen des Körperbild und des Selbstwertes bedingen sich wechselseitig. Das Körperbild ist eine Widerspiegelung des charakteristischen Interaktionsstils in der frühen Kindheit und wirkt später auf die Beziehungsgestaltung zurück. Erfüllen Bezugspersonen die emotionalen Grundbedürfnisse eines Kindes, entwickelt es Urvertrauen, Selbstwerterleben, Erkundungsfreude und Initiative. Unabhängig von objektiven Differenzen zu gesellschaftlichen Schönheitsstandards wird der eigene Körper von emotio-
nal versorgten Kindern als positiv erlebt und als attraktiv bewertet. Werden hingegen emotionale Grundbedürfnisse in der Kindheit frustriert, bilden sich ablehnende Selbstbewertungen mit kompensatorischen Verhaltenstendenzen aus. (nach J. Young beispielsweise Schemata der Instabilität und Angst vor Verlassenheit, des Misstrauens und der Angst vor Missbrauch, der Entbehrung von Zuwendung, Einfühlung und Schutz sowie der Unzulänglichkeit und Scham 5) Die Betroffenen entwickeln korrespondierende Körperbilder der Ablehnung und Entwertung. Sie empfinden ihr Körperselbst als untauglich. Ihrem Körper schreiben sie die „Schuld“ zu, an abgelehnten animalischen beziehungsweise irrationalen oder selbstschädigenden Impulsen oder der Abwertung und Ausgrenzung durch andere. Manipulationen des Körpers entsprechend eines Schönheits- oder Gruppenideals, lassen sich unter diesem Aspekt als Kompensation empfundener Defizite sowohl des Körperbildes als auch der Identitätsvorstellungen verstehen. Das Körperbild unterliegt auch nach dem Abschluss der physischen Reifung Lernprozessen. Nicht nur gravierende Traumata, sondern auch aktuell unverhältnismäßig erscheinende Reizeinwirkungen können der auslösenden Situation entsprechende Erinnerungen im KörperGedächtnis reaktivieren und eine nachhaltige Regression des Körpererlebens bedingen. Das erklärt auch, weshalb von frühen Entwicklungsstörungen Betroffene im Verlaufe ihrer Biografie wiederholt Therapien in Anspruch nehmen. Aus den hier dargestellten Zusammenhängen zwischen Beziehungsgestaltung und Körperbild ergibt sich für Therapeuten die Herausforderung bei Patienten, welche unter Beziehungs- und Körperbildstörungen leiden, sowohl emotionsbasierte als auch auf die Modifikation des Körperbildes gerichtete Therapieverfahren einzusetzen.
ÜBER DEN AUTOR Dr. rer. nat. Achim Schubert, Psychologischer Psychotherapeut, niedergelassen in Ebersberg, Lehrtherapeut, Supervisor akkreditiert bei der Bayerischen Landespsychotherapeutenkammer, arbeitet seit 20 Jahren mit körperbildbasierter Therapie.
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THERAPIEGRUNDLAGEN
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Illustration udo-buffler.de
Hochsensibilität – Last oder Gabe: für die Person selbst und ihre Beziehungen
THERAPIEGRUNDLAGEN
von Gillian Flügel B.A.
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ntensiv ist wahrscheinlich das Wort, das besonders sensible Menschen am häufigsten in den Mund nehmen: Sie empfinden alles, sei es eine schöne Landschaft, ein gutes Essen, ein tiefes Gespräch, ein Musikstück, Freundschaft, die Liebe, Leid, intensiv. Auch Störungen werden intensiv als solche wahrgenommen: das Radio oder den Fernseher im Hintergrund, Menschenmassen beim Einkaufen, Gerüche, Druck und Stress. Diese Intensität prägt auch ihr inneres Erleben, ihre Fantasie, ihre Träume. Sie haben ein feineres Empfinden als andere und reagieren früher und intensiver auf Reize. Kaum etwas perlt einfach an ihnen ab, sondern was ihnen begegnet, das berührt sie auch. Sie nehmen sehr viel mehr Feinheiten wahr als die Mehrzahl Ihrer Mitmenschen und denken intensiver und öfter über das nach, was sie erleben. Viele haben das Empfinden, schon seit der Kindheit, dass mit ihnen etwas nicht stimmt.
Was ist „Hochsensibilität? Hochsensibilität ist ein Persönlichkeitsmerkmal. Bereits 1997 hat die amerikanische Psychologin und Psychotherapeutin Elaine N. Aron in ihrem Grundlagenwerk „Sind Sie hochsensibel? Wie Sie Ihre Empfindsamkeit erkennen, verstehen und nutzen“ 1 das Persönlichkeitsbild des hochsensiblen Menschen umfassend beschrieben. Auf der Grundlage langjähriger Forschungen, ihrer Arbeit mit Patientinnen und Patienten und nicht zuletzt anhand ihrer eigenen Erfahrungen als Hochsensible hat sie einen Katalog der wesentlichen Merkmale der hochsensiblen Persönlichkeit entwickelt. Ihr zufolge sind ca. 20 % der Bevölkerung betroffen. Bei allen individuellen Unterschieden lässt sich im Allgemeinen sagen, dass Hochsensible • ein gesteigertes Wahrnehmungsvermögen für Feinheiten haben. Sie nehmen mehr und schneller Informationen auf als andere. Meist geschieht dies un- oder halbbewusst. • über eine ausgezeichnete Intuition verfügen, eine Folge ihrer erhöhten Wahrnehmung. Oft wissen sie etwas und können sich selbst nicht erklären, warum. • intensiver über Vergangenheit und Zukunft nachdenken als andere und überlegen, wie sich Situationen zum Wohle aller gestalten lassen. So entwickeln sie oft eine erstaunliche Weitsicht. • Masken schnell durchschauen. Ihr sicheres Gespür auch für feinste Regungen in ihren Mitmenschen lässt sich von Äußerlichkeiten nicht beeindrucken. Das macht
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E. Aron: Sind Sie hochsensibel? – mvg Verlag, 4. Auflage, 2009 Internet: www.hochsensibel.org
sie zu mitfühlenden Menschenkennern, die auch bei kurzen Begegnungen erstaunlich viel von einer Persönlichkeit erfassen. • Sinneseindrücke intensiver aufnehmen als andere. Natur, Musik oder Kunst können sie zutiefst berühren. Das macht sie genussfähiger als ihre weniger feinfühligen Mitmenschen. • leichter als andere feinmotorische Arbeiten erledigen und eher geduldig abwarten können. • eher Frühaufsteher sind (allerdings mit Ausnahmen). • eher kreativ als linear denken. Hochsensible (HSP) kommen aber auch schneller an ihre Grenzen. Ihre stark verfeinerte Wahrnehmung bringt es mit sich, dass Hochsensiblen auch schneller etwas zu viel wird. Sie geraten leicht unter Stress. Hochsensiblen fällt es sehr schwer, ... • ... normal weiterzuarbeiten, wenn sie dabei beobachtet oder beurteilt werden oder unter Zeitdruck stehen. • Vieles auf einmal zu erledigen haben. Hektik und Überforderung lösen bei Hochsensiblen Fluchtreflexe aus. Sie müssen sich zurückziehen, bevor sie wieder weitermachen können. • Hunger, Kälte, Lärm, Disharmonie, Krankheiten oder Unsicherheit auszuhalten. Sie reagieren auf solche Belastungen häufig mit körperlichen Symptomen wie Kopf- oder Magenschmerzen und Muskelverspannungen oder einfach allgemeiner Nervosität und Reizbarkeit. Wenn sie nicht gerade gewohnheitsmäßige Kaffee trinker sind, reagieren sie auch stärker auf Koffein. • auszuhalten, was „in der Luft liegt“. Das gilt sowohl für die unausgesprochenen Gefühle und Stimmungen anderer als auch für Schadstoffe und Reize. Beides belastet Hochsensible sehr und Hautirritationen oder Heuschnupfen sind unter ihnen keine Seltenheit. 2
Von der Umwelt verkannt... Weil sie zunächst innehalten, um Informationen zu verarbeiten, ehe sie sich in neue oder ungewohnte Situationen begeben, werden sie von ihrer Umwelt oft als zaghaft, scheu, schüchtern oder ängstlich fehlinterpretiert. Viele haben in ihrer Kindheit zu hören bekommen, dass sie zu sensibel sind, Mimosen, dass sie nicht übertreiben sollen, sich nicht anstellen sollen. Auch mit ihrer Schmerzempfindlichkeit werden sie oft nicht ernst genommen.
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THERAPIEGRUNDLAGEN
Typische, meist als negativ erlebte Aspekte der Hochsensibilität sind z. B.: • hohe Stressanfälligkeit • geringe Abgrenzungsfähigkeit • häufiges Bedürfnis nach Rückzug • evtl. rasche Gereiztheit und Verstimmtheit • Neigung zu Überempfindlichkeiten (Allergien, Nahrungsmittelunverträglichkeiten, Medikamente) • evtl. Folgeerkrankungen (Schlafprobleme, Migräne) • häufiges Übergangenwerden, v. a. im Berufsbereich. 3
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Internet: www.in-vida.de C. & D. Lülling: Lastentragen – die verkannte Gabe. Asaph Verlag, 2007
Hochsensible Lastenträger Christa & Dirk Lüling in ihrem Buch „Lasten tragen – die verkannte Gabe“ 4 betonen besonders die Intuition des Hochsensiblen, die seinen Mitmenschen die Lasten und Nöte intuitiv abspürt. Auch hier gibt es zwei Seiten: es ist eine Gabe, eine Befähigung, zu erkennen, wo jemand anders gerade steht, womit er zu kämpfen hat, was ihn bedrückt; und eine, die in der Seelsorge und im prophetischen Dienst in den christlichen Gemeinden von unschätzbarem Wert ist. Allerdings besteht die Gefahr, dass die HSP diese Lasten bewusst oder unbewusst mittragen möchte. Oder, dass sie sie quasi „anspringen“, und sie lernen muss, sich mit Gottes Hilfe davor zu schützen. Ein junger Mann fragte mich neulich: „Wie kann ich diese Gabe/Fluch loswerden? Schon wenn ich an der Bushaltestelle vorbeigehe, spüre ich, wie die Leute drauf sind. Das wird mir alles zu viel“. Hier ist innere Heilung notwendig und ein Lernen, sich vor der Flut von Eindrücken zu schützen.
