AUSTRIA INNOVATIV 04/2011

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DAS ÖSTERREICHISCHE MAGAZIN FÜR FORSCHUNG UND TECHNOLOGIE 4/2011

Erscheinungsort Wien

Technologiegespräche:

Darüber spricht man in Alpbach

Verlagspostamt 1110 Wien

P.b.b.

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Foto: Forum Alpbach

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elche Funktion hat das Editorial? Ist es eine Plattform fĂźr die Gedanken des Chefredakteurs? Soll es als Fahrplan durch den Heftinhalt dienen? Oder eher aktuelle Themen griffig kommentieren? Was meinen Sie?

í˘˛í˘ł Foto: Petra Spiola

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Foto: sxc_hu

Foto: Kathrin39 - Fotolia.com

Editorial

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Inhalt í˘şí˘´

Forschungsnews

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Aus aller Welt

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Hochschulplan: Wann er kommt, was er bringt

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Traumjob Wissenschaft?

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FÜrderung erneuerbarer Energieträger rechnet sich

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„Konzept ‘one medicine – one health’ ist uns sehr wichtig“

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SchlĂźsseltechnologie fĂźr kĂźnftige Verkehrssysteme

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Forschung braucht Infrastruktur!

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DarĂźber spricht man in Alpbach

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Regionale Impulszentren als Säule der Innovationslandschaft

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Interview mit ACR-Geschäftsfßhrer Johann Jäger

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Korridore voller Leben

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Neue Geldquelle fĂźr die klinische Forschung

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Aufschwung stärken, Strukturwandel vorantreiben

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40 Millionen Euro fĂźr Unis freigegeben

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Wissenschaftsbericht der Stadt Wien 2010 erschienen

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Gleiche Spielregeln fĂźr Unis und FHs

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Wo Forschung Arbeitsunfälle lindern hilft

Das Editorial ist vor allem eins: die MĂśglichkeit der Redaktion, mit der Leserin/dem Leser Kontakt aufzunehmen und ihn auch direkt anzusprechen. Medientheoretisch heiĂ&#x;t das, die „Leser-Blatt-Bindung“ zu erhĂśhen. Christian Klobucsar Doch was ist diese immer wieder gern zitierte „Leser-Blatt-Bindung“ eigentlich? Das Wirtschaftslexikon Gabler sagt dazu: „Es ist das MaĂ&#x; fĂźr die Stärke der (auch emotionalen) Verbundenheit eines Lesers zu einer periodischen Druckschrift“. Wie diese aber nachhaltig erreicht werden kann, darĂźber gibt es verschiedene Modelle. Unser Ansatz ist jedenfalls, dass wir jene Themen im Magazin behandeln, von denen wir aus Ihren RĂźckmeldungen wissen, dass darĂźber vertiefende Hintergrundinfos fehlen. Und diese RĂźckschlĂźsse ziehen wir sowohl Ăźber Leserbriefe/Leser-E-Mails – vielen Dank an dieser Stelle dafĂźr –, als auch aus der Statistik unserer Artikelaufrufe im Internet. Die „Leser-Blatt-Bindung“ entsteht aber unserer Ansicht nach auch aus der Akzeptanz der Inhalte aufgrund der ErfĂźllung der individuell gestellten QualitätsansprĂźche. Erst dann, wenn ein/e RezipientIn das Medium regelmäĂ&#x;ig zur Hand nimmt, um ihre/seine Erlebniswelt zu ĂźberprĂźfen und zu erweitern, erhält das Magazin jenen Stellenwert, den alle Publikationen anstreben: nämlich ein klares „Ja“ auf die Frage, die bei klassischen LeserInnenbefragungen stets an erster Stelle steht: „WĂźrde Ihnen das Magazin fehlen, wenn es nicht mehr am Markt wäre?“ Dieser Frage wollen wir uns im Ăœbrigen schonungslos im Herbst stellen. Nachdem unsere letzte LeserInnenbefragung schon einige Jahre zurĂźckliegt, ist es wieder einmal an der Zeit dafĂźr. Wir hoffen dabei wieder auf Ihre Mithilfe. So, wie Sie uns seit mittlerweile mehr als zwanzig Jahren bei der Umsetzung jeder einzelnen Ausgabe unterstĂźtzen. Weil AUSTRIA INNOVATIV in erster Linie Ihre Plattform fĂźr die Welt der Forschung ist. Von Ihnen kommen die Ideen fĂźr die Beiträge, Sie sind es, die uns Antworten auf jene Fragen geben, die uns erst in die Lage versetzen, entsprechende Beiträge zu formulieren. Wir haben Ăźbrigens die vorliegende Ausgabe unter diesem Gesichtspunkt analysiert: Es sind diesmal wieder mehr als 60 Kommentare, Zitate, Meinungen und Interviews, die wir im Magazin miteinander verknĂźpft haben. Sagen Sie uns Ihre Meinung. Gerne auch ins Gesicht! Beispielsweise im Rahmen der Technologiegespräche, von 25. bis 27. August in Alpbach, wo wir – wie jedes Jahr – mit einem Stand vertreten sein werden, um uns Ihren Fragen, Anregungen und Beschwerden zu stellen. Ich freue mich auf Ihr Feedback!

Impressum: MEDIENINHABER UND VERLEGER: Bohmann Druck und Verlag GesmbH & Co.KG. > A-1110 Wien, LeberstraĂ&#x;e 122 > Telefon: +43-1/740 95-0 > Fax: +43-1/740 95-430 > E-Mail: austria-innovativ.zv@bohmann.at > DVR: 0408689 > GESCHĂ„FTSFĂœHRUNG: Dr. Gabriele Ambros – Gerhard Milletich > Herausgeber: KR Dr. Rudolf Bohmann > Chefredakteur: Christian Klobucsar – DW 435 > AutorInnen dieser Ausgabe: Dr. Silvia Anner, Mag. Raimund Lang, Univ.-Prof. Dr. Hubert Christian Ehalt > Verlagsleitung: Mag. Patrick Lenhart > Anzeigenleitung: Milan Galia – DW 553 > Produktion: Regina Eberharter, Markus FrĂźhwirth > Druck: Leykam Druck Ges.m.b.H. & Co KG, 8057 Graz > Titelfoto: iStock > Erscheinungsweise: 6-mal jährlich > Abonnementpreis: 47,90 Euro > Das Abonnement ist spätestens 30 Tage vor Bezugsjahresende schriftlich kĂźndbar > Mit Promotion gekennzeichnete Beiträge sind bezahlte Einschaltungen. > Alle Rechte, auch die Ăœbernahme von Beiträgen nach § 44 Abs. 1 und 2 Urheberrechtsgesetz, sind vorbehalten. Aus GrĂźnden der besseren Lesbarkeit wurden bei Personen nicht durchgängig die männliche und die weibliche Form angefĂźhrt. Gemeint sind selbstverständlich immer beide Geschlechter.


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í˘şí˘´ NEED2KNOW

Das Austrian Innovation Forum 2011, das am 13. Oktober am IST Austria in Gugging bei Klosterneuburg stattfinden wird, bietet zum Thema Innovation internationale Keynotes, geballtes Know-how und Best Practices in interaktiven Praxisforen und Diskussionen. Am AIF 2011 nehmen 200 Personen aus der Wirtschaft, vor allem GeschäftsfuĚˆ hrerInnen, UnternehmerInnen und LeiterInnen Innovation, teil. Dazu kommen Experten aus Forschung, Wissenschaft und Politik. Ein Schwerpunkthema des Tages: Smart Future, Smart City. Dazu spricht Prof. Carlo Ratti, Direktor des Senseable City Labs am MIT. Mit am Podium: Christa R. Bleyleben von MassGlobal Partners. Weitere Highlights bieten die Vorträge „Value Innovation @ Telenor“ mit Kjell Reenskaug, Experience Design Director der international erfolgreichen Designagentur Bleed, Norwegen. Ăœber „Crowd Sourcing in der Praxis“ spricht Caroline V. Rudzinski, Zukuftsforschung und Trendtransfer bei der Volkswagen AG. Zum Thema „Open Innovation“ diskutieren am Podium unter anderem Peter Gloor, Bestsellerautor und Wissenschaftler an der Sloan School of Management und Peter Schwab, Leiter F&E voestalpine AG. Nähere Infos: http://austrian-innovation-forum.at

Foto: Kinderbßro der Universität Wien/Lisa Gastager

Austrian Innovation Forum 2011

Das war die KinderuniWien 2011 So groĂ&#x; war der Andrang noch nie: 4.422 Kinder haben in diesem Jahr an der KinderuniWien teilgenommen. Ă–sterreichs jĂźngste Studierende haben in den HĂśrsälen getĂźftelt, geforscht und mit ihren Fragen die WissenschaftlerInnen der vier beteiligten Universitäten auch ab und zu ganz schĂśn ins Schwitzen gebracht. Gemeinsam mit der Universität Wien, der Technischen Universität Wien, der Medizinischen Universität Wien und der Universität fĂźr Bodenkultur Wien hat das KinderbĂźro der Universität Wien ein vielfältiges Programm aus 455 Lehrveranstaltungen zusammengestellt. So konnten 500 WissenschaftlerInnen aus 35 Fachbereichen in 118 Vorlesungen, 99 Seminaren und 238 Workshops ihr Wissen mit Kindern im Alter von sieben bis zwĂślf Jahren teilen. In diesem Jahr wurde die KinderuniWien auch

von internationalen Gästen besucht, die das umfangreiche Lehrangebot noch durch zusätzliche Highlights – in unterschiedlichen Sprachen – bereicherten. So wurde mit kolumbianischen WissenschaftlerInnen auf Spanisch und Deutsch gezeigt, wie Kinder in Kolumbien spielen, lernen und leben. „Your brain is a computer made of meat“ lautete der Titel einer Lehrveranstaltung mit dem Pro-Vice-Chancellor der University of Liverpool, und mit einem Team der Staatlichen Universität Moskau wurde auf Russisch und Deutsch KinderuniWien-Studierenden russisches Kunsthandwerk nähergebracht. Das KinderbĂźro koordiniert Ăźberdies seit einigen Jahren ein Europäisches Netzwerk der Kinderunis (www.eucu.net), mit dem Ziel, Kompetenzen zu bĂźndeln und den Erfahrungsaustausch anzuregen. Weitere Infos: www.kinderuni.at

Wissen schafft Wert Die Christian Doppler Forschungsgesellschaft • fĂśrdert anwendungsorientierte Grundlagenforschung • ermĂśglicht Unternehmen den effektiven Zugang zu neuem Wissen • agiert an der Schnittstelle von Wirtschaft und Wissenschaft Der BrĂźckenschlag zwischen Grundlagenforschung und Anwendung in den Unternehmen erfolgt in Christian Doppler Labors. • Sie werden an Universitäten oder auĂ&#x;eruniversitären Forschungseinrichtungen in Zusammenarbeit mit Partnern aus der Wirtschaft fĂźr sieben Jahre eingerichtet. • Das Forschungsthema wird von den Unternehmenspartnern vorgegeben. • Sie stehen unter der Leitung von hoch qualifizierten WissenschafterInnen. • Sie werden zu 50% von der Ăśffentlichen Hand gefĂśrdert.

Das Modell der Christian Doppler Labors kann auch fßr Ihr Unternehmen ein Gewinn sein: Sie kÜnnen neues Wissen fßr industrielle Anwendungen nutzen und Ihre Innovationskraft und Wettbewerbsfähigkeit stärken. Fordern Sie nähere Informationen an: Christian Doppler Forschungsgesellschaft Haus der Forschung, Sensengasse 1, A-1090 Wien Telefon: +43/1/5042205, e-Mail: office@cdg.ac.at Homepage: www.cdg.ac.at


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NEED2KNOW

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2011 hat Ă–sterreich das erste Mal beim von Nokia Siemens Networks durchgefĂźhrten Connectivity Scorecard Ranking teilgenommen. Das Ranking vergleicht den sinnvollen Einsatz von Informations- und Kommunikationstechnologie auf der ganzen Welt. Ă–sterreich rangiert dabei im Mittelfeld der innovationsgetriebenen Länder und findet sich mit 6,27 Punkten auf Platz zwĂślf. Schweden nimm Platz eins des Rankings ein, gefolgt von den Vereinigten Staaten und Dänemark. Aufholbedarf habe Ă–sterreich laut diesem Ranking bei HighSpeed-Internet. Nur 50 Prozent der Ă–sterreicher verfĂźgen Ăźber Breitband-Internet im Festnetz – in den meisten westeuropäischen Ländern liegt dieser Wert bei 60 bis 80 Prozent. Weitere Infos: www.connectivityscorecard.org.

Bei seinem kĂźrzlichen Besuch im Wolfsforschungszentrum Ernstbrunn konnte sich Wissenschaftsminister Karlheinz TĂśchterle davon Ăźberzeugen, dass Ă–sterreichs lange Tradition auf dem Gebiet der Verhaltensforschung ungebremst fortgesetzt wird. „Dieses Forschungszentrum vereint wissenschaftliche Exzellenz mit vorbildlicher Kommunikations- und Nachwuchsarbeit und hat sich so zu einem attraktiven Standort im Weinviertel entwickelt", so der Wissenschaftsminister. Kurt M. Kotrschal (links im Bild), MitbegrĂźnder und Leiter des Wolfsforschungszentrums sowie „Wissenschaftler des Jahres 2010“, informierte Ăźber die Forschungsarbeiten mit den derzeit elf WĂślfen und 14 Hunden. Auf dem Gebiet der Verhaltensforschung findet hier Pionierarbeit statt, die weit Ăźber die Grenzen Anerkennung findet und damit Ă–sterreichs guten Ruf, der unter anderem bereits durch Nobelpreisträger Konrad Lorenz vorangetrieben wurde, weiter ausbaut.

Haidingers Querforschung

Illu: Marion Karasek

Ă–sterreich im Mittelfeld beim Connectivity Ranking 2011

Foto: Georges Schneider

Foto: Universität Wien

In der Nanotechnologie sind in den letzten Jahren neue Werkstoffe mit einer Vielzahl von AnwendungsmĂśglichkeiten entstanden, wie beispielsweise KohlenstoffnanorĂśhren. Es handelt sich dabei um zylindrische Werkstoffe aus Kohlenstoff mit einem Durchmesser von wenigen Nanometern – ein Nanometer ist der millionste Teil eines Millimeters. Diese NanorĂśhren besitzen auĂ&#x;ergewĂśhnliche elektronische, mechanische und chemische Eigenschaften und kĂśnnen unter anderem zur Reinigung von kontaminiertem Wasser verwendet werden. WissenschaftlerInnen der Universität Wien publizierten dazu in der renommierten Fachzeitschrift „Environmental Science & Technology“. Weitere Infos: www.univie.ac.at

Foto: sxc_hu

Nanotechnologie fĂźr Wasserfilter

Martin Haidinger ist Wissenschaftsredakteur im ORF (Ă–1)

Von den Bäumen gestiegen ... ‌ sind wir entgegen einer beliebten Redewendung nicht, wir Menschlein, die wir heute mehr oder weniger aufrecht durchs Leben gehen! Das hat jetzt eine ForscherInnengruppe der mormonenaffinen University of Utah in Salt Lake City festgestellt. Die Glaubensgemeinschaft der Mormonen hat religionsbedingt einen besonderen Draht zur Ahnenforschung, da die Segnungen der Offenbarungen des auf die USA spezialisierten Engels Moroni auch rĂźckwirkend den Vorfahren mittels Tempeldienst und Sakramentenempfang zuteil werden sollen. Nun hat man es an der „Salt Lake“ bis in die FrĂźhgeschichte geschafft und – allerdings tatsächlich streng wissenschaftlich – folgendes herausgefunden: Vor sechs Millionen Jahren muss es gewesen sein, dass sich die Abstammungslinien von Menschenvorfahren und den Urahnen der Menschenaffen voneinander getrennt haben. Damals war Ostafrika von Savannen geprägt, offenen Graslandschaften mit lichtem Baumbestand, ähnlich wie sie dort auch heute noch zu finden sind. Die ForscherInnen nahmen rund 1.300 Bodenproben aus dem Umfeld von Fundorten menschlicher Vorfahren und analysierten Isotope, also bestimmte Kohlenstoffformen, als Anhaltspunkte fĂźr den einstigen Pflanzenbewuchs. Fazit: An den Schauplätzen der menschlichen Evolution war die Landschaft zu weniger als 40 Prozent von Bäumen bedeckt. Nur ein Prozent aller Proben lieĂ&#x; auf eine Gegend schlieĂ&#x;en, in der mehr als 70 Prozent verholzte Pflanzen sprossen. Das wĂźrde bedeuten, dass der Mensch aus der Savanne und nicht aus den Wäldern erwuchs, und sich so mancher Hominide bis heute im Wald verirrt ‌


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OÖ präsentiert sich als Modellregion für Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT)

Zukunftsdisziplin IKT Forschungs-Landesrätin Doris Hummer, Wirtschafts-Landesrat Viktor Sigl, die Wirtschaftskammer OÖ, die Industriellenvereinigung OÖ, die Johannes Kepler Universität Linz, die Fachhochschule OÖ und die TMG haben ein ambitioniertes Programm für die Alpbacher Technologiegespräche zusammengestellt: Im Mittelpunkt steht ein hochkarätiger Arbeitskreis unter der Leitung von Gerhard Eschelbeck.

Foto: LandOÖ/Werner Dedl

OÖ-Arbeitskreis mit anerkannten Vordenkern/innen Folgende Referenten bringen ihre Expertise dabei ein: Professor Johann Eder (Alpen-Adria-Universität Klagenfurt und Vizepräsident des Österreichischen Wissenschaftsfonds), Director Christofer Hoff (Cloud & Virtualization Solutions, Cisco Systems, Inc., San Jose/California), Infrastrukturarchitekt Frank Koch (Microsoft Deutschland GmbH, München), Informationssicherheits- und Risikoforscher David Lacey (Guildford/United Kingdom), Generaldirektorin Tatjana Oppitz (IBM Österreich GmbH, Wien) und Geschäftsführer Hermann Sikora (GRZ IT Center, Linz).

Im Bild (v.l.n.r.): LR Viktor Sigl, TMG-Geschäftsführer Bruno Lindorfer und LRin Doris Hummer präsentieren ein ambitioniertes OÖ-Programm bei den Alpbacher Technologiegesprächen.

„Wir freuen uns auf den Dialog und die Suche nach interdisziplinären Lösungsansätzen und sind stolz, die IKT-Modellregion Oberösterreich in diesem Umfeld präsentieren zu dürfen!“, so Hummer und Sigl abschließend. Die Beiträge der Referenten/-innen sowie eine Übersicht der IKT-Modellregion OÖ sind in einer Broschüre zusammengefasst, die man kostenfrei in der TMG via E-Mail (anke.merkl@tmg.at) bestellen kann.

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Heimat Groß(er)väter/-mütter Eine Bewegung macht sich in Europa breit, die einen ihrer Impulse aus dem Aufruf „Empört Euch!“ des französischen Diplomaten Stéphane Hessel bezieht. Die „Indignierten“, wie sie in Spanien genannt werden, versammeln sich zu Zigtausenden – unter anderem mit tatkräftiger Unterstützung durch Ökonomie-Nobelpreisträger Joseph Stiglitz –, um ihrem Unmut über das Versagen der sie regierenden Politiker Luft zu machen. Ähnliche Aufbruchssituationen werden aus Frankreich und Italien berichtet. Vorboten, wenn auch zunächst speziell auf die Missstände an den Universitäten zielend, konnten wir in Wien erleben. Ich hatte dazu einen temporären „Thinktank“ einberufen, der sich unter der Überschrift „Studentenrevolte 2009 – Novemberlüfterl oder Wegbereiter einer neuen Wissensgesellschaft?“ radio-öffentlich zu den Entwicklungen der Unzufriedenen in unserem Land Gedanken machte. Auffällig war, dass das Anliegen der Studierenden auch Sympathie der Universitäts-„Oberen“, wie z. B. des jetzt amtierenden Wissenschaftsministers, fand. Zum Thema „Österreichs Weg in die Wissensgesellschaft“ hatte ich im Frühjahr die Gelegenheit, mit Erhard Busek eine öffentliche Diskussion in Salzburg zu bestreiten. Die wesentliche Aufforderung aus dem Kreis der Journalisten in der anschließenden Pressekonferenz war: Bitte weniger Studien vorstellen und diskutieren, als deren kluge Inhalte dazu verwenden, endlich den arglosen und offenkundig den Überblick verlierenden Politikern das Wissen zur Bewältigung komplexer Herausforderungen angedeihen lassen, auf das sie heute mehr denn je angewiesen sind. Ein letztes Erlebnis in dieser Serie: Diskussionsrunde in der Industriellenver-

Foto: Klobucsar

Promotion

Herzstück ist der international besetzte Arbeitskreis „Die Gegenwart hinterfragen, die Zukunft gestalten!“. „Wir haben uns für dieses Thema entschieden, da Informationstechnologien die Kommunikation und Interaktion zwischen Gesellschaft, Industrie und Behörden revolutionieren und neue Trends wie Mobile- und Cloud Computing unseren Alltag prägen. Diese Entwicklung bringt neue Herausforderungen und wirft auch rechtliche Fragen auf. Die Zukunft definieren heißt, diese moralischen und ethischen Fragen zu behandeln, Datenschutz sicherzustellen, und Auswirkungen auf unsere Umwelt zu minimieren. Und: Die Förderung von Forschung und Entwicklung erleichtert Innovation, kreiert neue Technologien und schafft Arbeitsplätze“, erklären Landesrätin Hummer und Landesrat Sigl.

einigung in Wien in höchstrangiger Besetzung. Thema wieder einmal: die Bildungspolitik und speziell das Volksbegehren des an der Runde beteiligten Hannes Androsch. Meine Wortmeldung bezog sich auf Stéphane Hessels schon zitiertem Aufruf „Empört Euch!“. Mein Beitrag war so gemeint, dass es kaum ein wichtigeres Thema als Bildung gibt und dass es mehr als eines braven Volksbegehrens bedarf, um endlich den notwendigen Reformruck zustande zu bringen. Essenz der Antwort selbst aus dem Mund des sonst so aufmüpfigen Profil-Journalisten Michael Nikbakhsh: Österreich war noch nie gut im Arrangieren von Revolutionen. Gesellschaft verkehrt: Die Senioren neigen zum Protest, die Jungen suchen nach Orientierung. Gestatten Sie, dass ich das Alter der zitierten Gesellschaftsveränderer ins Bewusstsein rufe: Stéphane Hessel: 94; Joseph Stiglitz: 68; Erhard Busek: 70; Hannes Androsch: 73. Durchschnittsalter somit: 76,25. Bislang hatte ich mich gesträubt, ein Plädoyer für die „Macht der Alten“ abzugeben. Angesichts der eklatanten Defizite in der Problemlösungskompetenz der herrschenden politischen Klasse im mittleren Alterssegment bin ich verführt heute zu fordern, dass die Pensionsgrenze für die Erfahrenen aufgehoben und die Macht auf diejenigen zurückdelegiert wird, die bewiesen haben, dass sie in der Lage sind, neuralgische Punkte in unserer Entwicklung zu diagnostizieren sowie Lösungsstrategien vorzulegen. In Abwandlung einer Kreisky-Empfehlung schlage ich Ihnen vor: Lesen Sie, was Leute wie Stéphane Hessel über die heutige Notwendigkeit politischer Initiativwerdung geschrieben hat. Es sind nur wenige Seiten, aber die haben es in sich. ______________________________________________________________________________________________________

Prof. Günter Koch war über fünf Jahre Geschäftsführer an den Austrian Research Centers (heute AIT), davor Leiter eines europäischen Instituts in Spanien und im Management eines internationalen Computerkonzerns.

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NEED2KNOW

Neue Mobilität in Wien fßr eine Milliarde Fahrgäste pro Jahr

Foto: KIOTO-Photovoltaics/Kollmann

Foto: Julian Ă–hme

GrĂśĂ&#x;te PhotovoltaikModul-Produktion Ă–sterreichs erĂśffnet Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner hat Ende Juli in St. Veit an der Glan gemeinsam mit Robert Kanduth, dem Vorstandsvorsitzenden der KIOTO Clear Energy AG, die grĂśĂ&#x;te Photovoltaik-Modul-Produktion Ă–sterreichs erĂśffnet. „Mit dem neuen Ă–kostromgesetz verbessern wir die Rahmenbedingungen und Investitionschancen fĂźr innovative Unternehmen. Das schafft mehr WertschĂśpfung und Arbeitsplätze in Ă–sterreich“, so Mitterlehner im Rahmen der ErĂśffnungsveranstaltung. Der weitere Ausbau von Zukunftstechnologien wie der Photovoltaik erschlieĂ&#x;e zudem neue Exportmärkte. „Öko-Innovationen Made in Austria werden weltweit immer stärker nachgefragt“, so Mitterlehner. Weitere Infos: www.kioto.com

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Wiens BevĂślkerung wächst rasant. In 20 Jahren werden mehr als zwei Millionen Menschen in der Bundeshauptstadt leben. Im Forschungsprojekt „e-mobility on demand“ entwickeln die Wiener Stadtwerke daher derzeit eine neue Form urbaner Mobilität. KĂźnftig kĂśnnen die Wienerinnen und Wiener mit einem durchdachten Mix aus verschiedenen Verkehrsmitteln rasch und umweltschonend von A nach B kommen. „Wenn Wien in 20, 30 oder 50 Jahren weiterhin eine lebenswerte, moderne Metropole sein soll, mĂźssen wir heute darĂźber nachdenken, wie der Verkehr der Zukunft aussehen soll. Die Wiener Stadtwerke haben dazu eine klare Vision. Mit einem Mix aus verschiedenen Verkehrsmitteln soll der Individualverkehr reduziert und SchadstoffausstoĂ&#x; sowie Lärmbelästigung gesenkt werden“, beschreibt Generaldirektorin Gabriele Payr die neue Form urbaner Mobilität. Ziel ist, dass 40 Prozent aller Wege in Wien mit Ăśffentlichen Verkehrsmitteln zurĂźckgelegt werden sollen. Dazu tragen neben dem kontinuierlichen Ausbau der Angebote der Wiener Linien auch die Ergebnisse des Forschungsprojekts „e-mobility on demand“ bei. „Mehr als ein Drittel aller Wege werden in Wien bereits mit Bus, StraĂ&#x;enbahn oder U-Bahn zurĂźckgelegt. Durch ein Car-Sharing-Modell fĂźr Elektrofahrzeuge soll der Ăśffentliche mit dem individuellen Verkehr optimal vernetzt werden“, erklärt Payr die Idee hinter dem Forschungsprojekt. „2010 waren rund 840 Millionen Menschen mit den Wiener Linien unterwegs. Das ist ein internationaler Spitzenwert, den die Wiener Stadtwerke weiter mit neuen, intelligenten Mobilitätsangeboten ausbauen wollen“, betont E-Mobility-GeschäftsfĂźhrer Michael Lichtenegger. „Die Basis fĂźr die Erreichung dieses Ziels sind das Netz und die Angebote der Wiener Linien. Innovative Mobilitätsformen werden den Ăśffentlichen Nahverkehr als das RĂźckgrat der städtischen Mobilität ergänzen. Nach dem Motto „Weg vom Besitzen, hin zum Nutzen“ sollen Ă–ffis und Individualverkehr intelligent integriert werden. Wichtige Ansätze dafĂźr sind Mobilitätszentren mit nahtlosen Ăœbergängen, Sharing-Modelle fĂźr schadstoffarme Fahrzeuge und damit auch eine Offensive hin zu Elektro-Fahrzeugen, vor allem aber auch integrierte Informationskanäle und Leitsysteme“, so Verkehrsexperte Lichtenegger. Weitere Infos: www.wienerstadtwerke.at

ACR-Enquete 2011: Vorhang auf fĂźr innovative KMU

Foto: Alice SchnĂźr/ACR

Am 17. Oktober prämiert das ACR-Forschungsnetzwerk wieder erfolgreiche Innovationsprojekte mittelständischer Unternehmen, die in Zusammenarbeit mit ACR-Instituten realisiert wurden. Auch eine ACR-Nachwuchswissenschaftlerin wird wieder ausgezeichnet. Es ist bereits Tradition: Jeden Herbst lädt das ACR-Netzwerk Mitglieder, Partner und Kunden zu einem spannenden Get-Together in die Bundeshauptstadt ein. Highlights neben der hochkarätigen Podiumsdiskussion: Die Verleihung der ACR-Kooperationspreise an KMU und ACR-Institute sowie des ACR-Woman Awards an eine Nachwuchswissenschaftlerin. Wie erfolgreich KMU mit Forschungsinstituten zusammenarbeiten, zeigen die ACR-Kooperationspreise, die heuer bereits zum 6. Mal gemeinsam mit dem BMWFJ verliehen werden. Die Siegerprojekte unterstreichen, wie aus einer ersten Idee durch Engagement von Betrieb und Forschungsinstitut neue, am Markt erfolgreiche Produkte entstehen. Gerade KMU haben ein groĂ&#x;es innovatives Potenzial: Sie haben kurze Entscheidungswege, sind nah am Kunden und kennen ihre Märkte gut. FĂźr ihre Innovationen benĂśtigen kleinere Betriebe neben finanziellen FĂśrderungen aber auch den geeigneten Entwicklungspartner. Das ACR-Netzwerk vermittelt erfolgreich beides und ist mit seinem Know-how ein verlässlicher Partner des Mittelstandes. Das Ergebnis sind marktfähige Produkte und Verfahren, die die Wettbewerbsfähigkeit des Standorts Ă–sterreich sichern. ACR WOMAN AWARD 2010 zeichnete die ACR erstmals eine ACR-Nachwuchs-Wissenschaftlerin in technischen Berufen aus. Auch heuer wird der ACR-Woman Award vergeben, der die individuelle Leistung der Wissenschaftlerin sichtbar macht und die Gendersituation in ACR-Instituten aktiv beleuchtet.

www.acr.at


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Was gibt es Neues? FORSCHUNGSNEWS. Aktuelle wissenschaftliche Entwicklungen und Forschungsprojekte aus aller Welt. g

Edelsteine als Urzeitzeugen

Foto: Devon

GEOLOGIE. Die Plattentektonik, also das ständige

Schnecken reisen „Touristenklasse“

Foto: Shinichiro Wada

ZOOLOGIE. Die Schneckenart Tornatellides boeningi wird zwar nur etwa 2,5 Millimeter groĂ&#x;. Trotzdem findet man sie Ăźberall auf der japanische Insel Hahajima. Diese Verbreitung verdanken die Weichtiere einer ungewĂśhnlichen Fähigkeit. Viele Schnecken Ăźberleben es nämlich, von VĂśgeln verschluckt und verdaut zu werden. Im Inneren der VĂśgel kĂśnnen sie so groĂ&#x;e Distanzen zurĂźcklegen und sich anschlieĂ&#x;end weiter vermehren. Zur ĂœberprĂźfung ihrer Theorie verfĂźtterten die WissenschaftlerInnen im Labor 119 Schnecken an JapanbrillenvĂśgel (Zosterops japonicus) und 55 Schnecken an OrpheusbĂźlbĂźls (Hypsipetes amaurotis). Die Ăœberlebensrate lag bei 14,3 Prozent, bzw. 16,4 Prozent. Weder Magensäure noch Darmperistaltik der VĂśgel konnte ihnen etwas anhaben. Eine Schnecke brachte später sogar Nachwuchs zur Welt. Die Wissenschaftler wollen nun untersuchen, welche kĂśrperlichen Eigenschaften fĂźr diese Widerstandsfähigkeit verantwortlich sind. Shinichiro Wada et al.: Snails can survive passage through a bird’s digestive system. In: Journal of Biogeography 2011, doi: 10.1111/j.1365-2699.2011.02559

Reiben der Kontinental- und anderer Platten aneinander, folgt einer RegelmäĂ&#x;igkeit, die man WilsonZyklus nennt. Bislang war allerdings unbekannt, wann in der Erdgeschichte dieser Prozess das erste Mal einsetzte. Im Inneren natĂźrlich entstandener Diamanten haben WissenschaftlerInnen nun einen Hinweis auf den Beginn der Plattentektonik entdeckt. Bei der Untersuchung etwa 4.000 sĂźdafrikanischer Diamanten fanden sie immer wieder EinschlĂźsse von zwei verschiedenen Gesteinsarten: Peridodit in Proben, die älter als drei Milliarden Jahre sind, und Eklogit in jĂźngeren Diamanten. Eklogite entstehen in Subduktionszonen, wenn der Meeresboden in den Erdmantel eintaucht. Daraus schlieĂ&#x;en die ForscherInnen, dass die Plattentektonik vor rund drei Milliarden Jahren begonnen hat. EndgĂźltig abgeschlossen ist die Diskussion damit aber noch nicht. Unter Verweis auf andere Proben datieren viele WissenschaftlerInnen den Beginn der Wilson-Zyklen auf einen deutlich frĂźheren Zeitabschnitt. Steven Shirey & Stephen Richardson: Start of the Wilson Cycle at 3 Ga shown by Diamonds from subcontinental Mantle. In: Science 2011, doi: 10.1126/science.1206275

Elektronisch „Geschwafel“ entlarven TEXTANALYSE. Ein hilfreiches Tool fĂźr alle, die fĂźr eine Ă–ffentlichkeit schreiben: Auf der Webseite www.blablameter.de kĂśnnen Texte auf ihren Gehalt an „heiĂ&#x;er Luft“ ĂźberprĂźft werden. Per „copy and Paste“ fĂźgt man einen Text von bis zu 15.000 Zeichen Länge in ein Webformular. Der resultierende Wert ist in das Intervall von 0 bis 1 normiert. Je hĂśher der Wert, desto stärker hat der Autor guten Stil vermissen lassen. GeprĂźft wird in erster Linie auf häufige Substantivierungen, typische (Werbe- und PR-)Phrasen und andere sprachliche Details. Es handelt sich beim BlaBla Meter um eine rein formale Textanalyse. Inhaltliches Verständnis besitzt das Programm nicht. Im Screenshot das Ergebnis nach ĂœberprĂźfung dieser „Was gibt es Neues?“-Meldung.


