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ganz schön smart: Techniktour durch ein smartes Doppelhaus mit u.a. Homematic IP wired

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IM LÄNDLICHEN BADEN-WÜRTTEMBERG STEHT EINE NEUE DOPPELHAUSHÄLFTE, DIE ES AUS SMARTER SICHT SO RICHTIG IN SICH HAT. FAST ALLES, WAS VERMARTET WERDEN KONNTE, IST ES HIER AUCH. WIR HABEN EINEN BLICK AUF DIE TECHNIK GEWORFEN.

Fotos: Carsten Steinke

IST AUF ALLEN DREI ETAGEN VERBAUT: DER NEUE WIRED FUSSBODENHEIZUNGSCONTROLLER KANN BIS ZU 12 HEIZKREISE STUFENLOS STEUERN.

Von Carsten Steinke

ein smartes Doppelhaus steht im Landkreis Esslingen im Südwesten Deutschlands. Gebaut hat es ein Ehepaar, sie Schwäbin, er Niedersachse, in einer kleinen 8500-Einwohner-Gemeinde zwischen Stuttgart und der Schwäbischen Alb, idyllisch am Hang gelegen mit Blick über das Filstal und auf die Burg Teck in der Ferne. Baubeginn war 2020, bezogen haben es die Eheleute und ihre Kinder im

August 2021.

Smart sollte das Haus sein, das stand bereits vor Unterschrift des Bauvertrages mit einem hiesigen Massivhausbau-Unternehmen fest. Klar war zu dem Zeitpunkt auch, dass der Bauherr das Smart Home selbst planen und konfigurieren wird. Das fachliche Know-how bringt der Niedersachse durch ein Studium der Medieninformatik mit.

KEIN KNX

Ein KNX-System sollte es nicht sein, das stand ebenfalls vor Beginn der Planungen im Jahr 2019 fest. Dennoch sollte das SmartHome-System mit verkabelten und Funk-Komponenten arbeiten. Denn verkabelte Systeme bringen eine höhere Sicherheit mit sich und Funkeinheiten schaffen eine ungeahnte Flexibilität. Da war die Auswahl auf dem Markt nicht besonders groß, wenn KNX als System der Wahl bereits im Vorfeld ausgeschieden ist. Gefunden hat es der Bauherr mit Homematic IP von eQ-3 in seinem ehemaligen Heimatbundesland, quasi direkt an der Küste, im ostfriesischen Leer. Das Smart-Home-System Homematic IP bringt sogenannte wired und funkgesteuerte Komponenten mit.

Zeigt die Ventilöffnungen an

KABEL UND FUNK

Im Haus selbst hat der Bauherr hauptsächlich auf verkabelte Schalter, Wandthermostate und Aktoren gesetzt. Rauch-, Präsenz- und Wassermelder sowie die Sensorik an den Fenstern sind funkgesteuert.

ES IST KABELWAHL

Auch wenn KNX nicht das System der Wahl war, wurden für die Bus-Verkabelung der Homematic IP wired Komponenten KNXKabel verlegt. Der Grund dafür ist ein einfacher: Die grünen Kabel können direkt neben 230-Volt-Leitungen verlegt werden. Im Schaltschrank zur Bus-Verkabelung der Aktoren, und des wired Access Points wurden selbstredend die Bus-Verbindungskabel von eQ-3 genutzt.

Damit noch nicht genug. Zusätzlich wurden Netzwerkkabel (Cat. 7 Verlegekabel) gezogen. Damit konnten auf jeder Etage

Die verbaute Türsprechanlage ist vom Berliner Hersteller Doorbird und lässt sich über die Hersteller APP oder die Mediola-Oberfläche bedienen. eine Anzahl von LAN-Ports oder Netzwerkdosen realisiert werden, um neben Fernsehern und PCs auch die zentrale Steuereinheit, das Herzstück des Smart Homes, CCU3 genannt, und den wired Access Point anzuschließen. Der wired Access Point verbindet mit seinen zwei Ports den Bus der wired Komponenten mit den Funk- und LAN-Komponenten wie der CCU3 und den Access Points.

UM SPÄTER AUFRÜSTMÖGLICHKEITEN ZU HABEN, WURDEN STATT DER ÜBLICHEN 3-ADRIGEN STROMKABEL 5-ADRIGE VERLEGT. DAMIT LASSEN SICH ZUKÜNFTIGE ANWENDUNGEN REALISIEREN.

