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gut beraten: Sie wollen Smart Home? Steigen Sie einfach ein! Wir zeigen wie!

gut beraten

Von Reinhard Otter

egal wie klein oder groß Ihr Bauvorhaben beziehungsweise die Erneuerung Ihrer eigenen vier Wände ausfällt: Am Anfang stehen eine ganze Reihe Entscheidungen, für die Laien eigentlich nicht genug Fachwissen mitbringen. Vor allem trifft dies auf technische Themen zu – etwa die

Frage nach der optimalen Heizungsanlage im Haus. Auch Art und Umfang der Elektroinstallation zählt zu den wichtigen, aber für viele Menschen wenig vertrauten Themen. Und natürlich die

Frage, ob und wenn ja welche Art von Smart Home Sie in Ihr

Zuhause einbauen lassen wollen.

Gerade dieser Bereich ist extrem vielfältig. Hier treffen Bauherren häufig auf das Phänomen „Vier Experten, fünf Meinungen“. Das liegt auch daran, dass es eben nicht das eine Produkt oder die eine Installationsmethode für vernetzte Heimsteuerungssysteme gibt. Während die klassische Elektroinstallation seit zig Jahren mehr oder weniger identisch ausgeführt wird, haben sich in Ergänzung zu Lichtschaltern, Rollladenmotoren und Heizungsthermostaten eine Vielzahl an Lösungen entwickelt, die jeweils für bestimmte Kernanwendungen und auch für bestimmte Segmente der Handwerks-Branche konzipiert wurden. Manche Systeme werden vor allem von klassisch geschulten Handwerkern verbaut, andere kommen eher vom Heizungsbauer, wieder andere Smart-Home-Lösungen werden im Schwerpunkt von Systemhäusern und Telefon-Experten geplant. Sie ist daher ganz normal, dass Sie unterschiedliche Lösungen vorgeschlagen bekommen, je nachdem, welchen Fachbetrieb Sie zu Rate ziehen. Die folgenden Seiten bieten einen Überblick über die wichtigsten Arten der Smart-Home-Systeme, wer sie typischerweise installiert, welche Anforderungen die Planung an Sie selbst als Bauherren stellt und wie flexibel Sie selbst damit umgehen können. Und Sie erfahren, was das Ganze ungefähr kostet. Zur Sicherheit: Die Aufstellung erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Das ist auch gar nicht möglich, denn einerseits ist der Smart-Home-Markt sehr dynamisch und bringt ständig neue Produkte hervor. Andererseits gibt es auch nicht eine einzige Art an Elektrikern, Heizungsbauern und sonstigen Experten.

ALLER ANFANG IST... VIELFÄLTIG. ZUMINDEST, WENN ES UMS SMART HOME GEHT, KANN DIE MENGE AN MÖGLICHEN PRODUKTEN EINSTEIGER MÄCHTIG VERWIRREN. DIESE KLEINE ORIENTIERUNGSHILFE SCHAFFT ÜBERSICHT ZWISCHEN SYSTEM-TYPEN, ZIELGRUPPEN UND UNGEFÄHREN KOSTEN.

Für Tüftler Für Entdecker

STEP BY STEP SELBERMACHEN

PROFESSIONELL NACHRÜSTEN

Heizungssteuerung, smarte LED-Lichtsysteme, FunkZwischenstecker – es gibt tausende Produkte, mit denen wir unser Zuhause nach und nach immer schlauer machen können. Systeme wie eine Heizungssteuerung von Tado, die beliebten LED-Leuchtmittel von Philips Hue oder Ikea Trådfri und viele weitere bieten sich als Cash-andCarry-Produkte an, mit denen jede und jeder die eigene Wohnung spontan automatisieren kann. Und dank übergreifender Steuerungsplattformen wie Amazon Alexa oder Apple Homekit bleiben die einzelnen Anwendungen nicht einmal für sich isoliert, sondern lassen sich immer besser übergreifend steuern – und ab 2022 wohl mit noch weniger Barrieren zwischen den großen Plattformen (siehe Seite 24).

