de'ignis - Magazin 46

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Ausgabe Nr. 46/2013

magazin Kompetenz. Und Gottvertrauen.

Erf체lltes Leben durch gesunde Beziehungen

Sexualit채t, Sucht und Moral 1


Kompetenz. Und Gottvertrauen.

Psychotherapie, Psychiatrie, Psychosomatik. Auf christlicher Basis.

In der de’ignis-Fachklinik behandeln wir psychische und psychosomatische Erkrankungen, z. B. Depressionen, Ängste und Zwänge – sowohl stationär als auch ambulant. Grundsätzlich können die Kosten für eine Behandlung in unserer Klinik von allen Kostenträgern übernommen werden.

Zudem gehören ein Assessment-Center bei depressiven Erkrankungen, PAkT (Psychotherapeutische-Akut-Tagesklinik) und Nachsorge (IRENA, ASP) zu unserem Angebot. Nutzen Sie auch unsere Präventionsangebote, bei denen die gesundheitliche Vorsorge im Mittelpunkt steht. Das Angebot reicht von individuellen Gesundheitswochen bis hin zu Kursen zur Stressbewältigung.

de’ignis-Fachklinik gGmbH auf christlicher Basis für Psychiatrie, Psychotherapie, Psychosomatik 2 Walddorfer Straße 23 · 72227 Egenhausen · Telefon 07453 9391- 0 · info@deignis.de

www.deignis.de


editorial

Liebe Leserinnen, liebe Leser, in diesen Tagen saß ich in einer Kirche um in Ruhe Gott begegnen zu können. Als ich so auf der Bank saß, richtete sich mein Blick auf ein Fensterbild hinter der Kanzel, wo Jesus abgebildet war. Das Besondere daran war, dass Sonnenstrahlen das Bild in einer ganz besonderen und eindrucksvollen Weise erscheinen ließen. Da war eine Aussage die mich ansprach: „Ich bin der Herr, Dein Gott.“ In der Bibel finden wir diese Aussage mehrfach. Ich finde, das ist ein geniales Beziehungsangebot, das nach meinen Erfahrungen tragfähig und verlässlich ist. Es spiegelt die Sehnsucht des Menschen nach Gott, ein Thema, das die ganze Bibel durchzieht. Wir leben in einer Gesellschaft des rasanten Wandels, was wir zum Teil schon als überlebensnotwendig ansehen, insbesondere wenn es um Wettbewerb und persönliche Gefühle geht. Die Gefahr dabei ist der Verlust von Beständigkeit, Mangel an Verlässlichkeit und eine wachsende Unzufriedenheit. Dabei können wichtige Sehnsüchte des Menschen nicht mehr gestillt werden. Die in uns hineingelegte Sehnsucht nach Gott und die verlässliche gesunde Beziehung geht verloren. Wir greifen ständig nach etwas, was unseren Durst und unser Verlangen nur kurzfristig stillen kann, und keine langfristige und bleibende Stillung unseres inneren Mangels mehr gewährleistet.

Die Auswirkungen sind uns hinlänglich bekannt, und werden in den Medien und der Öffentlichkeit diskutiert. • Warum werden immer mehr Menschen wegen psychischer Erkrankungen arbeitsunfähig, • steigende Selbstmordrate, • schwindendes Vertrauen in Politik und Gesellschaft, • zerbrechende Ehen, • häufig wechselnde Partnerschaften. Natürlich geht es dabei um Werte wie Verbindlichkeit, Wahrhaftigkeit, Disziplin und Geborgenheit. Die Grundannahme, dass der Herr unser Gott ist, stellt ein gutes und tragfähiges Fundament dar, worauf wir unser Leben und somit unsere Beziehungen aufbauen können. Das möchten wir in dieser Ausgabe „Erfülltes Leben durch gesunde Beziehungen“ mit interessanten Autoren beleuchten. Im de’ignis Aktuell-Teil möchten wir Sie über die Entwicklungen unserer Arbeit informieren. Uns ist es wichtig, dass wir professionell arbeiten und somit auch einen qualifizierten Rahmen und eine optimierte Struktur für eine effektive Behandlung anbieten können. Dies ist nicht immer einfach und mit großen finanziellen Herausforderungen verbunden. Hier vertrauen wir auf Gott, dass er uns führt, danken den vielen Hilfesuchenden, die uns ihr Vertrauen schenken, und den Kostenträgern die mit uns zusammenarbeiten. Im Namen der Herausgeber Claus J. Hartmann

Die Herausgeber:

Claus Jürgen Hartmann Geschäftsführer, de’ignis-Fachklinik und de’ignis-Institut

Winfried Hahn Geschäftsführender Heimleiter, de’ignis-Wohnheim Vorstandsvorsitzender Christliche Stiftung de’ignis-Polen 3


inhaltsverzeichnis

S. 6

S. 22

Titelthema: Erfülltes Leben durch gesunde Beziehungen Sexualität, Sucht und Moral S. 6

Bernd Siggelkow/Wolfgang Büscher

Deutschlands sexuelle Tragödie Winfried Hahn/Ute Horn

S. 9 S. 14

Christliche Sexualmoral und wie wir sie unseren Kindern vermitteln können Anregungen zu Gesprächen zwischen Eltern und Kindern C. S. Lewis

Keuschheit – eine verunglimpfte Tugend IMPULS

S. 20 S. 22 4

Landesbischof i.R. Dr. Gerhard Maier

Hunger nach Selbstbestimmung Dekan Christoph Neubrand

Gelingendes Leben trotz Verzicht


impressum

Redaktion: Rainer Oberbillig, Winfried Hahn, Claus J. Hartmann Layout, Gestaltung & Druckvorstufe: AD Dipl.-Ing. Rainer Haas Tel. 07 11 48 23 31 · info@artdesign-stuttgart.de

S. 30

S. 34

Michael Hübner

S. 26

Eheglück, erfüllende Ehesexualität, Gesundheit – ein Zufall? Inge Westermann

S. 30

Irritierende Futtergabe Gedanken zu Beziehungssucht – Wege zum Sattwerden THERAPIEENTWICKLUNG

Carola Wiesel

S. 34 S. 38 S. 46

Tabuthema: Wenn es im Bett nicht mehr klappt ... Überblick über Ursachen und Therapie sexueller Funktionsstörungen Dr. med. Dietmar Seehuber

Erscheinungsformen sexueller Süchtigkeit DE’IGNIS AKTUELL

Termine · Berichte · Neues aus den Einrichtungen

Druck: Gedruckt auf LuxoArt Samt New von Henkel GmbH Druckerei, Stuttgart Auflage 16.000 Herausgeber: de’ignis-Fachklinik gGmbH auf christlicher Basis für Psychiatrie, Psychotherapie, Psychosomatik Walddorfer Straße 23 72227 Egenhausen Telefon: 07453 9391- 0 Telefax: 07453 9391-193 E-Mail: info@deignis.de Volksbank Nordschwarzwald eG IBAN DE50 6426 1853 0062 1680 02 BIC GENODES1PGW de’ignis-Wohnheim gGmbH – Haus Tabor zur außerklinischen psychiatrischen Betreuung Fred-Hahn-Straße 30 72514 Engelswies Telefon: 07575 92507-0 Telefax: 07575 92507-30 E-Mail: wohnheim@deignis.de Sparkasse Pfullendorf-Meßkirch IBAN DE46 6905 1620 0000 1053 38 BIC SOLADES1PFD

de’ignis-Institut gGmbH für Psychotherapie und christlichen Glauben Markgrafenweg 17 72213 Altensteig Telefon: 07453 9494-0 Telefax: 07453 9494-396 E-Mail: institut@deignis.de Volksbank Nordschwarzwald eG IBAN DE60 6426 1853 0066 6240 02 BIC GENODES1PGW Christliche Stiftung de’ignis-Polen Fred-Hahn-Straße 30 72514 Engelswies Telefon: 07575 92507-0 Telefax: 07575 92507-30 E-Mail: wohnheim@deignis.de Sparkasse Pforzheim IBAN DE83 6665 0085 0007 2605 12 BIC PZHSDE66XXX Alle de’ignis Einrichtungen sind gemeinnützig und arbeiten überkonfessionell. Spendenbescheinigungen werden auf Wunsch gerne ausgestellt.

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Foto: photocase.com/LEchaos

Titelthema

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ERFÜLLTES LEBEN DURCH GESUNDE BEZIEHUNGEN

Deutschlands sexuelle Tragödie

W

enn Kinder nicht mehr lernen, was Liebe ist – mit diesem Satz fing der Stern-Autor Walter Wüllenweber einen Artikel an, der die Medienlandschaft ein Stück weit in Aufregung versetzte (Stern, Ausgabe 06/2007). Das Fazit des Artikels war: Ein Teil der Gesellschaft driftet ab in die sexuelle Verwahrlosung. Ist dies tatsächlich der Fall oder wollte der Kollege lediglich Aufmerksamkeit erregen und etwas für die Auflage des Stern tun? In den Tagen und Wochen nach Erscheinen des Artikels riefen viele Journalisten in der Arche an und fragten nach dem Wahrheitsgehalt der zahlreichen Fallbeispiele. „Macht ihr die gleichen Erfahrungen?“, wollten sie wissen. Wir müssen sagen: Der Kollege hat sehr gut recherchiert. In vielen Gesprächen mit Kindern und Jugendlichen aus der Arche haben wir ähnliche Erfahrungen gesammelt. Vor einiger Zeit schickte mir eine unserer Sozial pädagoginnen, die im Auftrag in den Straßen Berlins unterwegs war, eine SMS, die in etwa den folgenden Inhalt hatte: „Hab mich gerade mit zwei Mädels getroffen und sie haben mir von ihrem ersten Mal Sex erzählt. Ein sonst eher stilles Mädchen sagte mir, sie habe mit 9 das erste Mal Geschlechtsverkehr gehabt. Ihre Mutti sei allerdings nicht sauer gewesen.“ Das ist kein Einzelfall. Vor einiger Zeit saß ein 11-jähriges Mädchen in meinem Büro und fragte mich, ob es hässlich sei. Auf meine Frage, wie es denn darauf käme, antwortete das Kind: „Weil ich noch keinen Sex hatte.“ Mädchen und Jungen in Deutschland haben immer früher Sex. Ihr erstes Mal erleben sie laut der Studie „Jugendsexualität“ der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BzgA) mit durchschnittlich 15 Jahren. Jedes zehnte Mädchen im Alter von 14 hat schon mit einem

VON Bernd Siggelkow/WOLFGANG BÜSCHER

Jungen geschlafen. In der Arche, das hat eine Umfrage ergeben, sind die Kinder im Durchschnitt schon ein bis zwei Jahre früher sexuell aktiv, manche von ihnen sogar noch wesentlich früher. Aber sind unsere Kinder deshalb auch reif dafür? Haben sie Gefallen am frühen Sex? Definitiv nicht. 80 Prozent der Kinder und Jugendlichen, die schon sehr früh sexuell aktiv waren, wünschen sich, sie hätten noch gewartet. Das ergab die schon genannte Studie der BzgA. Die Kluft zwischen körperlicher und geistig-psychischer Sexualreife wird immer größer. Sexualität hat auch ganz viel mit Verantwortung zu tun, mit Respekt, mit Bindung, Mitmenschlichkeit, Reife und – nicht ganz vergessen – mit Liebe. In den Gesprächen mit „unseren“ Kindern und Jugendlichen in der Arche merkt man, dass die körperliche Reife oft zwar da ist, die Seele jedoch hinterherstolpert. Viele der Kids haben schon ganz früh das Drehbuch zum Sex im Kopf. Geschrieben wurde es von der Bravo, von Internetportalen und oft auch von ihren Eltern. Sie erleben Sex als Ware, als Droge, als Ersatz für fehlende Werte. Die Jugendlichen werden überrollt von Informationen zum Thema Sex, und die Masse an Information und Bildern, die auf sie einströmt, wird ungefiltert und unverarbeitet von ihnen aufgenommen. Das führt dazu, dass sie sehr wohl wissen, was es alles gibt, aber das Ganze nicht einordnen können. Viele von ihnen wissen zwar, was Sadomaso bedeutet, was unter Gangbang und SandwichSex zu verstehen ist, aber das grundsätzliche Wissen über Sexualität und darüber, was diese mit Liebe zu tun hat, fehlt fast immer. Die Deutsche Gesellschaft für Sexualwissenschaftliche Sozialforschung warnt vor einer besonders 7


Foto: photos.com/hurricanehank

Titelthema

gefährlichen Mischung: „Das Wissen über Sex ist extrem gering, die Illusion jedoch, etwas darüber zu wissen, dafür umso größer“ (Berliner Morgenpost vom 16.5.2008). Da wundert es einen auch nicht, wie lax viele Jugendliche mit dem Thema Verhütung umgehen. Je jünger die Mädchen und Jungen beim „ersten Mal“ sind, desto seltener verhüten sie. Jedes fünfte Mädchen, das mit 14 oder 15 Jahren mit einem Jungen schläft, tut dies ohne Schutz vor Krankheiten und Schwangerschaft. Von den in diesem Buch beschriebenen Kids und Jugendlichen verhüten nicht einmal zehn Prozent. Der „Sexualaufklärer der Nation“, Oswalt Kolle, sagte in der Talkshow Maischberger zum Thema „Keuschheit statt Porno – brauchen wir eine neue Sexualmoral?“ (4. Dezember 2007), dass Frauenärztinnen in Deutschland davon sprechen, dass nur fünf Prozent aller Jugendlichen aus sozial schwächeren Familien verhüten. Fast täglich sind die Mitarbeiter der Arche unterwegs auf den Straßen und öffentlichen Plätzen, in Wohnungen und Häusern, um Familien und Kinder aufzusuchen, die in verschiedenen Lebensbereichen Hilfe brauchen. Hier treffen wir manchmal Kinder im Alter zwischen 5 und 6 Jahren, die über Stunden mit sich allein auf dem Spielplatz spielen. Weit und breit ist kein Erwachsener zu sehen. Zu einer bestimmten Uhrzeit gehen sie dann wie ferngesteuert nach Hause. In den Familien herrschen Arbeits- und Perspektivlosigkeit. Die Kommunikation findet häufig – wenn überhaupt – vor dem laufenden Fernseher statt. Unzählige Kinder in Deutschland wachsen so auf ... Damit ergeben sich Fragen, die wir uns in diesem Zusammenhang stellen müssen. Zum Beispiel:

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 Reicht die biologische Aufklärung in den Schulen?  Wo sind im Umfeld der Kinder Ansprechpartner zum Thema Sex zu finden?  Wie sollen Medien zukünftig mit diesem Thema umgehen?  Muss es nicht stärkere Kontrollen und bessere Schutzvorrichtungen im Internet geben?

Auszug aus „Deutschlands sexuelle Tragödie“ von Bernd Siggelkow und Wolfgang Büscher (Gerth Medien, 2008)

ÜBER DIE AUTOREN Bernd Siggelkow ist verheiratet und Vater von sechs Kindern. Er ist gelernter Kaufmann und hat er eine theologische Ausbildung absolviert und einige Jahre als Jugendpastor gearbeitet. Er gründete in Berlin-Hellersdorf das christliche Kinder- und Jugendwerk „Die Arche“. Seitdem entstanden noch mehrere Einrichtungen. Wolfgang Büscher ist Journalist und arbeitete als Medienberater für zahlreiche Unternehmen. Außerdem war er als Radiomoderator tätig und viele Jahre als politischer Journalist auch Mitglied der Bundespressekonferenz. 2004 wurde er Pressesprecher der Arche. Er arbeitet in Berlin als selbstständiger Medienberater.


ERFÜLLTES LEBEN DURCH GESUNDE BEZIEHUNGEN

Christliche Sexualmoral und wie wir sie unseren Kindern vermitteln können Anregungen zu Gesprächen zwischen Eltern und Kindern

von Winfried Hahn/Ute horn

Foto: thinkstockphotos.com/jupiterimages

Vertrauen erfordert Echtheit Wenn wir mit unseren heranwachsenden Kindern über so sensible Bereiche wie Sexualität sprechen, ist es sehr wichtig, dass wir es nicht mit erhobenem moralischem Zeigefinger tun. Die Folge wäre, dass sich die erwachsen werdenden Jugendlichen sofort verschließen würden. Sie sind ja von ihrer Entwicklung her betrachtet in einer Phase, in der sie sehr viel Wert auf die Respektierung der Grenzen ihrer Persönlichkeit legen. Sie reagieren allergisch darauf, wenn sie den Eindruck haben, von den Eltern oder anderen Autoritätspersonen wie Kinder behandelt zu werden. Wer das Vertrauen seiner heranwachsenden Jugendlichen haben will, muss es bewahren und immer wieder neu gewinnen. Es gibt einen Unterschied zu früheren Zeiten, der darin besteht, dass Autorität nicht mehr automatisch an eine

Funktion wie Eltern, Lehrer, Pfarrer geknüpft ist, sondern sich die Glaubwürdigkeit und Kompetenz immer wieder neu legitimieren muss. Ähnlich verhält es sich mit dem Vertrauen zwischen Eltern und heranwachsenden Kindern. Unsere Kinder werden nur dann ein offenes Gespräch über ihre persönlichsten Lebensbereiche führen und einen Einblick in ihre intimen Gedanken gewähren, wenn wir für sie vertrauenswürdig sind. Ich bin erstaunt, wie genau unsere beiden Kinder beobachten und auch früher schon beobachtet haben, wie wir als Ehepartner miteinander umgehen. Dabei sind wir 9


Titelthema

auch nur ganz normale Menschen, eben keine Idealmenschen, mit Konflikten, Schwierigkeiten und Herausforderungen. So gab es auch in unserer Ehe Situationen mit Spannungen und Streit, aber wir achteten als Ehepaar sehr sorgfältig darauf, dass die Kinder, wenn sie einen Konflikt von uns Eltern miterlebten, sie auch die Versöhnung mitbekamen. Eines Tages hörte ich zufällig ein Gespräch zwischen meinem damals 16-jährigen Sohn und einem seiner Freunde mit, in dem er Folgendes erzählte: „Wenn meine Eltern sich streiten, ist es ganz lustig. Denn wenn mein Vater aus dem Haus geht und wegfahren muss, dauert es keine 15 Minuten bis er anruft und sich bei Mama entschuldigt. Sonst kann er nicht predigen. Er ist nämlich Pastor.“ Eltern brauchen nicht fehlerfrei sein, aber glaubwürdig müssen sie sein, zumindest dann, wenn sie das Vertrauen ihrer Kinder haben wollen. Ich empfand es als ein riesiges Kompliment, als vor einiger Zeit mein damals 22-jähriger Sohn zu meiner Frau und mir sagte: „Ich finde, dass ihr keine Idealehe führt, aber wenn ich das mal mit meiner Frau so hinbekomme wie ihr, dann wäre es super. Ich wäre echt zufrieden. Und außerdem, was ich euch schon immer mal sagen wollte, wir sind echt eine coole Familie.“

Begleitung durch die Sturm- und Drangzeit Das Bemühen um Ehrlichkeit, Glaubwürdigkeit und um eine Familienatmosphäre, die von Echtheit geprägt ist, bildete bei uns die Grundlage für so manches persönliche Gespräch zwischen Vater und Sohn auch in den schwierigen Jahren der Sturm- und Drangzeit der Pubertät. Immer wieder ging ich mit meinem Sohn abends essen und wir führten viele Gespräche von „Mann zu Mann“ (übrigens eine gute Tradition, die wir bis heute pflegen). In diesen Gesprächen erfuhr ich sehr viel über seine persönlichsten und geheimsten Gedanken. Einmal sagte er zu mir: „Papa, ich weiß, dass du mit dem, was ich dir jetzt erzähle, nicht einverstanden bist, aber ich bin noch jung, ich brauch das jetzt einfach. Aber mach dir keine Sorgen, später werde ich dann schon vernünftig.“ Durch diese vertraute „Männerrunde“ erfuhr ich viele 10

Dinge von ihm (Mama durfte davon nichts erfahren, auch wenn es meist harmlose Dinge waren, aber wir redeten eben von „Mann zu Mann“), behielt aber auch Einfluss auf ihn. Über vieles diskutierten wir ausgiebig; nicht über alles konnten wir uns einigen. Aber ich bemerkte, wie er über meine Argumente nachdachte und oft stellte ich erstaunt fest, wie er bei Gesprächen mit seinen Freunden die von mir gehörten Argumente vertrat. Es ist wichtig für Eltern, Lehrer und auch Pfarrer zu realisieren, dass man ab einem gewissen Zeitpunkt Teenagern nichts mehr aufzwingen kann. Entweder man besitzt ihr Vertrauen oder man verliert seinen Einfluss auf sie. Das bedeutet nicht, dass man sich den Jugendlichen anbiedert, weder im Stil noch in den Inhalten. Um reifen zu können, brauchen sie Reibungsflächen, sie brauchen Widerstand, mit dem sie sich auseinander setzen können, um zu eigenständigen kraftvollen Persönlichkeiten werden zu können. Nicht der moralische Zeigefinger ist es, den sie brauchen, sondern Persönlichkeiten, die bereit sind, mit ihnen zu diskutieren, zu streiten und zu ringen, weil sie um ihr Wohlergehen besorgt sind. Junge Leute spüren sehr deutlich, ob sie jemand rechthaberisch, moralisierend zutextet oder ob jemand wirklich von Herzen um sie besorgt ist.

Was sagen Eltern ihrem Sohn? In diesen oder erwähnten Gesprächen hatte ich Gelegenheit, meinem Sohn immer wieder wertvolle Impulse zu vermitteln, von denen ich einige weitergeben möchte:


Fotos: photos.com/Comstock/Jupiterimages

ERFÜLLTES LEBEN DURCH GESUNDE BEZIEHUNGEN

 Mit Mädchen spielt man nicht. Sie sind Menschen mit Würde. Fummeln, Antatschen, Spielereien, nur um seine Lust und Neugierde zu befriedigen, verletzt die Würde des Mädchens, aber auch die eigene. Sie sind Töchter ihrer Mütter. Denke daran, mit wie viel Fürsorge, Respekt und Liebe wir in unserer Familie miteinander umgegangen sind. Denke an deine Schwester, möchtest du, dass man mit ihr leichtfertig, erniedrigend, nur die Lust befriedigend umgeht?  Jeder Mensch hat ein Geheimnis. Jeder Körper ist anders gestaltet, auch die Geschlechtsteile sehen bei jedem Menschen etwas anders aus. Es gibt zwar einen anatomischen Grundbauplan, aber jeder Mensch ist individuell und etwas anders gestaltet. Auch beim Orgasmus regiert jeder Mensch individuell auf andere Weise und das ist gut so. Du hast ein Geheimnis, jeder Junge hat ein Geheimnis, jedes Mädchen hat ein Geheimnis. Dieses Geheimnis sollte nur ein Mensch wissen und erleben: Der zukünftiger Ehepartner. Wenn du es aber mit Mädchen zu tun hast, so taste ihr Geheimnis nicht an, es gehört dir nicht, es gehört ihrem zukünftigen Ehemann. Aber pass auch auf dich selbst auf und lass dir dein Geheimnis nicht entreißen. Bewahre dich auf für deine einzige zukünftige Frau. Nur sie sollte dein Geheimnis kennen.  Wer das Geheimnis des anderen Menschen respektiert und sich selbst bewahrt, hat es leicht, bis zum Ende seines Lebens dem einen Partner treu zu sein. Wer leichtfertig mit sich selbst und anderen umgeht, hat es schwer, wirklich treu zu sein.  Wer das Geheimnis der Ehe nicht wertachtet und hoch schätzt, wird in Zeiten der Anfechtung und Krise nicht treu sein können.

Diese Inhalte bewegten wir in unseren Gesprächen immer wieder. Ich bin heute sehr dankbar dafür, dass aus dem Teen von damals ein verantwortungsbewusster junger Mann geworden ist, der vielleicht nicht in allen Dingen genauso denkt wie ich, aber dem man vertrauen kann – auch in dieser Beziehung.