Illustration udo-buffler.de
Typische, meist als positiv erlebte Aspekte der Hochsensibilität sind z. B.: • ausgeprägte Intuition • hohe Feinfühligkeit • intensives Empfinden, tiefes Wahrnehmen und Erleben • Perfektionismus und Verlässlichkeit • starker Gerechtigkeitssinn und Idealismus • Denken in größeren Zusammenhängen, tiefe Reflexion • Hoch entwickelte Detailwahrnehmung, Kreativität
THERAPIEGRUNDLAGEN
Was unterscheidet also sensible Menschen von den weniger sensiblen? Der Unterschied zu normal Empfindenden liegt in der intensiveren Verarbeitung von Informationen im Gehirn. Laut Aron unterscheiden sie sich von anderen vor allem dadurch, dass sie „unterschwellige Reize wahrnehmen können und großes Feingefühl beweisen. Das ist ihre grundlegendste Qualität und ein positiver und völlig richtiger Ansatz, ihr Wesen ganz und gar verstehen zu wollen“.1 Ihre „Haut“ ist dünner, sie haben weniger Schutz vor dem, was an sie herankommt. Hochsensibilität ist keine Krankheit, sondern ein Persönlichkeits- oder Temperamentsmerkmal. Einerseits eine besondere Begabung, weil man die Welt dadurch viel intensiver wahrnimmt, andererseits eine Belastung, weil sie zur Übererregung führen kann, und macht, zusammen mit anderen Faktoren, anfälliger für psychische Störungen.
Umgang mit sich selbst Deswegen muss man lernen, damit umzugehen! Der erste Schritt ist annehmen! Wir haben etwas Besonderes von Gott bekommen, etwas, was wir mit einem Fünftel der Menschheit teilen! Wir sind die Nachdenklichen, die, die allem auf den Grund gehen wollen, die, die Menschen und Situationen intuitiv erfassen, statt den Umweg über den Verstand zu nehmen! Wir sind die Kreativen, die Intensiven dieser Welt, die sich nicht mit Oberflächlichkeiten zufrieden geben! Wir sind die, die um Rat gebeten werden und die, die gut zuhören können. Um nur ein paar Eigenschaften zu nennen. Wo andere sich allein durch eine etwas robustere Psyche von dem abgrenzen können, was sie überfordern würde, müssen Hochsensible sich durch bewusstes Gestalten ihres Tagesablaufs und ihrer Umgebung vor Reizüberflutung schützen. Das erfordert eine gewisse Disziplin. Der Arzt und Psychotherapeut Dr. Samuel Pfeifer 5 fasst es folgendermaßen zusammen: • Finden Sie die Balance zwischen Überaktivität und Rückzug! – Beide Extreme schaden. • Lernen Sie die eigene Körpersprache verstehen! – Muskelverspannungen, Migräne, Spannungskopfschmerzen, ein empfindlicheres Immunsystem. • Bejahen Sie die Grenzen Ihrer Sensibilität! –Vergleichen Sie sich nicht mit den Starken! • Nehmen Sie nicht alles persönlich! – Übertragen Sie nicht Ihre Gefühle auf andere! • Gönnen Sie sich Zeit und Ruhe für sich selbst! – Disziplin ist nötig, um eine gesunde Balance zu finden. Werfen Sie Ihre Sorgen auf Gott! Mit Philipper 4,6: „ … lasset eure Sorgen vor Gott kundwerden im Gebet
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und Flehen, mit Dankbarkeit. Und der Friede Christi, welcher höher ist als alle Vernunft, bewahre eure Herzen und Sinne(!) in Christus Jesus. Sorgen Sie für ausreichend Schlaf !“ • Übernehmen Sie nicht zu viel Verantwortung! – Außer für sich selbst! • Erklären Sie anderen Ihre besondere Empfindlichkeit! – Dann kann Ihre Umwelt besser damit umgehen. • Erkennen Sie Ihre Schattenseiten und arbeiten Sie an Ihren Schwächen! – Legen Sie alte Überlebensstrategien ab, Reaktionsmuster, die Ihnen selbst und den Menschen in Ihrem Umfeld das Leben schwer machen – z. B. Eigensinn, Eifersucht, Abhängigkeit, Nörgelei, nachtragender Groll, übermäßiges Drehen um sich selbst, ungesunde Selbstbespiegelung.
Sind alle hochsensibel? Laut E. Aron sind es ca. 20 % der Bevölkerung. Im Anschluss an diesen Artikel finden Sie den von ihr entwickelten Test mit 27 Fragen. Wenn Sie mindestens 14 als zutreffend angekreuzt haben, sind Sie wahrscheinlich hochsensibel. Aber hier ist Vorsicht geboten! Nicht jeder ist in gleichem Maße sensibel, auch nicht in jeder Situation oder zu jeder Lebenszeit. Kein psychologischer Test ist bindend, Ihr Ergebnis darf nicht als „Beweis“ dienen, höchstens als Richtlinie. Das Ergebnis darf auch nicht als Entschuldigung dienen, nach dem Motto: „Ich bin hochsensibel, ich kann nicht anders“. Sollten Sie sich in diesem Artikel, oder im Test widerspiegelt sehen, werden Sie sich mit Sicherheit zunächst mal verstanden fühlen, und können Ihr Leben rückblickend an vielen Punkten neu einordnen. Das bringt Entlastung und Selbstannahme, und das ist gut so! Aber es sind wahrscheinlich auch weitere Schritte notwendig, um zu lernen, mit dieser Eigenschaft umzugehen. Das bleibt Ihnen und mir nicht erspart.
Samuel Pfeifer: Der sensible Mensch – Brunnen Verlag, 6. Auflage, 2008
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THERAPIEGRUNDLAGEN
Ich begegne vielen Menschen in der Beratung, die Mühe mit ihrer Sensibilität haben: Da ist einmal die Sängerin, die unterschwellige Unstimmigkeiten im Lobpreisteam spürt, die Vertriebsmitarbeiterin, die zu schroff im Umgang mit Kollegen ist, aber im Innern ein sehr sensibles Wesen hat, die Mittfünfzigerin, die nicht weiß, wer sie ist vor lauter Masken, die ihre Sensibilität verstecken, die jungen Menschen, die mit den Anforderungen und dem Stress in der Schule nicht zurecht kommen und denen die „Sicherungen öfters durchbrennen“. Männer haben es besonders schwer, in unserer Leistungsgesellschaft zu ihrer Sensibilität zu stehen. Viele dieser kostbaren Menschen erlebten in ihrer Kindheit, dass sie besser ihre Sensibilität verstecken, weil es zu riskant war, sie offen auszuleben. Heute besteht oftmals noch eine Unausgewogenheit zwischen Sensibilität und einem starken Äußeren. Das ging mir auch so! Als ich letztes Jahr anfing, mich mit dem Thema auseinander zu setzen, wollte ich nur herausfinden, ob was „dran“ ist. Aber als ich anfing, die Bücher zu lesen, merkte ich, dass ich selbst gemeint war. Plötzlich ergab vieles aus meiner Biographie einen Sinn, und ich merkte, dass ich meine Sensibilität viele Jahre unterdrückt hatte. Ich konnte mich nicht so sehr in den Introvertierten wieder finden, wohl aber in den Extrovertierten, die viele kreative Ideen haben, mehr „außerhalb von sich“ als „in sich drin“ sind, wie es Elaine Aron ausdrückt. In der Folgezeit habe ich alte Überlebensstrategien aufgegeben, meine Sensibilität neu angenommen, und Gott hat mein Gebet um Herzensveränderung erhört. Welch ein Segen, auch für meine Umwelt!
Hochsensibilität und Beziehungsfähigkeit Wir Hochsensible sind vorsichtig in Beziehungen, weil wir Feinheiten in den Reaktionen unseres Gegenübers sofort merken und uns den Kopf darüber zerbrechen. Oder weil wir Angst haben, von den eigenen intensiven Gefühlen überwältigt zu werden, weil wir Angst vor Bloßstellung und Zurückweisung, vor dem Verlassenwerden, vor Wutausbrüchen, Kontrollverlust, Aggressivität, Inbeschlagnahme und vor Bindung haben. Mehr als weniger sensible Menschen. Elaine Aron geht sehr gründlich darauf ein in ihrem Buch „Hochsensibilität in der Liebe“ 6.