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AUS ALLER WELT

Der Preis fĂźr hohes Alter

Tragfähiges Edelmetall

HIRNFORSCHUNG. Etwa ab dem 50. Lebensjahr beginnt

MATERIALWISSENSCHAFT. New Yorker

das Gehirn des Menschen zu schrumpfen, weil vermehrt Neuronen absterben. Vor allem Hippocampus und Frontallappen sind davon betroffen. Eine Folge sind neurodegenerative Erkrankungen wie zum Beispiel Alzheimer. In einer aktuellen Studie haben amerikanische WissenschaftlerInnen dieses Phänomen mit Veränderungen im Gehirn von Schimpansen verglichen. Dazu untersuchten sie mittels Magnetresonanztomografie (MRT) die Gehirne von 99 Schimpansen im Alter zwischen zehn und 51 Jahren sowie 87 Menschen im Alter von 22 bis 88 Jahren. Gemessen wurden die Volumina von Frontallappen, Hippocampus, GroĂ&#x;hirnrinde und des gesamten Gehirns. Anders als bei den menschlichen Versuchspersonen, konnten bei den Affen keine altersbedingten Veränderungen festgestellt werden. Die ForscherInnen vermuten, dass der RĂźckgang des Hirnvolumens eine Folge der steigenden Lebenserwartung ist. Den pathologischen Nachteilen dieses Prozesses stehe der evolutionäre Vorteil Foto: Photodisc gegenĂźber, dass ältere Menschen nach der reproduktiven Phase ihr Wissen an JĂźngere weitergeben. Chet Sherwood et al.: Aging of the cerebral cortex differs. In: PNAS 2011, doi: 10.1073/pnas.1016709108

PhysikerInnen haben herausgefunden, dass Golddrähte, die dĂźnner als ein Nanometer sind, eine grĂśĂ&#x;ere Festigkeit haben als massives Gold. Dazu kontaktierten sie in mehreren Experimenten eine Goldspitze mit einer Goldschicht und erzeugten so eine mikroskopische BrĂźcke. AnschlieĂ&#x;ende zogen sie diese BrĂźcke sukzessive in die Länge bis sie riss. Der dafĂźr nĂśtige Kraftaufwand war umso hĂśher, je dĂźnner die BrĂźcke war. Dieser Effekt zeigt sich aber erst unterhalb einer BrĂźckendicke von einem Nanometer. Die ForscherInnen erklären sich das damit, dass bei extrem dĂźnnen GoldbrĂźcken die meisten Atome auf der Oberfläche sitzen und so stärkere Anziehungskräfte aufeinander ausĂźben. Harsh Deep Chopra et al.: Mechanics of quantum and Sharvin conductors. In: Physical Review B 2011, doi: 10.1103/PhysRevB.83.235422

Foto: Deutsche Bundesbank

Foto: lonypaul

SOZIOLOGIE. Schlechte Nachrichten fßr gestandene Vertreter des Patriarchats hat eine britische Studie. Demnach lassen sich keine negativen Auswirkungen auf das sozioemotionale Verhalten von Kindern feststellen, wenn ihre Mßtter neben der Pflege auch arbeiten gehen. Das ergab eine Auswertung der Millennium Cohort Study, die Daten zu 19.000 zwischen 2000 und 2002 geborenen Kindern enthält. Untersucht wurde das Verhalten von Kindern im Säuglingsalter, mit drei Jahren und mit fßnf Jahren. Zudem konnten geschlechtsspezifische Unterschiede festgestellt werden. Während fßnfjährige Buben in Haushalten mit einer alleinverdienenden Mutter Üfter Verhaltensprobleme aufweisen als in Familien mit zwei arbeitenden Elternteilen, trifft das auf Mädchen nicht zu. Umgekehrt haben fßnfjährige Mädchen in klassischen Familienverhältnissen (arbeitender Vater und Mutter als Hausfrau) häufiger soziale Probleme als wenn beide Elternteile einer Beschäftigung nachgehen. Das optimale Szenario sei es demnach, wenn Vater und Mutter sich beide um die Kinder kßmmern und gleichzeitig auch berufstätig sind, schreiben die WissenschaftlerInnen. Anne McMunn et al.: Maternal employment and child socio-emotional behaviour in the UK: longitudinal evidence from the UK Millennium Cohort Study. In: Journal of Epidemiology and Community Health 2011, doi: 10.1136/jech.2010.109553

Foto: Dieter SchĂźtz/PIXELIO

Obsolete Rollenbilder

Galaktisches Quintett ASTRONOMIE. Als „echter“ Planet gilt Pluto offiziell zwar nicht mehr, doch dafĂźr wurde jetzt ein vierter Mond des Zwergplaneten entdeckt. Das berichtet die NASA nach Auswertungen des Weltraumteleskops Hubble. Der vorläufig „P4“ benannte Mond hat einen Durchmesser zwischen 13 und 34 Kilometer und ist damit kleiner als die Ăźbrigen Monde. Er befindet sich rund fĂźnf Milliarden Kilometer von der Erde entfernt. Von praktischer Bedeutung ist die Entdeckung, weil 2015 die NASA-Mission knapp 10.000 Kilometer an Pluto vorbeifliegen soll. Die geplante Flugbahn der Sonde wird nun so angepasst, dass Nahaufnahmen von P4 gemacht werden kĂśnnen. Infos: www.nasa.gov

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í˘ąí˘ş WISSENSCHAFTSPOLITIK

Hochschulplan: Wann er kommt, was er bringt GEHEIMPAPIER? Mittlerweile ist Karlheinz TÜchterle der dritte Wissenschaftsminister, der mit der im Regierungsprogramm festgeschriebenen Erarbeitung eines Hochschulplans betraut ist. Ihm wird es aber aller Voraussicht nach zukommen, die definitive Umsetzung zu begleiten. Denn zu Redaktionsschluss war aus dem Ministerbßro zu hÜren, dass der Bericht der dafßr eingesetzten ExpertInnenkommission nun vorliege. Inhaltliches wollte man jedoch noch nicht verraten. AUSTRIA INNOVATIV befragte daher heimische RektorInnen, was denn aus Sicht der Universitäten in diesem Papier auf keinen Fall fehlen dßrfe. g

Foto: Vetmeduni Vienna

MOZARTEUM SALZBURG

â– Rektor Reinhart von Gutzeit: Der Hochschulplan muss die Besonderheiten der Kunstuniversitäten innerhalb der Universitäten abbilden. Die Ăśsterreichischen Kunstuniversitäten genieĂ&#x;en in der internationalen Universitätslandschaft eine Sonderstellung und befinden sich dort durchwegs im Spitzenfeld. Eine in einem Hochschulplan vorgesehene universitätsĂźbergreifende Organisation von Sonderbereichen innerhalb des Kreises der Ăśsterreichischen Kunstuniversitäten wäre eine diskussionswĂźrdige Weiterentwicklung. Das Komplettangebot, das die innere Dynamik der Universität Mozarteum antreibt, kann nicht zur Diskussion stehen. Im Falle einer dezidierten Trennung von Forschung und Lehre im Zuge der Univer-

VETERINĂ„RMEDIZINISCHE UNIVERSITĂ„T WIEN

â– Rektorin Sonja Hammerschmid: Am Ende des Tages muss eine Strategie fĂźr ein leistungsfähiges und international kompetitives Hochschulsystem fĂźr Ă–sterreich am Tisch liegen. Das wird ohne Mut und Veränderung nicht gehen. Was wir brauchen: Eine sichere Finanzierung und Budgets, deren Dotation langfristige Planungen erlauben – nur so kann sich eine Uni samt ihren strategischen Forschungsbereichen weiterentwickeln. Die Fragmentierung der tertiären Bildungslandschaft ist zu hinterfragen – nicht jeder kann alles machen. Das geht auf Kosten der Qualität. Ich erwarte mir Schwerpunkte im Studienangebot und plädiere fĂźr eine klare Aufgabenteilung von Universitäten und Fachhochschulen. JOHANNES KEPLER UNIVERSITĂ„T

Foto: JKU

Foto: Christian Schneider

sitätsfinanzierung muss auf das Spezifikum Entwicklung und ErschlieĂ&#x;ung der KĂźnste als das Ă„quivalent zur Forschung an den Kunstuniversitäten besondere RĂźcksicht genommen werden. Die unverzichtbare Einrichtung des kĂźnstlerischen Individualunterrichts muss bei der Berechnung von Studienplatzkosten adäquate BerĂźcksichtigung finden.

â– Rektor Richard Hagelauer: Ich erwarte mir ein klares Konzept zur Schwerpunktsetzung und Profilbildung der Ăśsterreichischen Universitäten. Dazu gehĂśren auch ein verbindlicher Finanzierungsplan und das klare Bekenntnis, den Bildungsstandort Ă–sterreich im Spitzenfeld positionieren zu wollen. Was die Studienplatzfinanzierung betrifft, erwarte ich mir ein faires Modell, das insbesondere auch das

Handling von Ăźberlaufenen Studienrichtungen berĂźcksichtigt. Die Autonomie der Universitäten muss trotz Hochschulplan unbedingt gewahrt bleiben. TECHNISCHE UNIVERSITĂ„T GRAZ

Foto: TU Graz

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ls Ex-Wissenschaftsminister Johannes Hahn im Sommer 2009 beim Hochschulplan von einem „Titanenprojekt“ sprach, konnte er nicht ahnen, dass er so nachdrĂźcklich Recht behalten wĂźrde. Es sei eben nicht einfach, so Ex-Ministerin Beatrix Karl ein wenig später, die „unglaubliche Vielfalt“ des tertiären Sektors in ein System zu gieĂ&#x;en, das die maximale Abstimmung zwischen den Einrichtungen garantiere. Um eine hĂśchstmĂśgliche Objektivität sicherzustellen, betraute Karl drei ausgewiesene ExpertInnen aus der Schweiz und Deutschland mit der Erarbeitung eines entsprechenden Status quos der heimischen Hochschulsituation. Dieses Ergebnis dĂźrfte nun vorliegen. Inhaltliches – so vermuten Insider – kĂśnnte im Rahmen der Alpbacher Technologiegespräche vorgestellt werden. AUSTRIA INNOVATIV wollte aber bereits im Vorfeld wissen, was sich Ă–sterreichs RektorInnen von diesem Papier erwarten. Ein Ăœberblick.

â– Rektor Hans SĂźnkel: So wie der Entwicklungsplan einer Universität auf ihrer jeweiligen Strategie aufbaut, so sollte auch ein Hochschulplan auf den nationalen strategischen Zielsetzungen mĂśglichst fĂźr den gesamten tertiären Sektor basieren. (Aufgrund der derzeitigen Ressortzuständigkeit wird jedoch der Bereich der Pädagogischen Hochschulen wohl unberĂźcksichtigt bleiben.) Ein Hochschulplan hat jedenfalls auf die wichtigsten Fragen klare Antworten zu geben, auf welchem Weg und mit welchem Zieldatum die gesteckten Ziele erreicht werden sollen: 1. Was sind die Kernaufgaben der unterschiedlichen Institutionen des tertiären Sektors, wie werden diese bestmĂśglich wahrgenommen und unter den Institutionen aufeinander abgestimmt? 2. Welche Anreizsysteme sollen geschaffen werden, um sinnvolle Kooperationen zwischen den jeweiligen Institutionen zu fĂśrdern? 3. Welchen Entwicklungspfad soll die Finanzierung des tertiären Sektors nehmen, um bis 2020 das erklärte Ziel von zwei Prozent des BIP zu erreichen? 4. Welchen Entwicklungspfad soll eine Studienplatzfinanzierung in Verbindung mit einem geordneten Hochschulzugang nehmen? 5. Welches Modell von Studienbeiträgen, begleitet von einem sozial treffsicheren Stipendiensystem, soll wann umgesetzt werden? 6. In welchem AusmaĂ&#x; und in welcher Form soll der tertiäre Sektor Bildungsexport betreiben?


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WIRTSCHAFTSUNIVERSITĂ„T WIEN

Foto: mariorabensteiner.com

UNIVERSITĂ„T INNSBRUCK

â– Rektor Tilmann Märk: Die Umsetzung des UG 2002 ab Herbst 2003 fĂźhrte zu einem Paradigmenwechsel im Selbstverständnis der Universitäten und hat durch die EinfĂźhrung weitreichender Autonomie zu einer starken Belebung und Profilbildung der Universitätslandschaft in Ă–sterreich gefĂźhrt. Die Universität Innsbruck hat diese einmalige Chance sowohl in struktureller als auch in inhaltlicher Sicht genĂźtzt, insbesondere durch eine weitreichende Schwerpunktbildung in Forschung und Leh-

Foto: BOKU Wien

Foto: med uni graz

â– Rektor Martin H. Gerzabek: Der Hochschulplan besteht aus vier Teilen, den KoordinierungsmaĂ&#x;nahmen, dem Bauleitplan, der GroĂ&#x;forschungsinfrastruktur/Internationales und der Finanzierung. Alle diese Themenbereiche sind fĂźr die Universitäten von grĂśĂ&#x;ter Bedeutung und sind eng miteinander verknĂźpft. Allerdings erwarten sich die Unis vor allem eine zeitnahe Aussage zur Absicherung der finanziellen Mindesterfordernisse, um den Betrieb aufrecht erhalten zu kĂśnnen. Verstärkte Kooperation im Universitätensektor ist sicher zielfĂźhrend und wĂźnschenswert und sollte entsprechend gefĂśrdert werden, wobei ich mir wĂźnschen wĂźrde, dass die Rolle der internationalen Kooperation dabei wesentlich stärker betont wird. MONTANUNIVERSITĂ„T LEOBEN

KARL-FRANZENS-UNI GRAZ

â– Rektor Alfred Gutschelhofer: Die heimischen Universitäten kĂśnnen auf eine beachtliche Leistungsbilanz blicken und haben angesichts der umfassenden Umstellungsprozesse seit 2003 Ăźberaus groĂ&#x;e Flexibilität bewiesen. WofĂźr Unternehmen oft Jahre brauchen, haben die hohen Schulen bei der gravierenden Umstellung etwa von Rechnungswesen und Verwaltungsprozessen in nur wenigen Monaten geschafft. Es ist nun an der Zeit, klar zu definieren, was Gesellschaft, Politik, Wirtschaft und andere von den Universitäten wollen. Bislang hat sich die Debatte auf einige politische Schlagworte beschränkt. KUNSTUNI GRAZ

â– Rektor Georg Schulz: Der Ăśsterreichische Hochschulplan sollte die unterschiedlichen Hochschul- und Universitätssysteme (Universitäten, Fachhochschulen, Pädagogische Hochschulen, Privatuniversitäten) aufeinander abstimmen. FĂźr die KUG als Universität fĂźr Musik und darstellende Kunst ist dabei vor allem die Rolle der zwei Privatuniversitäten der selben Ausrichtung relevant. Auch im Konzept fĂźr die Lehramtsausbildung muss geklärt werden, wie man die benĂśtigte hohe kĂźnstlerische Kompetenz der zukĂźnftigen Lehrenden am besten sicher stellen kann.

Foto: unileoben

â– Rektor Wolfgang SchĂźtz: 1. CampuslĂśsung fĂźr Medizinische Universitäten im Rahmen des Bauleitplans. 2. Studienplatzfinanzierung, wobei sich die Zugangsbeschränkungen an den Medizinischen Universitäten sehr bewährt haben und sich auch die Studierenden dafĂźr aussprechen. Nur dadurch bleibt ein medizinisches Studium auf hohem Niveau gewährleistet. 3. Ein Forschungsinfrastrukturplan, der die Nutzung von Partnerschaften zwischen den Universitäten erlaubt. In diesem Zusammenhang ist auch eine adäquate Forschungsfinanzierung von NĂśten.

UNIVERSITĂ„T FĂœR BODENKULTUR WIEN

â– Rektor Wolfhard Wegscheider: Eine plausible Darstellung der Finanzierung der Universitäten wird der SchlĂźssel zur Beurteilung von Bedeutung und Stellenwert des Hochschulplanes sein. UNIVERSITĂ„T WIEN

Foto: Universität Wien

Foto: meduniwien

MEDIZINISCHE UNIVERSITĂ„T WIEN

â– Rektor Josef Smolle: Ă–sterreichweite Abstimmung der Studienangebote und Incentives zur Profilbildung; Akkordierung der Bauvorhaben nach Art des bereits akkordierten Bauleitplans SĂźd (Graz, Leoben, Klagenfurt); Entwicklung von Schwerpunkten fĂźr jede Universität mit Fokussierung der Ressourcen; Steigerung der kompetitiven ForschungsfĂśrderung; intensive Kooperation zwischen den Bildungs- und Forschungseinrichtungen an den Standorten; faire Studienplatzfinanzierung, die Studierendenzahlen, Kapazitäten und Budget ausbalanciert; Zusammenarbeit der Medizinischen Universitäten mit den Krankenanstaltenträgern, wie es in der Steiermark gelungen ist.

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Schlussendlich erwarte ich mir vom Hochschulplan, dass er die nachhaltige Finanzierung sowohl der Lehre als auch der Forschung und der Entwicklung und ErschlieĂ&#x;ung der KĂźnste garantiert.

MEDIZINISCHE UNI GRAZ

Foto: Schiffer

â– Rektor Christoph Badelt: Der Hochschulplan muss ein Gesamtbild der tertiären Ausbildungslandschaft geben; er muss also die Aufgaben und Rollen der einzelnen Institutionen (Universitäten, Fachhochschulen, Pädagogische Hochschulen etc. ) klar zeichnen und damit die Anforderungen spezifizieren, die an die einzelnen Institutionen gerichtet werden. Er muss ein klares Bild der Finanzierung dieser Institutionen zeichnen, wobei auf den gesamten Anforderungskatalog einzugehen ist (also z. B. auf Lehre UND Forschung). Er soll Regeln definieren, wie weitgehend autonome Universitäten die notwendige und sinnvolle Abstimmung ihrer Aktivitäten in Lehre und Forschung vornehmen kĂśnnen, was Bereiche, in denen bewusst Wettbewerb zugelassen und gefĂśrdert wird, mit einschlieĂ&#x;t. Er soll schlieĂ&#x;lich klarlegen, wie und wo Ăśsterreichische Universitäten im internationalen Spitzenfeld platziert werden kĂśnnen. SchlieĂ&#x;lich muss ein transparentes und praktisch realisierbares Investitionskonzept fĂźr die Infrastruktur der tertiären Bildungs- und Forschungseinrichtungen enthalten sein.

re. Ein Ăśsterreichischer Hochschulplan sollte auf diese erfolgreiche, wettbewerbsorientierte Entwicklung der letzten acht Jahre aufsetzen und sowohl entstandene Differenzierungen als auch Kooperationen aufgreifen und fortfĂźhren.

Foto: KUG/Wenzel

Foto: Sabine Hauswirth

WISSENSCHAFTSPOLITIK

â– Rektor Georg Winckler: Ein Hochschulplan, der sich aus SpargrĂźnden nur mit der Frage beschäftigt „Was ist zuzusperren?“, greift zu kurz. Es braucht eine Strategie. Eine andere Ăśsterreichische Uni-Landschaft ist vorstellbar. Um diese zu realisieren, sind in erster Linie Anreize zu setzen, dass Universitäten in geräteintensiven Fächer besser kooperieren und durch Zusammenarbeit im Doktoratsbereich „kritische Masse“ erreichen. So entsteht nachhaltig Kooperation. Es sind Strukturen zu schaffen, die Potenzial fĂźr kĂźnftige Entwicklungen implizieren. Es gibt dafĂźr in Ă–sterreich bereits Erfolgsbeispiele: Die gemeinsame Tochter der Universität Wien und der Medizinischen Universität Wien, die Max F. Perutz Laboratories am Campus Vienna Biocenter. Diese hat eine gemeinsame Leitung und ein gemeinsames Budget. Durch eine gemeinsame Strategie entsteht Exzellenz und Innovation am Standort. Diese Grundidee ist Ăźber den Hochschulplan auf den Wissenschaftsstandort Ă–sterreich zu Ăźbertragen. k


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í˘ąí˘˛ FOKUS

Traubjob Wissenschaft? ANALYSE. Sie beschreiben, erklären und verändern die Welt. Doch sind WissenschaftlerInnen deswegen eine grundsätzlich eigene Sorte Mensch? AUSTRIA INNOVATIV sprach mit sechs Üsterreichischen Top-ForscherInnen ßber ihren Karriereweg, Erfolgsstrategien und unverzichtbare charakterliche Eigenschaften. g

Foto: beigestellt

ERC Advanced Grant im vorigen Jahr erhielt er heuer den Wittgenstein-Preis und damit weitere 1,5 Millionen Euro fĂźr seine Forschung. Dabei dachte Herndl mit Ende 30 ernsthaft darĂźber nach, der Universität den RĂźcken zu kehren und in die Pharmaindustrie zu wechseln. „Ich war bereits elf Jahre PostDoc gewesen, und die Zeit fĂźr eine Festanstel-

Gerhard Herndl: „Im Binnenland Ă–sterreich fristet die Meeresbiologie ein eher belächeltes Dasein. Doch das hat mich nicht davon abgehalten, es dennoch in dieser Disziplin zu versuchen. Weil mich bereits in Jugendjahren Jacques-Yves-Cousteau-Dokumentationen und BĂźcher von Hans Hass faszinierten.“ te oder das verrĂźckte Genie auf dem Weg zur Weltherrschaft. Auch die mediale Berichterstattung richtet ihr Interesse meist auf wissenschaftliche Resultate. Diejenigen, die sie erbracht haben, treten demgegenĂźber in den Hintergrund. Umfragen bestätigen immer wieder das verzerrte Bild, das die Ă–ffentlichkeit von WissenschaftlerInnen hat. Doch jenseits von Glorifizierung zu Superhirnen oder Verdammung als gottlose ZerstĂśrer einer unberĂźhrten Natur sind WissenschaftlerInnen vor allem eines – Menschen, die einem Beruf nachgehen. Sie streben nach Erkenntnis ebenso wie nach Erfolg. Nach Anerkennung nicht weniger als nach der LĂśsung fundamentaler Probleme. Im Gespräch mit sechs VertreterInnen ihres Standes ging AUSTRIA INNOVATIV der Frage nach, wie Wissenschaft als Beruf funktioniert.

lung wurde knapp“, erinnert er sich zurĂźck. 40 gilt in der akademischen Welt als SchlĂźsselalter fĂźr die weitere Karriere. Wer bis dahin den Sprung vom Vertragsbediensteten zum fix Angestellten nicht geschafft hat, sollte alternative Berufsmodelle in Erwägung ziehen. „Man muss sich eine Frist setzen“, empfiehlt Herndl. „Ich kenne Kollegen, die mit

GERHARD HERNDL – WITTGENSTEINPREISTRÄGER AUF HOHER SEE

Ăźber 50 immer noch auf Vertragsbasis arbeiten.“ Doch schlieĂ&#x;lich erhielt Herndl „rechtzeitig“ eine Stelle als Assistenzprofessor an der Uni Wien. Im Jahr 1997 wurde er zum Leiter des renommierten Departments fĂźr Biologische Ozeanographie am KĂśniglich-Niederländischen Institut fĂźr Meeresforschung berufen. Elf Jahre später wählte er unter mehreren

„Im Binnenland Ă–sterreich fristet die Meeresbiologie ein eher belächeltes Dasein“, sagt Gerhard Herndl. Doch das hat den gebĂźrtigen St. PĂśltner nicht davon abgehalten, es in dieser Disziplin zu hĂśchsten Weihen zu bringen. Nach dem mit 2,5 Millionen Euro dotierten

Jobangeboten Professur und Leitung des Departments fĂźr Meeresbiologie an der Universität Wien. Das Interesse fĂźr die Welt der Meere weckten bereits in Jugendjahren Filme von Jacques-Yves Cousteau und BĂźcher von Hans Hass. Die Faszination des Abenteuers erlebt der 55-jährige Professor nach wie vor einmal jährlich auf dem niederländischen Forschungsschiff „Pelagia“. Gemeinsam mit seiner Gruppe sammelt er dann Proben von Mikroorganismen aus der atlantischen Tiefsee. Aufgrund seiner engen Kontakte nach Holland – Herndl ist Adjunct Senior Scientist am KĂśniglich-Niederländischen Institut - kĂśnnen die Ă–sterreicher das 70 Meter lange Schiff zum Selbstkostenpreis von 14.500 Euro pro Tag mieten. Von Traumschiffidylle freilich keine Spur. Ungefährlich ist die Reise nämlich nicht. Ein Kollege geriet einmal mit dem Finger in eine Seilwinde und musste anschlieĂ&#x;end mit dem Hubschrauber abtransportiert werden. Herndls Tipp fĂźr Neulinge an Bord: „Nie in einen TĂźrrahmen greifen.“ Neben GlĂźck und dem Willen, viel Zeit in seine Arbeit zu investieren, sei es fĂźr die Karriere wichtig, sich Forschungsthemen zu suchen, die einen Neuwert haben. So untersuchte Herndl Anfang der

Thorsten Schumm: „Ich plane sehr grĂźndlich und habe mir bei jedem Karriereschritt genau Ăźberlegt, welcher der nächste sein kĂśnnte. Trotzdem kann man eine wissenschaftliche Karriere nicht alleine machen. Man braucht Leute, die einen beraten und unterstĂźtzen.“ 90er-Jahre den Einfluss von UV-Strahlung auf Meeresorganismen. Weil dieses Thema ganz neu war, gelang es, eine Publikation im Fachmagazin „Nature“ zu platzieren. „Das brachte Aufmerksamkeit, Zitationen und Einladungen zu Konferenzen“, sagt Herndl. „Sogar Schiffsexpeditionen wurden kurzfristig geändert.“

Foto: Foto Wilke

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ohl kaum ein Berufsstand ist so reich an Stereotypen und Klischees wie jener der/des WissenschaftlerIn. Film und Literatur geizen nicht mit stilisierten Darstellungen. Man kennt den/die verschrobene/n EinzelgängerIn, den/die verbissene/n TßftlerIn, den/die zerstreute/n ProfessorIn, die Laborrat-


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Markus Hengstschläger: „Ich hatte das GlĂźck, nie vor demotivierten Lehrern zu sitzen – weder in der Schule, noch auf der Uni. Ich begrĂźĂ&#x;e deshalb die MĂśglichkeiten von Studierenden, Vortragende zu evaluieren. Denn wer schlechte Evaluierungen hat, sollte bei uns nicht habilitiert werden.“ THORSTEN SCHUMM – VOM BERGSEE ZUR PROFESSUR

Auch der Physiker Thorsten Schumm verdankt seine Blitzkarriere der Wahl des richtigen Forschungsthemas. „Ich habe mich zwei Wochen mit dem PC an einen Bergsee zurĂźckgezogen und Ăźberlegt, was ich langfristig tun will“, sagt Schumm. Er entschied sich fĂźr die Beschäftigung mit dem Isotop Thorium-229. Dessen Besonderheit: Der Atomkern lässt sich bereits mit niedrigen Energien eines Lasers anregen, was sonst nur bei Elektronen mĂśglich ist. Wenn es gelingt, die notwendige Wellenlänge des Lasers exakt zu bestimmen, kĂśnnten auf dieser Grundlage Atomuhren mit bisher ungekannter Genauigkeit gebaut werden. In der Folge wäre es vielleicht sogar mĂśglich, die Konstanz von Naturkonstanten zu ĂźberprĂźfen. Weltweit arbeiten nur drei Gruppen an diesem Nischenthema. 2009 erhielt Schumm dafĂźr den STARTPreis, ein Jahr später den ERC Starting Grant. Mit nur 36 Jahren avancierte Schumm heuer zum Professor fĂźr Quantenmetrologie am Atominstitut der TU Wien. „Ich plane sehr grĂźndlich und habe mir bei jedem Karriereschritt genau Ăźberlegt, welcher der nächste sein kĂśnnte“, sagt Schumm. Trotzdem: „Man kann eine wissenschaftliche Karriere nicht alleine machen. Man braucht Leute, die einen beraten und unterstĂźtzen.“ FĂźr den gebĂźrtigen Berliner war dieser Mentor JĂśrg Schmiedmayer, mit dem er auch während Aufenthalten in Frankreich und Kanada stets in engem Kontakt stand. FĂźr die wissenschaftliche Entwicklung sei es am wichtigsten, ein passendes Umfeld zu haben. „Deshalb sollte man sich frĂźhzeitig eine Gruppe suchen, die an der Weltspitze mitarbeitet“, meint Schumm. „Nur so kommt man in Kontakt mit internationalen Topleuten.“ Mit dem Erfolg gehe aber auch Verantwortung einher. Man muss sich um sein Team kĂźmmern, FĂśrdergelder einwerben und den MitarbeiterInnen die MĂśglichkeit geben, an Erfolg versprechenden Themen zu arbeiten. MARKUS HENGSTSCHLĂ„GER – KRITIK UND INTRINSISCHE MOTIVATION

Auch Markus Hengstschläger, Vorstand des Instituts fßr Medizinische Genetik der MedU-

ni Wien, betont die Bedeutung guter Lehrer. „Ich hatte das GlĂźck, nie vor demotivierten Lehrern zu sitzen“, sagt er. „Weder in der Schule, noch auf der Uni.“ Explizit begrĂźĂ&#x;t er deshalb die MĂśglichkeiten von Studierenden, Vortragende zu evaluieren und zu kritisieren. „Wer schlechte Evaluierungen hat, sollte bei uns nicht habilitiert werden.“ Den Bildungsauftrag nimmt Hengstschläger auch als Autor mehrerer erfolgreicher populärwissenschaftlicher BĂźcher wahr. Nach seinem Studium der Genetik (unter Mindestdauer und mit Auszeichnung) ging Hengstschläger als Post-Doc an die amerikanische Eliteuni Yale. Mit 22 Jahren wurde er Universitätsassistent, habilitierte sich mit 29 und folgte mit 36 einem Ruf als Professor der MedUni. Planbar

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sentlich zur Erforschung der TuberÜsen Sklerose beigetragen oder Stammzellen aus Fruchtwasser entdeckt. MONIKA RITSCH-MARTE – MUT ZUR VERÄNDERUNG

FĂźr die Innsbrucker Physikerin Monika Ritsch-Marte war schon immer klar, dass sie in die Wissenschaft gehĂśrt. „Ich bin durch und durch Forscherin“, sagt sie. Unentschlossen, welche Naturwissenschaft sie studieren sollte, Ăźberzeugte sie ein Tag der offenen TĂźr an der Uni Innsbruck Theoretische Physik zu studieren. Die Dissertation in Quantenoptik schrieb sie in Neuseeland. Ihr Doktorvater fĂśrderte Ritsch-Marte stark, schickte sie beispielsweise auf groĂ&#x;e Konferenzen. „Es ist extrem motivierend, wenn man als junger Mensch vor Nobelpreisträgern sprechen darf“, sagt sie. Nach Aufenthalten in Schottland, Australien, Italien, Finnland und den USA kehrte die Forscherin zurĂźck nach Ă–sterreich. Weil ihr Fachgebiet in Innsbruck bereits besetzt war, sattelte sie kurzerhand von der Theoretischen Physik auf Angewandte Physik um. Ein radikaler Schritt, den sie aber keineswegs bereut. Seit

Monika Ritsch-Marte: „Wissenschaft ist ein sehr abwechslungsreicher Beruf. Man braucht dafĂźr einen Mix aus verschiedenen Fähigkeiten. Man muss unter anderem detailverliebt sein, aber im richtigen Moment auch wieder in eine vĂśllig andere Richtung denken.“ ist so eine Karriere nicht. Im Gegenteil: „Man kommt nur weiter, wenn man die Ăźblichen Wege verlässt“, so Hengstschläger. Um in der Wissenschaft erfolgreich zu sein, brauche man vor allem zwei Eigenschaften. „Man muss Kritik an der eigenen Arbeit schätzen und als Chance sehen, sich zu verbessern“, meint Hengstschläger. „Zudem braucht man etwas das ich intrinsische Motivation nenne – den unbedingten Antrieb, Probleme zu lĂśsen.“ Angehende JungforscherInnen sollten sich deshalb fragen, ob sie sich in dieser Charakterisierung wiederfinden. Wer vor allem viel Geld verdienen mĂśchte, sei in der Privatwirtschaft besser aufgehoben. „Wissenschaft hat nur einen Anspruch – Wissen zu schaffen“, sagt Hengstschläger. „Man muss damit leben kĂśnnen, wenn die eigene Forschung niemals bis zur Anwendung kommt.“ Umso befriedigender ist es, wenn Erkenntnisse den Weg aus dem Labor in den klinischen Alltag finden. Hengstschlägers Team hat beispielsweise we-

2004 leitet die 50-Jährige die Sektion fĂźr Biomedizinische Physik an der MedUni Innsbruck und entwickelt optische Imaging-Methoden fĂźr biomedizinische Anwendungen. „Das ist ein spannendes Gebiet“, sagt sie. „Viele Kollegen aus der Quantenoptik gehen jetzt auch in Richtung Biomedizin.“ 2009 erhielt Ritsch-Marte einen ERC Advanced Grant. „Eine unglaublich tolle Bestätigung“, wie sie sagt. Aber auch ein ganz handfester Finanzpolster. Mit den knapp zwei Millionen Euro fĂźr fĂźnf Jahre kann sie neue Mitarbeiter anstellen und hochwertige Geräte kaufen. Ritsch-Marte hatte vor ihrer Professur keine Assistentenstelle gehabt, finanzierte sich stets Ăźber Stipendien oder Drittmittel. Die hohe Kunst, FĂśrderanträge zu schreiben beherrscht sie deshalb souverän. „Wissenschaft ist ein sehr abwechslungsreicher Beruf, man braucht dafĂźr einen Mix aus verschiedenen Fähigkeiten“, sagt Ritsch-Marte. „Man muss detailverliebt sein, sich in Probleme ver-

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FOKUS


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í˘ąí˘´ FOKUS

arbeit. Sie hält es fĂźr ethisch geboten, Forschungsergebnisse, die von allgemeiner Relevanz sind, an die breite BevĂślkerung zu kommunizieren. Als Klimaforscherin ist sie in der privilegierten Situation, auf reges Ăśffentliches Interesse an ihrer Arbeit zu stoĂ&#x;en. „Als Wissenschaftlerin trägt man Verantwortung gegenĂźber der Gesellschaft“, sagt sie.

