magazin Nr. 48/2014
Kompetenz. Und Gottvertrauen.
Christlicher Glaube und seelische Gesundheit. Theologische Grundlagen der de’ignis Arbeit.
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Kompetenz. Und Gottvertrauen.
Wir setzen den Fokus. Auf das Wesentliche.
In der de’ignis-Fachklinik behandeln wir psychische und psychosomatische Erkrankungen, wie zum Beispiel Depressionen, Ängste, Zwänge und Burnout – sowohl stationär als auch ambulant oder tagesklinisch. Nutzen Sie auch unsere Präventionsangebote, die von individuellen Gesundheitswochen bis hin zu Kursen zur Stressbewältigung reichen. Besuchen Sie uns auf www.deignis.de
de’ignis-Fachklinik gGmbH auf christlicher Basis für Psychiatrie, Psychotherapie, Psychosomatik Walddorfer Straße 23 · 72227 Egenhausen · Telefon + 49 (0) 7453 93 91-0 · info@deignis.de
Editorial
Liebe Leserinnen und Leser,
in diesem Moment halten Sie eine ganz besondere Ausgabe des de’ignis-Magazins in Ihren Händen. Einige Erfahrungen und Ergebnisse aus der de’ignis Arbeit werden darin in einem ersten Schritt dargestellt. Im Rahmen der Entwicklung von Grundlagen für die christlich-integrative Therapie, die an einer Schnittstelle zwischen Medizin, Psychotherapie und Theologie angesiedelt ist, entstehen Texte, die wir als Orientierungshilfen bezeichnen. Die Entwicklung und Ausarbeitung der Orientierungshilfen wird vom de’ignisInstitut koordiniert und ist als Handreichung für Mitarbeiter, Kursteilnehmer und Interessierte gedacht. In dieser Ausgabe liegt der Schwerpunkt auf dem theologischen Aspekt der de’ignis Arbeit. Wir haben uns bemüht, trotz des Schwerpunktes, der fachlich gut fundierten Orientierungshilfen, den Magazincharakter zu erhalten. Die Fachartikel werden unter der Rubrik Therapie- und Theorieentwicklung veröffentlicht. Ein Anspruch auf Vollständigkeit unsererseits besteht dabei nicht. Die Texte haben derzeit den Charakter von Diskussionspapieren. Darüberhinaus tragen diverse wissenschaftliche Arbeiten in Kooperation mit Instituten und Universitäten sowie der stetige Austausch verschiedener Fachdisziplinen in Psychiatrie, Psychotherapie, Theologie und weiteren interdisziplinären Bereichen, zu unseren Erkenntnissen bei. Nicht zuletzt aus diesen Gründen sind auch viele Autoren der einzelnen Artikel dieser Ausgabe, Mitglieder der Trägerschaft verschiedener Arbeitszweige von de’ignis. Von Beginn an war es uns wichtig, einerseits Menschen mit psychischen Erkrankungen, unter der Berücksichtigung ihres Glaubens jedoch unabhängig von ihrer religiösen Orientierung, eine qualifizierte Behandlung anzubieten und dabei den christlichen Glauben als eine persönliche Ressource zu betrachten. Andererseits ist es unsere Aufgabe, die Anwendung anerkannter Methoden aus Psychiatrie und Psychotherapie den Anforderungen des Gesundheitswesens mit innovativem Engagement nachzukommen und mit fortschrittlichen Inhalten sowie Entwicklungen zu einer nachhaltigen Wiederherstellung und Förderung der seelischen Gesundheit des Einzelnen beizutragen. Die christlich-integrative Therapie darf deshalb als eine Integration von Psychiatrie, Psychotherapie, Psychosomatik und Theologie, mündend in einem methodenübergreifenden Konzept, das wesentliche Aspekte des Menschseins ausgewogen berücksichtigt, verstanden werden. Grundlage dafür ist ein christliches Menschenbild, wie es im Glaubensbekenntnis der christlichen Kirchen formuliert ist. Eine der grund-
legenden Perspektiven der de’ignis Arbeit besteht somit auch darin, den Menschen als Ebenbild Gottes zu sehen und die Einmaligkeit seiner Person zu achten. Wir verfolgen daher ein Konzept mit einem reflektierten Einsatz von medizinisch-psychotherapeutischen Therapieverfahren und geistig-spirituellen Angeboten, die in ihrem Zusammenwirken die Tiefendimensionen des Menschen erreichen können. Dabei ist de’ignis den gängigen wissenschaftlichen Standards und der Qualitätssicherung verpflichtet. Seit der de’ignis-Gründung im Jahre 1987 helfen wir somit Menschen mit psychischen und psychosomatischen Erkrankungen, qualifiziert auf der Basis des christlichen Glaubens. So fasst unser Claim „Kompetenz. Und Gottvertrauen.“ die beiden Hauptaspekte und damit unsere inhaltliche konzeptionelle Entwicklung sehr gut zusammen. Wir wünschen uns, dass diese Magazinausgabe eine ganz besondere Bereicherung für Sie ist und die Autoren unsere theologischen Inhalte für Sie verständlich und nachvollziehbar machen können. Im Aktuell-Teil informieren wir Sie wieder über Entwicklungen und Neuerungen der de’ignis Arbeit. Wir danken Ihnen für Ihre Treue zu unserer Arbeit und die vielfältige Unterstützung. Gott segne Sie!
Ihr Claus Jürgen Hartmann und Winfried Hahn, die Herausgeber
Claus-Jürgen Hartmann
Winfried Hahn
Geschäftsführer,
Geschäftsführender Heimleiter,
de’ignis-Fachklinik und
de’ignis-Wohnheim,
de’ignis-Institut
Vorstandsvorsitzender Christliche Stiftung de’ignis-Polen
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In h a l t
Alles zum Thema Begleitung psychisch kranker Menschen.
von Weihbischof Thomas Maria Renz 6
Einheit im Sinne Gottes: Nicht Menschenwerk, sondern Gottesbegegnung. von Papst Benedikt XVI.
Rainer Oberbillig, Winfried Hahn, Claus J. Hartmann
Redaktion
Konzept, Layout und Gestaltung
Timm Hartmann, mail@nimmtimm.de
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AD Dipl.-Ing. Rainer Haas, haas@ad-stuttgart.de
Gestaltung und Produktion
Druck
Mündigkeit in der Therapie.
von Dr. med. Rolf Senst 10
Papier
Henkel GmbH Druckerei, Stuttgart LuxoArt Samt New
Auflage
16.000
de’ignis-Fachklinik gGmbH auf christlicher Basis für Psychiatrie, Psychotherapie, Psychosomatik Walddorfer Straße 23 72227 Egenhausen Telefon: +49 (0) 7453 9391 0 Fax: +49 (0) 7453 9391 193 E-Mail: info@deignis.de Volksbank Nordschwarzwald eG IBAN: DE50 6426 1853 0062 1680 02 BIC: GENODES1PGW
Herausgeber
Zur Diskussion Christlicher Glaube und psychische Gesundheit. von Prof. Dr. Romuald Jaworski
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Impuls Dynamische Wechselwirkung. Der Ausleger und sein Text.
von Prof. Dr. Gerhard Maier, Landesbischof a. D. 26
Theorie- und Therapieentwicklung Theologische Orientierungshilfe. Der konfessionsübergreifende Rahmen der Christlich-integrativen Beratung & Therapie. von Matthias Vogt
Theologische Orientierungshilfe. Leitlinien für eine biblische Hermeneutik. von Winfried Hahn
Perspektiven einer biblisch-therapeutischen Anthropologie. von Rainer Oberbillig
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de,ignis-Aktuell Termine, Berichte, Aktuelles
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de’ignis-Wohnheim gGmbH – Haus Tabor zur außerklinischen psychiatrischen Betreuung Fred-Hahn-Straße 30 72514 Engelswies Telefon: +49 (0) 7575 9250 70 Fax: +49 (0) 7575 9250 730 E-Mail: wohnheim@deignis.de Sparkasse Pfullendorf-Meßkirch IBAN: DE46 6905 1620 0000 1053 38 BIC: SOLADES1PFD de’ignis-Institut gGmbH für Psychotherapie und christlichen Glauben Markgrafenweg 17 72213 Altensteig Telefon: +49 (0) 7453 9494 0 Fax: +49 (0) 7453 9494 396 E-Mail: institut@deignis.de Volksbank Nordschwarzwald eG IBAN: DE60 6426 1853 0066 6240 02 BIC: GENODES1PGW Christliche Stiftung de’ignis-Polen Fred-Hahn-Straße 30 72514 Engelswies Telefon: +49 (0) 7575 9250 70 Fax: +49 (0) 7575 9250 730 E-Mail: wohnheim@deignis.de Sparkasse Pforzheim IBAN: DE83 6665 0085 0007 2605 12 BIC: PZHSDE66XXX Alle de’ignis Einrichtungen sind gemeinnützig und arbeiten überkonfessionell. Spendenbescheinigungen werden auf Wunsch gerne ausgestellt.
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Begleitung psychisch kranker Menschen. Eine Herausforderung für Kirche und Gesellschaft. von Weihbischof Thomas Maria Renz
sen engagiert haben, dürfen die Sorge um mühsamer Weg ist. Die Heilung des Gedie Kranken nicht einfach den „Profis“ lähmten am Teich von Betesda (vgl. Joh 5, überlassen, also den Ärzten und Thera- 1 – 9) lehrt uns aber, wie wichtig der Fakpeuten, sondern müssen wieder verstärkt tor „Begleitung“ im Genesungsprozess ihren eigenen Beitrag für den Heilungs- ist. „Herr, ich habe keinen Menschen, der prozess leisten. Denn der Glaube allein mich in den Teich trägt!“, moniert der hat ja schon eine therapeutische, heilende Gelähmte im Gespräch mit Jesus. Solche hier nicht ausdrücklich von psychisch Wirkung. In vielen Begegnungen mit Menschen, die ihre Krankheit mittragen, Kranken die Rede ist, so sind sie mit Schwerkranken habe ich immer wieder brauchen besonders psychisch Kranke. dem doppelten „alle Krankheiten“ und gehört: „Ohne meinen Glauben hätte ich diese Die Erfahrung der Einsamkeit („Ich habe „alle Kranken“ sicher inkludiert. Dieses schwierige Krankheit nicht bewältigen können“. keinen Menschen!“) vertieft sonst die Wirken Jesu als Heiler aller Krankheiten Und der Frau, die an Blutungen litt und von seelische Not und das Gefühl der Aussoll heute durch diejenigen fortgeführt Jesus geheilt wird, sagt Jesus: „Meine Tochter, weglosigkeit des Kranken. werden, die ihm nachfolgen: „Durch die, dein Glaube hat dir geholfen. Geh in Frieden!“ Eine zentrale Herausforderung, die die zum Glauben gekommen sind, werden fol- (Lk 8, 48). Kann die Zusage Jesu – „Dein die Begleitung psychisch kranker Mengende Zeichen geschehen: In meinem Namen Glaube hat Dir geholfen“ – auch für die schen heute darstellt, ist das wohlwolwerden sie Dämonen austreiben […] und die Kranken von heute gelten? Um das er- lende Miteinander von Medizin, PsychoKranken, denen sie die Hände auflegen, werden fahren zu können, müsste der Glaube an therapie und Seelsorge. Dazu ist es nötig, gesund werden“ (Mk 16, 17 – 18). Damit ist einen personalen Gott zu einer persönli- dass sich diese drei Bereiche nicht vonder christliche Auftrag der Sorge um die chen Kraftquelle im Leben des Einzelnen einander abschotten und ihren eigenen Kranken umrissen, auch wenn sich heu- werden. Weil aber der Glaube heute im- Beitrag am Genesungsprozess nicht vertige Heilungsprozesse viel differenzierter mer mehr verdunstet, muss der wichtigste absolutieren, sondern sich als im Dienst und komplexer darstellen als sie mit den Beitrag der Christen in unserem Lande an den Kranken stehend verstehen. Das beiden Begriffen „Dämonenaustreibung“ sein, den heilsamen Glauben an den Hei- Bewusstsein, dass alle drei Zugangswege und „Handauflegung“ umschrieben sind. land Jesus Christus den Menschen heute miteinander kooperieren und sich ergän Da wir heute wissen, dass der wieder kraftvoll und authentisch zu be- zen müssen, um gerade den psychisch Mensch eine Einheit aus Körper, Geist zeugen. Kranken möglichst optimal helfen zu und Seele ist, braucht es in der Beglei- Dass die Heilung von Krankheiten können, ist dabei von großer Bedeutung. tung von Kranken eine umfassende Sicht in der Regel nicht so schlagartig und Wie dieses respektvolle Miteinander und auf den Menschen und daher ein gutes spektakulär erfolgt wie bei den Kran- Zueinander von Medizin, PsychotheraZusammenwirken von Medizin, Psycho- kenheilungen Jesu, zeigt sich vor allem pie und Seelsorge konkret aussehen kann, therapie und Seelsorge. Die Kirchen, die in der Begleitung psychisch kranker beschreibt Dr. Lucia Fritz aus einer Fachsich von Anfang an im Gesundheitswe- Menschen, die ja oft ein jahrelanger, klinik für analytische Psychotherapie „Jesus zog in ganz Galiläa umher, lehrte in den Synagogen, verkündete das Evangelium vom Reich und heilte im Volk alle Krankheiten und Leiden. […] Man brachte Kranke mit den verschiedensten Gebrechen und Leiden zu ihm, Besessene, Mondsüchtige und Gelähmte, und er heilte sie alle“ (Mt 4, 23 – 24). Auch wenn
Foto: steffne / photocase.de
Beglei tung p sychi sch kranker Mensc h e n
folgendermaßen: „Psychotherapie und Seelsorge sind darauf angewiesen, dass jemand Zugang zu seinem psychischen Unruheherd findet. Das ist nicht möglich, wenn ein Beruhigungsmittel diesen Unruheherd abdichtet. Man muss dieses Medikament deshalb zuvor in kleinen Schritten absetzen und durch ein Antidepressivum ersetzen“. Das ist jedoch nur möglich,
wenn die jeweilige Disziplin ihren eigenen Beitrag zum Heilungsprozess nicht verabsolutiert, sondern auch die bei den anderen gelten lässt. Daher scheint mir gerade für die Begleitung psychisch kranker Menschen der wohlwollende Dialog zwischen den unterschiedlichen Heilungsansätzen und Disziplinen eine wichtige Grundvoraussetzung zu sein. Und noch ein Letztes: Alle drei Disziplinen – Medizin, Psychotherapie und Seelsorge – sollten sich ein Beispiel an Jesus nehmen, was den Umgang mit den Kranken betrifft: Jesus begegnet den Leidenden immer auf „Augenhöhe“ und nie von oben herab! So lässt er zum Bei-
spiel den blinden Bartimäus, der auf dem Boden sitzt, aufstehen und ruft ihn zu sich, um ihn zu heilen (vgl. Mk 10, 46 – 52). Wenn ein Kranker sitzt, setzt sich Jesus zu ihm, wenn ein Kranker steht, begegnet ihm Jesus stehend. Wie wohltuend wäre es zum Beispiel, wenn das Ärzteteam, das sich zur täglichen Visite am Bett des Patienten versammelt, sich hinsetzen würde, um dem Patienten damit ein Doppeltes zu signalisieren: Wir setzen uns zu Dir, weil wir jetzt Zeit für Dich haben. Und: Wir setzen uns zu Dir, weil wir Dich nicht „von oben herab“ behandeln, sondern Dir auf Augenhöhe begegnen wollen. Denn nur „auf Augenhöhe“ kann ein Patient das Heilungsangebot von Ärzten, Psychotherapeuten und Seelsorgern auch wirklich richtig annehmen! Das lehrt uns der Umgang Jesu mit den Kranken.
Thomas Maria Renz ist Weihbischof der Diözese Rottenburg-Stuttgart. Renz wurde 1984 in Rom für die Diözese Rottenburg-Stuttgart zum Priester geweiht. Am 29. April 1997 ernannte ihn Papst Johannes Paul II. zum Titularbischof von Rucuma und zum Weihbischof in Rottenburg-Stuttgart. Er war bis zu seiner Ernennung zum Weihbischof 1997 in Bad Saulgau tätig. Mit 39 Jahren war er das jüngste Mitglied der Deutschen Bischofskonferenz. Auf Grund seiner unkomplizierten Art gilt er als Bischof der Jugend. Er ist als Leiter der Hauptabteilung Jugend des Bischöflichen Ordinariats in Rottenburg Vorstand der Jugendstiftung just. Seit 2005 ist Renz Familiare im Deutschen Orden. Im theologischen Beirat de’ignis.
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Einheit im Sinne Gottes: Nicht Menschenwerk, sondern Gottesbegegnung. von Papst Benedikt XVI.
Vorbemerkung: de’ignis hat sich mit allen dazugehörigen Arbeitszweigen auf eine überkonfessionelle Grundlage gestellt. Die Vorstellung von Einheit, wie sie von Papst Benedikt XVI. formuliert wurde, entspricht auch unserem Anliegen. […] „Nicht nur für diese hier bitte ich, sondern auch für alle, die durch ihr Wort an mich glauben“ (Joh 17,20) – so hat Jesus im Abend-
mahlsaal zum Vater gesagt. Er bittet für die künftigen Generationen von Glaubenden. Er blickt über den Abendmahlsaal hinaus in die Zukunft hinein. Er hat gebetet auch für uns. Und er bittet um unsere Einheit. Dieses Gebet Jesu ist nicht einfach Vergangenheit. Immer steht er fürbittend für uns vor dem Vater, und so steht er in dieser Stunde mitten unter uns und will uns in sein Gebet hineinziehen. Im Gebet Jesu ist der innere Ort unserer Einheit. Wir werden dann eins sein, wenn wir uns in dies Gebet hineinziehen lassen. Sooft wir uns als Christen im Gebet zusammenfinden, sollte uns dieses Ringen Jesu um uns und mit dem Vater für uns ins Herz treffen. Je mehr wir uns in dieses Geschehen hineinziehen lassen, desto mehr verwirklicht sich Einheit. Ist das Gebet Jesu unerhört geblieben? Die Geschichte der Christenheit ist sozusagen die sichtbare Seite dieses Dramas, in dem Christus mit uns Menschen ringt und leidet. Immer wieder muss er den Widerspruch zur Einheit erdulden, und doch auch immer wieder vollzieht sich Einheit mit ihm und so mit dem
dreieinigen Gott. Wir müssen beides sehen: die Sünde des Menschen, der sich Gott versagt und sich in sein Eigenes zurückzieht, aber auch die Siege Gottes, der die Kirche erhält durch ihre Schwachheit hindurch und immer neu Menschen in sich hineinzieht und so zueinander führt. Deshalb sollten wir bei einer ökumenischen Begegnung nicht nur die Trennungen und Spaltungen beklagen, sondern Gott für alles danken, was er uns an Einheit erhalten hat und immer neu schenkt. Und diese Dankbarkeit muss zugleich Bereitschaft sein, die so geschenkte Einheit nicht zu verlieren mitten in einer Zeit der Anfechtung und der Gefahren. Die grundlegende Einheit besteht darin, dass wir an Gott, den Allmächtigen, den Vater, den Schöpfer des Himmels und der Erde glauben, dass wir ihn als den Dreifaltigen bekennen – Vater, Sohn und Heiliger Geist. Die höchste Einheit ist nicht monadische Einsamkeit, sondern Einheit durch Liebe. Wir glauben an Gott – den konkreten Gott. Wir glauben daran, dass Gott zu uns gesprochen hat und einer von uns geworden ist. Diesen lebendigen Gott zu bezeugen ist unsere gemeinsame Aufgabe in der gegenwärtigen Stunde. Braucht der Mensch Gott, oder geht es auch ohne ihn ganz gut? Wenn in einer ersten Phase der Abwesenheit Gottes sein Licht noch nachleuchtet und die Ordnungen des menschlichen Daseins zusammenhält, so scheint es, dass es auch ohne
Gott ganz gut geht. Aber je weiter die Welt sich von Gott entfernt, desto klarer wird, dass der Mensch in der Hybris der Macht, in der Leere des Herzens und im Verlangen nach Erfüllung und Glück immer mehr das Leben verliert. Der Durst nach dem Unendlichen ist im Menschen unausrottbar da. Der Mensch ist auf Gott hin erschaffen und braucht ihn. Unser erster ökumenischer Dienst in dieser Zeit muss es sein, gemeinsam die Gegenwart des lebendigen Gottes zu bezeugen und damit der Welt die Antwort zu geben, die sie braucht. Zu diesem Grundzeugnis für Gott gehört natürlich ganz zentral das Zeugnis für Jesus Christus, wahrer Mensch und wahrer Gott, der mit uns gelebt hat, für uns gelitten hat und für uns gestorben ist und in der Auferstehung die Tür des Todes aufgerissen hat. Liebe Freunde, stärken wir uns in diesem Glauben! Helfen wir uns, ihn zu leben. Dies ist eine große ökumenische Aufgabe, die uns mitten in das Gebet Jesu hineinführt. Die Ernsthaftigkeit des Glaubens an Gott zeigt sich im Leben seines Wortes. Sie zeigt sich in unserer Zeit ganz praktisch im Eintreten für das Geschöpf, das er als sein Ebenbild wollte – für den Menschen. Wir leben in einer Zeit, in der die Maßstäbe des Menschseins fragil geworden sind. Ethik wird durch das Kalkül der Folgen ersetzt. Demgegenüber müssen wir als Christen die unantastbare Würde des Menschen verteidigen, von der Empfängnis bis zum Tod – in
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danach beurteilen, wie wir den Nächsten, wie wir dem Geringsten seiner Brüder begegnet sind. Die Bereitschaft, in den Nöten dieser Zeit über den eigenen Lebensrahmen hinaus zu helfen, ist eine wesentliche Aufgabe des Christen“.
Dies gilt, wie gesagt, zunächst im persönlichen Lebensbereich jedes Einzelnen. Aber es gilt dann in der Gemeinschaft eines Volkes und eines Staates, in der wir alle füreinander einstehen müssen. Es gilt für unseren Kontinent, in dem wir zur europäischen Solidarität gerufen sind. Und es gilt auch über alle Grenzen hinweg: Die christliche Nächstenliebe verlangt heute auch unseren Einsatz für die Gerechtigkeit in der weiten Welt. Ich weiß, dass von den Deutschen und von Deutschland viel getan wird, damit allen Menschen ein menschenwürdiges Dasein ermöglicht wird, und möchte dafür ein Wort herzlichen Dankes sagen. Schließlich möchte ich noch eine tiefere Dimension unserer Verpflichtung zur Liebe ansprechen. Die Ernsthaftigkeit des Glaubens zeigt sich vor allem dadurch, dass er Menschen inspiriert, sich ganz für Gott und von Gott her für die anderen zur Verfügung zu stellen. Die großen Hilfen werden nur konkret, wenn es vor Ort diejenigen gibt, die ganz für den anderen da sind und damit die Liebe Gottes glaubhaft werden lassen. Solche Menschen sind ein wichtiges Zeichen für die Wahrheit unseres Glaubens. Im Vorfeld meines Besuches war verschiedentlich von einem ökumenischen Gastgeschenk die Rede, das man
sich von einem solchen Besuch erwarte. Die Gaben, die dabei genannt wurden, brauche ich nicht einzeln anzuführen. Dazu möchte ich sagen, dass dies so, wie es meistens erschien, ein politisches Missverständnis des Glaubens und der Ökumene darstellt. Wenn ein Staatsoberhaupt ein befreundetes Land besucht, gehen im allgemeinen Kontakte zwischen den Instanzen voraus, die den Abschluss eines oder auch mehrerer Verträge zwischen den beiden Staaten vorbereiten: In der Abwägung von Vor- und Nachteilen entsteht der Kompromiss, der schließlich für beide Seiten vorteilhaft erscheint, so dass dann das Vertragswerk unterschrieben werden kann. Aber der Glaube der Christen beruht nicht auf einer Abwägung unserer Vor- und Nachteile. Ein selbst gemachter Glaube ist wertlos. Der Glaube ist nicht etwas, was wir ausdenken und aushandeln. Er ist die Grundlage, auf der wir leben. Nicht durch Abwägung von Vor- und Nachteilen, sondern nur durch tieferes Hineindenken und Hineinleben in den Glauben wächst Einheit […] Miteinander können wir alle nur dem Herrn danken für die Wege der Einheit, die er uns geführt hat, und in demütigem Vertrauen einstimmen in sein Gebet: „Lass uns eins werden, wie du mit dem Vater eins bist, damit die Welt glaube, dass er dich gesandt hat“ (vgl. Joh 17,21).
Papst Benedikt XVI. Ansprache vom 23. September 2011 anläßlich des Ökumenischen Gottesdienstes in der Kirche des Augustinerklosters Erfurt. Abdruck mit freundlicher Genehmigung der Pressestelle/ Öffentlichkeitsarbeit, Deutsche Bischofskonferenz in Bonn.