Was sagen Eltern ihrer Tochter? Gespräche in der vorher beschriebenen Art fanden immer wieder auch mit meiner Tochter statt, wenn auch nicht in der Häufigkeit und Intensität wie mit meinem Sohn. Allerdings hatte meine Frau in der Zeit ihrer Entwicklung sehr persönliche, enge und vertrauliche Gespräche mit ihr. Es war für uns in der Familie völlig in Ordnung, wenn Papa mit Daniel redet und Mama mit Damaris. Allerdings erinnere ich mich noch gut an ein Seminar, das ich für die heranwachsenden jungen Leute in unserer Gemeinde zu diesem Thema hielt. Sehr aufmerksam verfolgte sie jedes Wort von mir und Jahre später sagte sie mir: „Papa, ich weiß ganz genau, was du damals alles gesagt hast. Ich hatte nämlich Angst, es könnte peinlich für mich werden, aber ich fand’s dann echt gut. Ich hab das bis heute nicht mehr vergessen.“

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ri e , a M e b e i L

it deinem nd dich m u m a k r b ihr me gefrag t, o Wohnzim h s ic in m b lt a te rs. Ich h zulasst, unvermit ganz ande he Nähe mittag so ic ir h rl m c e a p e r N ö rd k u te u dir gar d sah, w n so viel als ich he ht bist du uch liegen jetzt scho ic o e r C ll ih r ie e n V d n ? f e anW lten Freund au r da tut. sicht ganz und entfa ih in n s H e a r lt w e a , h st c st e wis schon s in man ndschaft g überhaupt es Manne euch jetzt in i eure Freu e e b n t n t tä a ä li d it a r ih die Sexu rer Lieiche Intim wie wollt keit in eu ie körperl laren, dass h d K c li n g n im e ö r w e M , b e te icht nicht darü wesentlich . Ich fürch h lange n u c e a o r in n F e r h h e ic c in d u die e mt ihr e et, muss artige ders ist als g hat, neh nes einzig raktiv find n je tt u a , ll n e h e st ic b g e d n li orra nge, der deinen chter zu so eine V meine To sen. Ein Ju d braucht h n t, c u a is re w e F g u a z L in it gibt ? De n, welche on in der besfähigke e zu richte ur einmal reund sch g n F in r in D re e e f d d u a n b a h bt in lieben. O nergie auc Millionen ziehung le E e r e B te h e n ic u d rl s Je e e . p das acht, seine kör Gespräch Mädchen, uptsache m nzen, um ichen das a re tl H n G r se u e re z la W t k ä d, e Intimit egonnen gehört im Widerstan haftlich b körperlich ern. Dazu sc ie n rd d e fö r id g ih le n n u undie en die Bezieh oft kein F spräch. W iehungen, e il z e e G w B . m r, e o n v d fe Linie leer lau auseinan allzu allererster hr schnell ell wieder t man das n ll se e h g st sc n r u e so h id ie e st Be z t umson önnen. L en tiefe wird eure utage nich wachsen k t nicht selt tz e is u tt t e ä h ib h le n e e b b h c erig Lie haben, bre ar. Was üb mit dem G t, auf dem w is h c tt n si e e t B rd g o ti baut w ander im eschwich dament ge hon mitein en. Man b sc h c n a ro m sp n e n g , we ber kaum oft erst fest wird darü r e sen sei. id e L . denkst ng htige gewe ic R r e . Natürlich d Beschämu n t e h ss ic la n l u z h as sollst ass es wo was sagen danken, d machen. D von mir et u z ir d n e t, g ll n fä u ge. hr dir iedene Din enen Erfa schwer es h ig e sc ie r e w e , v in h i e c e d u w ich a dem n, sind z rst einmal Nun weiß Dinge aus twas antu en, jetzt e e se b lo h a c h si rm u a z d h n t t ch u nicht mmeln u man läss du, das Re ß ist, bist d t es besser, hrungen sa ro is g fa r l, ig E il d r w n e ä b n b n eise hre du auch. A öglicher w m Leben u a itation erfa m v st a ir u r d g L e n rd e in E n die wenn de deren Folg Wenn ma lbst. Auch etzungen, se rl h e c V si u ls d a llen n riskierst Fenster fa momenta d n u r a b – viel zu d ir kostbar unver wun . m n t e is g b n ä u h D n lang a lieb habe. ein Leben begibst. ich so sehr d h ic in Gefahr il h e ic w , d n u e d g es so sa nte, wenn dir das all sehen kön u z ig lt ü Ich musste g ich dass ich gle kostbar, als

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b, P e i l h c i d h h ab

Du bist nicht altmodisch, wenn ... Ich denke, es ist wichtig, wenn wir unsere Töchter darüber aufklären, dass es Unterschiede in der Sexualität zwischen Mann und Frau gibt und Mädchen sich vor der drängenden Art der Sexualität, wie sie bei Männern überwiegend zu finden ist, schützen dürfen. Die so genannte sexuelle Befreiung der 68er beseitigte einen wichtigen Schutz für die weibliche Sexualität. Männer finden bekanntlich Erregung und Befriedigung durch äußere Reize, während die weibliche Sexualität mehr auf Beziehung, Nähe und 12

apa

das Gefühl, sich auf den anderen verlassen zu können, reagiert. Ungezügelte, lustorientierte Sexualität, wie sie in den Medien und der Werbung propagiert wird, kommt eher der männlichen Sexualität entgegen und beraubt die Frauen eines wichtigen Schutzes. Wie oft habe ich in der Seelsorge von jungen Frauen gehört, dass sie sich von Männern ausgenutzt und benutzt fühlten. „Sei nicht so zickig, stell dich nicht so an, was bist denn du für eine, alle machen es… bei dir stimmt wohl was nicht…“ – etc. Das sind Aussprüche, mit denen sich viele Männer Frauen gefügig machen. Wer möchte schon als verklemmt gelten, also geben viele Frauen ihre Grenzen auf und bereuen es hinterher bitter.


ERFÜLLTES LEBEN DURCH GESUNDE BEZIEHUNGEN

Ich denke, es ist eine wichtige Aufgabe gerade für uns Väter, unseren Töchtern zu vermitteln: Du bist nicht altmodisch, zickig oder verklemmt, wenn du dein Geheimnis schützt. Es ist wichtig, dass gerade wir Väter unsere Töchter auffordern, sich vor der gefährlichen Seite der männlichen Sexualität zu schützen. Auch hier sind wir Väter aufgefordert unseren Töchtern taktvoll und behutsam ein Bewusstsein dafür zu geben, was eine freizügige Art der Kleidung mit den Jungs in Ihrem Inneren anstellt, weil sie ja auf äußere Reize reagieren. Es ist nicht altmodisch, sondern rücksichtsvoll gegenüber seinen männlichen Kameraden und Freunden, wenn man nicht jeden Trend der Mode mitmacht. Wir erweisen unseren Töchtern damit einen wichtigen Dienst zu ihrem eigenen Schutz.

Entziehe dich der Verpflichtung zur Intimität Das Jugendalter, die Pubertät, ist für junge Menschen eine sehr kritische und verwundbare Phase. Der junge Mensch entwächst dem Schutz des Elternhauses, die Gruppe der Gleichaltrigen gewinnt mehr und mehr an Bedeutung und die Gesellschaft tritt mit ihren Erwartungen an den jungen Menschen heran. Für welchen Beruf bist du geeignet, wie intelligent, leistungsfähig und produktiv, wie nützlich kannst du für die Gesellschaft, die Wirtschaft oder den Staat sein? Durch Eignungstests und Intelligenztests fühlt sich der junge Mensch auf dem Prüfstand. All das ist für den jungen Menschen zutiefst verunsichernd. Ist er doch gerade in dieser Zeit auf der Suche nach seiner eigenen Identität. Weil er innerlich verunsichert ist, braucht der junge Mensch gerade für seine Intimität Schutz. Nun soll er sich auch noch im Bereich des Persönlichsten, Intimen preisgeben, sich ausprobieren lassen, notwendige Grenzen zum Schutz seiner Persönlichkeit preisgeben. Es war der bekannte Psychologe Erik Erikson, der darauf hinwies, dass die „Verpflichtung zur Intimität“ in dieser hochsensiblen Phase statt zur Identitätsfindung zur Identitätsdiffusion und damit zum Zusammenbruch der Persönlichkeit führen kann. Eltern tun ihren Söhnen und Töchtern keinen Gefallen, wenn sie diese „Verpflichtung zur Intimität“ unterstützen. Wir Väter dürfen unsere Töchter ermutigen, ihre Intimität zu bewahren – ohne Furcht, damit altmodisch zu sein. Und wir dürfen ihnen sagen, dass ein Mann Bewunderung für eine Frau empfindet, wenn sie sich bewahrt, ja dass in jedem Mann der Wunsch tief verwurzelt ist, dass seine Frau wirklich nur seine Frau ist.

Könnten Sie sich vorstellen, mit Ihrer Tochter solche Gespräche zu führen oder würden Sie ihr lieber einen Brief schreiben? In vielen meiner Vorträge habe ich die Beobachtung gemacht, dass Menschen innerlich tief bewegt und betroffen waren, wenn ich über diese Zusammenhänge sprach. Nicht geringschätziges Lächeln oder Spott waren die Reaktion, sondern Betroffenheit über Wahrheiten, die jeder Mensch in sich trägt, auch wenn er es nicht zugibt. Als Väter sollten wir den Mut haben, unseren Töchtern die Angst zu nehmen, altmodisch zu erscheinen, wenn sie zu diesen Wahrheiten stehen.

aus dem Buch von Ute Horn/Winfried Hahn: Baustelle erste Liebe. Verlag dip3, Bildungsservice GmbH, 3. Auflage. Bezugsquelle: www.kathshop.at

ÜBER DIE AUTOREN Winfried Hahn, ist Pastor und Pädagoge. Der Vater von zwei erwachsenen Kindern, Damaris und Daniel, studierte Pädagogik, war Pastor in mehreren freikirchlichen Gemeinden, und machte eine Ausbildung zum Christlichen Therapeuten. Heute leitet er das de’ignis-Wohnheim – Haus Tabor zur außerklinischen psychiatrischen Betreuung und ist Vorsitzender der Christlichen Stiftung de’ignis-Polen. Als Pastor im übergemeindlichen Dienst und Buchautor hält er Predigten, Vorträge und Seminare im In- und Ausland. Ute Horn ist Fachärztin für Dermatologie. Sie ist verheiratet und hat eine Tochter und sechs Söhne. Zehn Jahre lang war sie Mitarbeiterin in der überkonfessionellen Ehe- und Familienarbeit Team F. Sie wird häufig als Referentin zu Frauenfrühstückstreffen und Wochenendseminaren eingeladen. Seit mehreren Jahren besucht sie Schulen und Jugendgruppen, um mit Teenies zum Thema Freundschaft – Liebe – Sexualität ins Gespräch zu kommen.

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Foto: photocase.com/cydonna

Titelthema

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ERFÜLLTES LEBEN DURCH GESUNDE BEZIEHUNGEN

JEDER NORMALE, ZIVILISIERTE MENSCH MUSS GEWISSE GRUNDSÄTZE HABEN, NACH DENEN ER AUSWÄHLT, WELCHEN WÜNSCHEN ER WIDERSTEHEN UND WELCHEN ER NACHGEBEN WILL.

Keuschheit – eine verunglimpfte Tugend von C.S. Lewis

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ir müssen uns jetzt mit der christlichen Sexualethik beschäftigen und mit jener Tugend, die von Christen Keuschheit genannt wird. Sie darf nicht mit der gesellschaftlichen Tugend der Sittsamkeit verwechselt werden, also mit dem, was wir Anstand oder Schicklichkeit nennen. Diese bestimmt, welche Teile des menschlichen Körpers man zeigen, welche Gesprächsthemen man berühren darf und welche Worte man dabei, je nach den Gebräuchen eines bestimmten Kreises, zu wählen hat. Während das Gebot der Keuschheit für alle Christen zu allen Zeiten unverändert bleibt, wandeln sich die Vorschriften über das, was schicklich ist. Eine spärlich bekleidete Südsee-Insulanerin und eine bis ans Kinn vermummte Dame der viktorianischen Epoche können beide gleicherweise sittsam, anständig und ehrbar sein, gemessen an den Maßstäben ihrer Gesellschaft; und beide können, soweit sich aus ihrer Kleidung schließen lässt, gleichermaßen keusch oder unkeusch sein. Gewisse Ausdrücke, die eine keusche Frau zu Shakespeares Zeiten durchaus gebrauchen konnte, hätten im 19. Jahrhundert nur ganz lose Frauenzimmer ausgesprochen. Wenn jemand gegen die Anstandsregeln verstößt, die zu seiner Zeit und in seinem Milieu üblich sind, um in sich oder anderen sinnliche Lust zu erregen, so vergeht er sich gegen die Keuschheit. Tut er dasselbe aber aus Unwissenheit oder Gedankenlosigkeit, kann man ihm nur schlechte Manieren vorwerfen. Wenn jemand, wie es oft der Fall ist, durch sein herausforderndes Benehmen andere schockieren oder in Verlegenheit bringen will, so ist das nicht unbedingt unkeusch, aber es ist lieblos. Denn es ist lieblos, sich am Unbehagen anderer

zu freuen. Ich meine nicht, dass besonders strenge oder übertriebene Anstandsregeln ein Zeichen von Keuschheit sind oder ein Weg zu ihr. Deshalb bin ich auch froh über die gewisse Liberalisierung, die sich in den letzten Jahren durchgesetzt hat. Im Moment hat sie allerdings noch den Nachteil, dass Menschen verschiedenen Alters und verschiedener Herkunft nicht immer die gleiche Vorstellung von dem haben, was erlaubt ist und was nicht. Deshalb wissen wir nicht immer, woran wir sind. Und solange diese Verwirrung anhält, sollten ältere oder in den alten Vorstellungen befangene Menschen nicht allzu schnell meinen, die jungen oder „emanzipierten“ Leute seien verdorben, wenn sie sich nur schlecht benehmen. Umgekehrt sollten junge Menschen die Älteren nicht deswegen prüde oder puritanisch nennen, weil sie nicht ohne Weiteres die heutigen Umgangsformen akzeptieren. Der ehrliche Wunsch, vom anderen nur das Beste zu denken und ihm entgegenzukommen, wo es nur geht, wird die meisten Probleme lösen. Keuschheit ist die unpopulärste aller christlichen Tugenden. Denn wir kommen nicht daran vorbei: Der christliche Grundsatz lautet „Entweder Ehe und absolute eheliche Treue oder vollständige Enthaltsamkeit.“ Diese Forderung ist so hart und steht unseren Trieben so sehr entgegen, dass offensichtlich entweder das Christentum im Unrecht oder unsere Sexualität, so wie sie jetzt ist, entartet ist. Als Christ bin ich natürlich der Ansicht, dass es unsere Triebe sein müssen, die auf Abwege geraten sind. Aber ich habe noch andere Gründe für diese Ansicht. Der biologische Zweck der Sexualität ist die Erhaltung der Art, wie der biologische Zweck des Essens die Erhaltung 15


Titelthema

... WIR SIND UMGEBEN VON WERBUNG, DIE UNS ZUR UNKEUSCHHEIT REIZEN WILL. ES GIBT LEUTE, DENEN DARAN LIEGT, UNSEREN GESCHLECHTSTRIEB STÄNDIG IN ERREGUNG ZU HALTEN, DAMIT SIE UNS DAS GELD BESSER AUS DER TASCHE ZIEHEN KÖNNEN ...

des Körpers ist. Wenn wir nun essen, wann immer uns die Lust ankommt und so viel wir wollen, werden sicher die meisten von uns zu viel essen, aber doch nicht ganz unmäßig. Ein Mann isst vielleicht für zwei, aber nicht für zehn. Sein Appetit übersteigt ein wenig das biologisch Notwendige, geht aber nicht ins Maßlose. Würde dagegen ein gesunder junger Mensch seiner sexuellen Begierde nachgeben, sooft ihn die Lust ankommt, und dabei jedes Mal ein Kind in die Welt setzen, so könnte er in zehn Jahren leicht ein kleines Dorf bevölkern. Dieser Appetit steht in einem lächerlichen und widersinnigen Missverhältnis zu seinem biologischen Zweck. Nehmen wir ein anderes Beispiel. Mit StripteaseVorstellungen, also damit, dass sich ein Mädchen auf der Bühne auszieht, kann man großes Publikum anlocken. Nehmen wir aber einmal an, wir kämen in ein Land, wo man ein Theater damit füllen könnte, dass jemand eine zugedeckte Platte auf die Bühne trägt und dann langsam den Deckel abnimmt, so dass jedermann – kurz bevor das Licht ausgeht – sehen kann, dass ein Hammelkotelett oder ein Stück Speck auf der Platte liegt. Würden wir nicht annehmen, dass in diesem Land mit dem Appetit der Leute etwas nicht in Ordnung ist? Und würde nicht jemand aus einer anderen Welt von uns annehmen müssen, dass es um unseren Geschlechtstrieb nicht sehr viel anders bestellt ist? Ein Kritiker wandte ein, wenn in einem Land solche Striptease-Vorstellungen mit Hammelkoteletts üblich wären, so würde er daraus schließen, dass die Leute dort am Verhungern sind. Er wollte damit natürlich sagen, dass solche Dinge wie Striptease-Darbietungen nicht von sexueller Verdorbenheit, sondern von sexuellem Ausgehungertsein herrühren. In gewissem Sinne stimme ich ihm zu. Wenn wir in einem Land „Hammelkotelett-Entkleidungsszenen“ vorfänden, so könnte eine der möglichen Erklärungen natürlich eine Hungersnot sein. Der nächste 16

Schritt wäre dann allerdings, die Ernährungslage jenes Landes zu untersuchen. Sollte sich dabei herausstellen, dass sie gut ist, so würde die Hungersnot als Begründung ausscheiden und wir müssten nach einer anderen Erklärung suchen. Das gleiche gilt für die Stripteaseszenen auf unseren Bühnen: Bevor wir annehmen, dass sie durch eine sexuelle Hungersnot bedingt sind, müssten wir nachweisen, dass die geschlechtliche Enthaltsamkeit heute wirklich größer ist als zu Zeiten, in denen man vom Striptease nichts wusste. Dieser Beweis lässt sich nicht erbringen. Verhütungsmittel haben die Befriedigung geschlechtlichen Verlangens innerhalb der Ehe viel billiger und außerhalb viel sicherer werden lassen als je zuvor, und die öffentliche Meinung zeigt gegenüber außerehelichen Verbindungen und sogar sexuellen Verirrungen mehr Nachsicht, als es seit heidnischer Zeit jemals der Fall war. Außerdem ist die These von der Hungersnot nur eine von mehreren möglichen Erklärungen. Jeder weiß, dass die sexuelle Begierde, wie jede andere Begierde auch, mit ihrer Befriedigung zunimmt. Der Hungrige träumt von gedeckten Tischen, aber ein Vielfraß tut dasselbe. Die Satten wie die Hungrigen erfreuen sich am Gaumenkitzel. Ein weiteres Beispiel: Wir werden nur wenige Menschen finden, die etwas verzehren möchten, was nicht essbar ist, oder die Nahrungsmittel nicht zum Essen benutzen wollen. Verirrungen der Esslust sind selten, Verirrungen des Geschlechtstriebs dagegen sehr häufig. Sie sind furchtbar und sehr schwer zu heilen. Es tut mir leid, dass ich auf diese Einzelheiten eingehen muss; aber es lässt sich nicht vermeiden, und zwar, weil wir alle in den letzten zwanzig Jahren Tag für Tag mit handfesten Lügen über den Sex geradezu überschüttet worden sind. Bis zum Überdruss hat man uns erklärt, dass sexuelle Begierde sich in ihrer Art nicht von unseren anderen natürlichen Bedürfnissen unterscheidet und dass wir nur


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ERFÜLLTES LEBEN DURCH GESUNDE BEZIEHUNGEN

unsere dumme, spießbürgerliche Heimlichtuerei aufzugeben brauchten, dann würde sich schon alles einrenken. Das ist aber nicht wahr! Sobald wir von der Propaganda wegsehen und die Tatsachen betrachten, werden wir das erkennen. Uns wird gesagt, die Sexualität sei in Unordnung geraten, weil sie vertuscht und verheimlicht wurde. Aber in den letzten zwanzig Jahren wird sie nicht mehr totgeschwiegen. Man hat Tag und Nacht über sie geredet, und doch ist sie noch immer in Unordnung. Wäre Heimlichtuerei die Quelle allen Übels, so hätten die unzähligen Diskussionen über diese Fragen Abhilfe schaffen müssen. Aber das ist nicht geschehen. Ich glaube, es ist genau umgekehrt. Ich glaube, die Menschen haben den Sex ursprünglich deswegen totgeschwiegen, weil er in solche Unordnung geraten war. Heutzutage sagt man: „Niemand braucht sich der Sexualität zu schämen.“ Das kann zweierlei bedeuten. Einmal kann es heißen, man brauche sich weder darüber zu schämen, dass sich das Menschengeschlecht auf eine bestimmte Weise am Leben erhält, noch darüber, dass damit Lust verbunden ist. Dagegen ist nichts einzuwenden. Das Christentum ist der gleichen Ansicht. Weder die Sache an sich noch die Lust sind das Problem. Die alten christlichen Lehrer sagten, dass die sexuelle Lust, wäre der Mensch nie gefallen, nicht geringer, sondern tatsächlich noch größer wäre als heute. Gewiss gibt es unter den Christen einige Wirrköpfe, die so reden, als halte das Christentum die Sexualität, den Körper oder die Lust für an sich schlecht. Aber das ist falsch. Das Christentum ist fast die einzige der großen Religionen, die den Leib durchaus bejaht – die glaubt, dass die Materie gut ist, dass Gott selbst einmal Menschengestalt annahm, dass uns sogar im Himmel eine Art Körper gegeben wird und dieser ein wesentlicher Teil unserer Seligkeit, unserer Schönheit und Kraft sein wird. Das Christentum hat mehr als jede andere Religion die

Ehe verherrlicht. Fast alle hohe Liebesdichtung der Weltliteratur wurde von Christen geschaffen, und das Christentum widerspricht jedermann, der behauptet, die Sexualität sei an sich schlecht. Aber wenn die Leute sagen: „Niemand braucht sich der Sexualität zu schämen“, können sie natürlich auch meinen: „Niemand braucht sich über den Zustand zu schämen, in den der Geschlechtstrieb heute geraten ist.“ Wenn sie das meinen, dann haben sie, glaube ich, unrecht. Wir müssen uns sogar ganz gewaltig schämen. Es gibt keinen Grund, sich zu schämen, wenn man das Essen genießt. Aber man müsste sich sehr wohl schämen, wenn die halbe Welt das Essen zum Hauptinhalt des Daseins machen und die Zeit damit zubringen würde, sich Bilder mit Speisen anzuschauen, zu schmatzen und sich den Mund zu lecken. Ich will damit keineswegs sagen, dass wir persönlich für die heutige Situation verantwortlich sind. Die sexuellen Verkrampfungen des modernen Menschen sind das Ergebnis einer langen Entwicklung, und wir sind umgeben von Werbung, die uns zur Unkeuschheit reizen will. Es gibt Leute, denen daran liegt, unseren Geschlechtstrieb ständig in Erregung zu halten, damit sie uns das Geld besser aus der Tasche ziehen können. Denn ein Mensch, der von etwas besessen ist, kann natürlich der Werbung kaum widerstehen. Gott kennt unsere Lage; Er wird uns nicht richten, als hätten wir diese Schwierigkeiten nie gehabt. Worauf es Ihm aber ankommt, ist die Aufrichtigkeit und Ausdauer unseres Willens, mit diesen Schwierigkeiten fertig zu werden. Damit Gott uns heilen kann, müssen wir nach Heilung verlangen. Und wer wirklich nach Hilfe verlangt, dem wird geholfen werden. Für den modernen Menschen ist aber oft schon das bloße Wollen schwer. Wie leicht machen wir uns vor, wir wollten etwas, ohne dass es uns wirklich ernst ist damit. Bei einem der alten Christen können wir lesen, dass er als junger Mann ständig um Keuschheit 17