E. Aron: Hochsensibilität in der Liebe“ – mvg Verlag Internet: www.dunamis.de E. Aron: „Psychotherapy and the highly sensitive person“ – Routledge, 2010 Weitere Internetlinks: www.hsperson.com (englisch), www.zartbesaitet.net 6
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Manche von uns sind sehr kritisch, weil sie Kleinigkeiten sofort bemerken – Kritiksucht und Nörgelei sind in der Tat nicht förderlich in Beziehungen! E. Aron weist auf drei besondere Vorteile hin, die HSP in Beziehungen mitbringen: Empathie, tiefe Gespräche und Treue. Zu der Frage, ob HSP mehr oder weniger als andere beziehungsfähig sind, würde ich sagen: sowohl als auch. Auch hier ist das Merkmal sowohl Gabe als auch Fluch. Ich glaube, wir Hochsensible bringen die Fähigkeit mit, in sehr tiefen Beziehungen zu leben, aber wir müssen viel daran arbeiten, um andere nicht zu überfordern – weder mit Kritiksucht noch mit unseren intensiven Gefühlen. Die Fähigkeit, in Beziehungen gute Grenzen zu setzen, muss von vielen HSP gelernt werden. Elaine Aron beschreibt es so: „ ... wir sind soziale Tiere
Illustration udo-buffler.de
Weiches Innere – harte Schale
THERAPIEGRUNDLAGEN
mit starken sozialen Emotionen wie Wut und Verzweiflung aufgrund von Verlust Erfahrungen, Scham, Angst vor Ablehnung, und vor allem vor Einsamkeit. Aus diesen Gründen profitieren sensible Personen noch mehr als die Allgemeinheit zweifelsohne von sicheren, unterstützenden, langfristigen Beziehungen und leiden andererseits noch mehr unter ihrer Abwesenheit. Daher liegt das Ziel und die wichtigste Aufgabe der therapeutischen Arbeit mit ihnen darin, ihre Fähigkeit zu verbessern, mit anderen in Beziehung zu leben.“ 8
Sind Sie Hochsensibel? 1.) Ich nehme Feinheiten in meiner Umgebung wahr.
2.) Die Stimmungen anderer Menschen beeinflussen mich.
3.) Ich neige zu Schmerzempfindlichkeit
4.) Ich habe an stressigen Tagen das Bedürfnis, mich zurückzuziehen – entweder ins Bett oder in ein dunkles Zimmer oder an einen anderen Ort, wo ich allein sein kann und keinen Reizen ausgesetzt bin. 5.) Koffein wirkt sich besonders stark auf mich aus.
6.) Ich fühle mich schnell überwältigt von grellen Lichtern, starken Gerüchen, kratzigen Stoffen oder Sirenengeheul in der Nähe
ÜBER DIE AUTORIN Gillian Flügel B. A., geb. 1953 in Lincoln, England, Christliche Therapeutin (de’ignis), Heilpraktikerin für Psychotherapie, Mitleiterin der Christusgemeinde Rottenburg, viele Jahre als Mutter von 4 Kindern, (Englisch-) Lehrerin, Seelsorgerin, Lobpreisleiterin tätig. Seit Anfang 2009 Leiterin der de’ignisBeratungsstelle Rottenburg.
Testen Sie sich selbst! 16.) Fernsehsendungen und Spielfilme mit Gewaltszenen meide ich.
17.) Wenn viel um mich herum los ist, reagiere ich schnell gereizt.
18.) Starke Hungergefühle lösen in mir eine starke Reaktion aus und beeinträchtigen meine Konzentration und meine Stimmung. 19.) Veränderungen in meinem Leben beunruhigen mich sehr.
20.) Ich bemerke und genieße feine, zarte Düfte, Geschmacksnuancen, Klänge oder Kunstwerke.
7.) Laute Geräusche bereiten mir Unbehagen.
21.) Ich empfinde es als unangenehm, wenn zuviel auf einmal los ist.
8.) Kunst und Musik bewegen mich tief.
9.) Ich habe ein reiches, komplexes Innenleben
10.) Ich bin ein gewissenhafter Mensch.
11.) Ich bin schreckhaft.
12.) Es bringt mich leicht aus der Fassung, wenn ich in kurzer Zeit viel erledigen muss.
13.) Wenn andere Menschen sich in einer Umgebung unwohl fühlen, weiß ich in der Regel, was notwendig ist, um Wohlbefinden herzustellen (z. B. durch eine Veränderung der Beleuchtung oder der Sitzgelegenheiten).
22.) Es zählt zu meinen absoluten Prioritäten, mein Leben so zu organisieren, dass ich Situationen vermeide, die mich durcheinander bringen oder überwältigen. 23.) Laute Geräusche, chaotische Szenen, und ähnlich intensive Reize treiben mich um.
24.) Wenn ich mit anderen Menschen konkurrieren muss oder beobachtet werde, während ich eine Aufgabe erfülle, werde ich so nervös und unsicher, dass ich weitaus schlechter abschneide als sonst. 25.) Als Kind haben meine Eltern und Lehrer mich als sensibel oder schüchtern eingeschätzt.
14.) Ich werde ärgerlich, wenn man von mir erwartet, zu viele Dinge gleichzeitig zu tun.
26.) Ich werde leicht überwältigt von starken Sinneseindrücken
15.) Ich gebe mir große Mühe, Fehler zu vermeiden oder nichts zu vergessen.
27.) Ich fühle mich manchmal nervlich so überstrapaziert, dass ich unbedingt allein sein will.
Entnommen aus: - „Lastentragen – die verkannte Gabe“ von Christa und Dirk Lülling - „Sind Sie hochsensibel?“ bzw. www.hsperson.com von E. Aron (tlw. eigene Übersetzung)
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THERAPIEGRUNDLAGEN
Einen sicheren Ort finden und einnehmen Stabilisierungsübungen in der therapeutischen Praxis bei posttraumatischer Belastungsstörung
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m Rahmen meiner Arbeit als Krankenschwester im Gesundheitszentrum der de’ignis-Klinik bin ich unter anderem als Co-Therapeutin mit der Aufgabe betraut, bei traumatisierten Patientinnen stabilisierende Übungen (sog. Imaginationsübungen1) durchzuführen. Nach einer kurzen theoretischen Erläuterung möchte ich vor allem über meine Erfahrung in der Praxis und über die Erfahrungen der Patientinnen selbst berichten.
Techniken der Imagination Imaginationsübungen werden im ambulanten und klinischen Bereich vor allem bei früh- und komplex traumatisierten Menschen eingesetzt. Unter einem Trauma wird
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von Annemarie Wolf
ein Ereignis verstanden, das von jedem Menschen als extrem belastend erlebt werden würde. Der Betreffende erlebt außergewöhnliche Situationen, in denen er lebensbedrohlichen Gefahren oder Handlungen ausgesetzt war. Auch das Miterleben solcher Situationen wird als Trauma gewertet. Derart belastende Erlebnisse führen zu Auslösern verschiedenster psychischer Störungen, unter anderem zur posttraumatischen Belastungsstörung. Nach den diagnostischen Kriterien der ICD 10 liegt dann eine posttraumatische Belastungsstörung vor, wenn: a) die Betroffenen einem kürzeren oder längeren außergewöhnlichen Ereignis von katastrophalem, bedrohlichem Ausmaß ausgesetzt waren b) anhaltende Erinnerungen oder Wiedererleben der
Imagination = bildhafte Vorstellung, begleitet von Sinneswahrnehmungen (hören, riechen, sehen)
THERAPIEGRUNDLAGEN
Belastung durch aufdringliche Nachhallerinnerungen („Flash-backs“), sehr lebhafte Erinnerungen, sich wiederholende Träume, oder innere Bedrängnis in Situationen, die der Belastung ähneln, auftreten. c) Umstände, die der Belastung ähneln oder mit ihr im Zusammenhang stehen, vermieden werden. (Die Vermeidung bestand nicht vor der Belastung) d) entweder 1. eine teilweise oder vollständige Unfähigkeit, einige wichtige Aspekte der Belastung zu erinnern, vor handen ist, 2. oder anhaltende Symptome einer erhöhten psychi schen Sensitivität und Erregung (nicht vorhanden vor dem Ereignis) mit folgenden Merkmalen auftreten: • Ein- und Durchschlafstörungen • Reizbarkeit- oder Wutausbrüche • Konzentrationsschwierigkeiten • Hypervigilanz 2 • Erhöhte Schreckhaftigkeit. e) die Kriterien b, c, und d innerhalb von 6 Monaten nach dem Belastungsereignis oder nach Ende der Belastungsperiode auftreten. Die imaginativen Techniken stammen aus der PITT (Psychodynamisch Imaginative Traumatherapie), entwickelt von Louise Reddemann (ehem. Leitung der Klinik für Psychotherapeutische und Psychosomatische Medizin des Ev. Johannes-Krankenhauses in Bielefeld) und werden besonders dann eingesetzt, wenn plötzlich auftauchende überwältigende Gefühle und Bilder den/die Betroffene/n überfluten. Sie dienen der Stabilisierung und Selbstberuhigung und sollen dem bedrohlichen Erleben (den „Flash-Backs“) und den wiederkehrenden Erinnerungen (Intrusionen 3) etwas entgegensetzen. Hierbei bekommt die betroffene Person auch das Gefühl, nicht mehr so ohnmächtig und hilflos dem Geschehen ausgesetzt zu sein. Ebenso eignen sich die Übungen gut zur Vorbereitung einer Traumatherapie und werden teilweise auch dafür verwendet.