Foto: mem-film.de / photocase.de
den Fragen der Pränatalen Implantationsdiagnostik bis zur Sterbehilfe. „Nur wer Gott kennt, kennt den Menschen“, hat Romano Guardini einmal gesagt. Ohne Erkenntnis Gottes wird der Mensch manipulierbar. Der Glaube an Gott muss sich in unserem gemeinsamen Eintreten für den Menschen konkretisieren. Zum Eintreten für den Menschen gehören nicht nur diese grundlegenden Maßstäbe der Menschlichkeit, sondern vor allem und ganz praktisch die Liebe, wie sie uns Jesus Christus im Gleichnis vom Weltgericht lehrt (Mt 25): „Der richtende Gott wird uns
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Mündigkeit in der Therapie. Wachstums- und Entwicklungsprozesse in psychotherapeutischen Behandlungen. von Dr. med. Rolf Senst
nes in unsere Herzen, der da ruft: Abba, Vater! Anthropologische Grundannahmen spielen in psychotherapeutischen Behandlungen eine große Also bist du nun nicht mehr Sklave, sondern Rolle. Auch wenn sie oft nicht reflektiert werden Sohn (Tochter); wenn aber Sohn (Tochter), so und selten explizit benannt, sind sie dennoch auch Erbe durch Gott.“ hochwirksam und beeinflussen die Entwick- Aus Gottes Sicht ist Unmündigkeit ein lungsrichtung therapeutischer Prozesse erheb- bereits beendeter Zustand. Die Unmünlich. Im folgenden stelle ich die in unserer Klinik digkeit Gott gegenüber bestand solange, praktizierte Haltung gegenüber dem Patienten wie „die Zeit noch nicht erfüllt war“, d. h. dar und begründe sie mit dem biblischen Men- Jesus durch seine Menschwerdung, seischenbild, so wie wir es bei de’ignis verstehen. nen stellvertretenden Kreuzestod, seine Erfreulicherweise befinden wir uns mit dieser Auferstehung und Himmelfahrt das nun Haltung durchaus in Übereinstimmung mit vollendete Erlösungswerk noch nicht der Mehrheit der anerkannten psychotherapeu- vollbracht hatte. Solange waren wir unter tischen Richtungen. „Vormündern und Verwaltern“. Weiter
Einleitung
Meinen Ausführungen stelle ich Galater 3,26 – 47 voran. Hier finden wir Wesentliches zu unserem Thema, auch wenn es sich nicht ausdrücklich auf Therapie bezieht: „Denn ihr alle seid Söhne (und Töchter) Gottes, durch den Glauben an Christus Jesus […] Wenn ihr aber des Christus seid, so seid ihr damit Abrahams Nachkommenschaft und nach Verheißung Erben. Ich sage aber: solange der Erbe unmündig ist, unterscheidet er sich in nichts von einem Sklaven, obwohl er Herr über alles ist; sondern er ist unter Vormündern und Verwaltern bis zu der vom Vater festgesetzten Frist. So waren auch wir, als wir Unmündige waren, unter die Elemente der Welt versklavt; als aber die Zeit erfüllt war, sandte Gott seinen Sohn, geboren von einer Frau, geboren unter Gesetz, damit er die loskaufte, die unter Gesetz waren, damit wir die Sohnschaft (und Tochterschaft) empfingen. Weil ihr aber Söhne (und Töchter) seid, sandte Gott den Geist seines Soh-
oben wird deutlich, dass diese „Vormünder und Verwalter“ das Gesetz meinen, das als „unser Zuchtmeister auf Christus hin“ fungierte, bis die Rechtfertigung aus Glauben kam. Damit ist ausgesagt, was dieser unser Einstiegstext in geistlicher Hinsicht unter Mündigkeit versteht: Orientierung an der von Gott geschenkten Beziehung mit dem dazugehörigen Status als Sohn und Tochter, der jetzt sein Erbe antritt – im Gegensatz zur Orientierung an einem Regelwerk von Geboten und Verboten. Es gibt noch weitere Aspekte in diesem Text mit theologischen und quasi juristischen Implikationen. Ich denke z. B. daran, dass der Antritt eines Erbes zunächst den Tod des Erblassers voraussetzt ( Jesus ist für uns gestorben) und sodann eine rechtskräftige testamentarische Regelung (das Neue Testament) sowie – und darum soll es ja hier schwerpunktmäßig gehen – die Mündigkeit des Erben.
Da ich weder Theologe noch Jurist bin, wohl aber Psychotherapeut und Psychiater (was wörtlich übersetzt Seelen-Diener und Seelen-Arzt bedeutet) sowie zu den genannten Erben gehöre („Ihr alle seid Erben Gottes durch den Glauben an Jesus Christus“), wende ich mich dem spezifischen Thema dieses Artikels zu. Gottes Wort sagt eindeutig, dass jeder an Jesus Christus gläubige Mensch prinzipiell nicht mehr unmündig ist. Gleichzeitig werden ebenso eindeutig entschiedene Christen als Unmündige in Christus angesprochen 1 und die ausdrückliche Aufforderung formuliert, nicht länger unmündig zu bleiben 2, sondern von Milch zu fester Speise fortzuschreiten 3. Was bedeutet dies für die Therapie? Beziehungsebenen
a Die Partner sind gleichwertig Therapie ist eine „Gemeinschaftsveranstaltung“. Beteiligt sind der Patient und sein Therapeut (aus Gründen der Einfachheit und Lesbarkeit gebrauche ich im Folgenden die männliche Form, die weibliche ist zugleich stets mitgemeint), bzw. in einer Gruppentherapie die Patienten und der Therapeut oder bei Co-Therapie ihre Therapeuten. Es sitzen sich zwei Menschen gegenüber, die jeweils ein Stück Lebenserfahrung haben, jeder hat die Herausforderungen seines Lebens bis zum heutigen Tag für ihn subjektiv mehr oder weniger gut bewältigt, seine soziale Umgebung ist mehr oder weniger zufrieden mit ihm und – SonderFoto: lorepx / photocase.de
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fall in unserer Klinik – in der Regel sitzen c Der Therapeut ist der Fachmann, sich häufig zwei Menschen gegenüber, der Patient ist der Unwissende die durch ihren persönlichen Glauben „Denn was ich vollbringe, erkenne ich nicht; an Jesus Christus gewissermaßen zur glei- denn nicht, was ich will, das tue ich, sondern chen Familie gehören, also Brüder und was ich hasse, das übe ich aus.“ 7 In der Regel Schwestern sind. Da es bei Gott kein An- ist es einem Menschen nicht bewusst, sehen der Person gibt 4, seine Liebe beiden wie ein von ihm selbst als problematisch (bzw. der ganzen Gruppe) gleicherma- empfundenes Verhalten zustande gekomßen gilt, gibt es hier keine Unterschiede. men ist und weshalb er es immer noch „Denn ihr alle, die ihr auf Christus getauft wor- praktiziert, obwohl er sich eigentlich den seid, ihr habt Christus angezogen. Da ist anders verhalten möchte. „Tiefes Wasser ist nicht Jude noch Grieche, da ist nicht Sklave noch Freier, da ist nicht Mann und Frau, denn ihr alle seid einer in Christus Jesus“ – der im
eingangs zitierten Galatertext ausgelassene Vers fasst dies noch mal zusammen. 5 b Der Patient ist der Fachmann, der Therapeut ist der Unwissende „Denn wer von den Menschen weiß, was im Menschen ist, als nur der Geist des Menschen, der in ihm ist?“ 6
Es ist das natürliche Bestreben eines jeden Menschen, mit den ihm gegebenen Mittel seine Lebenssituation optimal zu bewältigen. Das ist uns angeboren. Nun wird sich niemand in eine Psychotherapie begeben, der mit seinen gegenwärti gen Lebenslösungen rundweg zufrieden ist. Vielmehr ist es in der Regel so, dass ein aktueller Leidensdruck existiert. Bei näherer Betrachtung der Situation der umgebenden Bedingungen zeigt sich in der Regel neben den aktuellen äußeren Bedingungen (die durch eine Therapie nicht immer verändert werden können), dass der Konflikt- und Problemlösungsstil des Patienten gegenwärtig nicht optimal ist, hinter seinen jetzigen Möglichkeiten zurückbleibt. Zu einem früheren Zeitpunkt jedoch war dies häufig eine sinnvolle und angemessene Art, die damaligen Bedingungen zu meistern. Was damals alles war und mit welchen inneren und äußeren Gegebenheiten sich der Betroffene auseinander zu setzen hatte, weiß jedoch nicht der Therapeut, sondern der Patient selbst. Er ist der Fachmann, der Therapeut der Unwissende.
nicht länger im Mutterleib verharren, ist aber auf sich gestellt nicht lebensfähig. Das Baby kann seinen eigenen Kopf noch nicht halten, nicht gezielt greifen, sich nicht fortbewegen, die Nahrungsaufnahme ist nur durch gezielte Anregung des Schluckreflexes möglich, es bedarf einer speziell auf ihn abgestimmten Nahrung (Muttermilch oder spezielle Ersatzmilch). Auch in geistlicher Hinsicht kennen wir Ähnliches: Wenn ein Mensch von Neuem geder Ratschluss im Herzen des Mannes, aber ein boren wird, bedarf er einer konsequenten 8 verständiger Mann schöpft ihn herauf.“ Es ist Ernährung mit verträglicher Speise, um sinnvoll, sich in einer solchen Situation geistlich zu wachsen und ein eigenes Unan einen geschulten Fachmann zu wen- terscheidungsvermögen zu entwickeln. den, um diesbezüglich Hilfestellung zu Paulus spricht von Unmündigen in erfahren. Gemeinsam mit dem Patienten Christus, denen er Milch zu trinken gibt, erarbeitet dieser die Entstehungsbedin- nicht feste Speise 9, Petrus von der „unvergungen des heute als problematisch emp- fälschten Milch des Wortes, um durch sie fundenen Verhaltens und würdigt sie als geistlich zu wachsen“ 10. Für den psychieine grundsätzlich konstruktive Leistung. schen Bereich gilt Entsprechendes: Die Besonderen Wert legt er dabei auf die un- Entwicklungspsychologie beschäftigt sich bewusste Funktion der Symptomatik. In seit Jahrzehnten mit den einzelnen Reieinem zweiten Schritt folgt die Analyse, fungsschritten eines Menschen ab Gewelche Elemente des Problem/Konflikt- burt. Ein Ende der 70er-Jahre erschienelöseverhaltens auch heute noch sinnvoll nes Buch, das in die psychoanalytische sind, sich bewährt haben, und welche Theoriebildung starken Eingang gefunnicht. Der dritte Schritt ist dann die Er- den hat, ist „Die psychische Geburt des arbeitung von auf den heutigen Zustand Menschen“ von Margaret Mahler.11 Sie zugeschnittenen Alternativen, die auch spricht von verschiedenen Entwicklungsdas bisher in den Symptomen ausge- phasen (autistisch, symbiotisch, Separadrückte Bedürfnis berücksichtigen. tion/Individuation usw). Auch wenn manche ihrer Aussagen durch die inzwiHinderungsgründe schen sehr vorangeschrittene und in ihrer Grundsätzlich sehe ich hier drei Haupt- Methodik verfeinerte Arbeit der Säugelemente, die in je unterschiedlichem lingsforscher (baby watchers) über die Maße Einfluss auf das Erleben von frühen Mutter-Kind-Interaktionen überMündigkeit nehmen. Dieser Einfluss holt sind, bleibt doch die in klinischer kann prinzipiell günstig oder ungünstig und Alltagserfahrung bestätigte Tatsache sein; in meiner Darstellung lege ich den erhalten, dass der von Geburt her angeSchwerpunkt auf die Blockaden, weil es legte seelische „Apparat“ einen gezielten gewöhnlich diese sind, die einen Men- Förderungsprozess durchlaufen muss, um schen in die Therapie bringen. jeweils entwicklungs- und altersangemessen zu funktionieren und dem Menschen a Fehlende frühe Förderung der angeeine Existenz in zunehmender Eigenstänlegten Tendenz zur Selbstständigkeit/ digkeit zu ermöglichen. Eine zuverlässige Eigenverantwortlichkeit Bindung an die erwachsenen BezugsperIn körperlich-medizinischer Sicht ist der sonen, die insbesondere auch durch körMensch eine „physiologische Frühgeburt“, perliche Nähe gefördert wird, ist dabei d. h. ein nach neun Monaten geborenes unerlässlich. Die Bindungsforschung Kind ist zwar geburtsreif, soll und darf (Bowlby u. a.) hat herausgearbeitet, dass
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diese Faktoren sogar noch wichtiger sind als eine angemessene Versorgung mit Nahrungsmitteln. Selbstverständlich wird beides benötigt. Fehlen in den ersten Lebensjahren eines Menschen entscheidende entwicklungsfördernde Faktoren in Gestalt stabiler, zugewandter und kompetenter Bezugspersonen (primär die Mutter, auch der Vater oder andere dem Kind zuverlässig zugewandte Personen können diese Funktion übernehmen), so kann hier eine wesentliche Störung in der Fähigkeit, später ein mündiges, selbstverantwortetes Leben zu führen, entstehen.
c Eigene Entscheidungen Der in meinen Augen therapeutisch wichtigste Faktor für eine Veränderung im Sinne von Wachstum in Sachen Mündigkeit ist der eigene Wille des Betroffenen. Jesus fragt den Lahmen am Teich Bethesda „Willst du gesund werden?“ 12 Nicht von ungefähr ist erwähnt, dass dieser Kranke sich schon 38 Jahre an seinen Zustand gewöhnt hatte. Wer schon lange gewöhnt war, die Verantwortung für sein Leben im Wesentlichen anderen Personen zu überlassen, bedarf einer klaren und immer wieder erneuerten Willensentscheidung, fortan eigene Verantwortung zu übernehmen und Konsequenzen zu ertragen; nur so kann er in Mündigkeit hineinwachsen.
b Erziehung in den späteren Jahren Ich unterscheide drei für spätere Störungen prädisponierende Erziehungsstile: Da ist zum einen der repressiv-autoritäre Stil, der oft willkürlich ist, genaue Vorga- Wie lässt sich eine ben macht, blinden Gehorsam verlangt Entwicklung zur Mündigkeit und keinen Widerspruch duldet. Gege- therapeutisch fördern? benenfalls drohen harte Strafen. Dieser Wer sich unmündig fühlt, sich innerlich Stil findet sich sowohl in Familien als so erlebt, wird dies in seinem Verhalten auch in manchen extremen christlichen irgendwie ausdrücken. Wer sich unmünGemeinden. Strafandrohungen in Letz- dig verhält, wird von anderen so erlebt teren beziehen sich auf die Konsequen- werden. Aller Wahrscheinlichkeit nach zen für die Ewigkeit, Schaden für das werden diese ihn auch so behandeln. Wer geistliche Leben schon im Diesseits etc., unmündig behandelt wird, fühlt sich nun wenn sich das Gemeindeglied nicht kri- erst recht unmündig. Damit ist die negative Spirale beschrieben, die sich vielfach tiklos der Leitung beugt. Ein zweiter Stil lässt sich mit der bei der Entwicklung psychischer StörunAussage beschreiben: „Das Gegenteil von gen antreffen lässt. Hier setzt auch die gut ist nicht böse, sondern gut gemeint.“ therapeutische Intervention ein: Zum Wer sein Kind immer vor allen Gefahren einen ist es ein Gebot ärztlicher und psyvollkommen schützen und bewahren will, chologischer Ethik, seinen erwachsenen es nie die Erfahrung einer eigenen Ausei- Patienten auch als mündig zu betrachten nandersetzung mit zum Teil widrigen und zu behandeln. Bei der Einleitung Umgebungsbedingungen machen lässt, therapeutischer Maßnahmen im körpersich also überfürsorglich verhält, erzieht lichen Bereich spricht man im Fachjarzur Unmündigkeit. Meist stecken eigene gon vom „informed consent“, d. h. der Ängste des Erziehers dahinter sowie ein informierten Einwilligung des Patienten. inneres Bedürfnis, weiterhin ein abhängi- Entsprechendes gilt selbstverständlich auch für die Psychotherapie. Darüber ges Kind zu behalten. Ein dritter Erziehungsstil mit hinaus ist diese Haltung als solches beschlechten Früchten ist der chaotische: reits Behandlungsmaßnahme: Wer sich alles ist unberechenbar, Verwöhnung als mündiger, zur Eigenverantwortung wechselt ab mit völlig übertriebener fähiger Mensch behandelt fühlt, wird Strenge, Gewaltanwendung mit Zärtlich- sich eher auch so erleben können. Dieses keit usw. Letzteres mündet nicht selten in innere Erleben wird im Laufe der Zeit in sein Verhalten Eingang finden, das versexuellen Missbrauch.
änderte, mündigere Verhalten wird von anderen registriert werden, die nun ihrerseits den Patienten eher als einen mündigen, erwachsenen, entscheidungsfähigen Menschen behandeln werden. Dies wiederum beeinflusst positiv das innere Erleben des Patienten. Das soeben Gesagte bezieht sich auf alle drei der weiter oben ausgeführten möglichen Blockierungen: unzureichende Entwicklungsförderung, repressive oder überfürsorgliche Erziehung, unzureichend entwickelter eigener Wille zur Mündigkeit. Zusätzlich wird es im Falle von Erziehung zu Abhängigkeit und Unmündigkeit in der Therapie um die Vorbereitung von konkreten Schritten zur Loslösung gehen müssen. Diese hat einen inneren Aspekt und beinhaltet in aller Regel auch äußerlich erkennbare Schritte der Distanzierung von repressiven, überprotektiven oder chaotischen Systemen in Familie, Gemeinde und anderswo. Bei einem unzureichend entwickelten Willen zur Mündigkeit ist es entscheidend, Lust an Freiheit und Eigenverantwortung zu fördern. Dies sollte in kleinen, überschaubaren, vorhersehbar von wahrscheinlichem Erfolg belohnten Schritten geschehen, die frei sind von Manipulation. Ohne ein gewisses Maß an Leidensdruck und Appetit auf Besseres wird sich keine Veränderungsbereitschaft ergeben. Appetitanreger können sowohl der Therapeut (im Wesentlichen durch sein eigenes Beispiel) als auch Mitpatienten sein. Letzteres ist oft wirksamer. „Wenn der sich das traut, dann versuche ich das auch einfach mal“, lässt sich leichter einem ebenfalls therapeutischer Hilfe bedürftigen Mitpatienten gegenüber empfinden als dem (scheinbar) so reifen Therapeuten. Explizit geistliche Aspekte
Für eine Psychotherapie, wie wir sie in unserer Klinik durchführen, die überwiegend von bekennenden Christen aufgesucht wird, kommt noch ein weiterer Aspekt hinzu. Wir glauben gemeinsam, dass wir Menschen uns nicht selbst ge-
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Ti te l t h ema
schaffen haben, sondern unsere Existenz einem Schöpfer verdanken. Der hat uns auf Beziehung angelegt: Zu anderen Menschen, zu uns selbst (jeder Mensch hat auch eine Beziehung zu sich selbst, geht in einer bestimmten Weise mit sich um, zum Beispiel hinsichtlich seiner Grundbedürfnisse, wie Essen, Trinken, Schlafen; nimmt sich selbst liebevoll an oder lehnt sich strafend ab) und zu ihm als Vater. Gott selbst drückt als dreieiniger Gott – Vater, Sohn, Heiliger Geist – ja in seiner Offenbarung über sich bereits Beziehung aus. Wer die grundsätzliche Erfahrung einer Beziehung zu Gott gemacht hat, wird darin weiter wachsen wollen. Meiner Erfahrung nach wirkt sich solches Wachstum positiv auf alle anderen Lebensbereiche aus. Der Wunsch danach, im Kontext der Psychotherapie auch weiterführende oder wiederherstellende Erfahrungen mit Gott zu machen, rangierte bei einer 1996/1997 durchgeführten Untersuchung von rund 200 Patienten an unserer Klinik mit 10,7 Prozent aller genannten Ziele an erster Stelle. (Die im weiteren genannten Ziele entsprachen in Wesentlichen denen, die auch von den insgesamt etwas über 1.200 Patienten, die aus anderen Kliniken an der Studie beteiligt waren, angegeben wurden.) Diesen Wunsch gilt es, in der Therapie ernst zu nehmen und zu berücksichtigen. Zweierlei scheint mir dabei besonders wichtig: Zum Einen braucht es Information über Gott und Mensch, die Beziehung zwischen Mensch und Gott und Mensch und Mensch, also eine auf die psychotherapeutische Praxis zugeschnittene, an der Verbindlichkeit der Heiligen Schrift orientierte Auslegung der Bibel. Dies versuchen wir in regelmäßigen Vorträgen zu vermitteln, die unsere Patienten auf freiwilliger Basis aufsuchen können. Das Zweite betrifft die gelebte Beziehung: Ein Mensch wird sich in einer Beziehung dann wohl fühlen, wenn er sich zum einen möglichst umfassend wahrgenommen und somit verstanden, zum Zweiten darin respektiert und zum
Dritten von Herzen akzeptiert fühlt. Gott gegenüber ist das nicht anders. Er geht so mit uns um. Eine Christus einbeziehende Therapie wird darauf abzielen, diese Erfahrung zu fördern. Am schönsten finde ich dies im Gleichnis vom verlorenen Sohn ausgedrückt: „Kind, du bist allezeit bei mir, und alles was mein ist, ist dein. Es geziemte sich aber, fröhlich zu sein; und sich zu freuen (ist auf die Dauer nur in einer mündigen Beziehung möglich – Anmerkung des Verfassers); denn dieser dein Bruder war tot und ist wieder lebendig geworden und verloren und ist gefunden worden.“ 12
Fußnoten
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1. Kor 3,1
2
Eph 4,14
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Heb 5,12 – 6,1; 1. Kor 3,2 Apg 10,34; Röm 2,11; Eph 6,9 Gal 3,28 1. Kor 2,11 Röm 7,15 Spr 20,5 1. Kor 3,1 – 2 1. Petr 2,2 Margaret S. Mahler, Fred Pine, Anni Bergman: Die psychische Geburt des Menschen. Symbiose und Individuation – Die Entwicklung des Kindes aus neuer Sicht Die psychische Geburt des Menschen. Fischer, Frankfurt/M., 1978 Joh 5,6 und Lk 15,31 – 32
Dr. med. Rolf Senst ist Arzt für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychotherapeutische Medizin, Rehabilitationswesen, Kinder- und Jugendlichen Psychotherapeut. Er ist Chefarzt der de’ignis-Fachklinik.
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Münd i gkei t i n d er Thera pie
„Wer die grundsätzliche Erfahrung einer Beziehung zu Gott gemacht hat, wird darin weiter wachsen wollen. Meiner Erfahrung nach wirkt sich solches Wachstum positiv auf alle anderen Lebensbereiche aus.“
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Christlicher Glaube und psychische Gesundheit. Empirische Forschungsergebnisse Ăźber die heilende Wirkung einer persĂśnlichen Gottesbeziehung.
Chri stli cher Glaub e und p sychi sche Gesundh e it
von Prof. Dr. Romuald Jaworski
Der vorliegende Text wurde aus dem Polnischen übersetzt und von der Redaktion sprachlich überarbeitet. Er enthält einen interessanten empirischen Ansatz zum Thema persönlicher oder formaler Glaube. Mit dieser Vorgehensweise und dem dazugehörigen Fragebogen betritt Prof. Dr. Jaworski von der Universität Warschau (seit einiger Zeit auch Mitglied des wissenschaftlichen Beirates am de’ignis-Institut) Neuland. Wir stellen seine Thesen hiermit unserer deutschsprachigen Leserschaft erstmalig zur Diskussion.