Titelthema

gebetet habe. Jahre später habe er erkannt, dass seine Lippen wohl beteten: „O Herr, mache mich keusch“, sein Herz jedoch im Stillen hinzufügte: „Aber bitte nicht gleich.“ Das kann uns auch im Gebet um andere Tugenden so ergehen. Es gibt aber drei Gründe, warum es uns heute so besonders schwerfällt, vollkommene Keuschheit auch nur zu wünschen – geschweige denn zu erreichen. Erstens verbünden sich unsere auf Abwege geratene Natur, die Teufel, die uns versuchen, und die gesamte erotische Werbung, um uns das Gefühl zu geben, die Begierden, denen wir widerstehen, seien so „natürlich“, so „gesund“ und so „vernünftig“, dass es schon beinah pervers und abnorm wäre, ihnen nicht nachzugeben. Plakate, Filme, Romane – sie alle bringen den Gedanken an sexuelle Befriedigung in Zusammenhang mit Vorstellungen von Normalität, Gesundheit, Jugend, Offenheit und guter Laune. Diese Verbindung aber ist eine Lüge! Wie alle wirksamen Lügen beruht allerdings auch sie auf einer Wahrheit, nämlich der oben anerkannten Wahrheit, dass Sexualität an sich – wenn man von allen Auswüchsen und Übertreibungen absieht – „normal“ und „gesund“ ist. Die Lüge besteht in der Behauptung, die sofortige Befriedigung jeglichen sexuellen Verlangens sei stets gesund und normal. Das ist jedoch von jedem Standpunkt aus Unsinn, nicht nur vom christlichen. Ein Nachgeben an all unsere Wünsche führt offensichtlich zu Impotenz, Krankheit, 18

Eifersucht, Lüge und Verstellung, also dem Gegenteil von Gesundheit, guter Laune und Offenheit. Sogar auf dieser Welt muss alles Glück durch viel Entsagung erkauft werden. Deshalb ist der Anspruch jeder Begierde, wenn sie stark ist, sei sie gesund und vernünftig, völlig wertlos. Jeder normale, zivilisierte Mensch muss gewisse Grundsätze haben, nach denen er auswählt, welchen Wünschen er widerstehen und welchen er nachgeben will. Einer handelt nach christlichen, ein anderer nach hygienischen, ein dritter nach soziologischen Grundsätzen. Zwischen diesen prinzipiellen Erwägungen wird der eigentliche Kampf ausgetragen, nicht zwischen dem Christentum und der „Natur“. Denn die „Natur“ (im Sinne von „natürlichem Verlangen“) muss auf jeden Fall gezügelt werden, wenn man nicht sein ganzes Leben ruinieren will. Zugegeben, die christlichen Grundsätze sind strenger als die anderen. Aber wenn wir ihnen gehorchen wollen, dann werden wir dabei eine Hilfe erhalten, die wir woanders nicht bekommen würden. Zweitens werden viele davon abgehalten, sich ernsthaft um christliche Keuschheit zu bemühen, weil sie sie von vornherein für unerreichbar halten. Aber wenn man etwas erreichen will, darf man nicht überlegen, ob es möglich oder unmöglich ist. Bei einer Zusatzfrage im Examen kann man überlegen, ob man sie beantworten will oder nicht. Eine obligatorische Frage aber muss man beantworten so

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WIR KÖNNEN ALLERDINGS SICHER SEIN, DASS VOLLKOMMENE KEUSCHHEIT – WIE VOLLKOMMENE LIEBE – DURCH KEINE REIN MENSCHLICHEN ANSTRENGUNGEN ZU ERREICHEN IST. WIR MÜSSEN GOTT UM HILFE BITTEN.


ERFÜLLTES LEBEN DURCH GESUNDE BEZIEHUNGEN

gut man eben kann. Selbst eine unzulängliche Antwort wird dann immer höher bewertet als überhaupt keine. Nicht nur im Examen, auch im Krieg, beim Bergsteigen oder wenn man Schlittschuh laufen, Schwimmen oder Rad fahren lernt, ja sogar wenn wir mit klammen Fingern einen Kragenknopf schließen möchten, vollbringen wir Dinge, die wir vorher für unmöglich gehalten hätten. Es ist erstaunlich, wozu man fähig ist, wenn man muss. Wir können allerdings sicher sein, dass vollkommene Keuschheit – wie vollkommene Liebe – durch keine rein menschlichen Anstrengungen zu erreichen ist. Wir müssen Gott um Hilfe bitten. Und wenn wir das getan haben, kann es uns lange Zeit so scheinen, als erhielten wir diese Hilfe nicht oder als erhielten wir weniger, als wir brauchen. Aber das darf uns nicht entmutigen. Es gilt, nach jedem Versagen um Vergebung zu bitten, sich aufzuraffen und es nochmals zu versuchen. Oft will Gott uns zunächst nicht zu der Tugend selbst verhelfen, sondern er will uns diese Kraft geben nicht aufzugeben. Denn so wichtig Keuschheit (oder Tapferkeit, Wahrhaftigkeit und jede Tugend) ist, dieses stete Neu-Beginnen übt uns in einer Seelenhaltung, die noch viel wichtiger ist. Es heilt uns von allen Illusionen, die wir über uns selbst haben, und lehrt uns, auf Gott zu vertrauen. Wir erkennen einerseits, dass wir uns nicht einmal in unseren besten Momenten auf uns selbst verlassen können; andererseits sehen wir, dass wir auch in den schlimmsten Momenten nicht zu verzweifeln brauchen; denn unser Versagen ist vergeben. Verhängnisvoll wäre es nur, uns mit der Unvollkommenheit zufriedenzugeben. Drittens missverstehen viele Menschen, was die Psychologie über „Verdrängung“ lehrt. Sie lehrt uns, dass „verdrängte“ Sexualität gefährlich ist. Aber „verdrängt“ ist hier ein Fachausdruck; er bedeutet nicht „unterdrückt“ im Sinne von „verneint“ oder „abgewiesen“. Unter einem verdrängten Wunsch oder Gedanken versteht man etwas, das – meist in sehr früher Jugend – ins Unterbewusste abgedrängt wurde und das jetzt nur in verschleierter, unkenntlicher Form vor das Bewusstsein tritt. Verdrängte Sexualität zeigt sich dem Patienten gar nicht als solche. Wenn ein Jugendlicher oder ein Erwachsener sich bemüht, einem bewussten Verlangen zu widerstehen, so hat das mit Verdrängung nichts zu tun. Im Gegenteil: Wer ernstlich um Keuschheit ringt, handelt viel bewusster und weiß um sein eigenes Triebleben besser Bescheid als jeder

andere. Er weiß Bescheid um sich und sein Verlangen wie Wellington um Napoleon oder Sherlock Holmes um die Verbrecherseele, wie ein Rattenfänger um Ratten und ein Klempner um schadhafte Rohre. Tugend, auch wenn sie nur angestrebt wird, bringt Licht; die Befriedigung aller Wünsche bringt Nebel. Schließlich möchte ich noch einmal betonen, dass die Frage der Sexualität, auch wenn ich hier so ausführlich auf sie eingehen musste, nicht der Kernpunkt der christlichen Moral ist. Wer glaubt, für Christen sei die Unkeuschheit das größte aller Laster, der irrt sich. Die Sünden des Fleisches sind schlimm, aber sie sind nicht die schlimmsten. Die schlimmsten Lüste sind alle rein geistiger Art: die Lust daran, andere ins Unrecht zu setzen, herumzukommandieren und andere von oben herab zu behandeln, anderen den Spaß zu verderben oder sie zu verleumden, sich an der Macht zu berauschen und Hassorgien zu feiern. Denn zwei Mächte im Menschen versuchen, ihn von seiner eigentlichen Bestimmung abzuhalten: das Animalische und das Teuflische. Das Teuflische ist das Schlimmere von beiden. Deshalb kann ein kalter selbstgerechter Heuchler, der regelmäßig zur Kirche geht, der Hölle näher sein als eine Hure. Aber besser ist es natürlich, man ist keines von beiden …

aus C.S. Lewis: Pardon, ich bin Christ, ABCteam, Brunnen-Verlag, 7. Taschenbuchauflage

ÜBER DEN AUTOR C. S. Lewis war ein irischer Schriftsteller und Literaturwissenschaftler. Er lehrte am Magdalen College und hatte den Lehrstuhl für Englische Literatur des Mittelalters und der Renaissance an der University of Cambridge inne. Er ist Autor der bekannten und aufwändig verfilmten „Chroniken von Narnia“.

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IMPULS

„ Gib mir das Erbteil, das mir zusteht.“ (Lk 15,12)

Hunger nach Selbstbestimmung

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or einiger Zeit sollen zahlreiche Senioren aus verschiedenen Heimen an der Ostküste der USA verschwunden und alle nach Florida gezogen sein. Ihr Motiv: endlich wieder selbst über ihr Leben bestimmen zu können, unabhängig von der Heimleitung. Der Hunger nach Selbstbestimmung ist eine elementare Kraft menschlichen Lebens. Er hat letztlich zwei Quellen: ein immer neuer Aufbruch in die Freiheit und die Rebellion gegen alles, was meiner Selbstbestimmung im Wege steht. Beides hat sich in zwei einfachen, aber klassischen Sätzen der Bibel niedergeschlagen: „Gib mir das Erbteil, das mir zusteht“ (Lk 15,12) und „Wir wollen nicht, dass dieser über uns herrsche (Lk 19,14).

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Was wir heute erleben, ist eine immer mehr zunehmende Regulierung. Alles wird reguliert: Der landwirtschaftliche Anbau, das Parken im Stadtgebiet, das Bankensystem, die Art, wie ich mich erholen soll, das Haus der Jugend, sogar meine Gesundheit: z. B. wie ich mich ernähren soll, welche Medikamente ich zu nehmen habe, etc. … Passiert ein Unfall, wird weiter reguliert. Unser Staat scheint regelrecht von der Regulierungswut gepackt. Dazu kommt eine seltsame Erfahrung: Je weiter „oben“ wir in der sozialen oder wirtschaftlichen Skala sind, desto weniger Selbstbestimmung erleben wir. Die dunkle Folie dazu sei nicht verschwiegen. Sie besteht in einer Antriebsarmut, die ebenfalls zuzunehmen

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VON Dr . Gerhard Maier , Landesbischof i.R .


Impuls

„ Wir wollen nicht, dass dieser über uns herrsche.“ (Lk 19,14)

scheint. Sie kann sich bis zur inneren Krankheit verstärken und Eltern, Schule, Ausbilder fast zur Verzweiflung bringen. Sie grassiert auf der politischen Ebene fast salonfähig unter dem Motto „Der Staat muss uns versorgen.“ Ist es so, dass das klassische Bürgertum ebenso wie der traditionelle Bauernstand aufhört? Wird unsere Gesellschaft eine Gesellschaft von Staatsangestellten sein? Der Hunger nach Selbstbestimmung und die Sehnsucht nach einer Rundum-Versorgungsgesellschaft: Sie sind wie zwei gegenläufige Meeresströmungen im Ozean unseres Lebens. Es gäbe den Hunger nach Selbstbestimmung nicht, wenn nicht im Hintergrund eine fantastische Gabe Gottes an sein Geschöpf stünde: die Gabe der Ebenbildlichkeit. „Gott schuf den Menschen zu seinem Bilde“ (1. Mose 1,27). Du darfst deinen Weg wählen – Du darfst Ja und Nein sagen! Es gibt eine schöpfungsmäßige Selbstbestimmung, die man dem Menschen niemals rauben kann. Theologisch hängt dies mit dem Problem der Willensfreiheit eng zusammen. Es ist ein Problem, das die Menschen immer wieder beschäftigte. Aus dieser wirklich packenden Geschichte nur ein paar Stationen: Im 2. Jahrhundert vor Christus wehrten sich die jüdischen Lehrer gegen die Hellenisierung, die den gesamten Orient durchdrang. Im Gefolge dieser Hellenisierung drangen auch Philosophien ein, die letztlich auf eine Prädestination (Vorherbestimmung) zuliefen. Ihnen gegenüber stellt das Sirachbuch fest: „Er (Gott) hat am Anfang den Menschen geschaffen und ihm die Entscheidung überlassen“ (Sir 15,14 nach 1. Mose 2,7.18f ). Hier ist die Willensfreiheit im Kernbereich festgehalten. Diese Linie wurde kontinuierlich durchgehalten. Einer der Kernsätze der „Sprüche der Väter“ im Talmud lautet: „Die freie Wahl ist gegeben“

(Aboth III,19). Jesus hat diese Linie bestätigt (Mt 23,2f und 23,37) und damit für die Christenheit verpflichtend gemacht. Von manchen wird dies als Last empfunden. Sie wären lieber Roboter als vor der Notwendigkeit, sich entscheiden zu müssen. Aber dem Ebenbild Gottes entspricht es, sich zu entscheiden. Der Hunger nach Selbstbestimmung und meine Sehnsucht, versorgt und geliebt zu werden, kommen erst dann im Frieden zusammen, wenn ich die Freiheit der Kinder Gottes erlebe. Hier darf ich mich in Freiheit für meinen Gott, Schöpfer und Erlöser entscheiden und zugleich erfahren: „Er sorgt für mich“ (1. Petr 5,7).

ÜBER DEN AUTOR Dr. Gerhard Maier war von 2001 bis 2005 Landesbischof der Evangelischen Landeskirche in Württemberg. Er war Prälat in Ulm und Studienleiter des Albrecht-Bengel-Hauses in Tübingen. Außerdem ist er Autor vieler wegweisender Bücher und einschlägiger theologischer Fachliteratur. Derzeit Gastprofessor an der Staatsunabhängigen Theologischen Hochschule Basel und an der Evangelisch-Theologischen Fakultät in Heverlee/Leuven (Belgien).

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Titelthema

IMPULS

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Impuls

Gelingendes Leben trotz Verzicht

VON DEKAn Christoph Neubrand

Erfülltes Leben und Verzicht!

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enn Sie diese Überschrift in diesem Heft lesen und dazuhin wissen, dass ein römischkatholischer Priester diesen Artikel schreibt, dann ist vermutlich klar: Hier geht es um Zölibat, also versprochene Ehelosigkeit. Wenn Sie sagen: „Endlich!“ Dann kann ich Sie beruhigen: Um das geht es auch! Wenn Sie sagen: „Nicht schon wieder“. Dann kann ich Sie beruhigen: Nicht nur darum geht es! Ich möchte die mir vorgegebene Überschrift umformulieren und sage deshalb: „Gelingendes Leben und Verzicht!“ – so passt es für mich deutlich besser und ich möchte es auch nochmals deutlich weiten über das Thema der Sexualität bzw. des sexuellen Verzichtes hinaus. Ich bin davon überzeugt: Christliches Leben braucht den Verzicht. Als katholischer Priester prägt das Kirchenjahr mein Arbeitsleben und damit auch meine Biographie im Jahreslauf: Zwei große „Verzicht“-Zeiten sind den Hochfesten des Jahres vorgelagert. Die Adventszeit als eine Zeit des wachsenden Lichtes aus der totalen Finsternis heraus und die Österliche Bußzeit (Fastenzeit) als eine Zeit, ohne die eine österliche Feierfülle von Palmsonntag bis Ostersonntag einen Menschen erschlagen würde.

Wie dieser Verzicht aussieht, kann ganz unterschiedlich sein:  Verzicht auf Süßes, Alkohol oder andere Genussmittel  Verzicht auf Medien wie TV, Internet, …  Verzicht darauf alles schon vorwegzunehmen: Am 1. Advent brennt 1 Kerze und nicht 4, …  Verzicht auf Finanzielles, in dem ich mit anderen teile und für sie spende  Verzicht auf die Fülle des Kalenders und dafür ganz bewusste Freiräume  … Wenn Sie das so lesen, dann wird vielleicht das deutlich, was für mich Verzicht immer auch bedeutet: Das Wissen, dass etwas, was mein Leben tagaus tagein prägt, gerne und schnell alltäglich, Routine und irgendwann abgenutzt wird. Das gilt aus meiner Sicht für alles, was zur Selbstverständlichkeit und Gewohnheit wird und nicht immer wieder hinterfragt wird oder neu bedacht wird. Wer Verzicht so versteht, der wird nicht „trotz“ Verzicht glücklich, sondern „mit“ Verzicht, manchmal sogar „durch“ Verzicht. Ein mögliches Missverständnis möchte ich hier aber auch ausräumen: Verzicht wird nur dann zum Verzicht, wenn ich eine andere Möglichkeit hätte und nur dann, wenn ich – zumindest notgedrungen – dazu ja sage, zu verzichten: Das afrikanische Kind, das in seinem Leben noch nie genug zu essen hatte, verzichtet nicht, sondern leidet unter dem Skandal der Armut und Ungerechtigkeit in unserer Welt.

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Impuls

Glückliches Leben

„Das absolute Ideal des Eins-Sein des Menschen mit sich und Gott wäre das Bild des Kreises, des Ringes; mit einer guten Balance von Verzicht und glücklich Leben nähert sich der Mensch in der Ellipse diesem Kreis weitestgehend an.“

Im Advent diesen Jahres sind es 15 Jahre her, dass ich bei der Diakonenweihe unserem damaligen Erzbischof, Dr. Oskar Saier, eine Bereitschaftserklärung gab, die in der Priesterweihe nochmals präzisiert wurde. Diese Bereitschaftsfragen, die der Bischof gestellt hat, sind bei Licht betrachtet auch deutliche Verzichtsmomente und selbst damals ging es um mehr als um Zölibat. Zölibat – ehelos leben: Das ist etwas anderes als ein Ja zum Single-Dasein. Das bedeutet sich bewusst zu machen: Der Mensch ist bewusst auf Ehe und Familie hin geschaffen und nun sagst du: Mein Dienst als Priester ist mir so wichtig, dass ich den Schmerz aushalte, den Ehelosigkeit mit sich bringt oder zumindest mit sich bringen kann. Konkret ist das mehr als die Frage gelebter Sexualität, es ist das Aushalten, dass es da nicht den Menschen gibt, mit dem ich mein ganzes Leben teile, den Menschen, der überall an meiner Seite sein kann, soll und darf, der über meine Freuden und meine Sorgen absolut Bescheid weiß … Dann kommt der gesamte Bereich der Sexualität und auch das Thema „Familie“ und nicht zuletzt gehört zum Zölibatär-Leben auch das, was einem gesellschaftlich um die Ohren pfeift: Von „da hat doch eh jeder seine Freundin“ über „die sind eh alle homo“ bis zu „Kinderschänder“. Da wird aus Verzicht schnell auch mal Wut. Verzicht in diesem Bereich heißt neben vielem anderen: Die Endlichkeit dieser Welt zu betonen und deutlich zu machen: In dieser Welt gibt es für mich und mein Leben ein wichtiges Stück, das zum Paradieses-Dasein fehlt und ich bin bereit dieses Stück auszuhalten und zu bejahen. Auszuhalten und zu bejahen und so offen zu bleiben für die Sorgen, Freuden, Ängste, Hoffnungen all der Menschen, die mich als Seelsorger brauchen; von mir und meinem Mensch-Sein abzusehen und den anderen Menschen zu sehen, in dem Gott mich herausfordert.

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Verzicht

Zölibatär leben hat für mich viel mit „Mann des Gebetes“ sein, „Mann der Diakonie“ sein und mit „Ehrfurcht und Gehorsam“ zu tun und all das habe ich dem Bischof gegenüber erklärt. Ehrfurcht und Gehorsam dem Bischof gegenüber lassen mich darauf verzichten, der Manager meines Lebens zu sein und geben mich in die Hand dieses Menschen und seiner Sorge um die Menschen im Bistum. Negativ formuliert und ausgenützt wäre ich der Spielball der Interessen und Anforderungen des Bistums und des Bischofs; positiv formuliert muss es sehr viel geben, um zu sagen: Ich will aber nicht. Es kann ein ernstes Thema sein, auf sich so sehr zu verzichten, dass man im Gehorsam Ja sagt und es kann einen noch mehr herausfordern auf sich so sehr zu verzichten, dass man trotz Gehorsam Nein sagt. Ähnlich sind jene Bereitschaftserklärungen, die einem deutlich machen: Der Dienst am Nächsten und am Gebet können es eben mit sich bringen auf die Annehmlichkeiten einer geregelten Arbeitswoche und Freizeitplanung zu verzichten und können auch den Tageslauf gehörig fremdgestalten. Gelingendes Leben und Verzicht – geht das? Ich möchte für mich sagen: Ich weiß in meinem aktuellen Lebensalltag und im Rückblick auf die biographischen Daten meines Lebens von vielen Verzichtsmomenten, die es da gab und gibt, und ich bin glücklich. Ich bin glücklich, nicht weil ich alles habe oder hätte. Ich bin glücklich, weil ich für mich spüre, dass mein Leben im Hier und Jetzt erfüllt ist, es macht Sinn. 90 % meines Tages und meiner Woche erlebe ich als sinnvolles Leben – im Tun und im Nichtstun. Oftmals haben diese 90 % sehr viel mit dem zu tun, dass ich das bewusste JA zum Verzicht gesprochen habe. Natürlich gibt es die unglücklichen Momente, die Momente, in denen der Verzicht fast das Glück zerreißt, aber ich denke da ist oft wichtig sich bewusst zu machen:


Impuls

Wenn ich ehelos lebe und dadurch Verzicht erlebe, heißt das nicht, dass Ehe immer paradiesisch ist, dass die Situation als Ehemann immer heil ist, dass Vater-Sein nur Glück bedeutet. Glücklich leben und Verzicht sind für mich also keine Gegensätze; sie sind für mich Teil einer Tradition, die uns Katholiken prägt: „Sowohl – als auch“. Oder um es in einem Bild auszudrücken: Glücklich leben und Verzicht sind für mich so etwas wie die beiden Brennpunkte einer Ellipse. Wenn ich dieses Bild wähle kann ich sagen: Das absolute Ideal des Eins-Sein des Menschen mit sich und Gott wäre das Bild des Kreises, des Ringes; mit einer guten Balance von Verzicht und glücklich Leben nähert sich der Mensch in der Ellipse diesem Kreis weitestgehend an. Meinen priesterlichen Dienst habe ich vor 13 Jahren bewusst unter Worte Jesu aus dem Johannesevangelium gestellt: „Ihr seid meine Freunde. Ich habe euch erwählt und dazu bestimmt, dass ihr euch aufmacht und Frucht bringt und dass eure Frucht bleibt.“ Für mich ist das, was Jesus da sagt die Symbiose aus Verzicht und Glück und ich bin dankbar für mich diesen Zugang zum Leben und Glauben zu haben.

ÜBER DEN AUTOR

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Christoph Neubrand, Jahrgang 1971, Theologiestudium in Freiburg i. Breisgau, Priesterweihe 2000, seit 2008 Dekan im Dekanat Sigmaringen-Meßkirch.