Helga Kromp-Kolb: „Ich bin bei der Meteorologie gelandet, weil das nur wenige Leute studierten. Daher nahm ich an, dass das Umfeld angenehm ist. Aber egal, wohin einen der Zufall fĂźhrt, innerhalb dieses Bereiches muss man selbst bestimmen, wohin man will.“ mit dem Erklimmen der akademischen Karriereleiter unweigerlich ergeben. Ein europäisches und – in eingeschränktem AusmaĂ&#x; auch – amerikanisches Phänomen, das Ritsch-Marte gar nicht behagt. „Der Verwaltungsaufwand nimmt Ăźberhand“, moniert sie. „Zahlreiche Kollegen gehen deshalb nach Asien, wo man Wissenschaftler davon bewusst verschont.“ HELGA KROMP-KOLB – GESELLSCHAFTLICHE VERANTWORTUNG

Dass sich die Entscheidung fĂźr den späteren ForscherInnenberuf bereits in frĂźhen Jahren abzeichnet, ist ein Merkmal vieler SpitzenWissenschaftlerInnen. Oft spielen prägende Vorbilder oder ein punktuelles „Erweckungserlebnis“ eine Rolle. Eine seltene Ausnahme ist die 63-jährige Klimaforscherin Helga Kromp-Kolb, Leiterin des Instituts fĂźr Meteorologie an der Boku. „Nach der Matura wusste ich erst nicht, was ich tun will“, sagt sie. Sie entschied sich gegen die Alternative, im sozialen Bereich zu arbeiten und fĂźr ein Studium. „Ich bin bei der Meteorologie gelandet, weil das nur wenige Leute studierten. Daher nahm ich an, dass das Umfeld angenehm ist.“ Jobsorgen kannten MeteorologInnen damals nicht. Eine Anstellung bei der ZAMG oder beim Heereswetterdienst war AbsolventInnen so gut wie sicher. „Während ich an der Dissertation schrieb, hat mich mein Betreuer Heinz Reuter gefragt, ob ich bei ihm Assistentin werden will“, sagt Kromp-Kolb. „So bin ich in die Wissenschaft gekommen.“ Dass Wissenschaft auch ein Beruf ist, in dem es harte Konkurrenz gibt, wurde Kromp-Kolb erstmals bewusst, als sie und ein älterer Kollege sich um einen Posten als AbteilungsleiterIn bei der ZAMG bewarben: „Das war fĂźr mich eine vĂśllig neue Erfahrung.“ Kromp-Kolb betreibt aktiv Ă–ffentlichkeits-

In der Karriere spielt GlĂźck eine wichtige Rolle. So kann man es als Zufall betrachten, dass Kromp-Kolbs Doktorvater in den frĂźhen 70erJahren Schadstoffausbreitungen in der Atmosphäre erforschte. Dadurch musste sie sich in ein Thema einarbeiten, das rasch an internationaler Popularität gewann. „Aber egal, wohin einen der Zufall fĂźhrt, innerhalb dieses Bereiches muss man selbst bestimmen, wohin man will.“ Ăœber die Eignung junger ForscherInnen entscheidet Kromp-Kolb gegen den internationalen Trend nicht primär auf Basis von Publikationen oder von bibliografischer Analysesoftware generierten Bewertungen. „NatĂźrlich ist wichtig, was ein Bewerber bisher geleistet hat“, meint sie. „Aber man muss Menschen auch die Chance geben, sich erst zu entwikkeln.“ Charakterliche Eigenschaften sind ihr besonders wichtig. Wer nur an seine Karriere denkt und sich zu gut dafĂźr ist, auch mal den

schon als Kind begeistert von allem, was mit Technik zu tun hat. Auch die Geheimnisse der Natur haben es dem Leiter der Business Unit „Nachhaltige Gebäudetechnologien“ am AIT Austrian Institute of Technology schon frĂźh angetan. „Ich habe im Wald Pflanzen gesammelt und in Ordnern katalogisiert.“ Das TĂźfteln am Elektrobaukasten brachte die Entscheidung fĂźr die Elektrotechnik-HTL. Eine harte Schule: „80 Stunden Arbeit die Woche war normal“, sagt Palensky. „Aber es war eine gute Art von Druck.“ Nach dem Studium der Elektrotechnik an der TU Wien, starte Palensky eine akademische Karriere. Stationen waren Wien, Hamburg, Berkeley und Hanyang in SĂźdkorea. In SĂźdafrika erhielt der Globetrotter, der sich „ßberall zu Hause“ fĂźhlt, „wenn das Umfeld passt“, eine Professur. Vor zwei Jahren wollte er eigentlich wieder nach Berkeley gehen, entschied sich dann aber doch fĂźr ein Angebot des AIT. „An universitären Instituten ist man meist auf wenige Themen beschränkt“, sagt Palensky. „In einem groĂ&#x;en Forschungsinstitut wie dem AIT kann man viel breiter arbeiten.“ In Palenskys Team arbeiten WissenschaftlerInnen aus verschiedenen Disziplinen. „Das ist sehr spannend und erĂśffnet groĂ&#x;e Potenziale.“ Die Tugenden eines/einer WissenschaftlerIn? „Talent, Begeisterung und eine exzellente Ausbildung setze ich voraus“, so Palensky. „DarĂźber hinaus braucht es Hartnäckigkeit. Aber mit einem Ziel vor Augen.“ Naiv wäre es auĂ&#x;erdem zu glauben, dass man nicht ab und zu Ellbogentechnik benĂśtigt. Gleichzeit betont er aber, dass man ein Mensch bleiben mĂźsse. Als diesbezĂźgliches SchlĂźsselerlebnis nennt Palensky seinen ersten Tag an der HTL. „Ein Professor sagte zu uns: Wir werden sie AUCH zu Technikern machen, aber

Peter Palensky: „Die Tugenden eines Wissenschaftlers? Talent, Begeisterung und eine exzellente Ausbildung setze ich voraus. DarĂźber hinaus braucht es Hartnäckigkeit. Aber mit einem Ziel vor Augen.“ Drucker mit Papier zu befĂźllen, hat wenig Chancen, in Kromp-Kolbs Team aufgenommen zu werden. „Ich bewerte Interessen und Motivation von Bewerbern sehr hoch“, sagt sie. „Es gibt niemanden, der nur Stärken hat.“ PETER PALENSKY – EIN MENSCH BLEIBEN

Geprägt von seinem Vater – einem „technischen Allrounder“ – war Peter Palensky

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Foto: Biomasseverband

beiĂ&#x;en kĂśnnen. Aber auch im richtigen Moment wieder in eine vĂśllig andere Richtung denken.“ Voraussetzungen fĂźr Erfolg sind weiters Konsequenz in der Karriereplanung und Teamfähigkeit. Hilfreich ist aber auch ein gesundes MaĂ&#x; an Frustrationstoleranz. Dies vor allem angesichts der administrativen Aufgaben, die sich

vorrangig zu Menschen“, erinnert er sich zurĂźck. Diesen humanistischen Anspruch versucht er auch in der Lehre weiterzugeben. Palensky unterrichtet an drei Hochschulen. Nicht der „symbolischen Bezahlung“ wegen, sondern aus Ăœberzeugung. Ein klein wenig KalkĂźl ist aber doch dabei, räumt er ein. Denn: „Man lernt viele Studierende kennen. Das ist hilfreich, wenn man neue Mitarbeiter sucht.“ k Raimund Lang


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FORSCHUNG

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AIT stark in internationaler Forschung verankert STRAIGHT AHEAD. AIT Aufsichtsratspräsident Hannes Androsch steckte das Ziel im Rahmen der letzten Bilanzpressekonferenz, Mitte Juni in Wien, unmissverständlich ab: „Nur wer die Nummer Eins oder Zwei ist, hat die Chance zur globalen Exzellenz“. FĂźr die AIT-Geschäftsleitung bedeutet dies, neben der Fokussierung auf die in der Strategie definierten Forschungsbereiche, noch stärker auf internationale Forschungskooperationen zu setzen. g

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Foto: Krischanz und Zeiller

rof. Wolfgang Knoll, Managing Director des AIT Austrian Institute of Technology, betonte im Rahmen der Bilanzpressekonferenz, Mitte Juni im Wiener TechGate: „Bereits jetzt ist es dem AIT in maĂ&#x;geblichen Forschungsfeldern gelungen, was uns Aufsichtsratspräsident Hannes Androsch als unmissverständliche Richtschnur vorgegeben hat: An uns fĂźhrt in der europäischen Forschung in der Zwischenzeit kein Weg mehr vorbei. Beispielsweise ist das AIT Mitglied der European Energy Research Alliance (EERA), eines von 14 fĂźhrenden Instituten, die sich gemeinsam die Entwicklung neuer Energietechnologien zur Aufgabe gemacht haben. Damit soll der Klimawandel erfolgreich bekämpft und die Energieversorgung Europas auch in Zukunft sichergestellt werden. Mit unserem Sim Tech Labor – das intelligente Netze simuliert – sind wir vorne dabei, wenn es um die Einbindung dezentraler erneuerbarer Energieträger und verteilter Energiespeichersystemen in aktive Verteilnetze geht. Im Bereich der Mobi-

Das AIT Austrian Institute of Technology ist weltweit mit den Prime Playern der internationalen Forschung vernetzt.

den Herausforderungen der Energiespeicherung beschäftigt. Und schlieĂ&#x;lich arbeiten wir – als Follow-Up zur letztjährigen Expo in Shanghai – unter anderem

AIT Aufsichtsratspräsident Hannes Androsch: „Wir engagieren die besten KĂśpfe der Welt, um der Gesellschaft heute jene LĂśsungen zu bieten, die sie morgen zur Bewältigung der Grand Challenges braucht.“ lität ist das AIT Mobility Department KonsortialfĂźhrer des EU-Projektes „SmartBatt“, bei dem sich insgesamt neun Partner aus fĂźnf verschiedenen EU-Ländern mit

auch mit Nanchang, einer FĂźnf-MillionenEinwohner-Metropole in China, an der Entwicklung einer ‘Low Carbon City’. Unser Ziel ist es nun, diesen internationalen

Vorreiterstatus auch in allen anderen unserer Forschungsfelder zu erreichen“. AIT Managing Director Anton Plimon: „Globale Exzellenz kann nur aufbauen, wer sich auf einzelne Forschungsfelder fokussiert und dort seine Kräfte bĂźndelt. Wir haben das im Rahmen unserer Forschungsstrategie konsequent umgesetzt und arbeiten nun mit fĂźnf Departments an insgesamt elf Forschungsschwerpunkten entlang den global definierten Grand Challenges. Unsere Forschungskooperationspartner sind dabei in erster Linie die maĂ&#x;geblichen europäischen Forschungs-Hot-Spots, wie etwa Fraunhofer, die ETH-ZĂźrich, KTH in Stockholm, VITO in Belgien, oder die TNO in Holland. Aber es gibt in der Zwischenzeit auch weltweit kaum ein ernstzunehmendes Forschungsinstitut, mit dem wir nicht in irgendeiner Form bereits kooperieren.“ Lesen Sie in der nächsten Ausgabe, in welchen internationalen Forschungsprojekten das AIT eingebunden ist. k


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í˘ąí˘ś FORSCHUNGSFĂ–RDERUNG

FÜrderung erneuerbarer Energieträger rechnet sich

Foto: Kathrin39 - Fotolia.com

HEBELWIRKUNG. Wie eine im Auftrag des Bundesministeriums fßr Verkehr, Innovation und Technologie erstellte Marktstudie belegt, erwirtschafteten Üsterreichische Unternehmen aus den Bereichen Biomasse, Photovoltaik, Solarthermie und Wärmepumpen im Vorjahr 3,6 Milliarden Euro Umsatz. g

Erneuerbare Energieträger rechnen sich nicht nur fĂźr den Wirtschaftsstandort Ă–sterreich – auch fĂźr KonsumentInnen ergeben sich mittels Biomasse, Photovoltaik, Solarthermie & Co interessante Einsparpotenziale im Haushaltsbudget

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ie Entwicklung erneuerbarer Energieträger ist ein wesentliches Element zur Stärkung des Ăśsterreichischen Wirtschaftsstandortes und sorgt gleichzeitig fĂźr positive Umwelteffekte. Konsequente Investitionen in die Energieforschung machen sich bezahlt. Denn obwohl im Vorjahr auch der Bereich der innovativen Energietechnologien wie viele andere Wirtschaftsbereiche von der Wirtschaftskrise nicht unberĂźhrt blieb und die entsprechend gedämpften Investitionen sowie der 2010 noch relativ niedrige Ă–lpreis den starken Aufwärtstrend von Heizsystemen auf Basis erneuerbarer Energien abgebremst hatten, erwies sich der Ăśsterreichische Markt als krisenfest.

RĂœCKGĂ„NGE IN DEN ABSATZZAHLEN waren in erster Linie auf MarkteinbrĂźche in den fĂźr diese Technologien wichtigen Hauptexportländern wie etwa Deutschland zurĂźckzufĂźhren. Die Solarthermie-, Photovoltaik- und Biomassetechnologiebranche setzt den GroĂ&#x;teil ihrer Produktion Ăźber Exportmärkte ab. Auf dem deutschen Markt stammen zwei von drei Biomassekesseln in der Kategorie bis 100 kW aus Ăśsterreichischer Produktion, der Exportanteil thermischer Kollektoren liegt bei 79 Prozent. Insgesamt erzielten Unternehmen in den vier Bereichen Biomasse, Photovoltaik, Solarthermie und Wärmepumpen im vergangenen Jahr mit 27.617 Beschäftigten 3,6 Milliarden Euro Umsatz, wie eine vom Bundesministerium fĂźr Verkehr, Innovation und Technologie (BMVIT) beauftragte Marktstudie belegt. Durch diese erneuerbaren Energieformen konnte der AusstoĂ&#x; von Kohlendioxid um mehr als 10,2 Millionen Tonnen reduziert werden. „Österreichs Unternehmen bewähren sich im Bereich erneuerbarer Energien im internationalen Wettbewerb“, betont Infrastrukturministerin Doris Bures. „Und um diese Spitzenposition zu halten, mĂźssen wir die Forschung und Technologieentwicklung in den Betrieben fĂśrdern. Denn die Forschungsaufgaben von heute schaffen die Arbeitsplätze von morgen.“ MIT DER DOKUMENTATION UND ANALYSE

der Marktentwicklung der Technologien zur Nutzung erneuerbarer Energie wird eine Planungs- und Entscheidungsgrundlage fĂźr zahlreiche Akteursgruppen in Politik, Wirtschaft sowie in Forschung und Entwicklung geschaffen. Die regelmäĂ&#x;ige Erhebung der fĂźr die Energieforschung relevanten Technologiebereiche und deren Marktentwicklungen machen die Ăśkonomischen Auswirkungen von F&E-Anstrengungen deutlich. Im Rahmen der Marktstudie wurden die wichtigsten SchlĂźsseldaten in den Bereichen


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FORSCHUNGSFĂ–RDERUNG

DIE NUTZUNG FESTER BIOMASSE ist einer der wichtigsten Faktoren der erneuerbaren Energienutzung in Ă–sterreich. Der Inlandsverbrauch fester Biobrennstoffe stieg im Vergleich zu 2009 um 500.000 Tonnen auf 12,5 Millionen Tonnen im Jahr 2010, der Hackgutverbrauch erreichte im Vorjahr 6,1 Millionen Tonnen. Durch den Einsatz biogener Brennstoffe konnten rund 9,4 Millionen Tonnen CO2 eingespart werden. Die Biobrennstoffbranche hat im Vorjahr mit 13.300 Beschäftigten einen Gesamtumsatz von 1,3 Milliarden Euro erwirtschaftet. 70 Prozent der Produktion Ăśsterreichischer Biomasse-Kesselhersteller gehen in den Export, vor allem nach Deutschland und Italien. Die Forschung bei Biomassekessel gilt vor allem der Erweiterung des Lastbereiches, der weiteren Reduktion der Emissionen und der Senkung des Hilfsenergiebedarfes. BEI NETZGEKOPPELTEN PHOTOVOLTAIKANLAGEN gab es durch gezielte FĂśrderaktio-

nen sogar eine Verdoppelung und damit einen historischen Absatzrekord im Inlandsmarkt. Der Zuwachs betrug 42.902 Kilowatt peak, die Gesamtleistung aller Photovoltaikanlagen liegt bei rund 95,5 Megawatt peak. Die installierten Anlagen bewirkten im Vorjahr eine Reduktion von CO2-Emissionen um knapp 37.000 Tonnen. Die heimische Forschung und Entwicklung im Bereich Photovoltaik beschäftigt sich vor allem mit DĂźnnschichttechnologien, Netzintegration und Gebäudeintegration. BEI THERMISCHEN SOLARANLAGEN zählt Ă–sterreich zu den Spitzenreitern in Europa. Bezogen auf die pro Einwohner installierte Kollektorleistung liegt die Alpenrepublik hinter Zypern auf dem zweiten Platz. Ende 2010 waren in Ă–sterreich 4,5 Millionen Quadratmeter thermische Sonnenkollektoren in Betrieb, was einer thermischen Leistung von drei Gigawatt und einer CO2-Einsparung von 455.000 Tonnen entspricht. Die heimischen Erzeuger zählen mit knapp 1,3 Millionen Quadratmetern Kollektorfläche zu den grĂśĂ&#x;ten Produzenten in Europa, 79 Prozent der Produktion gehen in den Export. Im ersten Quartal 2011 zeichnete sich ein Plus von 19,3 Prozent zum Vorjahrsquartal ab. Zu den zentralen Forschungsfragen in der Solarthermie gehĂśren neue Anwendungen wie solare Prozesswärme und Wärmespeicher mit hoher Wärmedichte.

DER GESAMTABSATZ VON Ă–STERREICHISCHEN WĂ„RMEPUMPEN ist im Vorjahr um

3,1 Prozent gesunken. RĂźckgänge gab es dabei vor allem im Sektor Brauchwasserwärmepumpen und beim Export von Heizungswärmepumpen, während sich der Inlandsmarkt fĂźr Heizungswärmepumpen mit einem nur geringen RĂźckgang als verhältnismäĂ&#x;ig stabil erwies. Im Mittelpunkt der Forschung bei Wärmepumpensystemen stehen Kombinationsanlagen mit anderen Systemen, beispielsweise mit solarthermischen oder Photovoltaikanlagen, und die ErschlieĂ&#x;ung neuer Energiedienstleistungen wie RaumkĂźhlung und Klimatisierung oder auch die Gebäudetrockenlegung im Sanierungsbereich. „Diese Analyse zur Marktentwicklung in den Bereichen der thermischen Solarenergie, Photovoltaik, Wärmepumpen und Biomasse zeigt fĂźr mich auf beeindruckende Weise, wie gezielte MaĂ&#x;nahmen in Forschung und Entwicklung ganz wesentlich zu einer Steigerung der Technologiekompetenz beitragen kĂśnnen“, hebt Doris Bures die Bedeutung der Marktstudie hervor und versichert: „Mein Ressort wird die Entwicklung von erneuerbaren Energieträgern auch in Zukunft im Rahmen der Forschungs- und TechnologiefĂśrderung weiter vorantreiben, um den Ăśsterreichischen Zielsetzungen hier noch einen Schritt näher zu kommen.“

Infrastrukturministerin Doris Bures: „Die aktuelle Analyse zur Marktentwicklung in den Bereichen der thermischen Solarenergie, Photovoltaik, Wärmepumpen und Biomasse zeigt fĂźr mich auf beeindruckende Weise, wie gezielte MaĂ&#x;nahmen in Forschung und Entwicklung ganz wesentlich zu einer Steigerung der Technologiekompetenz beitragen kĂśnnen.“ In den vergangenen Jahren hat das BMVIT in den Forschungsprogrammen „Haus der Zukunft“ und „Haus der Zukunft Plus“ mehr als 350 Forschungsprojekte mit rund 47 Millionen Euro gefĂśrdert. Und Ăźber den Klimafonds stellt es jährlich mehr als 30 Millionen Euro fĂźr das Forschungs- und Technologieprogramm „Neue Energien 2020“ zur VerfĂźgung. Die Forschungs-, Innovations- und Technologieinitiative (FTIInitiative) „Intelligente Produktion“ mit einem Volumen von 50 Millionen Euro konzentriert sich auf energie- und ressourcenschonende Produktionstechnologien. k Silvia Anner

Foto: Rigaud

thermische Solarenergie, Photovoltaik, Wärmepumpen und erstmals auch Biomassenutzung untersucht.

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„Konzept ‘one medicine – one health‘ ist uns sehr wichtig“

Fotos: CDG

MEDIZIN. Das neu erÜffnete Christian Doppler-Labor fßr Innovative Immuntherapie an der Veterinärmedizinischen Universität Wien erforscht eine alternative Therapieform zur Behandlung von Hautkrebs und Hirntumoren. Dazu werden unter anderem spezielle AntikÜrper aus dem Blut transgener Rinder hergestellt. g

Die fĂźr die Therapie erforderlichen bi-spezifischen AntikĂśrper werden aus dem Blut transgener Rinder kĂźnstlich hergestellt und kĂśnnen im Gegensatz zu natĂźrlichen AntikĂśrpern zwei verschiedene Rezeptoren spezifisch binden.

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ei metastasierenden malignen Melanomen, der gefährlichsten Form von Hautkrebs, und Glioblastomen, speziellen Hirntumoren, stoĂ&#x;en die herkĂśmmlichen Methoden der Onkologie – operative Tumorentfernung, Bestrahlung und Chemotherapie – an ihre Grenzen. Am neu erĂśffneten Christian DopplerLabor fĂźr Innovative Immuntherapie an der Veterinärmedizinischen Universität Wien werden neue immuntherapeutische Ansätze erforscht, die darauf abzielen, das Immunsystem mithilfe spezifischer AntikĂśrper in die Lage zu versetzen, Tumorzellen zu erkennen und ausschlieĂ&#x;lich diese zu zerstĂśren. Diese speziellen AntikĂśrper werden aus dem Blut transgener Rinder hergestellt.

DIE KĂœNSTLICH HERGESTELLTEN bi-spezifischen AntikĂśrper kĂśnnen im Gegensatz zu natĂźrlichen AntikĂśrpern zwei verschiedene Rezeptoren spezifisch binden. „Der Riesenvorteil dabei ist, dass sie als BrĂźcke zwischen zwei Zelltypen fungieren“, erläutert Laborleiter Gottfried Brem. „Wir binden den Krebszellen quasi ein Mascherl um, um sie fĂźr die Immunzellen erkennbar zu machen, damit diese die Krebszelle zerstĂśren.“ In den nächsten zwei Jahren wollen die ForscherInnen herausfinden, ob dieses in-vitro erprobte Verfahren auch im menschlichen Organismus ohne gefährliche Nebenwirkungen funktioniert, also die Abwehrreaktion sich nicht auch gegen kĂśrpereigenes Gewebe richtet. „Die Waffen des Immunsystems mĂźssen so gewählt sein, dass auĂ&#x;er dem Tumor nichts anderes geschädigt wird“, betont Brem. „Es bringt ja nichts, wenn man mit einer Therapie den Tumor umbringt, aber dazu auch gleich den Patienten.“ FĂźr die Tests wird erstmals ein humanisiertes Mausmodell eingesetzt, das menschliche Tumorzellen trägt und dessen Immunsystem durch die Injektion menschlicher Stammzellen dem des Menschen ähnelt. Untersucht wird auch, ob der gewählte AntikĂśrper in Form von Monomeren oder Dimeren, also jeweils als Einzel- oder DoppelmolekĂźl, zum Einsatz kommen soll. Mit diesem Paket werden die Grundlagen fĂźr die Anwendung dieser AntikĂśrper in einer klinischen Studie gelegt. SOLCHE BI-SPEZIFISCHEN ANTIKĂ–RPER in der nĂśtigen Reinheit und Konfiguration herzustellen, ist allerdings schwierig. Gottfried Brem, der in mehr als 25 Jahren Erfahrung in der Entwicklung transgener Nutztiere, unter anderem von Kaninchen und Rindern, gesammelt hat, forscht seit zwĂślf Jahren daran, aus dem Blut oder der Milch von Nutztieren rekombinante Proteine zu gewinnen. Durch den Einbau einer


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FORSCHUNG

speziellen Gen-Kombination in das Erbgut von Rindern ist es bereits gelungen, bi-spezifische AntikĂśrper aus dem Rinderblut zu erhalten. „Die transgenen Rinder bilden zusätzlich zu ihren eigenen AntikĂśrpern auch diesen speziellen AntikĂśrper“, so Brem. „Aus einem Liter Blutplasma bekommen wir etwa 100 Milligramm.“ Die Forschungsarbeiten im Christian Doppler-Labor zielen allerdings darauf ab, dass die AntikĂśrper in der Milch produziert werden. „So lässt sich dieses Protein nicht nur leichter gewinnen, auch die Ausbeute kĂśnnte wesentlich hĂśher sein und die Reinigung wesentlich erleichtert.“ DAS NEUE CHRISTIAN DOPPLER-LABOR –

das dritte an der Veterinärmedizinischen Universität – ist fĂźr sieben Jahre mit einem Budget von vier Millionen Euro ausgestattet, 15 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter werden darin beschäftigt sein. Unternehmenspartner ist die Volkspharma GmbH, ein Teil der Unternehmensgruppe Schottdorf Innovation. Dass gerade das Labor fĂźr Innovative Immuntherapie von der Christian Doppler Forschungsgesellschaft gefĂśrdert wird, begrĂźndete CDG-Präsident Univ.-Prof. Reinhart KĂśgerler anlässlich der ErĂśffnung damit, dass „das Forschungsprogramm ambitioniert und qualitativ hochwertig ist, der Laborleiter, Univ.-Prof. Gottfried Brem, hochqualifiziert ist und der Unternehmenspartner Volkspharma stark unterstĂźtzt. Hinzu kommt in diesem Fall die gesellschaftspolitische Relevanz des Themas. Die Behandlung von Hautkrebs und Gehirntumoren betrifft wichtige Forschungsbereiche, in denen das CD-Labor wesentliche Beiträge in unser aller Interesse leisten kann.“ CD-Labors wĂźrden, wie KĂśgerler hervorhob, Flexibilität ermĂśglichen und einen Freiraum schaffen, wo kooperativ geforscht werden kann.

SONJA HAMMERSCHMID, Rektorin der Veterinärmedizinischen Universität, betonte, dass die AnsprĂźche der Industrie an Forschungsergebnissen von Universitäten „ganz besondere“ seien und „wenn diese AnsprĂźche fĂźr die Forschung von vornherein am Tisch liegen und genau definiert sind, tut sich auch die Universität leichter, hier gezielt zu entwickeln, damit die Industrie etwas damit anfangen kann.“ Die CDLabors wĂźrden zudem aufgrund ihrer „niederschwelligen“ Struktur ohne riesige Konsortien auch kleineren Firmen den Einstieg in die Kooperation mit den Universitäten erleichtern. Die Kooperation mit der Industrie liefere der Universität Input seitens des Nutzers wie des Marktes, „und das ist eine sehr befruchtende Synergie“. Allerdings wĂźrden Drittmittel wie jene aus den CD-Labors hinsichtlich der universitären Finanzen nur „marginal“ helfen. DASS DIE VETERINĂ„RMEDIZINISCHE UNIVERSITĂ„T so stark in humanmedizinische

Fragestellungen einsteige, sei nicht ungewÜhnlich, erklärte die Rektorin. Im Sinne des Tiermodells sind Human- und Tiermedizin eng verknßpft, und da sei es naheliegend, dass man Ergebnisse, die in der präklinischen Entwicklung fßr die Humanmedizin gewonnen wurden, auch in der Tier-

Foto: Herbert Graf

Das CD-Labor erforscht neue immuntherapeutische Ansätze, die darauf abzielen, das Immunsystem mithilfe spezifischer AntikĂśrper in die Lage zu versetzen, Tumorzellen zu erkennen und ausschlieĂ&#x;lich diese zu zerstĂśren.

