anzeiger 7-8/24

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Das Magazin für die österreichische Buchbranche

anzeiger

Die Halbjahreszahlen: Umsatz, Absatz und Preis

New & Young Adult

Die Jugend liest wieder! Deutsche Verlage gründen Imprints, die Verkaufszahlen sind gut. Wie sieht es in Österreich aus?

Neue EU-Verordnung

Die neue EU-Verordnung über entwaldungsfreie Lieferketten muss bald umgesetzt werden. Was sind die Folgen für die Branche?

MIT BUCH KLIMA MACH

MIT HÄNDEN UND FÜSSEN

Das Mitmachbuch für Kinder ab 8 Jahren erklärt unseren Einfluss aufs Klima und regt zum Erfahren, Erfragen und Entdecken an. Mit liebevoll gestalteten Illustrationen.

64 Seiten, € 22,90

ISBN 978-3-85439-727-4

Auslieferung: Mohr Morawa

„Resilienz braucht es, denn die gestiegenen Kosten fressen immer noch die an sich positiven Umsatz- und Absatzzahlen für den Monat Juni und das Halbjahr auf“

Einmal geht’s noch: Der umfassende Abschlussbericht zu „meaoiswiamia – Gastland Österreich auf der Leipziger Buchmesse 2023“ wurde soeben fertiggestellt und an unsere Fördergeber und Sponsoren versandt. Wer online einen Gesamtüberblick sehen will und sich Daten, Fakten, Zahlen, Fotos dazu ansehen möchte, ist herzlich eingeladen, das zu tun: Siehe QR-Code unten.

Apropos Rückblick: Bei der Vollversammlung des Verbands der Antiquare Österreichs im vergangenen Mai hat Michael Steinbach den Vorsitz des Verbands an seinen bisherigen Stellvertreter Robert Schoisengeier übergeben. Herzlichen Dank an beide für die gemeinsam gehabten und kommenden Jahre. Genauso ergeht mein Dank an Erwin Riedesser, der lange Jahre Vorsitzender des Österreichischen Buchhändlerverbands war und den wir Ende Juni mit der Verdienstmedaille des HVB auszeichnen durften. Diese beiden Ereignisse, Vorstandswechsel und Verdienstmedaille, zeigen die optimistische und zukunftsorientierte Resilienz unserer Branche, denn Michael Steinbach ist weiterhin aktiver Antiquar und Erwin Riedesser wechselte vom Buchhändler zum Autor.

Resilienz braucht es, denn die gestiegenen Kosten fressen immer noch die an sich positiven Umsatz- und Absatzzahlen für den Monat Juni und das Halbjahr auf. Aber die Verkaufszahlen hinterlassen den Eindruck, dass sich die Österreicher:innen vor dem Sommer mit ausreichend und vielfältiger Buchlektüre eingedeckt haben. Mehr zu den Zahlen auf Seite 5.

Mit dieser Doppelausgabe schließen wir das erste Halbjahr der Aktivitäten zu Buchmessen und Preisverleihungen ab. Einiges liegt hinter uns, aber auch noch Großes vor uns: Frankfurter Buchmesse, Leo-Perutz-Preis für Wiener Kriminalliteratur, Österreichischer Buchpreis, Preis für Toleranz in Denken und Handeln des Österreichischen Buchhandels, Buch Wien.

Genießen Sie ruhige Tage abseits der Arbeit. Wo immer Sie jetzt sind oder noch hinfahren, ich wünsche Ihnen erholsame Ferien und genügend Erholung für einen sicherlich anstrengenden, aber hoffentlich erfolgreichen Herbst.

Gustav Soucek

HVB-Geschäftsführer

Hier geht es zum Gastland-Bericht:

Herausgeber: Hauptverband des Österreichischen Buchhandels/ISSN 0003-6277, Grünangergasse 4, 1010 Wien, T: +43 1/512 15 35, www.buecher.at Geschäftsführung: Gustav Soucek Projektleitung: Lesley Kirnbauer, DW 11, kirnbauer@hvb.at Aboverwaltung : office@hvb.at Medieninhaber, Konzept, Redaktion und Produktion: Falter Verlagsgesellschaft m. b. H. Bereich Corporate Publishing, Marc-Aurel-Straße 9, 1011 Wien, T: +43 1/536 60-0, E: magazine@falter.at, www.falter.at Chefredaktion: Christian Zillner, DW 926, Linn Ritsch, DW 991 Geschäftsführung: Siegmar Schlager Leitung Sales: Ramona Metzler, DW 952, metzler@falter.at Die Offenlegung gem. § 25 Mediengesetz ist unter www.falter.at/offenlegung/falter-verlag ständig abrufbar Druck: Print Alliance HAV Produktions GmbH., Druckhausstraße 1, 2540 Bad Vöslau

Babs Zobl Food & Friends Gemeinsam schlemmen und genießen In „Food & Friends“ steht das gemeinsame und achtsame Genießen im Mittelpunkt. Dieses Buch lädt dazu ein, sich am Tisch zu versammeln, zu teilen, sich auszutauschen und den kulinarischen Austausch zu zelebrieren. Die Rezepte sind dabei vielfältig einsetzbar.

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Andrea Stigger Vegan Vibes 99 abwechslungsreiche Rezepte für deinen Alltag Mit einem Fokus auf Gesundheit und Wohlbefinden präsentiert „Vegan Vibes“ köstliche Gerichte, die nicht nur den eigenen Körper, sondern auch unseren Planeten respektieren. Die Rezepte sind bewusst alltagstauglich gestaltet.

208 Seiten | € 29.–

Allerlei Wichtiges

Zum Beispiel aktuelle Lesetrends, ein neues Gesetz und Zeit für Pausen

Ich empfehle Ihnen den Text auf den Seiten 14 und 15. Das ist kein Eigenlob – ich finde eigentlich nicht, dass er stilistisch ein besonders großer Wurf ist. Das liegt unter anderem am eher trockenen Thema: Es geht um die EUEntwaldungsverordnung EUDR. Sich mit ihr zu beschäftigen, ist allerdings wichtig. Erstens, weil sie alle in der Branche betrifft, und zweitens, weil sie (leider) ziemlich kompliziert ist. Frühzeitige Auseinandersetzung damit kann also nicht schaden.

Weil ich jetzt schon in Fahrt bin, empfehle ich Ihnen auch gleich die Geschichte auf Seite 12. Sie erzählt – ganz anders als der Text zur Entwaldungsverordnung – von etwas absolut nicht Aktuellem. Gerade deswegen ist sie bereichernd: Auch sehr alte Bücher sind ein wichtiger Teil unserer Branche.

Am Puls der Zeit zu bleiben ist natürlich sowieso wichtig. Derzeit pulsiert ein nicht unwesentlicher Teil des Buchmarkts im Takt von BookTokBestsellern. Das ist nicht ganz neu, vor allem in Deutschland sind viele große Verlage und der Buchhandel auf den Trend aufgesprungen. Und in Österreich? Wir haben nachgefragt (S. 16).

Zeitgemäß ist auch die Auseinandersetzung mit nachhaltigem Konsum. Gebraucht zu kaufen wird immer beliebter. In Österreich gibt es jetzt zwei Buchhandelsketten, die gebrauchte Bücher entgegennehmen. Ab Herbst sogar drei (S. 11).

Damit verabschiedet sich der anzeiger in die Sommerpause. Ich habe mir meine Sommerlektüre schon zurechtgelegt und freue mich schon darauf, Bücher zu lesen, die nichts mit meiner Arbeit zu tun haben. Pausen sind nämlich auch sehr wichtig. Ich hoffe, Sie finden auch Zeit dafür!

Linn Ritsch

Chefredakteurin

Um den europäischen Buchmarkt geht es in dieser Ausgabe zweimal: Wir beleuchten die EU-Entwaldungsverordnung (S. 14) und lassen die FEP zu Wort kommen (S. 34)

5 DER MARKT IN ZAHLEN

Marktdaten Juni 2024

6 WISSENSWERT

Kinder- und Jugenbuchverlage

Gespräch mit Tanja Raich

Lesestoffwechsel

Gebrauchte Bücher gegen Gutscheine: Neues Modell macht Schule

12 ALTE KOSTBARKEITEN

Neue anzeiger-Serie

In unregelmäßigen Abständen stellen wir antiqarische Bücher vor

13 INTERNATIONAL

Österreich-Bibliotheken

Was sie für die heimische Literatur im Ausland tun

14

MARKTBEOBACHTUNG

EU-Entwaldungsverordnung

Was kommt mit der neuen Verordnung auf die Buchbranche zu?

16 ESSENZIELL

Young und New Adult Literatur für die Generation TikTok

20 BESTSELLER

Verkaufsschlager im Juni

22 SCHWERPUNKT

Kinder- und Jugendbuch

26 HVB-PORTRÄTS

Alice Wirthmiller

Buchhandlung Wirthmiller

Erika Hornbogner

Wieser Verlag

28 SELBSTREDEND

Paulus Hochgatterer

Der Kinderpsychiater und Autor im Interview

33 KLASSIKER

Joseph Conrad

Die „Landratte“ als Seefahrer-Autor

34 GASTKOMMENTAR

Federation of European Publishers

Die FEP-Direktorin zu ihrer Arbeit

35 TERMINE

Veranstaltungen im August

Buchhandelspanel Juni 2024

ERSTES HALBJAHR MIT LEICHTEM PLUS

Im Vergleich zu 2023 haben sich Absatz und Umsatz etwas erhöht

Im Vergleich zum Vorjahr sind die Umsätze leicht gewachsen: sowohl im stationären Handel als auch auf dem Gesamtmarkt. Dieser verzeichnet einen Anstieg von 3,2 Prozent im Vergleich zu Juni 2023. Vergleicht man das ganze erste Halbjahr mit den ersten sechs Montaten des Vorjahres, ergibt sich immerhin ein Plus von 2,3 Prozent. Das liegt zumindest zum Teil auch an den Absatzzahlen: Der höhere Umsatz lässt sich nur zum Teil auf die ebenfalls gestiegenen Buchpreise zurückführen: Plus 0,6 Prozent im Vergleich zum Juni letzten Jahres. Plus 1,2 im Vergleich zum ersten Halbjahr 2023.

Der stationäre Handel schnitt im Juni weniger gut ab: Trotz eines Preisanstiegs von 1,4 Prozent im Vergleich zu Juni 2023 konnte der Umsatz nur um 0,1 Prozent gesteigert werden –der Absatz ist im Vergleich zum Juni des Vorjahres also um 1,3 Prozent gesunken. Zumindest etwas erfreulicher erscheint die Lage für den Buchhandel vor Ort, wenn man das gesamte erste Halbjahr betrachtet: Der Umsatz konnte um 3,8 Prozent gesteigert werden, bei einem Preisanstieg von 2,6 Prozent.

Unter den Warengruppen konnten die Kinderbücher im Juni den größten Umsatzzuwachs verzeichnen: plus 10,7 Prozent. Mit plus 6 Prozent bzw. plus 3,6 Prozent liegen sonst nur noch Belletristik und Sachbuch im positiven Bereich. Besonders viel Umsatzverlust machten im Vergleich zu Juni 2023 die Reisebücher: Wir sehen hier ein Minus von 12,7 Prozent.

Marktdaten Juni 2024

UMSATZVERÄNDERUNG

Stat. Buchhandel Gesamtmarkt

DURCHSCHNITTSPREIS

Stat. Buchhandel Gesamtmarkt

Absatzentwicklung Gesamtmarkt im Vergleich zu 06/2023

Kumuliert 01–06 2024

Kumuliert 01–06 2024 + 0,1 % zu Juni 2023 + 3,8 %

Kumuliert 01–06 2024 + 3,2 % zu Juni 2023 + 2,3 %

Veränderung zu Juni 2023 + 2,6 %

Kumuliert 01–06 2024 + 1,4 %

+ 0,6 %

Veränderung zu Juni 2023 + 1,2 %

STATIONÄRER BUCH HANDEL Umsatzverteilung

GESAMTMARKT Umsatzverteilung

Hörbuch/Audiobook und Karten/Globen

Hörbuch/Audiobook und Karten/Globen

Ø-Preis Gesamtmarkt Juni 2024 + 2,6 % – 1,3 % € 15,88

Absatzentwicklung stat. Buchmarkt im Vergleich zu 06/2023

Im Auftrag des HVB ermittelt das Marktforschungsinstitut media control monatlich die Umsatzveränderungen im Vergleich zum Vorjahresmonat für die Absatzwege Sortimentsbuchhandel, E-Commerce, Bahnhofsbuchhandel sowie Elektro- und Drogeriemarkt. Mit dem MC-Buchhandelspanel werden 600 Verkaufsstellen und knapp 90 % aller Barverkäufe in Österreich abgedeckt.

Ö1 Buch des Monats

„Der Seher von Étampes“ des Autors Abel Quentin ist das Ö1 Buch in diesem Juli. Die Hauptperson darin ist ein Literaturwissenschaftler namens Jean Roscoff. Er schreibt ein Buch über einen schwarzen Lyriker und kommt in Teufels Küche, weil ihm von linken Kritiker:innen kulturelle Aneignung und Rassismus vorgeworfen wird. Eine Geschichte am Puls der Zeit: Abel Quentin zeigt, wie unbarmherzig die woke Internet-Öffentlichkeit ist und wie rasch der Beifall von der falschen Seite kommt – Roscoff erhält nämlich Unterstützung von einer RechtsaußenOrganisation und gerät damit unfreiwillig in ein falsches politisches Fahrwasser.

Die Vorwürfe der kulturellen Aneignung stehen schließlich im Gegensatz zu den einstigen linken Ideen. „Abel Quentin beschreibt, wie spalterisch und militant diese woke Gesellschaft sein kann und wie die Ziele der alten Linken plötzlich falsch sein sollen, denn es geht eben nicht mehr darum, dass alle gleich sind, sondern dass Ungleichheiten wieder zementiert werden“, schreibt die Jury.

Abel Quentin: „Der Seher von Étampes“, Roman, Matthes & Seitz Übersetzung: Laura Strack ISBN: 978-3-7518-0964-1

Das Ö1 Buch des Monats ist eine Kooperation des HVB mit Ö1, die exklusiv in den Mitgliedsbuchhandlungen beworben werden kann.

Kooperation statt

Konkurrenz

Tanja Raich ist seit letztem Jahr Sprecherin der ARGE Kinderund Jugendbuchverlage

Tanja Raich vom Leykam Verlag, Sprecherin der ARGE Kinder- und Jugendbuchverlage, erläutert ihre aktuellen Schwerpunkte und Zukunftsvorstellungen

Interview: Linn Ritsch

Frau Raich, woran arbeitet die ARGE derzeit?

Tanja Raich – Seit zwei Jahren werden wir vom BMKÖS gefördert. Mit diesem Geld setzen wir Projekte um: Letztes Jahr haben wir zusätzlich zur Pressebörse in Wien zum ersten Mal auch eine in Berlin veranstaltet. Dieses Jahr findet das Treffen im September in Hamburg statt. Auf der Kinderbuchmesse in Bologna haben wir unseren Foreign Rights Catalogue präsentiert, um unsere Präsenz im Ausland zu verstärken. Das Interesse war groß. Wir wurden mehrfach nach einem ähnlichen Format für den deutschen Sprachraum gefragt. Wir überlegen jetzt, wie wir am besten einen Überblick über unsere Neuerscheinungen für Kulturinstitutionen im DACH-Raum aufbereiten können. Auch eine eigene ARGEWebsite ist angedacht. Bei all diesen Plänen, und auch bei der Arbeit der einzelnen Verlage, teilen wir Ideen und unterstützen einander.

Was bedeutet Ihre Position als ARGESprecherin?

Raich – Viele meiner Kontakte und Termine, auch solche, die ich für Leykam wahrnehme, kann ich für Anliegen der ARGE nutzen, das freut mich sehr. Unlängst habe ich mit der neuen Leiterin des Kulturforums in Berlin, Johanna Rohland-Lindner*, gesprochen. Wir haben überlegt, wie es gelingen kann, mehr Besuche österreichischer Kinder- und Jugendbuchautor:innen in Deutschland zu organisieren und finanzieren.

Was können Verlage beim Thema Leseförderung leisten?

Raich – Es braucht mehr finanzielle Mittel für Leseförderung. Wir Verlage können Bücher machen, die Kinder cool finden, und Energie in unsere Pressearbeit stecken. Das tun wir. Aber Leseförderung ist vor allem ein politisches Thema: Kinder müssen Bücher in die Hände bekommen: In einkommensschwachen Familien wird wenig Geld dafür ausgegeben, da muss geholfen werden.

Was plant die ARGE für die Zukunft?

Raich – Unser Wunsch ist ein Gastlandauftritt in Bologna. Wir haben viele Buchproduktionen, die einen Preis nach dem anderen gewinnen. Wir können sie dort mit Stolz präsentieren. In Bologna wird uns auch das Engagement anderer Länder vor Augen geführt: Viele haben eindrucksvolle Messestände. Außerdem gibt es oft eigene Organisationen, die sich um Kinder- und Jugendliteratur kümmern, eigene Fördertöpfe und Fellowships. Österreich kann noch aufholen. Wir können uns etwas abschauen und mehr internationale Kooperationen planen. Grundsätzlich ist mir wichtig, Kooperation statt Konkurrenz in unserer Branche noch mehr zu fördern. Aktuell haben wir alle zu kämpfen – miteinander ist sinnvoller als gegeneinander.

(* Ein Interview mit Johanna Rohland-Lindner lesen Sie im anzeiger 5/24.)

Bei „Lesen im Park“ gibt es Lesestoff für Kinder von drei bis zehn

Kopfabenteuer im Park

Nach dem Wiener Kinderliteraturfestival steht in den Sommerferien „Lesen im Park“ auf dem Programm

Ganz still war es nicht. Im Theater Odeon zeigte Michael Stavarič Bilder von gigantischen und ganz kleinen Quallen. Dann projizierte er mit dem Handy einen Hai in den Saal und packte schließlich einen Haizahn aus. Aufgeregt folgten ihm ein paar Hundert Kinder bei diesem Auftakt zum Wiener Kinderliteraturfestival. Begeistert von den Geschichten, die in seinen Büchern stecken.