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Eheglück, erfüllende Ehesexualität, Gesundheit – ein Zufall? von MICHAEL HÜBNER

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Eheglück – liegt in den Gedanken, nicht in den Verhältnissen Seit dem Philosophen Edmund Husserl (1859 – 1938) wissen wir, dass unsere gesamte „Sicht von der Wirklichkeit“ und damit auch von Glück und Sexualität phänomenologisch bestimmt ist, eine höchst persönliche Sichtweise also. Von Natur aus sucht jeder Mensch auf eigene Faust zu finden, was er als „Glück“ versteht. Alfred Adler hat diese Erkenntnis als Grundlage für seine Individualpsychologie aufgenommen. Seine Grundlage: „Nicht die Tatsachen bestimmen unser Leben, sondern wie wir sie deuten“ ist schon in anderen Worten von Epiktet (1992:11) ca. 100 n. Chr. genannt worden: „Nicht die Dinge selbst beunruhigen die Menschen, sondern ihre Meinungen und Urteile über die Dinge“. Das Glück auch für Ehe und Sexualität ist folglich nicht in den Verhältnissen

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G

ibt man in der Google-Suchmaschine die Worte „Gesundheit“ und „Glück“ ein, so erhält man 7,5 Millionen Ergebnisse! Es stimmt: Gesundheit und Glück – das scheint der Kern zu sein, um den sich heute fast alles dreht, auch in unseren Beziehungen. Wer möchte nicht auch gesund und glücklich sein? Mit skurrilen Versprechen wird vielen Leuten das Geld aus der Tasche gezogen. Ganze Wirtschaftsbranchen leben davon. Dieser Gesellschaftstrend scheint bis in christliche Kirchen hinein zu reichen, doch nie stand Glück oder Gesundheit in der Werteskala beim Gott der Bibel an erster Stelle, sondern stets die lebendig gelebte Beziehung zu ihm. Und dennoch verspricht uns Jesus Joh. 10,10 „Leben im Überfluss“, dass gilt doch auch für unsere Ehen, unser Eheglück. Wie ist das zu verstehen?


ERFÜLLTES LEBEN DURCH GESUNDE BEZIEHUNGEN

zu suchen, die wir ändern wollen oder an denen wir uns aufreiben, sondern in unserem Denken. Gerade im Glücksempfinden eines Christen wird dies besonders nachvollziehbar: Er wird mit einer anderen Brille Eheglück, Gesundheit und Sexualität beurteilen und erleben. Wo andere sich in ihrem Fühlen und Erleben von den Verhältnissen abhängig machen, übt der Christ sich darin, sein Glück vorrangig „in der Beziehung zu Jesus Christus“ zu suchen und nicht nur in Gesundheit oder Sexualität. Doch ist das nicht nur eine Phrase, bloße Lehre und Theorie? Viele Christen bezeugen, dass hier ihre Quelle ist, die das tiefste seelische Bedürfnis sättigt, die alle anderen Glücksmomente tatsächlich übertrifft. Aus dieser Perspektive finden sie möglicherweise die „Blumen am Wegrand“ ihres Lebens: Gesundheit und eine glückliche Ehe mit erfüllter Sexualität. Deshalb sind Christen eben auch keine „Kostverächter“, auch nicht in Sachen Sex. „Männer und Frauen brauchen mehr als Gesundheit und ein gutes Sexualleben, sie brauchen Jesus Christus“ ergänzt das bekannte Eheberaterpaar Tim & Beverly LaHaye (2001:245). Der bedeutende Begründer der Logotherapie Viktor Frankl beschreibt, was bei der Glücksuche geschieht: „Wer das Glück anstrebt, dem vergeht es“. Wer diese enge Gottesbeziehung also anstrebt, darf wissen, dass er Ausblick auf ein erfülltes und gesegnetes Leben haben darf, nicht aber unbedingt auf ein ausschließlich leidensfreies Dasein, das ihm an keiner Stelle in der Bibel versprochen wird.

Denken, Fühlen, Gesundheit und erfüllender Sex stehen in Korrellation Längst hat auch die Psychoimmunologie erkannt, wie sehr körperliche, seelische Gesundheit und das Denken zusammenhängen. David Felten, Professor für Neurobiologie und Anatomie an der School of Medicine der Universtität Rochester war es, der durch die Entdeckung bestimmter Nervenfasern nachgewiesen hat, dass zwischen Gehirn und Immunsystem ein intensiver Informationsaustausch besteht. Hatte man bis dahin gemeint, dass das Immunsystem ein in sich geschlossenes System sei, so wies er nach, dass Signale, mit denen das Gehirn auf bestimmte Emotionen reagiert, auch Auswirkungen auf das Immunsystem haben können (Bill Moyers 1994:33). Für die Ehe ist fest zu halten: Moyers entdeckte in seinen Studien den Zusammenhang, von Einsamkeit und einer verminderten Immunreaktion, wenn er sagt (:35): „ ... die neuesten Studien weisen auf die Wahrscheinlichkeit hin, dass Einsamkeit die Reaktionsfähigkeit des Immunsystems mindert.“ Wer sich also glücklich fühlt und ein gutes Gemeinschaftsgefühl hat, lebt eben auch körperlich viel gesünder, als der einsame Trauerkloß. Man kann allerdings nicht negativ denken und sich glücklich fühlen oder umgekehrt. Folglich sind wir wieder beim Denken, Urteilen und Deuten des Menschen, nämlich ob jemand mit einem zuversichtlichen ermutigten Blick die Dinge und Beziehungen wahrnimmt oder nicht. Hierbei geht es freilich nicht etwa um ein eingeredetes 27


Titelthema

Eine gelingende Ehe – ein wichtiger Gesundheitsfaktor Diese Tatsache macht schon deutlich, was John Gottman, Mitbegründer des Seattle Marital and Family Institute und Professor für Psychologie an der University of Washington im Zusammenhang von Gesundheit und Ehe überraschend feststellt. Seit einigen Jahrzehnten hat er die Geheimnisse gelingender Ehen erforscht. Seine „vier apokalyptischen Reiter“: „Kritik“, „Verachtung“, „Rechtfertigung“ und „Mauern“ (Gottmann 2011:41 – 50) sind inzwischen in den Ehetherapien zum geflügelten Wort und festen Wissensbestandteil geworden. Zum zweiten apokalyptischen Reiter „Verachtung“ notiert er (:46) bemerkenswerterweise: „Paare, die einander mit Verachtung behandeln, erkranken häufiger an Infektionskrankheiten (Erkältungen, Grippe usw.) als andere Menschen ... Streitsucht, eng verwandt mit Verachtung, wirkt auf eine Beziehung ebenso tödlich. Es ist eine Form der aggressiven Wut, denn sie geht mit einer Drohung oder einer Provokation einher“. Weiter registriert Gottman (:13), dass Menschen, die glücklich verheiratet sind länger und gesünder leben, als Geschiedene und auch länger als Menschen, die in unglücklichen Ehen leben. Dabei beruft er sich u. a. auf Lois Verbrugge und James House, beide Forscher an der University of Michigan, die belegen, dass eine unglückliche Ehe die Gefahr zu erkranken um ungefähr 35 % erhöht und das Leben um etwa vier Jahre verkürzt. 28

Die eheliche Vereinigung – ein beachtlicher Gesundheitsfaktor Doch es bleibt nicht nur beim Zusammenleben der Eheleute. Die sexuelle Vereinigung bringt nach Tim und Beverly LaHaye (2001:34-35) interessanterweise viele physische und psychische Vorzüge. Sie nennen die Verringerung von Stress bis hin zur Vorbeugung von Depressionen, weil bei einem Orgasmus Endorphine in den ganzen Körper abgegeben werden. Jenes „Glückshormon“ also, das im Gehirn gebildet, eine schmerzstillende und beruhigende bis betäubende Wirkung hat. LaHaye (:35 – 36) bezieht sich dabei auf zwei Quellen: Dr. David Reuben und G. D. Smith: Nach Dr. David Reuben (1999:342 – 343) sind Endorphine nicht die einzigen Hormone, die bei einem Orgasmus abgegeben werden. Fast zufällig hätten Forscher entdeckt, dass bei einem Orgasmus die Konzentration des Hormones Oxytozin plötzlich auf das 362-fache seines normalen Wertes schnellt. Hierbei handele es sich um eine Art chemische Substanz, die auch Neuropeptid genannt wird, da sie sich unmittelbar auf das Nervensystem auswirkt. Oxytozin erhöhe das Interesse eines Menschen an Sex, bewirke, dass er liebevoller und zärtlicher wird und sei zudem ein wirkungsvolles Antidepressivum. Reuben folgert, dass das wohl auch einer der Gründe dafür sei, dass sich fast jeder nach dem Sex wohl und zufrieden fühle und dieses Wohlbefinden und die Zärtlichkeit in der Regel noch lange anhalte.

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„positives Denken“, das in der Vergangenheit in manchen Psychotrainings seine Blüten trieb und in denen Menschen in einem wirklichkeitsfremden Feeling strandeten. Die Verbindung zu Jesus hilft dagegen zuversichtlich hinzusehen, das Leid wahr zu nehmen und zu benennen und im Umgang mit Gott zu verarbeiten. Das befähigt dazu, auch wertschätzend mit dem Ehegefährten umzugehen, sind es doch nicht die Verhältnisse, die vorrangig zu verändern sind, sondern das eigene Denken.


ERFÜLLTES LEBEN DURCH GESUNDE BEZIEHUNGEN

1997 veröffentlichte das British Medical Journal (Smith 1997:315) eine aufschlussreiche Studie, nach der Wissenschaftler herausfanden, dass Männer, die häufig Orgasmen haben, länger leben, und dass Männer die mindestens zweimal pro Woche Sex haben, ein um 50 Prozent geringeres Risiko haben, früh zu sterben, als Männer, die weniger als einmal im Monat Sex haben. Eine weitere Studie an Frauen über das Risiko, an einer Herz-KreislaufErkrankung zu sterben, habe herausgefunden, dass, je mehr Sex eine Frau hatte, desto geringer die Wahrscheinlichkeit war, dass sie an einer Herzerkrankung starb. Sex kann auch die Immunabwehr stärken, so LaHaye (2001:36). Mit dieser Aussage beruft der Autor sich auf Forscher an der Universität von Wilkes im US-Bundesstaat Pennsylvania. Sie „entdeckten, dass mäßiger Geschlechtsverkehr das körpereigene Plasmaprotein Immunglobulin A (IgA) stimuliert. IgA wiederum wirkt so auf das Immunsystem ein, dass Bakterien, die eine Erkältung oder Grippe auslösen, zerstört werden“. Und er fährt fort, dass der britische Neuropsychologe Dr. David Weeks eine Befragung unter 3.500 Menschen in Großbritannien, Europa und den Vereinigten Staaten durchgeführt und festgestellt habe, dass diejenigen, die häufiger Sex hatten, jünger aussahen. Weeks habe diesen „Jungbrunnen-Effekt“ den beim Sex ausgeschütteten Hormonen zugeschrieben. Ist das nicht großartig: Wenn auch Glück, Gesundheit und Sex für einen Christen nicht an erster Stelle stehen, so braucht er doch nicht als Nörgler durch das Leben gehen sondern kann sich pudelwohl und von Gott beschenkt wissen, auch in Sachen Sex.

Literaturhinweise: Epiktet 1992. Handbüchlein der Moral. Griechisch/Deutsch. Stuttgart, Reclam. Gottman, John M. 2011 (10). Die 7 Geheimnisse der glücklichen Ehe. Berlin, Ullstein. LaHaye, Tim & Beverly 2001. Immer noch so schön mit dir. Erfülltes Intimleben in einer langjährigen Partnerschaft. Asslar, Schule & Gerth. Moyers, Bill 1994. Wie Gedanken und Gefühle das Immunsystem beeinflussen, in: Psychologie heute. Rübelmann, Marianne (Hrg.). 1994: 32 – 39. Weinheim, Beltz. Smith, G. D. et al, 1997. Sex and Death: Are They Related? In British Medical Journal (:315).

ÜBER DEN AUTOR Dr. Michael Hübner, Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut, Ehetherapeut. Jahrgang 1953, verheiratet, 5 erwachsene Kinder, 7 Enkelkinder, theologische Ausbildung an der Theolog. Hochschule Tabor, Marburg; Pastor in Bayern und Niedersachsen, dann zwölf Jahre Kinderevangelist und Familienreferent im Deutschen Gemeinschafts-Diakonieverband (DGD), Leiter der Stiftung Therapeutische Seelsorge mit Seminaren für Gemeindeseelsorge, Therapieausbildung, Beratungs- und Therapiepraxis. Promotion über „Verantwortungsseelsorge“, diverse Vortragsreisen im In- und Ausland über Seelsorge, Ehe und Familie.

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Titelthema

Irritierende Futtergabe Gedanken zu Beziehungssucht – Wege zum Sattwerden

Sehnsucht nach guten Beziehungen Das schönste und erquickendste Miteinander ist das zwischen zwei Liebenden. Wer wünscht sich nicht eine liebende Verbindung zu einem anderen Menschen, die ihm Kraft und Ruhepol ist in den komplexen Herausforderungen des Alltags? Wer möchte nicht ein Liebender sein, der dem anderen Sicherheit und Freiheit geben kann, und der

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seine Beziehung in schwierigen Phasen aktiv zum Guten mitgestalten kann? Doch die Beziehungsrealität sieht bei nicht wenigen Menschen anders aus: Dauerstress, Angst, ungesunde Abhängigkeit, und in Folge nicht selten übereilter Rückzug in das Alleinsein – bis mit einer neuen Liebe wieder neue Hoffnung aufkeimt, das erhoffte Glück erleben zu dürfen. Die Spannung zwischen dem Wunsch ein geliebter und liebender Partner sein zu wollen und

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von Inge Westermann


ERFÜLLTES LEBEN DURCH GESUNDE BEZIEHUNGEN

der täglichen Beziehungsrealität schmerzt. Für denjenigen, dessen Gedanken den ganzen Tag um den Partner kreisen – sei er real oder in der Phantasie erwünscht – ist diese Spannung besonders qualvoll. Immer wieder sucht er die Nähe des anderen, möchte ihn kontrollieren und dabei doch so gerne ein großzügiger Liebender sein. Sein Verstand kann das sehnsüchtige Verlangen, „irgendetwas beim anderen endlich zu bekommen“ nicht in den Griff kriegen. Wenn der Vergleich mit der Komplexität der menschlichen Seele auch immer hinkt, so soll ein Ausflug in ein Konditionierungsexperiment an zwei Tauben skizzenhaft zeigen, wie dieses zwanghafte Verhalten entsteht. Ein Verhalten, für das der Betroffene sich nicht selten hasst, solange er nicht weiß, dass er einem Programm folgt, dass ihm als Kind das Überleben gesichert hat. (siehe Abbildung unten)

Gefangen in beziehungssüchtigem Verhalten Anfangs waren beide Tauben glücklich. Beide bekamen regelmäßig ein Korn wenn sie einen Hebel drückten 1. Dann veränderte sich für die Taube 1 die Situation: sie erhielt nur gelegentlich noch ein Korn, während die Taube 2 in gleicher Regelmäßigkeit eine Futtergabe erhielt, wenn sie die Hebel betätigte. In einem dritten Schritt wurde jegliche Futtergabe gestoppt. Was glauben Sie, was unsere

Testtauben machten: während die Taube 2 nach kurzer Zeit aufhörte den Hebel zu betätigen, betätigte die erste Taube immer wieder ihren Hebel – bis sie umfiel. Das Experiment Die Taube 1 war die unregelmäßige und unberechenbare Futtergabe mittlerweile gewohnt und erhoffte mit ihrer steten Aktivität irgendwann wieder Futter zu bekommen. Das ist konditioniertes Suchtverhalten, auch bekannt von menschlichen „Tauben“ an Spielautomaten. Der Mensch hat zu seinem Gegenüber – in diesem Fall dem Automat – eine krankmachende Beziehung entwickelt. Und wenn das Gegenüber ein Mensch ist? Dazu Harriet Braiker: „Die Lektion der beiden Tauben ist überaus wichtig, denn sie erklärt, warum menschliche „Tauben“ an einer Beziehung festhalten, von der sie schon längst nichts mehr zu erwarten haben. Ist man der Beziehung „verfallen“, weil die Belohnung unregelmäßig und dann noch wenig oder gar nicht vorhersehbar erfolgen, kann man sich unter Umständen in einer gefährlichen Abhängigkeit vom Partner befinden … Jede Beziehung ist eine Verbindung von Interaktionen, bei der das Verhalten beider Partner jeweils als Stimulus und als Verstärkung des Verhaltens des anderen dient. Aus diesem Grund sind Partner in der Lage, sich gegenseitig auf bestimmte Verhaltensweisen zu konditionieren.“ 2

Taube 1 Phase 1

regelmäßige Korngabe

pickt und ist glücklich

regelmäßige Korngabe

pickt und ist glücklich

Phase 2

unregelmäßige Korngabe

irritiert, pickt immer weiter wird konditioniert

regelmäßige Korngabe

pickt und ist glücklich

Futterstopp

pickt weiter bis zum Umfallen

Futterstopp

hört nach einer Weile auf zu picken

Phase 3

1 2

Taube 2

aus: Harriet Braiker; Giftige Beziehungen – Wenn andere uns krank machen; Frankfurt 1993, S. 54ff Harriet Braiker, ebd. S.55

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Titelthema

ziehen kann. Jetzt im Juli 2013 jährt sich zum zweiten Mal der Todestag der Pop- und Soulsängerin Amy Winehouse, die bereits in frühen Kinderjahren einschneidende Erfahrungen an Vertrauensverlust gemacht hatte und später im Teufelskreislauf von Beziehungs- und Drogensucht gefangen war. 5

Bringt einer der Partner unverarbeitete suchtähnliche Beziehungserfahrungen mit in die neue Partnerschaft, so lässt sich leicht denken, dass allein seine Befürchtung, unregelmäßig und später möglicherweise gar nicht mehr mit Zuwendung versorgt zu werden, bereits die erste Zeit der Annäherung erschwert oder gar verhindert. Nicht selten schwankt er zwischen Überaktivität und unvermitteltem Rückzug in seine Schutzburg. Im glücklichen Fall kann Vertrauen allmählich wachsen und die Befürchtungen nehmen ab, im unglücklichen Fall begibt sich auch der „gesündere“ Partner durch das furchtgetriebene ambivalente Verhalten zwischen Annäherung und Rückzug seines Gegenübers in eine Beziehungsabhängigkeit. Bringen beide Partner aus Kindheit und späteren Bindungen Erfahrungen ein, die nicht verheilt sind, so kommt die Beziehung einem „Tanz auf dem Vulkan“ gleich, der weitere psychische Schäden und andere Süchte nach sich

Durch zahlreiche Versuche kommt J. Kuhn zu der Aussage, dass es für die Fähigkeit zur Selbstberuhigung und Selbstmotivierung im Erwachsenenalter sehr förderlich ist, wenn diese im Kindesalter Erfahrungen gemacht haben, bei denen ihre frühere Bezugspersonen „prompt und angemessen“ auf ihre kindliche Signale reagiert haben. aus: Jens-Uwe Martens, Julius Kuhn; Die Kunst der Selbstmotivierung; Neue Erkenntnisse der Motivationsforschung; Stuttgart 2009.

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Erfahrungen mit Annahme und Sicherheit Um im Bild zu bleiben: der Beziehungssüchtige braucht ein Gegenüber, das ihn regelmäßig „füttert“, kurz: mit dem er Vertrauenserfahrungen machen kann. Er muss so satt werden, dass ihn unregelmäßige oder gar aussetzende Zuwendung in menschlichen Beziehungen nicht gewohnheitsmäßig oder panisch bis zum Umfallen „weiterpicken“ lassen. Er braucht ein „gleichbleibendes“ Du, bei dem er das sichere Gefühl entwickeln kann, dass auf seine aktive Selbstäußerung – den „Hebel zu drücken“ – eine unmittelbare und angemessene Reaktion erfolgt 3. Er braucht ein personales Gegenüber, bei dem er mit zunehmendem Vertrauen im Herzen erfasst, dass er mit allem – den Stärken und Schwächen, dem Heilen und Nichtheilen – angenommen ist. Neue Vertrauenserfahrungen setzen voraus, dass der Beziehungssüchtige sich entscheidet, auf das Vertrauensangebot des Gegenübers mit Vertrauen zu antworten – immer aufs Neue und in dem Tempo, wie er es vermag. Das ist sehr mutig und erfordert Nachsicht mit sich selbst, wenn er wiedermal seine alten automatisierten „Bahnen zieht“. Dem Propheten Jeremia hat Gott ein starkes vertrauensförderndes Versprechen gegeben: „Rufe mich an, dann will ich Dir antworten“ ( Jeremia 7,13). Gott sagt ihm zu: Wenn Du den „Hebel drückst“, werde ich Dir geben, was Du brauchst. Ich werde reagieren und Dich füttern. Darauf kannst Du Dich verlassen. Ich bin immer ansprechbar und meine „Futtergabe“ hört auch nicht plötzlich auf. 4 Welch glücklicher Mensch, der diesen Worten und damit dem Wortgeber vertrauen kann. Er ist in der Beziehung zu Gott gesichert. Er kann seine Beziehungen aktiv mitgestalten und so neue ermutigende Erfahrungen machen. Im Oktober 1994 durfte ich die schönste Erfahrung meines Lebens machen, dass Gott mich aus „unsicherem und schwammigen Morast zog und meine Füße auf festen Grund gestellt wurden, nachdem ich über Jahre nach ihm gerufen habe“ (Psalm 40,1-3). Im Eigenversuch darf ich bezeugen, dass es möglich ist, fehlendes Grundvertrauen

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Befreiung von beziehungssüchtigem Verhalten


ERFÜLLTES LEBEN DURCH GESUNDE BEZIEHUNGEN

in großen Teilen zurückzugewinnen. Wenn ich Angst habe, finde ich bei ihm mütterlichen Trost („Ich verstehe Dich“) und väterliche Ermutigung („Zusammen schaffen wir das“). Dabei respektiert er immer meine Bereitschaft und meinen freien Willen 5. Dieser Freiheitsgedanke ist mir in den Gesprächen mit meinen Klienten zu einer wichtigen Grundeinstellung geworden. Neue Beziehungserfahrungen Mit der zunehmenden Befreiung von der Beziehungssucht verändert sich die menschliche „Taube“ von der Taube Nr. 1 zur Taube Nr. 2., die im obigem Experiment nach dem Aussetzen der Futterzugabe den Hebel nach einer Weile nicht weiter betätigte. Was bedeutet dies für unseren beziehungssüchtigen Menschen, der auf dem Weg zu gesunderen Beziehungsverhalten ist? Einige Aspekte will ich hier skizzenhaft nennen:  Er kann zugeben, dass er Beziehungen braucht und ist offen dafür.  Er weiß – durch die wachsende Beziehung zu Gott – wie sich beständige und regelmäßige Zuwendung anfühlt.  Die Erfahrung mit Gott hilft ihm, sein Bedürfnis nach verlässlichen Verhaltensweisen seines Partners ernst zu nehmen und zu artikulieren.  Die Beziehungserfahrung mit Gott hilft ihm ebenso, selber ein verlässlicher Partner zu werden.  Er kann über seine Ängste sprechen, wenn die Zuwendung des Partners zeitweise ambivalent ist.  Er kann sich in dieser Zeit auch weiterhin um andere Dinge kümmern und die gemeinsame Zeit mit anderen Menschen genießen.  Er lernt, Schuld von diffusen Schuldgefühlen zu trennen und sich bei Jesus zu bedanken, der seine Schuld mit ans Kreuz genommen hat.  Er kann sich selbst immer wieder verzeihen, wenn sein altes Beziehungsverhalten wieder „mit ihm durchgegangen ist“ und übernimmt die Verantwortung dafür.  Er kann ohne Verbitterung oder Wechsel zu einer anderen Sucht aus einer Beziehung aussteigen, wenn seine Bemühungen keine Frucht bringen.