Beliebter Einstieg: Das LED Lichtsystem Philips Hue.

Foto: Signify

Die Zielgruppe Die Nachrüstung mit DIY-Systemen ist etwas für technikaffine Bastlerinnen und Tüftler. Sie sollten nicht nur Spaß daran haben, die Geräte einzubauen, sondern auch, mit sinnvollen Automatisierungen zu experimentieren. Da muss der Rest der Familie mitmachen, denn selten klappt alles sofort perfekt. Das selbst zusammengestellte Smart Home erfordert dauerhaft ein bisschen Einsatz, denn die eine oder andere Komponente will hin und wieder upgedatet werden. Viele Funkkomponenten brauchen immer wieder neue Batterien. Wer in komplexere Gerätschaften wie Rollladenmotoren oder die Installation smarter Gurtwickler einsteigen möchte, der sollte richtig fit im Heimwerken sein. Eine Nachrüstung vom Profi steht oft an, wenn man ohnehin einen Teil der Haustechnik erneuern möchte. Typisches Beispiel: Statt von Hand wollen Sie künftig ihre Rollläden motorisch herunter und wieder Foto: Somfy hoch fahren? So richtig praktisch ist das erst, wenn sich die Automatisiert Rollos und mehr: Die Steuerungs-App von Somfy Tahoma. Verdunklung auch programmieren und automatisieren lässt. Da bietet sich ein Smart-HomeSystem von einem der Rollladen-Spezialisten wie Somfy Tahoma oder Rademacher Home Pilot an. Diese und ähnliche Systeme werden von Beschattungs-Fachbetrieben geplant und installiert, wenn diese ohnehin in ihren Kern-Gewerken zugange sind. Kunden können auf den Systemen oft selbst aufsetzen und weitere Komponenten integrieren, oder Sie beauftragen den Fachbetrieb, etwa die Licht- und Heizungssteuerung mit einzurichten. Ähnliche nachrüstungsfreundliche Systeme gibt es auch aus anderen Branchen. Wer heute beispielsweise eine neue Heizung einbauen lässt, sollte eine erweiterbare, intelligente Steuerung ebenfalls gleich mit einplanen. Sie hilft, Energie zu sparen und rentiert sich dadurch auf Dauer.

Die Zielgruppe Diese Nachrüstungs-Methode spricht Haus- und Wohnungsbesitzer an, die keine Komplettsanierung, sondern eine schrittweise Modernisierung ihrer Immobilie anstreben. Dabei sollten Sie gleich beim Angebot anfragen, ob und welche Smart-Home-Systeme der Fachbetrieb im Programm hat.

Die Kosten Den Start, etwa mit intelligent steuerbarem Licht in der Mietwohnung, ist schon für wenige Hundert Euro zu haben. Eine halbwegs komplette Gesamt-Ausrüstung kostet aber auf jeden Fall vierstellig. Die Kosten Eine Automatisierung der Rollläden oder der neuen Heizung kostet in der Regel nur ein paar Hundert Euro Aufpreis zur manuellen Steuerung. Weitere Funktionen sollten Sie sich individuell anbieten lassen.