Aufregend ging es weiter: Vom 19. bis zum 25. Juni gab es über fünfzig Veranstaltungen und eine Buchausstellung mit mehr als tausend Kinderbüchern. Auf der Bühne standen Stars der heimischen Kinderliteraturszene, darunter Lilly Axster, Michael Hammerschmid, Elisabeth Steinkell-

ner, Michael Roher, Tobias Krejtschi und Petra Piuk.

Auch in den Sommerferien bietet das Institut für Kinderliteratur ein literarisches Programm: zum 43. Mal „Lesen im Park“, wobei Bücher für Leser:innen von drei bis zehn Jahren dorthin gebracht werden, wo sich Kinder gern aufhalten – auf Spielplätze und in Parks. Hier können die Bücher ohne Ausweis entlehnt und gleich vor Ort gelesen werden. Bücherkisten mit einem breiten Angebot für Kinder warten vom 1. Juli bis 8. August und vom 19. August bis zum 29. August in fünf Wiener Parks (Waldspielplatz im Augarten, AloisDrasche-Park, Alfred-Böhm-Park, AuerWelsbach-Park und Allerheiligenpark).

Tragikomik im Krieg

Tijan Sila gewinnt den Ingeborg-Bachmann-Preis

TPersonalia

Aleya Rahman verantwortet seit Mai 2024 Vertrieb und Marketing im Leykam Buchverlag mit Sitz in Wien, Graz und Berlin. Zuletzt war die studierte Komparatistin bei der Literatur- und Contentmarketing Ges.m.b.H. für den Vertrieb und das technische Projektmanagement der Buch Wien zuständig.

Eva Mühlbacher folgt im Team der Buch Wien auf Rahman: Sie ist jetzt für Vertrieb und technisches Projektmanagement der Literatur- und Contentmarketing Ges.m.b.H. zuständig. Nach dem Studium der Deutschen Philologie in Wien und Cambridge war sie für Unterrichtstätigkeiten und Gastvorträge häufig in Italien und arbeitete für das Goethe Institut und das Sprachenzentrum Wien. Zuletzt war sie in der Erwachsenenbildung, als Autorin und Texterin freiberuflich tätig.

Tijan Sila überzeugte beim Wettlesen um den BachmannPreis

ijan Sila ist Bachmann-Preisträger 2024. Der Autor gewann den mit 25.000 Euro dotierten Preis mit seinem Text „Der Tag, an dem meine Mutter verrückt wurde“. Darin geht es um das generationenübergreifende Trauma des Jugoslawienkrieges. Juror Philipp Tingler, der Sila eingeladen hatte, lobte die „Pointiertheit, Tragikomik und Melancholie“ des Textes. Insgesamt wurden fünf Preise vergeben. Der Deutschlandfunk-Preis mit 12.500 Euro ging an Denis Pfabe. Den Kelag-Preis in der Höhe von 10.000 Euro erhielt Tamara Štajner. Der 7.500-Euro-3sat-Preis ging an Johanna Sebauer – ebenso wie der BKS-Bank-Publikumspreis. Diesen ermittelt eine Onlineabstimmung. Er ist mit 7.000 Euro dotiert und mit einem Stadtschreiberstipendium in Klagenfurt verbunden.

Neue Förderung für Kunstbuchverlage –jetzt einreichen!

Das BMKÖS stellt jährlich 285.000 Euro zur Verfügung

Kunstbücher seien wesentliche Vermittler bildender Kunst, erklärt Kunst- und Kulturstaatssekretärin Andrea Mayer. „Sie dokumentieren und analysieren künstlerische Schaffensprozesse, bieten tiefgehende Einblicke und sind wertvolle Archive für zukünftige Generationen.“ Daher erhalten österreichische Kunstbuchverlage Zugang zu einer neuen Förderung in einer Gesamthöhe von jährlich 285.000 Euro. Anspruch haben österreichische Verlage, die in den letzten drei Jahren mindestens zehn Titel in den Bereichen Kunst, Kulturgeschichte und Theorie oder Künstler:innenbücher herausgebracht haben. International relevante Themen und Künstler:innen finden besondere Beachtung.

Bis 15. August können Kunstbuchverlage die Förderung beantragen. Hier geht’s zur Ausschreibung:

Literaturdoyenne aus dem Burgenland

Jutta Treiber erhielt die Auszeichnung der BurgenlandStiftung Theodor Kery 2024

Die Auszeichnung der Burgenland-Stiftung Theodor Kery ist ein weiterer Preis, den die Autorin Jutta Treiber erhält. Ihr literarisches Werk wurde schon mit dem Österreichischen Kunstpreis, dem Österreichischen Staatspreis für Kinder und Jugendliteratur und dem Schweizer Prix Chronos 2024 ausgezeichnet. Letzterer wurde ihr am 2. Mai für das Kinderbuch „Die knallbunte Couch“ (Obelisk) in französischer Übersetzung verliehen.

Sie schreibt für Menschen jeden Alters. Bisher veröffentlichte sie über fünfzig Bücher, die in 29 Sprachen übersetzt wurden. Treiber hielt mehr als 3.000 Lesungen in 23 Ländern.

Zu ihrem 75. Geburtstag veröffentlicht Treiber das Buchprojekt „Lyrisches Kulinarium“ (Edition Lex Liszt): ein Gedichtband, aufgebaut wie ein Kochbuch. Die Texte sind süß, sauer und schmackhaft. Sie haben aber auch Tiefgang und zeigen Jutta Treibers Gespür für Lyrik.

V. l.: Peter Waterhouse, Rosa Pock, Kulturstadträtin Veronica Kaup-Hasler, Lojze Wieser

Grenzen überschritten

Rosa Pock, Peter Waterhouse und Lojze Wieser erhalten das Goldene Verdienstzeichen des Landes Wien

EJutta Treiber (zweite v. r.) wird bei der Preisverleihung beglückwünscht

s sind drei Persönlichkeiten, die Grenzen durchbrochen haben, die über Grenzen nachgedacht haben“, sagte die Wiener Kulturstadträtin Veronica KaupHasler am 13. Juni über die Schriftstellerin Rosa Pock, den Schriftsteller und Übersetzer Peter Waterhouse und den Verleger Lojze Wieser. Sie dankte Rosa Pock für ihr Œuvre, ihre Sprache und verwies beispielhaft auf „Ein Jahr im Leben einer Infantin“. Es seien „Stiche ins Herz – manchmal auch Stiche in den Kopf“. Peter Waterhouse leiste als Übersetzer einen wichtigen kulturellen Transfer zur Bereicherung der Gesellschaft. Lojze Wieser habe sich in andere Sprachwelten aufgemacht, um Literatur von den Rändern Europas zu uns zu bringen.

Die Feier im Wappensaal des Rathauses wurde vom Atmos Quartett musikalisch umrahmt, Familien, Freund:innen und Bekannte der ausgezeichneten Personen nahmen daran teil.

Ein Visionär der Pädagogik

Der Schulbuchverleger Othmar Spachinger ist mit 82 Jahren gestorben

D er Schulbuchverleger Othmar Spachinger starb am 30. Mai im 82. Lebensjahr. Er war seit Mitte der 1960er-Jahre bis zu seiner Pensionierung 2003 im Österreichischen Bundesverlag für das Schulbuch tätig, großteils in leitender Position. Als öbv-Geschäftsführer prägte er die österreichische Bildungsmedienlandschaft entscheidend. Ebenso für seine innovativen Projekte wie für die Förderung von Autor:innen bekannt, wurden unter seiner Leitung bedeutende Lehrwerke entwickelt.

Der visionäre Verleger galt als geschätzter Kollege und im Bildungssystem gut vernetzter Akteur. Besonderes Augenmerk widmete er der pädagogischen Zeitschrift Erziehung & Unterricht, unterstützte ihre Entwicklung und trug so maßgeblich zu ihrem Erfolg bei.

Der Österreichische Bundesverlag trauert um den langjährigen Geschäftsführer und drückt Dank und Wertschätzung für seine Weitsicht und das jahrzehntelange Engagement für die österreichische Bildungslandschaft aus.

Othmar Spachinger verstarb am 30. Mai

Mörderisch gute Lektüre

Die Shortlist des Leo-Perutz-Preises für Wiener Kriminalliteratur wurde veröffentlicht. Er wird von der Stadt Wien Kultur und dem HVB 2024 zum fünfzehnten Mal ausgerichtet. Die Stadt Wien Kultur stiftet 5.000 Euro Preisgeld. Der Preis wird mit freundlicher Unterstützung der Bestattung Himmelblau vergeben.

DIE NOMINIERTEN TITEL

• „Wiener Magnolienmord“, Annemarie Mitterhofer (Gmeiner)

• „Gemälde eines Mordes“, Heinrich Steinfest (Piper)

• „Hundert Kilo Einsamkeit“, Manfred Rebhandl (Haymon)

• „Tanz der Furien – Wiener Abgründe“, Peter Lorath (Piper)

• „Schattenriss“, Theresa Prammer (Haymon)

PREISVERLEIHUNG

Welches Werk den Preis gewinnt, wird am 29. Oktober im Rahmen eines Autor:innenempfangs der Kriminacht im Wiener Kaffeehaus bekannt gegeben. Alle nominierten Autor:innen werden in verschiedenen Wiener Kaffeehäusern bei freiem Eintritt aus ihren Werken lesen.

Ronald Schild verlässt MVB

Der MVB-Geschäftsführer verlässt mit Ende Juli das Unternehmen

Zum 31. 7. scheidet Ronald Schild als Geschäftsführer des Technologie- und Informationsanbieters MVB aus, um sich neuen beruflichen Herausforderungen zu stellen. Seine Nachfolge ist bereits geregelt. Wer die Geschäftsführung von MVB übernimmt, wird zeitnah bekannt gegeben. Schild übernahm 2006 die MVB-Geschäftsführung. Unter seiner Führung entwickelte sich das Unternehmen von einem deutschen Fachverlag zu einem international tätigen Anbieter von Infrastrukturlösungen, die den Handel mit Büchern effizienter gestalten. Zum Portfolio von MVB gehören unter anderem die Datenbanken Verzeichnis Lieferbarer Bücher (VLB) und Metabooks, die Plattform VLB-TIX, die Bestellsysteme Pubeasy und Pubnet sowie das crossmediale Fachinformationsangebot des Börsenblatts.

„Mit voller Begeisterung und mit vielen engagierten Partnern haben wir bei MVB die Digitalisierung der Buchbranche in den vergangenen 17 Jahren vorangetrieben“, sagt Schild. „Mein herzlicher Dank gilt allen, die uns dabei tatkräftig unterstützt haben.“

Stadt Wien:

Neue Leitung für Literatur und Öffentlichkeitsarbeit

Die Kultur- und Literaturwissenschafterin Heide Kunzelmann übernimmt mit Herbst 2024 die Leitung des neuen Referates Literatur und Öffentlichkeitsarbeit. Durch die Schaffung einer zusätzlichen Planstelle wird das seit letztem Sommer bestehende Provisorium beendet. Kunzelmann ist eine international anerkannte Literaturwissenschafterin, Dozentin, Kulturvermittlerin, Autorin und Publizistin. Sie überzeugte die Jury durch ihren exzellenten akademischen Werdegang sowie jahrzehntelange Erfahrung in der internationalen Netzwerkarbeit im Sinne der Vermittlung österreichischer Literatur, Kultur und Wissenschaft im englischsprachigen und europäischen Raum. Die Jury ist davon überzeugt, dass Kunzelmann die Verwaltung der Wiener Literaturförderung verantwortungsvoll abwickeln wird.

Millionen für Stipendiat:innen

Das BMKÖS fördert österreichische Autor:innen mit 1,179 Millionen Euro. Aus 624 Einreichungen wurden 81 Personen für Langzeitstipendien von sechs bzw. zwölf Monaten ausgewählt. Sie umfassen Prosa, Lyrik und Essay, Theatertexte, Kinder- und Jugendliteratur sowie die Arbeit am ersten oder zweiten Buch.

„Unsere Langzeitstipendien geben Autor:innen den Freiraum, sich einem größeren Schreibprojekt zu widmen. Sie bereichern die gegenwärtige literarische Landschaft mit innovativen und vielfältigen Werken“, sagt Kunst- und Kulturstaatssekretärin Andrea Mayer. Alle Infos:

Heide Kunzelmann

mediakolleg Online-Seminar: KI-Toolbox Marketing

Intelligente Anwendungen für Social Media, Marketing und PR

■ 11. 9., 18. 9. & 25. 9.,jeweils 10–12 Uhr. Anmeldeschluss: 28. 8. Im Marketing lassen sich KI­Tools schon heute unmittelbar einsetzen. Daten von Kund:innen und Nutzer:innen auswerten, Werbetexte schreiben und Bilder generieren – das alles können schon die „digitalen Kollegen“. Doch welche KI­Tools spielen im Marketing eine Rolle? Wie schreibe ich gute Prompts? Worauf muss ich bei der Nutzung achten? Diesen und weiteren Fragen gehen Sie im interaktivem

Workshop nach. Geleitet wird er von dem Autor, Moderator, Programmierer Fabian Navarro. Er gibt Einblicke in die Verwendung von Tools wie ChatGPT, Bard, sudowrite, Midjourney sowie Plug­ins für Adobe und MS Office. Zwischen den Terminen bleibt viel Zeit zum Ausprobieren.

Inhalte

• Grundlagen (künstliche Intelligenz, Machine Learning, Neuronale Netze, Large Language Models etc.)

• Mythos Prompt Engineering

• Generative KI in den Bereichen Text und Bild

• Tools wie ChatGPT, Bard, sudowrite, Midjourney, Plug­ins in Adobe und MS Office

Ziele

• Sie kennen die Grundbegriffe rund um das Thema KI

Titelschutzmeldungen

• Sie beherschen den selbstbewussten Umgang mit KI­Tools fürs Marketing

• Sie können mögliche Probleme mit KI­Tools identifizieren

• Sie können den Anwendungsbereich verschiedener Tools abschätzen.

Kosten

270 € Kursgebühr für HVB­ oder Börsenvereins­Mitglieder (zzgl. gesetzl. MwSt.)

300 € Kursgebühr für Nichtmitglieder (zzgl. gesetzl. MwSt.)

Weitere Informationen unter https://buecher.at/veranstaltungen/ki­toolbox­marketing/

Bezahlte Anzeigen. Der Verlag übernimmt keine Haftung dafür, dass die Titel bereits geschützt sind oder durch die Inserate Rechte Dritter verletzt werden.

Mit einer Titelschutzmeldung im anzeiger ist Ihr Buchtitel für sechs Monate bis zum Erscheinungsdatum geschützt. Ihre Titelschutzmeldung ist mit Ihrer Nennung nach kurzer Überprüfung über www.buecher.at abrufbar und erscheint in der darauffolgenden Ausgabe des anzeiger. Titel melden können Sie auf www.buecher.at/titelschutz oder per E­Mail an Christina Gstaltmaier unter gstaltmaier@hvb.at. Die gleichzeitige Schaltung von mehreren Titelschutzmeldungen ist besonders günstig: Bis zu drei Titel pro Ausgabe gibt es exklusiv für HVB­Mitglieder* um nur € 80,–/6 Titel € 110,– und bis zu 12 Titel um nur € 210,–.

Christina Gstaltmaier berät Sie gern unter gstaltmaier@hvb.at, Tel. 01/512 15 35­14.

(*Nichtmitglieder zahlen das Doppelte, alle Preise zzgl. 5 % Werbeabgabe und 20 % MwSt.)

Unter Hinweis auf § 80 UrhG nehmen wir

Titelschutz in Anspruch für den Einzeltitel: KI in der Medienwirtschaft

Studienreihe zu Künstlicher Intelligenz in allen Schreibweisen, Darstellungsformen, Wortverbindungen und Kombinationen, als Reihen- und/ oder Einzeltitel und zur Verwendung in allen Medien. Rundfunk und Telekom Regulierungs-GmbH Mariahilfer Str. 77–79, 1060 Wien, Österreich

Unter Hinweis auf § 80 UrhG nehmen wir

Titelschutz in Anspruch für die vier Titel: Deutschland Express

Türkei Express

Spanien Express

Italien Express in allen Schreibweisen, Darstellungsformen, Wortverbindungen und Kombinationen, als Reihen- und/ oder Einzeltitel und zur Verwendung in allen Medien. Christian Brandstätter Verlag GmbH & Co. KG Wickenburggasse 26, 1080 Wien, Österreich

Unter Hinweis auf § 80 UrhG nehmen wir

Titelschutz in Anspruch für den Einzeltitel: Bodybuilding in Österreich

Die Wiege des Arnold Schwarzenegger in allen Schreibweisen, Darstellungsformen, Wortverbindungen und Kombinationen, als Reihen- und/oder Einzeltitel und zur Verwendung in allen Medien.