Erfahrungen aus der Therapie mit der Übung „Sicherer Ort“ Bei einer der Patientinnen handelte es sich um ein schweres Trauma mit emotionaler als auch körperlicher Gewalt insbesondere in der Kindheit. Schon zu Beginn der Therapie klagte die Betroffene über auftauchende Bilder und Erinnerungen von bedrohlichem Charakter. Daher wurde früh eine Stabilisierungsmaßnahme eingeleitet, die vor allem aus der so genannten „Sicheren Ort-Übung“ bestehen sollte. Diese Übung dient dazu, die Erfahrung von absoluter Sicherheit und Geborgenheit zu vermitteln. Dies 2 3
ist jedoch nicht immer leicht, da die Erde oder ein beliebiger Platz auf der Erde unter Umständen alles andere als ein solcher Sicherer Ort sein kann. Mit Hilfe der Vorstellungskraft jedoch gelang es der Patientin, einen „Sicheren Ort“ zu finden, an dem sie sich wohl fühlte. Die Imagination förderte dabei ihre innere Wahrnehmung und reaktivierte Ressourcen. Diesen Prozess konnte ich in den Übungen mit meiner Patientin gut verfolgen. Bei der ersten Sitzung sollte sie sich zunächst einen inneren sicheren Ort vorstellen, der, obwohl noch undeutlich und verschwommen, ihr bereits ein erstes Gefühl von Geborgenheit, Licht und Wärme ermöglichte. Schon bei der 2. Übung schien es ihr leichter zu fallen, in der Vorstellung an ihren „Sicheren Ort“ zu gehen und sie berichtete mir voller Freude, sie habe ihren „Sicheren Ort“ mehr ausgestalten können. Auch in den nächsten Sitzungen konnte sie noch Details hinzufügen, und allmählich wurde sie in die Lage versetzt, diese Übung selbstständig unter Verwendung des zuvor vereinbarten körperlichen Zeichens, mit der die Vorstellung verankert wird, anzuwenden. Sie berichtete mir, dass es ihr zu Hause gelungen sei, durch den „Sicheren Ort“ eine Distanzierung bedrohlicher Bilder zu erreichen. Bei einer weiteren Patientin gelang es zunächst nicht, mit Hilfe der Imagination den „Sicheren Ort“ zu erreichen. In der Nachbesprechung arbeiteten wir heraus, dass ihr ein wichtiges Detail fehlte, um an ihrem „Sicheren Ort“ überhaupt landen zu können. Die Patientin selbst machte den Vorschlag, ihren „Sicheren Ort“ für sich alleine zu malen, um ihn sich konkreter vorstellen sowie das für sie wesentliche Detail ergänzen zu können. Bei einer weiteren Sitzung nun wurde der Ort in ihrer Vorstellung „vollständig“ und es gelang ihr ebenfalls, dorthin zu kommen. Auch diese geplagte Patientin berichtete von dem wohltuenden Gefühl der Sicherheit und Geborgenheit.
Hinweise zur Durchführung der Übung Um die Imaginationsübung des „Sicheren Ortes“ durchführen zu können, bedarf es als Voraussetzung eines zuvor aufgebauten therapeutischen Vertrauensverhältnisses; immerhin vertrauen sich die Patientin dem Co-Therapeuten mit einem sehr intimen inneren Erleben an. Vor Beginn der Übung wird die Patientin sowohl über die Durchführung als auch den Sinn der Imagination informiert. An einem verkürztem Beispiel nach Luise Reddemann möchte ich verdeutlichen, wie die betroffene Person in die Entspannung hineingeführt wird: „Ich möchte Sie jetzt zur Übung des „Inneren Siche-
Hypervigilanz = übertriebene Wachsamkeit Intrusionen = sich aufdrängende Vorstellungen, eindringende oder einschießende Gedanken, Gefühle, Erinnerungen
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ren Ortes“ einladen. Wenn Sie die Übung gerne machen möchten, schauen Sie jetzt in Ihrer Vorstellung nach einem „Sicheren Ort“, an dem Sie sich absolut sicher und wohl fühlen. Lassen Sie also Gedanken, Vorstellungen und Bilder aufsteigen von einem solchen Ort, an dem Sie sich ganz wohl und geborgen fühlen. Geben Sie diesem Ort eine Begrenzung ihrer Wahl, die so beschaffen ist, dass nur Sie bestimmen können, welche Lebewesen an diesem Ort sein sollen, oder dürfen ...“ Nach der Ankunft am „Sicheren Ort“ wird die Person gebeten, es entweder mit einem Handzeichen, oder auch mit Worten zu signalisieren. Man gibt ihr die Freiheit, den „Sicheren Ort“ zu beschreiben; wenn sie das aber nicht will, ist es auch in Ordnung. Wichtig ist, dass sie sich bequem, sicher und geborgen fühlt. Danach folgt eine Anleitung zum Wahrnehmen des Ortes: was sehen Sie, was hören Sie, was fühlen Sie, was riechen Sie? Die übende Person wird aufgefordert, ihren Ort in allen Sinnesqualitäten noch einmal bewusst wahrzunehmen, danach soll sie dann mit sich selbst ein körperliches Zeichen verabreden und ausführen, mit dessen Hilfe sie jederzeit an ihren „Sicheren Ort“ gehen kann. (Dieses Vorgehen wird als „ankern“ bezeichnet) Schließlich wird sie behutsam in den Therapieraum zurückgeholt, wobei zu beachten ist dass die „Rückkehrerin“ wieder ganz im „Hier und Jetzt“ ist. Eine Nachbesprechung ist unbedingt wichtig, um zu sehen, ob und wie die Übung gelungen ist. Es kann sein, dass die jeweilige Patientin z. B. sagt, den „Sicheren Ort“ nicht gefunden zu haben, oder dass es diesen für sie nicht gäbe, usw. Hier ist dann ein ermutigender, Sicherheit vermittelnder Hinweis unterstützend, dass es einige Male des Übens bedarf, bis sich konkrete, heilsame Innen-Bilder entwickeln. Ein Vorschlag wäre auch, in der nächsten Sit-
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zung die gleiche Imaginationsübung als begleiteten Dialog durchzuführen, damit der/die Anleiter/In durch Nachfragen während der Visualisierung an Stellen weiterhelfen kann, an denen es schwierig ist, sich Bilder vorzustellen oder auszugestalten. Weitere Ideen wären, den Sicheren Ort zu malen, oder im Gespräch zunächst herauszufinden, wie denn ein solcher Ort beschaffen sein müsste, um sich darin sicher zu fühlen. Hierbei werden Ressourcen und Kreativität der traumatisierten Person gefördert, für sich selbst sorgen zu lernen. Bei starkem Gefühl von Einsamkeit am „Sicheren Ort“, den ja kein anderer Mensch betreten können soll (Sicherheitsaspekt), ist Ermutigung notwendig, dass es ungewohnt, jedoch sehr wichtig ist, die Erfahrung zu machen, sich nur in sich und mit sich selbst auch sehr wohl fühlen zu können. Ergänzend kann allenfalls die Möglichkeit in Anspruch genommen werden, sog. „Innere Helfer“ (keine Menschen) mitzunehmen. Diese können z. B. Symbole sein wie eine „schöne Kette“, ein Haustier aus früheren Zeiten oder ein wichtiges Buch, die in der Vorstellung mitgenommen werden können. Auch der Gedanke an einen „Schutzengel“, den Gott zur Hilfe bestimmt hat, kann ein solcher „Innerer Helfer“ am Sicheren Ort werden.
ÜBER DIE AUTORIN Annemarie Wolf, Krankenschwester, Heilpraktikerin für Psychotherapie, arbeitet in der Abteilung für teilstationäre medizinische Rehabilitation an der de’ignis-Fachklinik.
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FACHKLINIK AKTUELL
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Sozialministerin zu Besuch in Altensteig
m 02. September 2010 besuchten die Sozialministerin des Landes Baden-Württemberg Dr. Monika Stolz, der Landtagsabgeordnete Thomas Blenke und der stellvertretende Geschäftsführer der AOK Nordschwarzwald Hartmut Keller die de’ignis-Fachklinik in Altensteig. Auch die Bürgermeister der Stadt Altensteig sowie der Gemeinde Egenhausen, Gerhard Feeß und Frank Buob, nahmen an dem Treffen teil. Schon zu Beginn betonte Claus Jürgen Hartmann, Geschäftsführer der de’ignis-Fachklinik, dass der Besuch der Ministerin nicht an Erwartungen geknüpft sei, sondern vielmehr einen Überblick über die Arbeit der de’ignis-Fachklinik geben solle. Er berichtete kurz über die Entstehung und Entwicklung der Klinik und gab einen kurzen Überblick über die Angebote. Der Landtagsabgeordnete Thomas Blenke nannte die Klinik in seiner Ansprache „die Wohlfühlklinik“ und
bezeichnete sie als „eine Perle des Schwarzwaldes“. Ihm war es schon seit längerer Zeit ein Anliegen, der Ministerin einmal die de’ignis-Fachklinik zu zeigen. Die Ministerin zeigte sich beeindruckt und sprach von einer „zukunftsweisenden Arbeit“, deren Erfolg nicht zuletzt an der Balance zwischen effizienter Kosteneinsparung und hohem Qualitätsstandard liege. Im Vordergrund des Treffens stand die Vorstellung des Konzepts des Assessment-Centers, insbesondere der erfolgreichen Kooperation der Fachklinik mit der AOK Nordschwarzwald, der Facharztpraxis von Dr. med. Herbert Scheiblich und der DRV. Auf diese Weise wurde das Konzept, dessen Ziel es ist, Menschen mit einer depressiven Erkrankung frühzeitig nach umfassender Diagnose die optimale Behandlung zu empfehlen bzw. einzuleiten, ein einmaliger Erfolg im Bereich der integrierten Versorgung. Abschließend gab die Sozialmi-
nisterin an, sie wünsche sich, dass die Frage „Was braucht der Patient?“ auch in anderen Bereichen des Gesundheitswesens an erster Stelle stehe. Die Prävention, auch ein weiteres Konzept der Fachklinik, sei für sie ein Zukunftsthema, welches mehr Beachtung im Gesundheitswesen finden müsse. Dies sei auch oder gerade wegen der immer älter werdenden Bevölkerung und dem starken Anstieg an psychosomatischen Erkrankungen bedeutsam. •
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FACHKLINIK AKTUELL
Optimale Behandlung bei Depressionen Vorstand der AOK Baden-Württemberg besucht Klinik in Altensteig
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er stellvertretende Vorstandsvorsitzende der AOK BadenWürttemberg, Dr. Christopher Hermann, besuchte auf Initiative von Christian Kratzke, Geschäftsführer der AOK Nordschwarzwald, die de’ignis-Fachklinik in Altensteig. Das Hauptinteresse galt dem Assessment-Center, einem innovativen Konzept, das die de’ignis-Fachklinik in Kooperation mit der AOK Nordschwarzwald 2007 realisierte und seitdem weiter verbessert hat. Eine enge Zusammenarbeit mit der DRV Baden-Württemberg, der DRV Bund und niedergelassenen Ärzten trägt maßgeblich zum Erfolg bei.