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Zuweilen ist ein Klima des Misstrauens zwischen Psychotherapeuten und Seelsorgern zu beobachten: Benötigt die Religion die Psychologie? Sollte die Psychologie sich mit der Religion befassen? Wie ist die Beziehung zwischen dem christlichen Glauben und der psychischen Gesundheit? In diesem Zusammenhang ergeben sich interessante Fragestellungen: Als Dorothee zur Therapeutin kam, der sie über ihre religiösen Zwänge und Ängste vor der Hölle erzählte, hörte sie von ihr, dass ihre Probleme durch ihre religiöse Haltung verursacht werden und am besten wäre es, dass sie ihre Religiosität aufgibt und Gott und die Hölle vergisst. Dorothee folgte nun dem Rat der Therapeutin und versuchte von Gott und der Kirche zu fliehen, aber diese Haltung erzeugte in ihr zusätzliche Schuldgefühle und vertiefte ihre Krankheit. Da entschied sie sich, eine Therapeutin zu finden, die an Gott glaubt und ihre Angst vor der Hölle versteht. Das Beispiel von Dorothee zeigt die Vielfalt der Ansichten von Psychologen und Psychotherapeuten, die unterschiedliche Schulen und Anschauungen in Bezug auf die Bedeutung der Religion für die psychische Gesundheit vertreten. Diese Unterschiede gab es schon zu Beginn der Geschichte der modernen Psychologie Ende des 19. Jahrhunderts und sind bis heute aktuell. Sie laufen auf die Frage der Beziehung zwischen der
Religiosität und der Gesundheit des Menschen hinaus. Fördert Religiosität psychische Gesundheit? Und andererseits, ist psychische Gesundheit ein Faktor, der die Entwicklung persönlicher Religiosität fördert oder beeinträchtigt? Kurze Geschichte der wissenschaftlichen Entwicklung
Die Entwicklung der modernen Psychologie war mit dem Interesse ihrer Vertreter an der Problematik des religiösen Erlebens verbunden. Mit dem Thema des religiösen Lebens befasste sich unter anderem W. Wundt – der Gründer des ersten psychologischen Labors zum Messen der psychischen Prozesse. Auch die Psychoanalytiker behandelten in ihren Forschungen und Interpretationen des menschlichen Lebens die mit dem Glauben und religiöser Tradition verbundenen Themen. So schrieb der Begründer der Psychoanalyse S. Freud mehrere religionskritische Texte wie z. B. „Die Zukunft einer Täuschung. Ein Mann namens Mose und die monotheistische Religion. Totem und Tabu“. 1
Benötigt die Religion die Psychologie? Auch C. G. Jung schrieb ein umfangreiches Buch mit dem Titel „Psychologie und Religion des Ostens und Westens“. 2 Darin befinden sich folgende Ausführungen: „Ein Versuch der psychologischen Interpretation des Dogmas von der Dreieinigkeit”, „Das Symbol der Verwandlung in der Messe“, „Die Antwort an Job“, „Vom Verhältnis der Psychotherapie zur Seelsorge“ oder „Tiefen-
psychologie und Seelsorge“.1 E. Fromm ist der Verfasser von unter ander folgender Schriften: „Das Dogma von Christus, Schabbat, Propheten der Bibel, Ihr werdet sein wie Gott“.1 V. E. Frankl beschreibt die psy-
chologische Konzeption der Religion in seiner Arbeit Der unbewußte Gott. Eine Fortsetzung der psychoanalytischen Gedanken bezüglich der Religion finden wir in der unlängst (2009) veröffentlichten Monographie unter der Redaktion von D. M. Black „Tiefenpsychologie und Religion im 21. Jahrhundert. Wettbewerb oder Zusammenarbeit“. 1
Psychologen humanistischer Orientierung haben die Problematik der Religiosität mit großem Interesse in Betracht gezogen. Ein Beispiel dafür sind die Texte von A. Maslow über Grenzerlebnisse. Das bedeutendste Beispiel der Betrachtung der Rolle der Religiosität für das psychische Leben ist das Buch von G. W. Allport „Persönlichkeit und Religion“ 2. Viele Überlegungen und Forschungen zum Thema Geistigkeit und Religiosität finden wir ebenso bei Vertretern der transpersonalen Psychologie (K. Wirbel, S. Grof ). In den letzten Jahren sind viele Veröffentlichungen über die Bedeutung von Glaube und Religion für die allgemeine Verfassung des Menschen erschienen. Es ist sinnvoll, hier die Veröffentlichung von J. I. Griffith und M. E. Griffith „Entdeckung der Geistigkeit in der Tiefenpsychologie“ 2 zu nennen. Die Begeisterung für
die Psychologie des 20. Jahrhunderts führte dazu, dass sie oftmals den Platz der Religion einnahm und Psychologen sowie Psychotherapeuten […] Priester und Seelsorger ersetzten. Auf diese Tatsache wies P. Vitz im Buch „Psychologie als Religion“ hin. Charakteristisch für die letzten Jahrzehnte war das Ignorieren der Problematik des religiösen Lebens auf dem Gebiet der akademischen Psychologie. Das Misstrauen der Psychologen
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gegenüber der Religion und Theologie sowie umgekehrt das Misstrauen der Theologen und Seelsorger gegenüber der Psychologie begann in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Vor der Tiefenpsychologie warnten die Päpste Pius XII. und Johannes XXIII. Neue Versuche, die gegenseitigen Beziehungen zu verbessern, brachte das II. Vatikanische Konzil, welches zur Ausbildung der Seelsorger im Bereich der Psychologie ermutigte. Weiterhin bleiben folgende Fragen aktuell: Hat Psychologie die Religion ersetzt? Benötigt Religion die Psychologie? Sollte Psychologie sich mit der Religion befassen? Wie ist die Beziehung zwischen christlichem Glauben und psychischer Gesundheit? Die Beziehung zwischen Gesundheit und religiösem Glauben
Die Psychologie, besonders die Tiefenpsychologie, bewertete die Religion kritisch. S. Freud betrachtete Religion als eine kollektive Zwangsneurose. Viele Schöpfer der Psychologie im 20. Jahrhundert waren der Meinung, dass Religion eine Erfindung der Kultur ist. Der christliche Glaube wird häufig als ein Faktor betrachtet, der veraltete Lebensformen fixiert und die Entwicklung des Menschen erschwert. Er wurde meistens negativ bewertet. Im besten Fall wurde Religion als ein Bereich gesehen, welcher für psychologische Forschungen unzugänglich ist. Nur wenige betonten, anhand neuerer Forschungen, dass der christliche Glaube (wie auch andere Religionen) positive Auswirkungen auf Therapie, Prophylaxe und psychische Gesundheit hat. So versuchte man Antworten auf folgende und ähnliche Fragen zu finden: Wie ist der Zusammenhang zwischen psychischer Gesundheit und der Zugehörigkeit zu einer religiösen Gruppe (Kirche, Denomination, Sekte)? Wie ist der Zusammenhang zwischen individueller Religiosität und psychischer Gesundheit? Wie ist der Zusammenhang zwischen einem seelischen Heilungsprozess
und der religiösen Praxis eines Individuums oder einer Religionsgemeinschaft?
Religion kann die Reduktion von Stress und Belastungsfaktoren bewirken. Das Problem liegt in der Vielfalt der methodischen Ansätze und Forschungsstrategien (von einer Analyse der Zufälle über Korrelationsstrategien bis zu Experimenten) und auch in der Kompliziertheit der untersuchten Phänomene von Religiosität und Gesundheit. Verschiedene Erscheinungsformen und Aspekte der Religiosität (z. B. Glossolalie) zeigen sowohl positive als auch negative Korrelationen mit psychischer Gesundheit. Man muss auch berücksichtigen, dass es nicht leicht ist, zu beurteilen, ob die Religiosität den Gesundheitszustand beeinflusst oder ob der Gesundheitszustand die Religiosität bedingt. Es gibt Störungen der Religiosität, die aus deformierten Religionsformen oder psychischen Erkrankungen hervorkommen. Es gibt ebenso psychische Erkrankungen, die einen religiösen Ursprung haben (ekklesiale Zwangsneurosen) und solche, die weder mit der Religion noch mit der Religiosität verbunden sind. Psychologische Forschungen und Beobachtungen weisen darauf hin, dass Religion das Auftreten der Symptome hemmen und das Individuum resozialisieren kann, indem sie das Individuum zu Denk- und Verhaltensweisen anregen, die gesellschaftlich anerkannt sind. Die Religion kann Reduktion von Stress und Belastungsfaktoren bewirken, welche sonst zu psychischen Erkrankungen führen könnten. Sie bietet auch Chancen in Bezug auf Persönlich-
keitsentfaltung und die Erweiterung der Handlungskompetenz. Sie fördert therapeutische Prozesse, wie z. B.: Annahme, Akzeptanz und Toleranz gegenüber anderen Menschen, Selbstannahme, Veränderungsbereitschaft (metanoia), Identifizierung geistiger Bedürfnisse, Übergang zu einem erfüllten Leben. Um Religiosität richtig zu beschreiben, muss man sowohl verschiedene Arten der Religiosität als auch ihre unterschiedlichen Dimensionen berücksichtigen. Es bestehen viele Konzepte und Kriterien, um die Religiosität differenziert darzustellen, z. B. nach Allport (1967), Vergot (1981), Baumgarten (1990), Chlewiński (1991), Jaworski (1989 und 1998). Auch die Charakteristik und Operationalisierung der zweiten Variable – der Gesundheit (eventuell der Krankheit) – ist bedingt durch Typologisierung psychischer Erkrankungen, beziehungsorientierte Konzepte der Gesundheit (Salutogenese) oder Bewältigungsstrategien (coping). Dank der Analyse der Religiosität als interpersonaler Kommunikation eröffnen sich neue Möglichkeiten, um die Problematik zwischen Religiosität und psychischer Gesundheit zu begreifen. Die Erforschung der Spiritualität eröffnet neue Perspektiven für die Zusammenhänge zwischen Glaube und psychischer Gesundheit. Darin liegt die Chance, die Wahrheit über den Menschen und seine Existenz, nicht nur seine irdische, besser zu verstehen. Personale und apersonale Religiosität
Menschen, die sich mit dem christlichen Glauben identifizieren, werden zu Formen der Religiosität herausgefordert, in denen der Mensch in eine personale Beziehung zu Gott kommt. Diese Form der Religiosität, die auf personalen Beziehungen basiert, kann man als eine personale (persona = lat. Person) Religiosität bezeichnen. Personen, deren Religiosität eine hohe Intensität der interpersonalen Beziehung zu Gott aufweist, haben eine
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personale Religiosität. Von Menschen, die keine personale Beziehung zu Gott pflegen und Gott instrumental betrachten, können wir sagen, dass sie eine apersonale Beziehung zu Gott haben. In der Gruppe von Menschen mit personaler Religiosität versteht man Gott als den Schöpfer voller Liebe und Barmherzigkeit. Gott ist hier die Liebe selbst. Diese Liebe ist die höchste, die vollkommenste. Deswegen wird Gott die Fülle der Vollkommenheit genannt. Diese Liebe ist aber keine kritiklose und anspruchslose Liebe. Gott ist die Liebe und Barmherzigkeit, aber gleichzeitig ist Er der Richter. Gott liebt, doch gleichzeitig verlangt Er eine liebevolle Haltung des Menschen Ihm gegenüber, dessen Leben Er beurteilen und den Er richten wird. Bei Menschen mit einer personalen Religiosität ist das Bild des liebenden Gottes jedoch dominierend. Einem anderen Gottesverständnis begegnen wir bei Menschen mit einer apersonalen Religiosität. Bei dieser Gruppe scheint Gott dem Menschen fern zu sein. In diesem Kontext beschreiben die Begriffe „Heiligkeit“ und „Vollkommenheit“ den Abstand zwischen Gott und dem Menschen. Menschen aus dieser Kategorie haben eine Gottesvorstellung, in der folgende Wesenszüge Gottes dominieren: Allmacht, Strenge, Distanz, Macht. Sie schreiben Gott Begriffe wie z. B. Kraft, Weisheit, Absolutheit, Herrschaft, Intelligenz etc. zu. Diese Bezeichnungen beschreiben die äußere Abhängigkeit des Menschen von seinem Schöpfer und Herrn. Dieses Gefühl der äußeren Abhängigkeit des Menschen von Gott bewirkt, dass die Möglichkeit einer personalen Begegnung mit Gott, der die Liebe, die Vorsehung und ein Freund ist, auf den zweiten Platz rückt. Der Mensch mit personaler Religiosität engagiert sich in der Beziehung zu Gott, weil er ihn als eine Person wahrnimmt. Als ein Beispiel kann hier die Geschichte der 40-jährigen Beate erwähnt werden, die nach ihrer Bekehrung eine persönliche Begegnung mit Gott
erfahren hat. Sie war davon überzeugt, dass Gott durch verschiedene Ereignisse zu ihr gesprochen hat. Sie begann einen intensiven Dialog mit Gott. Sie war der Überzeugung, dass sie ihr ganzes „Ich“ in der direkten Begegnung mit Gott entfalten zu können. Sie fühlte sich darin frei und kreativ, hatte auch das Gefühl von Würde und das Bewusstsein eines persönlichen Lebenszieles. Die Person Gottes bestimmte ihren Lebensstil und ihre Werte. Die Beziehung zwischen Beate und Gott gewann den Charakter gegenseitiger, dynamischer Gegenwart und Liebe. Das Gebet und die Lektüre der Heiligen Schrift wurden zu einer beständigen Praxis; diese verlieh ihrem Leben Sinn. Beate war dabei offen für neue Erkenntnisse und neue religiöse Erfahrungen. Anders sieht apersonale Religiosität aus. Sie ist eine Form der Beziehung zu Gott, der als „ein Gegenstand“, „ein Mittel“ zur Erfüllung der Bedürfnisse des Menschen betrachtet wird. Diesen Typ der Religiosität vertrat der 34-jährige Tadeusz. Erzogen in einer traditionellen katholischen Familie fühlte er sich gezwungen zu religiösen Praktiken, die er als ein Instrument betrachtete, um andere Ziele zu erreichen, wie z. B. gesellschaftliche Anerkennung, Beruhigung der Gewissensbisse. Sein Gebet hatte meistens die Form eines einseitigen Monologs. Die Religion und Gott durchdrangen die anderen Bereiche seines Lebens nicht, sie gehörten zu äußeren Werten. Der Kontakt mit Gott war aufs Erzielen anderer Werte orientiert als auf Gott selbst. Tadeusz fühlte sich in dieser Beziehung passiv und gleichgültig. Er empfand keine Verantwortung für die Qualität seiner Beziehung zu Gott. Er strebte auch nicht danach, diese Beziehung kreativ zu vertiefen. Die Religiosität war für ihn keine Quelle für sein Selbstwertgefühl. Zur Unterscheidung von Menschen mit hoher und niedriger Intensität der personalen Religiosität wurde die Skala Personaler Religiosität (SPR) konstruiert. Psychologische Forschungen zu Personen mit personaler und apersonaler Religio-
sität zeigten Unterschiede in Bezug auf ihre Persönlichkeitsstruktur. Diese Unterschiede betreffen so relevante Aspekte wie das Niveau der Integrität der Persönlichkeit, das Niveau der Anpassung, die Einstellung zu sich selbst und zu anderen Menschen. Psychosoziales Verhalten der Menschen mit personaler und apersonaler Religiosität
Die Ergebnisse der psychologischen Forschungen von Menschen mit personaler und apersonaler Religiosität zeigten, wie stark sich diese Personen voneinander unterscheiden. Das reale und ideale Bild, das System der Bedürfnisse, das Niveau der Selbstannahme und der Unruhe zeigen wesentliche Unterschiede. Solche Ergebnisse zeugen von der Rolle, die die persönliche Beziehung des Menschen zur Wirklichkeit, und insbesondere zu Gott als einem Gegenüber in der Gestaltung einer integrierten, gut angepassten und reifen Persönlichkeit spielt. So stellt die Personalisierung oder Depersonalisierung unserer Beziehung zur Wirklichkeit einen Schlüsselindikator für das Niveau der Religiositäts- und Persönlichkeitsentwicklung dar. Für Personen mit personaler Religiosität ist ein höheres Niveau der Integrität ihrer Persönlichkeit als bei Personen aus der entgegengesetzten Gruppe charakteristisch. Man kann also feststellen, dass sie heiler und reifer sind. Das Niveau ihrer Selbstannahme ist hoch, demnach sind sie motiviert, intensiv an sich zu arbeiten. Sie schätzen innere Ordnung und streben danach, darin zu wachsen. Selbstkontrolle, Ausdauer und Ordnung sind die am meisten gewünschten Persönlichkeitszüge in der Gruppe mit personaler Religiosität. Diese Charaktereigenschaften bestimmen die permanente Weiterentwicklung und das Erreichen eines immer höheren Niveaus bezüglich der Integrität der Persönlichkeit. Dies zeigt sich auch darin, dass bei Personen mit personaler Religiosität wenig Symptome offensichtlicher oder verborgener
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Unruhe auftreten. Ohne Zweifel ist das mit einem starken „Ich“ bei diesen Menschen verbunden. Ihre Lebensdynamik ist bewusst und organisiert. Es sind Menschen, bei denen Eigenschaften wie z. B. Ausgeglichenheit, Standhaftigkeit und fester Wille stärker ausgeprägt sind. Menschen mit apersonaler Religiosität zeigen einen höheren Indikator verborgener Unruhe. Für sie sind folgende Charaktereigenschaften charakteristisch: schwacher Wille, schwache Selbstkontrolle, hohe Reizbarkeit und Ungeduld, ein niedriges Niveau der Selbstannahme. Diese Personen weisen auch weniger Selbstvertrauen auf und haben Probleme mit der Kontrolle und Beherrschung innerer Impulse. Sie streben danach, andere zu dominieren und äußere Autonomie zu erreichen. Aggressive Verhaltensweisen sind ihnen nicht fremd. Bei Personen mit personaler Religiosität ist die Anpassungsfähigkeit sowohl in Beziehung zu sich selbst als auch gegenüber anderen Menschen stärker ausgeprägt. Sie verlangen viel von sich selbst, sind pflichtbewusst, optimistisch und zum Leben positiv eingestellt. Sie haben ein hohes Maß an Selbstvertrauen und sind disziplinierter, ruhiger und ausgeglichener als Menschen mit apersonaler Religiosität. Personen mit apersonaler Religiosität haben ein geringes Niveau an Selbstannahme bei gleichzeitiger Tendenz zu stärkerer Selbstsicherheit und Unabhängigkeit. Es sind Menschen, die pragmatisch auf sich selbst konzentriert sind. Sie verlassen sich nur auf sich selbst. Das Minderwertigkeitsgefühl, die Unzufriedenheit, schwacher Wille und ein niedriges Selbstwertgefühl können bei ihnen auftreten. Vertreter personaler Religiosität sind zu anderen Menschen altruistisch eingestellt. Sie geben sich Mühe, nicht nur andere zu verstehen, sondern sind auch bereit, sich persönlich für andere zu engagieren. Sie streben nach emotionaler Akzeptanz durch ihr Umfeld und sind bereit, sich anderen unterzuordnen. Ihr
Streben ist sozial orientiert. Sie brauchen den anderen Menschen und helfen gerne den Bedürftigen. Sie werden für Offenheit, Freundlichkeit, Gewissenhaftigkeit, Beharrlichkeit und Pflichbewusstsein durch ihr Umfeld geschätzt. Sie öffnen auch ihr „Ich“ für Gott, ihre Mitmenschen und die Welt. Dagegen sind Menschen mit apersonaler Religiosität in Kontakten mit anderen eher distanziert. Dabei können sie misstrauisch, aggressiv, kritisch oder gleichgültig zu ihrer Umgebung sein. In interpersonalen Beziehungen sind sie egozentrisch, dominierend und versuchen oft ihren Willen anderen aufzuzwingen. Sie nehmen viele Aspekte ihrer Umgebung selektiv wahr und haben die Tendenz, ihr „Ich“ zu verteidigen, da die Welt ihnen als bedrohlich und gefährlich erscheint. Dieser Schutzmechanismus führt dazu, dass sie eigene Vorurteile auf andere projizieren. Ihre moralischen und religiösen Normen richten sich auf Äußerlichkeiten, und eigene unerfüllte Bedürfnisse erzeugen in ihnen Frustration und Unruhe. Gegenseitige Abhängigkeit
Psychologische Reflexion, psychotherapeutische Praxis und empirische Forschungen in Bezug auf die Bedeutung des Glaubens für die psychische Gesundheit, und andererseits in Bezug auf die Bedeutung der psychischen Gesundheit, bestätigen die These von der Wechselwirkung zwischen der psychischen und geistigen Sphäre. Dabei ist festzustellen, dass ein hohes Niveau geistlichen Lebens meistens mit einem guten psychosozialen Verhalten und der Reife der Persönlichkeit korreliert. Religiosität fördert also die Reife der Persönlichkeit. Um seinen allgemeinen gesundheitlichen Zustand zu verbessern, sollte jeder Mensch nach Entfaltung in seinen verschiedenen Lebensbereichen streben: in der biologischen, psychischen, sozialen und geistigen Sphäre. Wenn es ihm an Fertigkeiten, Kraft oder Zielstrebigkeit mangelt, sollte er Hilfe von Fachleuten
wie Ärzten, Psychologen, Pädagogen, Psychotherapeuten und Seelsorgern in Anspruch nehmen. Das innere Anliegen und das Streben nach Förderung der eigenen Entwicklung und die Arbeit an Defiziten ist der richtige Weg zur Entfaltung der psychischen und religiösen Reife, die auch Heiligkeit genannt wird. Dabei sind sich religiöse Menschen meistens dessen bewusst, dass Gott ihr erster und bester Arzt ist, und gleichzeitig wissen sie, dass Gott Fachleute gebrauchen will, die auf den Gebieten der Theologie, Psychologie oder Medizin kompetent sind.
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Skala der personalen Religiosität (SPR).
Entwickelt von R. Jaworski Die Skala beinhaltet eine Reihe von Sätzen, die sich auf verschiede Aspekte des religiösen Lebens beziehen. Ihre Aufgabe ist festzustellen, wie weit die Inhalte in der Skala mit Ihren Überzeugungen und Ihrem Handeln übereinstimmen. Lesen Sie bitte jede Aussage und antworten Sie auf die Frage, wie weit Sie der Aussage zustimmen. Bei der Bewertung benutzen Sie bitte folgende Skala: 5 entschlossenes JA (Ich stimme dem völlig zu.) 4 eher JA (Ich stimme dem eher zu.) 3 Ich bin unentschlossen 2 eher NEIN (Ich stimme dem eher nicht zu.) 1 entschlossenes NEIN (Ich stimme dem gar nicht zu.)
Seien Sie bitte ganz ehrlich und kreuzen Sie die entsprechende Note bei allen Aussagen an. Die Antworten auf die Fragen 2, 6, 7, 10, 14, 18, 19, 25, 28 und 30 sind als umgekehrte Antworten zu betrachten und die Wahl der höchsten Note (5) bedeutet die niedrigste Punktenzahl (1). Die getestete Person kann maximal 150 und minimal 30 Punkte erreichen. Bei jeder Frage sind maximal 5 Punkte und minimal 1 Punkt zu erreichen. Die Analyse der Frageninhalte führte zur Entwicklung der Subskalen. Die nachstehende Tabelle zeigt die Zuordnung der einzelnen Fragen zu den speziellen Subskalen. Die Anwendung der Skala der Persönlichen Religiosität (SPR) bei wissenschaftlichen Studien hat es ermöglicht, die Personen mit einem hohen Maß an Personalismus in ihrem Verhältnis zu Gott mit denen zu vergleichen, die ein niedriges Ergebnis auf dieser Skala erzielen. Personen, deren Ergebnis im höheren Bereich der SPR liegt, sind solche, die
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1 Der Glaube hilft mir, mich selbst und andere zu verstehen.
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2 Ich übe religiöse Praktiken mit Blick auf die Meinung meiner Umgebung aus.
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3 Gott ist für mich ein barmherziger Vater.
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4 Alles, was mir passiert, empfinde ich als den Willen Gottes.
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5 Wenn jemand Gott beleidigt, verteidige ich die Religion.
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6 Ich engagiere mich für Gebet und Gottes Verehrung nicht.
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7 Wenn ich Elend sehe, rebelliere ich gegen Gott.
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8 Ich bemühe mich, mein religiöses Wissen zu vertiefen.
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10 Gott interessiert sich für mein Leben nicht.
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11 Ich habe das Gefühl, dass Gott alle meine Gedanken und Taten beurteilt.
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13 Ich bete oft für andere Menschen.
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14 Aus Angst vor Gott tue ich nichts Böses.
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15 Ich empfinde Gottes Nähe, selbst wenn ich arbeite oder Freizeit habe.
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16 Ich bin überzeugt, dass ich ein Kind Gottes bin.
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20 Ich versuche durch mein gutes Benehmen Gott zu zeigen, dass ich Ihn liebe.
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21 Ich bemühe mich, nach Gottes Geboten zu handeln.
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22 Ich empfinde Gottes Nähe.
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23 Die Teilnahme an Gottesdiensten bereitet mir Freude.
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24 Ich bin stolz darauf, dass ich Christ bin.
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25 Im Alltag habe ich meistens keine Beziehung zu Gott.
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26 Ich danke Gott oft im Gebet für Seine Gaben.
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27 Ich freue mich, wenn ich etwas für Kirche und Gemeinde tun kann.
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28 Ich denke, dass Gott keine konkreten Pläne oder Absichten für mich hat.
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29 Ich denke oft an Gott und Sein Wort.
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30 Zur Zeit kann ich nicht mehr tun, um religiöser zu werden.
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9 Wenn ich etwas unternehme oder eine Arbeit starte, überlege ich mir,
ob die Sache Gott gefällt.
12 Bei wichtigen Entscheidungen mache ich mir Gedanken, ob meine
Entscheidung mit dem Willen Gottes im Einklang steht.
17 Ich überlege mir, was Gott von mir will und bemühe mich,
Seinen Willen zu erfüllen.
18 Religiöse Praktiken, Gebet, Kirchenbesuch sind für mich unwichtig. 19 Gott ist ein strenger Richter und wird viele Menschen für ihre bösen
Werke bestrafen.
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(+) PERSONALE RELIGIOSITÄT
(-) APERSONALE RELIGIOSITÄT
Religiöser Glaube – Fragen 1, 3, 4, 7, 10, 16, 19, 28
Personen mit personaler Religiosität haben eine innere Beziehung zu Gott und zu ihren Mitmenschen. Deshalb engagieren sie sich für ihre Mitmenschen. Sie glauben an Gott, den sie als einen liebenden Vater wahrnehmen. Sie nehmen Gottes Pläne in ihrem Leben an. Wenn sie Unglück erfahren, rebellieren sie nicht gegen Gott. Sie glauben an Gottes Barmherzigkeit. Sie interpretieren Ereignisse im Hinblick auf den Willen Gottes.
Personen mit apersonaler Religiosität glauben an Gott, haben aber keine innere Beziehung zu Ihm. Sie glauben nicht an Gottes Pläne für ihr Leben. Sie interpretieren Vorkommnisse als Fügung des Schicksals. Manchmal rebellieren sie gegen Gott wegen des Leidens. Sie glauben nicht an Gottes Vorsehung (da sie Gott für passiv halten). Sie zweifeln an Gottes Barmherzigkeit, da sie in Gott mehr einen Richter als einen Vater sehen.
Moral (MR) – Fragen: 9, 11, 12, 14, 17, 20, 21
Das moralische Handeln von Personen mit personaler Religiosität steht mit ihren religiösen Überzeugungen in engem Zusammenhang. Der Glaube beeinflusst ihre alltäglichen Entscheidungen, weil sie bereit sind, Gottes Willen zu erkennen und umzusetzen. Daher ist es für sie normal, dass sie ihre Lebenspläne mit dem Plan Gottes für ihr Leben in Einklang bringen wollen. Ihre Verantwortung vor Gott für ihr Leben kommt mehr aus ihrem Wunsch, Gott ihre Liebe zu zeigen als aus der Angst vor Gottes Strafe.
Bei Personen mit apersonaler Religiosität wird ihr moralisches Handeln nicht durch ihre religiösen Überzeugungen motiviert. Die Religion beeinflusst ihre alltäglichen Entscheidungen nicht. Bei ihren Lebensplänen nehmen sie keine Rücksicht auf den Willen Gottes. Öfters fehlt es ihnen an Verantwortung vor Gott für ihre Gedanken und Taten. Wenn sie aber doch Böses im Blick auf Gott unterlassen, tun sie dies eher aus Angst vor Gottes Strafe als aus Liebe zu Ihm.
Religiöse Praktiken (RP) – Fragen 2, 6, 8, 13, 18, 23, 26, 27, 29
Menschen mit personaler Religiosität legen großen Wert auf religiöse Praktiken, ohne auf die Meinung ihres Umfeldes zu schauen. Sie versuchen ihr religiöses Wissen zu vertiefen. Sie praktizieren oft Gebet, Danksagung und Fürbitte. Sie sind fähig dazu, über religiöse Inhalte nachzusinnen und finden Freude daran. Das Engagement im Leben von Kirche und Gemeinde befriedigt sie ebenfalls.