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CD-Laborleiter Gottfried Brem: „Wir binden den Krebszellen mit unserer Methode quasi ein Mascherl um, um sie fĂźr die Immunzellen erkennbar zu machen, damit diese die Krebszelle zerstĂśren.“ medizin anzuwenden versucht. „Das Konzept ‘one medicine – one health‘ ist uns schon sehr wichtig.“ So soll gemeinsam mit der Medizinischen Universität Wien und der Universität Wien ein Institut MenschTier-Beziehung und Vergleichende Medizin im Speziellen geschaffen werden. Organisatorisch wird es an der Vetmed verankert sein und mit dem Zusammenspiel einer Professur fĂźr Ethik und Tierschutz, einer Professur fĂźr Comparative Medicine und einer Professur fĂźr Vergleichende Biologie im Sinne einer Mensch-Tier-Beziehung und des Tierschutzes, so hofft Hammerschmid, auch international groĂ&#x;e Impulse setzen. Die Comparative Medicine soll einen Schwerpunkt bilden und „untermauert das gemeinsame Agieren von Human- und Veterinärmedizin“. Startschuss fĂźr das neue Institut wird im Herbst sein. k Silvia Anner

www.cdg.ac.at Die Christian Doppler Forschungsgesellschaft (CDG) – eine Initiative des Bundesministeriums fßr Wirtschaft und Arbeit – fÜrdert die anwendungsorientierte Grundlagenforschung und ermÜglicht der Wirtschaft den effektiven Zugang zu neuem Wissen. Damit nimmt die CDG seit ihrer Grßndung 1989 als Wissenschafts- und Technologietransfereinrichtung eine Schlßsselposition in der Üsterreichischen Forschungs- und Technologielandschaft ein. Kontakt: BMWFJ, Abteilung C1/9, AL Ulrike Unterer, Tel.: +43 1 71100-8257, Internet: www.bmwfj.gv.at/ technologie CDG, Judith Brunner, Tel.: +43 1 504 22 05-11, Internet: www.cdg.ac.at


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í˘˛í˘ş FORSCHUNGSFĂ–RDERUNG

SchlĂźsseltechnologie fĂźr kĂźnftige Verkehrssysteme PREISWĂœRDIG. Das BMVIT spielt bei der EinfĂźhrung der Elektromobilität in Ă–sterreich eine zentrale Rolle. Mit dem begehrten Staatspreis Mobilität, der 2011 auf dieses Thema fokussiert, werden innovative Produkte und Unternehmen ausgezeichnet. g Energiequellen Rechnung tragen. Elektrofahrzeuge gelten als nachhaltige Zukunftstechnologie mit dem grĂśĂ&#x;ten Potenzial. Als Antriebsoption fĂźr den motorisierten Individualverkehr kennzeichnen sie nach Ăźber 100 Jahren Entwicklungsgeschichte des Verbrennungsmotors einen entscheidenden Technologiewandel im StraĂ&#x;enverkehr. Dieser Wandel bietet die Chance, durch den verstärkten Einsatz erneuerbarer Energien sowie einer erhĂśhten Energieeffizienz die Abhängigkeit vom Ă–l zu reduzieren und gleichzeitig Klima und Umwelt zu schĂźtzen. Denn „die Elektrifizierung des Antriebstranges von Fahrzeugen stellt einen wichtigen Beitrag fĂźr die Erreichung der CO2-Reduktion im StraĂ&#x;enverkehr dar“, wie Josef Affenzeller, Koordinator der internationalen und nationalen Forschung bei AVL List, hervorhebt.

Foto: Klobucsar

DER NATIONALE AKTIONSPLAN ELEKTROMOBILITĂ„T, im Vorjahr unter der FederfĂźh-

Infrastrukturministerin Doris Bures im Rahmen der Präsentation des Solarbusses „Made in Austria“: „E-Mobilität stellt einen wichtigen Beitrag fĂźr ein effizientes, umweltgerechtes und leistbares Verkehrssystem der Zukunft dar und stärkt den Wirtschaftsstandort Ă–sterreich durch WertschĂśpfung und Know-how."

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entrale Trends, wie flexiblere Lebensformen und Arbeitszeiten oder die steigende Zahl von EinpersonenHaushalten, tragen neben raumstrukturellen Entwicklungen wesentlich zur Veränderung der Mobilitätsbedßrfnisse der Gesellschaft bei. Der Modal Split, die Verteilung des Verkehrs auf verschiedene Verkehrsträger, verändert sich in den Städten immer mehr. Zukunftsfähige effiziente Verkehrssysteme mßssen daher all diese Entwicklungen verstärkt berßcksichtigen, um eine hohe Nutzerakzeptanz zu erreichen. Gleichzeitig muss eine Mobilität der Zukunft energie- und umweltpolitischen Anforderungen auf Nachhaltigkeit durch Nutzung erneuerbarer

rung des Bundesministeriums fĂźr Verkehr, Innovation und Technologie (BMVIT) erstellt, soll die entsprechenden Aktivitäten und Investitionen akkordieren und abstimmen. „EMobilität stellt einen wichtigen Beitrag fĂźr ein effizientes, umweltgerechtes und leistbares Verkehrssystem der Zukunft dar und stärkt den Wirtschaftsstandort Ă–sterreich durch WertschĂśpfung und Know-how", betont Innovationsministerin Doris Bures. „Dabei geht es um weit mehr als den bloĂ&#x;en Austausch von Benzinfahrzeugen durch Batteriefahrzeuge und werbewirksame einzelne FĂśrderaktionen. E-Mobilität ist vielmehr ein Prozess, in dem die Technologie, das Verkehrssystem und das Verkehrsverhalten auf einander abgestimmt werden.“ Diesen Prozess fĂśrdert das BMVIT aktuell mit 65 Millionen Euro pro Jahr, und dafĂźr sind neue Konzepte, Ideen und Projekte gefragt. SO STEHT DER STAATSPREIS MOBILITĂ„T

heuer ganz im Zeichen der Elektromobilität. Diese hÜchste Auszeichnung, die die Bundes-


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ministerin fĂźr Verkehr, Innovation und Technologie an Ăśsterreichische Unternehmen und Institutionen verleiht, wird regelmäĂ&#x;ig mit unterschiedlichem Fokus vergeben und signalisiert mit der jeweiligen Schwerpunktsetzung wichtige verkehrs- und technologiepolitische Herausforderungen. Ausgezeichnet werden innovative Konzepte, Produkte und LĂśsungen, die Wege fĂźr eine zielgerichtete EinfĂźhrung von Elektromobilität in ein effizientes und sauberes Verkehrssystem der Zukunft aufzeigen. „E-Mobilität Made in Austria ist das Ziel“, unterstreicht Doris Bures. „Wir stellen heute die Weichen fĂźr die VerkehrslĂśsungen von morgen und sichern Ă–sterreichs Vorsprung in diesem Zukunftsfeld.“ „Die Herausforderung fĂźr die Ăśsterreichische Zulieferindustrie besteht im Wesentlichen darin, diese neuen Technologien, wie zum Beispiel elektrischer Antrieb oder Leichtbau, so zu entwickeln, dass sie wettbewerbsfähig sind, um TechnologiefĂźhrerschaft erreichen zu kĂśnnen“, ergänzt Franz Pirker, Leiter des Mobility Departments des AIT Austrian Institute of Technology. DER STAATSPREIS WIRD IN DREI KATEGORIEN VERLIEHEN: Die Kategorie „Innovativ E-

Mobil“ umfasst richtungsweisende Technologien und Komponenten, die bei Elektrofahrzeugen eingesetzt werden kĂśnnen. In der Kategorie „Intelligent E-Mobil“ werden innovative E-Mobilitätsservices und -infrastrukturen ausgezeichnet, wie etwa entsprechende Informationssysteme und Energieladeeinrichtungen. Das sichere Verwenden von E-Fahrzeugen im StraĂ&#x;enverkehr sowie der sichere Umgang mit ihnen in Unfallsituationen werden in der Kategorie „Sicher E-Mobil“ prämiert. FĂźr Jugendliche und damit die Nutzer der Elektromobilität von morgen gibt es mit „Jugend EMobil“ noch zusätzlich einen eigenen Anerkennungspreis, mit dem Bewusstseins- sowie Aus- und Weiterbildungsinitiativen fĂźr zukĂźnftiges Verkehrsverhalten im Bereich der E-Mobilität ausgezeichnet werden. Zielgruppe fĂźr die Einreichung sind vor allem AkteurInnen aus Forschung und Wissenschaft, Industrie und Wirtschaft sowie Infrastrukturbetreiber und Mobilitätsdienstleister. Die Einreichfrist läuft bis 23. September 2011, 12 Uhr (via e-call; Infos unter www.staatspreis-mobilitaet.at). Die Siegerprojekte werden von einer unabhängigen, international besetzten Jury ausgewählt, die Preisverleihung findet am 17. November 2011 im Rahmen eines Festakts statt. DAS BMVIT FĂ–RDERT SEIT ZEHN JAHREN

innovative Antriebstechnologien und alter-

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Foto: BMVIT

FORSCHUNGSFĂ–RDERUNG

native Treibstoffe, unter anderem mit dem Impulsprogramm „A3plus“ zur FĂśrderung kooperativer F&E Projekte, dem Programm „Energie 2020“, Leuchtturmprojekten, Forschungseinrichtungen und Kompetenzzentren wie etwa dem Hydrogen Center Austria oder K2-Mobility, internationalen Kooperationen im Rahmen des FP7, der ERA-NETs oder der Austrian Agency for Alternative Propulsion Systems. 2009 wurde auch die Initiative „e-connected“ fĂźr Elektromobilität und nachhaltige Energieversorgung gegrĂźndet, die allen potenziellen MarktteilnehmerInnen Informationen bereitstellt und den Erfahrungsaustausch erleichtert. Neben der UnterstĂźtzung des VCĂ–-Mobilitätspreises, der heuer unter dem Thema „Infrastrukturen fĂźr nachhaltige Mobilität“ stand, läuft beispielsweise auf der Website www.ftiremixed.at noch bis 17. September ein Gewinnspiel zum Thema „E-Mobilität“, und zur Programmlinie „Talente regional“ startet im Herbst eine neue Ausschreibung. Die ForschungsfĂśrderungs-Programmlinie „ways2go“ setzt im Rahmen der strategischen Initiative zur FĂśrderung innovativer Verkehrstechnologien IV2Splus „Intelligente Verkehrssysteme und Services plus“ stimulierende MaĂ&#x;nahmen fĂźr Innovationen und Technologien. SO WURDE MIT DEM „ELECTRIC THREE WHEELER“, einem dreirädrigen, batterie-

elektrisch angetriebenen Pkw von KTM und KISKA ein fĂźr den städtischen Verkehr konzipierter Prototyp entwickelt, das elektrische Motorrad „Freeride“ von KTM wird im FrĂźhjahr 2012 in Serienproduktion gehen. FĂźr ein nachhaltiges Taxiverkehrssystem werden geeignete Serienfahrzeuge mit Verbrennungsmotoren auf E-Traktion umgerĂźstet und derzeit in drei Ăśsterreichischen Modellregionen

(Oststeiermark, SĂźdkärnten, Waldviertel) praktisch erprobt. Mit FĂśrderung des Verkehrsministeriums wurde von der „Anstalt fĂźr Verbrennungskraftmaschinen List“ (AVL) im Projekt „EVARE“ der AVL Pure Range Extender entwickelt, mit dessen Einsatz die Reichweite von Elektrofahrzeugen ausgeweitet werden kann. Seit Juli läuft der Testbetrieb fĂźr den Solarbus. Dieser innovative Elektrobus wurde von einem Ăśsterreichischen Entwicklungskonsortium als Citybus mit 35 Plätzen fĂźr den Linienverkehr und als Gemeindebus mit neun Sitzplätzen fĂźr bedarfsgesteuerte Verkehrssysteme realisiert. Im Herbst nimmt das Gemeindebus-Modell in Hornstein den Probebetrieb auf. Im Rahmen des FĂśrderschwerpunkts „generation innovation“ (jetzt Talente) wurde etwa das Projekt „kart4you – Bau dir dein eigenes Kart“ gefĂśrdert, wobei der gemeinschaftliche Bau eines Elektrokarts Ausgangspunkt fĂźr eine spielerische, nachhaltige Technikerfahrung fĂźr Kinder und Jugendliche war. Seitens der Industrie wird das FĂśrder-Engagement des Infrastrukturministeriums hoch geschätzt. „Sehr wertvoll“ sei auch, dass das BMVIT in der ‘A3PS’ eine strategische Zusammenarbeit mit der Ăśsterreichischen Industrie und Forschung eingegangen ist, um diese bei der Entwicklung und MarkteinfĂźhrung von alternativen Antrieben und Treibstoffen zu unterstĂźtzen“, wie Herbert Thanner, bei Magna E-Car Systems fĂźr die Research Program Coordination zuständig, unterstreicht. „Besonders begrĂźĂ&#x;en wir den vom BMVIT geplanten Staatspreis E-Mobilität, da er eine gute Gelegenheit ist, die Kompetenz Ă–sterreichs im Bereich der Elektromobilität entsprechend zu demonstrieren und international sichtbar zu machen.“ k Silvia Anner


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Forschung braucht Infrastruktur! WEB-MEETINGPOINT. Ziel der Initiative „Plattform Forschungsinfrastruktur“ des Forschungsrates ist die Entwicklung eines Ăśsterreichweit koordinierten Ausbaus der Forschungsinfrastruktur durch den Aufbau einer Plattform-FTI-Infrastruktur. g

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STELLVERTRETENDER FORSCHUNGSRATSVORSITZENDER PETER SKALICKY: „Notwendig

sind Weiterentwicklung und Ausbau der Forschungsinfrastruktur, vor allem aber auch bessere Koordination und Kooperation!“ Die derzeit bestehenden Herausforderungen wurden schon mehrfach formuliert. Die „FTI-Strategie“ des Bundes etwa sieht die Forschungsinfrastruktur als Basis fĂźr exzellente Forschung und will einen koordinierten Ausbau erreichen. Die Empfehlungen des Rates fĂźr Forschung und Technologieentwicklung in seiner „Strategie 2020“ sprechen unter anderem von gemeinschaftlicher Nutzung groĂ&#x;er Infrastrukturen und einer Planung Ăźberregionaler Einrichtungen in Abstimmung mit europäischen Infrastrukturvorhaben. In der „Systemevaluierung“ wiederum wurde darauf hingewiesen, dass besonders kleinere forschungstreibende Unternehmen und Institutionen auf den Zugang zu moderner Forschungsinfrastruktur angewiesen sind, und dass ein Mangel an

koordinierter Finanzierung dafĂźr besteht. Auf Basis der vom Forschungsrat beauftragten Erhebung der Ăśsterreichischen Forschungsinfrastruktur stellt sich die Ăśsterreichische Situation derzeit wie folgt dar: n 63 Prozent aller erhobenen Forschungsinfrastrukturen sind den Hochschulen zuzuordnen. n Die thematischen Schwerpunkte „Life Sciences“, „Nano- und Materialwissenschaften“ sowie „Umwelt, Energie und Nachhaltigkeit“ stellen 53 Prozent aller im Rahmen der Studie genannten Forschungsinfrastrukturen.

n Der Bedarf fĂźr neue Investitionen und Erweiterungen im Zeitraum 2010 – 2014 liegt bei den erhobenen Organisationen bei ca. 250 Millionen Euro jährlich und betrifft zu ca. 60 Prozent die Ăśffentliche Finanzierung. DIESER BEFUND LĂ„SST ERKENNEN, dass verbesserte Planung und ein effizienter Einsatz der fĂźr Forschungsinfrastruktur vorhandenen Finanzmittel nur durch entsprechende Koordination von Forschungsinfrastruktur-Vorhaben zwischen den unterschiedlichen Organisationen erreicht werden kann. Zur besseren Planbarkeit gehĂśren aber auch langfristige Investitionszusagen, die alle Kostenfaktoren Ăźber den gesamten „Lebenszyklus“ miteinschlieĂ&#x;en. Fazit von Skalicky: „Um unsere Forschung auf internationalem Standard halten zu kĂśnnen, braucht es vor allem erhĂśhte Kooperationsbereitschaft und neue Finanzierungsmodelle“. ZIEL DER „PLATTFORM FORSCHUNGSINFRASTRUKTUR“ (WWW.FORSCHUNGSINFRASTRUKTUR.AT) ist die Entwicklung eines

Foto: J. Zinner

ie Qualität der Forschungsinfrastruktur ist ein wichtiger Parameter fĂźr die Forschungsleistung, die eine Organisation, eine Region bzw. ein Land erbringen kann, und ist folglich von zentraler Bedeutung fĂźr jeden Wissenschafts- und Wirtschaftsstandort – auch fĂźr Ă–sterreich. Gleichzeitig stellen Erhalt bzw. Verbesserungen der Forschungsinfrastruktur einen bedeutenden Kostenfaktor fĂźr die Budgets von Ăśffentlichen und privaten forschungstreibenden Organisationen dar. KĂźrzer werdende Reinvestitionszyklen und steigende Kosten sind fĂźr einzelne Organisationen in der bestehenden Form daher oftmals nicht mehr tragbar. Gleichzeitig aber werden laut einer vom Forschungsrat in Auftrag gegebenen Studie etwa 56 Prozent der bestehenden Infrastruktur ausschlieĂ&#x;lich oder in Ăźberwiegendem MaĂ&#x;e nur organisationsintern genutzt. Modelle, um den Betrieb von GroĂ&#x;geräte-Infrastruktureinheiten durch den Einbezug von externen NutzerInnen zumindest teilweise zu finanzieren, fehlen in den meisten FĂśrderungs-, Investitions- und Ressourcenplanungen.

Stellvertretender Forschungsratsvorsitzender Peter Skalicky: „Um unsere Forschung auf internationalem Standard halten zu kĂśnnen, braucht es vor allem erhĂśhte Kooperationsbereitschaft und neue Finanzierungsmodelle.“

n Forschungsinfrastrukturen konzentrieren sich auf Universitäts- und Industriestandorte. n 54 Prozent der genannten bestehenden Forschungsinfrastruktur wurde in den vergangenen fĂźnf Jahren angeschafft bzw. in Betrieb genommen. n Mehr als die Hälfte aller genannten bestehenden Forschungsinfrastrukturen weist Anschaffungskosten von < 500.000 Euro auf. n Mehr als die Hälfte der Forschungsinfrastruktur wird zu einem Ăźberwiegenden Teil (80 – 100 Prozent) Ăśffentlich finanziert. n 75 Prozent der Forschungsinfrastrukturen werden organisationsintern genutzt.

Ăśsterreichweit koordinierten Ausbaus der Forschungsinfrastruktur durch den Aufbau einer Plattform fĂźr Forschungsinfrastruktur. Dazu werden im Rahmen der Technologiegespräche in Alpbach die Resultate und Ergebnisse der Studie sowie des Workshops mit Hilfe von Web 2.0-Technologien einer grĂśĂ&#x;eren Community zur Diskussion gestellt. Die Ergebnisse dieses Konsultationsprozesses sollen dann in zukĂźnftige Planungen einflieĂ&#x;en und werden in Form einer Publikation vom Forschungsrat zur VerfĂźgung gestellt. Langfristig kĂśnnte eine Web-Plattform die Planungen der handelnden Organisationen effizient unterstĂźtzen, Kooperationen fĂśrdern und als Basis fĂźr Entscheidungen fĂźr die Errichtung bzw. den Ausbau von nationalen bzw. Ăźberregionalen Forschungsinfrastrukturen dienen. Der Forschungsrat versucht daher weiters, regelmäĂ&#x;ige Abstimmungsgespräche der wesentlichen Akteure zu initiieren und bietet dazu den unterschiedlichen Organisationen bzw VertreterInnen eine Plattform. k


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ALPBACH

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DarĂźber spricht man in

Alpbach

Was wird wo mit wem diskuiert? Nachfolgende Abstracts ausgewählter Impulsreferate zeigen auf, in welche Richtung die Diskussionen in den Arbeitskreisen der Alpbacher Technologiegespräche gehen werden. g

ARBEITSKREIS 1: DIE ZUKUNFT DER HIGH-TECH PRODUKTION IN EUROPA (ABSTRACT VON GĂœNTHER APFALTER,

Foto: Forum Alpbach

MAGNA EUROPE & MAGNA STEYR):

Magna Steyr als Teil des international tätigen Magna Konzerns ist schon aus seiner historischen Tradition sehr stark mit Europa verwurzelt. Die Erfolgsgeschichte der Ăśsterreichischen Mobilitätspioniere begann vor mehr als 100 Jahren und konnte bis in die Gegenwart fortgesetzt werden. Bekannte Beispiele aus frĂźheren Zeiten sind der Puch 500 ebenso wie die fĂźr ihre Robustheit geschätzten Haflinger und Pinzgauer. Heute beschäftigen sich allein in Ă–sterreich fast 6.000 Mitarbeiter mit hochkomplexen Engineerings- und Fertigungsaufgaben im Teile- und Komponentenbereich sowie in der Gesamtfahrzeugfertigung, wie beispielsweise dem Mini Countryman oder dem Aston Martin Rapide. Obwohl es auf den ersten Blick nicht so scheint, ist die Automobilindustrie trotz aller Internationalisierungsaktivitäten ein regionales Geschäft geblieben. Das Credo der Standortstrategie von Magna Steyr lautet deshalb auch „Dort zu sein, wo der Kunde uns braucht“. Damit sich dieses Schlagwort zu einem nachhaltigen unternehmerischen Erfolg entwickelt, sind hochflexible Entwicklungs- und Fertigungsstrategien mit breitem Leistungsumfang notwendig. Dies bedeutet konkret, dass man ein kompetenter Partner fĂźr die Automobilhersteller ist, der schnell und flexibel auf geänderte Kundenanforderungen und –bedĂźrfnisse, aber auch auf geänderte Markt- und Nachfragesituationen reagieren kann. Gleichzeitig erwarten die Automobilhersteller von ihren Zulieferern, dass diese innovativ sind und proaktiv mit neuen LĂśsungen auf ihre Kunden zukommen. Neben der Weiterentwicklung innerbetrieblicher Stärken kommt dem Engagement auĂ&#x;erhalb der Betriebsgrenzen eine hohe Bedeutung zu. Der Automobilcluster Steiermark ist hier ein weltweit anerkanntes Best-Practice-Beispiel fĂźr die BĂźndelung von Kompetenzen. Mehr als 180 Partnerunternehmen haben dazu beigetragen, dass Innovationskraft entsteht, die heimischen und damit auch europäischen Automobilzulieferer international wettbewerbsfähig bleiben und Tausende Arbeitsplätze nachhaltig gesichert werden. Die Kunst des Automobilclusters ist es, sich stets neu zu erfinden und am Puls der Mobilität zu bleiben. Dies wird insbesondere auch mit der Strategie 2020 „Green Cars – Green Mobility“ angestrebt,

um ein weltweit wahrgenommenes Kompetenzzentrum fĂźr die grĂźne Mobilität zu werden. Die Idee der Clusterbildung kann als Vorbild fĂźr andere Industriezweige dienen und damit Europa als Produktionsstandort mit Zukunft stärken. Nicht nur in der Automobilindustrie, sondern in praktisch allen produzierenden Industriezweigen liegt die Zukunft Europas in den Bereichen Innovation, Technologie und Knowhow. Darauf aufbauend kann eine starke Basis fĂźr Expansion in den groĂ&#x;en Wachstumsmärkten wie China, Indien, Russland oder SĂźdamerika errichtet werden. Fazit: Damit Europa attraktiv fĂźr technologisch hochwertige Produktionen bleibt, sind sowohl neue, unternehmensspezifische Strategien notwendig als auch das Erweitern der Unternehmensgrenzen in Form gezielter, strategischer Kooperationen – entweder in Clustern mit anderen Unternehmen oder durch Zusammenarbeit mit Forschungseinrichtungen oder Institutionen fĂźr Aus- und Weiterbildung. Letzteres, nämlich die enge Kooperation zwischen Wirtschaft, Wissenschaft und Ausbildung, ist vor allem fĂźr die Wettbewerbsfähigkeit des Standortes Ă–sterreich entscheidend. Magna reiht sich dabei nicht in die Reihe der Kritiker am System ein, sondern hat mit der GrĂźndung des Frank-Stronach-Institutes an der TU Graz, einem internationalen Vorzeigeprojekt fĂźr eine funktionierende, zukunftsweisende Private-Public-Partnership, die Initiative ergriffen, um Forschung, Lehre und Praxis eng zu verzahnen.

ARBEITSKREIS 2: DIE ZUKUNFT DER URBANEN MOBILITĂ„T (ABSTRACT VON MARIA VASSILAKOU, WIENER VIZEBĂœRGERMEISTERIN):

2050 wohnen zwei von drei Menschen in Städten. Die Wiener BevĂślkerung hat Anfang 2011 die 1,7 Millionen-Marke Ăźberschritten und wächst in den kommenden Jahrzehnten auf Ăźber zwei Millionen an. Die Metropolenregion Wien/NiederĂśsterreich/Burgenland weist heute Wachstumsraten von Ăźber 20 Prozent auf. Dieses Wachstum stellt eine groĂ&#x;e Herausforderung fĂźr die Mobilität der Zukunft dar, denn schon heute pendeln 420.000 Menschen täglich mit dem Auto nach Wien hinein und wieder hinaus. WĂźrde man all diese Autos aneinander reihen, entspräche dies der Entfernung von Wien nach London. Klimaschutz und Luftqualität: Einen wesentlichen


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Anteil an der schlechten CO2-Bilanz Ă–sterreichs hat der Autoverkehr. Ă–sterreich und damit auch den WienerInnen drohen hohe Strafzahlungen fĂźr das NichtErreichen der Kyoto-Ziele. Auch fĂźr die steigende Feinstaubbelastung drohen Strafzahlungen. Urbane Mobilität muss nachhaltig und klimaschonend sein. Städte sind Zentren der Innovation und Effizienz. Treibstoff und Energie wird mittelfristig teurer. Wird Mobilität zur sozialen Frage oder kĂśnnen wir alternative Antriebsformen und neue, effiziente Technologien nutzen? Die unterschiedlichen Mobilitäts-BedĂźrfnisse der Menschen verlangen neue Formen der Mobilität. Verkehrsinfrastruktur muss fĂźr alle TeilnehmerInnen barrierefrei sein - egal ob es sich um einen Vater mit Kinderwagen, ältere Menschen oder Menschen mit Behinderung handelt. Wien hat sich fĂźr die kommenden Jahre ein ambitioniertes Ziel gesteckt: Der Anteil des motorisierten Individualverkehrs im städtischen Bereich soll um 30 Prozent gesenkt werden. Ein intermodales Mobilitätskonzept fĂźr die Metropolenregion Wien/NiederĂśsterreich/Burgenland kann diesen Richtungswechsel hin zu mehr nachhaltiger und sanfter Mobilität ermĂśglichen. Die Zukunft hat bereits begonnen: Ă–ffentliche Verkehrsmittel sind die Lebensadern von Städten und mĂźssen auch eine leistungsstarke Anbindung der Stadt mit dem Umland gewährleisten. Der massive Ausbau der Radinfrastruktur und eine breit angelegte Motivationskampagne sind Voraussetzungen fĂźr eine Verdoppelung des Radverkehrsanteils in Wien bis 2015. Ab 2012 wird Wien ein flächendeckendes und modernes Car-Sharing-System haben. Neue Modelle der Autonutzung werden sich durchsetzen. Und: Ein CarSharing-Auto ersetzt bis zu acht Privat-Pkws. Ein

wichtiger Effekt angesichts des unter Druck stehenden (Ăśffentlichen) Raumes in einer wachsenden Stadt. Ein GroĂ&#x;teil der Wege in einer Stadt werden zu FuĂ&#x; zurĂźckgelegt. Eine Verbesserung des Angebots fĂźr FuĂ&#x;gängerInnen ist ein substanzieller Bestandteil der FĂśrderung sanfter und nachhaltiger Mobilität in der Stadt. Der E-Mobility-Sektor stellt fĂźr Städte als Innovationsdrehscheiben ein groĂ&#x;es Potenzial dar. Angefangen vom E-Bike Ăźber E-Scooter bis hin zu E-Cars wird diese Technologie in wenigen Jahren massiv an Bedeutung gewinnen. Die Zukunft der Mobilität erfordert intermodale NetzwerklĂśsungen. Moderne Verkehrspolitik muss Klimaschutz, Lebensqualität, Leistbarkeit und Qualität unter einen Hut bringen. ARBEITSKREIS 5: URBAN EUROPE, URBAN TECHNOLOGIES – DIE STADT IM 21. JAHRHUNDERT (ABSTRACT VON INGOLF SCHĂ„DLER, BMVIT):

Der Planungshorizont fĂźr erfolgreiche Technologieentwicklungen reicht etwa zehn Jahre in die Zukunft. Blicken wir weiter voraus, stoĂ&#x;en wir auf die groĂ&#x;en gesellschaftlichen Herausforderungen und Probleme, die nicht unmittelbar durch Technologieentwicklungen gelĂśst werden kĂśnnen. Diese Entwicklungen betreffen uns alle und werden bereits jetzt absehbare Auswirkungen auf unsere Lebensqualität und die Wettbewerbsfähigkeit unserer Wirtschaft haben. Daher mĂźssen wir heute damit beginnen, uns diesen Herausforderungen zu stellen und LĂśsungen fĂźr die Probleme der Zukunft zu finden Eine der groĂ&#x;en Herausforderungen ist die weltweite Entwicklung der Urbanisierung mit einem noch nie da gewesenen demografischen Wandel. Treiber der Entwicklung ist ein rasantes BevĂślkerungswachstum, das die WeltbevĂślkerung bis 2060 vom heutigen

Stand von ca. sieben Milliarden auf zwischen neun und zwĂślf Milliarden bringen wird. Im weltweiten Schnitt werden bis dahin mehr als 70 Prozent aller Menschen in Städten leben, in Europa ca. 85 Prozent und in Nord- und SĂźdamerika sogar mehr als 90 Prozent. Bereits heute leben mehr als 50 Prozent der WeltbevĂślkerung in Städten, die Hälfte davon in Asien. Die Städte sind in Europa und der industrialisierten Welt auch der Schauplatz einer dramatischen Entwicklung der Alterspyramide. Während heute im Schnitt die Beiträge von vier im Erwerbsleben stehenden Personen zur Finanzierung der Pension einer älteren Person aufgewendet werden mĂźssen, werden 2050 zur Finanzierung einer Pension jeweils nur noch die Beiträge von zwei Menschen im erwerbsfähigen Alter verfĂźgbar sein. In den asiatischen Schwellenländern, insbesondere in China, zeichnet sich zeitversetzt eine ähnliche Entwicklung ab. Wir mĂźssen uns aber auch auf Szenarien vorbereiten, die fĂźr die Zeit um 2150, also ca. 100 Jahre nach 2050 formuliert werden. Im Jahr 2150, also ca. drei Generationen nach dem HĂśchststand der WeltbevĂślkerung kĂśnnte diese bereits wieder auf fĂźnf Milliarden zurĂźckgegangen sein. Vor dem Hintergrund der bis dahin stattgefundenen Verstädterung wĂźrde dies heiĂ&#x;en, dass unsere Städte im Jahr 2150 zur Hälfte leer stehen werden. Wie mĂźssen wir also heute unsere Städte bauen, um diesen Herausforderungen zu begegnen? Als Antwort darauf wird im BMVIT daher die transnationale Programm-Initiative Urban Europe vorbereitet, in der unter Ăśsterreichischer FederfĂźhrung 16 Länder ein gemeinsames F&E-Programm zum Thema Urbanisierung entwickeln. Worauf muss uns also die Forschung vorbereiten? n In der Stadtentwicklung die Auswirkungen des zunehmenden Durchschnittsalters der BevĂślkerung zu berĂźcksichtigen; n Die Wettbewerbsfähigkeit europäischer Städte im Vergleich mit den boomenden Mega-Cities Asiens und der SĂźdhemisphäre zu stärken; n Soziale und wirtschaftliche Szenarien zu entwickeln, die berĂźcksichtigen, dass Migration angesichts der Ăœberalterung zunehmend in einen Wettbewerb um die weltweit „besten KĂśpfe“ mĂźnden wird; n Die Lebensqualität in den Städten zu erhalten und zu verbessern durch einen optimalen Mix an Mobilitätsangeboten, energieeffizienten Gebäuden und Verkehrssystemen und die Nutzung erneuerbarer Energien; n Die dynamische Veränderungskraft der Städte zu unterstĂźtzen, die in den europäischen Ländern heute bereits 80 Prozent der WertschĂśpfung erwirtschaften. ARBEITSKREIS 7: FORSCHUNGSFĂ– Ěˆ RDERUNG UND DANACH FINANZIERUNGSENGPASS? (ABSTRACT VON WOLFRAM ANDERLE, AWS):

Die Spätphase des F&E-Prozesses wird in Ă–sterreich durch eine Reihe spezifischer MaĂ&#x;nahmen gefĂśrdert. Reichen dieses Set-up und die Mittelausstat-