Mit diesem Angebot wird die Behandlung von Menschen, die an einer Depression leiden, optimiert. Bei einer depressiven Erkrankung bestehen nämlich die besten Heilungschancen, wenn sie möglichst frühzeitig erkannt und behandelt wird, so Dr. med. Rolf Senst, Leitender Arzt der de’ignisFachklinik. Leider ist das nicht selbstverständlich: Nach einer Veröffentlichung der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie, Psychotherapie und Nervenheilkunde (DGPPN) werden nur 6 % aller Menschen mit einer Depression adäquat behandelt. Ein Arzt kann Patienten mit Verdacht auf eine depressive Erkrankung, die bei der AOK Nordschwarzwald krankenversichert sind, ohne Formalitäten telefonisch für das Assessment-Center im de’ignis-Gesundheitszentrum anmelden. Am Schluss einer Intensivwoche mit umfassender Diagnostik und Probebehandlung wird die optimale Weiterbehandlung des Betroffenen eingeleitet. Silke Fortenbacher von der AOK Nordschwarzwald, machte in ihrem Vortrag über die Erfahrungen der vergangenen Jahre deutlich, dass alle
Beteiligten von dem Konzept profitieren, in erster Linie aber die Patienten, denen schnell und effektiv geholfen wird. Sie werden „signifikant motiviert und mit positiver Stimmung“ aus der Behandlung entlassen. Ein vergleichsweise großer Teil der Behandelten ist nach Abschluss der Therapie wieder arbeitsfähig oder beginnt mit einer stufenweisen Wiedereingliederung. Christian Kratzke nannte das Assessment-Center „ein Erfolgskonzept“. Im zweiten Vortrag an dem Nachmittag erläuterte Dr. med. Rolf Senst den leitenden Mitarbeitern der AOK noch einige Hintergründe zu depressiven Erkrankungen und zum Assessment-Center in der de’ignisFachklinik. Über ein weiterführendes neues Konzept für die Optimierung der Behandlung von depressiv Erkrankten wurde am Ende des Treffens gesprochen. Es wird wiederum von AOK Nordschwarzwald, dem niedergelassenen Psychiater Dr. med. Herbert Scheiblich aus Altensteig und der de’ignis-Fachklinik entwickelt. •
Neue Homepage:
www.deignis.de I
m Herbst 2009 zu unserem 20-jährigen Bestehen haben wir unser neues Logo mit dem Claim vorgestellt und begonnen unser Corporate Design umzustellen. Auf unserer Homepage haben wir damals nur das Logo und die Farben geändert. Nachdem wir nun die verschiedenen Druckerzeugnisse, unseren Messestand etc. neu gestaltet hatten, war es an der Zeit auch die Homepage komplett neu zu gestalten. Seit einigen Monaten ist sie nun „online“. Die Bedienung ist viel übersichtlicher und auch ansonsten ist sie viel moderner gestaltet. Klicken Sie doch mal bei uns vorbei … • 42
de’IGNIS AKTUELL
Damit ihr Hoffnung habt. 2. Ökumenischer Kirchentag München 12.–16. Mai 2010
Ökumenischer Kirchentag 2010 in München
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om 12. bis 16. Mai 2010 waren wir mit unserem neuen Messestand auf dem Ökumenischen Kirchentag in München vertreten. Wir hatten einen sehr guten Standplatz zugewiesen bekommen, gegenüber einer großen, schön gestalteten Ruhezone und dem auffälligen Stand des deutschen Bundestages. Ganz in unserer Nähe fanden Autorenlesungen statt (z. B. mit Margot Kässmann und Nina Hagen), was sicher dazu beigetragen hat, dass viele Kirchentagsbesucher in die Nähe unseres Standes kamen. Das Interesse an unserer Arbeit war groß. Wir hatten in den Tagen viele sehr interessante Gespräche. Da wir bisher noch nicht mit einem offiziellen Informationsstand auf einem katholischen oder ökumenischen Kirchentag vertreten waren, kamen viele Leute an den Stand, die noch nie von unserer Klinik gehört hatten. Die Reaktionen auf unser Angebot reichten von Begeisterung („genau so etwas habe ich gesucht“) bis zu Ablehnung („Psychotherapie und Religion darf man nicht miteinander vermischen“). Entsprechende Hinweise auf neuere wissenschaftliche Untersuchungen der Zusammenhänge zwi-
schen Religiosität und psychischen Erkrankungen, dass persönlicher Glaube und Gottvertrauen einen relevant positiven Einfluss auf die psychische Gesundheit haben können, fanden bei diesen Kritikern ein unterschiedliches Echo. Verweisen konnten wir in solchen Gesprächen dabei auch auf unsere langjährige Erfahrung, dass für viele unserer Patienten der persönliche christliche Glaube eine wichtige Ressource im Therapieverlauf war. Der weitaus größte Teil der Besucher reagierte sehr positiv auf unser fachliches klinisches Angebot und deckte sich mit Informationsmappen und Magazinen ein. Einige Gäste wollten wissen, ob wir es denn mit „dem Christsein ernst meinen“, da sie die Erfahrung gemacht hätten, dass vieles unter „christlichem Vorzeichen läuft“, was sich bei näherer Betrachtung gar nicht mehr als „nach ihrem Verständnis christlich“ herausstelle. Die nähere Erläuterung unseres Leitbildes und Beispiele aus unserem Alltag machten jedoch deutlich, dass es uns als Klinik wirklich um eine biblische Grundlage unseres Menschenbildes und Handelns geht, wir dabei aber nicht an eine bestimmt Glaubensgemeinschaft gebunden sind.