Für Menschen mit apersonaler Religiosität haben religiöse Praktiken keine große Bedeutung. Sie üben religiöse Praktiken oft wegen der Meinung ihres Umfeldes aus. Sie beten selten und danken Gott auch selten im Gebet, sinnen über religiöse Themen nicht nach und vertiefen auch nicht ihr religiöses Wissen. Diese Personen engagieren sich nicht in Kirche und Gemeinde.
Religiöses Self (RS) (Selbstidentifizierung) – Fragen 5, 15, 22, 24, 25, 30
Diese Menschen haben ein starkes Gefühl der Nähe Gottes und identifizieren sich in hohem Maße für ihn. Sie sind überzeugt, dass sie in ständigem Kontakt mit Gott auch im Alltag stehen. Sie sind stolz darauf, dass sie Christen sind und deswegen sind sie bereit, ihr religiöses Leben zu vertiefen.
Diese Menschen haben kein Gefühl der Nähe Gottes und identifizieren sich nicht mit ihm. Sie pflegen keinen Kontakt mit Gott im Alltag. Christsein ist für sie kein Grund zum Stolz und zur Freude. Sie haben keine Zeit, ihr religiöses Leben zu vertiefen.
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Chri stli cher Glaub e und p sychi sche Gesund h e it
sich durch eine hohe Reife in ihrem persönlichen Verhältnis zu Gott auszeichnen. Personen, die niedrige Ergebnisse erzielen, tendieren dagegen dazu, religiös zu manipulieren, Gott instrumentell zu betrachten, und Religion für andere Ziele oder Werte auszunutzen. Von der Vielzahl der mit der Anwendung der Skala der Persönlichen Religiosität durchgeführten Studien, in denen die bei diesen beiden Typen der Religiosität auftretenden psychosozialen Korrelate erörtert werden, sind zumindest einige erwähnenswert. Die mit der SPR durchgeführten Studien zum Sinn des Lebens bei Personen mit unterschiedlichen Arten der Religiosität haben bestätigt 3, dass bei Personen mit einem personalisierten Verhältnis zu Gott die Liebe einen höheren Stellenwert im Leben hat als es bei Personen mit unpersönlicher Religiosität der Fall ist. Ferner wurde festgestellt, dass Personen mit persönlicher Religiosität besser mit Leid umgehen, ein höheres Identitätsgefühl und eine größere Fähigkeit der Selbsttranszendenz haben. Sie
handeln öfter nach ihrem Gewissen und haben einen höheren Lebenssinn. Anna Mazur erörterte den Zusammenhang zwischen der Religiosität und aggressivem Verhalten von Jugendlichen in der Pubertät 4. Die Forschungen wurden 2007 unter 200 römisch-katholischen Schülern der dritten Klasse Mittelschule (polnische Bezeichnung der Schulart) durchgeführt. Es wurden zwei Gruppen von jeweils 50 Probanden gebildet. Die erste Gruppe bestand aus Personen mit persönlicher Religiosität – sie hatten die höchsten Ergebnisse auf der SPR –, die zweite dagegen aus Personen mit unpersönlicher Religiosität, die die niedrigsten Werte auf der Skala hatten. Es wurden dann Korrelationen zwischen den Subskalen des Textes „Stimmungen und Launen” und den Subskalen der SPR-Skala geschaffen. Fast alle Ergebnisse auf der Religiositätsskala korrelieren negativ mit den Ergebnissen auf der Aggressionsskala. Eine Ausnahme stellte das Schuldgefühl dar, das in allen Formen der Religiosität deutlich ausgeprägt ist. Es kann also festgestellt werden, dass
die Aggression im Verhalten der Jugendlichen umso schwächer ist, je höher ihre Religiosität ist. Weitere Studien erörterten den Umgang mit Schwierigkeiten bei Personen mit unterschiedlichen Auffassungen der Religiosität 5. Von 135 erwachsenen Probanden wurden Gruppen von Personen mit persönlicher und unpersönlicher Religiosität gebildet und es wurde dann geprüft, welcher Umgang mit Schwierigkeiten von den jeweiligen Gruppen bevorzugt wird. Personen mit persönlicher Religiosität suchen öfter als die Probanden der anderen Gruppen nach positiven Aspekten der erlebten Probleme, sie sehen häufig einen Zusammenhang zwischen Gott und den zu überwindenden Schwierigkeiten und sehen diese als eine Glaubensprüfung an, bei der ihr Vertrauen auf die Probe gestellt wird. Ein persönlicher Charakter der Religiosität fördert bei einem Menschen die Bereitschaft, soziale Unterstützung in Anspruch zu nehmen und sich auf die geplante Lösung zu konzentrieren. Eine authentische Beziehung zu Gott bewirkt,
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dass die Personen mit persönlicher Religiosität sich generell sicherer fühlen und dass sie bei Problemen schneller Maßnahmen ergreifen, die zur geplanten Problemlösung führen. Die persönliche Religiosität hängt mit einem besseren und flexibleren Umgang mit dem Leben zusammen. Personen mit unpersönlicher Religiosität sind mehr auf sich selbst und auf die Maßnahmen konzentriert, die vor allem zur Beseitigung von Angst und Bedrohungsgefühlen führen. Magdalena Matera 6 hat die Verbindung zwischen der persönlichen Religiosität und dem Umgang mit Stress bei Jugendlichen nachgewiesen. Sie untersuchte 60 Personen (31 Jungen und 29 Mädchen) im Alter von 15 bis 18 Jahren. Bei der Forschung wurden unter anderem der Fragebogen zum Umgang mit Stress (CISS) und die Skala der Persönlichen Religiosität (SPR) angewandt. Die Untersuchungen haben gezeigt, dass die Probanden mit persönlicher Religiosität einen besseren Umgang mit Stress haben als die Personen mit unpersönlicher Religiosität. Barbara Kołtyś 7 hat mit Hilfe der SPR-Skala Forschungen bei Ehepaaren die einer Religionsgemeinschaft angehören, durchgeführt, um die Abhängigkeit zwischen der praktizierten Religiosität und der Überwindung von Ehekrisen zu untersuchen. Sie bestätigte diesen positiven Zusammenhang. Katarzyna Sosnowska 8 hat die Wahrnehmung von traumatischen existentiellen Erfahrungen bei Studenten mit unterschiedlichen Arten der Religiosität untersucht. Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass Personen mit persönlicher Religiosität eine positivere Wahrnehmung von Alter, Einsamkeit, Leid, Tod haben und dass sie besser auf eine Auseinandersetzung mit diesen Begriffen vorbereitet sind. Eine positive Einstellung der mit dem Glauben an Gott verbundenen Werte und damit einer stärker ausgeprägten persönlichen Religiosität bewirkt, dass sie das Leben positiver sehen und
dass sie seinen tieferen Sinn verstehen. Das erlaubt ihnen, schwierige und traumatische existentielle Erfahrungen erfolgreicher zu überwinden. Fußnoten
Titel dieser Beiträge wurden aus dem Polnischen übersetzt und entsprechen damit eventuell nicht den deutschen Titeln.
1
2 Siehe auch: M. Utch, Religiöse Fragen in der Psychotherapie; J. I. Griffith, M. E. Griffith, Entdecken der Geistigkeit in der Psychotherapie; W. R. Miller, H. D. Delaney, Judeo-Christian perspectives on psychology. Humain nature, motivation and change.
M. Rodak, Dynamika wymiaru noetycznego i poczucie sensu życia u osób o różnym typie religijności (Dynamic of the noetic dimension and meaning of life in people with various types of religious.) Archiwum UKSW. Warszawa 2012. (Dynamik der noetischen Dimension und der Sinn des Lebens bei Personen mit unterschiedlicher Religiosität, UKSW Archiv. Warszawa 2012) 3
4 5
A. Mazur
Jaworski R., Sposoby radzenia sobie z trudnościami u osób o różnym typie religijności, „Studia Płockie” XXXII/2004, S. 139 – 154. (Umgang mit Schwierigkeiten bei Personen mit unterschiedlicher Religiosität „Płock-Studie”, XXXII/2004, S. 139 – 154)
M. Matera, Religijność, poczucie kontroli i optymizm, a style radzenia sobie ze stresem u młodzieży. (Religiosity, locus of control and optimism in relation to youths‘ coping styles in stressful situations) Archiwum UKSW 2012. (Religiosität, Kontrollgefühl und Optimismus in Hinblick auf den Umgang mit Stress bei Jugendlichen, UKSW Archiv 2012) 6
B. Kołtyś, Religijność a przezwyciężanie kryzysów w małżeństwie na przykładzie małżeństw należących do wspólnoty Domowego Kościoła, Archiwum UKSW 2012. Por. M. Polpa, Psychologia rodziny. Kraków 2005, S. 231 – 235. (Religiosität in Hinblick auf die Überwindung von Ehekrisen am Beispiel von Ehepaaren der Gemeinschaft der Häuslichen Kirche, UKSW Archiv 2012, vgl. M. Polpa, Psychologie der Familie, Kraków 2005, S. 231 – 235 7
8 K. Sosnowska, Percepcja traumatycznych doświadczeń egzystencjalnych u młodzieży akademickiej o różnym typie religijności (The perception of the existential trauma of students with different types of religion). Archiwum UKSW 2013. (Wahrnehmung der traumatischen existentiellen Erfahrungen bei der Studenten mit unterschiedlicher Religiosität, UKSW Archiv, 2013)
Romuald Jaworski ist katholischer Pfarrer, Professor, Psychologe und Psychotherapeut, Gründer und Supervisor der Gesellschaft für Christliche Psychologen in Warschau. Leiter des Lehrstuhls für Religionspsychologie an der Kardinal Wyszyński-Universität in Warschau, Priester der Diözese Plock in Polen. Lang jähriger Leiter eines Priesterseminares, Verfasser zahlreicher Veröffentlichungen im Bereich von Psychologie und Glaube. Mitglied im wissenschaftlichen Beirat des de’ignis-Instituts.
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Imp u l s
Dynamische Wechselwirkung. Der Ausleger und sein Text.
Matthäus 16,17: „Du kannst wirklich glücklich sein, Simon, Sohn des Jona!“, sagte Jesus. „Diese Erkenntnis hat dir mein Vater im Himmel gegeben; von sich aus kommt ein Mensch nicht zu dieser Einsicht.“
Dynamische Wechselwirkung
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von Prof. Dr. Gerhard Maier, Landesbischof a. D.
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Der Ausleger nähert sich seinem Text zur Verführung werden. Oder es wird in Fortsetzung seiner bisherigen Lebens- ihm vorgespiegelt, dass eine solche Gegeschichte. Diese Lebensgeschichte ist fahr bestehe. In jedem Falle weiß er, dass nicht nur Hintergrund, ist nicht nur Folie, Entscheidungen auf ihn warten. Ebenso, sondern reale Voraussetzung für den wie jedes Denken ein Wollen in sich trägt Schritt, mit dem er sich auf den Text zu- (Schlatter), ist jeder Gedanke eines Ausbewegt. Er tut dies nicht als ein möglichst legers selbst schon die Folge bestimmter Unbeteiligter oder gar als ein möglichst Entscheidungen (Oepke). Insofern beDistanzierter, sondern in dem Urvertrau- steht jede Exegese aus einem Willensakt. en, das ihm die bisherige Begegnung mit Wir sind damit weit entfernt von der der Stimme des lebendigen Gottes im Auffassung von Ulrich Wilckens, derzuWort eingeflößt hat. Er tut es unter Ge- folge „eine wissenschaftlich verantwortbare bet. Sein Gebet zielt darauf, vom selben Auslegung der Bibel“ „allein“ in einer solchen Heiligen Geist erfüllt zu arbeiten, in dem Untersuchung der Texte besteht, „die die Verfasser der Bibel gearbeitet haben. unter methodisch konsequenter Anwendung Er weiß, dass sein Gebet – man denke an der historischen Vernunft“ zustande kommt. Luthers oratio! – ihn nicht vor Fehlern Was für eine blutleere und abstrakte Aufbewahrt. Aber er weiß zugleich, dass er fassung! Eine solche Auffassung bleibt im mitsamt seinen Fehlern der Gemeinde wörtlichsten Sinne „u-topisch“. dienen kann, für die er zum Ausleger be- Der Ort einer biblisch-historischen rufen ist. Er weiß, dass sein Gebet für den Auslegung ist schließlich gekennzeichnet Lebenszusammenhang mit dem Gott durch den inneren Umgang des Auslebestimmend ist, der auch in diesem, viel- gers mit seinem Text. Wir stoßen hier leicht sehr seltsamen, Text mit ihm redet, auf die Spuren dessen, was Luther die und dass dieser Lebenszusammenhang meditatio nannte. Unser moderner Befür seine Auslegung und deren Frucht griff der „Meditation“ passt hier allerdings schlecht. Denn nicht das Sichkonzentrieentscheidend ist. Er nähert sich dem Text weiter in ren und Sichversenken des Menschen ist dem Bewusstsein, dass hier unter Um- dabei der wesentliche Vorgang, sondern ständen ein Kampf auf ihn wartet. Dies das Über-sich-hinaushören. Der Auslekann ein Kampf zwischen Gott und dem ger strebt dem Text zu. Er bittet Gott daMenschen, also ihm, dem Ausleger, sein. rum, dass er sich öffnen kann, dass seine Er weiß um seine natürliche Entschlos- Beschränkungen überwunden werden. Er senheit, Gottes Stimme nach seinen ei- weiß, dass er sich öffnen kann, dass seine genen Vorstellungen zu modulieren und Beschränkungen überwunden werden. zu verändern. Er weiß um die Grenzen Er weiß, dass er es mit einer Apokalypseiner Bereitschaft, dies oder jenes zu se- sis zu tun hat, die sich jeder Arrangierhen. Er kennt den Unterschied zwischen barkeit entzieht (vgl. Mt 16,17). Er warseiner Praxis und seinem Auftrag. In alle- tet gewissermaßen auf den Text. Noch dem erlebt er die tentatio, von der Luther genauer gesagt: Er wartet auf eine Art ebenfalls sprach. Er weiß auch, dass jener Parusie des Textes, seine „Ankunft“ bei Kampf sein Verstehen sowohl hindern ihm. „Kommt“ der Text bei ihm nicht als auch fördern kann. Es könnte jedoch „an“, stellt sich diese „Ankunft“ nicht ein, auch ein Kampf mit dem Bösen auf ihn dann bleibt er notgedrungen bei einer warten. Die tentatio kann zur Stunde philologischen, literarischen oder bestendes Versuchers werden. Seine Fehler kön- falls isoliert-kognitiven „Erklärung“ stenen ihre Harmlosigkeit verlieren und hen.
Aus dem Buch „Biblische Hermeneutik“ von Gerhard Maier SCM R. Brockhaus, Seite 337– 339
Prof. Dr. Gerhard Maier war von 2001 bis 2005 Bischof der Evangelischen Landeskirche in Württemberg. Er war Prälat in Ulm und Studienleiter des AlbrechtBengel-Hauses in Tübingen. Außerdem ist er Autor vieler wegweisender Bücher und einschlägiger theologischer Fachliteratur. Derzeit Gastprofessor an der Staatsunabhängigen Theologischen Hochschule Basel und an der EvangelischTheologischen Fakultät in Heverlee/Leuven (Belgien). Im theologischen Beirat de’ignis.
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Theologische Orientierungshilfe. Der konfessionsübergreifende Rahmen der Christlich-integrativen Beratung & Therapie. Foto: cydonna / photocase.de
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Die im Folgenden beschriebenen „Theologischen Grundlagen“ bilden den bewusst konfessionsübergreifend gestalteten Rahmen, in dem sich die Christlichintegrative Beratung & Therapie von de’ignis versteht. Dabei geht es wesentlich um den Bezug zwischen biblischchristlicher Anthropologie, basierend auf fundamentalen theologischen Grundverständnissen und dem therapeutischen Geschehen. I. Altkirchliche Symbole: Nicaenum, Apostolicum, Athanasianum
Die sogenannten altkirchlichen Symbole verbinden die Christenheit weltweit 1 und bilden die Bekenntnisgrundlage der folgenden theologischen Einbettung. Ausgehend vom Nicaenum 2, welches die gleichzeitige Gottheit und das Menschsein Jesu betonte und wesentliche christologische Aussagen auf den Punkt bringt, bekennen wir mit dem Apostolicum, dem am weitesten verbreiteten Glaubensbekenntnis, mit den Christen weltweit prägnant unseren Glauben an den trinitarischen Gott: Vater, Sohn und Heiliger Geist. Das Athanasianum konkretisiert die Verhältnisse von Vater, Sohn und Heiliger Geist und bildet eine wertvolle Ergänzung und Vertiefung auf der Basis der Glaubensväter, die bis heute ihre Gültigkeit nicht verloren hat.
II. Die fünf Solis der Reformation 3
Soli Deo Gloria – allein Gott die Ehre Das in der Reformationszeit als eines der fünf Mottos formulierte „soli deo gloria“, beschreibt Anfang, Mitte und Ziel christlichen Lebens. Es geht um die Ehre des ewigen Gottes, wie wir ihn in den Bekenntnissen (siehe oben) beschreiben und bekennen. „Gott allein die Ehre“ befreit den Menschen von einer einengenden Selbstzentrierung auf sich selbst hin zu einer Gottzentriertheit, die neue Horizonte und Möglichkeiten öffnet. Römer 11,36: „Denn von ihm und durch ihn und zu ihm sind alle Dinge. Ihm sei Ehre in Ewigkeit! Amen. Die weiteren Mot-
tos konkretisieren diese Grundhaltung entsprechend:
Sola Scriptura – allein die Schrift 2. Tim 3,16f: „Denn alle Schrift, von Gott eingegeben, ist nütze zur Lehre, zur Zurechtweisung, zur Besserung, zur Erziehung in der Gerechtigkeit, dass der Mensch Gottes vollkommen sei, zu allem guten Werk geschickt.“
Die Bibel in ihrem uns überlieferten Kanon bildet, als von Gott selbst inspirierte Schrift, die Grundlage und Basis –
„norma normans“ (normierende Norm) 4– in allen Fragen des Lebens und Glaubens und ist darin absolut zuverlässig. Ausgehend von der Autorität der Bibel als „Wort Gottes“ (Luther) gewinnen „Predigt und Offenbarung“ (K. Barth) – die hinzu treten, ohne sich über die Heilige Schrift zu stellen – als Ausprägungen des Wortes Gottes ihre wesentliche Bedeutung. Auch die Tradition, ausgehend von der „norma normans“ der Schrift, bildet ein wesentliches Element christlichen Glaubens, weil sie als „norma normata“ (von der Norm bestimmte Norm) Glaubensbekenntnisse und Umsetzungen der Gemeinde Jesu beinhaltet, die wichtig für den Lebensvollzug der Christen sind.
Sola Gratia – allein aus Gnade Die Grundaussage der Heiligen Schrift ernstnehmend, dass jeder Mensch erlösungsbedürftig ist, stellt sich die Frage nach dem „Wie“ der Erlösungsbedürftigkeit bzw. Rechtfertigung vor Gott. In der „Gemeinsamen Erklärung zur Rechtfertigung“ wird das inzwischen konfessionsübergreifende Verständnis der Rechtfertigungslehre prägnant und gut auf den Punkt gebracht. Explizit in dem dort formulierten Verständnis von Gnade findet Epheser 2,8f seinen Widerhall: „Denn aus Gnade
Theologi sche Ori enti erungsh ilfe
seid ihr selig geworden durch Glauben, und das nicht aus euch: Gottes Gabe ist es, nicht aus Werken, damit sich nicht jemand rühme.“
Ergänzend hierzu wurde im Laufe der Jahre innerhalb des de’ignis-Instituts das Modell des „Grundkonfliktes“ erarbeitet: Der Grundkonflikt in seinen vier Ausprägungen 5
Konfliktherd 1: „Als Folge des Sündenfalls und der Trennung zwischen Gott und Mensch wurde Leid, Beschwernis und Schmerz zu einem Bestandteil des irdischen Lebens.“ 6 Hinzu
treten die Last der Arbeit, Krankheit und der Tod als negative Erfahrungswirklichkeiten, denen es zu begegnen gilt. Die daraus resultierende positive oder auch negative Bewältigungsstrategie wiedeum ist für die therapeutische Arbeit entscheidend und wesentlich. Konfliktherd 2 : Wenn die Ausübung von Macht unsere Beziehungsfelder bestimmt und nicht mehr das gegenseitige Vertrauen, entsteht ein Konflikt im Menschen. „Wer nicht vertrauen kann, muss Macht ausüben.“ 7 (Beispiel: Sündenfall, Genesis 3) Konfliktherd 3 : Ebenso beeinflusst eine fehlende Bereitschaft, Verantwortung für sein Handeln/Leben zu übernehmen (vgl. Genesis 3, Sündenfall) die Lebenskonzeption gravierend. Auch ein heilsamer Umgang mit „Schuld“ gehört
Glaube ist zum einen ein Geschenk Gottes aus Gnade, daraus resultierend aber auch Ausdruck für das gottvertrauende Leben in der Nachfolge Jesu Christi, welches Auswirkungen auf unsere Persönlichkeit, unser Leben und unsere Umwelt hat. In diesem vertrauensvollen, also gläubigen Schauen auf die Gerechtigkeit, die Gott uns schenkt, resultieren Werke des Glaubens, die der Heilige Geist mit uns wirkt und produziert. Das Verhältnis des Glaubens zur Vernunft drückt sich eindrücklich in dem Zitat Anselm von Canterburys (1033 1109) aus: „credo ut intelligam“ (ich glaube, um zu verstehen), welches bereits ähnliche Formulierungen des Kirchenvaters Augustins (354 – 430) aufgreift. Analog dem „norma normans“ der Heiligen Schrift gesteht diese Grundannahme Gott zu, über unsere Vernunft hinaus weise zu sein. Weisheit ist dabei kein Gegenspieler des Wissens, sondern nimmt Erkenntnis und Wissen ernst, aber weist darüber noch hinaus. Gott ist eben nicht unvernünftig, aber durchaus übervernünftig und dem gilt es im Rahmen des „soli deo gloria“ Rechnung zu tragen. 1. Korinther 13,9a.10: „Denn unser
in diesen Zusammenhang. „Dabei geht es […] darum, Verantwortung für sich und sein Verhalten wahrzunehmen, sowie der Verantwortung für sein eigenes Leben in dieser schwierigen Welt gerecht zu werden, aber auch, es zu lernen, Verantwortung für nicht begangene Schuld zurückzuweisen und sich gegenüber falschen Beschuldigungen abzugrenzen.“ 8 Konfliktherd 4: Die Scham, die sich sowohl gegenüber den Mitmenschen als auch gegenüber Gott als Folge der Schuld äußert, bedarf des heilsamen Umgangs Wissen ist Stückwerk […] Wenn aber kommen mit ihr, um nicht in eine Lüge (z. B. um wird das Vollkommene, so wird das Stückwerk aufhören.“ Somit stehen wir zeitlebens in die Schuld zu verdecken ) zu münden. Diese Konfliktherde sind gleichzei- dieser Spannung, die notwendigerweise tig Anfragen Gottes an jeden einzelnen unser gesamtes Leben und auch unseren Menschen und spiegeln sich auch in der Glauben bestimmt, dass wir im Ringen therapeutischen Begleitung wider. Aus um Erkenntnis und Wissen stets den diesen Lebenskonflikten heraus braucht „Stückwerkcharakter“ anerkennen, der um der Mensch Erlösung, und dies findet die alles übersteigende Weisheit Gottes ihre Grundlage in der Rechtfertigung aus weiß und auszuhalten ist. der Gnade Gottes. Die Bewegung des Glaubens vollzieht sich dann im Kontext des GrundSola Fide – modells der „Doppelten Identifikation“ 9 des Menschen: „Der stolze, der natürliallein aus Glauben che Mensch, wie die Bibel ihn nennt, Römer 3, 23 f: „Sie sind allesamt Sünder und muss zugeben, dass er sündig und verdorermangeln des Ruhmes, den sie bei Gott haben ben ist.“ 10 Dieses „Feuer der Wahrheit“ sollten, und werden ohne Verdienste gerecht aus auf der Grundlage der Heiligen Schrift seiner Gnade durch die Erlösung, die durch ermöglicht es, die zweite Identität, welJesus Christus geschehen ist. […] So halten wir che die Bibel den „neuen Menschen“ nun dafür, dass der Mensch gerecht wird ohne nennt, anzunehmen und Heilung, Vergedes Gesetzes Werke allein durch den Glauben.“ bung und Glaube zu erleben. Dieser Weg
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der Wahrheit ist der Weg des Glaubens, Gott und wahren Mensch“ verehrt und in der auf dem Grundgeschenk der Gnade die Nachfolge ruft, bildet die „frohe Botschaft“, um die es geht, um frei und froh und Vergebung durch Gott basiert. Oder, um es mit Worten Luthers zu zu leben. Hier drückt sich die Liebe Gotformulieren: „simul iustus et peccator“ – tes in der höchsten Konzentration aus: zugleich Gerechtfertigter und Sünder sei- „Denn also hat Gott die Welt geliebt, dass er seiend, bewegen wir uns als ganzheitliche nen eingeborenen Sohn gab, damit alle, die an Menschen11, die das Geschenk der Gnade ihn glauben, nicht verloren werden, sondern angenommen haben weiterhin in der das ewige Leben haben.“ ( Johannes 3,16). Spannung des „Auf dem Weg Seins“, des Und Jesus Christus selbst ist es, der Glaubens inmitten einer gefallenen Welt. uns Menschen die Gottesbeziehung und Dies impliziert auch ein Wechselspiel aus dieser Gottesbeziehung heraus auch zwischen der natürlichen Identität 12 (Fa- heilwerdendes Menschsein ermöglicht: 1. milien-, Rollenidentität, geschlechtsspe- Timotheus 2, 5f: „Denn es ist ein Gott und zifische, individuelle, weltanschauliche/ ein Mittler zwischen Gott und den Menschen, religiöse, kulturelle Identität) 13 und einer nämlich der Mensch Jesus Christus, der sich geistlichen Identität der Person, die einer selbst gegeben hat für alle zur Erlösung […]“ stetigen Dynamik unterworfen bleibt. Dabei wird die natürliche Identität als die Fußnoten „Steuerfähigkeit des Menschen über die 1 Auch wenn in einzelnen Teilauslegungen nach verschiedenen Bereiche seines Lebens“14 wie vor Unterschiede bestehen, die im innergemeindverstanden, die auch im gläubigen Men- lichen, kirchlichen Kontext durchaus eine Rolle schen in seiner geistlichen Identität we- spielen, die wir aber im Rahmen der de’ignis-Berufung des konfessionsübergreifenden Auftrages offen sentlich bleibt, weil sie nicht gleichzu- lassen können. setzen ist mit dem sündigen Wesen 2 Eigentlich das Nicäno-Konstantinopolita(„Fleisch“), welches abzulegen Paulus he- num, auf das im Konzil von Chalkedon 415 ausrausfordert: Epheser 4,22f „Legt von euch drücklich als Bekenntnis Bezug genommen wird, ab den alten Menschen mit seinem früheren Wandel […] Erneuert euch aber in eurem Geist und Sinn und zieht an den neuen Menschen, der nach Gott geschaffen ist in wahrer Gerechtigkeit und Heiligkeit.“
Die Erneuerung gestaltet den natürlichen Menschen, die geistliche Identität. Der Heilige Geist, der in den Gläubigen wohnt, „unterstützt unsere natürliche Identität, wenn es darum geht, die Steuerfähigkeit, die Verantwortung für unser Leben zu übernehmen.“15
Solus Christus – allein Christus Hebräer 13,8f: „Jesus Christus gestern und heute und derselbe auch in Ewigkeit.“ Das reformatorische „allein Christus“ bildet im Grunde keinen weiteren Punkt, sondern schließt alles Bisherige ein. Jesus Christus, das fleischgewordene Wort Gottes 16, ist Zentrum unseres Glaubens. Diese Christuszentriertheit, die Jesus als „wahren
diese Begriffe aus der Reformationszeit wegen ihrer besonderen Prägnanz, mit der sie zentrale Aussagen des christlichen Glaubens fokussieren.