Um später zum Beispiel schaltbare Steckdosen zu realisieren, wurden NYM-J 5x1,5 Kabel, also Stromkabel mit 5 Adern, verlegt. Nur Lampen, die mit einem der im Schaltschrank im Keller verbauten Schaltaktoren verbunden sind, wurden mit den klassischen 3-adrigen NYM-J 3x1,5 Kabeln verbunden.

SCHATTEN UND LICHT

Selbstredend spielt auch die Verschattung eine smarte Rolle im Doppelhaus unserer technikaffinen Familie. Verbaut wurden übrigens Stabmotoren von Somfy, die wiederum an einen der Jalousienaktoren von Homematic IP wired angeschlossen wurden. Das macht es einfach, entweder per Tastendruck auf den fast durchgängig installierten Homematic IP Wired Wandtastern die Rollläden auf- oder zuzufahren oder ein Szenario zum Beispiel mit Wettereinfluss zu programmieren.

MENSCH, SEI HELLE

Wo Schatten ist, ist auch Licht – und Licht gibt es sehr viel im smarten Doppelhaus. Bis auf die vier Lampen im Wohnzimmer sind alle Lichtquellen mit einem der Schaltaktoren verkabelt. So kann jede Lampe einzeln oder als Gruppe angesteuert werden. Entweder per Sprachsteuerung oder ganz klassisch mit dem Taster. Die vier Lampen im Wohnzimmer hängen an zwei Dimmaktoren. Denn die Dimmaktoren aus der Homematic IP wired Serie haben nur 3 Ports.

HEIZUNGSSTEUERUNG

Klar, in einem smarten Haus darf eine Heizungssteuerung auf keinen Fall fehlen – im smarten Doppelhaus sind, wie in den meisten Neubauten mittlerweile Standard, Flächenheizungen installiert. In größeren Räumen sind bis zu vier Heizkreise im Estrich vergossen, auf deren Zuflussventil thront ein Stellmotor von eQ-3 mit RJ11-Anschluss-Stecker. Dieser Stecker ist schnell

in einen freien Port des neuen Homematic IP Wired Fußbodenheizungscontroller versenkt. Einfacher geht es kaum. Der Controller wiederum ist mit einem Display ausgestattet – so kann der Nutzer immer sofort den Stand der Ventilansteuerung erkennen und bei Bedarf ändern. Übrigens, besagter Controller kommt mit 12 Kanälen daher, dass heißt maximal 12 Stellmotoren und damit maximal 12 Heizkreise können angeschlossen werden. Zur Ansteuerung sind in den Räumen in jedem Raum Wandthermostate (wired) installiert. In Räumen mit mehr als einem Heizkreis sind diese über die Gruppierfunktion der CCU3 zusammengefasst. So kann ganz einfach mit einem Dreh am Rad des Wandthermostats die Raumtemperatur eingestellt werden. Simpler geht es nicht.

SICHER IST SICHER

Wer von einem Smart Home redet, ist vom Thema Sicherheit nicht weit entfernt. Denn neben Komfort und Geldsparen ist die Sicherheit eins der drei Hauptthemen beim Smart Home. Wichtig zu wissen ist dabei, dass smarte Komponenten Einbrecher nie aufhalten, sondern nur detektieren können. Um es den Freunden der Nacht möglichst schwer zu machen, sollten Türen

Im Erdgeschoss hängt die CCU3, die Zentrale des Smart Homes, an der Wand. Daneben sind auf jeder Etage WLAN-Access Points verbaut.

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und Fenster entsprechend einbruchshemmend sein. Um dies einfach zu beurteilen, gibt es den RC-Wert. RC steht an dieser Stelle für Resistance Class und je höher der Wert dahinter, desto länger braucht ein Einbrecher, um die so klassifizierte Tür oder das Fenster zu öffnen. So muss eine mit RC2 zertifizierte Tür mindestens drei Minuten standhalten, bei RC3 sind es bereits fünf Minuten und bei RC4 schon sichere zehn Minuten. Denn je länger ein Täter sich abmüht, desto eher gibt er auf und ergreift die Flucht. Die Polizei empfiehlt übrigens RC2. Und dieses Level wurde in unserem smarten Doppelhaus bei Fenstern und Türen auch umgesetzt.