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tung aus, um die Kommerzialisierung von Forschungsergebnissen nachhaltig positiv zu beeinflussen? Mit den aws-Programmen PreSeed, Seedfinancing und Management auf Zeit wird die risikoreiche Startphase innovations- und technologieorientierter Unternehmen in bestmĂśglicher Weise durch die ZurverfuĚˆ gungstellung von Ăśffentlichem Risikokapital begleitet. Doch oftmals folgt der riskanten und kapitalintensiven ersten Phase der Fertigstellung der Funktionsprototypen ein „Tal der Tränen“, das durch mangelnde finanzielle Mittel einen internationalen Roll-out nicht zustande kommen lässt. Um hier Abhilfe zu schaffen, soll dargestellt werden, welche MĂśglichkeiten unter Ausnutzung des Spielraumes der Rahmenbedingungen gemäĂ&#x; europäischem Wettbewerbsrecht aufzugreifen sind. Von der SchlieĂ&#x;ung der LuĚˆ cke zwischen Grundlagenforschung und angewandter Forschung und Entwicklung bis hin zur Hilfestellung bei der Verwertung und Absicherung geistigen Eigentums, von der Finanzierung durch Mezzaninkapital fuĚˆ r UnternehmensgruĚˆ ndungen bis hin zur Besicherung von Partizipationskapital, vom Technologietransfer und der Stimulierung wissensbasierter Innovationsleistungen bis zur Schaffung eines Ăśsterreichischen FruĚˆ hphasenfonds. Der Innovationszyklus fuĚˆ r neue Produkte, Verfahren und Dienstleistungen dauert immer länger als jede bekannte Rezessionsphase der globalen oder lokalen Wirtschaft. Darum ist es notwendig, auch in Zeiten schwieriger wirtschaftlicher Entwicklungen die laufenden Forschungs-, Entwicklungs- und Innovationsaktivitäten positiv zu stimulieren und zwar in allen Sektoren: von der Universität uĚˆ ber innovative EPU bis hin zu KMU und der GroĂ&#x;industrie. Nur so ist die Konkurrenzfähigkeit Ă–sterreichs im Vergleich zu den teilweise dramatischen Wachstumsraten, beispielsweise der sogenannten BRIC-Staaten aufrechtzuerhalten. ARBEITSKREIS 8: FORSCHEN IM KLASSENZIMMER: NEUES LERNEN IN DEN NATURWISSENSCHAFTEN (ABSTRACT VON GISELA LĂœCK, UNIVERSITĂ„ Ěˆ T BIELEFELD):

Gesundheitsvorsorge, technische Innovationen, Ressourcenschonung und Sustainable Development sind ohne naturwissenschaftliche Kenntnisse nur oberflächlich verständlich. Zudem sind viele Berufsgruppen – vom Friseur, Bäcker und Kfz-Mechaniker bis hin zum Patentanwalt und Pharmazeuten – auf fundierte naturwissenschaftliche Kenntnisse angewiesen. Um schon frĂźh in naturwissenschaftliche Fragestellungen „hineinwachsen“ zu kĂśnnen, mit dem exakten Experimentieren vertraut zu werden und Ursachen naturwissenschaftlicher Phänomene hinterfragen zu kĂśnnen, ist schon eine FrĂźhfĂśrderung bei FĂźnfjährigen im Kindergarten sinnvoll: In diesem frĂźhen Alter ist das Interesse an Naturphänomenen und das ErinnerungsvermĂśgen an die Deutung im Vergleich zu SchĂźlerInnen der weiterfĂźhrenden Schulen besonders groĂ&#x;. Bildungsgerechtigkeit im Hinblick auf Berufsfä-

higkeit und MĂźndigkeit im Hinblick auf naturwissenschaftlich-technischen Entwicklungen sollte auch dadurch unterstĂźtzt werden, dass SchĂźlerInnen aus bildungsfernen Schichten mit besonderem Nachdruck mit chemischen, physikalischen und mathematischen Themenfeldern vertraut gemacht werden, um ihnen so einen Einstieg in die Berufsausbildung zu erleichtern. Teilhabe an der modernen Wissensgesellschaft sollte auch Menschen mit Behinderung ermĂśglicht werden, indem mit RĂźcksicht auf die vorliegende Beeinträchtigung mĂśglichst frĂźh an naturwissenschaftliche Bildungsinhalte herangefĂźhrt wird. ARBEITSKREIS 9: EINFACH – FUNKTIONELL – TRENDIG? TECHNOLOGISCHE LĂ–SUNGEN FĂœR ALT UND JUNG (ABSTRACT VON KARIN SIEBENHANDL, DONAU-UNIVERSITA Ěˆ T KREMS):

Was in der Architektur fĂźr die Errichtung und Gestaltung Ăśffentlicher Plätze und Gebäude unter dem Aspekt der „Barrierefreiheit“ seit Langem ein wichtiges Kriterium ist, wird heute auch fĂźr den Zugang zu Informationstechnologien und deren Diensten zum Qualitätskriterium. Selbstbediente elektronische Systeme, wie Automaten sind dafĂźr ein gutes Beispiel: In den letzten Jahren wurden Anzahl und Ă–ffnungszeiten von Verkaufsschaltern reduziert, im Gegenzug wird verstärkt auf selbst zu bedienende Automaten gesetzt. Technologisch bestehen heute bei der Entwicklung und Realisierung kaum Restriktionen, hinsichtlich der Adaption solcher Dienste gibt es bei NutzerInnen jedoch hohe Akzeptanzprobleme. Barrieren in der Nutzung resultieren einerseits aus mangelnder Kenntnis der Bedienung der Automaten und andererseits aus der Komplexität des Systems – dazu kommt vor allem bei älteren Personen die eigene Ăœberzeugung, den Kauf am Automaten nicht ohne Hilfe bewältigen zu kĂśnnen („Mir hat das keiner gezeigt, und ich kenne mich nicht aus! Wenn ich weiĂ&#x;, wie das funktioniert,

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dann versuche ich es auch.“). Vor allem ältere Menschen, aber auch technikferne jĂźngere Personen sprechen sich in diesem Zusammenhang fĂźr leicht bedienbare Technologien aus: Viele der derzeit am Markt vorhandenen Angebote an Informations- und Kommunikationsmitteln gehen sowohl bezogen auf die Bedienungsfreundlichkeit, als auch auf das Design an den BedĂźrfnissen ihrer Generation vorbei. Kleine Tasten, lange MenĂźfĂźhrungen und unĂźbersichtliche Displays erschweren den Umgang mit elektronischen Informations- und Kommunikationsmitteln. „Universal Design“ wĂźrde bedeuten, dass Produkte, Umgebungen, Programme oder Dienstleistungen so zu gestalten sind, dass sie niemanden von der Nutzung ausschlieĂ&#x;en. Die durchgefĂźhrten Studien zeigen jedoch, dass die derzeit in Europa eingesetzte Automatentechnologie groĂ&#x;teils noch unzureichend RĂźcksicht auf unterschiedliche Zielgruppen und deren BedĂźrfnisse nimmt. Wie aber kann gelungenes Design fĂźr selbstbediente Systeme aussehen? Was heiĂ&#x;t barrierefrei in diesem Zusammenhang? Welche Prinzipien liefert das Universal Design fĂźr die Darstellung von komplexen Bedienoberflächen? Wie kĂśnnen die unterschiedlichen Nutzungsgruppen von Anfang an in die Entwicklung miteinbezogen werden? Welche Restriktionen und WidersprĂźche entstehen dabei? Anhand des Fahrkartenkaufens werden BedĂźrfnisse unterschiedlicher Zielgruppen aufgezeigt sowie Ansätze und Perspektiven fĂźr einen partizipativen Designprozess diskutiert. k

Alpbacher Technologiegespräche 2011: „Technologie als Chance - Verantwortung fĂźr die Zukunft“ 25. August bis 27. August, Alpbach/Tirol Infos: www.alpbach-technologyforum.com


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„Unser Geheimnis ist der richtige Mix aus On- und Offlinegesprächen“ Die Technologiegespräche in Alpbach gelten als der grĂśĂ&#x;te Meetingpoint der heimischen Forschungsund Technologieszene. Was ist Ihrer Einschätzung nach der spezielle „Spirit“, dass sich nahezu alle maĂ&#x;geblichen Meinungsbildner aus Politik, Wissenschaft und Wirtschaft die mĂźhsame Reise in dieses kleine Tiroler Bergdorf antun? Prof. GĂźnter Hillebrand: FĂźr uns als Veranstalter ist es immer ein groĂ&#x;es Anliegen gewesen, eine Plattform zu schaffen, auf der alle Teilnehmer – sowohl Politiker, Wissenchaftler, Unternehmer und Teilnehmer von forschungsrelevanten Organisationen – voneinander profitieren kĂśnnen. Der Mix aus wissenschaftlicher Exzellenz, praktischen Erfolgsbeispielen und gesellschaftspolitischen Anliegen schafft jenes konstruktive Klima, in dem auch neue Wege beschritten und entsprechende Weichenstellungen erfolgen kĂśnnen. Als konkrete Beispiele dafĂźr mĂśchte ich den Beschluss zur GrĂźndung des Rates fĂźr Forschung und Technologie oder den Forschungsdialog der Bundesregierung, aber auch die Forschungsstrategie 2020 nennen, die von Alpbach aus vorgeschlagen wurden. Wieviele TeilnehmerInnen erwarten Sie in diesem Jahr generell? Werden alle fĂźr Forschung verantwortlichen MinisterInnen in Alpbach sein? Hillebrand: Die Aktualität der Themenstellungen lassen uns bereits erkennen, dass die Teilnehmerzahl 2011 um ca. zehn Prozent hĂśher als 2010 sein wird. Ich mĂśchte dazu einen Referenten unserer Veranstaltung zitieren, der einmal gemeint hat „dass das steigende Interesse an der Tagung der Ausdruck des schlechten Gewissens sei, dass wir alle im Bereich der Forschungspolitik haben“. Und auch wenn es so wäre – sei´s drum, denn der Erfolg gibt uns recht. Es ist bereits eine langjährig geĂźbte Praxis, dass die beiden zuständigen MinisterInnen, Infrastrukturministerin Doris Bures und Wissenschaftsminister Karlheinz TĂśchterle die ErĂśffnung in Alpbach vornehmen werden. DarĂźber hinaus sind mehr als 100 international renommierte ReferentInnen fĂźr die Alpbacher Technologiegespräche gewonnen worden. Als Beispiele mĂśchte ich hier nur die Nobelpreisträger Michael Bishop und Kurt WĂźtherich nennen.

Technologie als Chance - Verantwortung fĂźr die Zukunft: wie dĂźrfen wir das diesjährige Thema der Alpbacher Technologiegespräche interpretieren? Spielen Sie damit auch ein wenig auf die jĂźngsten Cybercrime-Fälle an? Hillebrand: Nachdem wir der Aktualität verpflichtet sind, wird selbstverständlich auch auf die jĂźngsten Cybercrime-Fälle eingegangen, und wir konnten Daniel Domscheit-Berg, MitbegĂźnder von OpenLeaks aus Berlin und Peter LĂśschl, Leiter des neu gegrĂźndeten BĂźros fĂźr Computer- und Netzwerkkriminalität des Bundeskriminalamtes, gewinnen. Zusätzlich werden Themenstellungen wie „Innovatives Management“, „Zukunftstechnologien“, „Stadtplanung im 21. Jahrhundert“, „Neue Konzepte fĂźr naturwissenschaftliche Bildung“, „Das Jahr der Chemie“ und „Die Zukunft des Internet“ werden in Plenarvorträgen, Arbeitskreisen und Sonderveranstaltungen präsentiert und mit den TeilnehmerInnen diskutiert werden. Was waren die bekanntesten BeschlĂźsse/ Entscheidungen, die in der Vergangenheit im Rahmen der Technologiegespräche getroffen werden konnten? Hillebrand: Neben den bereits erwähnten Initiativen zur GrĂźndung des Rates fĂźr Forschung und Technologieentwicklung und dem Beschluss zur DurchfĂźhrung eines Forschungsdialoges waren es vor allem der Beschluss zur Systemevaluierung der ForschungsfĂśrderung, die Zusammenlegung von Teilen der ForschungsfĂśrderung unter einem Dach, der Beschluss zur DurchfĂźhrung einer Forschungsstrategie und – wenn ich noch weiter zurĂźckblicke – die IT-Offensive der Bundesregierung. Die Kritik, dass Alpbach nur der Boden fĂźr eine AnkĂźndigungspolitik darstellt, kann somit einfach widerlegt werden. KĂśnnen Sie uns schon verraten, welches Generalthema es 2012 geben wird? Hillebrand: Das Generalthema des Europäischen Forums Alpach 2012 wird „Erwartungen – the future of the young“ lauten. Die Alpbacher Technologiegespräche werden ihr Thema fĂźr 2012 in Zusammenarbeit mit den Veranstaltern gleich nach Beendigung der heurigen Veranstaltung festlegen, da der Fokus auf 2012 die Ergebnisse der Alpbacher Technologiegespräche 2011 berĂźcksichtigen sollte. k

Foto: NES

IM INTERVIEW MIT AUSTRIA INNOVATIV spricht Prof. GĂźnter Hillebrand, einer der GrĂźndungsväter der Alpbacher Technologiegespräche, Ăźber den besonderen Spirit dieses grĂśĂ&#x;ten heimischen Techno-Meetingpoints. g

Prof. Hillebrand: „Die Aktualität der Themenstellungen lassen uns bereits erkennen, dass die Teilnehmerzahl 2011 um ca. zehn Prozent hĂśher als 2010 sein wird.“


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PROMOTION

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Regionale Impulszentren als wichtige Säule der heimischen Innovationslandschaft Ă–STERREICH AM WEG ZU EUROPAS F&E-SPITZE. Die jĂźngst verĂśffentlichte Studie „Innovation Union Competitiveness Report“ der Europäischen Kommission bestätigt: Gerade im Bereich junger, innovativer kleiner und mittlerer Unternehmen (KMU) ist Ă–sterreich gut unterwegs. g

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inmal im Jahr verÜffentlicht die Kommission diesen Report, der Aufschluss ßber die F&E-Aktivitäten der einzelnen EU-Mitgliedsstaaten gibt und die Vergleichbarkeit unter den Ländern der Europäischen Union ermÜglicht.

Verkehrsministerium ein FĂśrderprogramm zur strategischen Neuorientierung der Ăśsterreichischen Impulszentren ins Leben gerufen, um sie, ganz im Geist des „Innovation Union Competitiveness Report“ der Europäischen Kommission, noch einen Schritt weiter von einem Immobiliendienstleister hin zum regionalen Innovator zu entwickeln. Die Basisdienstleistung Immobilie wird nun um zahlreiche zusätzliche Dienstleistungen, wie das Coaching von Jungunternehmern ergänzt, um das Innovationsklima in den Regionen zu verbessern. Der VTĂ– arbeitet an diesem Projekt maĂ&#x;geblich mit. Nähere Infos: www.vto.at k

ist eine erste Analyse Ăźber das „7. Forschungs-Rahmenprogramm“ (FP7), wo bis zum März 2011 5.918 FĂśrderanträge aus Ă–sterreich eingelangt sind. Erfreulich ist auch, dass vor allem kleine und mittlere Unternehmen – die Zielgruppe der heimischen

VTĂ–-Vorstandsvorsitzender Wolfgang Rupp: „Wir entwickeln, koordinieren und betreiben gefĂśrderte Projekte, die gemeinsam mit unseren Mitgliedern entworfen und zu deren Weiterentwicklung umgesetzt werden.“ Impulszentren – bislang rund 90 Millionen Euro an europäischen FĂśrdermitteln im Rahmen des FP7 lukrieren konnten. Aufholbedarf hat Ă–sterreich beispielweise bei der Rolle von Privatinvestoren in der Forschung oder auch bei der Umsetzung von Technologien und Innovationen in Richtung Markt. Genau an diesem Punkt setzt der VTĂ– mit zahlreichen Initiativen wie Business Pro Austria (BPA) und mit seiner individuellen Beratungsleistung fĂźr seine Mitglieder an.

VTĂ–-Generalsekretär Clemens Strickner: „Unsere jährlichen Studienreisen vermitteln den VTĂ–-Mitgliedern einen guten Ăœberblick Ăźber die FTI-Szene des jeweiligen Landes.“ Member State that has achieved the most substantial progress towards its R&D intensity target of 3 % of GDP by 2010“. Bei gleichbleibender Dynamik kann sich Ă–sterreich in den nächsten Jahren sogar unter den „Top 4“ positionieren. Bemerkenswert

NEUORIENTIERUNG DER TECHNOLOGIEZENTREN. Das bisherige Konzept der Infra-

strukturfÜrderung im Bereich der Technologie- und Impulszentren ist aufgegangen – rund 90 Zentren sind das erfreuliche Ergebnis. Nun haben Wirtschaftsministerium und

Verband der Technologiezentren Ă–sterreichs Der VTĂ– agiert seit 1989 als Dachverband der Ăśsterreichischen Technologie-, Innovations- und GrĂźnderzentren (Ăœberbegriff: Impulszentren). Als nationale Interessensvertretung betreut der Verband derzeit ein Netzwerk von rund 90 Impulszentren.

Fotos: Wilke

Die vor kurzem erschienene Ausgabe des Jahres 2011 macht deutlich, dass der Verband der Technologiezentren Ă–sterreichs (VTĂ–) durch seine MaĂ&#x;nahmen strategisch richtig liegt und nachhaltig zur verbesserten Positionierung Ă–sterreichs im internationalen Vergleich beitragen kann. Ă–sterreich hat demnach im F&E-Sektor die Top Ten der EU-27 erfreulicherweise bereits erreicht. Im Bericht heiĂ&#x;t es sogar wĂśrtlich: „Austria, together with Portugal, is the

Als strategischer Vordenker und durch langjährige Erfahrungen in den Bereichen Technologie, Innovation und Wirtschaft ist der VTĂ– ein wichtiger Partner fĂźr Impulszentren und ein kompetenter Ansprechpartner fĂźr politische Akteure. Gemeinsam trägt das VTĂ–Netzwerk zu einer Stärkung des Wirtschaftsstandorts Ă–sterreich bei. Neben den Basisdienstleistungen (vor allem Newsletter, Website), Veranstaltungen (z. B. eine jährliche Studienreise) und Netzwerkaktivitäten bilden Projekte eine wichtige Säule im Leistungsprofil des VTĂ–. Das Bundesministerium fĂźr Wirtschaft, Familie und Jugend (BMWFJ) war von Beginn an ein wertvoller UnterstĂźtzer des VTĂ– und hat so eine kontinuierliche und erfolgreiche VTĂ–-Arbeit ermĂśglicht.


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„Wir fungieren wie ausgelagerte F&E-Abteilung von Betrieben“ IM INTERVIEW MIT AUSTRIA INNOVATIV spricht Johann Jäger, GeschäftsfĂźhrer der Austrian Cooperative Research (ACR), Ăźber die Herausforderung, kleine und mittlere Unternehmen fĂźr Forschung zu begeistern und welche MĂśglichkeiten es dafĂźr gibt. g hin zu zeitintensiven Normensitzungen. Wir arbeiten daran, dass dieser erhebliche Leistungsaufwand, im Dienste der KMU, kĂźnftig – zumindest teilweise – abgegolten wird. Wollen wir zum Innovation Leader vorrĂźcken, werden wir es ohne Zutun der KMU nicht schaffen. Und diese brauchen wiederum die UnterstĂźtzung durch geeignete Forschungspartner. Eine fĂźr KMU sehr interessante Art der Forschung, wie sie in Belgien und Deutschland schon seit 50 Jahren verfolgt wird, haben wir in Ă–sterreich bis dato leider vernachlässigt: die kollektive Forschung. Also Forschung, die von Verbänden, Innungen oder Clustern fĂźr ihre Mitglieder in Auftrag gegeben wird. Im Rahmen von CORNET wurden in den letzten Jahren einige solcher Projekte umgesetzt, und dies sehr erfolg-

Foto: Alice SchnĂźr/ACR

Herr Jäger, der ACR-Forschungsverbund zählt zu den ältesten ZusammenschlĂźssen innerhalb der heimischen Forschungsszene. Auf welche durch die ACR seither gesetzten bzw. stimulierten MaĂ&#x;nahmen sind Sie besonders stolz? Johann Jäger: Das ACR-Netzwerk hat in den rund 60 Jahren seines Bestehens viel erreicht – schon ganz zu Beginn aber auch in der nahen Vergangenheit. Ein nachhaltig groĂ&#x;er Erfolg in der heimischen Forschungs- und FĂśrderszene, der der ACR zuzurechnen ist, war die Schaffung des FFF (ForschungsfĂśrderungsfonds fĂźr die gewerbliche Wirtschaft) in den 1960er-Jahren. Dieser wurde 2004 als Basisprogramme in die FFG eingegliedert. Seit 1995 wird die ACR maĂ&#x;geblich vom Wirtschaftsministerium unterstĂźtzt – durch leistungsbezogene FĂśrderungen. Vieles hat sich dadurch in den letzten Jahren bewegt: Die Kooperation der ACR-Institute untereinander wurde ausgebaut, die Institute setzen gemeinsame FEIProjekte um und arbeiten intensiv an einer gemeinsamen FEI-Strategie (mit vier F&ESchwerpunkten); das Netzwerk hat eine eigene Bilanzierungsrichtlinie, aus der wichtige Kennzahlen wie z. B. die Entwicklung des F&E-Anteils hervorgehen. Immer mit dem Hauptziel vor Augen, die Wettbewerbsfähigkeit der KMU zu steigern, als Innovationsbegleiter und Forschungsexperte und oft als ausgelagerte Entwicklungsabteilung fĂźr KMU. An der Vernetzung zwischen den ACR-Instituten werden wir weiterarbeiten – nur durch die BĂźndelung von Kompetenzen und der Entwicklung neuer kooperativer Geschäftsfelder wird sich das Netzwerk langfristig im nationalen Innovationssystem behaupten. Auch der gemeinsame AuĂ&#x;enauftritt wird gestärkt. Es gibt keine andere Einrichtung, die mehr fĂźr Ăśsterreichische KMU im Hinblick auf Innovation tut als die ACR. Dieses Alleinstellungsmerkmal wollen wir verstärkt nach auĂ&#x;en tragen.

Johann Jäger: „Wollen wir zum Innovation Leader vorrĂźcken, werden wir es ohne Zutun der KMU nicht schaffen. Und diese brauchen wiederum die UnterstĂźtzung durch geeignete Forschungspartner.“ Neben der Koordinierung der Forschungstätigkeit Ihrer Mitglieder fungiert die ACR auch als Interessensvertretung der mittelständischen Forschung. Was sind Ihre aktuellen Forderungen, die Sie seitens der Regierung umgesetzt sehen wollen? Jäger: Konkret geht es uns darum, dass endlich begonnen wird, Eckpunkte der FTIStrategie des Bundes anzupacken. Es gibt hier das konkrete Ziel, mehr KMU auf den Innovationspfad zu bringen. Das ACR-Netzwerk kann hier sehr viel leisten, denn die ACR-Institute erbringen viele gemeinnĂźtzige Transferleistungen fĂźr KMU. Allein in einem Jahr erbringt unser Netzwerk rund 40 Personenjahre an gemeinnĂźtzigen, unbezahlten Leistungen – von Telefonberatungen, Bereitstellung von Informationen, Schulungen bis

reich. Sie haben gezeigt, welche Hebelwirkung mĂśglich ist – wir mĂźssen kollektive Forschung in Ă–sterreich weiter vorantreiben. Die FTI-Strategie des Bundes definiert das Ziel, die Gesamtstruktur des auĂ&#x;eruniversitären Forschungssektors auf eine bessere Abstimmung hin zu optimieren. Was bedeutet das fĂźr die ACR? Jäger: Das halten wir grundsätzlich fĂźr sehr sinnvoll. Hier hat die ACR bereits wesentliche „Hausaufgaben“ gemacht. So haben wir bereits Kennzahlen erhoben, die aufzeigen, welche Leistungen wir fĂźr die Wirtschaft erbringen. Der leistungsbezogene Umsatz – da gehĂśren natĂźrlich auch F&E dazu – beträgt fast 90 Prozent. Wir erheben weiters die jährlich abgewickelten Aufträge, und auch die


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FORSCHUNGSFĂ–RDERUNG

Kunden, mit denen die ACR-Institute die Aufträge abwickeln. Diese Zahlen untermauern unseren USP, rund 77 Prozent der Aufträge wurden von KMU erteilt. Stellen wir nun diese Aufträge der BMWFJ-FĂśrderung gegenĂźber, so kann man sagen, dass ein FĂśrdereuro fast 28 leistungsbezogenen Umsatzeuros entspricht. Eine vergleichbare Einrichtung ist uns in Ă–sterreich nicht bekannt. Die FĂśrderung, die die ACR als Netzwerk erhält, ist an einen Leistungskatalog gebunden, der darauf abzielt, die Innovationskraft der Ăśsterreichischen KMU zu stärken. Um den effizienten Einsatz der FĂśrdergelder nachzuweisen, wird eine internationale Expertengruppe unsere Leistungskennzahlen 2012 evaluieren. Neben der erwähnten internen Vernetzung ist ACR auch in der Forschung Austria integriert, in der eine weitergehende Vernetzung des auĂ&#x;eruniversitären Forschungssektors angestrebt wird. Wenn man Ihr Netzwerk in zwei bis drei Sätzen erklären mĂźsste: WofĂźr steht ACR? Jäger: Die ACR sieht sich als Innovationsbegleiter und Forschungsexperte fĂźr KMU in Ă–sterreich. Fast 80 Prozent der Leistungen erbringt das Netzwerk fĂźr kleine und mittlere Unternehmen. Unsere 17 Institute sind selbst KMU und wissen daher genau, wie kleine Unternehmen „ticken“. Sie agieren als flexible, „ausgelagerte“ Entwicklungsabteilungen der Unternehmen: So kĂśnnen auch KMU ihre Innovationsprojekte effizient und zeitnah umsetzen. Ihr Geschäftsmodell besteht also in der Tatsache, dass sich nur wenige kleine und mittlere Unternehmen eine eigene Forschungsabteilung bzw. eigene Beschäftigte fĂźr die Forschung leisten kĂśnnen. Aber wie bringen Sie diese Betriebe Ăźberhaupt erst dazu, in Forschung zu investieren? Wie schaffen Sie Awareness fĂźr die Angebote Ihrer Mitglieder? Jäger: Die meisten ACR-Institute haben einen starken PrĂźf- und Messhintergrund. Sie wurden seinerzeit gegrĂźndet, um die heimische Wirtschaft dabei zu unterstĂźtzen, Produkte nach Standards auf den Markt zu bringen. FĂźr PrĂźfen und Messen gibt es natĂźrlich keine FĂśrderung, auch erwartet sich ein Unternehmen mehr als PrĂźfen und Messen von einem Partner – nämlich innovative Ideen und Entwicklungsarbeit. Deshalb haben sich die ACR-Institute auch in Richtung Forschung & Innovation entwickelt. Dennoch sagen wir ganz klar: Es gibt keine Entwicklung ohne PrĂźf- und Messdienstleistungen. Dadurch haben die ACR-Institute auch einen sehr guten Draht zu den KMU, und einen gewissen „Vertrauensbonus“. Sie kĂśnnen KMU

daher leichter motivieren, z. B. im Rahmen des Innovationsschecks, sich auf ein Forschungsprojekt einzulassen. FĂźr kleine Unternehmen ist Entwicklungsarbeit oft eine groĂ&#x;e Herausforderung, das muss man sich immer vor Augen halten. Geld spielt natĂźrlich eine Rolle: FĂźr ein KMU zahlt sich eine Investition nur aus, wenn sie mittelfristig – in ein bis zwei Jahren – den Umsatz steigert. Gerade fĂźr KMU in den traditionellen Bereichen hat der Begriff „Forschung“ manchmal

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„groĂ&#x;e“ Scheck nimmt auch Unternehmerinnen und Unternehmer mehr in die Pflicht, da diese nun selbst 2.000 Euro in ihre Projekte investieren mĂźssen. Das ACR-Netzwerk erwirtschaftete zuletzt mit rund 570 Beschäftigten einen Umsatz von mehr als 50 Millionen Euro. Was ist dabei der Hauptumsatzfaktor? Ist es Forschung, Zertifizierung/PrĂźfung oder Beratung? Jäger: 30 Prozent der Einnahmen stam-

„FĂźr ein KMU zahlt sich die Investition in Forschung nur aus, wenn sie mittelfristig – in ein bis zwei Jahren – den Umsatz steigert.“ etwas Abschreckendes. Wir als Netzwerk setzen uns dafĂźr ein, dass auch die Weiterentwicklung eines Produkts oder Verfahrens als Innovation anerkannt wird. Es geht im KMU-Bereich oftmals um inkrementelle Entwicklungen und nicht um komplette Neupositionierungen. Sie haben den Innovationsscheck erwähnt – dieser wurde vom FĂśrdergeber initiiert, um mehr KMU fĂźr Forschung zu interessieren. Hat das aus Ihrer Sicht die erforderliche Hebelwirkung gezeigt oder haben primär eher die ohnehin forschungsaffinen Betriebe diese Aktion genutzt? Jäger: Der 5.000-Euro-Innovationsscheck war und ist definitiv ein „Door Opener“. Alleine die ACR-Institute kĂśnnen bereits Ăźber 250 umgesetzte Schecks verbuchen. Diese Innovationsprojekte wären ohne den Scheck nicht realisiert worden. Die ACR-Institute hatten wohl zu dem einen oder anderen KMU bereits Kontakt, jedoch nicht im Innovationsbereich, sondern im PrĂźf- und Messbereich bzw. im Rahmen von Gutachten, Schulungen etc. Der Innovationsscheck nimmt KMU quasi die Schwellenangst – und ist oft der Start fĂźr eine weitere Zusammenarbeit, zum Beispiel im Rahmen eines FFG-Basisprogrammes. Neben dem 5.000-Euro-Innovationsscheck gibt es nun auch den „Innovationsscheck plus“ mit 10.000 Euro. Waren die 5.000 Euro zu wenig, um effektive Forschungsstimulierung zu betreiben? Jäger: Der „Innovationsscheck plus“ – mit 2.000 Euro Selbstbehalt – ist eine logische Fortsetzung und noch eine Stufe vor der Machbarkeitsstudie. Hier geht es schon um mehr als zwei bis drei Treffen, Literaturrecherche und ein paar Versuche, ob die Idee, die man hat, auch wirklich marktfähig ist. Der

men aus FEI-Projekten, ca. 40 Prozent sind hochwertigem PrĂźfen und Messen zuzurechnen und weitere 30 Prozent dem Technologietransfer (Schulungen, Veranstaltungen, Gutachten etc.). Gibt es noch Spielraum fĂźr weiteres Wachstum oder hat die ACR ihre „vernĂźnftige“ GrĂśĂ&#x;e bereits erreicht? Jäger: Spielraum fĂźr Wachstum gibt es immer. Wir haben jedoch einige Brancheninstitute im Netzwerk, wir mĂźssen hier also auch auf die Entwicklung der Branche RĂźcksicht nehmen. Aber die Chancen liegen auf der Hand, einerseits wachsen durch weitere Mitglieder und andererseits wachsen durch den Vorteil des ACR-Netzwerkes. Das Netzwerk kann viel mehr anbieten als jedes einzelne Institut allein. Wie ist die ACR in vergleichbare internationale Netzwerke eingebunden? Gibt es gemeinsame länderĂźbergreifende Aktivitäten bzw. Bedarf an engeren Abstimmungsprozessen? Jäger: Die ACR-Institute selbst arbeiten im F&E-Bereich in zahlreichen internationalen Projekten und Gremien mit. Auf Verbandsebene ist die ACR aktives Mitglied in der EARTO, wird dort im Board vertreten, und bei Schwerpunkten, die KMU zum Fokus haben, beteiligen wir uns in entsprechenden Arbeitsgruppen. Auch haben wir damit begonnen, uns andere, vergleichbare Einrichtungen im Ausland anzusehen. 2010 waren wir in Belgien, 2011 in der TĂźrkei, fĂźr 2012 steht Schweden auf dem Programm. Dabei geht es uns darum, Kontakte zu knĂźpfen aber auch Vergleiche zu ziehen – wie Innovationssysteme im Ausland funktionieren und dort KMU im Innovationsbereich unterstĂźtzt werden. Vielen Dank fĂźr das Gespräch! k


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í˘łí˘ş PROMOTION

Korridore

voller Leben

SCIENCE-HOTSPOT. Im Vorjahr hat der Humantechnologie-Cluster sein Profil geschärft und drei „strategische Korridore“ etabliert: „Pharmazeutische Verfahrens-, Prozess- und Produktionstechnologie“, „Biomedizinische Sensortechnologie & Biomechanik“ sowie „Biobank & Biomarkertechnologie“. Was in diesen Korridoren entwickelt wird, ist auch internationale Benchmark. g

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Fotos: HTS, RCPE, B. Braun, ACIB, Das Kunztfoto

ittlerweile gilt die Steiermark europa- und weltweit als Hotspot im Humantech-Engineering“, erzählt Robert Gfrerer, GeschäftsfĂźhrer des Humantechnologie-Clusters, Ăźber das Feedback, das er nicht nur auf internationalen Messen erhält.