Vgl. hierzu auch die Lausanner Verpflichtung, Punkt 2: Die Autorität der Bibel; Quelle: http:// www.lausannerbewegung.de/data/files/content. publikationen/55.pdf
4
Basierend auf den Ausführungen Winfried Hahns in: Psychische Erkrankungen im Licht der Bibel, SCM Verlag Holzgerlingen, 2. Auflage 2009, Seite 132ff; vgl. Schaubild von Seite 146 oben (Abb. 4) im Anhang. 5
8 9 10 11 6
A.a.O. Seite 133
7
A.a.O. Seite 138 A.a.O. Seite 143 Vgl. a.a.O. Seite 147ff A.a.O. Seite 150
Vgl. hierzu Kapitel 6, Grundlagenwerk, Biblisch therapeutische Anthropologie mit therapeutischen Implikationen.
Vgl. Hahn, a.a.O., Seite 167ff, insbesondere Skizze 3 und 4 auf Seite 169
12
15 16 13
A.a.O. Seite 164
14
A.a.O. Seite 168 A.a.O. Seite 171 Vgl. Johannes 1
um dem christologischen Streit ein Ende zu setzen.
Anmerkung von W. Hahn: Wenn wir an dieser Stelle die 5 Sola von Martin Luther wiedergeben, geschieht es nicht im Sinne einer konfessionellen Abgrenzung oder einer einseitigen theologischen Positionierung. In der Zeit der Reformation wurden sie zwar als Kampfbegriffe verwendet, nach vielen Jahren der interkonfessionellen Konfrontation und Diskussion besteht mittlerweile Konsens darüber, dass sie auch viele konfessionelle Gemeinsamkeiten beinhalten und zum Ausdruck bringen. So verstanden bedeutet z. B. sola scriptura nicht die Ablehnung des geistlichen Reichtums, der sich in der jahrhundertealten christlichen Tradition entwickelt hat, sondern betont die normative Kraft der Heiligen Schrift, wie sie ja auch von namhaften katholischen Theologen bei der Interpretation des Textes „Dei Verbum“ des II. Vatikanischen Konzils diskutiert wird (siehe hierzu: Karl Lehmann, Dei Verbum – Gottes Wort – eine Botschaft des Heils für die ganze Welt, Erste Einführung in die Dogmatische Konstitution über die göttliche Offenbarung des Zweiten Vatikanischen Konzils in Karl Lehmann, Ralf Rothenbusch (Hg.), Gottes Wort in Menschenwort, Die eine Bibel als Fundament der Theologie, Freiburg 2014, Herder. Seite 42 – 47). Auch die „Gemeinsame Erklärung des Lutherischen Weltbundes und des Päpstlichen Rates zur Förderung der Einheit der Christen über Grundwahrheiten der Rechtfertigungslehre“ atmet den Geist der Gemeinsamkeit. Wir verwenden also 3
Matthias Vogt ist Diplom-Theologe (evangelische Theologie) und Pastor in der Missionsgemeinde Weinstadt. Mitglied der Therapiekursleitung am de’ignis-Institut.
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1. Timotheus 2,5 f: „Denn es ist ein Gott und ein Mittler zwischen Gott und den Menschen, nämlich der Mensch Jesus Christus, der sich selbst gegeben hat für alle zur Erlösung […]“
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Th e o r i e - u n d T he ra pie e n t wic k l u n g
Theologische Orientierungshilfe. Leitlinien für eine biblische Hermeneutik. von Winfried Hahn
Die christlich-integrative Therapie und Beratung, wie sie am de’ignis-Institut entwickelt wird, basiert auf Erkenntnissen der Medizin (vor allem Psychiatrie und Neurologie), Psychotherapie, Pädagogik und anderen Bereichen der Humanwissenschaften, aber auch zu einem wesentlichen Teil auf wissenschaftlich fundierten theologischen Grundlagen. Handelt es sich doch bei der Arbeit von de’ignis um eine Schnittstelle zwischen Humanwissenschaften und Theologie. Daraus ergibt sich die Notwendigkeit, Orientierungshilfen für die theologische Arbeit von de’ignis zu markieren, um eine klar umrissene und transparente Arbeitsgrundlage zu haben. Bei den nachfolgenden Ausführungen handelt es sich daher um Leitlinien, ohne den Anspruch einer umfassenden Hermeneutik zu erheben. Die Bibel ist ein Buch bestehend aus 66 Einzelbüchern aus zwei Jahrtausenden, ohne jedoch ein zusammenhangloses Sammelsurium zu sein. Vielmehr besteht zwischen den einzelnen Büchern ein geheimnisvoller innerer Zusammenhang, weil es sich um von Gott inspirierte Schriften handelt, die einem göttlichen Plan folgen. Es ist der Weg, den Gott, als Schöpfer, mit seinen Geschöpfen, den Menschen, durch die Jahrhunderte und Jahrtausende hindurch gegangen ist, und noch weiter geht. Dieser Weg vollzieht
sich nicht nur geistlich, sondern auch in Raum und Zeit und enthält damit eine wesentliche historische Komponente. Dieser Weg wird vielfach auch als Heilsgeschichte beschrieben. Die biblischen Bücher sind von Gottes Geist inspirierte Meilensteine dieses Weges und müssen deshalb im Sinne ihrer historischen Entstehungsgeschichte, aber auch im Sinne ihrer heilsgeschichtlichen Bedeutung, interpretiert werden. In Anlehnung an F. Lücke könnte man Hermeneutik als „die Wissenschaft der Prinzipien […] der Exegese“ 1
bezeichnen. (Siehe auch Anmerkung 1)
geschichtlichen und eschatologischen Zusammenhang stehen. Diese Besonderheiten muss eine biblische Hermeneutik berücksichtigen, d. h. die biblischen Texte dürfen nicht wie andere literarische oder historische Texte behandelt werden. Es war kein geringerer als Papst Benedikt XVI., der im Vorwort zum ersten Band seiner Reihe „Jesus von Nazareth“ zu einem solchen Umgang mit den biblischen Texten aufrief. So schreibt er über die Auswirkungen der historisch-kritischen Methode der Schriftauslegung in Bezug auf die Person von Jesus folgendes:
„Der Riss zwischen dem „historischen Jesus“ und dem „Christus des Glaubens“ wurde immer tiefer, beides brach zusehends auseinander. Was aber kann der Glaube an Jesus den Christus, an Jesus den Sohn des lebendigen Gottes bedeuten, wenn eben der Mensch Jesus so ganz anders war, als ihn die Evangelisten darstellen und als ihn die Kirche von den Evangelien her verkündigt? Die Fortschritte der historisch-kritischen Forschung führten zu immer weiter verfeinerten Unterscheidungen zwischen Traditionsschichten, hinter denen die Gestalt Jesu, auf den Mit diesen Vorbemerkungen sind schon sich doch der Glaube bezieht, immer undeutwesentliche Aussagen unseres Verständ- licher wurde, immer mehr an Kontur verlor. Zugleich freilich wurden die Rekonstruktionen nisses von Hermeneutik vorgenommen: Bei der Bibel handelt es sich also dieses Jesus, der hinter den Traditionen der um Schriften, die vom Heiligen Geist in- Evangelisten und ihrer Quellen gesucht werden spiriert sind und die nicht nur in einem musste, immer gegensätzlicher: vom antirömihistorischen, sondern auch in einem heils- schen Revolutionär, der auf den Umsturz der
Hermeneutik ist die Wissenschaft des Verstehens.
Christlich-integrative Psychotherapie
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Zurecht bezeichnet er das Untergraben des Vertrauens zu den biblischen Texten als dramatisch, weil dadurch der Bibel der Offenbarungscharakter genommen wird und sie deshalb ihrer Autorität beraubt und sie für die meisten Menschen nichts anderes als ein Buch neben vielen anderen geworden ist. Allerdings verwirft er die historisch kritische Methode nicht grundsätzlich. Vielmehr würdigt und hebt er positiv hervor, dass sie das Bewusstsein dafür geschärft habe, dass die biblischen Texte in der realen historischen Wirklichkeit entstanden sind und als „factum historicum“ behandelt werden sollen. Allerdings weist er auch auf die Grenzen der historisch-kritischen Methode hin, wenn er bemängelt, dass sie die vorliegenden Worte nur als Menschenworte, nicht aber in ihrem Offenbarungscharakter („Mehrwert“) wahrnimmt. Als Alternative bzw. als Ergänzung verweist er auf die kanonische Exegese, die eine Form der Schriftauslegung ist, die nicht in erster Linie nach der Entstehungsgeschichte der biblischen Texte fragt und durch unscharfe Methoden der Quellen-
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bestehenden Mächte hinarbeitet und freilich scheitert, bis zum sanften Moralisten, der alles billigt und dabei unbegreiflicherweise selber unter die Räder kommt. Wer mehrere dieser Rekonstruktionen nebeneinander liest, kann alsbald feststellen, dass sie weit mehr Fotografien der Autoren und ihrer Ideale sind als Freilegung einer undeutlich gewordenen Ikone. Insofern ist inzwischen zwar Misstrauen gegenüber diesen Jesus-Bildern gewachsen, aber die Figur Jesu selbst hat sich nur umso weiter von uns entfernt. Als gemeinsames Ergebnis all dieser Versuche ist der Eindruck zurückgeblieben, dass wir jedenfalls wenig Sicheres über Jesus wissen und dass der Glaube an seine Gottheit erst nachträglich sein Bild geformt habe. Dieser Eindruck ist inzwischen weit ins allgemeine Bewusstsein der Christenheit vorgedrungen. Eine solche Situation ist dramatisch für den Glauben, weil sein eigentlicher Bezugspunkt unsicher wird: Die innere Freundschaft mit Jesus, auf die doch alles ankommt, droht ins Leere zu greifen.“ 2
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scheidung ständig wechselnde Theorien über die Autoren und die Zuverlässigkeit einzelner Textpassagen anstellt. Vielmehr wird der Kanon, so wie er sich heute in der Bibel darstellt, als göttliche Offenbarung dankbar angenommen, wertgeschätzt und die Texte ganzheitlich, d. h. aufeinander bezogen ausgelegt. Nicht die Suche nach dem Kanon im Kanon ist die Fragestellung, sondern: Was will Gott mir, dem Leser, durch den Text sagen? (Siehe auch Anmwekung 2) Auch der protestantische Theologe Peter Stuhlmacher (übrigens ein Weggefährte Josef Ratzingers aus seiner Tübinger Zeit und bis heute von ihm hochgeschätzt, vgl. „Jesus von Nazareth“, Band II, Seite 10) bringt dieses Unbehagen gegenüber einer Vorrangstellung der historisch-kritischen Methode zum Ausdruck. „Das Neue Testament bezeugt die Offenbarung des einen Gottes in der Sendung, im Werk und in der Auferweckung Jesu von den Toten. Es nennt seine Botschaft Kerygma (vgl. z. B. Röm 16,25; 1.Kor 1,21; 15,14; Tit 1,3) oder auch Evangelium (z. B. Mk 1,1; Röm 1,1.16; 1.Kor 15,1; 1.Petr 4,17). Das Evangelium Gottes von Jesus Christus ist das entscheidende Zentrum des Neuen Testaments. Wir wären deshalb schlecht mit einer Methode beraten, die dazu zwänge, alle Aussagen des Evangeliums über Gott, Jesus, den Glauben und die Welt unbesehen den drei genannten Grundsätzen zu unterwerfen, sie a limine in Zweifel zu ziehen und den Offenbarungsanspruch des Kerygmas methodisch-prinzipiell auszublenden. Sollen die Texte des Neuen Testaments wirklich ihrer eigenen Intention gemäß interpretiert werden, muss die Methode offen genug sein, um biblische Texte als in sich sinnvoll gelten zu lassen und in ihrer kerygmatischen Aussageabsicht durchsichtig zu machen. Dieses Postulat wird dann erfüllt, wenn die historische Kritik mitsamt ihren Grundprinzipien gerahmt wird von einer vorgängigen Bereitschaft, mit den Texten in einen ernsthaften Dialog und möglichst ins Einverständnis über ihre zentralen kerygmatischen Aussagen zu kommen. Die wissenschaftlich übliche und bewährte Hermeneutik des historisch-kritischen Verdachts muss umgriffen sein von einer Hermeneutik des „guten Willens“
(B. F. Meyer) bzw. der „kritischen Sympathie“ (W. G. Kümmel) gegenüber der Textüberlieferung.“ 3
An anderer Stelle wird er noch deutlicher, wenn er die Frage aufwirft, ob diese historisch-kritische Methode überhaupt das geeignete Instrumentarium ist, um den biblischen Texten gerecht zu werden: „Man kann dann die alt- und neutestamentlichen Zeugnisse nicht mehr unreflektiert der historisch-kritischen Analyse unterwerfen und die Ergebnisse kurzerhand als Theologie ausgeben, sondern man muss die (unentbehrliche!) historisch-kritische Verfahrensweise in ein angemessenes Verhältnis zu dem Umstand setzen, dass die biblischen Autoren auf eine geistliche Auslegung ihrer Zeugnisse drängen. Darunter verstehen sie die Auslegung der von Gottes Geist durchwehten alt- und neutestamentlichen Schriften im geisterfüllten Raum der Kirche und ihrer Glaubenstradition, in der Jesus Christus als Herr verstanden und öffentlich bekannt wird (vgl. 1. Kor 12,3).“ 4
Allerdings stellen weder Ratzinger noch Stuhlmacher die historisch-kritische Methode grundsätzlich in Frage, sondern versuchen die traditionelle Schriftauslegung mit dem historischkritischen Blickwinkel zu verbinden. Ob dies sich jedoch methodisch konsequent durchhalten lässt, darf bezweifelt werden. Fast hilflos lesen sich Stuhlmachers Appelle nach einer Hermeneutik des guten Willens und der kritischen Sympathie. Sehr deutlich positioniert sich an dieser Stelle Gerhard Maier mit der Frage: Kann die historisch-kritische Methode überhaupt den biblischen Texten gerecht werden, geht sie doch, wie auch Benedikt XVI. schon angedeutet hat, von einem Geschichtsverständnis (entstanden in der Aufklärung) aus, in dem es für das Wirken Gottes und für das transzendente Eingreifen von außen keinen Raum gibt: „Es ist üblich geworden, die geschichtliche Erforschung der Bibel als einen Feind der Inspiration zu betrachten. Als ob der Mensch mit seinem Tun aus den Angeln heben könnte, was Gott getan hat! Aber hinter diesem Verständnis steht die Überzeugung, dass Geschichte einen immanenten Kausalzusammenhang darstelle,
in dem Gott schlecht unterzubringen sei […] Unser Ansatz ist jedoch ein anderer. Im Horizont der Offenbarung verstehen wir Geschichte als das, was Gott wirkt oder ermöglicht. Für unseren aus der Offenbarung gewonnenen Geschichtsbegriff ist Gott konstitutiv. Deshalb kann es für uns keinen prinzipiellen Gegensatz von geschichtlicher Bibelforschung und Inspiration der Bibel geben. Ja, wir betrachten die Inspiration selbst als einen geschichtlichen Vorgang. Geschichtlicher Vorgang meint: Gott schafft eine Kommunikation mit bestimmten Menschen an bestimmten Orten und zu bestimmten Zeiten, so dass sie in seinem Sinne tätig werden. Oder sollte man dass „Menschen haben geredet, getrieben vom Heiligen Geist“ (2 Petr 1,21) als etwas „Ungeschichtliches“ verstehen?“ 5
Das säkularisierte Geschichtsverständnis, bei dem das übernatürliche Eingreifen in den Verlauf der Geschichte ausgeklammert wird, führt zwangsläufig zu einem kritischen Umgang mit den biblischen Texten, die ja viele Zeugnisse über Gottes Eingreifen enthalten. Deshalb wird sie weder dem Selbstverständnis der Texte noch ihrem Offenbarungscharakter gerecht. In diesem Sinne betont Gerhard Maier, dass „menschliche Kritik unangemessen sei gegenüber göttlicher Offenbarung.“ 6 Über diese und andere Fragen (Inspiration, Wissenschaftsverständnis, etc.) entwickelte sich in den Jahren von 1975 bis 1978 zwischen Peter Stuhlmacher und Gerhard Maier eine intensive Diskussion.7 Um das bisher Gesagte zusammenzufassen, halten wir fest: Die vorherrschende historisch-kritische Methode der Schriftauslegung war und ist derzeit umstrittener als je zuvor, weil jeder Autor seinen eigenen Kanon angeblich authentischer Schriftworte, äußerst vielfältige Theorien über die unterschiedlichen Verfasser der biblischen Bücher, eine Vielfalt von an Ansichten über den angeblich historischen Jesus etc. erzeugt. Diese fehlende Eindeutigkeit, das „Wirr-Warr“ der unterschiedlichen Ansichten aufgrund des Mangels an belastbaren Kriterien bei
Leitlinien für eine Hermeneutik
der Quellenscheidung, der Bestimmung wie anfangs ausgeführt, die Entwicklung Theologie zu entwickeln, die dem Ander Autorenschaft, bei der Datierung der einer Christlichen Therapie und Bera- liegen der biblischen Texte eher gerecht wird, ist die zunehmende Akzeptanz einzelnen Texte etc. führte zu Versuchen, tung). neue exegetische Wege zu entwickeln, Andererseits ist es uns ein Anliegen, bezüglich der Grundsätze einer traditiwie bei dem schon erwähnten Peter die Bibel als von Gott geschenktes und onellen Schriftauslegung. Diese seien an Stuhlmacher – aber auch bei vielen ande- geoffenbartes Wort und damit in ihrer dieser Stelle kurz skizziert: (8 – Zitat Anfang) ren (siehe hierzu Anmerkung 3), an deren Ganzheit als verbindlich zu betrachten. Spitze sich Papst Benedikt XVI. gesetzt Deshalb begrüßen wir das Anliegen der a Alle Einzelschriften und Aussagen hat. Dabei wird die historisch-kritische Kanonischen Exegese, der Bibel als Gan- ordnen sich dem Ganzen ein. Methode zwar hinterfragt, aber nicht zes auf der Basis der Inspiration wieder b Jede Schriftstelle kann mit jeder gänzlich verworfen. Die kanonische Ex- Gehör zu verschaffen. Das Anliegen der anderen erklärt werden. egese mit ihrem Anliegen, der Bibel und historisch-kritischen Methode, die Texte c Der Exeget braucht um richtig zu den einzelnen Texten im Rahmen des in ihrem historischen Zusammenhang zu verstehen, den Geist, in dem diese gesamten Kanons Gehör zu verschaffen, sehen und zu ergründen, verbunden mit Bücher geschrieben sind. ist zu begrüßen. Auch den Blick auf den einer Textkritik, um eine möglichst au- d Große Teile der Bibel haben neben allen biblischen Büchern gemeinsamen thentische Textgrundlage zu erarbeiten, dem wörtlichen einen übertragenen Autor zu richten, nämlich den Heiligen können wir befürworten. Angemessener Sinn, der durch Allegorese (geistGeist, der durch die Schreiber hindurch wäre es jedoch, mit Gerhard Maier nicht liche Auslegung – Verf.) zu gewinnen wirkte, ist berechtigt und für Theologen von Textkritik, sondern eher von Text- ist. (8 – Zitat Ende) eine längst überfällige Perspektive und feststellung zu sprechen. Ein SpannungsAufgabe. Wohltuend beschreibt P. Stuhl- feld entsteht für uns bei der Bezeichnung Diese geistlichen Auslegungen müssen macher dieses Anliegen im Sinne einer „kritisch“. Ein kritisches Herangehen an jedoch im Einklang mit dem Gesamtden Text mit dem Anspruch, die Inhalte kontext der Bibel vorgenommen werden. Hermeneutik des Einverständnisses. in Bezug auf ihre Gültigkeit und kanoni- Diesen Prinzipien der Schriftauslegung, sche Wertigkeit zu beurteilen, wird dem die wie schon erwähnt neue Aktualität Anspruch der Bibel, von Gott geoffenbart erfahren haben, sind auch für die herund inspiriert zu sein, nicht gerecht. Um meneutische Arbeit von de’ignis relevant diesem Dilemma zu entgehen, klammert und grundlegend. Benedikt XVI. diese Fragestellung gänz- Darüber hinaus ist für uns die Frage lich aus, während Stuhlmacher dieses nach der Art der Inspiration der Schrift Spannungsfeld, wie schon erwähnt, mit von zentraler Bedeutung. Hierbei ist für den Begriffen Hermeneutik des guten uns der Begriff der Ganzinspiration im Willens bzw. der kritischen Sympathie zu Gegensatz zur Personal- Real- und Vermildern versucht. Konsequenter und me- balinspiration, wie er von Gerhard Maier thodisch in sich schlüssiger erscheint in beschrieben wird, grundlegend: „Wir diesem Zusammenhang der Ansatz von haben nun zu entfalten, was unter der GanzGerhard Maier, der dafür plädiert, weder inspiration der Schrift zu verstehen ist. Wiededas Eingreifen Gottes in den Verlauf der rum setzen wir bei der Offenbarung selbst an. Geschichte noch den Offenbarungscha- Der Begriff „Ganzinspiration“ ist unmittelbar rakter der biblischen Texte in Frage zu ein biblischer. Er fußt auf 2. Timotheus 3,16: stellen und deshalb der Bibel nicht mit „Alle Schrift ist von Gott eingegeben“ (ReviKritik, sondern mit Vertrauen zu begeg- dierte Elberfelder Bibel). Statt „alle Schrift“ nen. Das gemeinsame Anliegen, sowohl übersetzt man gerne: „jede Schriftstelle“ oder Für die hermeneutischen Leitlinien von von Benedikt XVI., Peter Stuhlmacher, „jede Bibelstelle“. Mit Holtz, Jeremias, Schlatter, de’ignis gelten spezielle Voraussetzungen: Gerhard Maier, Hans-Ulrich Rüegger, Schenk, Stuhlmacher und anderen fassen wir Als überkonfessionelles Werk ist es unser Marius Reiser und u.v.a.m. ist bei aller 2. Tim 3,16 in extensivem Sinne auf. Gemeint Anliegen bei unserer theologischen Grund- Unterschiedlichkeit der Versuch, theo- ist also die ganze heilige Schrift, wie sie damals lagenarbeit einen möglichst breiten Kon- logische Ansätze zu entwickeln, die dem aus Israels Überlieferung zur Verfügung stand. sens zu erzielen und uns nicht in theologi- Offenbarungscharakter der Bibel wieder Schlatter merkt dazu an: Paulus habe „nicht sche Kämpfe um Einzelheiten verwickeln mehr Bedeutung zugestehen. Eine po- von gewissen oder einigen Stellen, sondern von zu lassen (Schwerpunkt unserer Arbeit ist sitive Auswirkung dieser Versuche, eine allem, was in der Bibel geschrieben ist, gesagt,
Die Hermeneutik des historischkritischen Verdachts muss umgriffen sein von einer Hermeneutik des guten Willens.