Sicherheit bei Menschen zu suchen und damit uns selbst und den anderen zu überfordern. Der Beziehungssüchtige erlebt dies täglich hautnah und vielleicht schreit er deswegen um so eher nach einer vertrauenserweckenden „Futterquelle da draußen“, die ihm in seiner Not Feedback gibt. Gott sei Dank bietet Gott diese Zuwendung auch denen an, deren Beziehungen weniger von Dauerstress und Schmerz geprägt sind, weil er das Paar dabei unterstützen möchte, dass ihre Beziehung noch glücklicher wird. Und die beste Fütterung, Gottes „bestes Korn“ kommt noch – unabhängig davon ob sein Geschöpf alleinstehend, in glücklicher oder unglücklicher Beziehung ist. Derjenige, der zu seinem Sohn ein Ja gefunden hat, wird eines Tages in seiner neuen, alten Heimat sein und ein harmonisches Miteinander gänzlich ohne Tränen und Schmerz erleben. Unsere Sehnsucht nach guten Beziehungen und die Realität werden zur Deckung kommen. Diese hoffende Gewissheit hilft, die noch bleibende Spannung zwischen der natürlichen Sehnsucht nach glücklichen Beziehungen und der Realität mit Würde zu (er-)tragen.

ÜBER DIE AUTORIN Inge Westermann, Diplom-Sozialwirtin und Christliche Therapeutin (IGNIS). Ziel ihrer Arbeit ist, im Gespräch verzweifelten Menschen eine neue Perspektive, Glauben und Leben zu vermitteln. Sie hilft Menschen innere Heilung bei Jesus Christus zu finden.

Das beste Korn kommt noch Der göttliche Vertrauensanker außerhalb der menschlichen Beziehungen macht diese im beglückenden Sinne möglich. Ohne diesen Anker sind wir gefährdet, Halt und Inge Westermann, Sehnsucht nach Liebe – Mein Weg aus der Beziehungssucht; Stuttgart 2001

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THERAPIEENTWICKLUNG

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BEITRÄGE ZUR THERAPIEENTWICKLUNG

Tabuthema: Wenn es im Bett nicht mehr klappt ... Überblick über Ursachen und Therapie sexueller Funktionsstörungen VON Carola Wiesel

Allgemeines Wer gibt schon gerne zu „Im Bett klappt es nicht“?! Nicht zufriedenstellende Sexualität ist vermutlich eines der größten Tabuthemen in unserer Gesellschaft. Sexuelle Funktionsstörungen führen zu weitreichenden Einbußen im physischen, sozialen und emotionalen Erleben. Es besteht somit ein hoher Zusammenhang zwischen sexuellen Funktionsstörungen und der Lebensqualität. Das hat zur Folge, dass der Fokus der Sexualtherapie nicht auf der Wiederherstellung der Dysfunktion liegt, sondern das Ziel darin besteht, den Grad der Lebensqualität und sexuellen Zufriedenheit zu steigern. Die Ursachen einer Dysfunktion können vielfältig sein. Die Funktionseinschränkung kann rein physisch bedingt sein. Ursachen können aber auch in der Gabe von Medikamenten, z. B. Neuroleptika oder in durch die Psyche veränderten Funktionen liegen.

Definition Sexuelle Funktionsstörungen sind Einschränkungen im sexuellen Erleben und Verhalten aufgrund ausbleibender, reduzierter oder unerwünschter physiologischer Reaktionen. Darunter werden alle das sexuelle Erleben betreffenden physiologischen Reaktionen wie „keine Lust“, „Vaginal-Schmerz“ etc. gefasst. Nicht zu den sexuellen Funktionsstörungen gehören von der Norm abweichende Verhaltensweisen wie z. B. sexuelle Devianz oder die sexuelle Orientierung. Sie etablieren sich als Störung wenn die sexuell gewünschte Funktion über einen längeren Zeitraum eingeschränkt bleibt, erhöhter Leidensdruck wächst und es darüber hinaus zu sozialen und emotionalen

Defiziten kommt. Daher besteht eine Komorbidität (Begleiterkrankung) zu anderen psychischen Störungen wie insbesondere Depressionen und Ängsten. Häufig wird die Entwicklung eines negativen Selbstbilds begünstigt oder durch die sexuell eingeschränkte Funktion noch verstärkt. Sexuelle Funktionsstörungen treten innerhalb der Appetenz-, Erregungs- und Orgasmusphase auf.

Ursachen Bislang finden sich in der Sexualmedizin nur unbefriedigende Erklärungsmodelle. Ursachen sind immer individuell (Lerngeschichte des Individuums, Sozialisationserfahrungen, sexuelle Erfahrungen) und im partnerschaftlichen Beziehungsgefüge zu betrachten. Kommt eine/r Betroffene/r in die Sexualtherapie, so ist die wohl eher seltenste Ursache ein rein physiologisches Problem. Am häufigsten liegen die Ursachen in psychisch nicht bewältigbaren/bewältigten Konflikten und der Frustration von Grundbedürfnissen 1. Psychoanalytische Erklärungsansätze sehen die sexuelle Funktionsstörung als Folge eines ungelösten Konflikts in früheren Entwicklungsphasen, durch einen aktuell ähnlichen Konflikt neu ausgelöst wird. Die „neue Sexualtherapie“ rückt die Versagensangst als Ursache der Störung in den Vordergrund. Neuere Ansätze verfolgen auch kognitive Ursachen, wie z. B. negative Gedanken, Bewertungen und Stress. Im Zuge der zunehmend immer schneller verändernden Leistungserwartungen der Umwelt hat diese Entwicklung auch im Anspruch an die gelebte Sexualität nicht Halt gemacht. Es kommt durch die Beschleunigung des Lebens auch zu erhöhtem Druck im sexuellen Bereich, sodass hier ein Nährboden für sexuelle Funktionsstörungen geschaffen wird.

Grawe, 1998: Bindung, Autonomie, Sicherheit/Orientierung, Selbstwertgefühl, Kohärenzerleben.

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Ein Erklärungsmodell für sexuelle Funktionsstörungen ist das von Kapplan (1981). Laut Kapplan siedeln sich die Ursachen auf zwei Ebenen an. Wichtig ist, dass die zweite Ebene losgelöst als manifestierender Faktor betrachtet werden kann. Das Interagieren aller Faktoren ist ebenso möglich. Damit gewinnt auch dieses Modell wieder an Komplexität. 1. Ebene – Indirekte Ursache: Intrapsychische Konflikte (neurotische Prozesse, restriktive Erziehung, traumatische Erlebnisse) und/oder Partnerschaftskonflikte (Machtkämpfe, „vertragliche Probleme“, sexuelle Kollusionen) 2. Ebene – Direkte Ursache: Destruktive erotische Atmosphäre (unzureichende Stimulation, übertriebene Erwartungen, Leistungsmythen), Selbstverstärkungsmechanismus (Versagensangst, übermäßiges Bemühen den Partner zu befriedigen, Vermeidungsverhalten), Sensorische und kognitive Barrieren (Selbstbeobachtung, übermäßige Kontrolle), Kommunikationsprobleme.

Annahme sich den Bedürfnissen des Partners beugen zu müssen und entwickeln eine (passive) Abwehrhaltung zur gelebten Sexualität. Damit sind Voraussetzungen für das Entwickeln sexueller Funktionsstörungen gelegt. Frauen verbinden mit gelebter Sexualität mehr als Männer Vertrauen, Intimität, Respekt, Kommunikation, Zuneigung und die Freude an sinnlicher Zärtlichkeit. Bei Männern bspw. ist Sex nach einem Streit eher entlastend und das verbindende Element. Frauen hingegen brauchen zunächst das verbindende Element um dann Sexualität leben zu können. Hier bedarf es vor allem an Kommunikation zwischen Mann und Frau um keine Funktionsstörungen herauf zu beschwören.

Neben diesen Ursachen sind Ängste und Unsicherheiten häufig Begleit- und Folgeerscheinungen. Die Versagensund Reaktionsangst nicht angemessen sexuell auf den Partner einzugehen, negative Gedanken bezogen auf den Sexualkontakt oder unbewusste Ängste die Partnerschaft betreffend treten sowohl bei Männern als auch bei Frauen auf.

Welche sexuellen Funktionsstörungen gibt es? • Störungen der Appetenz (w/m) • Störungen der Erregung (w)/Erektionsstörungen (m) • Bei Frauen Irritationen in der Erregungsphase. Bei Männern Impotenz oder Einschränkungen in der erektilen Funktion • Störungen des Orgasmus (w/m)/Vorzeitiger Orgasmus, gehemmter oder ausbleibender Orgasmus (m) • Ausbleiben des Orgasmus (mit/ohne Partnerbezug, koitale Anorgasmie) • Dyspareunie (w) • Schmerzen vor, während, nach dem Koitus (Ausschluss organischer Ursache) • Vaginismus (w) • Scheidenkrampf, Penetrationsabwehr

Funktionsstörungen

Therapieoptionen

Das sexuelle Verständnis zwischen Frauen und Männern differiert. Bei Frauen kommt erschwerend das historisch geprägte Frauenbild hinzu. Viele Frauen leben in der

Im Rahmen der Sexualtherapie ist zum einen der Betroffene selbst und zum anderen das Paar der Patient. Sexualtherapie umfasst daher eine Vielzahl von zu berück-

Physisches Verhalten

Psychosoziale Deutung

Ansehen Ansehen/Respekt Sich zuwenden

Zuwendung

Aufeinander zugehen

Entgegenkommen

Sich nahe stehen

Nähe

Sich zuneigen

Zuneigung

Streicheln Kontakt/Zärtlichkeit Sich öffnen

Offenheit/Vertrauen

Eindringen/aufnehmen Akzeptanz/Einssein Tabelle 1: Syndyastische Sexualtherapie: sexuelle Kommunikation 36

Sich halten

Zusammenhalt

Sich umarmen

Wärme/Geborgenheit

Voneinander lassen

Autonomie/Getrenntsein


BEITRÄGE ZUR THERAPIEENTWICKLUNG

sichtigenden Aspekten. Dabei sind neben individuellen Sozialisations- und Biografie-Faktoren auch das biopsychosoziale Verständnis von Geschlechtlichkeit, die Form der sexuellen Kommunikation, Ängste, Scham, intrapsychische Prozesse (Leistungserwartung, dem Anderen Genuss bereiten und sich selbst vergessen) und auch die Paarund Beziehungsdimension zu berücksichtigen. Je nach Störungsbild sind hier unterschiedliche Schwerpunkte zu legen. Die Umsetzung dessen auf der Verhaltensebene sieht auch von Störungsbild zu Störungsbild unterschiedlich aus. Die Sexualtherapie weist inzwischen ein großes Repertoire an Strategien auf der Verhaltensebene auf. Im Folgenden soll der Schwerpunkt auf der syndyastischen Sexualtherapie liegen. Der Vorteil dieser Therapieform ist, dass sie bei nahezu allen Funktionsstörungen zur Therapie eingesetzt werden kann.

Syndyastische Sexualtherapie: Der syndyastische Therapieansatz hat sich nach der klassischen Sexualtherapie entwickelt. Anders als in der klassischen Sexualtherapie liegt der Schwerpunkt nicht auf der Funktionsstörung und darin frustrierten Grundbedürfnissen, sondern auf der Beziehungsebene. Der sexuelle Körperkontakt wird als Form der Kommunikation psychosozialer Grundbedürfnisse betrachtet. In der klassischen Sexualtherapie werden etablierte psychotherapeutische (und auch medikamentöse) Methoden auf die sexuelle Störung beim Patient angewandt. Es werden Übungen durchgeführt mit dem Ziel sexuelle Erlebnisfähigkeit wieder zu erlangen (= Sensate Focus). Der syndyastische Ansatz verfolgt durch die Körpersprache im Hier und Jetzt das Ziel, die Beziehungszufriedenheit insgesamt zu verbessern. Auch unterscheidet die syndyastische Sexualtherapie von der klassischen Sexualtherapie, dass hier auf jeder einzelnen Therapiestufe bereits Erfolgserlebnisse mögliche sind. Das Vorgehen gliedert sich in sechs Schritte, deren Grundvoraussetzung ist, das unreflektierte Handeln zu reflektieren. Die Übungen werden im häuslichen Kontext ohne Anwesenheit des Therapeuten durchgeführt. Der erste Schritt ist das gegenseitige Entdecken unter Aussparung von Brust und Genitalien durch Erkunden, Liebkosen und Streicheln. Hier liegt der Schwerpunkt auf dem Vermitteln von Sicherheit. Dann wird die weibliche Brust mit einbezogen und Akzeptanz, Attraktivität, Einladung und Freude gefördert. Im folgenden Schritt wird durch das Einbeziehen der Genitalregion der Annahme „sexuelle Erregung als Mittel zum Zweck“ entmythologisiert und die einzelnen syndyastischen Kommunikationsebenen gefördert. Dem schließt sich im vierten Schritt der spielerische Umgang mit Erregung und somit die gegenseitige Annahme an. Der „nicht-fordernde“ Koitus fördert die Dimension Ängste zu verlieren, Sicherheit zu

gewinnen, Autonomie zu wahren usw. Wichtig ist hier, dass der Penis zwar in der Scheide liegt (stille Vagina), aber es nicht zur Penetration und zum Koitus kommt. Der letzte Schritt ist dann der spontane, volle Koitus, bei dem auch verschiedene Behandlungselemente, die sonst nur einzeln bei den Funktionsstörungen angewandt werden, eingebaut werden. In der letzten Stufe kommt es zur Vereinigung der sexuellen Dimension und Liebe.

Tabuthema: Wenn es im Bett nicht klappt ... … dann beruht es nicht auf der Unfähigkeit zu gelebter Sexualität. Die Ursachen, sofern nicht rein somatisch bedingt, sind häufig ein komplexes Geflecht aus intrapsychischen Vorgängen, Sozialisationsfaktoren, unverarbeiteten Belastungen oder/und auch zwischenmenschlichen Faktoren, die innerhalb der Beziehung nicht gelöst werden können und sich auf sexueller Ebene ausdrücken. Die sexualtherapeutischen Methoden weisen hier eine große Vielfalt auf. Neben therapeutischen Mitteln bei dem Betroffenen selbst, gibt es paarbezogene Ansätze wie die klassische Sexualtherapie und die syndyastische Sexualtherapie. Zusätzlich zu diesen Sexualtherapien sind psychotherapeutische Hilfestellungen zur langfristigen Lösung intrapsychischer Konflikte hilfreich.

Literaturhinweise: Beier, K. M., Bosinski, H., Loewit, K. (2005). Sexualmedizin. München: Urban & Fischer. 161-359. Grawe, K. (1998). Psychologische Therapie. Göttingen. Hogrefe. Kaplan, H.S. (1981). Hemmungen der Lust: neue Konzepte der Psychosexualtherapie. Stuttgart: Enke (Disorders of Sexual Desire. Ne Vork: Brunner & Mazel 1979).

ÜBER DIE AUTORIN Carola Wiesel ist Diplom-Psychologin, befindet sich in Ausbildung zur psychologischen Psychotherapeutin und ist bei de‘ignis tätig als Bezugstherapeutin.

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BEITRÄGE ZUR THERAPIEENTWICKLUNG

Erscheinungsformen sexueller Süchtigkeit

S

exsucht – dieser Begriff wird in der öffentlichen Diskussion und in Fachpublikationen zunehmend benutzt. Versuche, zu einer begrifflichen Klarheit zu kommen, lassen rasch den Eindruck gewinnen, dass über etwas gesprochen wird, was jeder auf seine eigene Weise definiert. Manche meinen, es sei nur eine Ausrede für haltloses Verhalten. Andere sprechen von Sucht analog der Alkohol- oder Drogenabhängigkeit. Begriffe wie Sexsucht, Nymphomanie, Don Juan Komplex, Hörigkeit, „Die Droge Sex“, Hypersexualität etc. werden benutzt. In Zeitschriften wird wie in dem folgenden Zitat aus dem Stern (3/2007) zumeist die Häufigkeit sexueller Aktivität dargestellt: „Er hat Sex bis zur Entkräftung, täglich. Er bezahlt Huren, bis kein Geld mehr für die Stromrechnung übrig ist. Er schämt sich, bis er sich fast umbringt: Ein Sex38

süchtiger beschreibt seinen Alltag mit einem Leiden, das Krankenkassen nicht anerkennen.“ Mit solchen spektakulären Beschreibungen wird rasch und sicher Neugier geweckt und bei der Leserschaft ein mehr oder weniger verborgenes Bedürfnis nach Zügellosigkeit und ungehemmter Lust bedient. In diesem Aufsatz geht es mir vor allem darum, angemessen über ein tatsächlich gravierendes Problem zu schreiben und so viel als möglich Klarheit und Sachlichkeit in die Fachdiskussion zu bringen. Ausgehend von einem Fallbeispiel werde ich mich mit den unterschiedlichen Erscheinungsformen und deren Verständnis auseinandersetzen. Beginnen möchte ich mit einer Vorbemerkung: „Lass uns über Sex reden“, mit diesem Slogan warb kürzlich der Hessische Rundfunk für seine Arbeit. Über Sex wird viel

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Von DR . MED. Dietmar Seehuber


BEITRÄGE ZUR THERAPIEENTWICKLUNG

geredet. Zu viel? Wie reden wir heute über Sexualität, wie hat sich dieses „Wie“ in den letzten Jahrzehnten verändert? Wie hat sich unser gesellschaftlicher Umgang mit Intimität verändert und welche Umbrüche bedeutet das für unsere Beziehungen? Und wie kann es gelingen, in der psychotherapeutischen und seelsorgerlichen Sprechstunde entspannt über ernste sexuelle Fragen und Problembereiche zu sprechen: ohne Tabuisierung, aber auch ohne aufgesetzte tabulose Vertraulichkeit. Es ist noch nicht lange her, etwa 40 Jahre, da konnte über Sex kaum offen geredet werden. Als ich im Grundschulalter war, versuchte uns die Lehrerin im neu in den Lehrplan aufgenommenen Sexualkundeunterricht aufzuklären. Ich erinnere noch genau, wie sie errötete, als sie vom „männlichen Glied“ sprach, wie sie versuchte, technische Details zu erklären („Das Glied passt dann genau in die Scheide“), und uns diese spröde und unsichere Darstellung eher fragend und wortlos zurückließ. Es war ihr sichtlich unangenehm, und wir waren neugierig und beschämt zugleich. Irgendetwas wirkte da gezwungen, fremdartig, sonderbar. Als ich dann Jugendlicher war und man kam auf „das Thema“ zu sprechen, ging es mir ähnlich: regelmäßig stieg mir die Röte ins Gesicht. Scham schien unausweichlich, auch körperlich. Dann kam allmählich die Flut der Bilder, am Kiosk, im Fernsehen, die Besitz ergriff von unserer visuellen Wahrnehmung, der man sich nicht entziehen konnte. Das ist nur drei bis vier Jahrzehnte her. Es folgte ein Prozess der Anpassung und Abhärtung, eine schleichende Normalisierung der Zurschaustellung von Nacktheit. Heute können wir dem kaum entgehen, wir können uns gar nicht dafür oder dagegen entscheiden, wir können nur über das „Wie“ des eigenen Umgangs und der eigenen Vorstellungen von normaler Sexualität nachdenken. Mir geht es darum, in der Auseinandersetzung mit diesen Veränderungen einen Sprachgebrauch zu finden, der nicht der Versuchung exhibitionistischer Theatralisierung erliegt und dem (meiner Meinung nach) auch heute noch bestehenden Bedürfnis nach Intimität gerecht zu werden vermag. Es muss nicht über alles gesprochen werden, was es gibt. Auch wenn das altmodisch klingt, stelle ich an dieser Stelle die Frage, wo der Lebensraum geblieben ist, der für Scham und Intimität reserviert war. Gibt es ihn noch, oder ist unter dem Diktat des „Alles ist möglich“ und „Alles ist gut“ auch diese Gefühls- und Beziehungsqualität pseudorevolutionär nivelliert worden? Auch auf die Gefahr hin, für rettungslos altmodisch gehalten zu werden, plädiere ich entschieden dafür, geschützte Intimität und Scham wiederzugewinnen. Sicher nicht in dem Sinne, wie es in meiner Kindheit war. Aber doch im Sinne des Schutzes vor öffentlicher Zurschaustellung, Kommerzialisierung („Ver-Wertung“) und dadurch Entwertung. Es darf auch heute eine Intimität geben, die dem Paar und nicht der Öffentlichkeit gehört. Es darf eine Sprache ge-

ben, die etwas Persönliches, Intimes hat, die sich im Beziehungsraum entwickelt und dort verbleibt. Es darf auch eine Inszenierung des Sexuellen geben in der Beziehung, die der Öffentlichkeit verborgen bleibt. Es darf dabei auch lustvoll zugehen und richtig Spaß machen. Es darf (und muss) dabei aber auch Grenzen des Machbaren geben. Um hier nicht missverstanden zu werden: Ich rede nicht einer verklemmten Prüderie das Wort. Vielmehr glaube ich, dass die Enttabuisierung und öffentliche Inszenierung in Verbindung mit der anonymen Verfügbarkeit eine Neubesinnung auf eine Beziehungskultur herausfordert, in der ein gesundes Schamempfinden gepflegt und Intimität geschützt wird. Und darum geht es mir in diesem Text: im Gespräch über sexuelle Problembereiche eine Sprachweise zu finden, die nicht schamhaft tabuisiert, aber eben auch nicht die voyeuristische Gier bedient, der wir immer wieder erliegen können. Also, lassen Sie uns über Sex reden, über Schwierigkeiten, mit denen der Psychotherapeut aber auch der Seelsorger zunehmend konfrontiert wird.

Ein Beispiel aus der Praxis Herr N., ein 25 Jahre alter Student, steht unangemeldet in der Ambulanz. Sichtlich unter Druck bittet er um ein Gespräch. Es könne so nicht weitergehen mit ihm. Seit zwei Wochen habe er Angstzustände und Verkrampfungen im Bauchbereich, so dass er kaum etwas essen könne und schon Gewicht abgenommen habe. Nach seiner Lebenssituation befragt, erzählt er mit zitternder Stimme und Anspannung, er wisse nicht, was er tun solle. Er lebe in einer glücklichen Beziehung, wolle bald heiraten und mit seiner Partnerin ein normales glückliches Leben führen. Wenn er jedoch alleine zuhause sei, dann setze er sich an den Computer, um etwas zu erledigen. Und plötzlich, wie unbemerkt, gehe er ins Internet, wo er sich auf ganz bestimmten Seiten pornographische Bilder ansehe. Seine Freundin ahne nichts davon, wenn sie es bemerken würde, wäre es wohl mit der Beziehung zu Ende. Meistens müsse er vor dem PC masturbieren, manchmal mehrere Stunden lang. Mehrere Male habe er sich auch mit Prostituierten verabredet und dort Sex gesucht. Hinterher habe er sich ganz schlecht gefühlt und alles bedauert. Aus Angst vor einer HIV-Ansteckung habe er einen Bluttest veranlasst, der negativ gewesen sei, was ihn jedoch nicht wirklich beruhigt habe. Als die Angst unerträglich geworden sei, habe er nur noch gedacht: „Jetzt hat mich der Herrgott bestraft.“ Er wisse selbst nicht, was mit ihm los sei, fühle sich wie ferngesteuert und ausgeliefert. Er schäme sich für das, was er tue. „Es passiert, obwohl ich es nicht will“, „Ich lasse mich hinreißen“, „Ich bin ein schlechter Mensch, bin ich pervers?“ Er habe keine Kontrolle mehr über sein Verhalten, sein Trieb sei, wenn er alleine sei, unbezwingbar, er brauche Kontrolle von außen. Dieses Doppelleben sei 39


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unerträglich, mehrfach sei er kurz davor gestanden, der Partnerin alles zu gestehen, wisse aber nicht, ob sie damit wirklich klarkommen könne. Herr N. erlebte sein sexuelles Denken und Tun nicht als lustvoll, sondern als quälend aufgezwungen, am Ende stehe Erschöpfung, nicht Befriedigung. Seine sexuellen Aktivitäten bewirkten kurzfristige Erleichterung, waren langfristig aber nachhaltig belastend. Er geriet in den Sog einer Selbstwert- und Identitätskrise, der er hilflos ausgeliefert gegenüberstand. Bestrafungs- und Beschämungserleben waren ausgeprägt. Seine Berufsausbildung litt deutlich, in seiner Beziehung gab es verstärkt Konflikte, obwohl die Partnerin von seinem Problem angeblich nichts wusste.

gängigen Klassifikation des ICD-10 kein annähernd befriedigender Vorschlag zu finden ist, lediglich die nicht sinnvoll definierbare Kategorie F52.7 („gesteigertes sexuelles Verlangen“), die sich auf das untaugliche Merkmal der Häufigkeit sexueller Aktivität bezieht. Mein Vorschlag einer mehrstufigen Diagnostik geht von einer komplexen Betrachtungsweise auf fünf Ebenen aus, die mit einer Symptomerfassung beginnt. 1. Symptome • Besteht ein übermächtiger Drang oder ein Zwang zu sexuellen Handlungen (Zwang, Drang, Triebhaftigkeit)? • Besteht eine verminderte Kontrollfähigkeit (bezogen auf Beginn, Beendigung, Dauer, Häufigkeit)? • Liegt eine emotionale Destabilisierung vor, die durch sexuelle Aktivität kurzfristig verbessert wird? • Welche Phantasien sind dominierend? • Gibt es eine Steigerung sexueller Dynamik bei abnehmender Befriedigung (Toleranzentwicklung)? • Ist das Verhaltensmuster eingeengt, stereotyp oder vielgestaltig und rasch veränderbar?