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PET-RECYCLING AM ACIB. Am internationalen Hotspot fĂźr industrielle Biotechnologie, dem Ăśsterreichischen K2Zentrum ACIB, wird aktuell am Recycling von Polyester (z. B. PET-Kunststoffflaschen, technische PET-Materialien) geforscht. Nun ist es dem interdisziplinären ACIB-Forscherteam um die Professoren Christian Kubicek und Irina S. Druzhinina (TU Wien), Alois Jungbauer (BOKU Wien) sowie Georg GĂźbitz und Enrique HerreroAcero (TU Graz) gelungen, synthetische Polymere („Kunststoff“) Ăźber enzymatische Methoden („Werkzeuge der Natur“) zu verbessern. Die Studien am ACIB fĂźhrten die Ăśsterreichischen Spitzen-Forscherinnen und Forscher zu Pilzen und EiweiĂ&#x;stoffen, die die Polymere unter schonenden Bedingungen in ihre monomeren Bestandteile zerlegen kĂśnnen – ein „natĂźrliches Werkzeug“ zerlegt einen „kĂźnstlichen Stoff“. Damit ist es erstmals mĂśglich, aus den so gewonnenen Monomeren wieder hochwertige Kunststoffe zu erzeugen. Bisher war es im PET-Recycling-Prozess bestenfalls mĂśglich, minderwertige Nachfolgeprodukte herzustellen. Der Nutzen der neuen Technologie: „Alte Kunststoffe“ erhalten wieder ihren vollen Wert fĂźr neue Produkte, ähnlich dem Glas- oder Papier-Recycling. PETAbfälle wie z. B. Flaschen kĂśnnen erstmals wieder in vollem Umfang zum Ausgangsmaterial fĂźr neue PET-Anwendun-

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PROMOTION

gen (Verpackungen, funktionelle Sportbekleidung u. ä.) werden. Ein wesentlicher Vorteil in Hinblick auf eine nachhaltige Produktion, da durch die Einspeisung alten PET-Materials in einen vollwertigen Recycling-Kreislauf zur Produktion neuer Produkte auch wesentlich weniger „neuer Rohstoff“ aus ErdĂśl verwendet werden muss. Was wiederum viele Menschen zum MĂźll-Sammeln auch bei PET-Produkten motivieren wird kĂśnnen. INTERNATIONALER KONGRESS ICPE. Das vor drei Jahren gestartete Grazer Research Center Pharmaceutical Engineering (RCPE) entwickelt sich ebenfalls weiter zum internationalen Hotspot. Mit neun der zehn grĂśĂ&#x;ten Pharma-Unternehmen weltweit erzielt das RCPE mittlerweile rund 30 Prozent des gesamten jährlichen Projektvolumens. Von 29. bis 30. September 2011 veranstaltet das RCPE mit der TU Graz den „5th International Congress on Pharmaceutical Engineering“. 2007 ins Leben gerufen, ist der ICPE mittlerweile einer der wichtigsten internationalen Kongresse im Feld der „Pharmazeutischen Technologien“. Die Themen in diesem Jahr: „Personalisierte Medizin“, Produktion von „nextgeneration-“ und „High-tech-Medikamenten“, pharmazeutische Materialwissenschaften inklusive Nanotechnologie, Quality-by-Design sowie moderne Methoden der ProzessĂźberwachung und Qualitätssicherung.

KOMPETENZ-ENTWICKLUNG SENSORIK. Auch im strategischen Korridor „Biomedizinische Sensortechnologie & Biomechanik“ entwickelt der Cluster neue Programme. Im Ende Juni gestarteten „SkillsLab Sensorik“ haben die Clusterunternehmen damit begonnen, „die Weisheit der Vielen“ – sprich: das praktische Know-how aller Cluster-Mitglieder – zu nutzen. Dieses Modell zur integrierten Kompetenz-Entwicklung Ăźber den ganzen Standort bringt den Unternehmen praktische Vorteile: n Ăœber die Grenzen des Unternehmens ausgerichtete Personalentwicklung mit der Perspektive auf das „Clusterganze“ erĂśffnet die MĂśglichkeit, neue Ideen fĂźr neue Märkte zu generieren. n Effizientes Pflichten- und Lasten-Management in der Auftragsabwicklung wird mĂśglich, indem fehlendes Knowhow in unmittelbarer Nähe aufgespĂźrt oder bei Bedarf gemeinsam weiterentwickelt werden kann. n Die Transparenz bei der Vergabe von FĂśrdermitteln wird entscheidend verbessert und damit auch die Einfachheit in der FĂśrdervergabe und die Sicherheit in der FĂśrder-Evaluierung. Der „SkillsLab“-Prozess wird Ende November abgeschlossen sein und die Unternehmen kĂśnnen die Ergebnisse fĂźr eigene F&E-Sensorik-Projekte nutzen. Clusterchef

Robert Gfrerer: „Auch dieses Projekt zeigt, dass wir die im Cluster geborenen visionären Ideen so erden, dass sie fĂźr die Unternehmen auch einen praktischen Wert besitzen.“ k

Die Zukunftskonferenz 11 „Creating Value“ Die Zukunftskonferenz des Humantechnologie-Clusters steht im Zeichen der „WertSchĂśpfung“. Ausklingen wird die Zukunftskonferenz 2011 wieder mit einem „Get-together“. DIE HIGHLIGHTS: „Nurturing value from idea to exitâ€?, Dr. Jørgen Thorball, Managing Partner, XOventure INTERNATIONAL Life Science Experts „Technologieentwicklung: Fenster in die Zukunft“, DI Dr. Sabine Herlitschka, Member of the Board, Infineon Technologies Austria AG „Creating value for personalized medicine by tissue diagnostics“, Dr. Thomas Grogan, Founder and CEO, Ventana Medical Systems, a Member of the Roche Group Parallel Sessions zu den strategischen Korridoren „Pharmaceutical engineering and production processes“, „Advanced biomedical sensor technologies & biomechanics“ sowie „Biobanking & biomarker technologies“ Dienstag, 4. Oktober 2011, Seifenfabrik Veranstaltungszentrum, Angergasse 4143, 8010 Graz ANMELDUNGEN UND KONTAKT: Mag. Andrea Wutte Human.technology Styria GmbH ReininghausstraĂ&#x;e 13, 8020 Graz E-Mail: office@human.technology.at Web: http://human.technology.at

Fotostrecke: (1) Robert Gfrerer, GeschäftsfĂźhrer des Humantechnologieclusters, freut sich Ăźber internationale Erfolge seiner Cluster-Unternehmen. (2) Mit dem RCPE arbeiten neun von zehn „Big Pharma“-Unternehmen. (3) „SkillsLab Sensorik“: Kompetenzentwicklung fĂźr Sensortechnologie & Biomechanik. (4 + 5) Am ACIB entwickelt: Enzyme mit PET im aktiven Zentrum (4) sorgen fĂźr eine hundertprozentige Wiederverwertbarkeit von PET-Flaschen. (6) „Creating Value“: Wert-SchĂśpfung steht im Zentrum der Zukunftskonferenz 2011 (siehe Kasten).

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Neue Geldquelle fĂźr die klinische Forschung PREMIERE. Projekte aus der klinischen Forschung waren beim Wissenschaftsfonds FWF bislang unterrepräsentiert. Eine mit drei Millionen Euro dotierte „experimentelle Ausschreibung“ ändert das und hat gleichzeitig das Potenzial der klinischen Forschung in Ă–sterreich ausgelotet. Das Ergebnis ist in mehrfacher Hinsicht erfreulich. g

Foto: sxc_hu

mussten patientenorientiert sein, mussten von akademischen ForscherInnen initiiert worden sein, und an den Forschungsresultaten durfte kein unmittelbares Interesse von Wirtschaftsunternehmen bestehen. Zusätzlich mussten entweder PatientInnen oder gesunde ProbantInnen in die Studien einbezogen werden. „Das Ergebnis hat unsere Erwartungen Ăźbertroffen“, freut sich der Kommunikationsleiter des FWF, Stefan Bernhardt. „Angesichts des Bewilligungsvolumens von drei Millionen Euro fĂźr diese Ausschreibung ist diese Zahl ein Zeichen fĂźr eine hohe Bereitschaft, auf kompetitivem Weg qualitätsgeprĂźfte Drittmittel der ‚Marke FWF’ einzuwerben.“

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s gab mehrjährige Diskussionen zwischen FWF, Wissenschaftsministerium und der Medizinischen Universität, wie man die klinische Forschung in Ă–sterreich unterstĂźtzen kĂśnnte. Ende Juni des Vorjahres war es dann soweit: Die erste Ausschreibung speziell fĂźr diesen Bereich ist angelaufen. KLIF (Klinische Forschung) wurde mit drei Millionen Euro dotiert und ist auf groĂ&#x;es Interesse gestoĂ&#x;en – wie allein die 327 Letters of Interest beweisen. Davon sind immer noch 183 Projektideen eingereicht und unter anderem von einer internationalen ExpertInnenjury eingehend begutachtet worden. Die Einreichungen durften nicht gewinn-, sondern

DIE 15 ERFOLGREICHEN EinreicherInnen sind Anfang Juli bekanntgegeben worden und dĂźrfen sich Ăźber zusätzliches Geld fĂźr die kommenden drei Jahre freuen. Die Bandbreite ist groĂ&#x; und zeigt auch die Vielfalt der klinischen Forschung in Ă–sterreich: Die Themen umfassen Krebsforschung, Rheumatologie, Neonatologie, Gynäkologie, Klinische Psychiatrie, Psychopharmakologie, Allergieforschung, Neurologie und Anästesiologie bei Diabetes. Sieben der Projekte werden an der Medizinischen Universität Wien durchgefĂźhrt, drei an der Medizinischen Universität Graz, zwei an der Medizinischen Universität Innsbruck und je eines am St. Anna Kinderspital, am Ludwig-Boltzmann-Institut im HanuschKrankenhaus sowie am Salzburger Universitätsklinikum. Auch die Bandbreite der bereitgestellten Mittel ist sehr unterschiedlich – wobei weniger Geld jetzt nicht bedeutet, dass dieses Projekt weniger wichtig sein kĂśnnte, wie Bernhardt betont. Manchmal lieĂ&#x;e sich Exzellenz bereits mit vergleichsweise geringem Einsatz von Geld erzielen, hält er fest.


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EINES DIESER „SPARSAMEN“ PROJEKTE

wird in Graz durchgefĂźhrt. Hier hat der FWF 60.000 Euro zur VerfĂźgung gestellt, damit die Probleme von DiabetikerInnen bei der Regionalanästhesie untersucht werden. Wenn man zum Beispiel einen FuĂ&#x; betäuben will, wird mit Stromimpulsen jener Nerv gesucht, der fĂźr das Schmerzempfinden zuständig ist. Um ihn zu blockieren, wird anschlieĂ&#x;end in seiner unmittelbaren Nähe ein Betäubungsmittel gespritzt. „Zahlreiche DiabetikerInnen leiden aber an einer diabetischen Neuropathie. Deshalb ist bei ihnen die Nervenleitgeschwindigkeit herabgesetzt“, erzählt Projektleiter Marcel Rigaud von der Klinischen Abteilung fĂźr allgemeine Anästhesie und Intensivmedizin der Medizinischen Universität Graz. Aus diesem Grund reagiert der Nerv zu langsam auf den Impuls. „Dann besteht das Risiko, dass man bereits zu nahe am Nerv ist oder das Betäubungsmittel direkt hineinspritzt. Das ist aber schädlich fĂźr ihn“, betont der Mediziner. Er will nun im Rahmen seines Projekts DiabetikerInnen und NichtdiabetikerInnen beim Auffinden des zuständigen Nervs mit Ultraschall kontrollieren. So will er die zulässigen Schwellenwerte feststellen, mit denen Gesunde und DiabetikerInnen auf die Stromimpulse reagieren. Das Ergebnis der Studie soll eine Empfehlung fĂźr die Regionalanästhesie bei DiabetikerInnen sein. Das ist deshalb so wichtig, weil die Betroffenen oft unter Begleiterkrankungen leiden (Herz-Kreislauf, Lunge ‌), was bei einem medizinischen Eingriff eine Vollnarkose fĂźr sie zu einem hĂśheren Risiko macht. Die FĂśrdermittel will Rigaud fĂźr Personalkosten verwenden. „Ohne die FĂśrderung und dem damit zusätzlichen Personal wäre das Projekt nicht umzusetzen gewesen“, betont er. FINANZIELL IN DER „MITTELKLASSE“ ist eines der sieben Projekte an der Medizinischen Universität Wien angesiedelt. Obwohl die Magnetresonanztomografie (MRT) fĂźr die meisten klinischen Gehirnuntersuchungen Mittel der Wahl ist, lassen sich krankhafte Veränderungen aber mitunter nur unzureichend mit einer herkĂśmmlichen Bildgebung nachweisen. „Unser Projekt hat zum Ziel, eine MRT-Methode weiterzuentwickeln, die es erlaubt, nicht nur anatomische, sondern auch krankhafte Veränderungen im Hirnstoffwechsel als Bild darzustellen“, erzählt Wolfgang Bogner von der Universitätsklinik fĂźr Radiodiagnostik. Als ersten Schritt will er diese Methoden einsetzen, um eine bessere Charakterisierung und damit verbunden eine bessere Be-

handlung von Hirntumoren zu erreichen. Die potenziellen EinsatzmĂśglichkeiten sind seinen Angaben zufolge aber noch wesentlich vielfältiger und beinhalten weit verbreitete Erkrankungen des Gehirns wie Epilepsie, Multiple Sklerose, Alzheimer, Parkinson und dergleichen. Die Infrastruktur an seinem Forschungsinstitut, dem Hochfeld-MR-Exzellenzzentrum an der Medizinischen Universität Wien, bezeichnet er als „weltweit erstklassig“. Deshalb soll die gesamte FĂśr-

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Foto: beigestellt

FORSCHUNGSFĂ–RDERUNG

Marcel Rigaud, Med-Uni Graz: „Im Rahmen meines Projekts sollen zulässige Schwellenwerte ermittelt werden, mit denen Gesunde und DiabetikerInnen auf Stromimpulse reagieren. Ohne die FĂśrderung und dem damit zusätzlichen Personal wäre das Projekt nicht umzusetzen gewesen.“ dersumme von 210.000 Euro in die Gehälter von Jung-WissenschafterInnen flieĂ&#x;en. Angesichts der vergleichweise niedrigen Annahmequote von rund acht Prozent bei KLIF freut sich Bogner, „dass mir als Nachwuchswissenschafter – ich bin ja erst 30 Jahre alt – vom FWF die Chance gegeben wird, mein Projekt in die Tat umzusetzen, obwohl die Konkurrenz durch ältere Professoren sicher nicht klein war. Ich bin gerade dabei meine eigene Arbeitsgruppe aufzubauen, und das ist fĂźr mich ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung.“ EIN SCHRITT IN DIE RICHTIGE RICHTUNG ist das Ergebnis von KLIF auch fĂźr Wissenschafts- und Forschungsminister Karlheinz TĂśchterle: „Es ist gelungen, eine motivierende Initiative fĂźr Forschung im Dienste der PatientInnen zu setzen – das ist im besten Sinne des Wortes Forschung fĂźr die Menschen“, freut er sich. Dem kann sich Stefan Bernhardt vom FWF nur anschlieĂ&#x;en, dementsprechend positiv fällt sein Fazit aus: „Es gibt viele gute Ideen und einige Bereiche, in denen im internationalen Vergleich exzellente Forschung betrieben wird. Wichtig fĂźr die Zukunft wäre es, die WissenschafterInnen im methodisch-statistischen Bereich zu unterstĂźtzen. Dann lieĂ&#x;e sich das Potenzial sogar noch besser entwickeln und heben.“ KLIF dĂźrfte auf alle Fälle sichergestellt haben, dass klinisch arbeitende ForscherInnen sich kĂźnftig Ăśfter an den FWF wenden, um exzellente Forschungsideen finanziert zu erhalten. Ein wichtiges Zeichen wurde jedenfalls gesetzt. k Johannes Stuhlpfarrer


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Foto: Georges Schneider

Sichtlich zufrieden präsentierte Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner am 8. Juli in der Wiener Hofburg den aktuellen Wirtschaftsbericht. Kein Wunder: Er bestätigt, dass vieles richtig gemacht worden sein dĂźrfte, da Ă–sterreichs Wirtschaft Ăźber dem europäischen Durchschnitt wächst.


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WIRTSCHAFTSPOLITIK

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Aufschwung stärken, Strukturwandel vorantreiben SCHWARZ AUF WEISS. Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner präsentierte am 8. Juli in der Wiener Hofburg gemeinsam mit Bundeskanzler Werner Faymann, Finanzministerin Maria Fekter und Infrastrukturministerin Doris Bures den Wirtschaftsbericht Ă–sterreich 2011. Erfreuliches Conclusio vorweg: Der Aufschwung der Ăśsterreichischen Wirtschaft hält an, wird laut WIFO Wachstumsraten von drei Prozent bringen und damit deutlich Ăźber dem Durchschnitt der Eurozone liegen. g

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nsere Wirtschaft boomt. Nach der Krise des Jahres 2009 sind wir nicht mehr in der Phase der Erholung, sondern schon in einem starken Aufschwung", betonte Mitterlehner im Rahmen der Präsentation in der Wiener Hofburg vor dem „Who is who“ der heimischen Entscheidungsträger. „Die guten Wirtschaftsdaten sind allerdings kein Anlass zur Selbstzufriedenheit. Jetzt geht es vielmehr darum, den Aufschwung nachhaltig zu stärken und den Strukturwandel voranzutreiben“, so Mitterlehner weiter. „Neben guten Rahmenbedingungen braucht es dafĂźr auch eine optimistische Grundstimmung, die ein entscheidender Faktor fĂźr die Kaufkraft der Menschen und die Investitionsentscheidungen der Unternehmen ist. Denn die Wirtschaftsforschungsinstitute prognostizieren uns fĂźr 2012 ein etwas schwächeres Wachstum. Hier sollten wir nicht zu weit zurĂźckfallen", so Mitterlehner. NEUE MĂ„RKTE MIT NEUEN PRODUKTEN ERSCHLIESSEN. Neben den steigenden Investitio-

nen sieht Mitterlehner vor allem die Exporte als Triebfeder fĂźr das Wachstum. Die Ausfuhren sind allein in den ersten vier Monaten 2011 gegenĂźber dem Vorjahreszeitraum um 19,7 Prozent auf ein Volumen von 39,5 Milliarden Euro gewachsen. „Wir profitieren von der Stärke Deutschlands und unserer Zuliefer-Funktion dorthin. Gleichzeitig sind wir auch in neuen Märkten gut aufgestellt. Mit unserer Internationalisierungs-Offensive wollen wir daher vor allem die ErschlieĂ&#x;ung von Ländern wie Brasilien, Indien, Russland und China weiter forcieren. Eine stärkere Diversifizierung ist hier der SchlĂźssel zum Erfolg – auch weil uns das hilft, unser Risiko besser zu verteilen“, so Mitterlehner unter Verweis auf die kĂźrzlich verlängerte ExportfĂśrderung „go international“, in die allein das Wirtschaftsministerium 35 Millionen Euro investiert.

Breiten Raum widmet der neue Wirtschaftsbericht dem Wettbewerbsbereich, wo Mitterlehner vor allem das Wettbewerbsbewusstsein der Konsumenten weiter fÜrdern will – zum Beispiel ßber mehr Transparenz am Treibstoffmarkt durch die neue Spritpreis-Datenbank sowie die ErhÜhung der Wechselraten im Energiebereich. So liegt etwa das Sparpotenzial

hervorragend positionieren“, so Mitterlehner, der in diesem Zusammenhang auch auf das neue Ă–kostrom-Gesetz verwies. „Bis 2020 lĂśsen wir mit unserem Ausbauprogramm Investitionen von rund zwĂślf Milliarden Euro in grĂźne Technologien aus“, sagte Mitterlehner. Weitere Impulse in diesem Bereich setze die FĂśrderoffensive fĂźr die thermische Sanierung.

„Mit einer 'Triple-I-Strategie' unterstĂźtzen wir vor allem KMU beim Strukturwandel – also tendenziell weg von der starken Ausrichtung auf Investitions- und SachgĂźter hin zu wissensbasierten Dienstleistungen und Innovationen.“ beim Wechsel vom regionalen Standardanbieter zum Billigstbieter von Strom und Gas bei bis zu 210 Euro pro Jahr. „Neben dem effizienteren Einsatz von Energie hilft uns auch das Ankurbeln des Wettbewerbs gegen die Inflation“, so Mitterlehner. „TRIPLE-I-STRATEGIE“ FĂ–RDERT STRUKTURWANDEL UND Ă–KO-INNOVATIONEN. Um den

Aufschwung weiter zu beschleunigen, setzt das Wirtschaftsministerium heuer eine Mittelstands-Offensive um. „Mit einer 'Triple-I-Strategie' unterstĂźtzen wir vor allem kleine und mittlere Unternehmen beim Strukturwandel – also tendenziell weg von der starken Ausrichtung auf Investitions- und SachgĂźter hin zu wissensbasierten Dienstleistungen und Innovationen. Daher wollen wir auf allen Ebenen entsprechende Innovationspotenziale heben, Investitionen unterstĂźtzen und die Internationalisierung fĂśrdern“, bekräftigte Mitterlehner. Ein Schwerpunkt liege dabei auf der UnterstĂźtzung von nachhaltigen Forschungsaktivitäten und Ă–ko-Innovationen. „Damit kĂśnnen wir uns gerade im internationalen Wettbewerb

NACHFOLGEND DIE WESENTLICHSTEN PASSAGEN DES KAPITELS „FORSCHUNG, TECHNOLOGIE UND INNOVATION“ AUS DEM AKTUELLEN WIRTSCHAFTSBERICHT: Mit der VerĂśffentli-

chung der FTI-Strategie im vergangenen März schlieĂ&#x;t die Bundesregierung ihren intensiven, mehrjährigen Diskussions- und Analyseprozess zur Strategiefindung bezĂźglich Forschung, Technologie, Innovation und Bildung in Ă–sterreich mit dem Zeithorizont 2020 ab. Diese Strategie ist Ausdruck eines konsequenten, evidenzbasierten und interaktiven Politikprozesses. Ausgangspunkt ist einerseits die erfolgreiche Entwicklung des Ăśsterreichischen Forschungs- und Innovationssystems der letzten Jahrzehnte, die Ă–sterreich nunmehr in das Vorfeld der Gruppe der „Innovation Followerâ€? gefĂźhrt hat. Andererseits stecken neue, kurzfristige (Folgen der globalen Finanz- und Wirtschaftskrise) wie auch langfristige Herausforderungen („Grand Challengesâ€? wie z. B. globale Knappheiten von Energie- und Naturressourcen, Klimawandel, demographischer Wandel) den Rahmen ab, in dem die Strategie zu operieren hat und wo es gilt, seitens der


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Wissenschaft, Forschung und Technologie Anpassungsstrategien und Entwicklungsoptionen zu entwickeln. DIE STRATEGIE FĂœR FORSCHUNG, TECHNOLOGIE UND INNOVATION der Ăśsterreichischen

Bundesregierung stellt sich diesen Herausforderungen, indem sie folgende zwei prioritäre Zielsetzungen verfolgt: n „Wir wollen die Potenziale von Wissenschaft, Forschung, Technologie und Innovation in Ă–sterreich weiter entwickeln, um unser Land bis zum Jahr 2020 zu einem der innovativsten der EU zu machen und dadurch die Wettbewerbsfähigkeit unserer Wirtschaft zu stärken und den Wohlstand unserer Gesellschaft zu steigern.

Zu diesem Ziel hat sich die Bundesregierung auch im Rahmen des EU-Strategieprozesses Europa 2020 bekannt, der fßr die EUMitgliedsstaaten jeweils individuelle Forschungsquotenziele vorsieht. Internationale Erfahrungswerte zeigen, dass diese Dynamik speziell durch die Aktivierung privater Investitionen in Forschung und Entwicklung erreichbar ist. Ihr Anteil an der Forschungsquote 2020 soll daher jedenfalls 66 Prozent und – nach internationalem Vorbild – womÜglich 70 Prozent erreichen. Dieser Vision entsprechend werden in der Strategie fßnf miteinander vernetzte Bereiche definiert, in denen – aufbauend auf den jeweils spezifischen Strukturen, Entwicklungstrends und Herausforderungen – durch entsprechen-

Eine wissens-, forschungs- und innovationspolitische Gesamtsicht auf das Innovationssystem hilft, die Seiten des „Wissensdreiecksâ€? Bildung-Forschung-Innovation zu stärken und deren Zusammenarbeit zu verbessern. n Wir wollen die Potenziale von Wissenschaft, Forschung, Technologie und Innovation in Ă–sterreich weiter entfalten und gesamthaft zum Einsatz bringen, um die groĂ&#x;en gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Herausforderungen der Zukunft zu meistern.â€? Vor dem Hintergrund dieser Herausforderung wird eine Vision fĂźr Ă–sterreich im Jahr 2020 skizziert, in der Ă–sterreich bis dahin in der Gruppe der innovativsten Länder der EU nachhaltig etabliert ist und zu einem der Innovation Leader Europas zählt. Ă–sterreich ist dann ein Top-Standort fĂźr Forschung, Technologie und Innovation, der exzellenten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern beste Arbeits und Karrierechancen bietet und Forschungseinrichtungen und hochinnovative Unternehmen aus der ganzen Welt anzieht. EXZELLENTE FORSCHUNG UND RADIKALE INNOVATIONEN sind in Ă–sterreich ebenso selbst-

verständlich wie eine enge Zusammenarbeit zwischen Wissenschaft, Wirtschaft und Gesellschaft. Eine wissens-, forschungs- und innovationspolitische Gesamtsicht auf das Innovationssystem hilft dabei, die drei Seiten des „Wissensdreiecksâ€? Bildung-Forschung-Innovation zu stärken und deren Zusammenarbeit zu verbessern. In dem Ziel, die F&E-Quote Ă–sterreichs auch während des nächsten Jahrzehnts weiter zu erhĂśhen, und zwar auf 3,76 Prozent des BIP im Jahr 2020, drĂźckt sich das Bekenntnis der Bundesregierung zu Wissenschaft, Forschung, Technologie und Innovation aus.

de MaĂ&#x;nahmen eine Operationalisierung dieser strategischen Zielsetzung erfolgen soll: n Bildungssystem: Ein quantitativ und qualitativ gut ausgestattetes Bildungssystem ist eine notwendige Voraussetzung fĂźr innovatives Denken und Handeln. Sowohl Zugang als auch Durchlässigkeit sollen sich – unter BerĂźcksichtigung von Leistungs- und Chancengerechtigkeit sowie im Hinblick auf individuelle Anlagen und Präferenzen – grundlegend verbessern. Die anvisierten MaĂ&#x;nahmen zielen dabei auf eine breite Strukturreform des Bildungssystems auf allen Ebenen ab (von der frĂźhkindlichen Phase bis zu Modellen des lebensbegleitenden Lernens). Gleichzeitig soll durch verbesserte Integrationsangebote das Humanpotenzial der in Ă–sterreich lebenden BevĂślkerung umfassender genutzt werden. Eine gezielte Steigerung der Mobilität von Studierenden und Graduierten soll fĂźr eine weitere Internationalisierung als wichtiger Pfeiler der weltweiten Anbindung des Ăśsterreichischen Forschungs- und Innovationssystems sorgen. An den Hochschulen sollen verbesserte Rahmenbedingungen (z. B. transparente und leistungsbezogene Vergabe von Laufbahnstellen, Weiterentwicklung des Kollektivvertrags wie z. B. die Umsetzung eines Tenure-Track-Systems, verstärkte FĂśrderung von Doktoranden und Doktorandinnen und Post-Docs etc.) fĂźr eine Attraktivierung der akademischen Karriere und somit fĂźr eine Sicherstellung eines exzellenten Nachwuch-

ses im Forschungsbereich sorgen. Gleichzeitig gilt es, Gender-Ungleichgewichte auszugleichen. n Grundlagenforschung: In der modernen Wissensgesellschaft stellt die Grundlagenforschung mit der laufenden Erweiterung der Grenzen wissenschaftlicher Erkenntnis einen zentralen Nährboden des Innovationssystems dar. Grundlagenforschung wird folgerichtig als ein Kernbereich der staatlichen Verantwortung in der Forschungsund Innovationspolitik verstanden. Dementsprechend gilt es, die einzelnen institutionellen Elemente der Grundlagenforschung in Ă–sterreich (Universitäten, grundlagenforschungsorientierte auĂ&#x;eruniversitäre Einrichtungen wie z. B. die Ă–AW, ISTAustria, LBG etc.) weiterzuentwickeln. Neben Verbesserungen hinsichtlich der infrastrukturellen Ausstattung sind wesentliche MaĂ&#x;nahmenbĂźndel dabei die Reform der Universitätsfinanzierung, Weiterentwicklung der Leistungsvereinbarungen, der weitere Ausbau der Drittmittelfinanzierung Ăźber im Wettbewerb evaluierte Projekte bei gleichzeitiger Abdeckung der Overheads sowie die Implementierung einer Ăśsterreichischen Exzellenzinitiative mit bis zu zehn unterschiedlichen Exzellenzclustern bis zum Jahr 2020. Gleichzeitig soll die Rolle der Universitäten als Partner im Wissenstransfer fĂźr Unternehmen weiter ausgebaut und gestärkt werden (z. B. durch den Aufbau von Wissenstransferzentren). Die Institutionen der angewandten auĂ&#x;eruniversitären Forschung werden in ihren Reform- und internationalen PositionierungsbemĂźhungen begleitet und unterstĂźtzt. n Innovation und Unternehmensforschung: Innovationen stellen die zentralen Elemente fĂźr die Erzielung technologischer oder marktorientierter Wettbewerbsvorteile von Unternehmen und somit auch fĂźr Wirtschaftswachstum und neue Arbeitsplätze dar. Voraussetzung dafĂźr sind weiter gesteigerte und ambitioniertere Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten in den Unternehmen, getragen von hoch qualifizierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern auf Basis der neuesten Erkenntnisse der Wissenschaft, garantiert von einem ständigen und intensiven Wissenstransfer zwischen Wissenschaft und Wirtschaft. Die Innovationsfähigkeit der Ăśsterreichischen Unternehmen und ihrer Beschäftigten ist somit ein wesentlicher SchlĂźssel zur Erreichung des strategischen Ziels, Ă–sterreich bis zum Jahr 2020 zu einem Innovation Leader weiterzuentwickeln. Dementsprechend wird in der