Walter Hain

Kefedergrundgasse, 1210 Wien, Österreich

Unter Hinweis auf § 80 UrhG nehmen wir Titelschutz in Anspruch für den Einzeltitel: Das große Panorama zu Nachhaltigkeit und Kreislaufwirtschaft der österreichischen Baustoffindustrie in allen Schreibweisen, Darstellungsformen, Wortverbindungen und Kombinationen, als Reihen- und/ oder Einzeltitel und zur Verwendung in allen Medien. Forschungsverband der österreichischen Baustoffindustrie Märzstraße 135, 1140 Wien, Österreich

Unter Hinweis auf § 80 UrhG nehmen wir Titelschutz in Anspruch für die zwei Titel: Hasenleni & Hasentoni

Familiengeschichten für KLEIN und gross Erzählungen von Piraten, Maulwurfshügeln, einem hungrigen Langhalsdino und den Puppen Mia, Lisa und Rosa in allen Schreibweisen, Darstellungsformen, Wortverbindungen und Kombinationen, als Reihen- und/oder Einzeltitel und zur Verwendung in allen Medien. Kreativwerkstatt Posch GesbR

Glacisstraße 59/7, 8010 Graz, Österreich

Unter Hinweis auf § 80 UrhG nehmen wir

Titelschutz in Anspruch für den Einzeltitel: Cozy Cardio in allen Schreibweisen, Darstellungsformen, Wortverbindungen und Kombinationen, als Reihen- und/ oder Einzeltitel und zur Verwendung in allen Medien. Verlagsgruppe Styria GmbH & Co KG Lobkowitzplatz 1, 1010 Wien, Österreich

Alte Bücher für neue

Gebrauchten Büchern ein neues Leben schenken: Das geht in immer mehr Buchhandlungen. Bei Thalia gibt es bereits ein Rückkaufsystem, Tyrolia führt jetzt ein neues Modell ein. Morawa wird bald folgen

Text: Linn Ritsch

Schweden, England und Deutschland haben es vorgemacht, jetzt kommt das System zu uns: Bei Tyrolia können Kund:innen seit 1. Juli gelesene Bücher zurückbringen und erhalten dafür Gutscheine für den nächsten Einkauf. „Lesestoffwechsel“ heißt die Initiative – österreichweit die erste ihrer Art. Über Branchenmedien sei man auf das Rückkauf-Angebot von Hugendubel aufmerksam geworden, erzählt Tyrolia-Geschäftsführer Stephan Bair. „Wir waren von der Idee sofort begeistert: So können wir unserer Kundschaft ein tolles Angebot zur Verfügung stellen, nachhaltiges Handeln fördern und gleichzeitig unser Unternehmen stärken.“

Ebenso wie Hugendubel kooperiert Tyrolia mit Zeercle, einem internationalen Partner für den Gebrauchtbuchhandel. „Die Zusammenarbeit läuft unkompliziert, wir konnten alles innerhalb weniger Monate regeln“, sagt Bair. Auch Begeisterung und Engagement der Tyrolia-Mitarbeiter:innen seien groß. Bair rechnet mit viel Interesse seitens der Kundschaft. „Gerade jüngeren Menschen ist Nachhaltigkeit oft wichtig.“

Für Angestellte wie für Kund:innen sei das System denkbar einfach, so Bair. Wer gebrauchte Bücher zurückgeben will, kann sich online registrieren und den Wert der Titel über die ISBN von zuhause aus bestimmen. Mit dem entsprechenden Dokument kommt die Kundin oder der Kunde in die Buchhandlung und erhält direkt nach der Übergabe der Bücher einen Tyrolia-Gutschein aufs Smartphone.

Morawa arbeitet seit März an einer Plattform derselben Art. „Wir klären derzeit noch einige technische Details“, so Morawa-

Tyrolia-Geschäftsführer Stephan Bair ist zuversichtlich, dass „Lesestoffwechsel“ ein Erfolg wird

Projektes noch vor Schulbeginn stehe aber nichts im Weg.

Einen etwas anderen Weg geht Thalia. Seit Jahresbeginn können Kund:innen gelesene Bücher über Thalia verkaufen. Der Grundgedanke – gebrauchte Bücher weitergeben und den Gegenwert des Titels erhalten – ist derselbe, das System ein anderes. Statt Gutscheinen erhalten Kund:innen Geld: Die Bücher können in einer Filiale abgegeben werden, nach erfolgreichem Verkauf erhält man sechzig Prozent des Verkaufspreises, abzüglich einer Servicepauschale. Thalia kooperiert mit dem Secondhand-Onlinehändler Bookbot, der die Bücher online verkauft.

Die Nachfrage sei seit Start der Kooperation gleichbleibend auf einem hohen Niveau, so Thalia-Geschäftsführerin Andrea Heumann „Der Rücklauf hat sich auf 6.000 bis 7.000 Bücher pro Woche eingependelt.“ Da immer mehr Menschen sich mit dem Thema Nachhaltigkeit befassen würden, rechnet Thalia mit einer wachsenden Nachfrage an Gebrauchtbüchern.

Geschäftsführer Klaus Magele. Wichtig ist uns, dass das System maximal kundenorientiert, möglichst digital und einfach funktioniert sowie an unseren Webshop Morawa.at eingebunden wird.“ Dem Beginn des

Wechsel im TyroliaMarketing-Team

Seit Anfang Juli betreut Brigitte Thaler die 21 Buchhandlungen, Katharina Nagy widmet sich dem Tyrolia-Verlag. Thaler hat über zwanzig Jahre Berufserfahrung, war unter anderem bei Tyrolia als Sortimentsleiterin, im Bereich Onlineund Veranstaltungsmarketing tätig

und betreute die Social-Media-Accounts. Nagy ist seit sechzehn Jahren im Verlagswesen. Nach Tätigkeiten unter anderem beim Helbling Verlag ist sie seit 2023 wieder bei Tyrolia und für den Vertrieb zuständig, zu dem sie nun das Verlagsmarketing übernimmt.

V. l.: Katharina Nagy (Verlag) und Brigitte Thaler (Buchhandel) sind das neue Marketing-Duo

Werden diese in weitere Geschäfte Einzug halten? Verena Brunner, Geschäftsführerin von Brunner Buch, hält solche Initiativen für sinnvoll, gerade das Gutschein-Modell. „Das Thema Nachhaltigkeit zu fördern ist immer positiv. Außerdem ist das ein hervorragendes Kundenbindungs- und Marketinginstrument.“ Auch für kleinere Unternehmen und unabhängige Buchhandlungen sei das Modell grundsätzlich interessant. Aber: „Der Verwaltungs-, Abwicklungs- und Investitionsaufwand ist natürlich für kleine Unternehmen sehr hoch und derzeit in dieser Form kaum bewältigbar.“

Sonnenuntergang Leopoldstadt 6 Uhr

Ein illustriertes Reisetagebuch schildert Eindrücke von der Wiener Weltausstellung und den Wiener Sehenswürdigkeiten

Es war das Großereignis des Jahres 1873 – die Wiener Weltausstellung. Sie fand vom 1. Mai bis 2. November 1873 statt, rund 53.000 Aussteller:innen aus mehr als 35 Nationen waren daran beteiligt. Davon gibt ein besonderes Büchlein Zeugnis, ein illustriertes Reisetagebuch im praktischen Taschenformat. Es enthält Notizen zu Kaffeehäusern wie dem, heute noch bestehenden, „Caffé Wortner“, außerdem Fahrkarten, die in einer Lasche im hinteren Buchdeckel aufbewahrt wurden. Die 46 aquarellierten Bleistiftzeichnungen beginnen mit der Darstellung eines mobilen Getränkeverkaufs am Bahnhof St. Pölten („auf dem Perron 1/2 9 Morg. St. Pölten 4. 9. 73“). Der Besuch der Weltausstellung ist für den 6. September dokumentiert. Knapp fünf Monate nach der feierlichen Eröffnung durch Kaiser Franz Joseph wurde der zentrale Pavillon, die Rotunde, in einer, teilweise farbig ausgeführten, Zeichnung festgehalten, ebenso wie die Innenansicht eines weiteren Pavillons (möglicherweise des ägyptischen). Damals zeigte Japan zum ersten Mal Kultur- wie Kunstgegenstände außerhalb seines Reiches und löste fünf

STECKBRIEF

Verfasser: Anonym

Titel: Illustriertes Reisetagebuch

Erscheinungsdatum: 1873

Format: 13 x 8 cm, 130 Seiten

Jahre vor der Pariser Weltausstellung 1878 den sogenannten Japonismus aus. Weiter führt der Rundgang zum „Japanischen Garten mit Pavillon“. Im Hintergrund ist der Marine-Pavillon des Österreichisch-Ungarischen Lloyd zu erkennen, der durch einen Segelmast am Dach hervorsticht. Esw folgen Impressionen von lauen Septemberabenden, von Parlament, Griechengasse, einem „Sonnenuntergang Leopoldstadt 6 Uhr 9.9“, eines Opernbesuchs von „L’Africaine“ sowie von Tagesausflügen nach Stift Melk und Maria Taferl. Der eigene Geburtstag wurde am 10. September vermeldet: mit morgendlicher Melange und Kalbsgulasch am Abend. Weitere, in Aquarellen festgehaltene, Reisestationen zeigen Hallein, Salzburg, den Königssee, Berchtesgaden mit „Watzmann Alp

Glühen“ und das Münchner Hofbräuhaus am 13. 9. 1873. Danach ein Bleistiftporträt von „Kammermusikus Fritz Haller“ am 23. 12. 1873. Wer das Büchlein geschaffen hat, bleibt unbekannt. Die Person ist heute nur mehr anonymisiert als eine von 28.549 Besucher:innen, die allein am 6. September die Weltausstellung besuchten, greifbar.

Nähere Informationen: Antiquariat Burgverlag Burgring 1 + 3, A-1010 Wien. Tel. +43/(0)1/587 73 11 office@burgverlag.com www.burgverlag.com

NEUE ANZEIGER-SERIE

In der neuen anzeiger-Serie „Alte Kostbarkeiten“ präsentieren wir zusammen mit dem Verband der Antiquare Österreichs immer wieder ausgewählte Druck- und Handschriften mit ihren Geschichten.

Österreichs Kultur im Ausland

Das Netzwerk-Treffen der internationalen Österreich-Bibliotheken beginnt am 23. September mit dem Ziel, aktuelle österreichische Literatur in die Welt zu tragen

Die Österreich-Bibliotheken bilden in 28 Ländern ein Netzwerk von 65 Bibliotheken. Das jährliche Seminartreffen für Mitarbeitende beginnt am 23. September mit einem Auftakt-Event im HVB. Wer daran teilnimmt, worüber gesprochen wird und welche Aufgaben die ÖsterreichBibliotheken erfüllen, erklären Elisabeth Marinkovic und Lukas Marcel Vosicky. Sie leitet das Referat Österreich-Bibliotheken im Ausland im Bundesministerium für europäische und internationale Angelegenheiten, er ist Projektleiter der Österreich-Bibliotheken an der Diplomatischen Akademie Wien.

Warum beginnt das diesjährige Seminartreffen im HVB?

Elisabeth Marinkovic – Die Wiener Seminare sind in der Regel halbjährliche Treffen der Mitarbeitenden der ÖsterreichBibliotheken in Wien mit jeweils variierenden inhaltlichen Schwerpunkten. Die Teilnehmenden sind meist Germanist:innen, Leiter:innen der jeweiligen Deutschlehrstühle bzw. DaF-/DaZ-Lehrer:innen.

Lukas Marcel Vosicky – Diesen Teilnehmenden aus den vorwiegend mittel-, ostund südosteuropäischen Ländern soll ein aktuelles Bild von Wissenschaft, Kultur und Literatur in Österreich durch Kontakte aus erster Hand vermittelt werden. Heuer geht es im Seminar um „Buchkultur und Literatur in Zeiten der künstlichen Intelligenz“. Da lag es nahe, als Eröffnungsort den HVB zu wählen.

Was sind die wichtigsten Aufgaben der Österreich-Bibliotheken?

Marinkovic – Es sind partnerschaftliche Einrichtungen zwischen dem österreichischen Außenministerium und einer Trägerorganisation, üblicherweise Universitäten oder Bibliotheken im jeweiligen Land. Die Österreich-Bibliotheken sind

Dabei arbeiten sie eng mit den österreichischen Kulturforen, Botschaften und Generalkonsulaten zusammen.

Wie gestaltet sich die Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen Standorten?

Vosicky – Im Rahmen der Wissenschaftsplattform wird zu verschiedenen wissenschaftlichen Themen transkulturell zusammengearbeitet. In Hinblick auf den Gastlandauftritt Österreichs in Leipzig haben wir beispielsweise ein gemeinsames Publikationsprojekt der Österreich-Bibliotheken „zur Rezeption österreichischer Gegenwartsliteratur“ gestartet, das zuletzt unter dem Titel „Frachtbriefe“ in der Buchreihe „Transkulturelle Forschungen an den ÖsterreichBibliotheken im Ausland“ erschien: Beteiligt waren 25 Wissenschaftler:innen von Österreich-Bibliotheken in zehn Ländern.

Marinkovic – Auch in anderen Tätigkeitsbereichen innerhalb ihrer jeweiligen Länder und international gibt es Zusammenarbeit. Etwa durch Lesereisen österreichischer Autor:innen, Workshops oder Vortragsreihen. Allein in Polen sind in den letzten Jahrzehnten über sechzig Autor:innen auf Lesereisen gewesen.

Wie hat sich die Arbeit der Bibliotheken in den letzten Jahren entwickelt?

Brückenbauer zwischen Österreich und den Gastländern sowie Archive des Wissens zu Geschichte und Gegenwart Österreichs. Neu angekauft werden in erster Linie zeitgenössische Literatur und Neuerscheinungen, um die Bibliotheken am Stand der Zeit zu halten. Sie sind auch Wissenschaftsnetzwerk für transkulturelle Forschungen, Servicepoints für Deutschlernende und Veranstaltungszentren österreichischer Gegenwartskultur.

Marinkovic – Unter den Mitarbeitenden befinden sich ausgezeichnete Übersetzer:innen österreichischer Literatur. Wir wollen daher auch ihren Beitrag zu Übersetzungen und Rezension österreichischer Literatur im Ausland verstärkt ins Bewusstsein rücken. Im Rahmen des Programms des Außenministeriums auf der Buch Wien werden wir heuer in Zusammenarbeit mit der ÖGfL auch eine Veranstaltung zum Thema „Literarische Übersetzungen und die Rolle der Kulturforen und Österreich-Bibliotheken für die Übersetzung österreichischer Literat:innen“ organisieren.

Elisabeth Marinkovic
Lukas Marcel Vosicky

Schützt die Wälder und die Branche

Mitte vorigen Jahres ist die neue EU-Verordnung über entwaldungsfreie Lieferketten in Kraft getreten: die EUDR. Ab 30. Dezember 2024 muss sie umgesetzt werden. Was sind die Folgen für die Branche?

Text: Linn Ritsch

Abholzung und Raubbau in den Wäldern: Das soll die neue EU-Verordnung verhindern

D ie Idee ist gut, die Ausführung lässt bisher zu wünschen übrig. So lässt sich die Meinung vieler Branchenteilnehmer:innen zur EUDR zusammenfassen. Die EU-Verordnung über entwaldungsfreie Produkte ist am 29. Juni 2023 in Kraft getreten. Große und mittlere Unternehmen müssen sie ab 30. Dezember dieses Jahres umsetzen, kleine und Kleinstunternehmen ab 30. Juni 2025. Die Zeit drängt – doch zahlreiche Details sind noch ungeklärt, es gibt Spielraum für Interpretation, und die praktische Durchführbarkeit wird angezweifelt.

DIE GRUNDLAGE

DER

NEUEN VERORDNUNG

Auf Basis von Holz hergestellte Produkte dürfen nur dann in der EU in den Verkehr gebracht oder ausgeführt werden, wenn sie

nicht mit Entwaldung oder Waldschädigung in Verbindung stehen. Also auch Papier, Pappe und Druckerzeugnisse. Wird die Regelung nicht befolgt, werden alle zur Verantwortung gezogen: von der Firma, die die Bäume rodet, bis hin zur Buchhandlung, die den daraus entstandenen Roman verkauft. „Jedes einzelne Unternehmen entlang der Wertschöpfungskette haftet – das ist eine wesentliche Neuerung der Verordnung“, erklärt Enrico Turrin von der Federation of European Publishers (FEP). Regeln zur Verhinderung von Entwaldung und Raubbau existieren schon lange. Doch mit Sorgfaltsund Dokumentationspflichten für alle geht die EUDR einen neuen Weg.

Die genauen Verpflichtungen richten sich nach der Unternehmensgröße: Kleinere Firmen sollen weniger bürokratischen Auf-

wand haben. Es kommt auch darauf an, ob die jeweilige Firma als „Marktteilnehmer“ oder „Händler“ gilt: Marktteilnehmer bringen Waren in den Verkehr oder führen sie aus. Händler stellen im Rahmen einer gewerblichen Tätigkeit Waren bereit.

WAS VON DER BUCHBRANCHE VERLANGT WIRD

Hier wird es kompliziert. Denn wer als Marktteilnehmer und wer als Händler gilt, ist nicht immer klar, sagt Turrin. Zum Beispiel in Bezug auf Verlage: „Bei Gesprächen mit Druckereiverbänden haben wir uns darauf geeinigt, uneinig zu bleiben. Aus Sicht der FEP geschieht die Verwandlung von Papier in ein Buch in der Druckerei.“ Drucker wären somit „Marktteilnehmer“, Verlage hingegen „Händler“ mit potenziell weniger

Verpflichtungen. Druckereien sehen die Sache anders. Eine Entscheidung der EU-Kommission steht noch aus.

Die EUDR sieht vor, dass „Marktteilnehmer“ Sorgfaltserklärungen von Lieferanten überprüfen – oft ein aufwendiges Prozedere. Wie sehr, das hängt davon ab, ob aus einem EU-Land oder von außerhalb der EU importiert wird. „Wenn etwa ein Verlag – egal welcher Größe – Bücher in einem Drittstaat drucken lässt, bedeutet das viel Arbeit“, sagt Turrin. „Dann ist das Unternehmen das erste der Lieferkette, das ein Due Diligence Statement (DDS) erstellen muss.“ Also Dokumente, in denen angeführt wird, wie die neue Regelung eingehalten wird. Die in der Lieferkette nachfolgenden Unternehmen können sich auf ein bereits vorhandenes DDS beziehen.

VERWIRRUNG UND

UNZUREICHENDE VORBEREITUNG

Bislang fehlen essenzielle Informationen und Möglichkeiten zur Vorbereitung auf die Umsetzung: Wie ein DDS genau auszusehen hat, ist nicht geklärt. Auch das Informationssystem, in das relevante Auskünfte eingespeist werden sollen, ist noch nicht online.