Diagnostik auf fünf Ebenen Wie können wir Herrn N.s Problem einordnen und verstehen? Welche Konzepte sind dabei hilfreich? Mit welchen Begriffen kann am besten umgegangen werden und wie lassen diese sich definieren? Diese Fragen sind auch in der wissenschaftlichen Diskussion aktuell, weil in der

Zwang, Drang, Handlungsimpuls fortgesetztes Verhalten trotz schädlicher Folgen

Vernachlässigung anderer Interessen und Aktivitäten

Zunahme sexueller Aktivitäten und Phantasien Erleben von Kontrollverlust

Unbefriedigtsein

Sexuelle Süchtigkeit

Störung der Impulskontrolle

keine Paraphilie

konstante Beziehungsmuster

gute

Integration

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Ebene der Syndrome

Paraphilie

wechselnde Sexualpartner

mäßige

Ebene der Symtome

geringe

Ebene der Sexualpräferenz

Ebene der Komorbidität

Desintegration

Ebene der Persönlichkeitsorganisation


• Ist Sexualität der dominante Verhaltensbereich, dem alles andere untergeordnet wird, und kommt es dadurch zu einer Vernachlässigung anderer Interessen? • Wird das Verhaltensmuster trotz eindeutiger schädlicher Folgen (sozial, psychisch, physisch) aufrechterhalten? • Besteht ein progredienter Verlauf gesteigerten sexuellen Verlangens mit polymorpher Phantasieentwicklung und imperativen Onanie-Impulsen? • Geht der Kontext der Beziehung verloren zugunsten häufig wechselnder Sexualpartner, die zu Objekten des Drangs und der Begierde werden, während das Bedürfnis nach Bindung und Beziehung verloren geht? • Besteht ein exzessiver Pornographie- und Mediengebrauch? • Werden Situationen mit potentieller Selbst- und/oder Fremdgefährdung herbeigeführt? • Besteht ein Offenbarungsdruck und Geständniszwang? • Liegen extreme Scham/Schuldgefühle mit sozialer Isolation und negativem Selbstwertgefühl (internale Attribuierung: „Ich bin pervers, abnorm…“) vor? • Fehlt Befriedigung im sexuellen Tun? • Wie können Handlungsimpulse gesteuert werden? • Liegen Symptome einer Zwangsstörung vor?

Die Zusammenschau der Symptome und die Betrachtung der kurz- und langfristigen Verlaufsdynamik ermöglicht schließlich die Einordnung in ein Muster von Süchtigkeit, Zwang oder gestörter Impulskontrolle.

3. Sexualpräferenz Nun folgt die Frage nach der Sexualpräferenz, d. h. liegt eine sogenannte Paraphilie (im früheren Sprachgebrauch Perversion) vor oder nicht. Bei Paraphilien besteht ein ausgeprägter sexueller Drang nach einem unüblichen Sexualobjekt (z. B. beim Fetischismus) oder einer unüblichen Art sexueller Stimulierung (wie beim Exhibitionismus oder Voyeurismus). Ursprünglich neutrale Gegenstände (wie Bekleidung) werden zu Elementen sexueller Stimulierung, innere Spannungen werden ausagiert und Ausschnitte des sexuellen Ablaufs entwickeln sich zur alleinigen Quelle von Erregung und Lust. Von Paraphilien spricht man, wenn diese Muster sexueller Erregung fixiert sind und die einzige oder wesentliche Quelle sexueller Erlebnisfähigkeit darstellen. Dann ist sexuelle Befriedigung nur noch in einer Art Ritual möglich, das den Partner zu einem Objekt macht, dessen persönliche Bedürfnisse nachrangig sind. Im Verlauf kann (muss aber nicht) eine Progredienz 2. Syndrom mit süchtiger Entgleisung auftreten. Dann kann es zu zuDiese Einzelsymptome werden erfragt, zusammengefasst nehmender Frequenz bei abnehmender Befriedigung mit und einem Syndrom zugeordnet. In der wissenschaft- Promiskuität kommen. Phantasien und Praktiken werden lichen Literatur wird die Frage gestellt, ob die Konzepte immer subtiler ausgestaltet. Bestimmte Reize erhalten der nicht-stoffgebundenen Abhängigkeit, der Störung der Signalcharakter und werden zum Anstoß für eine stereoImpulskontrolle oder der Zwangsstörung anwendbar sind. type Wiederholung eines Musters, dem sich alles unterEine einheitliche klare Definition gibt es jedoch nicht. ordnen muss. Meines Erachtens passt in den meisten Fällen die ZuordLiegt keine Paraphilie vor, ist ein „übliches“ Erregungsnung zu einer Abhängigkeitserkrankung am besten, da die muster möglich. Sexuelle Gedanken werden häufig jeSymptomkonstellation qualitativ dem Muster der stoff- doch nicht als lustvoll und nicht als Ausdruck sexueller gebundenen Sucht stark ähnelt und die Verlaufsdynamik Wünsche erlebt. Vielmehr drängen sie sich auf, häufig im ebenfalls Ähnlichkeiten zeigt. Dagegen ist der zentrale Zusammenhang mit einer krisenhaften Verunsicherung Mechanismus bei Zwangsstörungen die Angst vor Ver- oder im Zusammenhang mit negativen Stimmungen änderung, die durch Gedankenkreisen oder Handlungs- (Leeregefühl, Angst, nicht begehrt zu werden). wiederholungen gebannt wird. Die Angst bei sexueller Süchtigkeit imponiert, wenn überhaupt, eher kurzfristig; 4. Komorbidität sie ist weniger auf eine künftige Bedrohung bezogen und Die Feststellung einer Komorbidität, d. h. das Vorliegen wird nicht vom Zweifel unterhalten. Während Zwangs- einer weiteren seelischen Störung, ist für die Verlaufsprogedanken primär als sinnlos, nicht lustvoll empfunden gnose und die Therapieplanung von besonderer Wichwerden, geht es bei süchtigem Sexualverhalten durchaus tigkeit. Nicht selten erkennt man erst in der Rückschau um primär lustvolles Tun. ungünstige Vorbedingungen wie z. B. Angststörungen, Die Definition einer Impulskontrollstörung besteht ADHS oder selbstunsichere Persönlichkeitsstörungen, in der Unfähigkeit, einem selbst- oder fremdschädigen- die einen Nährboden für die Entwicklung einer sexuelden Impuls zu widerstehen. Es besteht ein zunehmendes len Süchtigkeit darstellten. Weitere Störungen können Spannungs- und Erregungsgefühl vor Durchführung der im Verlauf als Konsequenz der Suchtdynamik entstehen, Impulshandlung, dabei und danach ein Empfinden von z. B. depressive Störungen. Bei der therapeutischen EinEntlastung. Die Auswirkungen sind jedoch eher kurzfris- schätzung und Hilfeplanung spielt diese Einschätzung tig, weniger nachhaltig, es kommt zu keiner qualitativen eine besondere Rolle. Es gilt nämlich im Spannungsfeld Veränderung des Erlebens und der Persönlichkeit. von Ressourcen und Defiziten die Verhaltenssteuerung zu fördern und den mühsamen Weg der Stabilisierung und 41


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Auseinandersetzung zu begleiten. Auf eine möglichst umfassende Behandlung aller Aspekte des Verhaltens, Denkens und Erlebens ist dabei Wert zu legen.

Wie entsteht Süchtigkeit?

1. Lerntheoretische Prinzipien In den Konzepten der Lerntheorie wird davon ausgegangen, dass Verhalten grundsätzlich erlernt ist im Sinne des Modellernens oder unter dem Einfluss von Verstärkerprinzipien. Die Wirkung des Suchtstoffes ist als positiver Verstärker zu sehen, das Abklingen der Rauschwirkung und der darauf folgende Zustand von Ernüchterung als negativer Verstärker, da ein Drang zur Konsumwiederholung ausgelöst wird. Weitere Erklärungskonzepte für die Entwicklung von Konsummustern sind soziale Verstärkung und der Wunsch nach Rauscherlebnissen, die eine jugendliche Neugierde und Experimentierlust befriedigen. Als aufrechterhaltende Bedingungen für Substanzkonsum können Entzugserscheinungen, Vermeidungsverhalten, Toleranzentwicklung und soziale Akzeptanz identifiziert werden. Lernpsychologische Modelle alleine reichen jedoch nicht aus, da sie sich auf die Frage nach den Ausgangsbedingungen des Konsums und nach den Verlaufsverstärkern beschränken.

Gehen wir einen Schritt weiter. Herr N. war in einem destruktiven, sich wiederholenden Verhaltenskreislauf gefangen. Er fügte sich mit seinem Tun Schaden zu, ohne dies eigentlich zu wollen. Er handelte wie gefangen, wie unter einem Zwang. Wie ist das eigentlich zu verstehen? Wie entsteht Süchtigkeit und wie werden das Leben und die Beziehungen dadurch verändert? Ausgangspunkt der folgenden Überlegungen sind Erkenntnisse der neueren Suchtforschung in Bezug auf stoffgebundene Abhängigkeiten. In den letzten Jahrzehnten wurden bemerkenswerte Fortschritte im Verständnis und in der Behandlung von stoffgebundenen Suchterkrankungen gemacht. Ausgangspunkt der Betrachtung ist seit den 70er Jahren das Biopsychosoziale Modell von Engele, das früher weit verbreitete, eindimensionale Erklärungsansätze für die Entstehung von Krankheiten ablöste und heute weithin akzeptiert ist. Nicht eine Ursache, sondern ein synergistisches Zusammenwirken biologischer, psychischer und sozialer Einflussfaktoren ist an der Entstehung von Suchterkrankungen beteiligt. Im Triasmodell von Kielholz und Ladewig wird der Missbrauch von Suchtstoffen im Sinne einer dynamischen Interaktion von Individuum, Umwelt und Suchtstoff erklärt. In diesem Modell gelingt es, Hypothesen und Befunde aus vielfältigen Untersuchungsansätzen zu integrieren und weiterzuentwickeln, ohne in eine eindimensionale Betrachtung zurückzufallen. Damit wurde der Grundstein für eine multifaktorielle Betrachtungsweise gelegt. Ein weiterführendes Verständnis der Entstehung von Suchterkrankungen basiert auf neuen Erkenntnissen der Lernpsychologie, Entwicklungspsychopathologie und des Neurobehaviorismus.

2. Entwicklungspsycho-(patho)logische Betrachtung Eine spezifischere Betrachtung, die in den letzten Jahren entwickelt und verfeinert wurde, berücksichtigt Entwicklungsprozesse und deren Störung im Kontext von Risikound Schutzfaktoren. Für den weiteren Verlauf ist das Gegengewicht von individuellen Schutzfaktoren (wie stabile Beziehungen, robustes Temperament, schlechte Verträglichkeit, gelungene frühe Entwicklung, ausreichende Ressourcen) entscheidend. Insbesondere die sozialen Bedingungen werden in dieser Betrachtungsweise umfassend analysiert und können im Einzelfall zu Risikoprofilen ausgearbeitet werden. Konsummuster werden verstanden als individueller Prozess im Kontext der persönlichen Ausgangssituation und der umfassenden spezifischen Entwicklungsbedingungen. Der Einstieg in den Substanzkonsum (und in die Internetpornographie) beginnt überwiegend in der frühen Jugendzeit, einer Zeit verschärfter Krisenhaftigkeit. Dabei werden vor allem Fragen nach der eigenen Identität und Anforderungen an die Autonomieentwicklung virulent, deren Beantwortung in der Regel überfordert. Experimente mit legalen oder illegalen Suchtstoffen passen in diese jugendtypische Instabilität und verstärken sie gleichzeitig. Fortgesetzter Substanzmissbrauch wirkt sich dann negativ auf die weitere Entwicklung aus, verschärft intrapsychische und interpersonelle Konflikte und soziale Problemlagen. In diesem Prozess können Eltern und Bezugspersonen, Schule als Ort von Frustration oder Erfolg und Freundeskreise unterstützend wirken oder auch belasten und den Suchtstoffkonsum bestärken. Süchtigkeit und Triebhaftigkeit dürfen nicht verwechselt werden. Triebhaftigkeit und Sexualität sind untrenn-

5. Reifungsgrad der Persönlichkeit Im letzten Schritt der Diagnostik versuchen wir den Reifungsgrad der Persönlichkeit zu erfassen. Dafür bietet die Operationalisierte Psychodynamische Diagnostik (OPD) ein gutes Handwerkszeug. Im Rahmen eines Interviews werden Fähigkeiten der Selbstwahrnehmung, Selbststeuerung, Abwehrmechanismen, Kommunikation, Bindung und Objektwahrnehmung geprüft und in eine Einschätzung nach dem Grad der Integration gebracht. Damit lässt sich die Frage beantworten, über welchen seelischen Binnenraum verfügt werden kann, wie Konflikte bewältigt werden können, welche Fähigkeiten zur Selbstregulation abrufbar sind und ob Ambivalenz toleriert wird oder zu einer Bedrohung der psychischen Struktur führt.

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bar miteinander verwoben. Sexuelle Neugier treibt uns an, setzt Energien frei, lässt uns suchen und ausprobieren, finden und weitersuchen. Mit unserer Triebhaftigkeit tauchen wir ein in unsere Sinnlichkeit, entdecken Vorlieben und Neigungen, verknüpfen Körperliches mit Erregung. Etwas ganz eigenes spricht uns an, lässt uns aufmerksam werden, immer auf der Suche nach Wohlbefinden und einem entspannten Lebensgefühl. Dieses Getriebensein kann sehr ausgeprägt oder eher moderat sein, auch hier sind Menschen verschieden. In diese Erkundung des Sexuellen spielen Eigenschaften der Persönlichkeit und Prägungen hinein. Auf den gemachten Erfahrungen bauen wir auf und entwickeln uns weiter. Dabei sind wir nicht immer Herr im eigenen Haus, denn wie der Volksmund sagt: „Liebe macht blind“, zumindest manchmal. Dann bin ich nicht mehr vernünftig, kontrolliert, sondern auch impulsiv, kindlich oder unbeherrscht. Ich will, ich will, ich will, was mir Glück verheißt. Treibende Kraft ist dabei die Suche nach dem Lustgewinn, der Wunsch nach harmonischem Verschmolzensein oder das Verlangen nach dem Gegenüber, das mich zum Mann/zur Frau macht. Und diese Kräfte treiben weiter, kommen nur kurz zum Stillstand und drängen auf Wiederholung. 3. Neurobehaviorales Modell der Suchtentwicklung Unser Gehirn verfügt über ein System, das durch bestimmte angenehme Aktivitäten „angeschaltet“ wird. Belohnungszentrum oder etwas plakativ „Vergnügungsviertel“ wurde diese Struktur benannt, die tief im Mittelhirn sitzt. Wird dieser Bereich des Gehirns aktiviert, entsteht ein kurzfristiges Gefühl von Lust und Erregung, das

angenehm erlebt wird und eine Triebkraft bildet, die zur Wiederholung drängt. Dieser natürliche Mechanismus ist die Triebfeder unseres Verhaltens, eine Art Motivationskreislauf, der uns vorwärts treibt, allerdings unter der Kontrolle des Frontalhirns abläuft. Wir handeln in der Regel nicht ohne Kontrolle, sondern überlegen die Konsequenzen, bevor wir etwas tun. Aus der Suchtforschung wissen wir, dass alle Suchtstoffe auf dieses motivationale System einwirken, aber viel stärker als natürliche Stimuli. Bei längerem Gebrauch kann daraus eine Abhängigkeit entstehen, das heißt, das Belohnungszentrum wird sensitiviert, empfindlicher, reagiert anders als vorher, so dass es sich selbst anschalten kann, bei bestimmten Reizen ein intensives Verlangen, oder anders gesagt, eine Gier auslöst. Ein isoliertes Anspringen dieses Systems bei süchtigen Menschen führt zu einer dranghaften Wiederholung, auch wenn dadurch die Gesundheit geschädigt wird. Das Belohnungssystem beginnt, sich zunehmend der Steuerung durch das Frontalhirn zu entziehen, es aktiviert eigenständig, führt eine Art Eigenleben, unkontrolliert und mit automatisierten Verhaltensmustern, die zielgerichtet zum wiederholten Konsum führen. Ergebnis dieser Umkehr der Verhaltenssteuerung, die im Gehirn auch strukturell nachweisbar ist, sind Handeln wider besseres Wissen, Handeln ohne nachzudenken, Einengung auf das süchtige Verhalten und letztlich Kontrollverlust. Der Suchtstoff wird zur Wahrheit, die zählt, zum kurzfristigen, dominierenden Verhaltensmuster, das in die Tat umgesetzt wird, ohne langfristige Konsequenzen zu bedenken und danach zu handeln. Gleichzeitig kommt es 43


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zu einer Beeinträchtigung der psychobiologischen Stresstoleranz, die sich nur sehr langsam im Verlauf einer Abstinenz regenerieren kann und die einen Nährboden für Rückfälligkeit und Instabilität bietet. Süchtiges Verhalten ist außer Kontrolle, verselbständigt. Das eigene Tun wird nicht mehr bewertet und hinterfragt; das Mittelhirn hat sozusagen das Kommando übernommen und nicht mehr das Großhirn, also nicht mehr der Bereich des Gehirns, mit dem wir reflektieren und aufgrund unserer Erfahrungen und Bewertungen unser Tun steuern. Dieses Modell, in dem neurobiologische und kognitive Betrachtungsweisen verknüpft werden, lässt die Suchtentstehung plausibel erscheinen. Erfahrungen mit Suchtstoffen ebenso wie Störungen der Entwicklung und aversive Zustände werden im Gehirn gespeichert. Sie können auch nach vielen Jahren in bestimmten Auslösesituationen erneut aktiviert werden und zur Reaktivierung süchtigen Verhaltens führen. So kann Abhängigkeit auch als ein Gedächtnisprozess verstanden werden, der wiederholte fehlangepasste, schwer kontrollierbare Verhaltensmuster hervorruft, die zu Rückfällen und einer zwanghaften Wiederholung führen. Erste Untersuchungen deuten darauf hin, dass das neurobehaviorale Modell und die Erkenntnisse zur Entstehung auch auf nichtstoffgebundene Abhängigkeiten (sogenannte „Verhaltenssucht“) und speziell sexuelle Süchtigkeit angewendet werden können. In einem eigenen hypothetischen Modell können ent-

wicklungsbezogene Faktoren beschrieben werden. Die Entwicklung des motivationalen Systems, der Sexualisierung und des Selbstbildes verläuft parallel und mit vielfältiger Rückkoppelung. Sexualisierung meint in diesem Zusammenhang die Fähigkeit und individuelle Weise, ein Gegenüber mit sexueller Bedeutung und Erwartung zu besetzen und damit einen sexuellen Affekt zu entwickeln. Unter motivationalem System werden Persönlichkeitsmerkmale wie Neugier, Antrieb und Triebhaftigkeit, Empfänglichkeit für Belohnung und externe Verstärker verstanden. In unserem Selbstbild sind grundlegende Konzepte und Meinungen der eigenen Persönlichkeit verankert. Dieser Entwicklungsprozess bietet Angriffsflächen für die Entwicklung von Süchtigkeit, Devianz und Depressivität, die sich in einem Circulus gegenseitig verstärken oder bedingen können. Weitere Forschungsbemühungen zu dieser Fragestellung sind dringend erforderlich. Derzeit besteht weder eine einheitliche geeinigte Klassifikation noch ein wissenschaftlich fundiertes Konzept bezüglich Entstehung, Verlauf und Behandlung.

Ist Pornographie ein Suchtstoff? Herr N. beschrieb seinen „Pornographiekonsum“ wie alkoholabhängige Patienten „ihren“ Alkohol beschreiben. Es war ein Teil von ihm geworden, nicht wegzudenken,

Genetische Ausstattung

Frühe Kindheit

Sexuelle Erlebnisse

Individuelle Ansprechbarkeit und Empfindlichkeit

Paraphilie, Deviation

Lernerfahrungen: • positive und negative Verstärkung • Bestrafung

Störung der Intimität, Übergriffe, sexuelle Verwundung

Suchtkreislauf Depression

Sexualisierung Entwicklung des motivationalen Systems

Aufrechterhaltende Faktoren Psychosoziale Konsequenzen

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Entwicklumg des Selbstbilds

• Umbegungsfaktoren • Beziehungserfahrung • Kognitive Verarbeitung • Erfahrungen von Sinnlichkeit, Kontrolle, Moral, Beliebigkeit


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nicht einfach so ersetzbar. Internetpornographie nahm einen festen Platz in der Lebensgestaltung ein, eine Art Lebensnotwendigkeit wie Essen und Trinken. Masturbation oder Promiskuität waren die Verhaltensweisen, die als Ergebnis des Konsums auftraten. Ohne sich zu schützen, ohne vorher gemachte Versprechungen oder Vorsätze zu berücksichtigen wurden episodisch die altbekannten Pfade betreten. Internetpornographie bietet alle Merkmale eines effektiven Suchtstoffes. Sie ist überall preisgünstig, sehr einfach und schnell verfügbar. Die Herstellung einer Konsumatmosphäre von Anonymität und Heimlichkeit ist möglich, geradezu vorgezeichnet. Die Wirkung ist rasch und massiv belohnend, erregend und auf visuelle Reizung ausgerichtet, die ohnehin in der sexuellen Attraktion von besonderer Bedeutung ist. Die Vielfalt des Angebotes weckt immer mehr Erwartungen und Wünsche. Grandiose Phantasien („Nichts ist unmöglich“) verstärken Gier und Neugier und werden zum Motor der Dosissteigerung, die sich in vermehrter Onanie oder Promiskuität, vor allem auch im höheren Zeitbedarf zeigen. Die Vertrautheit und die Neugier auf die Internetseiten wird geschickt aufgebaut; wie eine Stammkneipe werden immer wieder Angebote an vertrauten Orten aufgesucht, die kurzfristig verändert werden und den Reiz des Neuen aufrechterhalten. Ein Kick ist stets erreichbar, aber auch ein Zustand anhaltender Dauerstimulierung ist möglich, der allerdings unphysiologisch ist und in ein rastloses Unbefriedigtsein mündet, ähnlich dem Kater nach dem Alkoholrausch. Das Internet als „Spielwiese“ süchtig-sexuellen Verhaltens ist auch deshalb attraktiv, weil dort scheinbar grenzenlose Experimente mit der eigenen Phantasie und Identität möglich sind. Ich kann dort jegliche Phantasiebildung vorfinden und gestalten, der Phantasie sind keine Grenzen gesetzt. Es ist sozusagen eine Einladung an die bewusste und unbewusste Triebhaftigkeit, sich in polymorpher Weise zu inszenieren. Dabei kann ich sein, wer ich will, über alle Grenzen der Geschlechtlichkeit und Normalität hinweg – eine Einladung, der schwer zu widerstehen ist. Vor allem für Jugendliche in der Identitätsentwicklung bietet sich ein unglaublich aufreizendes Maß an Entfaltungsspielräumen.

