Links: In der „Kazerne“, ein früheres Industriegebäude, bietet nicht nur leckere Küche, sondern abwechselnde Ausstellungen vor allem junger Künstler – rechts oben: Das Restaurant „Radio Royaal“ befindet sich in einer früheren Philipsfabrik – rechts unten: Showroom in der Fabrik des Designers Piet Hein Eek. Merel
Die etwas unterschätzte Ideenschmiede
Heiko BuschmannEindhoven Der Tisch sieht schön aus, außergewöhnlich, ein echter Hingucker!Einbisschenzugroßfür unsere Küche zu Hause, aber ein schickesTeil.Erkostet14.248Euro.
Na gut, dann doch nicht...
Was hier die Besucherinnen und Besucher ins etwas ehrfürchtige Staunen und Bewundern versetzt, ist ein Exponat aus dem Hause Piet Hein Eek. Ausgestellt war es während der Dutch Design Week, die vom 22. bis zum 30. Oktober über
350.000 Gäste nach Eindhoven gelockt hat. Was die Kreativen in der manchmal unterschätzten Stadt in Nordbrabant alles zu bieten haben, istabernatürlichauchnachBeendigung des zweitgrößten Designevents in Nordeuropa – hinter Mailand – in Läden, Werkstätten oder auf anderen Flächen zu sehen.
Ein Leben nach Philips
Zum Beispiel auf einem Fabrikgelände etwa einen Kilometer außerhalb von Strijp-S. Das Viertel gehörte früher – wie fast alles in Eindhoven–zumKomplexvonPhilips.Der
Elektronikkonzern prägte ein volles Jahrhundert lang das Bild der Stadt. Von der Gründung 1891 und zunächst mit der Herstellung von Glühlampen, legte das Unternehmen einen sagenhaften Aufstieg zu einem Weltkonzern hin. Als Philips in den 1990ern seinen Stammsitz verließunddenStandortnachAms-
terdam verlegte, setzte in Eindhoven nur kurz eine Depression ein. Das ist umso bemerkenswerter, das fast zeitgleich der zweitgrößte Arbeitgeber vor Ort, der Lkw-Produzent DAF, Konkurs anmelden musste und so innerhalb weniger Jahre tausende Menschen ihre Jobs verloren.
vomörtlichenTourismusbüroEindhoven 365. „Von dort gab es aber eineAbsage,alsohatmansichnach Brüssel gewandt und der EU ein Konzept zur Stadterneuerung geschickt. Das kam dort gut an, Eindhoven wurde beim Wandel aus Brüssel stark unterstützt“, erinnert sich der Citymanager.
Vor allem den visionären Stadtplanern ist es zu verdanken, dass Eindhoven wieder strahlt. QuartierewiedasStrijp-SsindderbesteBeweis dafür, wie der Wandel von einer Industriekultur hin zur Moderne gelingen kann. Längst sind in die ehemaligen Philips-Produktionshallen innovative Menschen eingezogen, die Möbel, Kunst, Klamotten, Platten, Lampen und mehr verkaufen – oder in beeindruckenden Kulissen Essen und Getränke anbieten. „Zunächst fragte die Stadtverwaltung bei unserer Regierung in Den Haag nach Fördergeldern“, berichtet Erik van Gerwen
Dass Eindhoven viel Potenzial hat, obwohl die Stadt wenig vom Charme der alten Niederlande hat und auch als „Rotterdam des Südens“ bezeichnet wird, war den Leuten in Brüssel wohl klarer als denen in Den Haag. Kein Wunder, geografisch fühlen sich die Eindhovener der Hauptstadt Belgiens und eben Sitz der EU näher als der eigenen Regierung in Den Haag.