„Manche Hausaufgaben seitens der EUKommission wurden nicht gemacht“, sagt Dan-Esra Gloe, Politikreferent im Berliner Büro des Börsenvereins. Auch die Risikobestimmung sei noch ausständig. Ihr Zweck: Erleichterung durch eine globale Festsetzung von Gebieten mit hohem, mittlerem oder niedrigem Entwaldungsrisiko. Wer Holz aus Regionen mit niedrigem Risiko bezieht, soll vereinfachte Dokumentationspflichten haben.

„Viele unserer Mitglieder sind besorgt und wünschen sich klare Auskünfte“, so Gloe. Mit unserer Handreichung, die wir stetig ergänzen, bemühen wir uns zu helfen.“ Aber die Grundlage für derlei Auskünfte sei dürftig: „Noch lassen viele Details der Verordnung Spielräume für Interpretation.“

Auch wie die in der EUDR festgelegte Geolokalisierung gehandhabt werden kann, sei unklar. Sie soll sicherstellen, dass die Herkunft jedes aus Holz gefertigten Produktes

nachvollziehbar ist. Aber: „Tools zu finden ist zwar möglich, allerdings fordern wir von der EU zumindest Empfehlungen für eine rechtssichere, zuverlässige Anwendung“, sagt Gloe. „Außerdem sind einige Lieferanten außerhalb der EU nicht in der Lage, die Daten zu liefern – und manche wissen bislang nichts von der EUDR.“

Gerade für die Papierherstellung sei die Frage der Geolokalisierung problematisch, sagt Thomas Salzer, Geschäftsführer des österreichischen Unternehmens Salzer Papier. „In einem Zellstoffwerk, das mehrere Millionen Tonnen Zellstoff produziert, wird Holz aus unterschiedlichsten Regionen verarbeitet. In der Papierfabrik wird dann Zellstoff von mehreren Lieferanten vermengt. Jedem Stück Papier die ‚richtigen‘ Bäume zuzuordnen, ist dann praktisch unmöglich.“ Er sieht die EUDR insgesamt kritisch. „Wie das umgesetzt werden soll, ist mir ein Rätsel – klüger wäre es gewesen, auf den bestehenden Waldschutzverordnungen aufzubauen und diese auf andere Produkte auszuweiten, statt eine neue Regelung zu erfinden, die massiven Verwaltungsaufwand mit sich bringt.“

DIE WICHTIGSTE FORDERUNG:

MEHR ZEIT

Für die meisten Branchenverbände Europas gilt: Kritik an der Verordnung ist nicht Kritik an der dahinterstehenden Absicht. Sondern an der Praktikabilität. „Der Klimawandel ist eines der dringendsten Probleme unserer Zeit“, so FEP-Präsident Ricardo Franco Levi. Verlage seien aktiv um ressourcenschonende Produktion bemüht. Trotzdem müsse die Anwendbarkeit der Verordnung angemessen sein, „insbesondere für jene Verlage, die ihre Lieferanten sorgfältig auswählen“. Auch wenn Branchenverbände hinter dem Geist der Verordnung stehen – ihre Botschaft ist klar: Es braucht umfassendere Informationen, bürokratische Vereinfachungen und vor allem mehr Zeit. „Eine unserer Maximalforderungen ist ein zeitlicher Aufschub für Sorgfaltspflichten und Sanktionen“, sagt Gloe. Dieser wird, neben weiteren Punkten, in einem offenen Brief deutscher Branchenverbände verlangt.

Auch Kommunikation sei eine wichtige Voraussetzung für eine gelungene Umsetzung der EUDR, meint Christian Handler vom Verband Druck Medien in Österreich. Hier gebe es Grund zum Optimismus: „Unser Verband ist mit der Vereinigung ‚Forst Holz Papier‘ im Austausch und auch mit Vertreter:innen des Forest Stewardship Council (FSC). Es werden relevante Informationen weitergegeben, die Kommunikation ist positiv. Wir versuchen, unseren Mitgliedern gute Informationen zu liefern, und setzen uns für eine möglichst unbürokratische Umsetzung der EUDR ein.“

WIE ES JETZT WEITERGEHT Handler sieht die Verordnung insgesamt nicht ganz so schwarz wie einige Branchenkolleg:innen. „Bürokratie ist nicht per se negativ, schließlich erlaubt sie im Ernstfall Nachvollziehbarkeit und erleichtert die Beweisführung, wenn etwas falsch gelaufen ist.“ Wichtig sei Verhältnismäßigkeit, es dürfe nicht zu kompliziert werden. Ebenso wichtig ist gute Vorbereitung – soweit möglich. Enrico Turrin rät: Unternehmen sollen damit beginnen, Lieferketten zu prüfen und sich mit Lieferanten auszutauschen.

Die Auswirkungen der Verordnung auf die Buchbranche sind schwer vorhersehbar. Turrin hält es für möglich, dass größere Teile der Lieferkette in die EU verlagert werden. „Vielleicht werden mehr Verlage in der EU drucken lassen. Das ist aber auch eine Kostenfrage.“ Große Lieferunternehmen außerhalb der EU könnten sich wiederum entschließen, EU-Kunden nicht mehr zu beliefern, um Aufwand zu sparen.

Es gibt Grund zur Hoffnung auf eine praktikable Umsetzung. Neben Lobbyarbeit der Buchbranche gibt es ähnliche Forderungen aus anderen Bereichen, etwa der Landwirtschaft. Außerdem wird nichts so heiß gegessen, wie es gekocht wird, sagt Handler. „Neue Verordnungen erzeugen anfangs immer viel Angst. Ich erinnere mich an das Thema Datenschutz. Die Sorge war groß, aber schließlich wurde ein guter Weg gefunden. Heute kräht kein Hahn mehr danach.“

Der Verordnungstext:

Infosheet der European International Booksellers Federation: Forderungen der Forst Holz Papier:

Handreichung des Börsenverbandes des Deutschen Buchhandels: Forderungen deutscher Branchenverbände:

– Essenziell –

New Adult und Young Adult

New- & Young-Adult-Bücher

für die Generation

TikTok

NEW-ADULT-TITEL BEVÖLKERN REGALE UND SCREENS UND BRINGEN DIE JUGEND

WIEDER ZUM LESEN. DEUTSCHE VERLAGE GRÜNDEN IMPRINTS, DIE VERKAUFSZAHLEN

SIND GUT. WIE SIEHT ES IN DER ÖSTERREICHISCHEN BRANCHE AUS?

Das Klischee der nicht lesenden Smartphone-Teenager ist überholt. In der Buchbranche wird jubiliert: Die Jugend liest wieder! Einer Studie im Auftrag der Arbeitsgemeinschaft deutscher Jugendbuchverlage und des Börsenvereins zeigt: Die Ausgaben für Kinder- und Jugendbücher stiegen um 7,4 Prozent im Vergleich zum Jahr 2019.

Der Trend Richtung New und Young Adult ist deutlich – das Genre dominiert in dieser Alterskohorte schon seit einigen Jahren. Es schließt eine Lücke in der Literaturlandschaft. Alles, was nicht mehr klassische Jugendliteratur ist, aber auch noch nicht zum Erwachsenenbereich gehört, findet hier seinen Platz. Auch auf der Buch Wien 2023 gab es erstmals einen New-AdultFokus, der Erfolg war groß.

NICHTS FÜR KLEINE VERLAGE?

Die Grenzen zwischen Young und New Adult verschwimmen immer mehr. Der einzige nennenswerte Unterschied: In NewAdult-Romanen kommen explizite Liebesszenen vor. Je nach „Schärfegrad“ der Episoden werden die Titel mit einer bestimmten Anzahl an Chilischoten gekennzeichnet: Bei fünf Schoten geht es ganz schön deutlich zu.

Eigene Imprints großer Publikumsverlage aus Deutschland, etwa Lyx, Kyss und Forever, erfreuen sich einer wachsenden

Leser:innenschaft. Könnte das auch für die österreichische Verlagslandschaft interessant sein? „Wir haben nicht vor, eine

Text: Ruth Kronbichler Illustration: Georg Feierfeil

Young-Adult-Serie zu starten“, erklärt Tanja Raich vom Leykam Verlag. Im Frühjahr 2025 erscheint dort das Buch des deutschen Transpaares Gazelle und Gialu. Die beiden TikTok-Bekanntheiten sprechen über ihr Outing und das Leben als trans beziehungsweise nichtbinäre Person. „Dieses Buch ist definitiv auf die Zielgruppe New-AdultLeser:innen zugeschnitten“, erklärt Raich. Ganz in das neue Genre einsteigen will sie aber nicht. „Ich glaube, dass das für kleine Verlage nicht unbedingt Sinn macht.“ Zudem seien Liebesromane und Fantasy nicht direkt Themen, die Leykam bediene. „Ich sehe es immer als Chance, wenn sich neue Zielgruppen erschließen“, meint Raich. „Das bevorstehende Buchprojekt ist eine interessante Möglichkeit, um das

Genre auszuprobieren.“ Sie traut ihren Leser:innen viel zu, vor allem dem jungen Publikum. Deshalb steht sie der Distinktion zwischen Erwachsenen- und Jugendliteratur kritisch gegenüber.

Die Inspiration durch BookTok in Social Media begrüßt Raich. „Ich habe das Gefühl, dass die klassische Literaturkritik ein bisschen in die Jahre gekommen ist und vor allem die jüngere Generation nicht mehr interessiert.“ Umso schöner findet sie es, wenn im digitalen Raum für das Lesen geworben wird und um Bücher ein Hype entsteht. „Es kann uns nichts Besseres passieren, als dass über Literatur gesprochen wird“, meint Raich. „Das Schlimmste wäre Stillstand.“

Auch Emily Huggings von Ueberreuter beobachtet die große Nachfrage im Bereich New Adult: „Es gibt durchaus Titel, um die bei großen Auktionen gekämpft wird.“ Konkrete Nachfragen von Leser:innen oder Manuskripteinsendungen von New-AdultAutor:innen weiß sie nicht zu verzeichnen. Als Verantwortliche für das Kinder- und Jugendbuchressort ist Huggings mit den aktuellen Trends vertraut. „Das Programm ist laufend auf dem Prüfstand.“ Ob der NewAdult-Hype aber über die Jahre andauern werde, ist für sie fraglich.

BOOSTER FÜR DEN BUCHHANDEL Derzeit lohnt es sich für den Buchhandel, mit entsprechendem Angebot und Marketing in den Trend zu investieren. Das wird unter anderem von Thalia getan.

– Essenziell –

New Adult und Young Adult

zusammentun und einen gemeinsamen TikTok-Account starten.“

TREND ZU ORIGINALSPRACHE UND

ZUM KAUF VOR ORT

TikTok zielt auf eine sehr junge Zielgruppe ab, hier finden vor allem Zehn- bis Fünfzehnjährige Inspiration. Instagram steht bei den 16- bis 29-Jährigen hoch im Kurs – aber die Grenzen verschwimmen zunehmend. Für beide Plattformen gilt: Die Buch-Communitys sind aktiv. Über Lesechallenges, Coverabstimmungen und Farbschnittvotings findet viel Austausch statt.

Doch die Inspiration wird nicht nur in Social Media gefunden. Immer mehr junge Menschen bevorzugen Buchhandlungen, um sich Empfehlungen zu holen. Nicole List freut sich über junges Publikum in ihrem Geschäft in Wien. „Bei Jugendlichen gibt es anfangs immer eine kleine Hemmschwelle, mich zu fragen, aber die ist dann bald überwunden“, erzählt sie.

Seit einigen Monaten gibt es in der Buchhandlung List ein eigenes Regal für NewAdult-Titel. List nutzt Social Media als Inspiration beim Ankauf: „Ich schaue, was bei den verschiedenen Altersgruppen gerade im Trend liegt, und bestelle auch danach.“

Den fehlenden feministischen Blick zahlreicher New-Adult-Romane kritisiert auch sie. „Teilweise gibt es wahnsinnig unrealistische Sexszenen in den Romanen. Das muss ich nicht aktiv verkaufen“, so List. Es ist so wichtig, besonders jungen Mädchen ein realistisches Bild von Sexualität zu vermitteln.“

Die Buchhändlerin bemerkt außerdem ei-

Wie ist das Feedback Ihrer Leserschaft?

Dutter – Meinen Leser:innen gefällt es, wie Themen sensibel aufgearbeitet werden. Ja, wir schreiben auch Spicy Scenes, aber es geht um so viel mehr. New-AdultRomane trauen sich mehr als Jugendbücher, sie behandeln aber auch nicht die Alltagsprobleme von Figuren ab dreißig. Zudem schaffen wir ein Bewusstsein dafür, was 2024 verletztende Sprache sein kann.

Welches Ihrer Bücher kam am besten bei der Community an?

Dutter – Zum einen mein neues Buch „Never Kiss a Villain“, weil ich damit dank

„Diese Bücher sind nicht sehr feministisch, sie bedienen weiterhin die immer gleichen Klischees“
Bianca Braunshofer, Buchhändlerin bei o*books

nen Trend hin zur Originalsprache. Zahlen der Studie aus Deutschland bestätigen: Junge Lesende kaufen immer mehr Bücher im englischsprachigen Original. Rund vierzehn Prozent der Zehn- bis Fünfzehnjährigen bevorzugen Texte in Originalsprache. Bei den Sechzehn- bis Neunzehnjährigen liegt der Anteil sogar bei dreißig Prozent. „Nicht nur die Cover, sondern auch die Titel werden mittlerweile bei Übersetzungen eins zu eins aus dem Englischen übernommen“, erklärt Verena Gruber.

DAS BUCH ALS

GESAMTKUNSTWERK

Apropos Cover: Das Buch als Gesamtkunstwerk rückt immer mehr in den Fokus. Die Zahlen sprechen für sich: Für achtzig Prozent der Lesenden spielt das Cover bei der Buchauswahl eine große Rolle. Bunte Farbschnitte gibt es schon lang, aber im vergangenen Jahr haben sie sich als deutliches Verkaufsargument bestätigt. Was den Verkauf zusätzlich ankurbelt: Oft sind die Titel mit besonderer Ausstattung nur limitiert erhältlich. Werden Hardcover-Bücher deshalb Taschenbüchern mittlerweile vorgezogen? „Das kommt ganz drauf an“, meint Gruber. „Ich beobachte den Trend hin zu Hardcover, aber es kann auch eine schön gestaltete broschierte Ausgabe sein.“

List sieht einen kapitalistischen Gedanken hinter den zahlreichen Sonderausgaben. Aber: „Ich finde es toll, dass Bücher wieder neuen Wert bekommen. Endlich geht es wieder um das Rundumpaket Buch und es ist sehr schön mitanzusehen, dass Jugendliche ein Auge hierfür bekommen.“

TikTok und Instagram sehr viele Leute erreicht habe. Ich habe ein halbes Jahr beinahe täglich Videos für das Buch hochgeladen, Buchboxen gebastelt und verschickt und so weiter. Eine Story, in der nicht alle perfekt sind, das reizt viele Lesende. Zum anderen aber auch mein Buch „Starlight in Our Dreams“, weil es auch viele Leute angesprochen hat, die die Serie „Heartstopper“ mögen.

Sie sind auf Instagram und TikTok sehr aktiv. Werden Ihnen Social Media manchmal zu viel?

Dutter – Instagram mit eben fast zehntausend und TikTok mit um die elftausend Followern sind wichtige Plattformen für

mich und andere Schreibende geworden. Das Feedback ist meist positiv, viele schreiben auch lange Nachrichten darüber, wie ihnen meine Bücher geholfen haben. Aber es steckt auch viel Glück hinter erfolgreichen TikToks oder Reels. Manchmal beanspruchen Social Media allerdings mehr Zeit als das Buchschreiben selbst. Oft ist es mittlerweile leider nur noch unsere Aufgabe, sicherzustellen, dass die Zahlen gut sind. Das kann manchmal zu viel werden, denn so viel Freude Social Media auch bereiten, der Druck ist groß. In solchen Momenten ist es wichtig, ein gutes Netzwerk aus befreundeten Autor:innen zu haben sowie eine unterstützende Literaturagentur.

» Den positiven Effekt zeigen Zahlen. Ein Beispiel: In der zu Young Adult gehörenden Warengruppe „Fantasy“ verzeichnete der deutsche Gesamtmarkt in den letzten zwei Jahren eine positive Marktentwicklung von 7,3 Prozent. Thalia erreichte eine Entwicklung von 19,7 Prozent.