Schlussbemerkung Kommen wir zurück zu Herrn N.: Die Diagnostik ergab eine Vielfalt von suchtspezifischen Symptomen mit Verlust der Steuerungsfähigkeit und ausgeprägt drängenden Impulsen bei progredienter Verschlechterung. Auch in der Verlaufsdynamik war ein süchtiges Muster mit typischen Abwehrstrategien und Doppelleben erkennbar. Eine Störung der Sexualpräferenz lag nicht vor. Sexuelle Befriedigung war mit der Partnerin problemlos möglich,

unübliche Praktiken konnten nicht eruiert werden. Als Komorbidität bestand eine hypochondrische Störung, die im Verlauf und als Folge des Sexualverhaltens entstanden war. Die Persönlichkeit ließ sich als im wesentlichen gut integriert beschreiben, Anhaltspunkte für eine sogenannte „frühe Störung“ mit unreifen Abwehrmechanismen oder Identitätsdiffusion ergaben sich nicht. In der ersten Phase der Behandlung stand der Erwerb von Strategien zur Verhaltenskontrolle im Vordergrund. Im weiteren Verlauf spielte die Auseinandersetzung mit der eigenen Beziehungsbiographie eine wichtige Rolle. In einem längeren mühsamen Prozess der Auseinandersetzung gelangte er zu einer Integration seiner Sexualität in sein Beziehungsleben und sein Wertesystem. Sein anfängliches „Es passiert mir immer wieder“ hatte sich verändert hin zu einem verantwortungsbewussten Fragen nach den eigenen Bedürfnissen und deren Realisierung in der Partnerschaft. Erscheinungsformen sexueller Süchtigkeit zu verstehen, gelingt nicht durch Fragen nach Häufigkeit oder Praktiken. Erst die qualitative Beschreibung des Verhaltens, Erlebens und Denkens verspricht ein besseres Verständnis. Dabei sind Erkenntnisse aus der Suchtforschung anwendbar. Sowohl die Einzelsymptome als auch die Verlaufscharakteristik sind spezifisch und präzise beschreibbar. Die Diagnosestellung sollte in einem mehrstufigen Erkenntnisprozess eingebunden sein. Da via Internet der „Suchtstoff Pornographie“ unbegrenzt und unbegrenzbar zur Verfügung steht, sehen wir uns vor einer Aufgabe gigantischen Ausmaßes. Hierfür eine Praxis des Verstehens und der Hilfe zu etablieren, ist eine Herausforderung für Seelsorger und Therapeuten. Der hier vorgelegte Beitrag möge dazu hilfreich sein.

Erschienen in: Bulletin DIJG Herbst 2007, Nr. 14, Erscheinungsformen sexueller Süchtigkeit, S. 4 – 14

ÜBER DEN AUTOR Dr. med. Dietmar Seehuber, Arzt für Kinderund Jugendpsychiatrie, Psychiatrie und Psychotherapie, Weiterbildung Sexualtherapie (DGfS). Seit 1999 Chefarzt der Abteilung Sozialpsychiatrie und Suchtmedizin der Klinik Hohe Mark in Oberursel.

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de'ignis aktuell Termine · Berichte · Neues aus den Einrichtungen

FACHKLINIK AKTUELL

Mitarbeiterzeitung „d‘Buschtrommel“ in neuem Gewand

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eit fast 8 Jahren gibt es in der de’ignis-Fachklinik die Mitarbeiterzeitung „d‘Buschtrommel“. Viermal im Jahr werden Beiträge aus den ver46

schiedenen Bereichen der Klinik für alle Mitarbeiter zusammengestellt und an alle verteilt. Bisher wurde die Mitarbeiterzeitung intern kopiert und geheftet. Nur wenige Seiten waren dabei in Farbe. Zu den Inhalten gehören teilweise sehr kreative Beiträge, mit denen sich neue Mitarbeiter dem gesamten Team vorstellen. Die Klinikleitung informiert über Pläne und Entwicklungen, Veranstaltungen, gibt Sicherheitshinweise, usw. Protokolle von Gesamtteams werden integriert und so an alle Mitarbeiter verteilt. Das Küchenteam lädt dazu ein, tolle Rezepte zuhause auszuprobieren. Berichte mit vielen Fotos über betriebliche Veranstaltungen wie z. B.

Betriebsausflug, Weihnachtsfeier oder Boccia-Liga sowie humorvolle Beiträge und Rätsel sorgen für Unterhaltung. Insgesamt ist „d‘Buschtrommel“ bei den Mitarbeitern eine willkommene Lektüre. Die Leitung der de’ignis-Fachklinik ist ständig bemüht, die Arbeit der Klinik weiterzuentwickeln, um Patienten die beste Versorgung zu bieten. Genauso liegen ihnen aber auch die Mitarbeiter am Herzen. Nur durch die tolle Zusammenarbeit des gesamten de’ignis-Teams fühlen die Patienten sich so geborgen, wie sie es in den Patientenumfragen angeben. Der Geschäftsführer hat sich deshalb dafür entschieden, „d‘Buschtrommel“ (kurz „bt!“) zukünftig professionell gestalten und produzieren zu lassen. Die erste komplett neu gestaltete Ausgabe wurde im September an die Mitarbeiter verteilt. •


de’IGNIS AKTUELL

FACHKLINIK AKTUELL

Spatenstich für Erweiterung der de'ignis-Fachklinik

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it dem ersten Spatenstich startete am 24. April das Erweiterungs-Projekt der de’ignisFachklinik in Egenhausen, das einen Anbau an das Haupthaus und einen Pavillon umfasst.

Die de’ignis-Fachklinik feierte den Baubeginn für die Erweiterung der Klinik mit einem Ersten Spatenstich von Bürgermeister Frank Buob, Pfarrer Klaus-Peter Lüdke, den Architekten Helmut Hauser und Werner Schleh vom Architekturbüro hauserpartner, Hans und Robert Theurer von der Hans J. Theurer Hoch- und Tiefbau GmbH und Claus J. Hartmann, Geschäftsführer der de’ignis-Fachklinik. Claus J. Hartmann begrüßte die Gäste und erläuterte kurz das Projekt. Bürgermeister Frank Buob freute sich über die Wachstumspläne des größten Arbeitgebers der Gemeinde Egenhausen und erinnerte an die Unterstützung der Gemeinde bei der Realisierung der Pläne. Werner Schleh begleitete schon diverse frühere Erweiterungen der Klinik und hob hervor, dass diese nun bevorstehende Baumaßnahme die größte in der 23-jährigen Klinikgeschichte ist. Der Anbau wird in einem 4-Sterne-Hotelstandard erfolgen. Pfarrer KlausPeter Lüdke überbrachte Grüße von der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen (ACK) Altensteig und stellte seinem Segensgebet ein Zitat aus der Bibel voran: Wenn der Herr nicht das Haus baut, dann mühen sich alle, die daran bauen, vergeblich (Psalm 127,1). Er äußerte seine Überzeugung, dass Gott bei diesem Projekt mit baut und segnete sowohl die bevorstehenden Bauarbeiten als auch die Arbeit, die später in den neuen Räumen getan werden wird. Der Anbau ist für die langfristige Sicherung der Existenz der Klinik dringend erforderlich. 2012 wurden in stationären RehaKliniken von de’ignis in Egenhausen

und Altensteig sowie in der Tagesklinik in Egenhausen über 1.300 Personen mit psychischen und psychosomatischen Erkrankungen behandelt. Ziel der Klinik-Gesellschafter ist es, die Existenz dieses Angebots langfristig zu sichern. Die Anforderungen an eine Rehabilitationsklinik sind in den letzten Jahren deutlich gestiegen. Um diese Anforderungen zu erfüllen, ist die Erweiterung der Klinik erforderlich: Ein Aufzug soll an das bestehende Gebäude angebaut werden, um die Klinik barrierefrei/behindertengerecht zu machen. Ohne einen Anbau ist der Einbau eines Aufzugs aufgrund der baulichen Gegebenheiten nicht realisierbar. Der Anbau umfasst zusätzlich 15 Einzelzimmer. Für die zusätzlichen Patienten werden weitere Funktionsund Gruppenräume sowie Aufenthaltsräume benötigt und realisiert. Auch eine Erweiterung der Küche ist mit dem Anbau geplant. Mit der

Erweiterung können Abläufe verbessert und professionalisiert werden. Zur geplanten Investition gehört ein Blockheizkraftwerk, das mit regenerativen Energiequellen betrieben werden soll und das zusätzlich zum Anbau auch Teile des Altbaus heizen und mit Strom versorgen soll. Damit soll den ständig steigenden Energiekosten entgegenwirkt werden. Ein paar Zahlen: • 15 a zusätzlich erworbene Grundstücksfläche • ca. 900 qm zusätzliche Gebäudenutzfläche • 15 zusätzliche Einzelzimmer • Personalaufstockung um 5 MitarbeiterInnen in verschiedenen Arbeitsbereichen • Baubeginn: Mai 2013 •

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FACHKLINIK AKTUELL

Erweiterung der de'ignis-Fachklinik – der Rohbau steht

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ie Erweiterung des Klinikgebäudes in Egenhausen hat schon unübersehbare Formen angenommen. Vom Spatenstich Ende April (siehe S. 47) bis zum fertigen Rohbau sind knapp fünf Monate vergangen. Es ist erstaunlich, was in dieser kurzen Zeit geleistet wurde. Ende August war der Hochbau soweit fortgeschritten, dass man bereits mit dem Einsetzen der Fenster und dem Aufstellen der Trockenbauwände beginnen konnte. Übrigens sind wir dank unserer hervorragenden Hausmeister in der Lage, fast den ganzen Trockenbau in Eigenleistung zu bewerkstelligen und somit erheblich Kosten einzusparen. Seit September befinden wir uns in der Phase der Rohinstallationen von Sanitär und Elektrik. Anfang Oktober wird dann auch der Fahrstuhl eingebaut sein, welcher später nicht nur Barrierefreiheit gewährleisten, sondern auch erheblich zum 4-Sterne-Comfort für unsere Gäste beitragen wird. Auch wurde bereits mit dem Anbringen des Fassadenputzes begonnen, so dass bald, zumindest äußerlich, der Anbau fast schon als fertig wirken könnte. Für die bisherige Bauzeit ist als bemerkenswert zu erwähnen, dass alle zusammen es geschafft haben, unsere Gäste kaum durch Lärm und Dreck von der Baustelle zu behelligen. Dies

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ist Resultat der besonderen Rücksicht auf das besondere Ruhebedürfnis unserer Gäste durch die beteiligten, überwiegend aus der Region stammenden, Handwerker/Firmen. Von jedem der Zimmerbalkone bietet sich schon jetzt eine wunderbare in bis zu drei Himmelsrichtungen reichende Fernsicht über den Schwarzwald. Ich bin überzeugt dass dies erheblich zur Genesung unserer Gäste beitragen wird. Wenn alle Arbeiten weiterhin so gut voranschreiten wie bisher, dann kann der angestrebte Fertigstellungstermin Ende März 2014 sicher eingehalten werden. Was ich auch noch erwähnen möchte ist der Fortschritt des geplanten Pavillons. Schon sehr früh in der Planungsphase des Anbaus wurde auch der Gedanke eines separat stehenden Gebäudes als Besprechungsraum und Cafeteria für Mitarbeiter, Patienten und deren Besucher ins Auge gefasst. Diesen Gedanken kann man nun auch langsam in Realität wachsen sehen; und zwar in Form eines Pavillons. Wenn dieser Pavillon fertiggestellt sein wird, bietet die großzügige Glasfront und die fast umlaufende Terrasse einen malerischen Blick über den Schwarzwald.

Bis jetzt können wir nur dafür sorgen, dass, solange der Baukran noch steht, wenigstens das Fundament für diesen einmaligen Bau gelegt werden kann. Mit der restlichen Fertigstellung werden wir noch warten, bis der Anbau an die Klinik völlig fertiggestellt ist und ausreichend finanzielle Mittel zur Verfügung stehen. Um den Pavillon möglichst bald realisieren zu können, würden wir uns über Spenden für dieses Bauvorhaben sehr freuen. Mir hallt noch das Bibel-Wort von Pfarrer Klaus-Peter Lüdke im Ohr, welches er am Tage des Spatenstiches äußerte: Wenn der Herr nicht das Haus baut, dann mühen sich alle die daran bauen vergeblich (Psalm 127,1). Und dem ist tatsächlich so. Dank der Gebete kann gesagt werden, dass, bis auf kleinere Schnittwunden, niemand zu Schaden gekommen ist. Bitte beten Sie auch weiterhin für Sicherheit, gutes Gelingen und die Freisetzung von finanziellen Mitteln, damit die dringend benötigten neuen Räume unseren Gästen bis März 2014 zur Verfügung gestellt werden können. • Michael Maurer, Projektmitarbeiter


de’IGNIS AKTUELL

FACHKLINIK AKTUELL

Gesundheitsnachmittag für die Mitarbeiter der de'ignis-Fachklinik

B

ei sommerlich heißen Temperaturen begrüßte Jens Rödel als Leiter der Projektgruppe „Betriebliches Gesundheitsmanagement“ die Mitarbeiter und Referenten zum zweiten de’ignis-Gesundheitsnachmittag. Im ersten Referat informierte Frau Dr. med Jutta Günther über Ihre Arbeit als Betriebsärztin und gab einen Überblick über ihre Pläne für die Zusammenarbeit mit den Verantwortlichen und Mitarbeitern der de’ignis-Fachklinik in den nächsten Monaten. Anschließend stand sie noch für Fragen zur Verfügung. Nach diesem Vortrag war Bewegung angesagt. „Wer bewegt gewinnt – Mit wenig Aufwand große Gewinne erzielen“ war das Thema des Vortrags von Herrn Sperber, Physiothera-

peut aus Baiersbronn. Er erklärte in seinem Vortrag unter anderem die Entwicklung der alltäglichen Bewegung von früher bis heute und zeigte einige Übungen, mit denen jeder z. B. morgens oder abends im Bad etwas für seine Fitness tun kann. Ein wichtiges Anliegen war ihm, die Mitarbeiter zur Bewegung zu animieren. Dabei kommt es nicht auf sportliche Höchstleistungen an, sondern sich überhaupt zu bewegen. Nachdem es während des Vortrags bereits Möglichkeiten zur Bewegung gab, ging es danach erst richtig los. Herr Sperber hatte einige Trampoline dabei, auf denen sich die Mitarbeiter austoben konnten. Ebenso gab es die Gelegenheit zu einer Reihe von Übungen in Eigenregie mit Thera-

Band und Pezziball. Eine unsere Physiotherapeutinnen gab einigen Mitarbeitern eine kurze Einführung ins Nordic Walking. Die AOK Nordschwarzwald war bei diesem Gesundheitsnachmittag mit einem Smokerlyzer vertreten. Ein Smokerlyzer misst den Kohlenmonoxydgehalt in der Atemluft. Ein Vertreter der Debeka informierte mit einem Stand über Angebote zur Altersvorsorge. Anschließend gab es noch einen gemeinsamen Imbiss in Form von Pizza und Obst. Wir freuen uns schon auf den nächsten Gesundheitsnachmittag. Mal schauen, was uns diesmal für Aktionen einfallen. •

Konzert von Sebastian Steinhardt im de'ignis-Gesundheitszentrum

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m 19.07.2013 war der Pianist Sebastian Steinhardt aus Hamburg zu Gast im de’ignis-Gesundheitszentrum. Er begeisterte schon bei vielen großen Anlässen und Konzerten, wirkte an Rundfunkaufnahmen und CD-Produktionen mit und trat auch schon im TV auf. Sein Repertoire erstreckt sich von Jazz/Pop Klavier über

klassische Werke bis hin zu Musical, Filmmusik und Improvisationen. Sebastian Steinhardt hat etliche Auszeichnungen erhalten und Wettbewerbe gewonnen, auch mit eigenen Kompositionen. Sein abwechslungsreiches SoloProgramm mit dem Namen „Leben“ umfasste viele selbst komponierte Titel aber auch einige sehr bekannte christliche Lieder wie z. B. „Amazing Grace“ und „Nur den Saum Deines Gewandes“. Kräftigen Applaus erhielt er für zwei spontane Kompositionen, bei denen sein Improvisationstalent voll zur Geltung kam. Die Zuschauer durften drei Stimmungen nennen (Langeweile, Freude, extremes Glück) zu denen Sebastian Steinhardt spontan ein exzellentes Stück komponierte. Das zweite Highlight, bei dem das Publikum mitwirken durfte, war

ebenfalls eine spontane Komposition. Der Künstler kreierte aus drei bekannten Liedern („Der Mond ist aufgegangen“, „ Geh aus mein Herz“ und „Biene Maja“), die die Zuschauer ihm zuriefen, ein Musikstück, für das er tosenden Beifall bekam. Alle Zuhörer waren begeistert von diesem tollen Abend. •

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FACHKLINIK AKTUELL

Was verbessert die psychische Gesundheit?

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er Einladung zu einem Vortrag über dieses interessante Thema, noch dazu mit einem hochkarätigen Referenten, folgten weit über 100 Besucher. Es mussten noch alle Stühle aus dem Gastraum der Tagesklinik und sogar noch einige aus dem Ergotherapieraum im anderen Stockwerk geholt werden, damit allen Gästen ein Sitzplatz angeboten werden konnte. Der Referent, Prof. Dr. med., Heinz Rüddel, ist Diplom-Psychologe, Facharzt für Psychotherapeutische Medizin, Facharzt für Innere Medizin, Rehabilitationswesen, Psychotherapie und Ärztlicher und Psychotherapeutischer Leiter einer Psychosomatischen Fachklinik. Schnell gelang es ihm, die Aufmerksamkeit der Besucher zu gewinnen und persönlichen Bezug zum Thema herzustellen. Er stellte nämlich gleich zu Beginn heraus, dass ein gesunder Körper und ein gutes soziales Stützsystem wichtige Aspekte für psychische Gesundheit sind. Menschen, die körperlich gesund und fit sind, z. B. mindestens 3 x pro Woche für eine halbe Stunde ihren Puls mit sportlicher Betätigung auf 120 bis 160 bringen, und tragfähige soziale Beziehungen haben, reduzieren die Wahrscheinlichkeit, psychisch zu erkranken, drastisch. Um das soziale Umfeld zu analysieren forderte Prof. Dr. Rüddel die Besucher heraus, sich zu überlegen,

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ob sie genügend Helfer für einen kurzfristigen Umzug in ca. 2 Wochen finden würden. Besucher, die das verneinen, sollten sich überlegen, wen sie nächste Woche zum Abendessen einladen wollen … Die beiden Faktoren „körperliche Fitness“ und „soziale Unterstützung“ schützen nicht nur vor psychischen Erkrankungen, sondern unterstützen im Falle einer Erkrankung auch wesentlich den Behandlungserfolg und beeinflussen das Behandlungsergebnis maßgeblich positiv. Eine Ursache für psychische Erkrankungen ist (wen wundert’s?) Stress. Stress hängt vom individuellen Empfinden ab, davon wie die Person die Situation/das Ereignis bewertet. Kontrollverlust ist dabei das schlimmste Empfinden und birgt ein großes Krankheitsrisiko. Die Reaktion auf eine Situation umfasst die vegetative Regulation (z. B. Blutdruck), Gefühle, Denken und Verhalten. Verschiedene Personen reagieren auf das gleiche Ereignis/die gleiche Herausforderung ganz unterschiedlich. Das „grundsätzliche Stressniveau“ der Person beeinflusst dabei besonders, wie sehr eine Situation als Stress empfunden wird und nachdrücklich auch, wie schnell der Stress wieder abgebaut wird. Ein wichtiger Aspekt, psychischen Krankheiten vorzubeugen, ist des-

halb, die eigene Stressbewältigung zu verbessern. Prof. Dr. Rüddel forderte die Besucher außerdem noch zur Achtsamkeit auf. Damit meinte er, dass man sich nicht ständig anstrengen kann und muss, sondern verantwortungsbewusst mit sich, also seinem Körper und seiner Seele, umgeht. Dabei ist es hilfreich, zu akzeptieren, was man nicht ändern kann, und zu ändern, was man beeinflussen kann. Gott, gib mir die Gelassenheit, Dinge hinzunehmen, die ich nicht ändern kann, den Mut, Dinge zu ändern, die ich ändern kann, und die Weisheit, das eine vom anderen zu unterscheiden. Abschließend erwähnte Prof. Dr. Rüddel noch, dass Psychotherapie eine wirksame Behandlungsmethode bei psychischen Erkrankungen ist. Wichtige Wirkfaktoren für einen guten Therapieverlauf sind dabei eine gute Beziehung zwischen Klient und Therapeut, Bereitschaft zur Selbstwahrnehmung und Motivation zur Veränderung. Dabei geht es z. B. darum, gelernte Schemata (Wahrnehmungs-/Reaktionsmuster wie z. B. „ich bin nur wertvoll, wenn ich etwas leiste“) zu erkennen, zu hinterfragen und zu verändern. •


de’IGNIS AKTUELL

INSTITUT AKTUELL

Aus der Arbeit der Ambulanz für Kinder, Jugendliche und Familien

Foto: fotolia.com/kmiragaya

sich kaum an Vereinbarungen und Abmachungen, darüber hinaus ist die Hausaufgabensituation laut Aussage der Mutter „eine einzige Katastrophe“. Insgesamt ist der Familienalltag geprägt von Kampf und Streitereien.

Es braucht ein ganzes Dorf um ein Kind zu erziehen

spannteres Miteinander innerhalb der Familie zu erreichen.