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WIRTSCHAFTSPOLITIK

Strategie auch ein breites MassnahmenbĂźndel zur Hebung der Innovationskraft von Ăśsterreichischen Unternehmen und der Anzahl der F&E-betreibenden Unternehmen entwickelt (Ziel: bis 2013 plus zehn Prozent und bis 2020 plus 25 Prozent F&E-betreibende Unternehmen). Dieses MaĂ&#x;nahmenbĂźndel umfasst u. a. den gezielten Ausbau der direkten FĂśrderung, die Forcierung von innovativen UnternehmensgrĂźndungen und eine Verbesserung des Zugangs zu Beteiligungs- und Risikokapital sowie nachfrageseitige Innovationsstimulierungen (etwa im Bereich der Ăśffentlichen Beschaffung) und eine weitere Intensivierung der VerknĂźpfungen zwischen Wissenschaft und Wirtschaft. UnternehmensgrĂźndungen sollen durch Abbau administrativer HĂźrden erleichtert werden, und eine aktive Wettbewerbspolitik soll generell innovationsfĂśrdernd wirken. n Governance des Forschungs- und Innovationssystems: Die Rahmenbedingungen fĂźr das Ăśsterreichische Innovationssystem mĂźssen sich nun, nachdem der Aufholprozess erfolgreich abgeschlossen werden konnte, den neuen Herausforderungen fĂźr einen Entwicklungspfad hin zum Innovation Leader stellen. Dabei kann sich die politische Steuerung nicht allein auf die Forschungs-, Technologie- und Innovationspolitik im engeren Sinn beschränken. Angesichts der neuen Herausforderungen kann sie nur effektiv sein in wechselseitiger Abstimmung und im Gleichklang mit anderen Politikbereichen, insbesondere der Bildungspolitik, der Wettbewerbspolitik und einer generellen Politik der internationalen Offenheit und Mobilität. Diese Neuorientierung der Rahmenbedingungen und Governancestrukturen zielt somit ab auf eine effizientere Ausgestaltung hinsichtlich der Verteilung der Kompetenzbereiche, die Schaffung adäquater Mechanismen fĂźr die Definition von Schwerpunktsetzungen, eine Ăźbersichtliche Ausgestaltung des FĂśrderungssystems und eine Kohärenz bei der Aufgabenverteilung im politischen Mehrebenensystem von der regionalen Koordination bis zur Internationalisierung. Diese Neuorientierung und Weiterentwicklung der Governancestrukturen erfordert entsprechende MaĂ&#x;nahmen, die die einschlägigen Stakeholder aktiv einbinden und einen dynamischen politischen Lernprozess garantieren kĂśnnen. Zu den anvisierten MaĂ&#x;nahmen zählen daher die Einrichtung einer Task Force „Forschung, Technologie und Innovationâ€? auf hoher Verantwortungsebene, deren Aufgabenbereich die Begleitung, Konkretisierung und Koordinie-

rung der Umsetzung der neuen FTI-Strategie, die strategische und systemorientierte Abstimmung und Koordination der Aktivitäten der einzelnen Ressorts sowie die Behandlung der Empfehlungen des Forschungsrates umfasst. Die FĂśrderungsagenturen im Bereich der FTI-Politik werden durch entsprechende Leistungsvereinbarungen auf Basis von Output- und Impact-Zielvorgaben als wesentliche Säulen der Umsetzung der FTI-Strategie eingesetzt. Die neuen Herausforderungen werden von Seiten der FTI-Politik durch die Etablierung neuer „ressortĂźbergreifender FTI-Schwerpunkteâ€? adressiert, wobei die entsprechenden Schwerpunkte jeweils einer begleitenden ĂœberprĂźfung unterzogen werden und befristete Wirkungen aufweisen. Wesentlich bei den Schwerpunktsetzungen ist jedoch, dass sie auf einer Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit Ă–sterreichs auf generischen Querschnittsfeldern der Wissenschaft und Technologie fuĂ&#x;en und gleichzeitig organisch zu den bestehenden Stärkefeldern der Wissenschaft und Wirtschaft Bezug nehmen. Die europäische und internationale

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wird auf maximale Effizienz und Effektivität des Mitteleinsatzes (hohe Hebelwirkung) Wert gelegt, und das Prinzip der Mittelallokation durch Wettbewerb findet verstärkt Anwendung, wobei auf die spezifischen Erfordernisse der Grundlagenforschung RĂźcksicht genommen werden soll. Konkrete MaĂ&#x;nahmen umfassen u. a. die Bereinigung der Programmvielfalt durch Konzentration des Ressourceneinsatzes auf einige wenige, jedoch breit angelegte Schwerpunktthemen mit strategischer Relevanz, weitergehende Vereinfachungen und Harmonisierungen der Instrumente, die Ausarbeitung eines modernen homogenen ForschungsfĂśrderungsrechts als Basis fĂźr alle FĂśrderungen seitens des Bundes bis hin zur bereits erfolgten Anhebung der Forschungsprämie gemäĂ&#x; § 108c EStG von acht auf zehn Prozent (bei gleichzeitiger Abschaffung der Forschungsfreibeträge). Dadurch soll es mĂśglich sein, bis 2020 zu einem privaten Finanzierungsanteil an den F&E-Ausgaben von zumindest zwei Drittel, mĂśglichst jedoch 70 Prozent zu kommen. Der Beitrag der Ăśffentlichen Hand soll dabei nach einer notwen-

Ziel des breiten MaĂ&#x;nahmenbĂźndels ist es unter anderem, bis 2020 plus 25 Prozent F&Ebetreibende Unternehmen nachhaltig im heimischen Wirtschaftssystem zu verankern. Vernetzung Ăśsterreichischer FTI-Akteure wird aktiv unterstĂźtzt und mit Schwerpunktländern (wie z. B. den Ländern Mittelund Osteuropas, Nordamerikas, den Ländern SĂźdostasiens oder den BRIC-Staaten) die Zusammenarbeit strategisch ausgebaut. n FĂśrderungssystem: Der konkreten Ausgestaltung und Weiterentwicklung des FĂśrderungssystems kommt in Rahmen der FTIStrategie der Ăśsterreichischen Bundesregierung eine zentrale Rolle zu. In Ă–sterreich hat sich in den vergangenen Jahren ein differenziertes und breit angelegtes FĂśrderungssystem entwickelt, das den Aufholprozess Ă–sterreichs äuĂ&#x;erst erfolgreich mitinitiiert, begleitet und vorangetrieben hat und das von der themenoffenen Bottom-up-AntragsfĂśrderung Ăźber top-down definierte thematische Programme bis zur indirekten (steuerlichen) FĂśrderung reicht. Dieses FĂśrderungssystem gilt es nun auf die veränderte Zielstellung – Etablierung Ă–sterreichs als Innovation Leader – unter Einbeziehung aller Stakeholder zu programmieren. Dabei

digen Konsolidierungsphase infolge der Wirtschaftskrise und Budgetkonsolidierung auf einem Pfad stabilisiert werden, der die angestrebte Forschungsquote in diesem Verhältnis von privater und Üffentlicher Finanzierung mit trägt. k

Wirtschaftsbericht Ă–sterreich 2011 Der „Wirtschaftsbericht Ă–sterreich 2011“ wurde unter FederfĂźhrung des Wirtschaftsministeriums in enger Abstimmung mit dem Finanzministerium verfasst. Weitere wichtige Inputs und Informationen kamen von allen Ressorts der Bundesregierung sowie von der Europäischen Kommission, OECD, dem WIFO, IHS und der BundeswettbewerbsbehĂśrde. BeigefĂźgt ist weiters das Kapitel „Stimmen aus Ă–sterreich“, in dem Analysen von renommierten Ă–konomen aus der Wissenschaft sowie von den wichtigsten Banken dargestellt werden. Der 150 Seiten starke Wirtschaftsbericht ist im Internet unter www.bmwfj.gv.at abrufbar.


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40 Millionen Euro fĂźr Unis freigegeben GEMISCHTE GEFĂœHLE. An sich sollte bei den Universitäten die Freude groĂ&#x; sein, wenn ihnen der Wissenschaftsminister zusätzliches Geld gibt. Insgesamt 40 Millionen Euro werden im Rahmen einer Ausschreibung verteilt und sollen die Qualität der Lehre verbessern. Echte GlĂźcksgefĂźhle wurden mit dieser Nachricht aber dennoch nicht ausgelĂśst. g

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Foto: Sabine Hauswirth

ie Regierung hat es derzeit wirklich nicht leicht mit den Unis. Da wird am 6. Juli das längst Ăźberfällige Qualitätssicherungsrahmengesetz beschlossen, und der Jubel darĂźber hält sich dennoch in Grenzen. Am nächsten Tag kĂźndigt dann Wissenschaftsminister Karlheinz TĂśchterle an: „Ab dem kommenden Herbst stehen den heimischen Universitäten zusätzlich 40 Millionen Euro an Offensivmitteln zur VerfĂźgung. Sie werden gezielt in MaĂ&#x;nahmen zur Verbesserung der Lehre investiert und leisten damit einen wichtigen und raschen Beitrag genau dort, wo der Schuh drĂźckt.“ Und wieder ist die Begeisterung enden wollend.

WU-Wien-Rektor Christoph Badelt: „Eine wirkliche Hilfe wären nur Mittel, die nachhaltig die Kapazitäten ausweiten, also jährlich angewiesen werden kĂśnnen.“

DABEI HATTE ALLES GUT BEGONNEN: Die damalige Wissenschaftsministerin Beatrix Karl konnte Ende letzten Jahres nach den Budgetverhandlungen den Universitäten fĂźr 2011 bis 2014 zusätzliche Offensivmittel zusichern. 80 Millionen Euro pro Jahr sollen flieĂ&#x;en, insgesamt also 320 Millionen. Der erste Punkt des Programms wird nun von TĂśchterle umgesetzt: FĂźr heuer und nächstes Jahr gibt es jeweils 20 Millionen Euro, mit denen die Universitäten die Qualität der Bildung heben und die Studienbedingungen verbessern kĂśnnen. Schwerpunkte sind dabei die Massen- und die gesellschaftlich wichtigen MINT-Fächer (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik). Die RektorInnen kĂśnnen fĂźr die Ausschreibung noch bis 15. September 2011 einreichen. Die Vergabe erfolgt dann im Oktober auf Basis der Empfehlungen einer ExpertInnenkommission, die vom BMWF eingerichtet wird. Noch im Herbst flieĂ&#x;en die ersten Mittel. GEFĂ–RDERT WERDEN ZUM BEISPIEL:

n Reinvestitionen und Neuanschaffungen von Infrastruktur fĂźr die (forschungsgeleitete) Lehre; n Hard- und Software fĂźr Lehre und Studienadministration; n Professuren/Personalkosten, befristet bis

Ende 2012 (z. B. BrĂźckenprofessuren); n bauliche MaĂ&#x;nahmen, Miet- und Betriebskosten fĂźr den Lehrbereich, befristet bis Ende 2012; n fachdidaktische Weiterbildung; n Vorbereitung auf oder zur Intensivierung der Betreuung während des Studiums (z. B. BrĂźckenkurse, Mentoring-Programme etc.); n Kosten zur Stärkung des Praxisbezugs in den MINT-Fächern. Auch wenn die RektorInnen mit zusätzlichem Geld fĂźr ihre Unis rechnen kĂśnnen – glĂźckliche Gesichter sehen anders aus. „NatĂźrlich kĂśnnen die 40 Millionen die Unterfinanzierung der Unis, insbesondere der Massenfächer, nicht lĂśsen. Das ärgste Problem der auszuschĂźttenden 40 Millionen ist aber das Faktum, dass diese Summe ein Einmalbetrag ist“, gibt WU-Wien-Rektor Christoph Badelt zu Bedenken. „Eine wirkliche Hilfe wären nur Mittel, die nachhaltig die Kapazitäten ausweiten, also jährlich angewiesen werden kĂśnnen.“ SchlieĂ&#x;lich werde die ohnehin schon hohe Zahl der Studierenden weiter steigen, merkt Badelt an. „Es ist ‚nice to have’, aber sicher kein groĂ&#x;er Wurf“, lautet das ResĂźmee von Werner Sommer, Leiter der Ă–ffentlichkeitsarbeit der TU Wien. E-Learning, Hardware, HĂśrsaalerneuerung, IT-Ausstattung fĂźr die Lehrräume – Ideen, wie man die Mittel verwenden kĂśnnte, gibt es bei der ebenfalls chronisch unterfinanzierten TU Wien mehr als genug. „Uns wäre aber lieber mehr Geld im Globalbudget, anstatt die Unis immer wieder mit kleinvolumigen Programmen zu gängeln.“ Und so wie Badelt kritisiert auch Sommer die fehlende Nachhaltigkeit. Dass sich die Stimmung nicht verbessert, dafĂźr dĂźrfte eine weitere Nachricht sorgen: Hinsichtlich mĂśglicher Budgetengpässe will das Ministerium die fĂźr heuer insgesamt vorgesehenen 80 Millionen Euro nicht zur Gänze an die Unis ausschĂźtten. 26 Millionen werden fĂźr spätere Jahre aufgehoben. k Johannes Stuhlpfarrer


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Wissenschaftsbericht der Stadt Wien 2010 erschienen STATUS QUO. Der Wiener Wissenschaftsbericht dokumentiert die Wiener ForschungsfĂśrderung im Spannungsfeld von Innovations- und Demokratieimpulsen. Nachfolgend lesen Sie die wichtigsten Passagen aus diesem Werk sowie – exemplarisch – Ăźber die Forschungsaktivitäten des Wiener Instituts fĂźr Wildtierkunde und Ă–kologie rund um den Lebensraum des Steinbocks. g

Foto: timeline, Rudi Handl

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erade eben ist der Wissenschaftsbericht der Stadt Wien fĂźr das Jahr 2010 erschienen. Es ist bereits das achte Mal, dass die Stadt Wien ihr Engagement in Sachen Wissenschaft, das sich in ansehnlichen Budgetzahlen niederschlägt, in einem umfangreichen Bericht (339 Seiten) darstellt. Der Wiener Wissenschaftsbericht hat einen Titel, der die Zielrichtung des Wiener Engagements angibt: „Wissenschaft und Forschung fĂśrdern, Innovationspotenziale entwickeln, Wissen als Demokratiechance nĂźtzen“. Dieser Titel gibt die drei groĂ&#x;en Engagementfelder der Stadt in Wissenschaft und Forschung an: Die Arbeit in den Stadttechnologien ist wissenschaftsbasiert; man sieht paradigmatisch, wie die komplexen Aufgaben der Stadtverwaltung mithilfe aktueller Forschungsergebnisse und Technologien stets am aktuellsten Stand der Entwicklung bewältigt werden. Die Stadt fĂśrdert Wissenschaft und Forschung, obwohl sie sich dabei nicht in einer verfassungsrechtlichen Verantwortung in Ă–sterreich, sondern „in der KĂźr“ befindet. SchlieĂ&#x;lich agiert die Stadt Wien sehr erfolgreich an der Schnittstelle zwischen Wissen-

Bßrgermeister Michael Häupl und Wissenschaftsreferent Prof. Hubert Christian Ehalt präsentieren die 339 Seiten starke aktuelle Ausgabe des Wiener Wissenschaftsberichtes.

Wien wird wieder Wissenschaftsstadt. Eine Zeittafel 1986/87: magistratsinterne abteilungsĂźbergreifende Erkundung der Zusammenarbeit der Fachabteilungen mit Wiener Universitäten. 2. April 1987: Symposion im Wiener Rathaus zum Thema „Wien – die Stadt und die Wissenschaft“; der renommierte Soziologe und Herausgeber der „KĂślner Zeitschrift fĂźr Soziologie und Sozialpsychologie, RenĂŠ KĂśnig, empfiehlt der Stadt Wien, „die Universitäten einzunisten“. 6. Mai 1987: Bundespräsident i.R. Rudolf Kirchschläger hält die erste Wiener Vorlesung zum Thema „Was ist das Gemeinsame? MĂśglichkeiten und Grenzen des Miteinander“. 1988: ErĂśffnung des Forschungsinstituts fĂźr Molekulare Pathologie (IMP), 1030 Wien. Das IMP wird zum ersten Kristallisationspunkt fĂźr den Cam-

pus Vienna Biocenter (Dachbegriff eines räumlichen Zusammenschlusses verschiedener akademischer und industrieller Forschungseinrichtungen auf dem Areal der Dr. Bohr-Gasse im dritten Bezirk). 1991: GrĂźndung des Instituts Wiener Kreis. 1993: GrĂźndung des IFK Internationales Forschungszentrum Kulturwissenschaften. 1993: Symposion der Wiener Vorlesungen „Ich stamme aus Wien“ mit EmigrantInnen, die von den Nazis aus Wien vertrieben wurden. 1994: Beginn des Projektes „Vienna Knowledge-Base“ zur Erkundung der Wiener Wissensbasis.


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Foto: Universität Wien

–, weil sich heute wie damals das Interesse der herrschenden Mächte und AkteurInnen an mĂźndigen BĂźrgerInnen in Grenzen hält. Im Folgenden werden punktuell und exemplarisch zwei Bereiche des Wissenschaftsengagements der Stadt Wien vorgestellt: Das Wiener Impulsprogramm fĂźr Geistes-, Kultur- und Sozialwissenschaften und Projekte des Forschungsinstituts fĂźr Wildtierkunde und Ă–kologie. In den FuĂ&#x;spalten dieses Beitrags findet sich eine Zeittafel, aus der anhand von Ereignissen, Zäsuren und Projekten sichtbar wird, wie Wien wieder Wissenschaftsstadt wird.

schaft und Ă–ffentlichkeit. Das Wissen Ăźber die groĂ&#x;e Bedeutung von „Public Awareness“, insbesondere im Bereich von Wissenschaft und Forschung, war ein starker Impuls dafĂźr, ein Netzwerk von Vermittlungsinitiativen auszubilden und zu fĂśrdern. Deren Zielsetzung ist es, Ergebnisse und Methoden, Voraussetzungen und Folgen von Forschungsarbeit zu erkunden, darzustellen, zur Diskussion zu stellen. WIEN IST DURCH DIE AUSDIFFERENZIERUNG DER UNIVERSITĂ„REN LANDSCHAFT,

durch den lebendigen Universitätscampus auf dem Areal des alten Allgemeinen Krankenhauses im Zentrum der Stadt zur Universitätsstadt geworden. „Wissen, Wissenschaft und Forschung sind Zukunfts- und Innovationspotenziale. Sie sind aber auch wesentliche Grundlagen fĂźr soziale Wohlfahrt der BĂźrgerinnen und BĂźrger und fĂźr Demokratie“ – so schreibt BĂźrgermeister Michael Häupl in seinem Vorwort. Andreas MailathPokorny fokussiert in seiner Einleitung als fĂźr Wissenschaft und Forschung verantwortlicher Stadtrat auf die Universitäten (20 Universitäten, Privatuniversitäten und Fach-

hochschulen), die er als wichtige Impulsgeber fĂźr die urbane Atmosphäre und Kultur der Stadt sieht. Weitere Vorworte von allen Mitgliedern der Stadtregierung zeigen, dass Wissenschaft und Forschung eine zentrale Querschnittsmaterie der Stadtpolitik ist, deren Wichtigkeit allen StadträtInnen bewusst ist. DAS STĂ„DTISCHE ENGAGEMENT dokumentiert sich in nicht unerheblichen Budgetzahlen – jährlich etwa 110 Millionen Euro. In Zielsetzung und Wirksamkeit oszilliert die Wiener ForschungsfĂśrderung zwischen Impulsen fĂźr Innovation einerseits und Demokratie andererseits: Wissenschaft und Forschung sind Modernisierungsfaktoren, und sie ermĂśglichen die LĂśsung von Problemen und die Gestaltung der Wirklichkeit mit brandaktuellen Technologien. Sie sind aber auch Kinder des alten Projektes der Aufklärung, das vor hatte, die Welt zu entzaubern (Max Weber) und die BĂźrgerInnen mit RĂźckgrat, Selbstbewusstsein und Verantwortung auszustatten. Heute wie damals gilt das Diktum von Immanuel Kant – sapere aude: wage zu wissen

1996: ErĂśffnung des 1. Weltkongresses fĂźr Psychotherapie in Wien. 1997: Präsentation der Wiener Universitäten und anderer hervorragender Wiener Forschungseinrichtungen im Rahmen einer kontinuierlichen Veranstaltungsschiene der Wiener Vorlesungen „Die Stadt präsentiert ihre Universitäten“. 1997: GrĂźndung des Jubiläumsfonds der Stadt Wien fĂźr die Ă–sterreichische Akademie der Wissenschaften aus Anlass des 150-jährigen Bestehens der Ă–sterreichischen Akademie der Wissenschaften zur FĂśrderung exzellenter wissenschaftlicher Projekte. 1997: kontinuierliche Meetings zwischen den fĂźr Wissenschaft verantwortlichen politischen und beamteten Funktionären der Stadt Wien und den Rektoren der Wiener Universitäten im „Joseph von Sonnenfels-Kreis“. 1998: GrĂźndung des Jubiläumsfonds der Stadt Wien fĂźr die WU Wien

WIENER IMPULSPROGRAMM FĂœR DIE GEISTES-, KULTUR- UND SOZIALWISSENSCHAFTEN. Die Stadt Wien fĂśrdert Wissenschaft

und Forschung derzeit sehr gezielt im Wege von sieben Fonds und Stiftungen: n Fonds der Stadt Wien fĂźr innovative interdisziplinäre Krebsforschung n Hochschuljubiläumsstiftung der Stadt Wien n Jubiläumsfonds der Stadt Wien fĂźr die Ă–sterreichische Akademie der Wissenschaften n Medizinisch-Wissenschaftlicher Fonds des BĂźrgermeisters der Bundeshauptstadt Wien – Magistratsabteilung 40 n Jubiläumsfonds der Stadt Wien fĂźr die Wirtschaftsuniversität Wien n Viktor Frankl-Fonds der Stadt Wien zur FĂśrderung einer sinnorientierten humanistischen Psychotherapie n Wiener Wissenschafts-, Forschungs- und Technologiefonds (WWTF) Der Wiener Wissenschafts-, Forschungsund Technologiefonds (WWTF), der sich lokal, national, europäisch und international einen Namen als erstklassige ForschungsfĂśrderungseinrichtung vor allem im Bereich der Life Sciences gemacht hat, fĂźhrt seit 2008 ein

anlässlich des 100. Geburtstages der Wirtschaftsuniversität zur FĂśrderung des Wissenstransfers zwischen Wissenschaft und Wirtschaft. 1998: ErĂśffnung des Universitätscampus im Alten Allgemeinen Krankenhaus fĂźr die Geistes-, Kultur- und Sozialwissenschaften. 1998: Initiierung des Urban Fellowships der Stadt Wien – Zusammenarbeit der Wiener Vorlesungen mit dem IFK. 1999: FĂśrderung des interdisziplinären Kooperationsprojektes „Molekulare Medizin“, dessen Ergebnisse zur GrĂźndung des CeMM (Center for Molecular Medicine) fĂźhrten. 1999: GrĂźndung des Viktor Frankl-Fonds der Stadt Wien fĂźr sinnorientierte humanistische Psychotherapie (die Logotherapie Viktor Frankls ist neben der Psychoanalyse und der Individualpsychologie die dritte psychotherapeutische Schule aus Wien).


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„Wiener Impulsprogramm fĂźr Geistes-, Sozial- und Kulturwissenschaften“ (GSK) durch. Das Ziel dieses mittelfristigen FĂśrderprogramms ist, die vorhandenen starken Potenziale in den Wiener GSK zu stärken und zu bĂźndeln. Die Impulse gehen hierbei vor allem in Richtung disziplinenĂźbergreifendes Arbeiten, Internationalisierung der Wiener Forschung in den GSK und internationaler Qualitätssignale. Zugleich steht eine sichtbare Positionierung Wiens als Wissenschaftsstadt in den Geistes-, Sozial- und Kulturwissenschaften sowie die Verbesserung der Karrierechancen fĂźr Frauen und den wissenschaftlichen Nachwuchs im Vordergrund.

und Wien 1881 bis 1918 und einem spezifischen Blick auf die familien-demographische Analyse der jßdischen Gemeinde in Wien. Im Rahmen des Diversitäts- und Identitätscalls wurden konkret folgende Projekte gefÜrdert:

ginalität der Fragestellung und der gewählten disziplinenßbergreifenden Ansätze und Methoden sowie die Relevanz der gestellten Forschungsfragen bewertet. Drei der vier ausgewählten Projekte werden von Frauen geleitet.

SERIOUS BEATS. Internetnutzung und Freundschaftsstrukturen von jungen MigrantInnen in Wien. Eine Analyse der integrationsstiftenden Potenziale von sozialen Netzwerken und Online-Spielen (Projektleitung: Gerit Bettina GÜtzenbrucker, Universität Wien, Institut fßr Publizistik und Kommunikationswissenschaft)

Foto: sxc_hu

IM ZUGE REGELMĂ„SSIG DURCHGEFĂœHRTER AUSSCHREIBUNGEN mit thematischem

Fokus, sogenannten Calls, werden jeweils die besten Projekte und Personen ausgewählt und gefĂśrdert. Die FĂśrderempfehlung wird von einem internationalen Programmbeirat ausgesprochen. Nachdem die ersten beiden Calls den thematischen Fokus an der Schnittstelle zwischen Wissenschaft und Kunst (Art(s) & Sciences 2008, 2009) angesiedelt hatten, wurde in der dritten Ausschreibung ein neuer thematischer Fokus mit gesellschaftlicher Relevanz gesetzt. Der „Diversität – Identität Call 2010“ rief zu Forschungsarbeiten auf, die sich mit der Bedeutung und den Herausforderungen zunehmender gesellschaftlicher Diversität und Vielfalt beschäftigen. Insbesondere sollten Fragen ethnischer Herkunft, der Migration und des Zusammenlebens im Zentrum stehen. Aus insgesamt 46 Projekteinreichungen wurden schlieĂ&#x;lich vier Projekte zur FĂśrderung ausgewählt und mit insgesamt rund 1,2 Millionen Euro gefĂśrdert. Das zentrale Auswahlkriterium fĂźr die FĂśrderung war die an internationalen Standards gemessene hohe Qualität der eingereichten Vorhaben. Weiters wurden die Ori-

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Die gefÜrderten Vorhaben widmen sich sehr unterschiedlichen Forschungsperspektiven: n dem integrationsstiftenden Potenzial eines Online-Spiels zum Thema Musik/ DJing (z. B. Hip Hop) fßr Jugendliche in Wien; n der Bedeutung mehrsprachiger Kommunikation fßr MigrantInnen, insbesondere im Zuge von BehÜrdenkontakten; n der demographischen Forschung zum besseren Verständnis der religiÜsen Landschaft und der Familienverhältnisse in Wien im Wandel seit 1950, das in Folge fßr eine Prognose bis 2050 genutzt werden soll; n dem historischen Vergleich von Migrations- und Integrationsmustern in Berlin

1999: Start der Wien Akademie der Stadt Wien und der Universität Wien, in der Folge auch gemeinsam mit der Technischen Universität Wien zur Erkundung der Wiener Wissens- und Forschungsbasis. 2000: Grßndung des Fonds der Stadt Wien fßr innovative interdisziplinäre Krebsforschung.

PLUS – When plurilingual speakers encounter unilingual environments Migrants from African countries in Vienna: language practices and institutional communication (Projektleitung: Brigitta Busch, Universität Wien, Institut fĂźr Sprachwissenschaften, Center for Intercultural Studies) PAST, PRESENT AND FUTURE RELIGIOUS PROSPECTS IN VIENNA 1950 – 2050 (Projekt-

leitung: Anne Goujon, Österreichische Akademie der Wissenschaften – Vienna Institute of Demography, VID, IIASA, Wittgenstein Centre for Demography and Global Human Capital) JEWISH MIGRATION AND DIVERSITY IN VIENNA AND BERLIN 1881 – 1918 (Projekt-

leitung: Ingo Haar, Universität Wien, Institut fĂźr Wirtschafts- und Sozialgeschichte) FORSCHUNGSINSTITUT FĂœR WILDTIERKUNDE UND Ă–KOLOGIE. Die Ă–kologie des

urbanen Raumes ist in einem dynamischen Veränderungsprozess begriffen. Wildtiere dringen immer mehr in urbane Bereiche vor. Arten wie Marder, Fuchs und neuerdings so-

2001: Erstmals scheint der Begriff „Wissenschaft“ im Titel einer städtischen Geschäftsgruppe auf. 2001: GrĂźndung des Wiener Wissenschafts-, Forschungs- und Technologiefonds. Die Mittel des Fonds stammen aus der „Privatstiftung zur Verwaltung von Anteilsrechten“ der Bank Austria.

2000: Die Stadt Wien beteiligt sich an der Finanzierung des Forschungsgebäudes fßr das Institut fßr molekulare Biotechnologie GmbH (IMBA am Campus Vienna Biocenter).

2003: Start der Herausgabe von jährlichen Wiener Wissenschaftsberichten.

2000: GrĂźndung des Gregor-Mendel-Instituts fĂźr Molekulare Pflanzenbiologie GmbH (GMI) der Ă–sterreichischen Akademie der Wissenschaften in der Dr. Bohr-Gasse.

2004: GrĂźndung des Instituts fĂźr Quantenoptik und Quanteninformation der Ă–sterreichischen Akademie der Wissenschaften.

2000: Grßndung des ZIT – Zentrum fßr Innovation und Technologie, die Technologieagentur der Stadt Wien.

2003: „Wiener Wissenschaftstage“ zum Thema „Stadt-Leben-Zukunft – Perspektiven von urbanem Leben, Städtebau, Wirtschaft“.

2005: Start der Reihe „Enzyklopädie des Wiener Wissens“ mit den Bänden von Christian Stifter, „Geistige Stadterweiterung“, und Matthias Marschik, „Massen Mentalitäten Männlichkeit. FuĂ&#x;ballkulturen in Wien.“


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FORSCHUNGSPROJEKT STEINBOCK. Diese einst durch den Menschen ausgerottete Tierart konnte – dank der BemĂźhungen Vieler – auch in Ă–sterreich ihre alte Heimat wieder besiedeln. Die Steinbocklebensräume stellen mit ihren langen und harten Wintern die Tiere vor extreme Herausforderungen, und es war unbekannt, wie sie die lebensfeindlichen alpinen Winter eigentlich Ăźberstehen. Dieses dreijährige Forschungsprojekt wurde 2010 abgeschlossen und erbrachte sensationelle Ergebnisse, die nicht nur fĂźr die Fachwelt, sondern auch fĂźr das richtige Management dieser Art im Hochgebirge wichtig sind, wo selbst entlegenste Gegenden heute intensiv mit Freizeitaktivitäten genutzt werden. ĂœBERLEBEN AUF SPARFLAMME. Mit dem von FIWI selbst entwickelten Telemetriesystem wurden frei lebende SteinbĂścke untersucht. Dieses System, das sich in Studien an Rotwild im Forschungsgehege auf dem Wilhelminenberg bereits mehrfach bewährt hat, wurde hier erstmals in freier Wildbahn eingesetzt. Es gelang Ăźber einen Zeitraum von zwei Jahren, an zehn SteinbĂścken und zehn SteingaiĂ&#x;en die Herzschlagrate, die KĂśrpertemperatur und die Aktivität der Tiere ununterbrochen zu messen. Und es konnten alle Halsbänder, in denen diese Unmengen von Daten gespeichert waren, wiedergewonnen

Foto: sxc_hu

gar Wildschweine sind mittlerweile zu echten Stadtbewohnern geworden und keineswegs mehr nur im Lainzer Tiergarten zu finden. Um mĂśgliche, daraus resultierende Probleme, wie z. B. die Gefahr der Ăœbertragung von Krankheiten von Wildtieren auf Haustiere und Mensch, oder um die Beratung von BevĂślkerung und BehĂśrden im Umgang mit Wildtieren kĂźmmert sich das FIWI. Daraus ist ersichtlich, wie wichtig Fragestellungen eines modernen Wildtiermanagements auch in urbanen Räumen sind.

werden. Parallel dazu wurden verschiedene Wetterdaten aufgezeichnet. DIE ERSTE ERKENNTNIS: SteinbÜcke senken im natßrlichen Lebensraum während des Winters die Herzschlagrate um ca. 60 Prozent unter das Sommerniveau. Jede Nacht kßhlen die Tiere aus, im Winter aber doppelt so stark wie im Sommer. Offensichtlich reagieren die Tiere auf niedrige Temperaturen nicht mit hÜherer innerer Wärmeproduktion oder vermehrter Nahrungssuche, sondern mit geringerer Aktivität und vor allem mit einem Absenken der KÜrpertemperatur um ihren Fettverbrauch und Nahrungsbedarf zu reduzieren. Allerdings konnte festgestellt werden, dass der Rßckgang der Herzschlagrate viel hÜher war, als durch weniger Aktivität und niedrigere KÜrpertemperatur erklärt werden kann. Die SteinbÜcke setzten also noch weitere Tricks ein, um Energie zu sparen, aber welche? SONNENBAD AM VORMITTAG. Die LÜsung des Rätsels liegt in einem engen Zusammenhang zwischen den Veränderungsmustern der KÜrpertemperatur und der

2005 – 2006: Swot-Analysen der Stärken des Wiener Wissenschaftsstandortes in Zusammenarbeit mit dem Forschungszentrum Seibersdorf. 2005 – 2006: Einrichtung und Ausstattung eines Labors fĂźr Atomphysik und Quantenoptik an der Fakultät fĂźr Physik der TU Wien. 2005: GrĂźndung des Forschungszentrums fĂźr historische Minderheiten. 2006: ErĂśffnung des Life-Sciences-Zentrums Wien (IMBA/GMI Forschungsgebäude) in 1030 Wien, Dr. Bohr-Gasse 3. 2006: FĂśrderung der neun Wiener Universitäten nach UG 2002 durch das „Universitäts-Infrastrukturprogramm“ (UIP). UnterstĂźtzung im Wege der Finanzierung von Sachausstattung. 2006 – 2007: DurchfĂźhrung des FTI-Prozesses „Wien denkt Zukunft“ zur Entwicklung einer FTI-Strategie.