Zu den Standbesuchern gehörten auch wieder potentielle Patienten, Angehörige, Ärzte, Psychologen, Sozialpädagogen, Pflegekräfte, Pastoren, Studenten, usw. Auch ehemalige Patienten, die uns davon berichteten, wie gut Ihnen ein Aufenthalt in unserer Klinik getan habe, kamen an unseren Stand, ermutigten uns in der klinischen Arbeit und beauftragten uns, Grüße ans Mitarbeiter-Team auszurichten. Alles in allem war es bereichernd, als ökumenisch ausgerichtete Fachklinik „irgendwie“ am richtigen Platz gewesen zu sein. •
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FACHKLINIK AKTUELL
Erfolgreiche Rezertifizierung nach IQMP-Reha
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achdem die de’ignis-Fachklinik bereits im Dezember 2007 erfolgreich nach IQMP-Reha (Integriertes Qualitätsmanagement-Programm Reha) zertifiziert wurde, stand am 19. und 20. Oktober 2010 das so genannte Rezertifizerungs-Audit an. Das IQMP-Reha-Zertifikat hat eine Gültigkeit von 3 Jahren, so dass alle 3 Jahre eine Rezertifizierung erfolgen muss. Zuerst führten die beiden Auditoren von LGA Intercert ein ausführliches Gespräch mit der Klinikleitung. Dabei ging es um die Entwicklungen und Verbesserungen in den vergangenen drei Jahren, unter anderem auch um die Umbaumaßnahmen und Erweiterungen. Außerdem stellten die Auditoren viele Fragen zum Qualitätsmanagementsystem und den verschiedenen Konzepten der Klinik, z. B. zu Kommunikation, Fortbildung, Hygiene, Controlling, Risikomanagement, um nur ein paar zu erwähnen. In einem zweiten Teil ging es darum, zu überprüfen, ob das, was die Leitung vermittelt, auch bei den Mitarbeitern
ankommt und von ihnen gelebt wird. Dazu wurden die Mitarbeiter der Klinik über ihre Arbeit befragt. Dabei ging es nicht nur um strukturierte Abläufe, Qualitätsziele oder Dokumentationen, sondern auch darum, wie die Mitarbeiter über das Leitbild denken, ob es wirklich ihren Arbeitsalltag prägt, oder darum, wie persönlich die Mitarbeiter die Patienten behandeln. In den Gesprächen mit den Mitarbeitern wurde die Besonderheit unseres Konzeptes sehr deutlich, also dass der christliche Glaube und Gebet für die Mitarbeiter und den größten Teil der Patienten von zentraler Bedeutung sind. Die Auditoren überzeugten sich davon, dass die Mitarbeiter das Leitbild der Klinik nicht nur kennen, sondern auch danach handeln. Die Auditoren nahmen alle Bereiche der Klinik genau unter die Lupe, neben der Therapie also auch die Pflege, die Verwaltung, die Hauswirtschaft und die Haustechnik und wiesen auch auf einige Verbesserungsmöglichkeiten hin, die wir für gewinnbringend halten
und deren Realisierung wir nun in Angriff nehmen werden. Wichtig war für uns, dass wir alle neuen, von der Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation (BAR) erarbeiteten, Kriterien erfüllen. Während für einen Großteil der IQMP-Reha Kriterien eine Erfüllung zu 55 % (5,5 Punkte) ausreicht, um das Zertifikat zu erhalten, müssen die BAR-Kriterien zu 100 % erfüllt werden, was uns laut den Auditoren auch gut gelungen ist. Wir sind sehr dankbar, dass das ganze Audit von einem sehr wertschätzenden und guten Miteinander geprägt war und dass wir insgesamt ein sehr gutes Ergebnis erzielen konnten. Im Vergleich zum Erstaudit vor 3 Jahren konnten wir unser Ergebnis verbessern. Die nächste Überprüfung wird im Jahr 2013 erfolgen. Natürlich haben wir das Ziel, bis dahin wieder ein Stück besser zu werden. • Jens Rödel, Qualitätsmanager
Neues Domizil für Praktikanten und Zivis
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nsere Praktikanten und Zivis konnten Mitte Oktober in eine neue, sehr schöne Wohnung umziehen. Sie haben nun in unserem „Personalhaus“ mehr Platz in deutlich schönerer Atmosphäre. In einer gut ausgestatteten Küche können sie gemeinsam kochen und im angrenzenden Esszimmer essen und Gemeinschaft pflegen. Ein Praktikantenzimmer hat Zugang zu einem großen Balkon. Auf einer schönen Veranda 44
bzw. auf der Terrasse können alle Bewohner bei entsprechendem Wetter draußen sitzen. Das Haus liegt direkt angrenzend an Felder und Wiesen zwischen Egenhausen und Spielberg, so dass man einen schönen Ausblick hat. Bisher wohnten die Praktikanten und Zivis im Dachgeschoss des de’ignis-Gesundheitszentrums. Aufgrund der Ausweitung des Angebots der Tagesklinik benötigen wir dort mehr Behandlungsräume. Wir haben uns deshalb entschieden, die Praktikanten- und Zivi-Wohnung auszulagern und dafür einen Teil eines größeren Hauses am Ortsrand von Egenhausen zu mieten. In der nahe gelegenen Klinik Egenhausen fehlt uns schon seit längerer Zeit ein Raum für Besprechungen. Wir sind froh, dass wir jetzt auf zwei schöne Räume im Personalhaus aus-
weichen können. Das gesamte Haus verfügt noch über viel mehr Fläche und steht zum Verkauf. Es wäre ein optimaler Standort für unser Projekt für Kinder und Jugendliche (wir berichteten im letzten Magazin über unsere Pläne). Wir planen deshalb, dort im Frühjahr 2011 zunächst mit einem ambulanten Angebot zu beginnen. Dafür suchen wir noch eine/n Kinder- und Jugendlichen-Psychotherapeuten/in, selbständig zur Niederlassung mit einer Praxis in unseren Räumen oder auf Honorarbasis mit einer Anstellung bei uns. Aufgrund mehrerer Gästezimmer mit eigener Nasszelle in dem Gebäude könnten Kinder und Jugendliche dort langfristig auch wohnen, so dass das Haus auch für den Aufbau eines stationären Angebots für Kinder und Jugendliche geeignet ist. •
de’IGNIS AKTUELL
INSTITUT AKTUELL
„Kraftquellen aus denen wir schöpfen“
Eindrücke vom Supervisionstag am 15. Oktober 2010
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ach einigen Absagen starteten wir mit einer relativ kleinen Gruppe von 11 Teilnehmern in unseren herbstlichen Supervisionstag „Psychotherapie & Lebensberatung mit Patienten/Klienten mit religiöser Werteorientierung“. Das Motto des Vormittags „Aus welchen persönlichen Kraftquellen schöpfst du in deinem Dienst an psychisch erkrankten Menschen?“ regte zu einer lebhaften Diskussion an: Was bedeutet es in Gott eine Quelle des Lebens zu haben? (Psalm 36,8-10) Müssen wir uns begnügen mit einer Teilerfüllung persönlich sehr wichtiger Lebensbedürfnisse? Die unerfüllten Sehnsüchte irgendwohin „wegpacken“ oder verleugnen? Wie kommen wir selbst als Therapeuten zu einem erfüllten Leben? Welche Rolle spielt Gott? Wie kommen wir zu der Erfahrung, dass Gott uns „…mit der Freude des eigenen Herzens beschäftigt“? (Prediger 5, 17f ) Im Austausch wurde es bald deutlich, dass ein bedeutender Anteil unserer christlichen Ratsuchenden oder Patienten an einer nicht
wahrgenommenen und (noch) nicht beantworteten Sehnsucht leidet: „Hingezogene Hoffnung/Hoffnung die sich verzögert, macht das Herz krank/ängstigt das Herz; aber ein eingetroffener Wunsch/wenn aber kommt, was man begehrt – (das) ist ein Baum des Lebens.“ (Sprüche 13,12 – tlw. Luther/tlw. Elberfelder Bibel) Um die Selbstreflexion auch mit einem Stück Selbsterfahrung abschließen zu können, bekamen die Teilnehmer die Aufgabe, alltägliche Kraftquellen im Bild zu gestalten und in der Gruppe vorzustellen. Den Nachmittag verbrachten wir mit interaktiver Fallarbeit: Auf eine kurze Vorstellung des jeweiligen Problems im Therapie-/Beratungsprozess konnte jeder aus der Gruppe Hypothesen zum Problem bilden und ungefiltert äußern, seine Resonanz auf den „Fall“ wiedergeben oder kurze Lösungswege entwickeln. Nach einer Viertelstunde endete die jeweilige Beschäftigung mit dem vorgestellten Fall. Dem Supervisanden blieb es selbst überlassen, sich aus der Fülle
der Anregungen das für ihn wichtige herauszunehmen. Einhelliges Feedback war „es war sehr anregend und fruchtbar, per Assoziationstechnik so viele unterschiedliche Reaktionen auf den Fall gespiegelt zu bekommen“. Zur Fallarbeit gehörte auch wieder der spannende Einbezug des „Hörenden Gebets“: Ohne weiterführende Information (außer anonymisiertem Vornamen und Alter) innere Eindrücke von Gott erbitten, was es mit dem Fall auf sich hat oder was der Therapeut beachten sollte. Dass hier natürlich mehr zutreffende und weniger treffende Impressionen zustande kamen, liegt in der Natur der Sache. Den Abschluss des Seminartages bildeten dann noch spezifische Fragen zur Methodik der Beratung, die interaktiv vor dem Erfahrungshintergrund der Teilnehmer diskutiert wurden.