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dass es uns eine göttliche Gabe bringe“. Die extensive Übersetzung wird auch von der frühen Kirchengeschichte gestützt. Dass wir mit der „Ganzinspiration“ einen unmittelbar biblischen Begriff verwenden, bedeutet einen Vorzug gegenüber anderen Begriffsbildungen. Denn weder die Personal- noch die Real- noch die Verbalinspiration können sich direkt auf biblische Begriffe stützen. Darüber hinaus bietet die „Ganzinspiration“ den Vorteil, dass hier eine begriffliche Brücke zu Konzeptionen aus anderem theologiegeschichtlichem Hintergrund geschlagen wird. Dort ist z. B. von „plenary inspiration“ oder „pleine inspiration“ die Rede. Ferner […] bietet der Begriff „Ganzinspiration“ den Vorteil, Mißverständnisse und Fehlgriffe abzubauen, die mit der traditionellen „Verbalinspirations“-Lehre verbunden sind. Eines aber teilen wir mit der heiß umkämpften Verbalinspirationslehre: dass es eben wirklich die ganze Schrift ist, die Gottes Geist hervorgebracht und durchweht hat. Jeder Gedanke an eine nur teilweise Inspiration bleibt ausgeschlossen […] Andererseits kann kein Zweifel daran sein, dass Luther, dass die Bekenntnisschriften, dass die altprotestantische Dogmatik, dass Bengel und der wissenschaftliche Pietismus samt der heilsgeschichtlichen Theologie des 19. Jahrhunderts auf dem Standpunkt standen: Die Schrift ist Gottes Wort […] Es bleibt noch übrig, einen Aspekt hervorzuheben, den wir bisher nicht behandelt haben. Dieser Aspekt ergibt sich aus dem Wort „ganz“. Im Gegensatz zur Verbalinspiration richtet ja der Begriff „Ganzinspiration“ die Aufmerksamkeit auf das zusammenhängende Ganze. Für die Verbalinspirationslehre bedeutet es stets eine gewisse Anfechtung, dass verschiedene Lesarten überliefert sind und/oder der Bibeltext gelegentlich eine Lücke aufweist. Konnte man von „verbal“ sprechen, wenn das eigentliche „verbum“ unsicher war oder fehlte? Allerdings muss man bedenken, dass die Verbalinspirationslehre nicht unbedingt einzelne Worte in atomistischer Weise aus dem Kontext lösen wollte. Sie war sich auch der Probleme der Textüberlieferung bewußt und konzentrierte sich deshalb auf den Urtext. Dennoch vermeidet der Begriff Ganzinspiration von vornherein das Mißverständnis,
als ginge es um eine atomistische Betrachtungsweise, um „dicta probantia“ und dergleichen. Statt dessen erinnert er uns daran, dass es um den Zusammenhang von Verheißung und Erfüllung, von Wort und Antwort, von Ursprung und Ziel der Wege Gottes geht. In diesem ganzheitlichen Zusammenhang spielt es kaum eine Rolle, wenn einzelne Worte in der Überlieferung verdunkelt wurden. Das Verständnis des Ganzen kann dadurch nicht in Frage gestellt werden. Die Ganzinspiration bezieht sich also auf den Urtext.“ 9
Der Exeget braucht um richtig zu verstehen, den Geist, in dem diese Bücher geschrieben sind. Gerhard Maier definiert hier ein Schriftverständnis, das das Vertrauen in die biblischen Texte stärkt, ohne fundamentalistisch zu sein. So schreibt er an anderer Stelle: „Der menschliche Ausleger muss die Offenbarung sagen lassen, was sie selbst sagen will. Er kann sie nicht seinen eigenen Ansprüchen unterwerfen und ihr (historische oder andere) Auskünfte abzwingen, die sie gar nicht geben will.“ 10
Diese Aussage verdeutlicht, in welchen Bereichen der Bibel normative Autorität zukommt, nämlich in Fragen der Ethik, Moral und Glaubensaussagen. Auch für die de’ignis Grundlagenarbeit ist sie hierbei „norma normans“. Die Auslegung der Texte geschieht also unter Berücksichtigung:
• des historischen Zusammenhanges • des Gesichtspunktes der Einbettung und des Zusammenhanges in den gesamten Kanon, also der Ganz heitlichkeit • der Inspiration, im Sinne der Ganz inspiration, das bedeutet: Auch der Geist, der die Schrift inspiriert hat, inspiriert den Exegeten beim Ver ständnis der Texte. Die Schrift wird also unter Berücksichtigung des historischen Zusammenhanges in Übereinstimmung mit dem gesamten Schriftzeugnis durch den heiligen Geist, der sowohl die Schrift als auch den Exegeten inspiriert, ausgelegt. Damit beinhaltet die Schriftauslegung nicht nur eine wissenschaftlich-historisch und theologische Seite, sondern auch eine persönliche. Der Ausleger bringt sich mit seiner Lebens- und Glaubensgeschichte, also mit seiner persönlichen Historie mit ein. Auf diese Weise wird die Auslegung des Textes selbst zu einem inspirierten Vorgang, in die der Ausleger mit seiner ganzen Person hineingenommen ist. Dadurch wird die Auslegung des Schriftwortes zum lebendigen Gotteswort (siehe hierzu den Artikel in dieser Ausgabe: „Dynamische Wechselwirkung. Der Ausleger und sein Text.“ auf Seite 26). Trotz dieser notwendigen persönlichen Betroffenheit des Auslegers sollten die objektiveren Faktoren bei der Exegese (historischer und kanonischer Zusammenhang) nicht aus dem Blickfeld verloren werden. Deshalb sollten, um eine sachgerechte Exegese der biblischen Texte vorzunehmen, die belastbare Schlussfolgerungen zulassen, folgende für eine biblisch historische Auslegung notwendigen Schritte beachtet werden: (11 – Zitat Anfang)
Leitlinien für eine Hermeneutik
Schritte für eine biblisch historische Auslegung
I. Textfeststellung 1. Abwägen der Varianten 2. Übersetzung II. Erschließung des Textes 1. Aufbau des Textes 2. Kontext 3. Grammatische und linguistische Struktur 4. Wichtige Wortbedeutungen, unter Umständen Begriffsexegesen 5. Formen 6. Überprüfung der Übersetzung 7. Zeitgeschichtliche Einordnung 8. Religionsgeschichtlicher Vergleich 9. Traditionsgeschichte, u. U. Redaktionsgeschichte 10. Literarische Quellen (falls gegeben) III. Synthetische Auslegung 1. Gespräch mit den übrigen Texten der Offenbarung (innerbiblischer Vergleich) 2. Gespräch mit den bisherigen Auslegern (kirchengeschichtlicher Vergleich, Wirkungsgeschichte, Dogmatik) 3. Gespräch mit der Gemeinde 4. Gespräch mit den Herausforderun gen der Umwelt 5. Zweck des Textes 6. Zusammenfassende theologische Interpretation 7. Scopus (11 – Zitat Ende) IV. Kommunikative Auslegung Der Begriff Kommunikative Auslegung meint „die Umsetzung der bisher gewonnenen Auslegung in der Praxis. Was bisher erarbeitet wurde, wird jetzt „mitgeteilt“, kommuniziert. Wem kommuniziert? Zunächst der Gemeinde, dann der Umwelt. Beiden schulden wir die ausgelegte Botschaft. Aber indem der Ausleger selbst für diese Umsetzung, für diese Transformation verantwortlich wird, gewinnt seine Auslegung noch einmal zusätzliche Dimensionen. Das gilt weniger für den kognitiven Bereich, in dem der Ausleger arbeitet, z. B. die dynamische und die
ethische Ebene seines Verstehens. Nicht zuletzt konkretisiert sich hier sein Dienst in der Gemeinde. Klassische Formen dieser Umsetzung sind die Predigtskizze, der Unterrichtsentwurf und die evangelistische Anleitung. Natürlich schlägt die Exegese dadurch auch die Brücke zur „Praktischen Theologie“. 12
Hier ist die Schnittstelle zur Christlichen Therapie und Beratung. Die aus einer nach obigen Kriterien durchgeführten Exegese erarbeiteten Schrifterkenntnisse können jetzt im Sinne der Praktischen Theologie in die Bereiche Seelsorge bzw. in die Christliche Therapie und Beratung einfließen. Im Rahmen der Entwicklung einer Christlichen Therapie und Beratung muss auch die theologische Grundlagenarbeit von de’ignis gewissen akademischen Standards verpflichtet sein. Als Orientierungshilfe hierbei sollen diese hermeneutischen Leitlinien dienen. Ergänzend hierzu sei auf die de’ignis Orientierungshilfe von Matthias Vogt „Der konfessionsübergreifende Rahmen der Christliche-integrativen Therapie und Beratung (Seite 28 dieser Ausgabe) verwiesen, das auf den Altkirchlichen Symbolen und den fünf Sola der Reformationszeit sowie der gemeinsamen Erklärung der Rechtfertigungslehre aufbaut. Fazit
1.
Die Bibel ist in ihrer Ganzheit geoffenbartes und inspiriertes Wort Gottes im Sinne der Ganzinspiration, wie sie von Gerhard Maier dargelegt wird und hat normative Kraft (norma normans) 2. Die Prinzipien der traditionellen Schriftauslegung, die unter anderem durch die kanonische Exegese wieder stärker an Bedeutung gewinnen, sind auch für uns bedeutsam (siehe Seite 35 dieser Ausführungen). 3. Daraus ergeben sich die auf Seite 37 dieser Ausführungen dargelegten Schritte für eine sachgerechte Auslegung biblischer Texte. Wie Erkenntnisse aus der an diesen hermeneutischen Grundsätzen orientierten Exegese im Sinne der Praktischen Theologie in die Christlich-integrative Therapie und Beratung integriert werden können, ist Gegenstand des jeweils bearbeiteten Themengebietes. Anmerkung 1
Für die theologische Grundlagenarbeit von de’ignis ist eine hermeneutische Standortbestimmung notwendig, weil die Hermeneutik die Prinzipien beinhaltet, anhand derer Bibeltexte ausgelegt und Schlussfolgerungen daraus gezogen werden können. Die daraus entstehende Exegetik ist dann die Grundlage für die biblisch-therapeutische Anthropologie.
de’ignis teilt das Unbehagen vieler Theologen – von Ratzinger, Stuhlmacher und Anmerkung 2 vielen anderen mehr (siehe hierzu An- Das von Benedikt XVI. vorgeschlagene merkung 3) in Bezug auf eine monopoli- Konzept der Kanonischen Exegese kann sierte und ihre Grenzen überschreitende auch für Vertreter der historisch-kritiAnwendung der historisch-kritischen schen Methode als eine Brücke zu einem Methode. Wir begrüßen die Versuche, ganzheitlichen biblischen Verständnis neue hermeneutische Verfahren wie die fungieren und einen neuen Zugang zu Kanonische Exegese oder die Biblische den Prinzipien der traditionellen SchriftHermeneutik Stuhlmachers zu entwi- auslegung eröffnen. Deshalb lassen wir ckeln, auch wenn die Frage offen bleibt, ihn an dieser Stelle noch einmal ausführob sich die Anwendung der historisch- lich zu Wort kommen: kritischen Methode mit dem Offenba- „Es […] hat sich vor etwa 30 Jahren in Amerika rungscharakter der biblischen Schriften das Projekt der „kanonischen Exegese“ entwimethodisch widerspruchslos vereinbaren ckelt, deren Absicht im Lesen der einzelnen lässt. Daraus ergeben sich für die Ausle- Texte im Ganzen der einen Schrift besteht, wodurch alle einzelnen Texte in ein neues gung der Schrift folgende Leitlinien: Licht rücken. Die Offenbarungs-Konstitution
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„Die Schriftauslegung beinhaltet nicht nur eine wissenschaftlichhistorisch und theologische Seite, sondern auch eine persönliche.“
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des Zweiten Vatikanischen Konzils hatte dies land beschränkt, so sind hier bislang mindestens bereits klar als ein Grundprinzip theologischer zehn Bücher erschienen, die ausdrücklich RatExegese herausgestellt: Wer die Schrift in dem zingers Buch „Jesus von Nazareth“ diskutieren Geist verstehen will, in dem sie geschrieben (neben zahllosen neuen Jesusbüchern, die dem ist, müsse auf Inhalt und Einheit der ganzen Papst Konkurrenz machen bzw. nun ihrerseits Schrift achten. Das Konzil fügt hinzu, man alles viel besser machen wollen), dazu kommen müsse dabei auch der lebendigen Überliefe- Sonder- bzw. Themenhefte theologischer Fachrung der ganzen Kirche und der Analogie des zeitschriften und unzählige Artikel in populäGlaubens (der inneren Entsprechungen und ren und wissenschaftlichen Zeitschriften, wobei Glauben) Rechnung tragen (Dei Verbum, Nr. der erste Band sehr viel mehr Anlass zur Diskus12). Bleiben wir zunächst bei der Einheit der sion gab als der zweite.“ 14 Schrift stehen. Sie ist ein theologisches Datum, aber doch nicht einfach von außen einem in sich Anmerkung 3 heterogenen Ensemble von Schriften aufgesetzt. Ludger Schwienhorst-Schönberger spricht Durch die moderne Exegese wurde sichtbar, sogar von einem Paradigmenwechsel in wie sich die Schriftwerdung der in der Bibel der Theologie. In seinem Beitrag in dem überlieferten Worte in immer neuen „Relectu- gerade erschienenen Buch „Gotteswort in rus“ zuträgt: Die alten Texte werden in neuer Menschenwort“ 15, fasst Christian Frevel Situation neu aufgenommen, neu verstanden, die tiefgreifenden Anfragen und Zweifel neu gelesen. Im Neulesen, Fortlesen, in stillen in der theologischen Fachwelt an der hisKorrekturen, Vertiefungen und Ausweitungen torisch-kritischen Methode zusammen. trägt sich die Schriftwerdung als ein Prozess des Der Unmut über die historisch-kritische Wortes zu, das allmählich seine inneren Poten- Methode und ihre Auswirkungen scheint tialitäten entfaltet, die irgendwie wie Samen ein erhebliches Ausmaß angenommen bereitlagen, aber erst in der Herausforderung zu haben. Erwähnt sei Klaus Berger, der neuer Situationen, in neuen Erfahrnissen und davon spricht, dass diese Methode eine Erleidnissen sich öffnen. „volkskirchliche Wüste hinterlassen“ 16 habe, Wer von Jesus Christus her diesen – gewiss oder G. Stein, der von einer „chronischen nicht linearen, oft dramatischen und doch voran- Bibelerkältung“17 spricht. Auch wenn gehenden – Prozess betrachtet, kann erkennen, die meisten Theologen die historischdass eine Richtung im Ganzen liegt; dass Altes kritische Methode nicht verwerfen, so und Neues Testament zusammengehören. Ge- erscheint sie vielen doch sehr fragwürdig wiss, die christologische Hermeneutik, die in und ergänzungsbedürftig. Zutreffend Jesus Christus den Schlüssel des Ganzen sieht stellt Frevel die Frage: Wie tief gehen und von ihm her die Bibel als Einheit zu verste- die Anfragen an die historisch-kritische hen lernt, setzt einen Glaubensentscheid voraus Exegese. Im gleichen Band befindet sich und kann nicht aus purer historischer Methode ein Kapitel von Josef Wohlmuth mit dem hervorkommen. Aber dieser Glaubensentscheid Thema: Historisch-kritische und kanoniträgt Vernunft – historische Vernunft – in sich sche Textinterpretation – ein feindliches und ermöglicht es, die innere Einheit der Schrift Paar? In diesem Beitrag wird ein Brückenzu sehen und so auch ihre einzelnen Wegstücke schlag im Sinne einer sich ergänzenden neu zu verstehen, ohne ihnen ihre historische Sichtweise vertreten. Originalität wegzunehmen. „Kanonische ExeFußnoten gese“ – Lesen der einzelnen Texte der Bibel in 1 Zitat nach Gerhard Maier, Biblische Hermederen Ganzheit – ist eine wesentliche Dimensineutik, Wuppertal, 2003, Seite 7 13 on der Auslegung.“ 2 Josef Ratzinger Benedikt XVI., Jesus von Mit diesem Ansatz der Schriftauslegung Nazareth, Band 1, Seite 10 – 11 hat er sich nicht nur Freunde gemacht. Er löste 3 Peter Stuhlmacher, Biblische Theologie des damit eine Diskussion aus, die sich in einer Flut Neuen Testaments, Band 1, Göttingen, 1992, Seite von Kommentaren, Büchern und Stellungnah- 10 – 11 men Bahn brach. „Wenn man sich auf Deutsch- 4 Peter Stuhlmacher, Biblische Theologie
des Neuen Testaments, Band 1, Göttingen, 1992, Vorwort Seite IX 5 Gerhard Maier, Biblische Hermeneutik, Wuppertal, 2003, Seite 111 – 112 6 Daniel Graf, Unterwegs zu einer Biblischen Theologie, Perspektiven der Konzeption von Peter Stuhlmacher, Göttingen, 2011, Seite 117 7 Vgl. Daniel Graf, Unterwegs zu einer Biblischen Theologie, Perspektiven der Konzeption von Peter Stuhlmacher, Göttingen, 2011, Seite 115 – 120 8 M. Reiser, zitiert nach Hans-Ulrich Rüegger, Hermeneutische Prinzipien traditioneller und kritischer Bibelauslegung – Biblische Zeitschrift 51, 2007, Seite 235 – 248
Gerhard Maier, Biblische Hermeneutik, Wuppertal, 2003, Seite 100 – 105 9
12 13 10
Gerhard Maier, a.a.O., Seite 125
11
Gerhard Maier, a.a.O., Seite 359 Gerhard Maier, a.a.O., Seite 354
Josef Ratzinger Benedikt XVI., Jesus von Nazareth, Band 1, Seite 17 – 18
Roland Deines in Christoph Raedel (Hg.), Mitarbeiter der Wahrheit, Christuszeugnis und Relativismuskritik bei Joseph Ratzinger/Benedikt XVI. aus evangelischer Sicht, Seite 20. 14
Karl Lehmann, Ralf Rothenbusch (Hg.), Gottes Wort in Menschenwort. Die Bibel als Fundament der Theologie, Herder, Freiburg, 2014
15
zitiert nach: Karl Lehmann, Ralf Rothenbusch (Hg.), a.a.O., Seite 134
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zitiert nach: Karl Lehmann, Ralf Rothenbusch (Hg.), a.a.O., Seite 138
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Winfried Hahn ist Pastor und Pädagoge. Der Vater von zwei erwachsenen Kindern studierte Pädagogik, war Pastor in mehreren freikirchlichen Gemeinden, und machte eine Ausbildung zum Christlichen Therapeuten. Heute leitet er das de’ignis-Wohnheim – Haus Tabor zur außerklinischen psychiatrischen Betreuung und ist Vorsitzender der Christlichen Stiftung de’ignis-Polen. Er ist verantwortlich für den Fachbereich Theologie am de’ignis-Institut. Als Pastor im übergemeindlichen Dienst und Buchautor hält er Predigten, Vorträge und Seminare im In- und Ausland.
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Perspektiven einer biblisch-therapeutischen Anthropologie. von Rainer Oberbillig
Einführende Erwägungen
Psychotherapie auf christlicher Basis anzubieten ist eine spezielle Kompetenz unserer Fachklinik. Wir könnten sie als „Ressourcenorientierte und Kultursensible Psychotherapie“1 charakterisieren. Berücksichtigt werden besonders die jeweilige christliche Sinn- und Werteorientierung, das Weltbild und das Selbstkonzept des religiösen Patienten; sein spezifisches Glaubenssystem wird als eine zentrale Quelle für seine individuellen Ressourcen in der Passung des störungsspezifischen psychotherapeutischen Vorgehens in der Rehabilitation betrachtet. Seinen kulturellen Hintergrund verstehen wir nicht nur unter dem Aspekt seiner allgemeinen sozialen Herkunft und soziologischen Prägungen, sondern auch vor dem Hintergrund seines religiösen Umfelds. Dieses kann ihn als wichtig(st)es Beziehungssystem geprägt, gefördert oder gestärkt als auch belastet bis geschädigt haben. „Kultursensible Psychotherapie“ versteht sich hier also auch als sensibel eingehend auf die typischen christlichreligiösen Themen unserer Patienten und ihre Beziehungserfahrungen in der christlichen „community“. Welche Rolle spielt hierbei eine biblisch-therapeutische Anthropologie? Was ist das Besondere an einer biblisch-therapeutische Anthropologie? Wie kann man
sich einen Transfer in die Praxis psychotherapeutischen Handelns vorstellen? Die Rolle einer biblisch-therapeutischen Anthropologie.
meiner Erfahrung nicht akzeptabel für die meisten unserer christlich-religiös orientierten Patienten. Andererseits fühlen sie sich häufig ausgeliefert oder nicht wehrfähig im „Gerangel“ am Arbeitsplatz, schwierigen Nachbarschaftsverhältnissen, im Geschäftsleben oder anderen Herausforderungen (betrifft natürlich auch Glaubensdistanzierte). Hier sind für den Christen beispielhafte Wegweisungen Jesu hilfreicher, aber nicht unbedingt einfach zu interpretieren, wie „Seht, ich sende
Zur Frage der Werte oder Werteorientierung gibt O. Engelmayer 2 folgende Hinweise: „Werte sind eine Form der interpretativen Begegnung und Auseinandersetzung mit der Welt. […] Jeder Wertentwurf ist eine individuelle Weise, die Realität des Daseins zu begreifen, euch wie Schafe mitten unter die Wölfe. Seid sinnhaft zu erleben und zu verändern. darum klug wie die Schlangen und ohne Falsch […] Werte bezeichnen eine Wirklich- wie die Tauben.“ 3 Eine solche Aussage muss keit nicht wie sie ist, sondern wie sie sein natürlich aus dem Textzusammenhang sollte, wie sie wünschbar und zu fordern ausgelegt werden, bietet aber schon einige ist. Das faktische Sein wird in den Werten bildhafte Vergleiche. Diese können ein transzendiert.“ Bündel hilfreicher Verhaltensweisen be Unsere jeweilige an Werten ori- reitstellen, indem sie ausgelegt/erklärt entierte Weltanschauung stellt Axiome im Verein mit anderen biblischen Wahrbereit für die Verhaltensregeln oder In- heiten zu einem sozial kompetenten, an teraktionellen Ziele. Es geht in unserem Christus zentrierten Umgang mit dem Kontext also darum, zu verstehen, wie am „ungerechten Mammon“ ausgerichteein religiöser Patient mit seiner christ- ten Weltsystem führen. lichen, wertenden Sinngebung „tickt“, Ein wichtiges Ziel moderner Psychosowohl grundsätzlich sofern möglich als therapie begegnet mir in meiner Praxis auch ganz individuell. Zur Illustration regelmäßig: sich selbst verstehen lernen – ein vielleicht krasses Beispiel: Die welt- „warum mache ich das eigentlich so, fühle anschauliche Schlussfolgerung aus Welt- ich mich so, denke so […]?“ –, dazu Erfahrungen „Du musst ein Schwein sein möchte eine biblisch-therapeutische in dieser Welt […]“ – von den „Prinzen“ Anthropologie beitragen. Es gilt so weit als ironischer Song getextet – ist nach wie möglich zu klären, wie ist der religi-
Bi b li sch-therap euti sche Anthrop olo gie
öse Mensch gesteuert? Einerseits ist jeder Mensch von seinen Grundbedürfnissen her motiviert und entwickelt motivationale Schemata, diese zu verwirklichen.4 Andererseits ist der sich bewusst an Gott, dem Vater, und seinem Sohn Jesus orientierende Mensch geleitet „von Christus in ihm“ 5 in seinem Denken, Fühlen und Handeln (so auch sein persönlicher Glaube, mehr oder weniger). Welche psychodynamischen Konflikte hinsichtlich der (Grund)Bedürfnisbefriedigung ergeben sich nun möglicherweise aus den widerstreitenden Wertesystemen der mit Jesus leben wollenden Jünger und ihrem „Anderssein“ gemäß dem hohepriesterlichen Gebet Jesu 6 „Ich bitte dich nicht, sie aus der Welt herauszunehmen; aber ich bitte dich, sie vor dem Bösen zu bewahren. Sie gehören nicht zur Welt, so wenig wie ich zur Welt gehöre“?
Was bedeutet eine solche Aussage z. B. für Beratung suchende, christlich-religiös eingebundene Menschen, die einen Konflikt mit ihrer Existenz in der Realität des gegenwärtigen Weltsystems erleben? Dazu möchte eine biblisch-therapeutische Anthropologie pragmatische Verständnishilfen für die Beratung entwickeln. Für den christlichen Berater/Therapeuten stellen Perspektiven biblisch-therapeutischer Anthropologie ein wichtiges integratives Handwerkszeug dar, um den Klienten/Patienten angemessen verstehen und effizient psychotherapeutisch beraten oder behandeln zu können. Was ist das Besondere an der biblisch-therapeutischen Anthropologie – aus theologischer und psychotherapeutischer Sicht?