SMARTE SICHERHEIT

Zusätzlich, wie sollte es anders sein, hilft smarte Technik, um Einbrecher abzuschrecken und zu detektieren. Unser technikaffines Ehepaar hat neben Fenstergriffsensoren auch optische Tür-/ Fensterkontakte verbaut. Die werden per Funk angesteuert und sind batteriebetrieben und geben die Stellung des Griffes und die Position des Fensters an die CCU3 weiter. So kann der Algorithmus schnell erkennen, ob gerade ein Fenster geöffnet wird und entsprechend Alarm schlagen. Da aber auch das Fensterglas Ziel eines Angriffs sein kann, wurden im smarten Doppelhaus Beschleunigungssensoren an besonders kritischen Fenstern und Türen installiert. Die gibt es von eQ-3 nicht als „fertige“ Komponenten, sondern nur als Bausatz. Wer sich an die Komplettierung eines solchen Bausatzes macht, sollte schon einmal einen Lötkolben in der Hand gehabt und damit gearbeitet haben. Wer die nö-

tigen Kenntnisse mitbringt, hat schnell und kostengünstig – wie in unserem Fall – einen Beschleunigungssensor zusammengebaut. Übrigens, der beschriebene Sensor wird über Funk angesteuert und mit Batterien betrieben. Die Installation an der Scheibe ist denkbar einfach: er Sensor wird geklebt. Über ein Potentiometer kann die Empfindlichkeit einstellt werden. Entsprechend der Einstellung reicht bereits ein Klopfen, um den Alarm auszulösen.

BEI DER SICHERHEIT EINES SMART HOMES GEHEN KONVENTIONELLE SICHERHEIT, ZUM BEISPIEL DURCH RC3-TÜREN- UND FENSTER, UND SMARTE KOMPONENTEN IMMER HAND IN HAND.

DIE HAUSTÜR VOM ISERLOHNER HERSTELLER KÖSTER IST SMART ANSTEUERBAR. AUCH ÜBER DIE DOORBIRD-SPRECHANLAGE KANN DIE TÜR GEÖFFNET WERDEN.

BESCHLEUNIGTER TIPP

Ein Tipp: Mit dem Beschleunigungssensor sind auch andere Anwendungen denkbar. So kann er, am Briefkastendeckel angebracht, auch den Einwurf von Post detektieren oder am Garagentor angeklebt, das Hoch- und Runterfahren erkennen.

PRÄSENZ ZEIGEN

Stellen wir uns ein Szenario vor: Sollte ein Einbrecher ein RC2 Fenster, den Tür-Fensterkontakt und den Beschleunigungssensor überwinden und dann durch die Öffnung hineinklettern, wird er spätestens jetzt vom Präsenzmelder an der Decke erkannt und es wird Alarm ausgelöst. Das Beispiel zeigt, Einbrecher haben einen schweren Stand, wenn konventionelle Sicherheit, wie RC2- oder RC3-Türen und -Fenster eingebaut und smarte Technik zum Einsatz kommt. Übrigens, die Präsenzmelder gibt es als Bus-Gerät, also verkabelt oder als Funk-Komponente. In unserem smarten Doppelhaus kommt die Funkvariante zum Einsatz. Grund war die Flexibilität bei der Platzierung im Raum.

VIER ZENTRALEN FÜR EIN HALLELUJA

Na, eigentlich sind es fünf Zentralen, die in und um unser smartes Doppelhaus im Südwesten verbaut sind. Vier hängen im Haus selbst, die fünfte Zentrale ist in der Doppelgarage verbaut. Warum so viele Zentralen, werden sich jetzt sicher einige Leser fragen, denn eigentlich kann doch die CCU3 alle Aufgaben übernehmen. Das stimmt, aber nur zum Teil. Denn zum einem sind die Decken respektive die Fußböden aus Stahlbeton gegossen und zum anderen steht das Thema Ausfallsicherheit auf dem Programm.

Starten wir mit dem Stahlbeton. Da fast alle die Taster, die Raumthermostate und die Fußbodenheizungscontroller über ein BusKabel angeschlossen sind, ist Stahlbeton kein Problem. Bei den Funkkomponenten sieht das schon anders aus. Und das betrifft unter anderem alle Sensoren an den Fenstern und Türen, die Rauch- und Präsenzmelder.

Die CCU3 ist im Flur des Erdgeschosses verbaut, im Flur des Dach- und Untergeschosses ist jeweils ein Access Point installiert. Alle drei Zentralen sind mit LAN-Kabeln über den CoreSwitch des Hauses verbunden. Die vierte Zentrale, der Homematic IP Wired Access Point, der die Bus-Komponenten mit der CCU3 verbindet, ist im Schaltschrank im Keller untergebracht.