Supervisionstage 2011: Freitag, 01. April 2011 Freitag, 18. November 2011
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Neuer Kurs im Herbst 2011 Christlich-integrative Psychotherapie Für alle Interessenten bieten wir dazu Auswahl- bzw. Schnupperseminare unter dem Motto „Komm und sieh“ an: • zur persönlichen Begegnung und Kennen lernen, • zum klären grundlegender Fragen zur Ausbildung, Bitte • zum Schnuppern an Fortbildungsinhalten wie Referat, weitere Seminarunterlagen, Wahrnehmungstraining mittels Infos anfordern Therapievideo und Miniselbsterfahrung. oder unter Termine: www.deignis.de (1) Auswahlseminar 14. März 2011 de’ignis-Institut (2) Auswahlseminar 08. April 2011 Dipl. Psych. Rainer Oberbillig (3) Auswahlseminar 29. April 2011 Tel. 07453 9494-0 od. 07453 9391-0 (4) Auswahlseminar 16. Mai 2011 info@deignis.de · www.deignis.de (5) Auswahlseminar 06. Juni 2011 45
de’ignisWohnheim – Haus Tabor
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de'ignis-Wohnheim – Haus Tabor Neue Herausforderung für de'ignis-Wohnheim – Der neue Anbau für 650.000 e
euen Herausforderungen sieht sich das de’ignis-Wohnheim gegenübergestellt. Ein Anbau wurde erforderlich, um den Bewohnern mehr Einzelzimmer zur Verfügung stellen zu können. Dies bedeutet eine erhebliche Qualitätssteigerung. Auch wenn die Heimkosten von immer mehr öffentlichen Kostenträgern übernommen werden, bleibt das de’ignis-Wohnheim auf Spenden angewiesen, um alle Ausgaben decken zu können. Nach dem neuen Erweiterungsbau wird das de’ignis-Wohnheim mit Außenwohngruppen über 40 Plätze verfügen. Die neuen Räumlichkeiten ermöglichen den Aufbau eines Wohntrainings in Stufen. So werden die BeErdgeschoss
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wohner schrittweise herangeführt, wieder mehr Verantwortung für sich selbst zu übernehmen. Dies geschieht durch Arbeitstraining sowie den Aufbau alltagspraktischer Fähigkeiten wie Waschen, Bügeln, Kochen etc. All dies wird begleitet durch pädagogisch-therapeutische Angebote wie pädagogische und psychotherapeutische Einzelgespräche, Gruppengespräche, Kunsttherapie, Ergotherapie, heilpädagogisches Reiten, freizeitpädagogische Angebote (Sport, Gymnastik, Segeln, Ausflüge etc.). Bei all dem spielt der christliche Glaube, der im Haus als überkonfessionelles Angebot gestaltet wird, eine wichtige Rolle als Motivation auf der Basis eines persönlich akzeptierten Wertesystems Dachgeschoss
und als Quelle der Kraft, aber auch des Trostes zur Lebensgestaltung und -bewältigung. Damit bietet das de’ignis-Wohnheim – Haus Tabor ein umfassendes Angebot, verloren gegangene Lebensperspektiven zu überwinden, neue Lebensqualität zu entwickeln und dabei den christlichen Glauben als helfende Ressource zu erleben. • Unterstützerverein Haus Tabor e.V. Kto. 8317232 · BLZ 693 620 32 Volksbank Messkirch de’ignis-Wohnheim Kto. 105338 · BLZ 690 516 20 Sparkasse Pfullendorf-Messkirch
de’IGNIS AKTUELL
6. Durchgang des Seelsorgekurses abgeschlossen 7. Durchgang steht kurz vor Neustart
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ach 6 Durchgängen des de’ignis Seelsorgekurses in Deutschland steht im Februar 2011 der Neustart unmittelbar bevor. Nachdem es im zurückliegenden Kurs in unserem
schönen Kursdomizil (Heu-Hotel Brigel-Hof in Langenhart) wegen der hohen Teilnehmerzahl zu erheblichen Platzproblemen gekommen ist, sind wir gezwungen, die Teilnehmerzahl diesmal zu begrenzen. Dies ist einerseits eine erfreuliche Entwicklung, andererseits ist damit die Notwendigkeit schneller Anmeldung erforderlich, weil wir nicht mehr so flexibel wie bisher reagieren können. Der überkonfessionelle de’ignis Seelsorgekurs befähigt zukünftige Seelsorger, Menschen in tief greifenden Lebenskrisen und psychischen Problemen angemessen zu begleiten. Dabei liegt der Schwerpunkt darauf, Einsicht in Lebenskrisen und psychische Erkrankungen zu vermitteln, um auf diese Weise die Fähigkeit für eine einfühlsame Begleitung Notleidender seitens des Seelsorgers zu entwickeln. Dabei grenzen wir uns ganz bewusst von pseudotherapeuti-
Schulung für Seelsorge Neustart in Langenhart Termine: 25. – 26.02.2011 21. – 22.10.2011 15. – 16.04.2011 09. – 10.12.2011 15. – 16.07.2011
Neustart in Langenhart
Nur noch wenige Plätze frei! Schnelle Anmeldung erforderlich! schen Herangehensweisen ab. Es geht um die Vermittlung von Kenntnissen, die eine seelsorgerliche Begleitung ermöglichen, die zusätzlich zu ärztlicher und therapeutischer Begleitung durch Fachkräfte geschieht, ohne diese zu ersetzen. Das seelsorgerliche Angebot von christlichen Kirchen und Gemeinden trägt geistlichen Charakter und gehört damit in den Bereich eines förderlichen sozialen Umfeldes für hilfesuchende Menschen. Auf diese Weise vermitteln wir Chancen und Grenzen seelsorgerlichen Handelns. Zusammengefasst lautet deshalb unser Motto: fachlich qualifiziert biblisch orientiert, theologisch reflektiert
Seelsorge mit allen Sinnen erleben 14. – 16. Januar 2011 Berufung entdecken und entfalten
Auf der Nordalb Veranstaltungsort: Kirche im Aufbruch e.V., 73326 Deggingen
Eingeladen sind Christen, die einen inneren Ruf zur Seelsorge verspüren. Interessierte sind ebenfalls eingeladen. Gerade in unserer Zeit suchen immer mehr Menschen mit psychischen Problemen in christlichen Gemeinden Hilfe. Veranstaltungsort: Heu-Hotel Brigel-Hof, Meßkirch-Langenhart mit dem Angebot von Seminarräumen, freundlichen Zimmern, Heu-Hotel und Verpflegung vom Bio-Hof
de’ignis-Wohnheim gGmbH – Haus Tabor zur außerklinischen psychiatrischen Betreuung in Kooperation mit Kirche im Aufbruch e.V. · Tel.: 07575 92507-0 oder 07570 951967; E-Mail: seelsorgekurs@deignis.de
Gemeinsam unternehmen wir eine faszinierende Entdeckungsreise zu unserer persönlichen Berufung. Dabei werden wir unsere Einzigartigkeit als etwas Großartiges entdecken, unsere Talente und Gaben aufspüren, und dabei unseren individuellen Lebenssinn wahrnehmen. Wir entwickeln Visionen und Perspektiven für ein Leben, zu dem wir geschaffen wurden. Seminarleitung: Dagmar Göhring und Alexandra Pfeifer mit Team
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de’ignisWohnheim – Haus Tabor
Teilnehmer der Schulung für Seelsorge berichten
Seelsorgeschulung – ein Rückblick Bereichertes Glaubensleben und innerer Reichtum Im Oktober 2008 startete ein neuer 10-teiliger de‘ignis Seelsorgekurs in Langenhart, an dem ich seither teilnehme.
Ich war bzw. bin aus mehreren Gründen motiviert, daran teilzunehmen. Durch meinen Beruf als Hausund Familienpfleger habe ich immer mit Familien in Notsituationen zu tun. Oft treffe ich in meinen Einsätzen auf Menschen mit tief greifenden seelischen Störungen. Natürlich habe ich in meiner Ausbildung vieles über psychische Erkrankungen und den Umgang mit psychisch belasteten Menschen gelernt. Aber alles aus einer säkularen Sicht. Als Christ gehe ich jedoch an viele Situationen anders heran. Und das gefällt mir an diesem Seelsorgekurs so gut. Psychische Erkrankungen im Licht der Bibel zu betrachten, wie es in Winfried Hahns Buch so schön heißt. Und alles eingebettet in psychologisches und thera-
peutisches Fachwissen. Eine weitere Motivation ist für mich auch das Wachsen im Glauben. Durch die intensive Beschäftigung mit der Bibel, durch den Austausch mit anderen Christen, die aus den unterschiedlichsten Gemeinden kommen, wird mein Glaubensleben bereichert. Und diesen inneren Reichtum möchte ich auch anderen Menschen weitergeben. Deshalb möchte ich auch dem Ruf in mir folgen und im Anschluss an diesen Kurs noch an der Fortbildung zum Christlichen Therapeuten teilnehmen. Für mich ist die Seminarreihe in Langenhart eine große Bereicherung. Sie ist hervorragend geleitet und auch die Versorgung im Heuhotel Brigelhof lässt keine Wünsche offen. •
Seelsorgeschulung in Langenhart – der rote Faden Anstrengende Wochen liegen hinter mir und alles in mir schreit nach der einsamen Insel, etwas ganz anderes jedoch steht an. Ein Seminar, Seelsorgeschulung, stundenlanges Sitzen und Zuhören. Und trotzdem freue ich mich sehr darauf. Warum denn eigentlich? Stillsitzen ist nicht unbedingt meine Sache... Es ist für mich die dritte von insgesamt zehn Einheiten und schon die letzen
Einheiten haben mich begeistert. Thema ist dieses Mal „Das biblische Menschenbild (Anthropologie)“ oder auch „Therapie des Herzens“ genannt, was mich sofort anspricht. Auch die kreativen Elemente der Seelsorge werden angesprochen und mit praktischen Übungen verdeutlicht. Aber ich habe für mich herausgefunden, dass nicht das Thema im Vordergrund steht, sondern immer der liebende, barmherzige und gnädige Gott der Mittelpunkt ist. Schon zu
Beginn, in der Lobpreiszeit spüre ich Gottes Gegenwart und sie begleitet mich durch das ganze Seminar. Auch in der sehr kompetenten Vermittlung der Lehrinhalte weht der Geist Gottes und zieht sich wie ein roter Faden durch das Thema. Das ist meine Antwort darauf, dass ich erfüllt und begeistert von diesem Seminar nach Hause komme! • Die Verfasser sind der Redaktion bekannt.
Fortbildung für Seelsorger in Langenhart bei Engelwies 3. – 5. Dezember 2010 „CoachWise EssentialsTM – Gesprächsführung unter Anwendung christlicher Coaching-Skills“ Der Wochenendkurs richtet sich an Menschen, die - an ihrer Gesprächsführungskompetenz arbeiten wollen - interessiert sind und mehr über Coaching erfahren wollen - sich aufmachen wollen, Coach oder Berater zu werden - interessiert sind an professioneller und persönlicher Entwicklung
Nächstes Seminar auf der Zeltstadt 2011!