„wirksamen“ Umgebungstemperatur, d. h. der Kombination von Lufttemperatur, Wind und Sonneneinstrahlung. Nach Sonnenaufgang steigt die KĂśrpertemperatur rasch an, viel schneller als im Sommer und deutlicher als die Herzschlagrate. Es konnte beobachtet werden, dass den Tieren ein morgendliches Sonnenbad hilft die KĂśrpertemperatur wieder auf hohe Werte zu bringen. Und da das Aufwärmen auf diese Weise kaum Energie verbraucht, kĂśnnen die Tiere die stärkere nächtliche AbkĂźhlung ohne Aufwand ausgleichen. Deutlich aktiv werden die Tiere erst um Mittag, wenn die KĂśrpertemperatur eine entsprechende HĂśhe erreicht hat. Von Reptilien ist eine derartige Nutzung der Sonnenenergie wohl bekannt. Dass groĂ&#x;e Tiere wie die SteinbĂścke diese „Energiegewinnung“ in einem solchen AusmaĂ&#x; einsetzen, damit hat niemand gerechnet. Es kĂśnnte ein uraltes Erbe der Reptilienvorfahren der Säugetiere sein. MĂśglicherweise spielt die Nutzung externer Wärmequellen fĂźr den Energiehaushalt von Wildtieren eine viel grĂśĂ&#x;ere Rolle als bisher angenommen und stellt deshalb einen bisher unterschätzten Lebensraumfaktor dar. k

2007/08: Start des durch den FTI-Prozess angeregten und die Geschäftsgruppen fĂźr Finanzen und fĂźr Kultur und Wissenschaft gefĂśrderten Forschungsschwerpunktes zur FĂśrderung der Geistes-, Kultur- und Sozialwissenschaften. 2007 – 2009: Die Jubiläumsfonds der Stadt Wien fĂźr die Ă–AW und fĂźr die WU Wien und der Fonds fĂźr innovative interdisziplinäre Krebsforschung werden durch Neudotierung fĂźr unbegrenzte Dauer gesichert. 2008: Start einer von Andreas Mailath-Pokorny initiierten Wiener Nachdenkrunde – „Wien denkt weiter“ – zur Zukunft der Wiener Kulturpolitik. 2009: Das Wiener Wiesenthal Institut fĂźr Holocaust-Studien (Vienna Wiesenthal Institute, VWI) nimmt seinen Betrieb auf. 2011: ErĂśffnung des CeMM (Center for Molecular Medicine) – Forschungszentrum.


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WISSENSCHAFTSPOLITIK

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Gleiche Spielregeln fĂźr Unis und FHs SCHRITTWEISE. Anfang Juli hat das Parlament das sogenannte Qualitätssicherungsrahmengesetz beschlossen. Es regelt die einheitliche externe Qualitätssicherung fĂźr Universitäten, Fachhochschulen sowie Privatuniversitäten und tritt am 1. März 2012 in Kraft. g Mehr als drei Jahre hat die Arbeit an den Neuerungen gedauert. „Das Qualitätssicherungsrahmengesetz stellt die richtigen Weichen fĂźr eine qualitätsorientierte Weiterentwicklung unserer Hochschulen“, betont Wissenschafts- und Forschungsminister Karlheinz TĂśchterle.

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UND WIE SEHEN DAS DIE BETROFFENEN?

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ualitätssicherung und -ausbau, Verwaltungsvereinfachung und eine verbesserte internationale Vergleichbarkeit hinsichtlich des BolognaProzesses: Das sind die Ziele des neuen Gesetzes. Dazu werden zunächst die drei derzeit fĂźr die externe Qualitätssicherung verantwortlichen Einrichtungen AQA, Akkreditierungsrat sowie Fachhochschulrat in der neuen „Agentur fĂźr Qualitätssicherung und Akkreditierung – Austria (AQAA)“ zusammengefĂźhrt. Sie wird kĂźnftig mit Ausnahme der Pädagogischen Hochschulen fĂźr den gesamten Tertiärbereich zuständig sein. WICHTIGSTES DER DREI AQAA-ORGANE

ist das durch den/die zuständige/n MinisterIn ernannte Board, das je zur Hälfte aus internationalen und nationalen VertreterInnen besteht: acht HochschulexpertInnen, zwei StudentInnen und vier Personen aus der Berufspraxis. Gemeinsam entscheiden sie kßnftig ßber Audits und Akkreditierungen. Sie werden dabei von der 23 Mitglieder zählenden Generalversammlung beraten. Letztere

nominiert auĂ&#x;erdem zehn Board-Mitglieder, die restlichen vier schlägt der/die zuständige BundesministerIn vor. Das dritte Organ ist die von der Generalversammlung nominierte und bestellte fĂźnfkĂśpfige Beschwerdekommission: eine interne Schieds- und Beschwerdestelle, die fĂźr den fairen Ablauf der Qualitätssicherungsverfahren sorgt und EinsprĂźche von Bildungseinrichtungen gegen Zertifizierungsentscheidungen bearbeitet. WICHTIGE ECKPUNKTE des neuen Gesetzes

sind unter anderem: n das gesetzliche Festlegen gemeinsamer, sektorenĂźbergreifender PrĂźfbereiche fĂźr die Qualitätssicherungsverfahren, n das sektorenĂźbergreifende Regeln zentraler Rahmenbedingungen fĂźr die Qualitätssicherungsverfahren, n das ZusammenfĂźhren der bisher bestehenden drei Organisationen zu einer Qualitätssicherungsagentur nach europäischen Standards und n die gesetzliche Verankerung der Studierendenanwaltschaft als „Ombudsstelle fĂźr Studierende“

„Wenn auch in Details noch VerbesserungsmĂśglichkeiten angebracht wären, so erscheint das neue Gesetz insgesamt akzeptabel“, meint Rektor Hans SĂźnkel, Präsident der Ă–sterreichischen Universitätenkonferenz. Vor allem die Korrektur der ursprĂźnglichen EntwĂźrfe hin zu stärkerer Unabhängigkeit der AQAA und grĂśĂ&#x;erer internationaler Orientierung werden von ihm positiv bewertet. „Problematisch bleibt allerdings das hinter dem Gesetz stehende Grundthema: Es ist irgendwie paradox, dass der Ăśsterreichische Gesetzgeber durch Nicht-Regelung des Hochschulzugangs und chronische Unterfinanzierung der Ăśsterreichischen Unis die Qualität der Unis, vor allem solcher mit Massenstudien, massiv gefährdet, gleichzeitig aber ein Gesetz erlässt, das der Qualitätssicherung der Unis dient“, moniert hingegen WU-Wien-Rektor Christoph Badelt. DIE Ă–H WIEDERUM BEMĂ„NGELT, dass die AQAA ohne jegliche Diskussion darĂźber eingerichtet werde, nach welchen Kriterien Qualität bemessen wird. Und dass die Pädagogischen Hochschulen im Gesetz nicht erwähnt werden, ist einer der weiteren Kritikpunkte. Zufrieden ist hingegen der Präsident der Fachhochschul-Konferenz, Helmut Holzinger: „Im Mittelpunkt steht kĂźnftig die von der Hochschule gesteuerte Qualitätsentwicklung und nicht die obrigkeitsstaatliche Qualitätskontrolle.“ Erfreulich ist fĂźr ihn auch, dass in den AQAA-Organen neben HochschulexpertInnen auch ExpertInnen aus der Berufspraxis und Studierende vertreten sein werden. k Johannes Stuhlpfarrer


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Wo Forschung ArbeitsunfaĚˆ lle lindern hilft IM INTERVIEW MIT AUSTRIA INNOVATIV spricht Peter Vavken, Generaldirektor der Allgemeinen Unfallversicherungsanstalt, Ăźber die Stellung von Forschung innerhalb der AUVA, rechtliche Rahmenbedingungen fĂźr alter(n)sgerechtes Arbeiten und warum eine BeitragserhĂśhung aus heutiger Sicht nicht zur Diskussion steht. g

Die medizinische Forschung ist ja die Voraussetzung dafĂźr, auch bei schwersten Verletzungen Leben zu retten bzw. die Gesundheit zu erhalten. Auf welchen Gebieten bzw. mit welchen Institutionen forschen Sie in erster Linie?

chirurgie und Intensivmedizin. Dies erfolgt einerseits durch eigene Forschungsprojekte im Bereich der Geweberegeneration und andererseits im Bereich Polytrauma/Schock/ Sepsis. Die praktische Umsetzung zum Wohle der Patienten ist schlussendlich natĂźrlich das gewĂźnschte und auch erreichte Ziel. Beide Institute haben einen hervorragenden internationalen Ruf, sodass auch Kooperationen mit anderen Topforschern in diesem Segment selbstverständlich sind. Neben Ihren Präventiv- und AufklärungsmaĂ&#x;nahmen – inwiefern spielen technologische Entwicklungen und Produktinnovationen in der Vermeidung von Arbeitsunfällen eine Rolle? Lässt sich das prozentuell festmachen?

Foto: AUVA

Herr Vavken, Sie sind nun seit knapp zweieinhalb Jahren Generaldirektor der AUVA. Zeit fĂźr eine Zwischenbilanz: Worauf sind Sie aus dieser Zeit besonders stolz, und was ist Ihnen bisher noch nicht gelungen, das Sie sich zu Dienstantritt vorgenommen haben? Peter Vavken: Mit dem Beginn einer Organisationsanalyse haben wir – und da meine ich die Mitglieder der Selbstverwaltung ebenso wie alle Mitarbeiter und damit natĂźrlich auch die Belegschaftsvertretung – in gemeinsamer Arbeit verschiedene strategische Ziele wie z. B. BĂźndelung des Backoffice-Bereiches, Standardisierung der Personalbedarfsberechungen sowie Flexibilisierung der Arbeit (z. B. EinfĂźhrung Telearbeit) erreicht. Ich bin davon Ăźberzeugt, dass diese beispielhaft angefĂźhrten Punkte unsere AUVA in der Innen- und AuĂ&#x;ensicht weiterentwickelt haben. Auch das wirtschaftlich begrĂźndete Backsourcing bzw. „Nicht-Outsourcing“ von Leistungen ist ein sehr erfolgreicher und entscheidender Schritt unseres Hauses im Sinne der immer wieder hinterfragten Konkurrenzfähigkeit der Sozialversicherung. Nicht fertig – aber dies liegt wohl in der Natur der Dinge – ist der Anpassungsprozess an die geänderten Rahmenbedingungen. Das Ăśsterreichische Gesundheitswesen muss finanzierbar bleiben. Die Kostenentwicklung hat zu einem allgemeinem Verständnis fĂźr Grenzen, Einsparungen, Abbau von Doppelgleisigkeiten, Strukturfragen, etc. bei zumindest gleichbleibender Qualität der Versorgung gefĂźhrt. Dieser Prozess ist äuĂ&#x;erst komplex und ist zum Wohle der Versicherten und deren erstklassigen Versorgung einer LĂśsung zuzufĂźhren.

Peter Vavken: „Technologische Entwicklungen und Produktinnovationen bieten hinsichtlich der Prävention von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten immer Chancen. Andererseits muss sich ein Unfallversicherungsträger aber auch stets mit den Risiken einer neuen Technologie auseinandersetzen.“ Vavken: Neben einer Vielzahl von Forschungsprojekten, die wir im Sinne der Weiterentwicklung der von Lorenz BĂśhler begonnenen Unfallchirurgie fĂśrdern, sind wir auch die Trägerorganisation der LudwigBoltzmann-Institute fĂźr Osteologie sowie fĂźr Traumatologie. Im LBI Osteologie wird im Bereich der Knochenstruktur, deren Veränderungen und deren BeeinflussungsmĂśglichkeiten im Bereich der Grundlagenforschung sowie der Umsetzungspotenziale in die medizinische Praxis sehr erfolgreich gearbeitet. Das LBI Traumatologie hat das wissenschaftliche Ziel der Verbesserung diagnostischer und therapeutischer MaĂ&#x;nahmen in Unfall-

Vavken: Technologische Entwicklungen und Produktinnovationen bieten hinsichtlich der Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten immer Chancen, oft auch Risiken. Derzeit ist zum Beispiel die Nanotechnologie in fast aller Munde. Unbestritten bietet diese Technologie faszinierende neue MÜglichkeiten, die wir heute noch gar nicht alle abschätzen kÜnnen. Andererseits muss sich ein Unfallversicherungsträger auch mit den Risiken einer neuen Technologie auseinandersetzen, und da gibt es eben bei der Nanotechnologie auch noch viele sehr ernstzunehmende Fragezeichen. Zur Klärung solcher Fragen geben wir jährlich nennenswerte Beträge fßr For-


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schungsarbeiten aus. Wir wollen aber auch Innovationen am Gebiet der Arbeitssicherheit und des Gesundheitsschutzes fĂśrdern. Als eine der MaĂ&#x;nahmen mĂśchte ich hier unseren Preis fĂźr KMU – die Goldene Securitas – anfĂźhren. Hier haben wir eine Kategorie fĂźr Innovationen ins Leben gerufen, die von Unternehmen äuĂ&#x;erst positiv aufgenommen wird. Mit einer Vielzahl von Einreichungen, die jede fĂźr sich interessante Entwicklungen darstellen, erleben wir immer wieder die Innovationskraft Ăśsterreichischer Mitarbeiter in ihren Betrieben. In diesem Jahr will die AUVA als eine ihrer QualitätssicherungsmaĂ&#x;nahmen das neue Fehlermelde- und Präventionsystem CIRPS in ihren medizinischen Einrichtungen implementieren. Liegen Sie damit im Zeitplan? Vavken: Wir liegen mit der Implementierung im Zeitplan, Nach einer intensiven Pilotphase haben wir das System in den letzten Jahren in unseren sieben UKHs eingefĂźhrt. Damit haben wir eine Vorreiterrolle im Risikomanagement im Gesundheitswesen Ăźbernommen. Jetzt sind noch unsere vier Rehazentren offen, auch hier wird bis Ende 2011 die EinfĂźhrung abgeschlossen und somit alle unsere elf Einrichtungen mit CIRPS ausgestattet sein. Stichwort „alter(n)sgerechtes Arbeiten“: KĂźnftig werden Erwerbstätige länger als heute im Berufsleben stehen mĂźssen. Also wird nicht nur der Arbeitsplatz entsprechend der veränderten BedĂźrfnisse anzupassen sein, sondern auch die rechtliche Situation der Arbeitsbedingungen. Gibt es dazu schon einen Masterplan? Vavken: FĂźr uns sind die Arbeitsbedingungen ein wesentlicher Zugang zu diesem Thema, allerdings weniger die rechtlichen, sondern die tatsächlichen in den Ăśsterreichischen Betrieben. Hier fokusieren wir unsere Anstrengungen mit dem Produkt „AUVAfit“ auf die Vermeidung von arbeitsbedingten Fehlzeiten in den Betrieben. Das Thema alter(n)sgerechtes Arbeiten beschäftigt uns ja schon seit Jahren intensiv, und wir haben mit dem Projekt „Fit fĂźr die Zukunft“ etwas Neues in der Sozialversicherung gestartet. In Kooperation mit der Pensionsversicherungsanstalt wollen wir beweisen, dass man durch Prävention die Arbeitsfähigkeit der Beschäftigten messbar verbessern kann. Als Ziel dahinter steht natĂźrlich die Reduktion von krankheitsbedingten FrĂźhpensionen, die uns im gesamten Sozialversicherungssystem sehr viel Geld kosten. Die Ergebnisse des Projekts wollen wir nächstes Jahr im Herbst der Ă–ffentlichkeit präsentieren und den Ăśsterreichischen Betrieben zur VerfĂźgung stellen.

Wir sind aber natĂźrlich auch bei den Initiativen des Sozialministeriums wie z. B. „fit2work“ eingebunden und werden dafĂźr auch neben einem finanziellen Beitrag auch Beratungsleistungen erbringen. LärmschwerhĂśrigkeit ist in Ă–sterreich die häufigste Berufskrankheit. Arbeitsplatzmessungen haben ergeben, dass in Ă–sterreich zumindest 130.000 Personen tagtäglich gehĂśrschädigendem Lärm ausgesetzt sind. Welche MĂśglichkeiten hat die AUVA, hier verbessernd entgegenzuwirken? Vavken: Die LärmschwerhĂśrigkeit ist tatsächlich eine Berufskrankheit, die uns besonders wichtig ist und die wir mit einer Reihe von Angeboten bekämpfen. Zuerst stellt sich einmal die Frage, wer während seiner Arbeit lärmexponiert ist. Dazu fĂźhren wir jährlich viele Tausend Messungen an Arbeitsplätzen durch. Ergibt sich bei so einer Messung ein gehĂśrschädigender Lärmpegel, so mĂźssen die Beschäftigten regelmäĂ&#x;ig untersucht werden, um beginnende Schädigungen des GehĂśrs frĂźhzeitig zu erkennen. Diese Untersuchungen fĂźhren wir entweder selbst durch oder Ăźbernehmen dafĂźr die Kosten. Ganz wesentlich ist aber die andere Konsequenz der Messungen: die Beratung der Unternehmen, wie die Lärmbelastung reduziert werden kann. Da gibt es eine groĂ&#x;e Palette von mĂśglichen Ansatzpunkten von der Vermeidung des Lärms, Ăźber Kapselungen bis hin zu den raumakustischen MaĂ&#x;nahmen. Mithilfe unserer Fachleute kĂśnnen da erstaunliche Verbesserungen erzielt werden, wenn der Betrieb die MaĂ&#x;nahmen wirklich umsetzt. Das ist die Grundlage, denn wir sind bei allen PräventionsmaĂ&#x;nahmen auf die gute Kooperation mit den Betrieben angewiesen. Die MaĂ&#x;nahmen umsetzen muss schlussendlich der Betrieb, wir kĂśnnen nur den Weg initiieren und

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unterstĂźtzen. Gleichzeitig versuchen wir auch, das Verhalten der Menschen dahingehend zu entwickeln, dass auch Lärmexpositionen auĂ&#x;erhalb der Arbeitswelt existieren – denen wir uns freiwillig aussetzen – und diese mĂśglichst vermieden werden sollten: Stichwort Disco oder lautes MusikhĂśren mit KopfhĂśrern. Grundsätzlich ist es wichtig, Bewusstsein dafĂźr zu schaffen, dass es durch ein Zuviel an Lärm zu unwiderruflichen Schädigungen des GehĂśrs kommen kann, die letztlich auch zu sozialer Isolation fĂźhren. Hier muss jeder Einzelne auch ein StĂźck Verantwortung Ăźbernehmen. Inwieweit ist die AUVA beispielsweise mit der deutschen DGUV oder der schweizerischen SUVA vernetzt? Sind Sie generell in internationale Netzwerke eingebunden? ArbeitssicherheitsmaĂ&#x;nahmen lassen sich ja grenzĂźberschreitend viel effizienter setzen. Vavken: Die AUVA hat schon vor vielen Jahren die Bedeutung der internationalen Vernetzung erkannt. Ă–sterreich ist GrĂźndungsmitglied der Internationale Vereinigung fĂźr Soziale Sicherheit, die in Genf bei der ILO ihren Sitz hat. Weiters ist die AUVA im Bereich der Prävention langjährig, intensiv und an fĂźhrender Stelle sehr eng an der internationalen Entwicklung beteiligt. Einerseits um das Rad nicht mehrfach zu erfinden – um diesen Vergleich anzustellen – und andererseits, um auch das Wissen und die Erfahrung in jene Länder zu exportieren, die Interesse und die Notwendigkeit des Handelns erkannt haben. Und diesbezĂźglich gibt es sehr gute Entwicklungen – ob in der EU oder weltweit. Diese Kooperationen fĂźhren beispielweise soweit, dass in anderen Ländern dieser Welt auch das uns bekannte System der Unfallversicherung eingefĂźhrt wer-

AUVA – Facts & Figures Die AUVA ist die soziale Unfallversicherung fĂźr 3,2 Millionen Erwerbstätige, 1,3 Millionen SchĂźlerInnen und Studierende, zahlreiche freiwillige Hilfsorganisationen und Lebensretter. In der sozialen Unfallversicherung gibt es zwei Leistungsfälle: den Arbeitsunfall und die Berufskrankheit. Die AUVA bietet alle Leistungen der gesetzlichen Unfallversicherung – von der SchadensverhĂźtung Ăźber die Unfallheilbehandlung und die Rehabilitation bis zur finanziellen Entschädigung der Unfallopfer – aus einer Hand an. Wie alle Sozialversicherungsträger ist auch die AUVA nach dem Prinzip der Selbstverwaltung organisiert: Die Interessensvertretungen der ArbeitgeberInnen und ArbeitnehmerInnen entsenden ihre FunktionärInnen in die Organe der Selbstverwaltung. An der Spitze steht der Obmann/die Obfrau, der/die die AUVA auch nach auĂ&#x;en vertritt. Der/die GeneraldirektorIn steht an der Spitze der MitarbeiterInnen. Die Organisation der AUVA beruht auf dem Prinzip der ausgewogenen Aufgabenteilung zwischen zentraler Koordination in der Hauptstelle und versichertennaher Betreuung in den Landes- und AuĂ&#x;enstellen. In sieben Unfallkrankenhäusern, drei Rehabilitationszentren und einer Rehabilitationsklinik (Tobelbad) werden Verletzte nach Unfällen aller Art sowie an Berufskrankheiten Erkrankte behandelt.


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den soll. Ă„hnliches gilt auch in der Welt der Unfallchirurgie und Rehabilitation, in der ebenfalls internationale Zusammenarbeit auf der Tagesordnung steht. Also ja, die AUVA ist international bestens vernetzt, und die effiziente Weiterentwicklung ist gelebte Praxis. Statistiken weisen der AUVA regelmäĂ&#x;ig aus, dass in ihren Einrichtungen neun von zehn PatientInnen aufgrund von Freizeitunfällen behandelt werden. Dabei fallen doch Freizeitunfälle gar nicht unter ihren gesetzlichen Auftrag? Vavken: Im Schnitt behandeln wir in unseren Unfallkrankenhäusern 88 Prozent Freizeitunfallopfer, zwĂślf Prozent der Patienten kommen nach einem Arbeitsunfall in unsere Unfallkrankenhäuser. Es ist korrekt, dass wir von Gesetzes wegen nur fĂźr die Behandlung der Arbeitsunfallpatienten zuständig sind. Trotzdem sind wir praktisch und faktisch in der Ăśffentlichen Unfallversorgung ein – bis auf den Finanzplan – in allen Plänen (Betten-, GroĂ&#x;geräteplan) integrierter Leistungsträger. Wir stellen die hohe Behandlungsqualität in unseren Häusern auch gerne allen zur VerfĂźgung und werden auch in der gerade stattfindenden Gesundheitsreformdebatte inklusive Spitalsstruktur unseren Beitrag leisten. Leider gibt es hier eine Schieflage bei der Finanzierung. Wir bekommen nur einen Bruchteil der Kosten, die fĂźr Freizeitunfallpatienten anfallen, ersetzt. Wichtig festzuhalten ist aber auch, dass durch eine profes-

Ă–sterreich, die technisch fĂźr die Behandlung Brandschwerverletzter ausgestattet ist. Insgesamt verfĂźgt Ă–sterreich Ăźber neun Brandbetten mit erforderlichem technischem Standard, drei davon sind im UKH Linz. Die Behandlung von Patienten mit schweren Brandverletzungen ist sehr aufwendig und kann bis zu 10.000 Euro pro Tag ausmachen Inwieweit lassen sich Effekte von Kampagnen der Unfallversicherung messen? Die letzte – „Baba und fall net“ – hatte zwar einen hohen Wiedererkennungswert, aber wie steht es mit der Wirksamkeit derartiger Präventationskampagnen? Vavken: Kurz zusammengefasst kann man sagen, dass sich die Kampagne finanziell mehrfach bezahlt. Alleine im Kampagnenzeitraum konnten wir Ăźber 6.500 Sturzunfälle weniger verzeichnen, was neben den finanziellen positiven Effekten vor allem weniger Leid fĂźr die Betroffenen bedeutet. Dieses schĂśne Ergebnis wurde einerseits durch die groĂ&#x;e mediale Präsenz mit Rundfunk- und Fernsehspots, Plakaten und vielen Aktionsmaterialien erreicht, andererseits haben unsere Mitarbeiter der Präventionsabteilungen rund 200.000 Betriebskontakte in Form von Beratungen, Schulungen, Workshops usw. durchgefĂźhrt. Und wie schon einmal erwähnt, die Betriebe haben die Angebote auch angenommen und MaĂ&#x;nahmen in den Unternehmen gesetzt. Als Zusatznutzen fĂźr die AUVA ist auch positiv

„Unsere Brandverletztenstation ist eine von nur zwei Abteilungen in Ă–sterreich, die fĂźr die Betreuung Brandschwerverletzter ausgestattet ist. Derartige Verletzungen bedĂźrfen einer sehr aufwendigen Behandlung, die bis zu 10.000 Euro pro Tag ausmachen kann.“ sionelle unfallchirurgische Behandlung die betrieblichen Ausfallzeiten minimiert werden kĂśnnen und so auch ein sehr positiver Effekt offensichtlich wird. Aus internationaler Sicht beachtenswert ist jedenfalls, dass das Unfallkrankenhaus Lorenz BĂśhler von der Europäischen Gesellschaft fĂźr Handchirurgie als „Hand Trauma Center“ definiert wurde – eine international sehr hohe Auszeichnung fĂźr Handchirurgie. Auf welchen weiteren Gebieten gelten Ihre UKHs ebenfalls als bevorzugte Anlaufstelle? Vavken: Unsere UKHs weisen je nach Haus unterschiedliche Spezialisierungen auf, besonders hervorheben aufgrund der Einzigartigkeit mĂśchte ich die Brandverletztenbehandlung im UKH Linz. Die Brandverletztenstation ist eine von nur zwei Abteilungen in

zu verzeichnen, dass die Bekanntheit der AUVA durch die Kampagne auch wesentlich gesteigert werden konnte. Auch das reine wirtschaftliche Ergebnis ist beeindruckend: Jeder in die Kampagne investierte Euro hat sich mehr als dreifach amortisiert. Und zum Schluss ein Wirtschaftsfragenblock: Rund zehn Prozent der Wirtschaftsleistung wird in Ă–sterreich fĂźr die Gesundheitsversorgung ausgegeben. Das ist der siebthĂśchste Wert in der OECD. Wie effizient werden diese Mittel Ihrer Ansicht nach eingesetzt? Vavken: Es gibt hier sicher noch Potenzial. Dies erkennend, hat die Ăśsterreichische Gesundheitspolitik auf Bundes-, Landesund Trägerebene in diesem Bereich ja auch

einige Initiativen gesetzt. Nachdem die AUVA mit knapp 1.000 Akutbetten auch eine wesentliche Leistungsanbieterin ist, bringen wir uns auch in die aktuelle Diskussion aktiv ein. Mit der Bearbeitung von Themen wie „ßbergeordnete bundesweit abgestimmte Behandlungsschwerpunkte“ oder „abgestimmte Bettenplanung“, um nur zwei „kleine“ Punkte anzuschneiden, kĂśnnen sicher Einsparungen – sogar bei einer Verbesserung der Behandlungsqualität – erzielt werden. Davon unbenommen ist im Bereich der Kooperationen zwischen den Spitälern und auch den Spitalsträgern noch Optimierungspotenzial vorhanden. Als einer, „der aus der Prävention kam“, kann ich nur immer wieder festmachen, dass gelebte Prävention der sicherste Ansatz fĂźr die Minimierung der Gesundheitskosten ist. Und speziell in der Welt des Unfalles sind durch Vorsicht, RĂźcksicht und Aufmerksamkeit eine Vielzahl von Verletzungen vermeidbar. 2009 hat die AUVA trotz Wirtschaftskrise nahezu ausgeglichen bilanziert. Gibt es schon Zahlen fĂźr 2010? Vavken: Wir werden in KĂźrze die Zahlen im Detail verĂśffentlichen, insgesamt haben wir das Jahr 2010 jedenfalls sehr erfolgreich abgeschlossen. Dies ist neben intern gesetzten MaĂ&#x;nahmen auch auf die insgesamt derzeit sehr gute konjunkturelle Entwicklung zurĂźckzufĂźhren. KĂśnnten Sie sich beispielsweise vorstellen, die Unternehmensbeiträge zu erhĂśhen, sollte in den nächsten Jahren mit dem verfĂźgbaren Budget der Betrieb nicht mehr aufrecht zu erhalten sein? Derzeit gilt ja als Satz 1,4 Prozent der Bruttolohnsumme eines Mitarbeiters. Vavken: Nachdem wir durch innerbetriebliche MaĂ&#x;nahmen laufend Optimierungen in den Prozessen und der Ablauforganisation erfolgreich durchfĂźhren, ist unter diesem Gesichtspunkt eine BeitragserhĂśhung derzeit kein Thema. Auch wenn wir die Leistungen in der Unfallheilbehandlung besser abgegolten bekommen, wĂźrde dies gegen eine BeitragserhĂśhung aber fĂźr eine Ausweitung von Präventionsaktivitäten – Stichwort Reduktion betrieblicher Ausfallszeiten durch arbeitsbedingte Belastungen – sprechen. Kurz und gut: Wir brauchen – bei keiner Ă„nderung der Einnahmenseite und des Leistungsportfolios – keine BeitragserhĂśhung. Dies ganz unabhängig davon, dass eine BeitragserhĂśhung derzeit Ăźberhaupt nicht zur Diskussion steht. Vielen Dank fĂźr das Gespräch!

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ACR-Netzwerk erhöht Sicherheit im Tunnel 2010 ereigneten sich 336 Unfälle in österreichischen Tunneln, 451 Menschen wurden dabei verletzt, 14 getötet. Ziel des ACR-Projekts TunnelFIT ist es, Tunnel sicherer und ihre Instandhaltung kostengünstiger zu machen. Viele der in den 1970er-Jahren gebauten Tunnel sind veraltet. „In den letzten Jahren wurde viel getan, um Gestaltungsfehler beim Bau auszugleichen. Die Fehleranalyse und genaue Erforschung der Unfallfolgen sind noch in Entwicklung“, so Johannes Steigenberger, Leiter des Forschungsinstituts der Vereinigung der Österreichischen Zementindustrie (VÖZFI). Gemeinsam mit den ACR-Instituten Bautechnische Versuchs- und Forschungsanstalt Salzburg (bvfs), Institut für Brandschutztechnik und Sicherheitsforschung (IBS) und dem Österreichischen Forschungsinstitut für Chemie und Technik (ofi) widmet sich das VÖZFI im Projekt TunnelFIT den Anforderungen an die Ausgangsstoffe im Bereich Betontechnologie und Beschichtungen, der Praxis der Instandsetzung und Untersuchungsmethoden, Sicherheit und Brandschutz. Ganzheitliche Betrachtung In der Praxis greifen die Themen ineinander: Die Beschichtung der Tunnelwände ist zum Beispiel bedeutend für die Sicherheit von Tunneln. Sie wirkt sich auf die Sichtverhältnisse im Tunnel aus, auf Alterung und Instandhaltung. Bei Unfällen kommt es oft zu Bränden, der Verlauf dieser Brände wird von der Beschichtung und der Betonauskleidung beeinflusst. Brände sollen sich nicht so schnell ausbreiten, zeitlich begrenzt werden und möglichst wenig Schaden verursachen. Laufender Betrieb und die Instandhaltung von Tunneln erfordern, dass kontinuierlich an ihnen gearbeitet wird, Kosten und Aufwand aber kalkulierbar bleiben. Steigenberger sieht in den Verkehrstechnologien und Bauten große Chancen für KMU. Wichtig für diese ist, auf dem neuesten Stand der Technik anbieten zu können. „Das ist aber nur durch F&E möglich, die wir den Betrieben zugänglich machen.“

ACR-Netzwerkprojekt TunnelFIT  Bautechnische Versuchs- und Forschungsanstalt Salzburg (bvfs)  Institut für Brandschutztechnik und Sicherheitsforschung (IBS)  Österreichisches Forschungsinstitut für Chemie und Technik (ofi)  Forschungsinstitut der Vereinigung der Österreichischen Zementindustrie (VÖZFI)

www.acr.at


FFG FORUM

>> FORSCHUNG FÖRDERN. WACHSTUM STÄRKEN.

Mittwoch, 14. September 2011 MAK Museum für Angewandte Kunst, 1010 Wien >> FACHGESPRÄCHE Beginn 13:00 Uhr >> Abendgala Beginn 18:30 Uhr Programm und Anmeldung unter www.ffg.at/ffgforum

Österreichische Forschungsförderungsgesellschaft FFG | Sensengasse 1 | 1090 Wien


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