SMART HOME Flexibel ohne Kabel

FUNK-ELEKTROINSTALLATION BUS-SYSTEM GÜNSTIG Mischen possible

Bei größeren Sanierungen steht oft eine weitgehend neue Elektro installation an. Dabei steigen die Kosten, je mehr Wände geschlitzt und Leitungen neu verlegt werden müssen. Da sind Elektroinstallationen praktisch, bei denen Taster und Sensoren per Funk mit ihren Verbrauchern kommunizieren. Das spart im gesamten Haus die Leitungen zwischen Elektroverteilern, Licht- und Rollladenschaltern. Stattdessen werden Funktaster an die Wand geklebt. Neben den eingesparten Leitungen hat dies auch den Vorteil, dass Sie die Schalter jederzeit an eine andere Stelle umsetzen können. Die Gegenstellen der Schalter sind sogenannte Funk-Aktoren, die entweder zentral im Schaltschrank oder in Verteilerdosen die einzelnen Stromkreise für Licht, Rollläden & Co. schalten. Die Zuordnung zwischen Tastern und jeweils einem oder mehreren Aktoren erfolgt über eine Programmierung, die sich ebenfalls jederzeit ändern lässt. All das ist noch kein Smart Home, nur eine programmierbare Elektroinstallation – oder „Smart-Homeready“. Perfektioniert wurde dieses System durch die Enocean-Funktechnik. Bei ihr kommen die allermeisten Taster und Funk-Sensoren ohne Batterien aus, da sie die Energie für ihre Funktelegramme durch den Tastendruck oder über kleine Solarzellen gewinnen. Vorteil: Das Haus lässt sich dann jederzeit mit einem passenden Smart-Home-Server ergänzen, der alle Funktionen vollends automatisieren kann – zum Beispiel der Wibutler, der Enocean-Funk unterstützt und viele weitere Schnittstellen hat. Zielgruppe Diese Technik ist praktisch für Sanierungen. Suchen Sie dafür gezielt nach einem kundigen Elektriker. Im Zweifelsfall helfen hier auch Hersteller wie Eltako oder Jäger Direkt weiter. In Fertighäusern kommt die Funktechnik oft zum Einsatz. Vorteil: Bauherren bleiben in der Platzierung von Schaltern bis zum Einzug flexibel.

Was mit dem Enocean-Funk funktioniert, ist auch mit einem Bussystem machbar. Immer mehr Elektriker bieten in Neubauten Businstallationen ohne allzu großen Aufpreis gegenüber der klassischen „betonierten“ Verkabelung an. Als Server für Ein Beispiel mit der verkabelten Version von En ocean-Systeme ist Homematic IP von der deutschen Firma eQ3 etwa der Wibutler Pro prima geeignet. stellen wir ab Seite 10 vor. Die Idee: Günstige Bus-Komponenten und eine einfach zu konfigurierende Zuordnung zwischen Tastern und Sensoren einerseits und Aktoren sowie möglichst simple Szenen andererseits sollen die Einstiegshürde in ein professionelles Smart Home senken. Ein ebenfalls recht günstig konzipiertes System ist etwa Busch Free@Home von Busch-Jaeger, das sich dank eines Online-Konfigurators des Herstellers obendrein sehr gut kalkulieren lässt. Systeme wie Theben Luxorliving oder Coviva von Hager bieten ebenfalls einen vergleichsweise günstigen Einstieg ins Smarthome mit Installationsbus, obwohl sie auf der luxuriöseren KNX-Technik basieren. Doch gegenüber dem völlig frei konfigurierbaren KNX-System sind ihre Komponenten so vorbereitet, dass nur wenig zusätzlicher Programmieraufwand zur Installation dazu kommt. Alle genannten Systeme arbeiten mit festen Steuerzentralen und bieten eine recht standardisierte Menü- und Programmieroberfläche, mit der auch Elektriker zurechtkommen sollen, die keine langjährige Smart-Home-Erfahrung haben. Standard-Routinen und andere vorprogrammiere Komponenten sollen zusätzlich Zeit und Geld sparen, und teils können Kunden ihre SmartHome-Automatisierungen selbst einrichten. Zielgruppe Günstige Bussysteme sind ein praktischer Einstieg für jeden technikaffinen Bauherren, der zum überschaubaren Budget das Maximum an Technik erreichen möchte. Allerdings ist die Installation später weniger leicht zu ändern als mit einer FunkInstallation.

