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Kriegssteigen

EIN FRIEDENSWEG AUF EHEMALIGEN KRIEGSSTEIGEN

Mit dem Eintritt Italiens in den Ersten Weltkrieg im Mai 1915 auf Seite der Entente wurden die Dolomiten und der Karnische Kamm zur Frontlinie: Zweieinhalb Jahre kämpften hier die italienischen Alpinitruppen gegen die österreichischen k.u.k. Kaiserjäger und das Deutsche Alpenkorps. Tonnenweise Nahrungsmittel, Feuerholz, Kanonen und Munition wurden dafür ins Hochgebirge geschafft. Die Soldaten entschärften schwieriges alpines Gelände indem sie Felsbänder verbreiterten, Leitern anbrachten und Felspassagen mit Seilen versicherten. So entstanden in den Dolomiten die ersten Vorläufer der heutigen Klettersteige. Diese führten zum einen auf damals strategisch wichtige Berge (wie etwa den Paternkofel) und stellten zum anderen wichtige Verbindungswege dar (z.B. Alpinisteig). Zwischen 150.000 und 180.000 Menschen sollen an der Alpenfront ihr Leben verloren haben. Kälteeinbrüche, Blitzeinschläge, Lawinen und Steinschlag forderten das Leben ebenso vieler junger Soldaten wie die Kämpfe selbst. Nach Kriegsende bekam Italien 1919 im Vertrag von Saint-Germain Südtirol, die österreichischen Teile des Trentino und des Veneto zugesprochen. Durch den einsetzenden Faschismus und Nationalsozialismus und der daraus resultierenden systematischen Italienisierung Südtirols kam es vor allem dort und entlang der Staatsgrenzen zu großen Spannungen zwischen den Bevölkerungs- und Sprachgruppen. Im beginnenden 2. Weltkrieg wurde Österreich 1938 an das Deutsche Reich angeschlossen. Als Reaktion darauf ließ Italien entlang der neuen Grenze zu Deutschland den so genannten „Alpenwall“ errichten: Einige Befestigungsanlagen am Kreuzbergpass und am Karnischen Kamm stammen aus dieser Zeit. Während des 2. Weltkrieges kam es dort allerdings zu vergleichsweise wenigen Kampfhandlungen. Mit dem einsetzenden Tourismus wurden viele der historisch angelegten Steige und Wege saniert, wodurch ein zusammenhängendes Wegenetz und attraktive Klettersteige entstanden sind. 100 Jahre nach Ende des Ersten Weltkrieges steht nun die Freundschaft und das Verbindende der drei Provinzen Südtirol, Belluno und Osttirol im Vordergrund. Das Projekt Dolomiti senza confini zeigt uns, dass beim Wandern und Klettern inzwischen Länder- und Regionsgrenzen keine Rolle mehr spielen.

Relikte des Krieges vor den Drei Zinnen (© Manfred Kostner)

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