Auch Tyrolia ist auf den New-Adult-Trend aufgesprungen. Mit Erfolg. In der Innsbrucker Buchhandlung werden Romane dieses Genres gezielt ausgestellt. Tyrolia-Buchhändlerin Verena Gruber betont: „Es ist eine sehr wichtige und mittlerweile auch sehr große Zielgruppe.“ Deshalb hat Tyrolia das Romantasy Festival gegründet. Diesen Juni fand es in dritter Auflage statt. Neben Lesungen von bekannten NewAdult-Autor:innen wie Carina Schnell, Lexis Able und Andreas Dutter gab es in Kooperation mit der Plattform „Chest of Fandom“ auch Workshops und Gewinnspiele. Die BookTokTrends sind eine wichtige Inspiration für Gruber. „Die Titel der Bestsellerliste habe ich immer vorrätig.“ Auch Ratgeber stünden bei dieser Altersgruppe hoch im Kurs. Seit einigen Monaten schmökert Gruber auch selbst in Romance-Novels hinein. „Ich liebe es, über den Tellerrand hinaus zu lesen.“

Auch die Themen der neuen Jugendromane haben sich verändert. Waren es in den 2010ern noch beißende Vampire, so geht es heute vermehrt um Konsens und psychische Gesundheit. Gruber begrüßt die Entwicklung: „Diese Romane bilden eine breitere Themenpalette ab: Queere Erlebnisse, aber auch Depressionen und politische Themen wie beispielsweise Klimaschutz finden hier ihren Platz.“

Mehr als seichte Lektüre

Die meisten New-AdultAutor:innen sind weiblich. Andreas Dutter ist einer der wenigen Männer, die hier einen Platz gefunden haben. Der Österreicher erzählt über seine Erfahrungen mit dem Genre

– Essenziell –

New Adult und Young Adult

„New-AdultFans sind eine sehr wichtige und mittlerweile auch sehr große Zielgruppe“
Verena

UNREALISTISCHER SEX UND ALTE ROLLENBILDER

In die Wiener Buchhandlung o*books verirren sich immer wieder TikTok-Beststeller. Die Nachfrage ist aber überschaubar. „Ich glaube nicht, dass diese Bücher relevant für unsere Zielgruppe sind“, so Buchhändlerin Katja Fetty. „Wir würden uns auf keinen Fall verschließen, aber aktuell sehe ich hier keinen besonderen Trend. „Ich bestelle die Titel, die auf BookTok einen Namen haben. Aber mittlerweile in einer sehr geringen Stückanzahl, da die Nachfrage einfach nicht vorhanden ist.“

Mit ihrer Kollegin Bianca Braunshofer vermittelt Fetty eine neue Perspektive auf typische New-Adult-Inhalte. „Diese Bücher sind nicht sehr feministisch, sie bedienen weiterhin die immer gleichen Klischees“, so Braunshofer. „Auch wenn das Buch als queer proklamiert wird, heißt es nicht, dass es feministisch und aufgeklärt ist.“ Queer ziehe einfach bei einer gewissen Zielgruppe, fügt Fetty hinzu. „Ganz oft werden jungen Menschen aber nach wie vor veraltete Vorstellungen vermittelt.“ Dass dieses Genre als Entspannung und als Pleasure Read genossen wird, kann Braunshofer nachvollziehen. Aber: „Erwachsene können diese Art von Literatur besser einordnen als junge Mädchen, denen hier falsche Rollenbilder vorgelebt werden.“

Auf Instagram ist o*books aktiv, der meistgespeicherte Beitrag ist eine Buchempfehlung aller Mitarbeiterinnen. „TikTok wäre ein Vollzeitjob“, meint Braunshofer. „Dafür haben wir nicht die Ressourcen. Vielleicht könnten sich aber mehrere lokale Indie-Buchhandlungen

„New Adult“ wird hauptsächlich von Autorinnen bespielt. Wie ist es für Sie als Mann, in diesem Genre zu schreiben?

Andreas Dutter – Anfangs war es schwierig, Verlage davon zu überzeugen, dass ich in diesem Genre schreiben kann. Oft wurde mir geraten, „männlichere“ Fantasy oder Krimis und Thriller zu schreiben. Zum Glück habe ich daran festgehalten und auch viel Unterstützung von anderen NA-Autor:innen erfahren. Es war leicht, in dieser Bubble Fuß zu fassen. Lesende hatten bisher auch nie ein Problem damit, dass ich als Mann Romance schreibe.

Mit welchen Vorurteilen haben Sie und Ihre Kolleg:innen der Branche zu kämpfen?

Dutter – Die hartnäckigs ten Vorurteile sind, dass NA-Bücher keine Tiefe haben, schlecht geschrieben sind und sich nur um Erotik drehen. Es wird oft behauptet, dass diese Bücher nur aufgrund von Erotik, schönen Covern, Goldfolie, Glitzer, Farbschnitten und Illustrationen verkauft werden. Das ist frustrierend, weil es auch die große Leserschaft abwertet. Leider kommen diese Vorurteile aber auch aus den eigenen Reihen, von Autor:innen, die die Branche kennen und trotzdem NA abwerten.

Andreas Dutter

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4 6 SEBASTIAN FITZEK Mimik Knaur Taschenbuch € 12,40

5 2 BEATE MAXIAN Tod auf dem Opernball Goldmann € 13,40

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7 3 HERA LIND Zeit zu verzeihen Knaur Taschenbuch € 13,40

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7 NEU NATASCHA UHRMANN Olivensommertage DP Digital Publishers € 4,99

8 10 CORINNA KOHFINK Zitronen zum Frühstück VIA TOLINO MEDIA € 3,99

9 NEU DONNA LEON Feuerprobe Diogenes Verlag € 22,99

10 NEU AURORA ROSE REYNOLDS Until You: Hanna Romance Edition € 5,99

Sachbuch Taschenbuch

1 1 JAMES CLEAR Die 1 %-Methode –Minimale Veränderung, maximale Wirkung Goldmann € 13,40

2 SHEILA DE LIZ Woman on Fire Rowohlt TB € 16,50

4 JOHN STRELECKY Das Café am Rande der Welt dtv € 9,20

3 JESSIE INCHAUSPÉ

Der Glukose-Trick Heyne € 13,40

5 5 PHILIPPA PERRY Das Buch, von dem du dir wünschst, deine Eltern hätten es gelesen Ullstein TB Verlag € 14,40

6 6 KEN MOGI Ikigai Dumont Buchverlag € 12,40

7 NEU ISABELLE SCHNEIDER

Eine Minute Hebammenwissen Trabanten Verlag Berlin € 16,90

8 NEU BONNIE LEBEN

Eine Bonnie kommt niemals allein Heyne € 16,50

9 9 T. KEHL, M. LINKE Das einzige Buch, das Du über Finanzen lesen solltest Ullstein TB Verlag € 14,50

10 8 KARIN KUSCHIK

50 Sätze, die das Leben leichter machen Rowohlt TB € 15,50

STEFANIE STAHL

Das Kind in dir muss Heimat finden Kailash € 15,50 2 2 SEPP SCHELLHORN

Sepp, was machst du?

DK Verlag Dorling Kindersley € 30,80 3 6 STEFANIE STAHL

Wer wir sind. Das Arbeitsbuch Kailash € 18,50 4 NEU MICHAEL GREGER How Not to Age Piper € 28,80

BRIANNA WIEST 101 Essays, die dein Leben verändern werden Piper € 22,70

MAXIM MANKEVICH Soul Master –SPIEGEL-Bestseller #1 Unum – Ein Imprint von Gräfe und Unzer Verlag GmbH € 22,90

STEFANIE STAHL Das Kind in dir muss Heimat finden. In drei Schritten zum starken Ich Kailash € 15,50

KLARA HANSTEIN

Liebe Angst, halt doch mal die Klappe! Gräfe und Unzer € 20,90

MELANIE PIGNITTER Wenn das Kind in dir noch immer weint Gräfe und Unzer € 20,90

JENS DREISBACH 100 Top-Fußballer – Die besten Spieler des 21. Jahrhunderts Naumann & Göbel € 9,99

Stürmische Abenteuer

Ein Sturm bricht los, der Wald wird überschwemmt. Die Tiere müssen Schutz suchen! Frau Eichhörnchen hat ihr Zuhause verloren, da findet sie eine Kiste, in der sie sich verstecken kann. Sie schläft ein und merkt nicht, dass das Wasser weiter steigt …

„Frau Eichhörnchen und der Sturm“ – Olivier Desvaux. minedition

ISBN: 978-3-03934-065-1 Empfehlungen

Suche nach dem Zauberwort

Eine Dürre plagt das Land und die Tiere müssen auswandern. Nur der Löwe bleibt zurück. Ein Baum ist das Ziel, er trägt sättigende Früchte, doch: Sie hängen zu hoch. Mit einem bestimmten Wort ließen sie sich herabholen, aber niemand kennt es, abgesehen vom Löwen …

„Ungalli“ – Lena Raubaum. Tyrolia

ISBN: 978-3-7022-4192-6

Wo man die Ruhe findet

Elli möchte ein Zimmer für sich allein. Das ist nicht so einfach mit zwei Brüdern, einer alleinerziehenden Mutter und einem turbulenten Alltag. Gemeinsam mit ihrer Freundin Nursemin entdeckt sie, dass man Rückzug an ungewohnten Orten findet.

„Ein Zimmer für mich allein“ – Frauke Angel. Jungbrunnen

ISBN: 978-3-7026-5991-2

Erinnerung an den Duft von Kirschen Tag für Tag dreht der Erinnerungshändler seine Runden auf der Suche nach Erinnerungen. Eines Tages trifft er auf einen alten Mann. Er hat eine besonders wertvolle Erinnerung: die an seine große Liebe Rosie.

„Der Erinnerungshändler“ – Orit Gidali. Vermes

ISBN: 978-3-903300-93-4

Sommertraum: Einfach blaumachen, aufs Wasser schauen und zwischen Buchdeckeln nach Schätzen suchen

– Schwerpunkt: Editor’s Choice –Kinder- und Jugendbuch

Kleine und große Schätze

Was sich alles zwischen zwei Buchdeckeln verstecken kann: Geschichte, die lebendig wird, Erinnerungsschätze und fantasievolle Wortwelten

Gute Kinder- und Jugendbücher sind in vielerlei Hinsicht wie Schatzkisten: Ebenso wie Schatzkisten sehen sie von außen oft spannend aus, aber das Äußere allein verrät nicht, was man in ihnen finden wird. Und wenn man sie aufklappt, entdeckt man die Kostbarkeiten: Nervenkitzel, wenn es eine Abenteuergeschichte ist, ein Lachen, wenn die Autorin oder der Illustrator Humor haben. Vielleicht ein paar Tränen, auch sie sind kostbar. Am allerkostbarsten ist womöglich Geborgenheit.

Den Schatz der Geborgenheit findet man in Sidney Smiths „Erinnerst du dich“ (Aladin). Der mit dem Hans-Christian-Andersen-Preis ausgezeichnete kanadische Autor und Illustrator braucht nur wenige Worte und Bilder, um uns in den Geist eines Kindes zu versetzen und seine Welt für uns zu schaffen: Im Bett liegend erinnern sich ein kleiner Junge und seine Mutter an Momente aus ihrem früheren Leben: ein Picknick mit dem Vater, ein Geburtstagsgeschenk,

einen Sturm. Dann der Tag, an dem sie ihre alte Heimat verlassen mussten.

Smith zeigt, dass gemeinsames Erinnern Halt gibt: in kurzen, poetischen Sätzen – rote Schrift für die Mutter, blaue für das Kind – und zarten Bildern. Comicartig werden die Rückblenden mit vielen kleinen Detailbildern illustriert: Nackte Füße auf einer Decke im Gras, die karierte Bluse der Mutter, ein brennendes Streichholz und der Teddybär, der mitgeht, als Mutter und Sohn in ein neues Leben fahren.

Woher sie kommen und warum sie ihre Heimat verlassen mussten, ist nicht klar. Ebenso wenig, wo sie gelandet sind. Aber wir wissen, dass der Umzug ein Neubeginn ist, der Hoffnung gibt. Auch daraus wird einmal eine Erinnerung, stellt der Junge sich vor. Eines Tages wird er zurückschauen und sagen: „Wir haben uns keine Sorgen gemacht, wir hatten keine Angst. Wir wussten, jetzt wird alles gut.“ Ein Gefühl, das das Buch auch seinen Leser:innen schenkt.

Smiths Geschichte zeigt Unsicherheit und Trauer, aber auch Kraft und Liebe. Ein kleines Meisterwerk und ein wahrer Schatz.

Viele wahre Schätze gibt es in „Schatzkammergut“ aus der ASAGAN-Reihe, die in der Edition 5Haus erscheint. Wolfgang Hartl, Erika Friedl und Mia Kirsch entwickeln die Reihe gemeinsam und haben bereits zahlreiche Bücher gestaltet. In ihren Büchern entsteht eine Welt aus alten Drucken, neuen Illustrationen, echter Geschichte und erfundenen Geschichten. Auch im neuen Band „Schatzkammergut“ gibt es viel zu entdecken: Berge und Seen, Schatzkarten, weißes Gold und vieles mehr.

In vielen kleinen Geschichten mit unterschiedlichen Protagonist:innen, zum Beispiel Sisi, der Kaiserin, oder Paracelsus, entdecken Leser:innen das Salzkammergut. Im Buch gibt es dort Drachen und allerlei andere magische Dinge, aber auch zahlreiche Informationen zur Geschichte dieses Ortes. Gesammelt sind sie im „Wissensschatz“: Zu

Text: Linn Ritsch

jedem Kapitel sind geschichtliche Fakten aufbereitet. Auch erwachsene (Vor-)Leser:innen lernen hier sicher noch etwas Neues.

Neben den Geschichten in den Büchern gibt es noch eine ASAGAN-Besonderheit: Mit virtuellen Add-ons, interaktiven Illustrationen, Rätselrallyes und Konzerten der Donaupiraten werden Abenteuer auch außerhalb der gedruckten Bücher lebendig. Mehr noch als die Ideen per se ist die Ausführung beeindruckend: Diese Zusätze in der echten und virtuellen Welt sind durchdacht konzipiert und detailreich gestaltet. Der Wert des gedruckten Buches wird nicht geschmälert –ganz im Gegenteil.

Ein wahres Kunstwerk, das keine Erklärungen oder Zugaben braucht, ist die Gedichtsammlung „Was keiner kapiert“ von Michael Hammerschmid, illustriert von Barbara Hoffmann (Jungbrunnen). Die Gedichte zu lesen fühlt sich an, als bräche eine Fantasielawine über einen herein. Es gibt keine Beistriche und keine Großschreibung. Dafür manchmal abenteuerliche Neologismen und rätselhaft-metaphorische Sprache, die genau

Erinnerst du dich (Aladin)

ISBN: 978-3-8489-0235-4

Schatzkammergut (Edition 5Haus)

ISBN: 978-3-99133-006-6

Was keiner kapiert (Jungbrunnen)

ISBN: 978-3-7026-5996-7

ins Herz trifft und von Gefühlen und Situationen erzählt, die nicht nur junge Menschen kennen und für die man doch so schwer Worte findet.

Hammerschmid schafft etwas sehr Schweres scheinbar mit Leichtigkeit: sprachlich herauszufordern, ohne jugendliche Leser:innen zu überfordern, und spielerisch zu bleiben, ohne Ernsthaftigkeit einzubüßen. Denn die Themen der Gedichte sind bei Weitem nicht immer leicht: Es geht zum Beispiel um Selbstzweifel, um die Frage, wie man die virtuelle mit der realen Welt verbinden kann, um soziale Ungleichheit und Krieg.

Der Autor ist ein Meister seines Faches: Durch sein poetisches, tiefsinniges und vielseitiges Schreiben entsteht ein Schatz aus Worten und Emotionen. Barbara Hoffmann ist es gelungen, den Schatz mit Bildern anzureichern und so noch mehr zum Glänzen zu bringen: in tiefem Blau. Mit dieser einen Farbe, mal flächig aufgetragen, mal für feine Zeichnungen verwendet, fängt Hoffmann die Stimmungen der Texte ein. Ebenfalls meisterhaft.

»Das Ende fürchtet Kafka rein deshalb, weil es keines ist.«

Endlichkeit, so zeigt Dominik Zechner, ist das Problem von Kafkas Schreiben, insofern es die Produktion und Wirkungsweise von Bedeutung und deren Lesbarkeit betrifft. Denn so sehr Kafkas Texte um Unentrinnbarkeit, Rätselhaftigkeit und eben Endlichkeit des Daseins kreisen, so sehr widersetzt sich deren Sprache einer finiten Lesart – sie bleibt stets lektürebedürftig und öffnet gerade da, wo es um Tod und Abschluss gehen sollte, permanent neue Interpretationsmöglichkeiten und mehr noch: Weisen des Weitersprechens.

Dominik Zechner Kafka und das Problem der Endlichkeit fadengeheftete Klappenbroschur, 248 Seiten, 12 × 21 cm ISBN 978-3-85449-662-5 € 25,–

Kinder- und Jugendbuch

Tipps von der Spielzeugschachtel: Sommer-Lesestoff für alle Altersklassen

Text: Elisabeth Krenn-Stuppnig

In der Schmiedgasse der Grazer Altstadt, wo einst Handwerker, Schmiede und Spengler angesiedelt waren, befindet sich heute neben vielen anderen kleinen Boutiquen und Läden das Geschäft von Claudia Danda. Hier findet man vor allem pädagogisch hochwertiges Spielzeug (viel Holz!), aber auch eine beachtliche Kinder- und Jugendbuchabteilung.

Gefragt nach Buchtipps für Kinder- und Jugendliteratur, kommt die Antwort: „Wir könnten 150 oder mehr Bücher empfehlen!“ Geeinigt habe man sich im Team auf sechs Titel:

Für die ganz Kleinen ab etwa anderthalb Jahren „Nur noch kurz die Ohren kraulen?“ (Moritz Verlag) von Jörg Mühle. Das Mitmachbuch lässt Eltern mit ihren Kindern einen Hasen durch verschiedene Aktivitäten ins Bett bringen. „Am Ende wird das Licht ausgemacht, und man kann das sanfte Atmen des schlafenden Hasen direkt hören. Dieses Buch verfügt über einen Wie-süß-ist-das-denn-Faktor“, sagt Danda.