Veranstaltungsort: Heu-Hotel Brigel-Hof, Meßkirch-Langenhart mit dem Angebot von Seminarräumen, freundlichen Zimmern, Heu-Hotel und Verpflegung vom Bio-Hof
de’ignis-Wohnheim gGmbH – Haus Tabor zur außerklinischen psychiatrischen Betreuung Tel.: 07575 92507- 0 oder 07570 951967; E-Mail: seelsorgekurs@deignis.de 48
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de’IGNIS AKTUELL
Seelsorge mit allen Sinnen erleben und Tage seelsorgerlicher Begleitung – Einblicke Gott deckt mir einen Tisch im Angesicht meiner Feinde – Wert statt Wertlosigkeit Ich habe es auf so wunderbare Weise erlebt. Ich kann nur jeden ermutigen, dieses Seminar zu besuchen. Gott hat mir gezeigt, dass er gerade aus dem Frucht wachsen lässt wo ich schwach bin oder Verschiedenes an mir selber aburteile. Etwas Neues entsteht. Mir fiel ein Porzellanherz hinunter, weil mir das Aufstehen, um Gott zu loben wichtig war und ich nicht an das auf meinem Schoß liegende Herz gedacht habe. Spontan kam mir der Gedanke hoch „typisch – so etwas kann ja nur Dir passieren“. Selbstverurteilung. Aber für Gott war es die Chance. Dagmar kam her und machte mir
Mut. Sie zeigte mir, wie Gott daraus Neues entstehen lässt. Er kann unsere Schwachheit benutzen und macht daraus Neues, Wertvolles. Mir ist wichtig geworden, dass ich für Gott wichtig und wertvoll bin, gerade in meiner Schwachheit. Es war sehr ermutigend, Gott mit allen Sinnen zu erleben. • Verfasser der Redaktion bekannt
Berufung entdecken und entfalten – Hoffnung Ich fuhr zum Seminar mit der konkreten Bitte an Gott gerichtet, dass sich meine Beziehung zu ihm ändern soll. Ich litt sehr unter meiner Distanz zu ihm, die ich nicht auflösen konnte.
Nach dem Wochenende fuhr ich mit einer aufkeimenden Hoffnung für mein Leben zurück, welche Gott in mir angezündet hat. Mit dieser Hoffnung kann ich mich ihm wieder nähern. • Verfasser der Redaktion bekannt
POLEN AKTUELL
Große Konferenz in Warschau
Baubeginn
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n Zusammenarbeit mit dem Theologischen Seminar Warschau (Ausbildungsstätte der polnischen Pentecostal Church) veranstaltet die Christliche Stiftung de’ignis-Polen eine Konferenz in Warschau, zu der einige hundert Teilnehmer, überwiegend Pastoren, erwartet werden. Hauptredner ist der bekannte deutsche Pastor Ingolf Ellßel. Auch der Vorstandsvorsitzende der christlichen Stiftung, Winfried Hahn, wird im Plenum sprechen.
Veranstalter: Christliche Stiftung de’ignis-Polen und Theologisches Seminar Warschau.
Neustart des de'ignis Seelsorgekurses im September 2011 im Theologischen Seminar in Warschau Nachdem der zweite Durchgang des de’ignis Seelsorgekurses mit über 40 Teilnehmern zu Ende gegangen ist, soll nun der neue Kurs im September in Warschau im Theologischen Seminar beginnen.
Der Baubeginn des de’ignis-Therapiezentrums ist nach wie vor abhängig von der Umnutzung unseres Geländes in Pomysk bei Bytow. Personalsuche und Konzeptionsentwurf in Abstimmung mit Behörden und Nationalem Gesundheitsfond (vergleichbar mit den deutschen Krankenkassen) sind in vollem Gange. Alle diese Aktivitäten kosten uns sehr viel Geld. Trotz guter wirtschaftlicher Entwicklung sind die sozialen Unterschiede im Land gewaltig und ein sehr großer Teil der Bevölkerung lebt in Armut. Aus diesem Grund erhalten wir aus Polen selbst wenig finanzielle Unterstützung. Deshalb sind wir nach wie vor auf Spenden angewiesen. • Spendenkonto: Christliche Stiftung de’ignis-Polen Kto. 7 260 512 (BLZ 666 500 85) Sparkasse Pforzheim
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ADRESSEN
Ambulante Therapie und Beratungsstellen (de’ignis) de’ignis-Gesundheitszentrum 72227 Egenhausen Telefon 07453-9391-0 de’ignis-Wohnheim Fred-Hahn-Straße 32 72514 Engelswies Telefon 07575-925070 de’ignis-Institut, Beratungsstelle Lerchenstraße 40 72213 Altensteig Telefon 07453-9494310 Dorothea Reuther, Beratungsstelle Dillweißensteiner Straße 9 75180 Pforzheim Telefon 07231-784088-0
Dagmar Göhring Ulmenweg 22 88605 Meßkirch-Langenhart Telefon 07570-951967 Dr. med. Martina Dickhaut, Beratungsstelle Ahornweg 2 25365 Kl. Offenseth-Spornieshoop martinadickhaut@gmx.de Katrin Lehmann & Annette Kuhn Beratungsstelle Großenhainer Straße 137 01129 Dresden Telefon 0351-84387-77
Magdalena Schnabel, Beratungsstelle Max-Liebermann-Straße 9 73257 Köngen/N. Telefon 07024-8689169 Erika Gasper, Beratungsstelle Alte Jakobstraße 75 10179 Berlin Telefon 030-27591782 Gillian Flügel, Beratungsstelle Am Bauschbergle 45 72108 Rottenburg Telefon 07472-7833
Kompetenz. Und Gottvertrauen.
Durchatmen, wenn die Luft raus ist. Effektive Präventionsangebote. Gesundheit ist ein hohes Gut, das es zu schützen gilt. Alle Maßnahmen, die dazu dienen, Gesundheit zu erhalten und Krankheiten zu vermeiden, werden unter dem Oberbegriff „Gesundheitliche Prävention“ zusammengefasst. Dabei ist viel Eigeninitiative gefordert, denn jeder kann die eigene seelische und körperliche Gesundheit stark beeinflussen. Eine praktische Anleitung, wie Körper und Seele gesund gehalten werden können, bieten unsere individuell gestaltbaren Gesundheitswochen und unser Kompaktkurs zur Stressbewältigung und -prävention. Detaillierte Informationen zu den Leistungen, Kosten und Terminen der de’ignis-Präventions-Angebote senden wir Ihnen gerne zu.
de’ignis-Fachklinik gGmbH auf christlicher Basis für Psychiatrie, Psychotherapie, Psychosomatik Telefon +49 (0) 7453-9391-0 Telefax +49 (0) 7453-9391-193 info@deignis.de
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Walddorfer Straße 23 · 72227 Egenhausen
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Kompetenz. Und Gottvertrauen.
Wir führen psychotherapeutische Behandlungen nach einem christlich-integrativen Konzept im Rahmen von stationären und ambulanten (teilstationären) medizinischen Vorsorge- und Rehabilitationsmaßnahmen durch. Zur Klinik gehören zwei räumlich getrennte Abteilungen für stationäre Behandlungen mit insgesamt 95 Betten, eine Abteilung für ambulante Rehabilitation mit 16 Plätzen sowie eine Abteilung für Prävention mit 12 Betten.
Für unsere Erweiterung suchen wir:
Oberärztin/Oberarzt
mit fortgeschrittener oder abgeschlossener psychotherapeutischer Weiterbildung (Psychiatrie und Psychotherapie oder Psychosomatische Medizin und Psychotherapie).
Assistenzärztin/Assistenzarzt mit Interesse an psychotherapeutischer Weiterbildung.
Kinder- und Jugendlichen Psychotherapeut/in
selbständig zur Niederlassung mit einer Praxis in unseren Räumen oder auf Honorarbasis mit einer Anstellung bei uns. Wir freuen uns auf Ihre aussagekräftigen Bewerbungsunterlagen! de’ignis-Fachklinik gGmbH auf christlicher Basis für Psychiatrie, Psychotherapie, Psychosomatik Walddorfer Straße 23 · 72227 Egenhausen Telefon +49 (0) 74 53 93 91- 0 info@deignis.de
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Bei Unzustellbarkeit oder Mängeln in der Anschrift senden Sie bitte eine Benachrichtigungskarte an diese Adresse: de’ignis Institut gGmbH Markgrafenweg 17 · 72213 Altensteig
Kompetenz. Und Gottvertrauen.
de'ignis-Fachklinik auf christlicher Basis für Psychiatrie – Psychotherapie – Psychosomatik • stationäre medizinische Vorsorge- und Rehabilitationsmaßnahmen • ambulante/teilstationäre Rehabilitation • Anschlussrehabilitation • Sanatoriumsbehandlungen • ambulante Behandlungen • Nachsorge IRENA/ASP • Angebote zur gesundheitlichen Prävention/Vorsorge • Assessment-Center
de'ignis-Wohnheim – Haus Tabor Sozialtherapeutisches Wohnheim nach biblischen Grundsätzen mit Einzel- und Gruppenangeboten: • Gesprächstherapie • Sozialtraining • Seelsorgeschulung • Arbeitstraining (z. B. im eigenen Verlag) • Freizeitpädagogik und individuelle Betreuung
de'ignis-Institut für Psychotherapie und christlichen Glauben • Fortbildung in christlich-integrativer Psychotherapie • Vernetzung von Fachleuten • Ambulante Dienste: – Supervision – Referenten zu diversen Themen für Ihre Veranstaltungen – Seminare für Ehepaare – Beratungsstellen für ambulante Beratung und Therapie – Weitere Angebote zur Prävention und Rehabilitation
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Christliche Stiftung de'ignis-Polen • Schulung • Freizeit • Ambulante und stationäre Therapie (in Planung)