Die fünfte Zentrale, ein Access Point, ist in der Garage an die Wand geschraubt und mit einem LAN-Kabel über den Core-Switch des Hauses an die Anlage angebunden. Diese fünfte Zentrale hat die Aufgabe, die beiden Novoferm-Tore in das Smart-Home-System

Auf jeder Etage des smarte Doppelhauses hängen iPads von Apple als Steuerkonsole. Die Tablets sitzen in iPad-Halterungen des belgischen Herstellers Basalte.

Dort, wo es bei der Verkabelung für einen Bus-Taster zu eng geworden ist, wurden Funkschalter verbaut (hier der flache Wandtaster)

IN JEDEM RAUM SIND SYSTEMTASTER UND RAUMTHERMOSTATE VERBAUT. SELBSTREDEND SIND ALLE MIT DEM BUS VERBUNDEN.

zu integrieren, denn die Module für die Novoferm-Antriebe werden mittels Funk angesteuert.

TÜRKOMMUNIKATION

Wer vor der Tür steht, sollte auch hereingelassen werden. Soweit der Plan. Dazu hat unsere Baufamilie eine Türsprechanlage der Berliner Firma Doorbird, genauer die D2101V, installiert. Strom und Datenkommunikation kommen über das Ethernetkabel mit PoE, also Power over Ethernet. So wird nur ein Kabel benötigt. Da über die Anlage auch die smarte Tür vom Hersteller Köster aus Iserlohn angesteuert wird, musste eine zusätzliche Sicherung her. Denn sollte ein Einbrecher die beiden Sicherheitsschrauben der Doorbird-Anlage überwinden, würde ein einfaches Kurzschließen zweier Kabel genügen, um die Tür zu öffnen. Diese Schwachstelle hat unsere Baufamilie geschlossen, indem sie den abgesetzten I/O-Controller von Doorbird in den Netzwerkschrank im Keller installiert hat. Von dort wird nun die Öffnung der Tür angestoßen. Sprechanlage und abgesetzter I/O-Controller kommunizieren übrigens über TCP/IP. Sollte sich ein Einbrecher nun für diesen Weg entscheiden, müsste er erst einmal in den Keller gelangen, die bereits erwähnten Kabel am I/O-Controller kurzschließen, um dadurch die Tür zu öffnen.

GUT BEDIENT

Zur Bedienung des Smart Homes sind die Bus-Systemtaster von Homematic IP im Einsatz. Damit aber noch nicht genug. Auf

jedem der drei Stockwerke bedindet sich zentral im Flur ein iPad an der Wand. Mit diesen Tablets kann die gesamte Funktionalität des Hauses bedient werden: von jedem Gerät alles. Auch wenn jemand auf den Klingelknopf der Doorbird-Türsprechanlage drückt, wird der Ruf auf allen drei Tablets signalisiert. Von jedem Tablet kann sofort mit dem Besucher gesprochen und, wenn gewünscht, auch die Tür geöffnet werden. Zum Erstellen der Bedienoberfläche kommt die AIO Creator Neo von Mediola zum Einsatz. Mit dem App-Designer hat die Baufamilie eine ganz individuelle Steuerungs-App geschaffen, die auf jedem der drei iPads läuft.

GATEWAY TO HEAVEN

Was nicht unerwähnt bleiben sollte: Um den Rollladen eines Velux-Dachfensters, zwei Außenkameras von D-Link und die Doorbird-Türkommunikation direkt in die Smart-Home-Steuerung einzubinden und mit Homematic IP zusammenzuführen, kommt zusätzlich ein Mediola AIO Gateway Pro V6 Plus zum Einsatz.

DATEN & FAKTEN

SMART-HOME-SYSTEM: Homematic IP wired und Funk

IM SCHALTSCHRANK: 1 x Homematic IP Wired Access Point (HmIPW-DRAP) 4 x Homematic IP Wired Jalousieaktor – 4-fach (HmIPW-DRBL4) 2 x Homematic IP Wired Dimmaktor – 3-fach (HmIPW-DRD3) 3 x Homematic IP Wired Schaltaktor – 8-fach (HmIPW-DRS8)

Stromversorgung für den Bus: Phoenix Contact STEP-PS/ 1AC/24DC/4.2 Eingang: 1-phasig, Ausgang: 24 V DC/4,2 A

KABEL: KNX-Kabel (grün) als Bus-Verkabelung NYM-J 5x1,5 (überall, Ausnahme Lampen) NYM-J 3x1,5 (nur für Lampen am DRS8)

ZENTRALEN: 1 x Homematic IP Wired Access Point 1 x Zentrale CCU3 (auf einer Etage) 2 x Homematic IP Access Point (auf 2 Etagen) 1 x Mediola AIO Gateway Pro V6 Plus

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