Etwas älteren Kleinkindern ab etwa drei Jahren empfehlen die Buchhändler:innen Giuliano Ferris „Das wundervolle Geschenk“ (minedition). Thematisiert wird die Tugend der Geduld. Und dass aus dem Unscheinbaren unverhofft die wunderbarsten Dinge erwachsen. „Ein wunderschöner Text mit wunderschönen Bildern. Ein Buch zum Genießen.“

Kindern ab vier Jahren wird das Bilderbuch „Franz Ferdinand will tanzen“ (Nord-Süd Verlag) empfohlen. Marcus Pfister erzählt darin die Geschichte vom beleibten Walross Franz-Ferdinand, das Balletttänzer werden

„Nur noch kurz die Ohren kraulen?“ (Moritz). ISBN: 978-3-89565-300-1

„Das wundervolle Geschenk“ (minedition)

ISBN: 978-3-86566189-0

„Ein wunderschöner Text mit wunderschönen Bildern. Ein Buch zum Genießen“

Claudia Danda über „Das wundervolle Geschenk”

„Franz-Ferdinand will tanzen“ (NordSüd) ISBN: 978-3-31410575-3

„Giesbert und der Gluckerbach“ (Urachhaus). ISBN: 978-3-8251-5248-2

will. „Manchmal muss man nicht ins Museum gehen, wenn man großartige Bilder sehen will. Einfach nur ,Franz-Ferdinand‘ aufschlagen.“

Für Ab-Vierjährige eigne sich auch Daniela Dreschers „Giesbert und der Gluckerbach“ (Urachhaus). Die Autorin habe mit diesem Titel und den Bildern eine Welt geschaffen, „an der man sich nicht satt sehen kann. Und die Geschichten um den hilfsbereiten Regenrinnenwicht sind süß.“

Zum Vor- oder auch Selbstlesen ab etwa sieben Jahren: „Mit Jasper im Gepäck“ von Gunnel Linde, erschienen im Gerstenberg Verlag. Die Handlung: Zwei Kinder gewinnen bei einem Zoobesuch ein Pony und versuchen, es heimlich von Kopenhagen nach Stockholm zu schmuggeln. „Herrlich erfrischend geschrieben, mit Illustrationen, die an Erich Kästner erinnern.“

Damit auch ein Titel aus dem Bereich Jugendliteratur nicht in der Sammlung fehlt, empfiehlt das Team der Grazer Spielzeugschachtel allen Kindern ab elf Jahren einen spannenden Science-Fiction-Roman: Kathrin Tordasis „Nachtschattenwald. Auf den Spuren des Mondwandlers“ (Sauerländer Verlag). Ein „atemberaubender Roman aus einer spannenden Zukunft, der alles enthält, was es braucht: Spannung, Aktion, Freundschaft und sogar ein bisschen Unheimliches. Man kann es nicht erwarten, dieses Buch weiterzulesen. Es steckt voller überraschender Wendungen!“

„Mit Jasper im Gepäck“ (Gerstenberg)

ISBN: 978-3-83695319-1

„Der Nachtschattenwald“ (Sauerländer)

ISBN: 978-3-73735812-5

Kinder- und Jugendbuch

Über dreißig Jahre für Kinderliteratur: Die wichtigsten Momente und tollsten Bücher

Krenn-Stuppnig

Zukunftsvisionen in Kinder- und Jugendliteratur“ – so lautete das Thema von Karin Hallers Diplomarbeit, als sie Deutsche Philologie und Romanistik studierte. Damals hätte sie nicht gedacht, dass die Recherche zu dieser Arbeit ihr helfen sollte, an die vormalige Leiterin des Instituts für Jugendliteratur und damit an ihre Berufung zu gelangen. Quasi „vom Fleck weg“ wurde ihr ein Job am Institut angeboten.

Dann ging es schnell: Nach fünf Jahren als wissenschaftliche Mitarbeiterin übernahm sie 1993 mit noch nicht ganz dreißig Jahren die Institutsleitung und die Geschäftsführung der kidlit medien. „Das war ein Sprung ins kalte Wasser“, erinnert sich Haller. Nach 36 Jahren an der Spitze des Instituts verabschiedet sie sich diesen Herbst in den Ruhestand und übergibt die Leitung an Nachfolgerin Stefanie Schlögl.

„Was mir am meisten Freude macht, sind die Erfolge, die durch die Nachwuchsförderung passiert sind.“ Sie meint etwa den Dixi Kinderliteraturpreis, der heuer 25 Jahre alte wird, oder „Schreibzeit“, ein Förderprogramm für Autor:innen kinder- und jugendliterarischer Texte. „Sehr viele der preisgekrönten Nachwuchstalente haben unsere Förderprogramme oder Schreibseminare absolviert.“ Darunter Matthäus Bär, Michael Roher, Ella Kasper Verena Hochleitner und Katrin Steinberger. „Das gibt mir das Gefühl von Sinnhaftigkeit des Tuns. Ich habe in meinem Leben ein wahnsinniges Glück, etwas dazu beitragen zu können, dass Kinder

L. Axster: „Ich sage Hallo und dann NICHTS“ (Tyrolia) ISBN: 978-37022-4153-7

„Ich habe ein wahnsinniges Glück, etwas dazu beitragen zu können, dass Kinder gute Literatur lesen“

gute Literatur lesen, bei ihnen die Begeisterung fürs Lesen zu wecken.“

In den Schoß gefallen sei ihr die Tätigkeit aber nicht. „So eine Institution aufrechtzuerhalten, ständig neue Projekte zu entwickeln, hat mich die ein oder andere schlaflose Nacht gekostet.“ Themen wie die Sicherung der Arbeitsplätze aufgrund hoher Personalkosten und die finanzielle Sicherung oder große EU-Netzwerkprojekte waren anspruchsvoll. Welche Trends sieht sie in der Kinderliteratur? „Dass immer mehr im Bereich Unterhaltung publiziert wird und visuelles

H. Janisch/M. Rohrer: „Jaguar, Zebra, Nerz“ (Tyrolia) ISBN: 978-3-7022-3869-8

R. Welsh: „Dieda oder das fremde Kind“ (Obelisk) ISBN: 978-3-85197-899-5

Erzählen, etwa Graphic Novels, vermehrt Absatz findet, ist bekannt“, meint sie. „Ebenso wie ein Fokus auf serielles Erzählen bei den Verlagen.“ Zu Veränderungen im Leseverhalten gebe es keine validen Zahlen. „Meiner Meinung nach steht das Buch nicht in Konkurrenz zu anderen Medien. Es kommt darauf an, welche Rolle Literatur im Leben eines Menschen erfüllt. Es gibt Phasen, wo man durch die Lektüre einzelner Bücher große Aha-Erlebnisse erfährt, und andere, wo man mit Genuss abends Thriller und Krimis liest, weil man diesen eskapistischen Lesestil braucht.“

Für sie persönlich macht ein gutes Buch die Welt weiter. „Indem ich ein Buch lese, das mir durch eine Figur eine Weltsicht präsentiert, die sich vielleicht nicht mit meiner deckt, kann ich meine Perspektive verändern. Es ist so wichtig, nicht immer in der eigenen Suppe zu schwimmen.“ Für sie ist das etwa Doris Lessings „Das goldene Notizbuch“.

Verteufeln würde sie keine Lektüre. „Ich selbst habe als Teenie die schlimmsten Mainstream-Titel gelesen, mit Geschlechterstereotypen, bei denen einem die Haare zu Berge stehen.“ Jetzt ist es ihr wichtig, den Scheinwerfer auf Titel zu richten, die nicht überall besprochen werden.

Den neuen Lebensabschnitt lässt Haller auf sich zukommen. „Erstmals in meinem Leben habe ich keine Pläne. Ich werde abwarten, was passiert. Das ist ein völlig neues, lustiges und ungewohntes Gefühl von Freiheit.”

Zum Abschluss empfiehlt sie einige ihrer Lieblingsbücher.

C. Nöstlinger: „Glück ist was für Augenblicke“ (Residenz) ISBN: 978-3-7017-3303-3

R. Schöbitz: „Mach dir die Welt“ (Leykam) ISBN: 978-3-7011-8238-1

HVB -Mitglieder im Porträt –

Buchhandlung Wirthmiller Saalfelden

Alice Loske-Wirthmiller

Text: Adam Gregus

Die Buchhandlung ist ein Wohnzimmer für mich und meine Kund:innen. Sie war aber auch mein Kinderzimmer“, erzählt Alice Loske-Wirthmiller. Bücher bildeten immer schon einen festen Bestandteil ihres Lebens. Als Tochter eines Buchhändlers seit frühesten Jugendjahren belesen, änderte sich dies auch im Berufsleben nicht. „Der erste Besuch der Frankfurter Buchmesse war ein faszinierendes Erlebnis“, sagt sie. „Es hat sich wie ein Besuch im Wunderland angefühlt.“

2008 übernahm sie das Familiengeschäft und bereut diese Entscheidung bis heute nicht. Es sei der schönste Beruf, den sie sich vorstellen kann.

Die Saalfeldner Buchhandlung Wirthmiller wurde 2020 als Buchhandlung des Jahres ausgezeichnet. Unter anderem wegen der

regionalen Lage auf ein allgemeines Sortiment ausgerichtet, sind Kinderbücher eine Herzensangelegenheit der Buchhändlerin. „Es ist unglaublich wichtig, schon früh in Verbindung mit Geschichten zu kommen. Lesen ist nicht nur Bildung, sondern auch Freude“, meint sie.

Loske-Wirthmiller beobachtet eine Trendwende bei der jugendlichen Leserschaft. Noch vor ein paar Jahren sei die Jugend weniger am Lesen interessiert gewesen. Nun würden junge Leser:innen immer mehr von ansprechender Buchausstattung zum Lesen motiviert. Auch die sozialen Medien seien für den Buchmarkt hilfreich. Die Digitalisierung des Buchmarktes habe auch zu einer Vervielfältigung beigetragen. Viele lesen oft hybrid – zu Hause auf der Couch das gedruckte Buch, unterwegs digital.

„Die Buchhandlung ist ein Wohnzimmer für mich und meine Kund:innen“

Buchhandlung Wirthmiller

Lofererstraße 28, 5760 Saalfelden Mail: buch.wirthmiller@aon.at www.wirthmiller.at/

Allerdings dürfe man die Situation auf dem Buchmarkt nicht unkritisch betrachten. Die Branche habe viele Herausforderungen zu bewältigen, wie zum Beispiel die Teuerung in vielen Bereichen.

Alice Loske-Wirthmiller wurde vor Kurzem wieder in den HVB-Vorstand gewählt. Dessen Relevanz sieht sie vor allem in der Vertretung von Interessen des Buchhandels und Verlagswesens. Dies sei gerade für politische Forderungen von großer Bedeutung. Als wichtiges Thema nennt sie unter anderem die Senkung der Mehrwertsteuer. „Deshalb wird diese Interessensvertretung gebraucht.“ Bücher seien nicht nur ein wichtiges Mittel für Kulturtransfer und Bildung, sondern können mehr. Sie betont, dass die Buchbranche zwar klein, aber von großer Bedeutung sei.

– HVB -Mitglieder im Porträt –Wieser Verlag und Drava Verlag

Erika Hornbogner

Interview: Andrea Vanek

Erika Hornbogner hat die Leitung der Verlage Wieser und Drava übernommen – sie erklärt ihre neue Position.

Frau Hornbogner, wie sind Sie ins Verlagswesen gekommen?

Erika Hornbogner – Der Weg war lang. Ursprünglich habe ich technische Chemie in Wien studiert, musste aber aus familiären Gründen nach Klagenfurt zurückkehren. Dort half ich zunächst in der Landhausbuchhandlung aus und bin später zur Buchhandlung Heyn gewechselt. Diese Jobs waren nur als Überbrückung gedacht, doch dann habe ich immer mehr Freude in der Arbeit mit Büchern gefunden und die Ausbildung zur Buchhändlerin gemacht. Durch die Geburt meines Kindes musste ich mich nochmals neu orientieren – und habe sogar einen Buchhaltungskurs begonnen. Schrecklich! Die „Rettung“ kam 2014, als mir Lojze Wieser einen Job in seinem Verlag anbot. Die Arbeit bei Drava und Wieser war, wie man sich vorstellen kann, von Anfang an vielseitig, ziemlich anstrengend, hat mir aber immer viel Vergnügen bereitet.

Wird es in den Programmlinien der beiden Verlage Veränderungen geben?

Hornbogner – Der Schwerpunkt der Verlagsprogramme liegt auf südosteuropäischer Literatur und auf Übersetzungen in deutscher und slowenischer Sprache. Ob sich die Programmlinie ein wenig ändert, will ich noch offenlassen. Wir nehmen laufend neue Projekte in Angriff, es ist ein spannender Weg!

Wie wollen Sie Wieser und Drava positionieren?

Hornbogner – Zuallererst sind für mich die Gespräche mit möglichen Autor:innen immer wieder inspirierend. Und, wie ich weiß, für die Verlagsarbeit ebenso wichtig wie die Zusammenarbeit mit den Verlagskolleg:innen aus den Partnerländern. Dafür ist die Präsenz auf den verschiedenen Buchmessen gerade für kleinere Verlage aus der Provinz wesentlich: zum Netzwerken, und um sich beim Publikum bekannt zu machen. Ein Beispiel für eine geglückte Kommunikation war der Gastlandauftritt Kanadas in Frankfurt 2011. Dabei konnten wir die Übersetzungsrechte für Michel Jeans Romane erwerben und haben in diesem kanadischen Bestsellerautor einen Freund gewonnen. Das gehört zu den glücklichen Momenten eines Verlagslebens.

„Zum Netzwerken und um beim Publikum bekannt zu werden ist die Präsenz auf den Buchmessen gerade für kleinere Verlage aus der Provinz wesentlich“

Wie sehen Sie die aktuelle Lage der Buchbranche?

Hornbogner – Ich bin vorsichtig optimistisch. Die Verlage haben im gesamten deutschsprachigen Raum zu kämpfen, aber ich glaube, die Situation ist nicht ausweglos. Es tun sich immer wieder überraschende neue Felder auf, denken Sie nur an den Einfluss von Influencer:innen und Blogger:innen, die das Kaufverhalten prägen, und an den Erfolg der Sparte Young Adult. Das Schöne ist, dass damit junge Menschen wieder verstärkt für das Lesen begeistert werden. Das zeigt, dass wir uns ständig um neue Zielgruppen bemühen müssen. Dennoch sind Verlage auf öffentliche Unterstützung angewiesen.

Was lesen Sie in Ihrer Freizeit?

Hornbogner – Zu meinem Vergnügen und auch um über den Tellerrand hinauszuschauen nehme ich einmal im Monat an einem Lesezirkel teil. Da lerne ich Bücher kennen, auf die ich sonst nicht stoßen würde. Seit jeher lese ich außerdem gern amerikanische Autoren wie John Irving oder Paul Auster. Aber natürlich sind für mich die „eigenen“ Bücher die größte Freude.

Keine Scheu vor der Realität

Den Kinderpsychiater und Schriftsteller Paulus Hochgatterer fasziniert die menschliche Psyche ebenso wie das Schreiben. Auch will er dabei Imagination und Wirklichkeit nicht trennen

Der Autor und Kinder- und Jugendpsychiater Paulus Hochgatterer, 1961 in Amstetten geboren, studierte Medizin und Psychologie an der Universität Wien. Seit 2007 ist er Primar der Klinischen Abteilung für Kinder- und Jugendpsychiatrie im Universitätsklinikum Tulln. Hochgatterer lebt in Wien. Zuletzt erschienen „Katzen, Körper, Krieg der Knöpfe. Eine Poetik der Kindheit, Reden, Aufsätze, Vorlesungen. Essays“ (Deuticke 2012), die Erzählung „Der Tag, an dem mein Großvater ein Held war“ (Zsolnay 2017) und der Roman „Fliege fort, fliege fort“ (Zsolnay 2019). Sein 2008 im Schauspielhaus Graz uraufgeführtes Theaterstück „Böhm“ hatte kürzlich Berlin-Premiere am Deutschen Theater. Im Rahmen des Bruckner-Jahres findet am 9. Oktober im Linzer Posthof die Uraufführung von „Der schlafende Wal“ statt.

Herr Hochgatterer, was macht für Sie die Faszination der Kindheit aus?

Paulus Hochgatterer – Gewagt, einem Kinderpsychiater diese Frage zu stellen, und schwierig. Es lohnt, sich mit Kindern und Kindheit auseinanderzusetzen. Die faszinierendste Zeit sind das zweite und dritte Lebensjahr, wenn sich Kinder der Welt bemächtigen – sprachlich, motorisch, sozial. Die Kinder fangen an zu reden, zu gehen, außerhalb der dyadischen Beziehung zur Mutter oder der primären Bezugsperson mit anderen in Beziehung zu treten.

Das ist die Antwort des Kinderpsychiaters … Hochgatterer – Nein, das ist auch die Antwort des Schreibenden. Wenn ich ein bisschen aushole: Das Faszinierende an der Kindheit ist das Gefühl, dass alles sei neu, alles offen, jede Richtung möglich. Was natürlich auch eine Illusion ist. Ein Kind zu sehen, wie

„In einem Spital passieren Dinge, die mit Körpersäften und Organen zu tun haben, die einem ganz nah sind, wofür man aber kaum eine Sprache hat“

Paulus Hochgatterer

es zum ersten Mal geht, steht, sich umschaut und in der Lage ist, sich von der Mutter zu trennen und autonom eine Richtung zu wählen – dieses Bild hat mich auch als Schreibenden immer fasziniert.

Der vorsprachliche, quasi brabbelnde Zustand hat Avantgardeautoren inspiriert … Hochgatterer – Das hat mich nie interessiert. Es gibt einen tiefen, seltsamen und großartigen kleinen Text von Adalbert Stifter, „Der Weg nach Schwarzbach“, in dem er ein Kind beschreibt. Die Geburtssituation eines Kindes und die allerersten Lebensmonate. Dieser Text ist zugleich faszinierend und spekulativ. Mich interessiert die Zeit, die danach kommt, viel mehr.

Wann wurde Ihnen klar, dass Jugendliche zentrale Figuren Ihrer Bücher sein werden?

Hochgatterer – Eine Frage, die mir noch nie gestellt wurde. Wahrscheinlich bei meinem Debüt, von dem keiner mehr weiß. Meine erste Publikation hieß „Rückblickpunkte“ und entstand aus einem gewonnenen Literaturwettbewerb. Das war eine Adoleszenzgeschichte über einen Maturanten, über hundert Seiten lang.

Fließt Ihre Arbeitserfahrung als Kinderpsychiater in die schriftstellerische Arbeit ein?

Hochgatterer – Ich glaube, dass es diese Arbeitserfahrung nicht gegeben hätte, wenn mich Kinder und Jugendliche nicht immer schon interessiert hätten.