Die Kosten Richtig geplant, ist „Smart-Home-ready“ nicht teurer als die klassische Installation. Der Smart-HomeServer, zusätzliche Automatisierungen und Komfortfunktionen kommen natürlich on top. Die Kosten Die hier genannten Bussysteme stehen für einen geringen bis moderaten Aufpreis zur klassischen Elektroinstallation. Vorteil der Systeme: Kundige Elektriker können sie selbst planen, installieren und einrichten.

Die App-Bedienoberfläche von Busch Free@Home

BUS-SYSTEM DE LUXE

„Smart Home mit allem und scharf “, so könnte man die EdelVariante der intelligenten Haustechnik nennen. In aller Regel wird dafür ein spezieller Planer beauftragt, der Systemintegrator. Er installiert meist nicht selbst, sondern konzipiert gemeinsam mit den Bauherren das Gesamtsystem und sucht dann die optimalen Komponenten dafür zusammen – von der Lichtsteuerung über die Beschattung, Heizung und Energiemanagement bis zum Multiroom-Entertainment. Der Systemintegrator hat im Smart Home gewissermaßen die Aufgabe eines Architekten. Er ermittelt den Bedarf seiner Kunden und entwirft daraus ein Gesamtsystem aus Anwendungen und der dafür benötigten Ausrüstung. In der Smart-Home-Oberliga haben sich in den letzten Jahren vor allem zwei Systemfamilien etabliert: Die KNX-Businstallation mit unzähligen Herstellern und Servern, etwa von Gira, Jung, Hager und vielen weiteren Herstellern. Und der österreichische Komplettanbieter Loxone. Letzterer bietet vom eigenen Bussystem über eine Multiroom-Verteilanlage bis hin zu farblich steuerbaren Lampenserien und einer übersichtlichen Menüoberfäche alles aus einer Hand an. Im KNX-System suchen Integratoren dagegen für jede Funktion die Produkte und Hersteller aus, die am besten zur Anwendung sowie zum KundenAnspruch und -Budget passen. Je nach SmartHome-Server lässt sich sogar die Bedienoberfläche individuell einrichten. Vorteil für den Kunden in beiden Fällen: Ein „Geht nicht“ gibt‘s in aller Regel nicht.

Zielgruppe Aufwendige KNX- und Loxone-Installationen sind in den meisten Fällen etwas für Bauherren, bei denen Komfort und ein umfassender Planungsservice im Mittelpunkt stehen. Das bedeutet auch für die Kunden einiges an Aufwand, denn die smarten Funktionen wollen detailliert geplant werden. Das Ergebnis gehört dann eindeutig in die Smart-Home-Bundelisga.

Der KNX-Server Gira X1 lässt sich über ein praktisches Display steuern.

Foto: Gira

Die Kosten Die Elektro- und Smart-Home-Ausstattung kostet in dieser Klasse schnell das Doppelte einer klassischen Installation. Allerdings bekommt man so auch viele Funktionen, die ansonsten gar nicht möglich wären.

GUT GEPLANT

Richtig, eine Entscheidung für die eine oder die andere Elektro- und Smart-Home-Ausstattung ist denkbar schwierig. Hersteller, Planer und Verbände bieten deshalb verschiedene Online-Tools an, mit denen Sie sich einen ersten Eindruck von den Möglichkeiten, Funktionen und Kosten für Ihre intelligente Haustechnik machen können.

Ganz neu: Der Systemintegrator Noocoon bietet im Internet einen sehr umfassenden Konfigurator für KNX- und Loxone-Installationen im Alt- und Neubau an. www.noocoon.de

Im Detail: Busch-Jaeger bietet mit dem Smarter Home Konfigurator eine sehr detaillierte Planung, die Sie selbst starten und mit dem Elektriker fertigstellen können. www.busch-jaeger.de

Die Brancheninitiative Elektro+ hat einen unabhängigen Konfigurator für die Elektroausstattung entwickelt – als Grundlage für die Planung durch den Elektriker. raumplaner.elektro-plus.com

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