Um diese Frage beantworten zu können, ist die Klärung unseres biblischen Schriftverständnisses 7 hilfreich. Wir nehmen Bezug auf den „Oberrabbiner“ Paulus, der seinem „Studenten“ Timotheus die Nützlichkeit der Bibel im Alten Testament und Neuen Testament ermahnend nahebringt: „Denn alles, was in der Schrift
steht, ist von Gottes Geist eingegeben, und dementsprechend groß ist auch der Nutzen der Schrift: Sie unterrichtet in der Wahrheit, deckt Schuld auf, bringt auf den richtigen Weg und erzieht zu einem Leben nach Gottes Willen. So ist also der, der Gott gehört und ihm dient, mit Hilfe der Schrift allen Anforderungen gewachsen; er ist durch sie dafür ausgerüstet, alles zu tun, was gut und richtig ist.“ 8
Tja, lieber Paulus, möchte man da am liebsten sagen, versteht denn unser Patient besonders auch die Dinge richtig, die für ihn und seinen Gesundungsprozess wichtig sind? Die Erfahrung im christlichen Kulturbereich zeigt ja, wie viele unterschiedliche Rezeptionen der Wahrheit des Wortes Gottes im Umlauf sind als Lehren oder als Lebensstile, nicht nur in der Liturgie, sondern in der gesamten Lebenshaltung. Ist er tatsächlich mithilfe des Wortes der Heiligen Schrift allen seinen Anforderungen gewachsen? „Verstehst du denn, was du da liest?“ – diese Frage stellte Philippus dem Kämmerer aus Äthiopien 9 bei dessen Lektüre 10 einer Passage aus dem Propheten Jesaja. Peter Müller schreibt dazu: „Ich will aber besonders hervorheben, dass der Äthiopier liest. Er ist […] einer, der lesend im Text selbst vorkommt. Er liest den Propheten Jesaja, von dem er sich offenbar eine Schriftrolle besorgen konnte. Während er sich auf der Heimreise befindet, liest er den Prophetentext laut; Philippus nämlich, der (auf Weisung des Geistes) hinzutritt, kann ihn lesen hören. […] Dass der Äthiopier lesen kann, ist vorausgesetzt; in Frage steht aber, ob er – wörtlich genommen – in den Buchstaben auch den Sinn erkennt, der darin steckt, ob er also das Gelesene auch versteht. […] Der lesende Äthiopier nimmt die Frage des Philippus auf. […] „Wie könnte ich verstehen, wenn mich nicht jemand anleitet?’“ fragt er.“ 11 Hier in dieser Missionsgeschichte
verstanden werden muss: Für uns Psychotherapeuten könnte die Frage nun so lauten: Wie kann ich mit den Augen eines Therapeuten biblische Sachverhalte zum Menschen lesend und hörend verstehen? Eine Perspektive biblisch-therapeutischer Anthropologie besteht mit Einschränkung darin, dass sie eine „psychologische Brille“ verwendet, mit der biblische Inhalte dem therapiebedürftigen religiösen Menschen nahegebracht werden können, er also versteht, was er liest und hört. Zum anderen bildet eine biblisch-therapeutische Anthropologie die Grundlage für den Therapeuten selbst, eine Passung seines evidenzbasierten psychotherapeutischen Vorgehens auf den Patienten mit seiner individuellen Glaubenswelt hin zielgerichteter vornehmen zu können. 12 Zentrale Themen neben der konkreten Lebensbewältigung (Life-Balance) oder Freisetzung von Ressourcen zur Bewältigung der psychosomatischen Erkrankung sind für die biblisch-therapeutische Anthropologie basiert 13 auf den tiefer liegenden Fragen Seelsorge und Psychotherapie suchender Menschen: Der Heilsplan Gottes
Hier soll in einer Art Zusammenschau vermittelt werden, wie Gott sich die (gesundheitliche) Wiederherstellung des Menschen gedacht hat. Typische Fragen: Woher komme ich? – Hat Gott mich gewollt? – Was bin ich schon Besonderes? – Kennt er mich, sucht er mich, will er mich? – Welche Konflikte muss ich lösen als aus dem Paradies auf die Erde („Realitätsprinzip“) „verbannter“ Mensch? Die Ganzheitlichkeit
geht es natürlich um die Auslegung eines der Person prophetischen Buches des Alten Testa- Von der Ebenbildlichkeit des ments ( Jesaja 53 – übereinstimmend von Menschen mit Gott ausgehend wird die Exegeten auf Jesus, den Messias, bezogen), hebräisch ganzheitliche Sicht des Mendas für den Kämmerer erklärt werden schen einem sehr häufig falsch verstandeund vom Geist Gottes her offenbart und nen „Stockwerkmodell“ (Geist → Seele →
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Th e o r i e - u n d T he ra pie e n t wic k l u n g
Leib) gegenübergestellt. Davon (Topologie oder Aufbau der Person) werden psychische Funktionen und die unbewusste Dynamik14 zwischen fleischlicher und geistlicher „Programmierung“ unterschieden. Aspekte menschlicher Entwicklung
Auch die Bibel geht von einer Entwicklungspsychologie aus, wie sie z. B. im Lebensstil der Alten Testament-Glaubenshelden deutlich wird. Verschiedene Modelle aus der Psychologie werden hier an die Bibel „herangetragen“, die religiöse Entwicklung und Fehlentwicklung wird untersucht als auch die natürliche Identität des Menschen; es werden Perspektiven einer christozentrischen Identität postuliert. Beziehungssysteme des Menschen
Der Mensch als Gemeinschaftswesen (griech. zoon politikon) wird beschrieben in seiner Beziehung zur Transzendenz und zur Materie (Welt), zu sich selbst und zu anderen. Der größere Teil der Darstellung ist allerdings der Problematik des Gottesbildes gewidmet, der Beziehung, wie Gott sie sich als Vater, Sohn und Geist zum Menschen wünscht. Biblische Wertesysteme und ihre gesundheitlichen Auswirkungen
Der Mensch in seiner Beziehung zum Wort Gottes: Wie kann er in den Geboten Gottes leben, sich mit seiner Geschichte versöhnen, existenzielle Angst überwinden und die Kraft des Kreuzes erfahren? Perspektiven sind auch für den Behandler nötig: Wie ist die therapeutische Beziehung charakterisiert, wenn beide – Therapeut wie Patient – ein christlich-religiöses Werteund Glaubenssystem teilen, wenn auch jeweils unterschiedlich interpretiert als auch gelebt? Hier ist „Weltanschauliche Kompetenz“ gefordert, bewusste Selbstre-
flexion des Therapeuten und spezifisches Wissen: „Weil Psychotherapie eben gerade nicht im wertfreien Raum stattfindet, ist es notwendig, sich als PsychotherapeutIn des eigenen kulturellen und ethnischen Erbes, der eigenen Wertsysteme, Überzeugungen und Voreingenommenheiten bewusst zu sein und deren Einfluss auf die therapeutische Arbeit zu reflektieren. Das gilt für den Umgang mit Religiosität im Rahmen der therapeutischen Praxis ganz besonders […]“ 15 Perspektiven einer biblisch-therapeutischen Anthropologie sehe ich nun für eine Christlich-integrative Therapie: Passung der bestehenden Leitlinien für eine störungsspezifische evidenzbasierte Psychotherapie mit den speziellen christlichreligiösen Bedürfnissen der Klienten/ Patienten; die therapeutische Beziehung gestaltet aus dem Geist unbedingter Akzeptanz und Wertschätzung; die („Brüderliche“ oder Peers-)Arbeitsbeziehung basierend auf der Liebe/Annahme, die beide von Gott (hoffentlich) erfahren haben; die therapeutische Beziehung last not least geprägt von dem professionellen Wissensvorsprung, der zur Anleitung von Verhaltensexperimenten, Ermöglichung korrigierender Beziehungserfahrungen, Klärung unbewusster Motive und zu kognitiven Modifikationen des Hilfe Suchenden autorisiert. Praxis-Erfahrungen mit dem psycho-therapeutischen Handeln auf Basis einer biblisch-therapeutischen Anthropologie.
Aus meiner psychotherapeutischen Praxis erinnere ich mich gerne an die Angstbehandlung eines Lokomotivführers mit Parkinson-Erkrankung: Schon in der ersten Begegnung hatte ich einen von einem Ausspruch Jesu 16 geprägten Eindruck von diesem Mann: „ […] ein durch und durch aufrichtiger Mann […] !“. Seine Mimik war von der Parkinson-Erkrankung geprägt (sog. frozen mimic), er litt unter Ängsten, in Situationen blockiert zu sein, in denen er gefordert ist. Auslöser
war eine Blockade in einer Arbeitssituation, als er als Ausbildungslokführer eine Lokomotive beim Rangieren kurzfristig nicht adäquat souverän steuern konnte. Er empfand über dieser Parkinson bedingten Blockierung Versagensgefühle, hatte Erwartungsängste bezüglich der beruflichen Tätigkeit aufgebaut, trotz guter medikamentöser Einstellung, und soziophobische Ängste in sozialen Situationen (Angst vor Blamage). In der Psychoedukation über Expositionstherapie bei Ängsten benutzte ich das Beispiel von Petrus, der auf Einladung Jesu hin auf dem See Genezareth 17 bei hohen Wellen auf das Wasser ging, Jesus entgegen. Im Gespräch leitete ich ihn zu einer Visualisierung an, wie Jesus ihn aufruft, auf das Wasser seiner Ängste zu gehen, im Vertrauen auf ihn, dass er nicht untergehen wird. Dieses Bild half ihm, sich auf die säkulare Variante motiviert einzustellen, verschiedene Expositionsübungen in der therapeutischen Gemeinschaft zu wagen – auf das Wasser zu gehen im Blick seines Vertrauens auf Jesus: Er sollte unter anderem ein Bibelwort als Tageslosung vor allen lesen und vor dem gemeinsamen Frühstück für einen erfolgreichen Tag beten (war zu dieser Zeit Brauch unter unseren Patienten); vorbereitet dazu wurde er mit Atmungsübungen, kognitiven Neubewertungen und motorisch günstiger Körperhaltung. Die gelungenen Auftritte gaben ihm nicht nur Sicherheit, mit seinem Parkinsonismus erfolgreich umgehen zu können und die Schamblockaden gegenüber anderen Menschen abzubauen; sie verhalfen ihm unter anderem auch zu größerer spiritueller Kompetenz, seinen an Christus orientierten Glauben auf lebenspraktische Fragen anzuwenden und trugen zu einem positiveren Gottesbild, zu positiverer Gottesbeziehung und einem besserem Selbstwerterleben bei. Aus den korrigierenden Beziehungserfahrungen schaffte er einen Transfer auch in sein partnerschaftliches Umfeld. Ich hörte später von ihm, dass er mittels seines religiösen Vertrauens in Jesus Christus auch
Bi b li sch-therap euti sche Anthrop olo gie
die Frühberentung (BU-Rente) gut habe bewältigen können, ohne dies gegen seinen Selbstwert zu richten. In einer sogenannten „Christlichintegrativen Therapie“ erfahre ich immer wieder, wie Psalmen den Orientierung suchenden Menschen emotional ansprechen. Die großartigen Bilder des sogenannten Hirten-Psalms (Psalm 23) laden zur Meditation ein: Wie sieht es mit meinem Mangel aus? Bin ich depressiv in meiner Wahrnehmung verschoben, dass ich nicht mehr sehen kann, wie ich rückblickend in meinem Leben geleitet wurde, viel Gutes empfangen habe? Solche und ähnliche Anleitungen zur Selbstreflexion bietet allein dieser Psalm. Es wird hier auch ein Gottesbild vor Augen gemalt, das zum Vertrauen in Gott als unseren Hirten besonders für den psychisch angeschlagenen oder depressiv erkrankten Menschen einlädt: „Selbst wenn ich durch ein finsteres Tal gehen muss, wo Todesschatten mich umgeben, fürchte ich mich vor keinem Unglück, denn du, Herr, bist bei mir! Dein Stock und dein Hirtenstab geben mir Trost.“ Ich empfinde hier verschiedene Probleme depressiver Patienten angesprochen: die Nähe des Todes in Form von dunklen Stimmungen bis Todeswünschen, die negative Zukunftserwartung oder -aussicht, die Ängste vor Unglück oder Verschlechterungen des Befindens, das Erleben von allein sein (mich kann man nicht mögen) und die Angst, von den Nächsten fallen gelassen zu werden, nicht zu wissen wohin bzw. wie es weitergeht […]. Psychotherapie auf christlicher Basis kann hier Klienten/Patienten Perspektiven aufzeigen, die abgeleitet sind aus einem biblisch-therapeutischen Verständnis des Menschen, nicht nur des religiös Orientierten. Fußnoten
Kultursensible Psychotherapie versucht, auf die verschiedenen Milieus einzugehen, in denen Menschen leben oder auf die Kulturkreise, aus denen Menschen kommen – in erster Linie bekannt als notwendig bei Menschen mit Migrationshintergrund, auch Spätaussiedlern.
1
2 Engelmayer, Otto (1977), Einführung in die Wertpsychologie. WB, Darmstadt, Seite 130 – 131 3 Matthäus Evangelium 10,16/NGÜ, Genfer Bibelgesellschaft
Siehe dazu K. Grawe mit seiner Konsistenztheorie. In: Grawe, K. (2004) – Neuropsychotherapie. Verlag Hogrefe
4
[…] Und wie lautet dieses Geheimnis? Christus in euch – die Hoffnung auf Gottes Herrlichkeit! (Kol 1,27) 5
6 7
Johannes Evangelium 17,15.16/NGÜ
Eine umfassende Hermeneutik kann hier natürlich nicht geleistet werden, ist für unseren Zusammenhang an dieser Stelle m. E. auch entbehrlich.
Paulus an Timotheus: 2. Tim 3,16.17 – siehe NGÜ, Genfer Bibelgesellschaft 8
9
Apostelgeschichte 8,26 – 40
10
Müller, Peter (1994), Verstehst du auch was du liest? Lesen u. verstehen im Neuen Testament. WB, Darmstadt 11 12
P. Müller, Seite 10ff
Ein höchst interessantes Beispiel aus der Kultursensiblen Psychotherapie habe ich für den islamischen Kulturkreis gelesen: „Einbeziehung der islamischen Religion in die Kognitive Verhaltenstherapie in Malaysia“ – ein Patient mit Ängsten bekam aus den Suren des Koran Texte über den Umgang mit Angst zusammengestelltfokussierte sich dann darauf, was ihn nach seinem Glaubensverständnis am meisten ansprach […] diese Koran Aussagen wurden dann zur kognitiven Neubewertung/ Umstrukturierung seines Angstbezogenen Denkens genutzt. In: Verhaltenstherapie (Z.), Vol. 7, Heft 1, März 1997, Seite 34ff
13 „Perspektiven einer biblisch-therapeutischen Anthropologie“ ist als Grundlagenwerk konzipiert und noch im Aufbau/Ausbau begriffen als ein zusammenhängendes Ganzes: Es soll unsere Spezialisierung einer Psychotherapie auf christlicher Basis um die seelsorgerliche Dimension ergänzen und Handlungsleitlinien bieten für den Umgang mit Patienten, die eine hohe Zentralität ihrer Religiosität aufweisen.
Paulus Brief an die Römer, Kap. 7 & 8 – s. a. Gerd Theißen (1993) – Psychologische Aspekte paulinischer Theologie, V & R Verlag, Göttingen
14
Klein, Constantin et. Al., Religiosität und Spiritualität – Wertsysteme im Kontext therapeutischer Beziehung. In: Hermer, M. & Röhrle, B. (Hrsg.)(2008) – Handbuch der therapeutischen Beziehung. Band 2, Spezieller Teil. Dgvt Verlag, Tübingen. S. 1311 15
Jesus über Nathanael, In: Johannes Evangelium 1, 47 – 48
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Matthäus Evangelium 14, 22 – 33
Rainer Oberbillig ist Diplom-Psychologe, Psychologischer Psychotherapeut, Verhaltenstherapeut (dgvt), Selbsterfahrungsleiter und Supervisor (lpk-BW), Fortbildung in Psychodrama, Christlicher Therapeut (IACP/de’ignis), Leitender Psychologe der de’ignisFachklinik.
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Fachklinik Aktuell
Festliche Einweihung unserer Erweiterung in Egenhausen. Im Magazin 47 haben wir bereits über die Fertigstellung unseres Anbaus an das Haupthaus in Egenhausen berichtet. Mit einem Fest wurde er am 09. Mai 2014 eingeweiht. Gleichzeitig feierten wir das 25-jährige Bestehen der de’ignis-Fachklinik.
Der Geschäftsführer, Claus J. Hartmann, eröffnete die Feier und begrüßte die Gäste. Ein besonderer Willkommensgruß galt den Ehrengästen und Rednern: Dr. Clemens Bold (Geschäftsführer des Verbandes der Krankenanstalten in privater Trägerschaft in Baden-Württemberg e. V.), Frank Buob (Bürgermeister von Egenhausen), Dr. Ulrich Clever (Präsident der Landesärztekammer Baden-Württemberg), Prof. Dr. Gerhard Maier (Landesbischof der evangelischen Landeskirche in Baden-Württemberg a. D.), Hartmut Keller (Geschäftsführer der AOK Nordschwarzwald), Thomas Maria Renz (Weihbischof von Rottenburg-Stuttgart), Helmut Riegger (Landrat des Landkreises Calw), Werner Schmelzle (Leiter des DAKRegionalzentrums Region Stuttgart) und Michael Schlierf (Pianist), der die Feier musikalisch umrahmte. Claus Hartmann erinnerte in seiner Ansprache an die Eröffnung der Klinik im Jahr 1989. Damals hatte die Klinik 33 Betten. In der über 25-jährigen Geschichte erhielt die Klinik keinerlei staatliche Zuschüsse. Mit Kompetenz und Gottvertrauen wurde die Weiterentwicklung trotzdem bis heute vorangetrieben. Mittlerweile ist de’ignis bundesweit bekannt und hat sich im Gesundheitswesen etabliert. Nach wie vor steht nicht Gewinnmaximierung, sondern der Mensch, der bei der
Bewältigung einer psychischen Krise oder Erkrankung Hilfe braucht, im Mittelpunkt der Arbeit. Im Anschluss an die Begrüßung durch den Geschäftsführer folgten verschiedene Grußworte. Die Sorge um Kranke ist ein Grundanliegen aller Kirchen, betonte der katholische Weihbischof Thomas Maria Renz. Die de’ignis-Fachklinik trägt durch das christliche Menschenbild zur Gesundung von Leib und Seele bei. Rathauschef Frank Buob erinnerte an einige technische Herausforderungen, die gemeinsam mit der Klinik in seiner 23 Jahre dauernden Amtszeit als Bürgermeister von Egenhausen bewältigt werden mussten, angefangen vom Bau eines 400 Meter langen Kanals über die Erneuerung einer 700 Meter langen Wasserleitung bis hin zum Verschwenken einer Straße und der Realisierung eines schnellen Internet-Anschlusses. Dass selbst der jetzige Neubau ohne staatliche Fördermittel erbaut worden sei, nötigte Landrat Helmut Riegger „allergrößten Respekt“ ab, zumal die Anforderungen an eine moderne Reha-Einrichtung ständig zunehmen. Als Geschenk stellte er die Lieferung einer fünf Meter langen, hölzernen Sitzbank in Aussicht. 50 Prozent der Kliniken in Baden-Württemberg schreiben nach Information von Dr. Ulrich Clever, Präsident der
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Landesärztekammer Baden-Württemberg, rote Zahlen. Das dürfe aber nicht dazu führen, dass nur noch über Fallpauschalen und Kosteneinsparungen geredet werde und das Wohl der Patienten, wie er es kürzlich in einer Diskussion bei einer Veranstaltung erlebte, kein einziges Mal zur Sprache komme. Für den Geschäftsführer der AOK Nordschwarzwald, Hartmut Keller, ist die Rehabilitation ein „unverzichtbarer Bestandteil“ der Gesundheitsversorgung. Seelische Erkrankungen haben in der Vergangenheit rapide zugenommen. Für Betroffene ist die de’ignis-Fachklinik „oft der rettende Strohhalm“ gewesen. Unter dem Beifall der Festgäste erklärte Keller, dass die gute Zusammenarbeit auch für die erweiterte Einrichtung fortgeführt werden wird. Für Werner Schmelzle, Leiter des DAK-Regionalzentrums Region Stuttgart, ist der Anbau an das Haupthaus die logische Konsequenz einer gravierenden Zunahme von Burnout, Angststörungen, Depressionen und anderen psychischen Leiden. Der Geschäftsführer der Krankenanstalten in privater Trägerschaft in Baden-Württemberg, Dr. Clemens Bold, erklärte, dass es den Einrichtungen, die er vertritt, ebenfalls nicht in erster Linie um den Profit gehe, sondern um das Wohl der Patienten. Aber er ergänzte, dass private Krankenhäuser häufig
wirtschaftlicher arbeiten als kommunale Träger. Als vorletzter Redner bekannte der Chefarzt der de’ignisFachklinik, Dr. Rolf Senst, dass es „nicht nur unser Verdienst ist, sondern göttliche Gnade und Hoffnung“, die Menschen dazu veranlasse, sich dem Mitarbeiterteam der Klinik für eine Behandlung anzuvertrauen. Man dürfe vielfach erleben, wie Patienten nach wenigen Wochen Aufenthalt neuen Mut fassen. Auf „fromme Sprüche“ kann man dabei gut und gerne verzichten, denn „sie zerplatzen wie Seifenblasen“, erwähnte Senst. Zum Abschluss der Festveranstaltung segnete der evangelische Altlandesbischof Prof. Dr. Gerhard Maier die Anwesenden und die de’ignis-Fachklinik mit den neuen Räumen. Musikalisch umrahmt wurde die Einweihungsfeier vom quirligen und einfallsreichen Pianisten Michael Schlierf am Flügel. Das Küchenteam der Klinik versorgte die Gäste mit kulinarischen Delikatessen. Bei Rundgängen in kleinen Gruppen bekamen die rund 300 geladenen Gäste einen Eindruck vom modern gestalteten Anbau der Klinik und schauten sich auch weitere Räume wie z. B. den neu gestalteten Restaurantbereich, den Wellnessbereich und die Außenanlage an. Dabei informierten sie sich interessiert über das umfassende Angebot von de’ignis.
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Fachklinik Aktuell
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Betriebliches Gesundheitsmanagement.
Neue Parkplätze für unsere Gäste.
Gesunde und leistungsfähige Mitarbeiter sind „das Herzstück“ der meisten Unternehmen. Viele Betriebe haben mittlerweile erkannt, dass sie einen wichtigen Beitrag zur Gesundheit ihrer Mitarbeiter leisten können und haben ein Betriebliches Gesundheitsmanagement (BGM) im Unternehmen etabliert. So hat auch die de’ignis-Fachklinik seit einigen Jahren ein gut funktionierendes Betriebliches Gesundheitsmanagement etabliert. Dabei steht den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern eine große Auswahl an diversen Angeboten zur Verfügung. Angefangen von der Nutzung des Wellnessbereichs, der Sporthalle und Fitnessräume über die morgendlichen Andachts-/ Gebetszeiten sowie Zeiten für Gemeinschaft bei Kaffeetrinken, Betriebsausflug oder Weihnachtsfeier bis hin zu flexibler Pausengestaltung, Supervision, Gesundheitsvorträge/-Seminare, Untersuchung/Beratung durch die Betriebsärztin und Arbeitsplatzbeurteilung durch Betriebsärztin und Fachkraft für Arbeitssicherheit, um nur einige unserer Angebote zu erwähnen. Über die Jahre konnten so vielfältige Erfahrungen in diesem Bereich gesammelt und innovative Lösungen für ein umfassendes Betriebliches Gesundheitsmanagement realisiert werden.
Viele Jahre haben wir Parkplätze gegenüber unserer Tagesklinik gepachtet. Nun entsteht dort ein Neubaugebiet, so dass die bisherigen Parkplätze nicht mehr zur Verfügung stehen. Damit unseren Gästen des de’ignis-Gesundheitszentrums weiterhin ausreichend Parkmöglichkeiten zur Verfügung stehen, wurde in direkter Nähe der Tagesklinik, eine Fläche für ausreichend Parkplätze erworben. Diese stehen nun unseren Besuchern exklusiv zur Verfügung und ermöglichen ihnen eine bequeme Anfahrt zum de’ignis-Gesundheitszentrum. Im de’ignis-Gesundheitszentrum werden Maßnahmen zur ambulanten Rehabilitation und Nachsorge (IRENA für die Deutsche Rentenversicherung Bund, ASP für die Deutsche Rentenversicherung Baden-Württemberg) durchgeführt. Außerdem erfolgt dort die Realisierung verschiedener Behandlungskonzepte zur Integrierten Versorgung, für die spezielle Kooperationen mit Kostenträgern bestehen. Darüber hinaus werden die Räumlichkeiten hin und wieder für Seminare und öffentliche Vorträge genutzt.
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Stimmen von Teilnehmern der Fortbildung: „Das Konzept einer „christlich-integrativen Beratung und Therapie“ beeindruckt mich sehr. Ich erhalte und erwarte eine gute Zurüstung für meinen Dienst in Seelsorge und Beratung.“
Fortbildung in „Christlichintegrativer Beratung & Therapie“ CiBT in Egenhausen. Im Mai 2014 begann der neu aufgelegte Fortbildungskurs mit erweitertem Konzept in die Phase I. Mit großer Begeisterung und Motivation startete die Fortbildungsgruppe in diese Runde. Hierzu erhalten Sie nachfolgend erste Eindrücke einiger Teilnehmer:
Zum Aufbau der Fortbildung:
In Phase I (1. Jahr Basic) wird innerhalb von sieben dreitägigen Seminaren grundlegendes Wissen für Berater/Therapeuten vermittelt. Der Schwerpunkt liegt dabei auf Werkzeugen für eine psychologische Beratung. Gleichzeitig dient dieses Jahr der Orientierung, ob eine umfassendere Beratungs-/Therapieausbildung (Phase II) angestrebt werden soll. Ein Abschluss als psychologische/r Berater/in (de’ignis) für seelische Gesundheit ist möglich. Das Ausüben von Heilkunde ist ausgeschlossen. In Phase II (2. Jahr Advanced, 3. Jahr Skills & Tools) werden vertieftes Wissen, praktische Fähigkeiten und Werkzeuge für Berater und Therapeuten vermittelt. Ein Abschluss als psychologische/r Berater/in (de’ignis) für Pastoralpsychologie und psychosoziale Arbeit erfolgt nach Erfüllung aller Zertifizierungsvoraussetzungen. Das Ausüben von Heilkunde ist damit noch ausgeschlossen. Ein Zertifikat zum/zur „Therapeut/ in (de’ignis) für Pastoralpsychologie, Psychotherapie und psychosoziale Arbeit“ kann nach bestandener, selbstorganisierter staatlicher Prüfung zum Heilpraktiker für Psychotherapie vergeben werden. Auf diese Prüfung bereiten wir mit unserer Fortbildung in Theorie und Praxis vor.