Möbel aus Holzresten ZurückzuPietHeinEek.Derheute 55-Jährige ist wichtig, um Eindhoven als Metropole des Dutch Design zu erklären. Bereits kurz nach
Ende des Zweiten Weltkriegs, im Jahr 1947, wurde in Eindhoven die Dutch Design Academy gegründet, damals noch unter dem Namen „Akademie für Industriedesign Eindhoven“. 1997 zog die Einrichtung ins Fabrikgebäude „De Witte Dame“ um, da hatte Piet Hein Eek seinen Abschluss schon in der Tasche. „Er zog in den 80ern von Purmerend bei Amsterdam nach Eindhoven,umhierDesignzustudieren. 1990 hat er seinen Abschluss mit einem Schrank aus Altholz gemacht“, erzählt Erik van Gerwen. Arbeiten mit einfachen, natürlichen Materialien: Lange bevor Upcycling zum Trend wurde, setzte Piet Hein Eek Maßstäbe in Sachen Gestaltung. 1992 eröffnete er seinen erste eigene Werkstatt in Geldrop nur ein Stück außerhalb Eindhovens.2010zogerineineehemalige Philips-Fabrik um. Hier, am Beeldbuisring, ist inzwischen ein kleines Imperium entstanden. Rund um die Werkstatt als zentrales Element des Komplexes gibt es inzwischen einen Shop, eine Kunstgalerie, eine Event-Halle, ein Restaurant, eine Bar, eine Frittenbude und seit kurzem auch ein Hotel.
Eindhoven ist die Hauptstadt des Dutch Design. Piet Hein Eek hat hier schon in den 90ern Trends gesetzt hierstehtsie!FüreineRundeRundlauf ist sie zwar nicht so gut geeignet, denn sie ist aus Aluminium, aber das Stück macht optisch richtig etwas her. Genau so wie der KickerausgebürstetemStahl.Andem sind zwar bierselige Turniere wie in der Kneipe nicht wirklich möglich, aber es ist was fürs Auge – und kostet die Kleinigkeit von 9.664 Euro. Design, mal groß und mal klein Es geht auch günstiger, schließlich hat sogar Designgröße Piet Hein Eek schon mit IKEA zusammengearbeitet. Auch im Designmekka Eindhoven muss es nicht vier- oder fünfstellig sein. Dafür genügt ein Streifzug durchs Strijp, das ikonische „Klokgebouw“ mit der berühmten Philipsuhr im Blick. Wer gar nichts kaufen, sondern nur gucken möchte, wird ebenfalls an vielen Ecken fündig. Bekannt über Eindhoven hinaus sind neben den prägenden Philipsgebäuden das Kaufhaus De Bijenkorf, das der italienische Stararchitekt Gio Ponti in den 60ern entwarf, und der futuristische „Blob“ gleich nebenan. Gestalterische Kreativität spielt sich in Eindhoven aber auch oft im kleinen Rahmen ab: nämlich bei den vielen Graffiti-Kunstwerken, die in der Stadt zu finden sind: sehenswert!
Im Showroom sind nicht nur die ikonischen Werke des Meisters zu sehen – Möbelstücke wie Tische, Sideboards oder andere Schränke aus Holzresten –, sondern auch faszinierende Werke anderer Designer. Wer zu Hause Platz für eine Tischtennisplatte hat: Bitte schön,
Die Reise nach Eindhoven wurde vom Niederländischen Büro für Tourismus und Convention (NBTC) unterstützt.
Moderne Kunst
Was auch anderes als moderne Kunst sollte im bedeutendsten Museum der Designstadt Eindhoven die Hauptrolle spielen? Der Zigarrenfabrikant Henri van Abbe war es, der vor mehr als einem Jahrhundert seine private Sammlung an die Stadt verkaufte – unter der Bedingung, die Bilder in einem Museum auszustellen. Die Taufe des Van-Abbe-Museums
Infos: vanabbemuseum.nl
Tuk/heiko buschmann Links: In Eindhovens City sind etliche Tunnel allein für Radler gebaut worden, damit diese nicht über die gefährliche Straße fahren müssen. Superhelden begleiten die Fietser auf ihrem Weg – rechts: Im Van-Abbe-Museum huldigt man dem großen Piet Mondrian. heiko buschmann Schön, aber nicht ganz günstig: Ikonische Lampen und Möbel. Hb