Die Bedeutung dieses afrikanischen Sprichwortes ist auch heute noch brandaktuell. Dennoch hat sie immer weniger mit unserer jetzigen Lebensrealität zu tun. Heutzutage sind die Eltern mit der Erziehung ihrer Kinder eher allein. Besonders für Alleinerziehende ist es nicht leicht, den Spagat zwischen Kind, Beruf und Haushalt zu meistern. „Jeden Tag endlose Diskussionen und Streitereien um Alltäglichkeiten“, so oder ähnlich beschreiben uns viele Eltern und Alleinerziehende ihre momentane familiäre Situation in einem ersten Gespräch. Meine Kollegin Barbara Schwab (Diplom-Sozialpädagogin, systemische Beraterin, zertifizierte ADHS-Trainerin) und ich, Christina Hoene (Diplom-Sozialarbeiterin, Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutin i.A, zertifizierte ADHSTrainerin), arbeiten seit Oktober 2012 im de‘ignis-Institut im Kinderund Jugendbereich, um in solchen Situationen Familien zu unterstützen. Das Ziel unserer Arbeit ist es, durch gezielte Maßnahmen wieder ein ent-

Daher bieten wir unter anderem an: • Ambulante Beratung, insbesondere Erziehungsberatung • Unterstützung von Jugendlichen in ihrem Identitätsfindungsprozess • Sozialpädagogisches Handeln in akuten Krisensituationen • Training sozialer Kompetenzen mit Kindern und Jugendlichen • Konzentrations- bzw. Aufmerksamkeitstraining • Elterntraining • ADHS-Schulung • AD(H)S-Konzept für Versicherte der DAK Gesundheit und einiger BKKen in Kooperation mit Dr. med. Herbert Scheiblich Im folgenden Fallbeispiel möchten wir einen kurzen Einblick in eine unserer Angebote geben: Timo, 9 Jahre alt, 3. Klasse, kommt im Rahmen der ADHS-Kooperation. Timo leidet unter Konzentrationsschwierigkeiten, er arbeitet oberflächlich und ungenau, lässt sich in der Schule leicht ablenken und stört den Unterreicht. Zu Hause hält er

Maßnahmen Konzentrationstraining: • Genau hinschauen, genau hinhören, strategisch arbeiten • Förderung der Motivation und Ausdauer sowie Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten Elternbegleitung: • Strategien gegen Konflikte • Kommunikationsregeln im Alltag einüben • Rituale einüben • Motivationspläne erstellen • Das Kind mit all seinen Fähigkeiten wieder wahrnehmen • Eventuell Kooperation mit der Schule • Eingeübte Strategien zur Verbesserung der Aufmerksamkeit werden mit Hilfe eines Rückmeldesystems begleitet und gefestigt Timo konnte im Laufe des Trainings seine Konzentrationsleistung zunehmend steigern. Dabei gelang es ihm, die eingeübten Strategien auch in der Schule anzuwenden. Die Hausaufgabensituation hat sich durch klare Vereinbarungen und die Erstellung von Motivationsplänen sichtbar entspannt. Die Mutter fühlt sich sicherer in ihrem Umgang mit Timo. Im Sinne des afrikanischen Zitates möchten wir mit unserer Arbeit ein Teil der Dorfgemeinschaft sein, damit Familien wieder mit Zuversicht und Hoffnung ihren Familienalltag leben und gestalten können. Den aktuellen Flyer der Ambulanz für Kinder, Jugendliche und Familien finden Sie im Downloadbereich unter www.deignis.de • 51


INSTITUT AKTUELL

Weiterbildung in Christlich-integrativer Beratung & Therapie

Die ausführliche Broschüre mit allen Details zur Weiterbildung finden Sie als Download auf www.deignis.de

Start unseres neuen Kurses im April 2014

Die „Christlich-integrative Beratung & Therapie“ (CiBT ) ist eine Integration von Theologie, Pastoralpsychologie, Psychotherapie/Psychiatrie/Psychosomatik und Pädagogik zu einem ganzheitlichen Konzept, das alle Aspekte des Menschseins ausgewogen umfasst. Am Ende des Kurses steht die Befähigung, Beratung, Therapie und Pastoralpsychologie durchführen zu können. Die Durchführung der Ausbildung geschieht in einer offenen Gruppe von circa 20 Teilnehmern, die in Workshops, Kleingruppen zur Selbsterfahrung und Supervision, sowie praktischen Übungen die Vermittlung von Theorie und Praxis erhalten. Für Interessenten, die eine vergleichbare Ausbildung schon abgeschlossen haben, besteht die Möglichkeit, einzelne Workshops zu buchen. Wenn Sie weitere Informationen wünschen oder unsere Broschüre anfordern möchten, rufen Sie uns an oder schreiben Sie uns. de’ignis-Institut gGmbH Markgrafenweg 17 · 72213 Altensteig · Telefon 07453 9494 - 0 · institut@deignis.de · www.deignis.de 52


de’IGNIS AKTUELL

Träger und Leitung der Weiterbildung. PD Dr. med. Herbert Scheiblich Claus-Jürgen Hartmann Geschäftsführer der de’ignis-Fachklinik gGmbH und der de’ignis-Institut gGmbH

Referent

Winfried Hahn Pädagoge, Pastor (Bf P), Geschäftsführender Heimleiter der de’ignis-Wohnheim gGmbH, Christlicher Therapeut (de‘ignis), Fachliche Leitung der de’ignis-Seelsorgeschulung, Mitglied der – Mitglied der de’ignis-Institutsleitung

Maike Prolingheuer

Arzt für Psychiatrie und Psychotherapie, Zusatzqualifikation Kinder- und Jugendpsychotherapie, in eigener Praxis tätig, – Mitglied der de’ignis-Institutsleitung

Grund- und Hauptschullehrerin, M.A. (äquiv.) in „Mission and Churchgrowth“ – Assistentin der de’ignis-Institutsleitung

Katrin Labs Diplom-Psychologin, Systemische Einzel-, Paar- und Familientherapeutin, Christliche Therapeutin (de’ignis) – tätig in einer Beratungsstelle für Referentin Eltern, Kinder und Jugendliche

Matthias Vogt Referent

Diplom-Theologe (evangelische Theologie) – Pastor Missionsgemeinde Weinstadt

Kursleitung

Wissenschaftliche Beratung der Weiterbildung. Dr. med. Rolf Senst

Referent

Arzt für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychotherapeutische Medizin, Rehabilitationswesen, Kinder- und Jugendlichen-Psychotherapeut, Christlicher Therapeut (IACP), – Leitender Arzt der de’ignis-Fachklinik

Thomas Maria Renz

Dr. Gerhard Maier

Weihbischof von Rottenburg-Stuttgart

Landesbischof i. R.

Prof. Dr. Rainer Wallerius Prof. Dr. Ulrich Giesekus Professor für Psychologie und Counseling an der Internationalen Hochschule Liebenzell (IHL), Leiter von BeratungenPlus - Netzwerk für Beratung, Training und Coaching, Klinischer Psychologe – eigene Praxis

Dr. med. Klaus Lampert Referent

Facharzt für Allgemeinmedizin – eigene Praxis

Dr. med. Matthias Samlow Veit-Uwe Hoy Diplom-Psychologe, Psychologischer Psychotherapeut (Verhaltenstherapie) – eigene Praxis

Referent

Arzt für Psychiatrie, Psychotherapie, Verhaltenstherapie, EMDR, Tiefen psychologisch orientierte Therapie, Existenzanalyse und Logotherapie – eigene Praxis

Referent

Master of Art, Professor in „PsychologyDepartment“, C.U.-University, Miami/ USA u. Jefferson-City;Präsident des Europäischen Netzwerks für Beratung, Psychologie und Therapie e.V., Supervisor – Psychologische Praxis

In Kooperation mit der Akademie für Psychotherapie Pforzheim (AfPP)

Dr. med. Werner Polster

Facharzt für Nervenheilkunde, Psychosomatische Medizin und Psychotherapie, Psychoanalyse – Gründer und Leiter der Akademie für Psychotherapie

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de'ignisWohnheim – Haus Tabor

Große Jubiläumsfeier – 20 Jahre de’ignis-Wohnheim – Haus Tabor – Einweihung des Neubaus!

Über 20 Jahre sind es nun, daß das de’ignis Wohnheim zum ersten Mal seine Pforten öffnete. Damals zogen die ersten 24 Bewohner fragend, verunsichert, aber auch erwartungsvoll in die noch nicht ganz fertiggestellten Räumlichkeiten ein. Wie wird das werden in dieser neuen Einrichtung? Wird alles funktionieren? Kann mir dort geholfen werden? Aber nicht nur die neuen Bewohner hatten viele Fragen, Erwartungen, Hoffnungen, sondern auch die Mitarbeiter. Im Rückblick kann man sagen: Vielen Bewohnern konnten wir ein Stück weiterhelfen, sie begleiten, oder ein Stückchen Heimat geben. Viele ermutigende Erfahrungen haben wir im Laufe der 20 Jahre gemacht, manches

durften oder mussten wir auch dazulernen. Heute haben wir 40 Heimplätze und ca. 20 Mitarbeiter. Wir sind ein hervorragendes interdisziplinäres Team mit Mitarbeitern aus den Bereichen Psychotherapie, Medizin, Pädagogik, Soziale Arbeit, Ergotherapie, Arbeitstherapie, Reittherapie etc. Dazu kommen noch die Mitarbeiter aus der Verwaltung und der Küche. Wir sind sehr dankbar dafür, daß wir in der Lage sind, alle Arbeitsbereiche mit qualifizierten, aber auch äußerst engagierten Mitarbeitern abdecken zu können. Ohne unsere treuen Mitarbeiter wären wir nicht in der Lage gewesen, unsere Bewohner nun schon über so viele Jahre hindurch qualifiziert aber auch mit viel Herz zu be-

gleiten. Neben aller menschlichen und fachlichen Hilfe ist es uns ein großes Anliegen, daß unsere Bewohner in ihrer Not, in ihren Krisen und Herausforderungen Hoffnung und Ermutigung erleben. Dabei ist für uns der christliche Glaube mit der Chance, jederzeit neu anfangen zu dürfen, und von Gott auch mit seinen Schwächen angenommen und wertgeschätzt zu sein, ein zentraler Bestandteil unserer Arbeit. So blicken wir dankbar auf eine segensreiche Zeit zurück und freuen uns auf neue Herausforderungen in der Zukunft! Am 30. November feiern wir unser 20-jähriges Jubiläum, zu dem alle Leser des de’ignis-Magazines ganz herzlich eingeladen sind! •

20Jahre + de‘ignis-Wohnheim – Haus Tabor

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Einweihung Neubau

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de’IGNIS AKTUELL

de‘ignisWohnheim – Haus Tabor

Neue riesige Herausforderungen für das de‘ignis -Wohnheim Die neue Landesheimbauverordnung schreibt vor, daß alle Heime bis zum Jahre 2019 allen ihren Bewohnern ein Einzelzimmer zur Verfügung stellen müssen, wobei immer 2 Zimmern eine Nasszelle mit separatem Flur zugeordnet sein muss. Dies stellt uns vor gewaltige bauliche Herausforderungen. Viele Umbauten in unseren bestehenden Gebäuden werden nötig sein, um diese Aufgaben erfüllen zu

können. Notwendig wird aber auch ein zusätzlicher Neubau als Erweiterungsbau, um die nötige Anzahl an zusätzlichen Einzelzimmern bereitstellen zu können. Das schaffen wir, liebe Freunde, nur mit Eurer Hilfe. Grundsätzlich unterstützen wir die Forderung des Gesetzgebers nach mehr Privatsphäre für die Heimbewohner, allerdings sind das finanzielle Herausforderungen, die wir nur mit

der Hilfe unseres treuen und engagierten Freundeskreises bewältigen können. Deshalb haben wir die „Aktion Bausteine“ ins Leben gerufen. • de’ignis-Wohnheim Sparkasse Pfullendorf-Messkirch Kto. 105 338 · BLZ 690 516 20 IBAN DE46 6905 1620 0000 1053 38 BIC SOLADES1PFD

Ihre Spende von für einen „Baustein“ Foto: Rainer Sturm / Pixelio.de • Layout: www.ah-holweger.de

Für gesetzlich vorgeschriebene Erweiterungen und Neubauten am de‘ignis-Wohnheim – Haus Tabor in Engelswies benötigen wir in den nächsten Jahren eine gewaltige Investitionssumme. Diese Summe wird in 50.000 „Bausteine“ zu je 20,- € aufgeteilt. Bitte helfen Sie uns bei der Finanzierung durch die Als Spender erhalten Sie ein Zertifikat über Ihre „Bausteine“ sowie eine entsprechende Spendenbescheinigung. 55


de‘ignisWohnheim – Haus Tabor

Teilnehmer unseres Seelsorgekurses berichten Fachlich fundiert und kompetent Schon seit einigen Jahren beschäftigen mich viele Fragen um meine eigene Persönlichkeitsstruktur und auch die meiner Mitmenschen – wie „ticken“ wir richtig. Und ich stellte mir die Frage: Wie könnte ich wirklich hilfreich auf Probleme und Fragen eingehen? Während einer längeren Krankheitsphase wurde mir klar, dass seelsorgerliches Begleiten ein Tätigkeitsfeld ist, das Gott mir durchaus zutraut und in der Zwischenzeit auch ich mir selber. Die 10-teilige Schulung habe ich inzwischen fast abgeschlossen. Es waren jedes Mal sehr intensive und bereichernde Tage mit so manchen „Aha-Erlebnissen“. Sowohl geistlich als auch thematisch wurde für mich so einiges auf den Punkt gebracht. Fachlich fundiert und kompetent. Auch die vertrauensvolle, lockere und doch klare Atmosphäre der Seminare tat ihr Übriges und war für mich sehr wohltuend.

Für mich bestätigte sich auf dem Weg auch das Ziel. Und so möchte ich weiter dran bleiben und noch mehr lernen und entdecken, welche Möglichkeiten in mir stecken, was Gott in mich hineingelegt hat und wie und wo er es zur Entfaltung bringen wird. Verfasserin der Redaktion bekannt 1000 Fragen Angefangen hat alles, als ich einen psychisch Kranken Menschen begleitet habe. Ich hatte 1000 Fragen. Dann wurde ich auf die Seelsorgeschulung aufmerksam, nahm teil und habe auf meine vielen Fragen Antworten bekommen. Die Schulungen sind sehr gut gegliedert. Dadurch bekommt man jedes Mal immer wieder neue Impulse, die uns auch anregen, mit unseren Mitmenschen anders umzugehen. Meine Begeisterung war so groß, dass meine Freundinnen die Seelsorgeschulung auch besuchten. Gut finde ich es auch, dass man die Seel-

sorgeschulung auch in verschiedenen Durchgängen belegen kann. Ich empfinde dies sehr entspannend. Verfasser der Redaktion bekannt Reich beschenkt Noch ganz in meinen Gedanken bei unserer Fortbildung, möchte ich Euch alle daran teilhaben lassen, wie es mir dabei ging… Eigentlich hätte ich schon wieder am Freitagabend abreisen können, aber nicht, weil ich schon „genug gehabt hätte“, sondern weil ich bereits durch die Lehre von Winfried zu Beginn des Seminars so reich beschenkt wurde… Und am Ende des Wochenendes hatte ich noch viele „Geschenke“ dazubekommen (hörendes Gebet, Seelsorge mit Symbolen… um nur einiges zu erwähnen…). Ich bin immer wieder neu fasziniert, was Gott noch so alles für mich bereithält… Vielen herzlichen Dank für diese gute und gesegnete Zeit. Verfasserin der Redaktion bekannt

Seelsorge mit allen Sinnen erleben 14. – 16. Februar 2014 auf der Nordalb und 24. – 26. Oktober 2014 in Langenhart

Gott deckt mir einen Tisch – im Angesicht meiner Feinde 14. – 16. Februar 2014 und 24. – 26. Oktober 2014 Ein Seminar für Frauen und Männer GOTT deckt mir einen Tisch – im Angesicht meiner Feinde. In diesem Psalmwort steckt so unwahrscheinlich viel Lebens-Weisheit drin! Dieser wollen wir gemeinsam auf den Grund gehen. Leider gibt es auch heute immer noch die Meinung „Tisch mit allen Gaben her – Feinde weg – alles palletti.“ Doch – wir lesen, dass Gott den Tisch im Angesicht unserer Feinde gedeckt hat! In diesem Seminar wollen wir gemeinsam entdecken, was Gott denn speziell für jede Person ganz individuell für die momentane Lebenssituation bereits gegeben hat (auf dem gedeckten Tisch), welche Beschwernisse im Alltag die Feinde darstellen und wie es möglich sein kann, trotz Belastungen im Alltag all das zu sehen und zu nehmen, was Gott auf dem Tisch gedeckt hat – also bereits gegeben hat. Seminarleitung: Dagmar Göhring und Alexandra Pfeifer mit Team Veranstaltungsort: Kirche im Aufbruch e.V. Nordalb, 73326 Deggingen, mit Übernachtung und Verpflegung, Heu-Hotel Brigel-Hof, Meßkirch-Langenhart, Heu-Hotel und Verpflegung vom eigenen Hof.

de’ignis-Wohnheim gGmbH – Haus Tabor zur außerklinischen psychiatrischen Betreuung Tel.: 07575 92507-0 oder 07570 951967; E-Mail: seelsorgekurs@deignis.de 56

www.deignis.de


de’IGNIS AKTUELL

POLEN AKTUELL

+++ Telegramm +++ Telegramm +++ Telegramm Christliche Stiftung de'ignis-Polen • 2 Mal im Jahr werden wir in Warschau eine Konferenz für unsere Kursabsolventen und Beratungsstellenleiter durchführen.

• Neustart unseres Seelsorgekurses in Posen im Frühjahr 2014 mit vielen interessierten Psychologen, Ärzten und Therapeuten. • Unsere Zeitschrift „Unter vier Augen“ gibt es jetzt landesweit an jedem Zeitschriftenkiosk.

• Nach Umnutzung unseres Anwesens in Pomysk bei Bytow Aufbau eines stationären Therapiezentrums! • Große Jugendkonferenz im Herbst 2014 zum Thema Liebe, Freundschaft, Sexualität mit Ute Horn. Wir erwarten über 1.000 jugendliche Teilnehmer. Ute wird über biblische Maßstäbe bei der Gestaltung

von Freundschaft und Sexualität sprechen. Wie man sieht, sind wir auch in Polen dicht am Ball !

Spendenkonto: Christliche Stiftung de’ignis-Polen Sparkasse Pforzheim Konto 7 260 512 . BLZ 666 500 85 IBAN DE83 6665 0085 0007 2605 12 BIC PZHSDE66XXX

Schulung für Seelsorge – Einstieg jederzeit möglich SEMINAR 6:

Biblische Anthropologie, Therapie des Herzens, Hören auf Gott

SEMINAR 9:

SEMINAR 7:

Innere Heilung durch Klärung der Beziehung zu Gott, zum Du und zum Ich in Vergangenheit und Gegenwart

SEMINAR 10: Umgang mit Leid, Theodizee-Problematik, Posttraumatische

SEMINAR 8:

Identitätsentwicklung und -störungen, Sucht, Borderline-Persönlichkeitsstörung

24./25.01.2014 21./22.03.2014 04./05.07.2014

19./20.09.2014 28./29.11.2014

Die Persönlichkeit des Seelsorgers, Fähigkeit zur Selbstreflexion, Selbstkritik und Introspektion Belastungsstörung

Schulung für Seelsorge Zur Begleitung von Menschen mit Lebenskrisen, psychischen Problemen und Krankheiten. Unsere Botschaft von Gnade und Liebe, gepaart mit Glaube und Hoffnung, fundiert mit solidem Fachwissen und dem Ziel einer prozesshaften Entwicklung ist das Fundament aller Seminarinhalte.

Einstieg jederzeit möglich!

Diese Seelsorgeschulung umfasst insgesamt 10 Seminare. Eingeladen sind Christen, die einen inneren Ruf zur Seelsorge verspüren, aber auch solche, die sich einfach nur für seelsorgerliche Fragen interessieren. Die Schulung soll zur qualifizierten Begleitung von Menschen mit seelischen Nöten befähigen. Darüber hinaus vermittelt der Kurs Einsichten in die verschiedenen Entwicklungsphasen des menschlichen Lebens und bietet damit die Möglichkeit, sich selbst besser verstehen und kennen zu lernen. Der Kurseinstieg ist jederzeit möglich, weil die verschiedenen Lehreinheiten regelmäßig in weiteren Zyklen in Süddeutschland wiederholt werden.

de’ignis-Wohnheim gGmbH – Haus Tabor zur außerklinischen psychiatrischen Betreuung Tel.: 07575 92507-0 oder 07570 951967; E-Mail: seelsorgekurs@deignis.de

Veranstaltungsort: Heu-Hotel Brigel-Hof, MeßkirchLangenhart mit dem Angebot von Seminarräumen, freundlichen Zimmern, Heu-Hotel und Verpflegung vom eigenen Hof.

www.deignis.de 57


ADRESSEN

Ambulante Therapie und Beratungsstellen (de’ignis) de’ignis-Gesundheitszentrum Sommerstraße 1 72227 Egenhausen Telefon 07453 9391-0 info@deignis.de de’ignis-Wohnheim Fred-Hahn-Straße 32 72514 Engelswies Telefon 07575 92507-0 wohnheim@deignis.de de’ignis-Institut Beratungsstelle Lerchenstraße 40 72213 Altensteig Telefon 07453 9494 - 0 institut@deignis.de

Gillian Flügel Beratungsstelle Am Bauschbergle 45 72108 Rottenburg Telefon 07472 7833 gillfluegel@hotmail.de Magdalene Schnabel Beratungsstelle Max-Liebermann-Straße 9 73257 Köngen/N. Telefon 07024 8689169 info@jahwe-rapha.de Dorothea Reuther Beratungsstelle Dillweißensteiner Straße 9 75180 Pforzheim Telefon 07231 784088-0 dorothea.reuther@gmx.net

Dagmar Göhring Ulmenweg 22 88605 Meßkirch-Langenhart Telefon 07570 951967 dabegoe@t-online.de Erika Gasper Beratungsstelle Alte Jakobstraße 75 10179 Berlin Telefon 030 27591782 e.gesper@googlemail.com

Dr. med. Martina Dickhaut Beratungsstelle Flamweg 89 25335 Elmshorn Telefon 0175 6552413 martinadickhaut@gmx.de

Katrin Lehmann & Annette Kuhn Beratungsstelle Großenhainer Straße 137 01129 Dresden Telefon 0351-84387-77 kathrin.lehmann@deignis-dresden.de

Kompetenz. Und Gottvertrauen. Durchatmen, wenn die Luft raus ist. Effektive Präventionsangebote. Gesundheit ist ein hohes Gut, das es zu schützen gilt. Alle Maßnahmen, die dazu dienen, Gesundheit zu erhalten und Krankheiten zu vermeiden, werden unter dem Oberbegriff „Gesundheitliche Prävention“ zusammengefasst. Dabei ist viel Eigeninitiative gefordert, denn jeder kann die eigene seelische und körperliche Gesundheit stark beeinflussen. Eine praktische Anleitung, wie Körper und Seele gesund gehalten werden können, bieten unsere individuell gestaltbaren Gesundheitswochen und unser Kompaktkurs zur Stressbewältigung und -prävention.

de’ignis-Fachklinik gGmbH auf christlicher Basis für Psychiatrie, Psychotherapie, Psychosomatik Walddorfer Straße 23 · 72227 Egenhausen Telefon 07453 9391-0 Telefax 07453 9391-193 info@deignis.de

www.deignis.de

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scottdunlap/istockphoto.com

Detaillierte Informationen zu den Leistungen, Kosten und Terminen der de’ignis-Präventions-Angebote senden wir Ihnen gerne zu.


Wissen vertiefen Stärkung erfahren Voneinander lernen Netzwerke schaffen

F ü r Zw e i, d ie z u s a m m en g e h ö ren

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In jedem Heft blicken Theologie und Psychotherapie auf ein Schwerpunktthema, wissenschaftlich fundiert und fächerübergreifend verständlich.

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Kompetenz. Und Gottvertrauen.

de'ignis-Fachklinik auf christlicher Basis für Psychiatrie – Psychotherapie – Psychosomatik • stationäre medizinische Vorsorge- und Rehabilitationsmaßnahmen • ambulante/teilstationäre Rehabilitation • Anschlussrehabilitation • Sanatoriumsbehandlungen • ambulante Behandlungen • Nachsorge IRENA/ASP • Angebote zur gesundheitlichen Prävention/Vorsorge • Assessment-Center

de'ignis-Wohnheim – Haus Tabor Sozialtherapeutisches Wohnheim nach biblischen Grundsätzen mit Einzel- und Gruppenangeboten: • Gesprächstherapie • Sozialtraining • Seelsorgeschulung • Arbeitstraining (z. B. im eigenen Verlag) • Freizeitpädagogik und individuelle Betreuung

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Christliche Stiftung de'ignis-Polen • Schulung • Freizeit • Ambulante und stationäre Therapie (in Planung)

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de'ignis-Institut für Psychotherapie und christlichen Glauben • Fortbildung in Christlich-integrativer Beratung & Therapie • Vernetzung von Fachleuten • Ambulante Dienste: – Supervision – Beratungsstellen für ambulante Beratung und Therapie – Sozialpädagogische Kinder- und Jugendambulanz – Weitere Angebote zur Prävention und Rehabilitation


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