„Ich finde die Fortbildung CiBT einfach toll. Neben biblisch fundierter Lehre und sehr kompetenten Referenten die uns über Psychopathologie, Psychosomatik und vieles mehr unterrichten, ist oft auch ein Bezug zum Alltag gegeben. Offenheit und Echtheit erlebe ich sowohl bei den Teilnehmern als auch bei den Referenten. Ich bin überzeugt, dass ich nach dieser Fortbildung nicht mehr die Selbe sein werde wie vorher.“
„CiBT - hier wird der Mensch in seiner Ganzheit betrachtet und in Beziehung zu seinem Schöpfer verstehbar. Eine Ausbildung, die vermittelt, wer und was die Therapie wirklich tragfähig macht und den Therapeuten hält.“
„Die Fortbildung macht Spaß und inspiriert ist praxisorientiert und tiefgehend“
„CiBT ist eine Fortbildung, die mich auch in meiner Persönlichkeit weiterbringt!“
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Fortbildung in Christlich-integrativer Beratung & Therapie Die „Christlich-integrative Beratung & Therapie“ (CiBT) ist eine Integration von Theologie, Pastoralpsychologie, Psychotherapie/Psychiatrie/Psychosomatik und Pädagogik zu einem ganzheitlichen Konzept, das alle Aspekte des Menschseins ausgewogen umfasst. Am Ende des Kurses steht die Befähigung, Beratung, Therapie und Pastoralpsychologie durchführen zu können. Die Durchführung der Fortbildung geschieht in einer offenen Gruppe von ca. 20 Teilnehmern, die in Workshops, Kleingruppen zur Selbsterfahrung und Supervision, sowie praktischen Übungen die Vermittlung von Theorie und Praxis erhalten. Für Interessenten, die eine vergleichbare Ausbildung schon abgeschlossen haben, besteht die Möglichkeit, einzelne Seminare zu buchen.
Die ausführliche Broschüre mit allen Details zur Fortbildung finden Sie als Download auf www.deignis.de
de’ignis -Institut gGmbH Markgrafenweg 17 · 72213 Altensteig · Telefon 07453/94 94 - 0 institut @ deignis.de · www.deignis.de
Alle Termine finden Sie auf deignis.de Foto: Thomas_EyeDesign / istockphoto.com
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Zur Teilnahme an der Fortbildung. Der Kurs steht jedem offen, der mindestens 25 Jahre alt ist über eine abgeschlossene Berufsausbildung verfügt aufgrund seiner Persönlichkeit für eine Tätigkeit als Berater/Therpeut geeignet ist einen praktischen beruflichen Bezug zu den Ausbildungsinhalten der CiBT hat in den Feldern von Beratung, Therapie und psychosozialer Arbeit in Institutionen, Gemeinden oder Ähnlichem tätig ist
Erzieher/in) oder einem akademischen Beruf (Ärztin/Arzt, Psychologe/in, Sozialarbeiter/in, Pastor/in) sind erwünscht. Für Teilnehmer ohne akademische Voraussetzungen ist es erforderlich, dass sie die Begrifflichkeiten der oben genannten Fachgebiete beherrschen bzw. sich diese im Selbststudium aneignen. Neben den Präsenzseminaren ist Eigenstudium anhand einer Literaturliste erforderlich.
Bestimmte berufliche Qualifikationen wie in einem Ausbildungsberuf (z. B. Krankenpfleger/in, Gesundheitsberater/in,
Telefon: +49 (0) 7453 94 94 -385 oder E-Mail: m.prolingheuer@deignis.de
Bei Fragen rund um die Fortbildung berät Sie gerne Maike Prolingheuer, Assistentin der Institutsleitung.
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Wer‘s glaubt, wird glücklich. de’ignis-Fachklinik gGmbH auf christlicher Basis für Psychiatrie, Psychotherapie, Psychosomatik Walddorfer Straße 23 · 72227 Egenhausen · Telefon 07453 9391-0 · info@deignis.de · www.deignis.de
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Abschluss des sechsten Fortbildungskurses in Christlich-integrativer Beratung & Therapie. Wir gratulieren den Teilnehmern des Fortbildungskurs VI – Abschlussseminar am 26. September 2014
Vom 25. bis zum 27. September 2014 fand der Abschluss des sechsten Fortbildungskurses statt. Alle Teilnehmer haben ihr persönliches Beraterprofil vorgestellt. Dabei wurde deutlich, wie viel die Teilnehmer in den drei Jahren gelernt haben und welche Beratungsschwerpunkte der Einzelne bisher entwickelt hat. Für viele war auch die geistliche Entwicklung, die sie in der Zeit durchlaufen haben, von besonderer Bedeutung. Am letzten Tag wurden in einer feierlichen Abschlussveranstaltung die Zertifikate an die Teilnehmer überreicht und diese für ihren weiteren Weg gesegnet. Sowohl Prof. Dr. Rainer Wallerius als Vertreter des wissenschaftlichen Beirats als auch Winfried Hahn und PD Dr. med. Herbert Scheiblich von der Institutsleitung gratulierten den Absolventen und gaben ihnen gute Wünsche mit auf den Weg. Dabei nutzten sie die Gelegenheit, sich bei Dipl.-Psych. Rainer Oberbillig für seine Arbeit zu bedanken. Er hat das de’ignis-Institut bis 2013 geleitet und die Fortbildung ins Leben gerufen sowie über die Jahre weiterentwickelt. An diesem Wochenende ging damit auch sein letzter Fortbildungskurs zu Ende. Der Tag fand mit einem festlichen Büfett und einem fröhlichen bunten Abend seinen Abschluss. Dabei fuhren die TeilnehmerInnen mit einem lachenden ( „Endlich geschafft!“ ) und einem weinenden Auge ( „Wann sehen wir uns wieder?“ ) nach Hause.
Die Teilnehmer des CiBT-Fortbildungskurs VI
Kompetenz. Und Gottvertrauen.
Wir begleiten Sie und Ihr Kind. In eine positive Zukunft. In jeder Familie gibt es Krisenzeiten, besonders während der Pubertät der Kinder. Bei anhaltenden oder gravierenden Krisen kann es für die Überwindung sehr hilfreich sein, fachliche Unterstützung von außen in Anspruch zu nehmen, z. B. unsere Sozialpädagogische Beratungsstelle für Kinder, Jugendliche und Familien. Aktuell bieten wir:
• Ambulante Beratung, insbesondere Erziehungsberatung • Unterstützung von Jugendlichen in ihrem Identitäts findungsprozess und bei ihrer Persönlichkeitsentwicklung • Sozialpädagogisches Handeln in akuten Krisensituationen (z. B. Hausbesuch, Einsatz vor Ort) • Training sozialer Kompetenzen mit Kindern und Jugendlichen • Konzentrations- bzw. Aufmerksamkeitstraining • Begabungsdiagnostik, Unterstützung bei der Lebens- und Berufsplanung • AD(H)S -Konzept für Versicherte der DAK Gesundheit und einiger BKKen (in Kooperation mit Dr. med. Herbert Scheiblich) • Therapie und Elterntraining
de’ignis-Institut gGmbH · www.deignis.de · info@ deignis.de Markgrafenweg 17 · 72213 Altensteig · Telefon +49 (0) 7453 94 94- 0
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Seelsorgeschulung. Kaleidoskop. Teilnehmer unseres Seelsorgekurses in Langenhart berichten Wir sind unterwegs. „Wir nehmen als Ehepaar an den Seelsorgeseminaren mit etwas unterschiedlichen Motivationen teil: Ich mit dem Wunsch, vornehmlich für mich Klarheit über mich selbst zu bekommen; und ich um Menschen in ihrem Unterwegssein kompetenter und auch von Herzen begleiten zu können. Letztendlich habe auch ich sehr viel für mein persönliches Leben bekommen. Wir haben im Laufe der Seelsorgeseminare erfahren, dass über unsere ursprüngliche Motivation hinaus Jesus uns beauftragt, für andere und besonders für Ehepaare offen und zur Seelsorge bereit zu sein und können dies nun mit einem größeren Wissen und mit mehr Gelassenheit tun in dem Wissen, dass Jesus die Menschen sieht und weiß, was sie brauchen. Der Seminarleitung ist es gelungen, seelsorgerliche, psychologische und psychiatrische Hilfestellung so zu vermitteln, dass sie uns hilft, in unserem seelsorgerlichen Dienst den ganzen Menschen zunehmend besser begleiten zu können. Die ehrenamtlichen Mitarbeiter tragen dazu bei, dass sich die Teilnehmer gesehen und wertgeschätzt erleben können. So sind und bleiben wir mit Jesus unterwegs, um zu lernen und den Menschen zu dienen. Nach vielen Schulungen, die wir davor gemacht haben, sind diese Seminare eine sehr wichtige und wertvolle Ergänzung, die wir nicht missen möchten.“
Auszeit pur „Mit der mittlerweile 5. Teilnahme an einem Seminar der Seelsorgereihe sind mir die Wochenenden sehr wichtig geworden! Daher gebe ich organisatorisch mein Bestes, unsere 3 Mädels an den 1,5 Tagen gut versorgt zu wissen, um mit meinem Mann gemeinsam teilnehmen zu können. Vor einem Jahr hätte ich nicht gedacht, dass wir so oft als Paar dort sein können! Dafür bin ich sehr dankbar, auch wenn wir momentan noch nicht wissen, wie lange das finanziell drin ist. Trotzdem möchte ich Mut machen, bei zunächst offensichtlichen Hindernissen organisatorischer, finanzieller oder sonstiger Art Gott bei der Planung ein Wörtchen mitreden zu lassen! Das Eintauchen in die einzelnen Themen ist für mich Auszeit pur! Den humorvollen Ausführungen von Winfried Hahn zu folgen, gespickt mit so vielen Beispielen aus dem Leben tut mir einfach gut und erweitert meinen Lebens-Bewältigungs-Horizont! Dieses Mal haben mich vor allem die Gedanken „Fehler machen und der Umgang damit“ angesprochen. Warum habe ich Angst Fehler zu machen? Warum hadere ich damit, wenn mir Fehler passieren? Warum ist mir immer noch so wichtig,
Schulung für Seelsorge.
Einstieg jederzeit möglich – Neustart im Februar 2015 Zur Begleitung von Menschen mit Lebenskrisen, psychischen Problemen und Krankheiten. Unsere Botschaft von Gnade und Liebe, gepaart mit Glaube und Hoffnung, fundiert mit solidem Fachwissen und dem Ziel einer prozesshaften Entwicklung ist das Fundament aller Seminarinhalte. Diese Seelsorgeschulung umfasst insgesamt 10 Seminare. Eingeladen sind Christen, die einen inneren Ruf zur Seelsorge verspüren, aber auch solche, die sich einfach nur für seelsorgerliche Fragen interessieren. Die Schulung soll zur qualifizierten Begleitung von Menschen mit seelischen Nöten befähigen. Darüber hinaus vermittelt der Kurs Einsichten in die verschiedenen Entwicklungsphasen des menschlichen Lebens und bietet damit die Möglichkeit, sich selbst besser verstehen und kennen zu lernen. Der Kurseinstieg ist jederzeit möglich, weil die verschiedenen Lehreinheiten regelmäßig in weiteren Zyklen in Süddeutschland wiederholt werden.
Seminar 1 · 6. – 7. Februar 2015 Biblische Perspektiven für seelsorgerliches Handeln, Definition psychischer Erkrankungen, Transaktionsanalyse Seminar 2 · 24. – 25. April 2015 Methodische, inhaltliche und juristische Rahmenbedingungen seelsorgerlicher Gesprächsführung Seminar 3 · 17. – 18. Juli 2015 Psychopathologie – Psychische Krankheitsbilder einordnen und verstehen lernen Veranstaltungsort: Tabor Schulungszentrum für Seelsorge, Beratung und neutestamentliche Dienste Sigmaringer Straße 64 · 72474 Winterlingen
de’ignis-Wohnheim gGmbH – Haus Tabor zur außerklinischen, psychiatrischen Betreuung Telefon +49 (0) 7575 92 507- 0 seelsorgekurs@ deignis.de · www.deignis.de
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was Andere über mich denken, gerade wenn Fehler passieren oder passieren könnten? Mir ist in diesem Seminar wieder ein Stück mehr bewusst geworden, wie schwer es mir immer noch fällt, mich in die Abhängigkeit Gottes zu begeben und etwas zu wagen! Gleichzeitig würde ich gerne im Glauben wachsen! Irgendwie passt hier was nicht! Doch muss ich zu meiner Verteidigung anmerken, dass ich in der Zwischenzeit gestärkt durch das Seminar mutig und zuversichtlich zwei mir unliebsame Dinge in Angriff genommen und mit Gottes Hilfe sehr gut gemeistert habe! Einfach genial! Ich habe natürlich noch einige weitere Impulse mitgenommen! Das Seminar hat mir zum Thema „Gabenorientierung“ sowie der „verschiedenen Persönlichkeitstypen“ noch mal einen ganz neuen Blickwinkel eröffnet!“
Seelsorge mit allen Sinnen erleben. 23. – 25. Januar auf der Nordalb
Warum ist es nicht leicht, Gottes Willen zu tun „Wenn ich an das Seminar zurückdenke, spüre ich noch die Wertschätzung jedes Einzelnen! Die Sprache, mit welcher uns Winfried Hahn vermittelt hat, wie Gott uns Menschen sieht, hat mich total angesprochen! Die Einheit, warum es nicht leicht ist, Gottes Willen zu tun, war für mich ein richtiges Aha-Erlebnis und super hilfreich! Weitere Punkte wie: • wir Eltern sollen/müssen um unsere Kinder kämpfen – sie sind es wert, • du darfst Dein Geheimnis bewahren – du bist es wert, • die Aussage von Ute Horn, dass sie es liebt, mit Jugendlichen zu diskutieren • sie sind genial und sind bei mir tief gefallen! Mit welcher Klarheit Ute Horn das Thema Jugend und Sexualität darstellt ist beeindruckend und hat mir sehr geholfen, meinen Standpunkt dazu zu finden. Ganz aktuell konnte ich gestern beim Gespräch mit meiner 11-jährigen Tochter davon profitieren! Dieses Seminar ist allen Teenie-Eltern sehr zu empfehlen – ich hätte gerne meine Freundin dabei gehabt, deren Tochter gerade den ersten Freund hat!“
Alle Verfasser dieser Berichte sind der Redaktion bekannt.
Identität – Der ICH BIN sagt mir wer ich bin! Welches Ziel streben wir an? Zu erleben was es heißt, „... dass ich für GOTT so wertvoll bin, dass ER mir ganz persönlich begegnen möchte und mir hilft, zu meiner gottgegebenen Identität zu fi nden und zu stehen“. Was ist „Seelsorge mit allen Sinnen erleben“? In diesem Seminar werden alle Sinne angesprochen. Wie geschieht dies? Durch Musik, Text, Foto-Impressionen … wird der Symbolgehalt des Wortes Gottes „erfahrbar“ gemacht. Was machen wir? Gespräch, Austausch in der Gruppe, Einsatz neuer kreativer Methoden (Musik, Text, Foto-Impressionen, Symbolgehalt des Wortes Gottes), Lobpreis, Hören auf Gott, Gebet und manches mehr. Warum machen wir das? Durch ressourcenorientierte, begleitende Seelsorge sollen die Teilnehmer gestärkt und ermutigt werden, um im Alltag weiterhin oder wieder zu bestehen.
Seminarleitung: Dagmar Göhring und Alexandra Pfeifer mit Team Veranstaltungsort: Kirche im Aufbruch e.V. Nordalb 1 · 73326 Deggingen
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Wohnheim Aktuell
Volle Belegung. Motivierte Mitarbeiter. Große Herausforderungen. Dankbar sind wir, dass das de’ignis-Wohnheim weiterhin seine segenreiche Arbeit erfolgreich fortsetzen konnte.
Viele Menschen mit psychischen Problemen und Glaubenskrisen finden hier hilfreiche Begleitung auf ihrem oft nicht einfachen Lebensweg durch qualifizierte therapeutisch-pädagogische Angebote, durch medizinische und psychiatrische Versorgung und nicht zuletzt durch menschliche Nähe und würdevolle Begleitung. Dabei spielt bei den meisten Bewohnern, aber auch bei uns Mitarbeitern ein engagierter persönlicher Glaube eine wichtige Rolle. Vor allem geht es darum, den Glauben und die Beziehung zu Gott als eine wertvolle Ressource zu entdecken. Das bedeutet, in der persönlichen liebevollen Beziehung zu Jesus als Freund, ist es möglich inneren Halt und Geborgenheit zu erleben. Auch eine vertrauensvolle
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Beziehung zu Gott als liebevollem Vater kann helfen, schmerzhafte familiäre Nöte aus der Vergangenheit aufzuarbeiten und im Sinne einer Nachbeelterung geschützt und durch haltgebende Beziehungen nachzureifen. Dies ist ein Prozeß, der bei jedem Heimbewohner anders aussieht. Das macht unsere Arbeit so spannend, aber auch herausfordernd! Dankbar sind wir für unser engagiertes Mitarbeiterteam, das in jedem Bereich vollen Einsatz zeigt. Ohne die Bereitschaft zum Engagement, das mehr beinhaltet als nur seine Arbeit zu verrichten, wäre es nicht möglich, über viele Jahre hinweg sich so individuell um jeden einzelnen zu bemühen. Das Konzept bezüglich unseres Wohntrainingsprogramms im Neubau, verbunden mit den verschiedenen Angeboten des Hauses, zeigt immer wieder erstaunliche Früchte, unter anderem bieten wir folgende Bereiche an: Arbeitstrainings (IT-Training, Holzwerkstatt, Wäsche, Raumpflege, etc.), Großgruppen, Kleingruppen, Einzelgespräche (pädagogischtherapeutische Begleitung, Psychotherapie bei Bedarf ), Ergotherapie, Reittherapie, Sozialtherapie, freizeitpädagogische Aktivitäten, etc. Dankbar sind wir, dass wir durch all dies hindurch, immer wieder das Wirken Gottes spürbar erleben dürfen. Allerdings stehen wir vor neuen großen Herausforderungen, Die Landesheimbewohnerordnung von Baden-Württemberg schreibt vor, dass wir bis 2019 jedem Bewohner ein Einzelzimmer mit Nasszelle barrierefrei zur Verfügung stellen müssen. Das stellt uns vor sehr große bauliche Herausforderungen, die wir ohne unseren engagierten Freundeskreis nicht bewältigen können. Die Planungen für einen weiteren Anbau befinden sich in vollem Gange. Deshalb haben wir ja unsere Aktion: Bausteine für das de’ignis-Wohnheim ins Leben gerufen!
Spendenkonto:
de’ignis-Wohnheim Sparkasse Pfullendorf-Messkirch Konto-Nr. 105 338, BLZ 690 516 20 IBAN: DE46 6905 1620 0000 1053 38 BIC: SOLADES1PFD
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Wohnheim Aktuell
Ambulante Therapie und Beratungsstellen (de’ignis) de’ignis-Gesundheitszentrum Sommerstraße 1, 72227 Egenhausen Telefon 07453 9391-0, info@deignis.de de’ignis-Wohnheim Fred-Hahn-Straße 32, 72514 Engelswies Telefon 07575 92507-0, wohnheim@deignis.de de’ignis-Institut, Beratungsstelle Lerchenstraße 40, 72213 Altensteig Telefon 07453 9494 -0, institut@deignis.de Gillian Flügel, Beratungsstelle Am Bauschbergle 45, 72108 Rottenburg Telefon 07472 7833, gillfluegel@hotmail.de
Stein für Stein. Unterstützen. Für gesetzlich vorgeschriebene Erweiterungen und Neubauten am de’ignis-Wohnheim – Haus Tabor in Engelswies benötigen wir in den nächsten Jahren eine gewaltige Investitionssumme. Diese Summe wird in 50.000 „Bausteine“ zu je 20 Euro aufgeteilt: Ich möchte Baustein(e) zu 20,- Euro pro Bausteinspenden und überweise den Gesamtbetrag von Euro auf das unten folgende Konto.
So können Sie ganz praktisch Teil des neuen de’ignis-Wohnheim – Haus Tabor werden und dazu beitragen, dass wir auch weiterhin den Menschen dort Hilfe anbieten können, wo sie gebraucht wird. Als Spender erhalten Sie zudem ein Zertifikat über Ihre gespendeten „Bausteine“ sowie eine entsprechende Spendenbescheinigung.
Spendenkonto:
de’ignis-Wohnheim – Haus Tabor Sparkasse Pfullendorf-Messkirch Konto-Nr. 105 338, BLZ 690 516 20 IBAN: DE46 6905 1620 0000 1053 38 BIC: SOLADES1PFD
Magdalene Schnabel, Beratungsstelle Max-Liebermann-Straße 9, 73257 Köngen/N. Telefon 07024 8689169, info@jahwe-rapha.de Dorothea Reuther, Beratungsstelle Dillweißensteiner Straße 9, 75180 Pforzheim Telefon 07231 784088-0, dorothea.reuther@gmx.net Dagmar Göhring Ulmenweg 22, 88605 Meßkirch-Langenhart Telefon 07570 951967, dabegoe@t-online.de Erika Gesper, Beratungsstelle Alte Jakobstraße 75, 10179 Berlin Telefon 030 27591782, e.gesper@googlemail.com Katrin Lehmann & Annette Kuhn, Beratungsstelle Großenhainer Straße 137, 01129 Dresden Telefon 0351 84387-77, kathrin.lehmann@deignis-dresden.de Dr. med. Martina Dickhaut, Beratungsstelle Flamweg 89, 25335 Elmshorn Telefon 0175 6552413, martinadickhaut@gmx.de
Foto: plrang / thinkstockphotos.de
Polen Aktuell
Neue Begegnungen. In Polen.
Spendenkonto:
Christliche Stiftung de’ignis-Polen Sparkasse Pforzheim Konto 7 260 512 · BLZ 666 500 85 IBAN: DE83 6665 0085 0007 2605 12 BIC: PZHSDE66XXX
Gute und wertvolle Zusammenarbeit über Konfessions- und Ländergrenzen hinweg. Ein Reisebericht von Winfried Hahn.
Gerade komme ich zurück von Polen. Ich bin noch ganz erfüllt von den guten und ermutigenden Begegnungen mit unseren polnischen Freunden und Pastoren. Da war das Abendessen mit unserem wissenschaftlichen Beirat Professor Jaworski von der Universität Warschau in einem gemütlichen Restaurant in der Altstadt. Tiefe, herzliche, persönliche Begegnung. Austausch über geistliche Entwicklungen und Strömungen in den unterschiedlichen Konfessionen und Ländern. Welche Veränderungen finden in den gesellschaftlichen Rahmenbedingungen unserer Länder statt. Wir sprechen über die theologischen Grundlagen der de’ignis Arbeit. Problemlose Verständigung über die Grenzen von Ländern und Konfessionen hinweg – er ist katholischer Priester, leitete über viele Jahre ein Priesterseminar, jetzt ist er Professor für Religionspsychologie, aber unsere Mitte ist der lebendige Glaube an Christus. Das verbindet uns mehr als alles andere! Dann die Begegnung mit Pastor Andrzej Nedzusiak, Leiter einer freikirchlichen
Gemeinde in Warschau und Vorsitzender eines Netzwerkes mit ca. 60 Gemeinden im ganzen Land. Mitglied im Stiftungsrat von de’ignis-Polen. Wir beraten über die weiteren Ziele und die Entwicklung von der de’ignis-Stiftung. Aber auch der persönliche Austausch ist sehr tief. Dann das Treffen mit dem Herausgeber unserer Zeitschrift „Unter4Augen“. Im Gespräch sagt er mir: Seit wir deine Seminare besucht haben, haben wir ein völlig anderes Bild von den „Deutschen“ bekommen. Ähnliches hören wir von vielen. Also nebenbei noch ein kleiner Beitrag zur Völkerverständigung. Dann die Konferenz mit Ute Horn (auch in Deutschland bekannt durch Vorträge, Predigten, Seminare und viele Bücher). Erst Erwachsene (Eltern, Pädagogen und Pastoren), am Abend viele Jugendliche. Auch das hinterlässt Spuren im Leben vieler. Am Rande eine Begegnung mit Grzegorz Baczewski, Pastor, Leiter eines ambulanten Therapiezentrums in Warschau. Austausch über Perspektiven, Kooperation, gemeinsame Ziele. Letzte Woche ebenfalls in Polen: Start unseres neuen Seelsorgekurses. Voller Saal, super organisiert von unserer Mitarbeiterin Agnieszka Matejek.
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Bei Unzustellbarkeit oder Mängeln in der Anschrift senden Sie bitte eine Benachrichtigungskarte an diese Adresse: de’ignis-Institut gGmbH Markgrafenweg 17 · 72213 Altensteig
de’ignis-Fachklinik Fachklinik auf christlicher Basis für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik: • stationäre medizinische Vorsorge- und Rehabilitationsmaßnahmen • ambulante/teilstationäre Rehabilitation und Behandlungen • Sanatoriumsbehandlung • Nachsorge IRENA und ASP • Angebote zur gesundheitlichen Prävention und Vorsorge • Assessment-Center
de’ignis-Wohnheim Sozialtherapeutisches Wohnheim nach biblischen Grundsätzen mit Einzel- und Gruppenangeboten: • Gesprächstherapie • Sozialtraining • Seelsorgeschulung • Arbeitstraining (z. B. im eigenen Verlag) • Freizeitpädagogik • individuelle Betreuung
de’ignis-Institut Institut für Psychotherapie und christlichen Glauben: • Fortbildung in Christlich-integrativer Beratung & Therapie • Vernetzung von Fachleuten • Supervision (ambulant) • Beratungsstellen (ambulant) • Sozialpädagogische Kinderund Jugendambulanz • Weitere Angebote zur Prävention
de’ignis-Polen Christliche Stiftung mit Einzel- und Gruppenangeboten: • Schulungen • Freizeitpädagogik • Geplante ambulante und
stationäre Therapieangebote
www.deignis.de