Das Verhältnis von Autor und Arzt ist sozusagen bipolar …

Hochgatterer – In diesem Sinn bin ich sicher bipolar. Es gibt Spiele, bei denen ein Gewicht von der einen Seite auf die andere Seite rollt,

Interview: Erich Klein
Fotos : Heribert Corn

„Das Buch als etwas, das die Welt öffnet, einen befreit und bereichert, ist auf mich übergesprungen“

AKTUELLE THEATERSTÜCKE VON PAULUS HOCHGATTERER

Böhm

Deutsches Theater Berlin. Regie: Nikolaus Habjan. Premiere: 21. 6. 2024

Der schlafende Wal

Uraufführung im Posthof Linz. Puppenspiel: Manuela Linshalm. Premiere: 9. 10. 2024

ein Hebel gezogen wird, und dann läuft die Kugel zurück. So ähnlich ist das auch bei mir. Es klingt vielleicht kokett, hat aber mit dem Gewicht des Leidens an der jeweils anderen Sache zu tun. Wenn ich genug an der Kinderpsychiatrie leide, entsteht das Gefühl, jetzt sollte ich wieder mehr schreiben. Umgekehrt ist es wahrscheinlich auch so. Es hat jedenfalls nichts mit der oft gestellten Frage nach einer Selbsttherapie zu tun. Wahrscheinlich ist es eine psychohygienisch-pragmatische Entscheidung.

Wie erfolgt die Weichenstellung zwischen Arzt und Autor?

Hochgatterer – Diese Weichenstellung war keine – oder für mich ganz einfach. Meine Mutter war das mittlere von neun Kindern, acht Töchter und ein Sohn, einer Mostviertler Bauernfamilie. Die erste, die maturiert hat. Für meine Mutter war Lesen, das Buch, das geschriebene Wort ein Medium der Befreiung. Wobei Befreiung nicht ganz stimmt, weil sie immer bewusst in diesem Soziotop verankert blieb. Eine Zeit lang hat sie als Redakteurin einer katholischen Wochenzeitschrift in Wien gearbeitet. Lesen und Schreiben war für sie zentral. Mein Vater war der Sohn eines kleinen Eisenbahners in der Nähe von Amstetten, der Lehrer werden durfte, weil seine Lehrerin gesagt hatte, der Bub sei gescheit, lasst ihn was werden. Seine Eltern haben seine Ausbildung unter großen Entbehrungen bezahlt, so wurde er Lehrer. Für mich gilt dasselbe: Lesen und Bücher waren das Medium der Befreiung aus dieser kleinen Gesellschaft.

Der Impuls ist also auf Sie übergesprungen. Hochgatterer – Das Buch als etwas, das die Welt öffnet, einen befreit und bereichert, ist auf mich übergesprungen. Das

„Wenn ich genug an der Kinderpsychiatrie leide, entsteht das Gefühl, jetzt sollte ich wieder mehr schreiben. Umgekehrt ist es wahrscheinlich auch so“

Paulus Hochgatterer

erinnere mich auch an die Lektüre von „Der Schakal“. Das Buch hat mich unglaublich fasziniert.

Die Deutschlehrer im Gymnasium waren wichtig?

Hochgatterer – Der Deutschlehrer im Gymnasium in Amstetten war insofern wichtig, weil ich mich bis heute an Dinge erinnere, über die andere üblicherweise jammern oder stöhnen: eine Lektüre von „Faust I“ über ein halbes Jahr lang und in unerbittlicher Genauigkeit. Ich habe damals verstanden, dass ich nicht alles verstehe, was in dem Stück steht, aber dass es ein ziemlich gutes Theaterstück ist. Leider sind wir im Literaturgeschichteunterricht nur bis zu Kafka gekommen. In der sogenannten Literaturpflege, einem Freifach, wurde erstmals Thomas Bernhard gelesen, ein Erweckungserlebnis.

Bernhard – nicht Handke?

Hochgatterer – Nein! Ich nicht Handke, ich Bernhard! (lacht) Das hat wahrscheinlich mit dem Affekt hinter der Sprache zu tun hat. Die Unerbittlichkeit in der Sprache, die ich bei Bernhard finde, finde ich bei Handke nicht.

Haben schreibende Ärzte wie Tschechow oder Gottfried Benn für Sie Bedeutung?

Hochgatterer – In Wahrheit – nein.

Auch Schnitzler nicht?

» habe alle Bände, die es in der Stadtbücherei Amstetten gab, gelesen.

wurde mir von meinen Eltern vermittelt. Lesen war zumindest genauso wichtig wie Essen und Trinken.

Sie schreiben, dass Sie dreiundfünfzig Bände Karl May gelesen haben …

Hochgatterer – Das war eine Konkurrenzgeschichte mit meinem Vater. Er erzählte gern die Geschichte, wie er in der kleinen Nebenerwerbslandwirtschaft am händischen Butterrührgerät stand und sich ein Lesepult baute, um Karl May zu lesen, während er Butter rührte. Wie viel Karl May mein Vater tatsächlich las, weiß ich nicht mehr. Ich aber

Was blieb sonst aus der Stadtbücherei in Erinnerung?

Hochgatterer – Ich las eine Zeit lang fast wahllos. Natürlich habe ich doch ausgewählt, zum Beispiel Science-Fiction-Romane. Da gab es Bücher über die sogenannte HohlweltTheorie, der zufolge wir uns im Inneren einer Kugel befinden. Wahrscheinlich hat auch das mit meinem Vater zu tun, der ganz fasziniert von den Perry-Rhodan-Heftchen erzählte, die er in seiner Jugend gelesen hatte. Ich

Hochgatterer – Schnitzler – nein. Weil es niemand sonst interessierte, habe ich im Schulunterricht einmal den „Leutnant Gustl“ vorgelesen. Meine allererste „Publikation“, unter Anführungszeichen, war eine Deutschschularbeit, die im Jahresbericht des Gymnasiums Amstetten abgedruckt wurde. Eine Schularbeit zum Thema „Arthur Schnitzler und das Fin de Siècle“, die ich in Hexametern verfasste. (lacht) Ich war damals siebzehn, und ein blöder Deutschlehrer hätte wahrscheinlich gesagt, das ist eine Themenverfehlung. Aber dieser Deutschlehrer fand das ziemlich super. Es gab also doch etwas zwischen Schnitzler und mir, aber „Professor Bernhardi“ hat mich nie interessiert.

Ein hoher Prozentsatz von Jugendlichen ist heute nicht imstande, sinnerfassend zu lesen. Wie reagieren Sie auf derartige Hiobsbotschaften?

Hochgatterer – Ich stelle die Gegenfrage: Was wäre herausgekommen, wenn man diese Untersuchung vor fünfzig Jahren gemacht hätte? Tendenziell können Jugendliche besser lesen als damals. Es verändert sich einfach viel, auch in den Kulturtechniken. Es ist ja

nicht so, dass die nicht mehr lesen können. Nimmt man das reine Wortvolumen, das Jugendliche beim Schreiben verwenden, dann ist das ungleich größer als vor zwanzig oder vierzig Jahren. Sie schreiben anders und mithilfe ihrer elektronischen Hilfsmittel. Aber es gibt eine Sprache, die gesprochen und benützt wird. Sie mag unserer Generation oft fremd sein, aber es gibt sie.

Haben Klassiker noch Relevanz und sollte man sie lesen?

Hochgatterer – Ja, man sollte sie lesen. Interessiert man sich für Architektur, sollte man bestimmte Gebäude gesehen haben. Genauso verhält es sich mit der Literatur, wenn man sich für Literatur interessiert oder wenn einem literarisch Geschriebenes nicht egal ist.

Wer war für Sie wichtig?

Hochgatterer – In meiner Sozialisation gab es Themen, die für mich wichtig waren und es auch geblieben sind. Zur Zeit der Matura habe ich mich, angeregt durch meine Eltern, mit Stifter beschäftigt. Wenn es hieß, „Stifters ,Nachsommer‘ schaffst du nie“, habe ich partout Stifter gelesen. Alles, was ich finden konnte.

Selbst „Witiko“?

Hochgatterer – Unter Mühen und Plagen selbst „Witiko“. Eine wirkliche Bußübung. „Nachsommer“, das muss ich leider sagen, habe ich gern gelesen. „Die Mappe meines Urgroßvaters“ sowieso. Mein Spezialgebiet bei der Matura war „Hagestolz“. Es ist nicht so, dass ich jetzt ständig Stifter lese, aber er ist mir nahe geblieben. Es gibt in seinem Schreiben etwas Unverwechselbares und Zwingendes, das mich noch immer fasziniert. Später gab es eine Doderer-Phase, die mit einer Taschenbuchausgabe von „Ein Mord, den jeder begeht“ begann. Es wurde dann aufgrund seiner Person zu einer distanzierteren Beziehung, aber „Die Merowinger“ ist eine Pflichtlektüre für einen Psychiater.

Sie haben mit Ihren eigenen Romanen den Arzt-Roman rehabilitiert. Hochgatterer – Ich habe nie einen ArztRoman gelesen. Mir fällt nicht einmal ein berühmter Arzt-Roman ein. Aber ich mag das Spital als Bühne, als einen Ort, an dem ich mich ohnehin gern aufhalte. Es verwundert allerdings, dass niemand darüber schreibt. Ich habe diesbezüglich nur eine Vermutung: Vor dem Physischen und dem, was im Spital stattfindet, macht die literarische Erzählung halt. Dort passieren Dinge, die mit Körpersäften und Organen zu tun haben, die einem

ganz nah sind, wofür man aber kaum eine Sprache hat. Und diejenigen, die eine Sprache hätten, schreiben nicht darüber. Ich finde das schade, weil in Spitälern passiert viel, worüber es sich zu schreiben lohnte.

In Ihren Büchern tauchen immer wieder Lyrik-Zitate auf. Lesen Sie Gedichte?

Hochgatterer – Ich habe zwar am Anfang schwärmerische Gedichte geschrieben, parallel zur Prosa oder vielleicht sogar davor. Das hat natürlich mit dem Deutschunterricht zu tun – ich habe das gelesen, was man als literaturaffiner österreichischer Jüngling las: Rilke, Trakl, George und Bachmann.

Und heute?

Hochgatterer – Kaum.

Was täten Sie, würde man Ihnen das Schreiben untersagen?

Hochgatterer – Wie könnte das passieren? Das ist eine sehr schwierige Frage, weil ich mir das gar nicht vorstellen kann. Von außen könnte man mir das Schreiben wahrscheinlich nicht untersagen, in irgendeiner Form würde ich das trotzdem zustande bringen. Würde mir die Fähigkeit zu schreiben von innen genommen, würde ich bemerken, dass ich dement werde – eine Tragödie für mich. Was ich dann täte, weiß ich nicht. Es wäre ein elementares Ereignis für mich.

Peter Bichsel meinte einmal, Erzählen erzählt immer vom abwesenden Leben … Hochgatterer – Ich kann mit dem Satz etwas anfangen, müsste aber erst nachdenken, weil ich noch nicht weiß, ob ich ihn für richtig halte. Wenn man den Prozess des Schreibens betrachtet, dann stimmt das. Die Position zur Wirklichkeit ist notwendigerweise eine, die sich außerhalb derselben befindet. Aber Schreiben hat mit dem zu tun, was wir als Realität bezeichnen. Die Trennung zwischen Imagination und der Möglichkeit, Dinge zur Sprache zu bringen oder in Sprache zu formen, und der Wirklichkeit halte ich für ein Artefakt. Das polare Konstrukt, Imagination auf der einen und Wirklichkeit auf der anderen Seite, funktioniert für mich nicht. Jetzt sage ich etwas Böses: Das ist vielleicht eine Konstruktion, mit der manche schriftstellerische Kollegen ihre Scheu, sich mit Realität zu konfrontieren, rechtfertigen. Mir fällt der großartige Roman „Ein anderes Leben“ von Per Olov Enquist ein, in dem er über sein Leben als Alkoholiker schreibt. Dort heißt es: Das Schreiben ist die einzige Situation, in der er keine Angst hat. Es gibt eine Berührung zwischen Realität und Imagination. »

Kontinent Kinderbuch

Karin Haller

Geschäftsführerin des Instituts für Jugendliteratur, www.jugendliteratur.at

Gute Reise

„Mehr kann darüber nicht gesagt werden.“ So schließt J.R.R. Tolkiens „Der Herr der Ringe“. Ein schöner Schluss, finde ich. Nun wird den letzten Sätzen ungerechterweise meist viel weniger Aufmerksamkeit zuteil als ihren Gegenspielern, den ersten Sätzen. Letzte Sätze müssen nicht mehr zum Weiterlesen verführen, nicht mehr neugierig machen. Aber eine wichtige Aufgabe haben sie genauso, man kann nicht einfach irgendwie aufhören – gilt es doch, das Erzählte nochmals zusammenzufügen, es abzuschließen. Oder, wie es der Autor Ulrich Raulff ausdrückt, „mit Anstand einen Abgang zu machen“. Ebendas möchte ich als Verfasserin dieser Kolumne nach fast sechs viel zu schnell vergangenen Jahren auch tun. Und dazu die letzten Worte aus „Ida, Chris und Emil im Zug“, Sarah Michael Orlovskys und Michael Rohers höchst empfehlenswerte HerbstNeuerscheinung bei Tyrolia, zitieren: „Wir verabschieden uns von unseren Fahrgästen und wünschen Ihnen einen schönen Aufenthalt und eine gute Weiterreise.“ Und mehr, als Ihnen, geschätzte Leserinnen und Leser, genau das zu wünschen, habe ich nicht zu sagen.

„Das Faszinierende an der Kindheit ist das Gefühl, dass alles sei neu, alles offen, jede Richtung möglich. Was natürlich auch eine Illusion ist“

Paulus Hochgatterer

Das eine ist ohne das andere nicht vorstellbar. Diese Berührungsfläche ist für mich das, wo Literatur entsteht.

öffentlichen Schulen und suchten deutsche Jungs für die „Napola“, die Nationalpolitische Lehranstalt im Dritten Reich, oder Mädels für die entsprechenden Mädchenschulen. Mein Vater und sein Zwillingsbruder waren gescheite, blonde Buben vom Land, aber mein Vater hatte an diesem Tag einen Abszess im Nacken und hielt den Kopf schief. Die sagten dann: „Der hält den Kopf so schief, den nehmen wir nicht. Den Bruder würden wir nehmen.“ Der Zwillingsbruder meines Vaters sagte: „Ohne meinen Zwillingsbruder gehe ich nicht.“ Mein Vater hat immer gesagt, er wisse nicht, was aus ihm geworden wäre, wenn er damals diesen Abszess nicht gehabt hätte. Er hat auch nie behauptet, dass er nie ein Nazi geworden wäre, er hat für diesen Moment, ohne ihn pathetisch aufzublasen, immer beide Möglichkeiten offengelassen. Auf solche Momente, da die Dinge auf Messer Schneide stehen, muss man hinschauen.

Im Theaterstück über den Dirigenten Karl Böhm haben Sie ein Lieblingsterrain Ihrer Interessen, die Musik, mit der NaziGeschichte überblendet. Warum?

ich mich mit Musik beschäftige und Opernliebhaber bin. Irgendwann haben wir auch über Karl Böhm gesprochen. Mein Vater hat die Einspielungen der Beethoven-Symphonien mit Böhm sehr gemocht, ich nie. Daraus entstand das Stück, das auch die Möglichkeit bot, mich mit der Person Karl Böhm eingehender auseinanderzusetzen. Das war dann faszinierender, als ich anfangs gedacht hatte.

Hat es Sie nicht geschmerzt, im Elysium der Musik die Nazis zu entdecken?

Hochgatterer – Es hätte mich geschmerzt, wenn es in mir eine Idealisierung von Karl Böhm gegeben hätte. Die war aber nur gebrochen in Gestalt der Idealisierung durch meinen Vater vorhanden. Das Letzte, was er noch vor seinem Tod gehört hat, war die „Pastorale“, Beethovens Sechste Symphonie, dirigiert von Böhm. Das hat er geliebt – ich kann es auch verstehen und gelten lassen. Es gibt zu Böhm viel idealisierende Forschung, in der es etwa heißt, er sei ein großer MozartDirigent gewesen. Ich halte ihn überhaupt nicht dafür! Aber wenn man Wagner mag, sein „Ring“ ist wirklich gut. Das ist die alte Frage: Kann man ein Verbrecher oder Arschloch sein und trotzdem ein guter Musiker? Ich glaube, ja. Das schmerzt, aber ich glaube, so ist es. Gott sei Dank gibt es nicht viele von denen, oder zumindest kenne ich sonst keinen, von dem man das sagen kann.

Noch eine Frage zur Kinderliteratur: Was halten Sie davon, dass jetzt eine OtfriedPreußler-Schule umbenannt wird?

In Ihrer Erzählung „Der Tag, an dem mein Großvater ein Held war“, die gegen Ende des Zweiten Weltkriegs spielt, lassen Sie für Ihre Figuren die Möglichkeit offen, dass alles immer auch anders geschehen könnte. Hochgatterer – Banal ausgedrückt war das Motiv hinter dieser Verzweigung, dem Guten in der Geschichte Legitimität zu verschaffen. Wir alle haben nicht nur das Bedürfnis, sondern auch das Recht, uns Geschichten gut zu Ende denken zu dürfen. Es geht aber um noch mehr. Neben der Legitimität des guten Endes wird auch gezeigt, dass es als Alternative zum Schrecken, mit dem man sich nicht konfrontieren möchte, auch etwas anderes gibt als die Verleugnung. Das funktioniert aber nur dann, wenn man das Schreckliche präsent hält. Die Variante mit dem guten Ende ist nur dann sinnvoll und legitim, wenn die Originalvariante mit dem schlechten Ende vorhanden bleibt. Daher diese zwei nebeneinandergestellten Varianten. Ich kann den Grund für diese Zweigleisigkeit benennen. Mein Vater war Jahrgang 1932, und während des Zweiten Weltkriegs zogen Beamte in die «

Hochgatterer – Ich hätte das nie geschrieben, wäre nicht der Regisseur Nikolaus Habjan auf mich zugekommen. Er wusste, dass

Hochgatterer – Diese ganze PC-Diskussion im Zusammenhang mit Kinderliteratur halte ich ganz schlecht aus. Auch im Zusammenhang mit Astrid Lindgren. Verkürzt ausgedrückt: Ich bin immer für den Originaltext. Wenn er einen Kommentar braucht, dann soll es einen geben. Aber bitte lasst den Text in Ruhe. Und Otfried Preußlers „Räuber Hotzenplotz“ war ein ganz wichtiges Buch meiner Kinder.

Sie haben schon längere Zeit keinen Roman mehr veröffentlicht. Woran arbeiten Sie gerade?

Hochgatterer – Ich habe auch aus pragmatischen Gründen mehr fürs Theater gemacht. Anfang Oktober hat im Rahmen des Bruckner-Jahr-Monstrums im Linzer Posthof mein Stück „Der schlafende Wal“ Premiere. Es ist ein kleines Stück mit Puppen, das Manuela Linshalm spielt. Und jetzt habe ich ein Stück über Max Reinhardt geschrieben, auch eine Auftragsarbeit, von der noch nicht klar ist, wann sie auf die Bühne kommt.

der Meere Die Landratte

Text: Erich Klein

Illustration: Katharina Klein

JOSEPH CONRAD: NOSTROMO

Joseph Conrad wurde 1857 als Józef Teodor Nałęcz Konrad Korzeniowski in der Familie eines polnischen Landadeligen und Schriftstellers in Berditschew (heute Ukraine) geboren. Der künftige große Schriftsteller der Meere und der Seefahrt wächst als „Landratte“ im russischen Wologda, in Tschernigow, Lemberg und Krakau auf. Mit siebzehn beschließt er, zur See zu gehen. Conrad bereist in seiner fast zwanzigjährigen Karriere als Seemann, die in Marseille als Matrose beginnt und als Kapitän von Segel- und Dampfschiffen endet, Kalkutta und Bangkok, Singapur, Sidney, Mauritius und Cape Town. Seine Erfahrungen als Kapitän eines Flussdampfers mit den Grausamkeiten des Elfenbeinhandels im Kongo verarbeitet Conrad, mittlerweile englischer Staatsbürger, in seiner berühmtesten Erzäh lung „Herz der Finsternis“ (1894). Seine bekanntesten Bücher wie „Almayers Wahn“ oder „Lord Jim“ galten lange Zeit als Abenteuerromane. Conrad wurde Rassismus vorgeworfen, heute gilt er als Klassiker, der den europäischen Kolonialismus kritisch thematisierte. Früher habe er keine Gedanken im Kopf gehabt. „Ich war eine Bestie“, schrieb der politisch konservative und weltanschaulich äußerst pessimistische Autor an einen Freund.

halbrunden Tempel ohne Dach, zum Ozean hin offen und eingerahmt von erhabenen Bergen, in denen die Wolken hingen wie Trauerflor.“

Der aus Italien stammende Nostromo ist Seemann. Eigentlich heißt er Giovanni Battista Fidanza, gilt als Prachtkerl und steht in Diensten des lokalen Leiters der Oceanic Steam Navigation Company, Kapitän Mitchell. Der verballhornte auch den Namen des Protagonisten zu Nostromo – „unser Mann“. Die politische Atmosphäre in Costaguana ist stürmisch. Mit Hilfe des Silberminenbesitzers Gould (englischer Herkunft, sei drei Generationen in Costaguana) wurde der frühere Diktator gestürzt und der liberale Präsident Ribiera installiert. Die Unruhen zwischen der weißen Oberschicht, den „Biancos“, und den als Sklaven gehaltenen Mestizen und Indios explodieren in Aufständen unter der Führung des Generals Montero. Den Auftrag, das im Bergwerk noch vorhandene Silber abzutransportieren, löst der unbestechliche Nostromo mit Bravour, eine unabhängige Republik Sulaco wird ausgerufen.

„Nichts, was ich je gelesen habe, hat mir so viel gegeben, wie mir jedes Buch von Conrad gegeben hat“ Ernest Hemingway

Sein anspruchsvollstes Buch ist der 1904 entstandene Roman „Nostromo“ über die fiktive südamerikanische Republik Costaguana mit ihrem zentralen Schauplatz Sulaco, einer kleinen Hafenstadt, vor der Handelsschiffe ob immer wieder auftretender gefährlicher Flaute in Bedrängnis kommen. „Die Stadt lag in einem gewaltigen

Das pralle Südamerika-Panorama enthält auch eine Liebesgeschichte, großartige Porträts distinguierter Ladys, eines misanthropischen Arztes und eines aufgeklärten Journalisten, der in Wahnsinn und Selbstmord endet, sowie zahlloser Immigranten, die noch immer über die in Europa gescheiterte Revolution von 1848 schwadronieren. Düsterer Befund über diese frühe Hochphase der Globalisierung: „Brüderlichkeit ist nichts anders als die Kain-Abel-Geschichte.“ Joseph Conrad starb vor einhundert Jahren, am 3. August 1924.

„Nostromo“ Aus dem Englischen von Julian Haefs und Gisbert Haefs Mit einem Nachwort von Robert Menasse ISBN: 978-3-7175-2573-8

– Gastkommentar –

Die Arbeit der FEP

So sprechen die Verlage Europas

Mit dem Österreichischen Verlegerverband ist der HVB Mitglied der FEP. Sie vertritt in Brüssel die Interessen europäischer Buchverlage bei europäischen Institutionen

Text: Anne Bergman-Tahon

Die Federation of European Publishers ist ein unabhängiger, nicht kommerzieller Dachverband. Sie vertritt 29 nationale Verleger:innen-Verbände aus 28 Ländern. Die 1967 gegründete FEP befasst sich mit der europäischen Gesetzgebung und setzt sich für die Rechte und Interessen europäischer Verleger:innen gegenüber den europäischen Institutionen ein. Ihr Sitz ist in Brüssel. Unsere Hauptaufgabe besteht darin, als kollektive Stimme der Verleger:innen zu fungieren. Dazu gehören vor allem Interessenvertretung und Lobbyarbeit. Unser breites Themenspektrum geht weit über das hinaus, was viele Menschen sich vorstellen: Neben Themen wie Urheberrecht, digitale Dienste, Steuern, Bildung und Kulturpolitik befassen wir uns auch mit Geoblocking, Spielzeugsicherheit, Produktsicherheit, Abholzung und vielem mehr. Wo angebracht, unterstützt die FEP ihre Mitglieder auch bei der Lobbyarbeit auf nationaler Ebene. Außerdem fördern wir den Informationsaustausch zwischen Verbänden und einzelnen Verleger:innen.

Wir vernetzen uns mit anderen relevanten Organisationen: Verleger:innen-Verbänden, Vertreter:innen von Schriftsteller:innen, Buchhändler:innen, Verwertungsgesellschaften und anderen Kulturindustrien. Die FEP sammelt statistische Informationen über den Buchsektor und erstellt Berichte über den europäischen Buchmarkt: Dadurch sollen der wirtschaftliche Wert der Verlage und ihr Beitrag zur kulturellen Vielfalt hervorgehoben und Auswirkungen politischer Maßnahmen gemessen werden.

In der Lobbyarbeit kann man sich der Ergebnisse nie sicher sein – egal, wie unermüdlich man sich bemüht. Schließlich muss man sehr viele Menschen von den eigenen Positionen überzeugen und steht dabei oft im Wettbewerb mit anderen Ansichten und Zielen. Aber die Arbeit für den Buchsektor gibt uns die Gewissheit, dass wir auf der guten Seite stehen: Das ist eine große Hilfe. Im Laufe der Jahre ist es gelungen, in vielen Situationen eine sehr positive Wirkung zu erzielen: Ein Beispiel ist die Kampagne,

„Die Arbeit für den Buchsektor gibt uns die Gewissheit, dass wir auf der guten Seite stehen“

die darauf abzielte, dass für digitale Bücher die gleichen ermäßigten Mehrwertsteuersätze gelten wie für gedruckte Bücher. Ein weiteres ist die Verteidigung der Rechte der Verleger:innen bei der letzten großen Urheberrechtsreform auf EU-Ebene vor einigen Jahren. Wir haben auch kleinere, aber wichtige Anpassungen von Vorschriften etwa in den Bereichen Spielzeug- und Produktsicherheit erreicht, die die Belastung von Buchverleger:innen verringern oder vermeiden.

Derzeit beschäftigt uns unter anderem die Umsetzung des Gesetzes über KI. Außerdem verhandeln wir die Verordnung über den Zahlungsverzug: eine enorme Bedrohung für unseren Sektor, für die wir eine sehr positive Position des Europäischen Parlaments erreicht haben. Weitere Themen sind die Verordnung über die Sicherheit von Spielzeug sowie die Vorbereitung des Inkrafttretens der Verordnung über die Abholzung von Wäldern und des europäischen Gesetzes über die Barrierefreiheit: zwei Rechtsakte mit hehren Zielen, die jedoch eine erhebliche Belastung für die Verleger:innen darstellen dürften.

All diese Erfolge sind nicht nur dem Engagement der vier Mitarbeiter:innen zu verdanken, sondern auch der Unterstützung der Verbände der Verleger:innen auf nationaler Ebene, die sich an ihre Regierungen und an ihre Vertretungen in Brüssel wenden.

Anne

BergmanTahon ist die Direktorin der FEP

Veranstaltungen August 2024

DONNERSTAG, 1. 8.

Lesen und Schmökern bis Einbruch der Dunkelheit: (Seepromenade Bregenz, Seepromenade , 6900 Bregenz, 9:00)

Anna Mitgutsch: „Unzustellbare Briefe“/Dominika Meindl: „Selbe Stadt, anderer Planet“ (Museums Quartier, Museumsplatz 1, 1070 Wien, 20:00)

FREITAG, 2. 8.

9x9 Alsergrund Erlesen. Finale Lesung der Preisträger:innen (Universitätscampus Altes AKH, Spitalgasse 2, 1090 Wien, 19:00)

SAMSTAG, 3. 8.

Yasmo & Mieze Medusa: „Mothers you’d like to flow with“ (Posthof Linz, Posthofstraße 43, 4020 Linz, 19:30)

SONNTAG, 4. 8.

Julya Rabinowich, Aliosha Biz: „Die Verwienerung“ (Wilhelmsdorfer Park, Deckergasse 3, 1120 Wien, 18:30)

MONTAG,5. 8.

Loriot und die Welt der Musik (Palais Liechtenstein, Fürstengasse 1, 1090 Wien, 19:30)

DIENSTAG, 6. 8.

Ein Leben für die Kunst (Gemeindeamt Obertraun, 4831 Obertraun, 18:00)

Erstes Wiener Lesetheater: „Blaue Stunde„ (Amerlinghaus, Stiftgasse 8, 1070 Wien, 19:00)

Stefanie Sargnagel: „Iowa“ (Theater im Park, PrinzEugen-Straße, Parkeingang gegenüber Plößlgasse, 1030 Wien, 19:30)

MITTWOCH, 7. 8.

Botho Strauß: „Saul“ (Salzburger Landestheater, Schwarzstraße 22, 5020 Salzburg, 19:30)

DONNERSTAG, 8. 8.

Mario Wurmitzer: „Monologe über die Antike und die Gegenwart“/Stefan Sommer: „Trabant“ (Großfeldsiedlung U1, Gitlbauergasse , 1210 Wien, 18:30)

FREITAG, 9. 8.

Morawa goes AniNite 2024. (Bruno-Kreisky-Platz 1, 1220 Wien, 10:00)

Wolfgang Kubin. Lesung und Gespräch (Café Museum, Operngasse 7, 1010 Wien, 19:00)

SAMSTAG, 10. 8.

Julia Jost, Rosemarie Pilz & Birgit Birnbacher: „Griaß eich’ aus der Normalität!“ (Hyblerpark, Fuchsröhrenstraße , 1110 Wien, 18:30)

SONNTAG, 11. 8.

Peter Filzmaier: „Olympia. Die Spiele als Bühne für Sport und Politik“ (Seminarparkhotel Hirschwang, Trautenberg-Straße 1, 2651 Reichenau a. d. Rax, 11:00) Michael Schottenberg: „Oberösterreich für Entdecker“ (Summerstage, Roßauer Lände , 1090 Wien, 20:00)

Eva Reisinger liest am 18. August aus „Männer töten“

Hier präsentieren wir eine Auswahl aktueller Buch-Events. Viele weitere finden Sie im HVB -Veranstaltungskalender! Er ist mit freundlicher Unterstützung des BMKÖS entstanden.

DIENSTAG, 13. 8.

„Orpheus sprengt die Grenzen“. Briefwechsel zwischen Rainer Maria Rilke, Marina Zwetajewa und Boris Pasternak (Mozarteum Salzburg, Schwarzstraße 28, 5020 Salzburg, 19:30)

DONNERSTAG, 15. 8.

Karl Kraus zum 150. Geburtstag: Petra Morzé: „Versuchsstation des Weltuntergangs“ (Südbahnhotel Semmering, Semmering , 2673 Semmering, 16:00)

Vladimir Vertlib: „Die Heimreise“/Max Oravin: „Toni & Toni“ (MQ, Museumsplatz 1, 1070 Wien, 20:00)

FREITAG, 16. 8.

DUM präsentiert: „Glasl.Weis.Heiten aus Niederösterreich“ (Weingut Schreibeis, Gaisberg Kellergasse 12, 3491 Straß im Straßertale, 19:00)

SONNTAG, 18. 8.

Max Simonischek & Jovana Raljic „Die Dame mit dem Hündchen“ (Seminarparkhotel Hirschwang, Trautenberg-Str. 1, 2651 Reichenau an der Rax, 11:00)

Eva Reisinger: „Männer töten“ (Summerstage, Roßauer Lände , 1090 Wien, 20:00)

MONTAG, 19. 8.

Ein literarisches Buffet (Weinhaus Sittl, Lerchenfelder Gürtel 51, 1160 Wien, 19:00)

DIENSTAG, 20. 8.

Afrikanische Geschichten – erzählt, getanzt und getrommelt (Donauinsel / Floridsdorfer Brücke, 1200 Wien, 14:30)

Josef Brainin: „Aus dem Schatten gemalt“ (Bluatschwitz Black Box, Sigmund-Freud-Straße 39, 8990 Bad Aussee, 19:30)

DONNERSTAG, 22. 8.

Jana Volkmann: „Der beste Tag seit langem“/Maë Schwinghammer: „Alles dazwischen, darüber hinaus“ (MuseumsQuartier, Museumsplatz 1, 1070 Wien, 20:00)

FREITAG, 23. 8.

Lyrik von Frauen, nicht nur für Frauen. Mit Susanne Altschul, Ines Kratzmüller, Dorit Oitzinge (Bluatschwitz Black Box, Sigmund-Freud-Straße 39, 8990 Bad Aussee, 19:30)

SAMSTAG, 24. 8.

Literaturreihe „Auf Du und Du mit der Natur“: Irmgard Kramer: „Wisperwasser“ (Würbel-Haus, Werdenbergerstraße 10, 6700 Bludenz, 14:00)

SONNTAG, 25. 8.

Alex Beer: „Felix Bloom. Der Schatten von Berlin“ (Summerstage, Roßauer Lände , 1090 Wien, 20:00)

MONTAG, 26. 8.

Bertha von Suttner: „Die Waffen nieder“ (Weinhaus Sittl, Lerchenfelder Gürtel 51, 1160 Wien, 19:00)

Tobias Moretti: „Am Anfang war nix“. Lesung mit Musik (Burg Golling, Markt 1, 5440 Golling an der Salzach, 20:00)

MITTWOCH, 28. 8.

„Ein Sommernachtstraum“. Musikalische Lesung. (Bibliothek im Zentrum Wr. Neustadt, Schlögelgasse 22–26, 2700 Wiener Neustadt, 19:00)

DONNERSTAG, 29. 8.

Valerie Fritsch: „Zitronen“, Florian Dietmaier: „Die Kompromisse" (ORF -Landesstudio Steiermark, Marburger Straße 20, 8042 Graz, 19:00)

FREITAG, 30. 8.

Stefanie Sargnagel: „Dicht – Aufzeichnungen einer Tagediebin“ (Schloss Wolkersdorf, Schlossplatz 2, 2120 Wolkersdorf im Weinviertel, 20:00)

SAMSTAG, 31. 8.

Julia Jost: „Wo der spitzeste Zahn der Karawanken in den Himmel hinauf fletscht (Container 25, Hattendorf 25, 9411 Wolfsberg, 19:00)

Julia Jost ist am 31. August im Container 25 zu Gast

Fulminanter Herbst

Unsere neuen Bücher wollen hoch hinaus.

Torben Kuhlmann Earhart

Der abenteuerliche Flug einer Wühlmaus um die Welt

ISBN : 978-3-314-10695-8

Daniel Fehr / Golden Cosmos Ich und der Zauberwürfel

ISBN : 978-3-314-10696-5

Peter Horn / Jessica Meserve Wozu ist ein Papa da?

ISBN : 978-3-314-10698-9

Alain Serres / Aurélia Fronty Ich habe das Recht, meinen Planeten zu schützen

ISBN : 978-3-314-10700-9

Dayeon Auh Ein Berg, ein Sturz, ein langes Leben

ISBN : 978-3-314-10683-5

Bernadette Post von Püppi

ISBN : 978-3-314-10697-2

www.nord-sued.com

Lisa Moroni Tine und Tupf erleben ein Winterabenteuer

ISBN : 978-3-314-10699-6

Ka zuo Iwamura Familie Maus bei der Ernte

ISBN : 978-3-314-10661-3

© 2024
NordSüd Verlag, Illustration von Torben Kuhlmann
Alain

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