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Biologie Die Welt der Mikroben und das Prinzip des Lebens
Von den Botschaften der Verzweiflung zu inno vativen Ideen und neuer Gemeinschaft
Klimawandel: Vier neue Bücher widmen sich der Erderhitzung und sprechen dabei auch ein jüngeres Publikum an
Island, auf einem Lavafeld, es riecht nach Schwefel. Die Pulitzer-Preisträgerin Elizabeth Kolbert ist hierher gekommen, um zu sehen, wie das Unternehmen Climeworks das Geld für ihr Abo verwendet. Für 1000 USDollar, so hat es versprochen, filtert es eine Tonne der Kohlenstoffemissionen seiner umweltbesorgten Abonnenten aus der Lu und verwandelt sie in unschädliches Gestein. Eine Managerin erklärt, wie es funktionieren soll: Im Kra werk Hellisheiði wird Gas eingefangen und hunderte Meter unter die Erde gepumpt, wo es mit dem Vulkangestein reagiert und mineralisiert.
Kolbert bekommt einen Bohrkern in die Hand gedrückt. Schwarzer Basalt mit weißen Einsprengseln: Calciumcarbonat. „Die weißen Ablagerungen entstammten vielleicht nicht meinen Emissionen, zumindest aber denen irgendeines Menschen“, schreibt sie. Aber ob das die Antwort auf unser Klimaproblem ist? Wie bei all den anderen Methoden, die die Autorin sich ansieht, plagen sie Zweifel. Wird die Technik hinterherkommen? Immerhin hat Kolbert allein mit dem Flug nach Reykjavik mehr als die Häl e des CO₂-Kontingents aufgebraucht, das Climeworks bis dato pro Jahr und Kunde zu Stein machen kann. Für „Wir Klimawandler“ hat Kolbert Forscher besucht, die verzweifelt versuchen, mit technischen Lösungen noch größeren Schaden von der Natur abzuwenden.
Alle vier ausgewählten Bücher haben unterschiedliche Zugänge: Die Bestsellerautorin Naomi Klein hat mit „How to Change Everything“ ein Sachbuch für junge Leser geschrieben, das zugleich ein Appell ist, selbst Aktivist zu werden. Eine von deren prominentesten Vertreterinnen, die deutsche Fridays-for-Future-Frontfrau Luisa Neubauer, hat mit Bernd Ulrich, dem Vize-Chefredakteur der Zeit, in vielen Gesprächen erkundet, wie es zum Klimanotstand kommen konnte und was sich daraus für unsere Art zu leben ableitet. Und der Umweltaktivist Rob Hopkins singt ein Hohelied auf die Vorstellungskra und die rapide Veränderung. Eines wird klar: Die Klimaliteratur entwickelt sich rasch weiter. Wo wir stehen, scheint geklärt. Nun geht es mehr und mehr um die konkreten Auswege und darum, wie wir vom Wissen ins Tun kommen.
Naomi Klein, bekannt geworden durch ihr kapitalismuskritisches
Luisa Neubauer, Bernd Ulrich: Noch haben wir die Wahl. Ein Gespräch über Freiheit, Ökologie und den Konflikt der Generationen. Tropen, 238 S., € 18,95 Elizabeth Kolbert: Wir Klimawandler. Wie der Mensch die Natur der Zukun erschafft. Suhrkamp, 240 S., € 25,70
Buch „No Logo!“, steigt mit einer eigenen Verlusterfahrung ein. Weil das Schnorcheln zu ihren glücklichsten Kindheitserinnerungen gehört, will sie das auch ihrem Sohn nahebringen und fährt mit ihm zum Great Barrier Reef. Der Vierjährige ist begeistert von den Korallen, Schildkröten und bunten Fischen. Was Klein ihm nicht zeigt: die großen Teile des Riffs, die schon tot sind oder im Sterben liegen. Es sei sowohl das aufregendste Naturschauspiel, schreibt sie, als auch „das Erschreckendste, was mir je unter die Augen gekommen war“.
Gemeinsam mit Rebecca Stefoff, die sich auf das Vermitteln von Wissenscha für ein junges Publikum spezialisiert hat, fasst Klein die wichtigsten Klimaerkenntnisse zusammen, zeigt, wie mit der Erfindung der Dampfmaschine alles begann, und verknüp die Erderwärmung mit Gerechtigkeitsfragen. So zeigt sie am Beispiel des Wirbelsturms Katrina, wie die ärmsten Bürger von New Orleans, großteils Afroamerikaner, sich selbst überlassen wurden. Erst die vorher kaputtgesparte Infrastruktur und die überwiegend weißen Sicherheitskräfte, die danach die obdachlos gewordenen Bürger wie Feinde behandelten, hätten aus Katrina diese Katastrophe gemacht.
Auch wenn das Buch sich an junge Leser richtet, werden die meisten Erwachsenen ebenfalls viel Spannendes darin entdecken. Mit starken Bildern und Reportagen etwa von den Standing-Rock-Sioux in North Dakota, die gegen eine Pipeline kämpfen, überzeugt Klein völlig. Ihren sich durch das ganze Buch ziehenden Aufruf, selbst Klimaaktivisten zu werden, hätte es da gar nicht mehr gebraucht.
Jungaktivistin trifft auf Boomer. Das ist das Konzept von Luisa Neubauer und Bernd Ulrich. Dank der Gesprächsform ist es kurzweilig zu lesen. „Ach really, kann ich kurz was einwerfen?“ – „Bitte doch, ist es was Witziges?“ Das Unerfreuliche sparen die beiden nicht aus. „Du mich auch – der Konflikt der Generationen“ heißt etwa ein Kapitel. In diesem schmunzelt die 25-Jährige, dass Ulrich wie so viele seiner Generation sich seinerzeit gegen Atomkra werke und für gesunde Wälder engagiert hat. Sie fragt sich, wie all die Ökobewegten jahrzehntelang schweigend dem Klimawandel zusehen konnten. Irgendwie habe er „den ökologischen Faden verloren“, räumt Ulrich ein: „Ich nenne es meine Volvo-Phase.“ Da habe er seinen sozialen Aufstieg „mit ziemlich viel Konsum ausstaffiert“: Auto, zu viel Kleidung, Fleischessen, Flugreisen. Inzwischen habe er zurückgebaut: „Autos immer kleiner, vegane Ernährung, ökologisch akzeptable Kleidung.“
O führen die Dialoge zu überraschenden Einsichten, etwa wenn Neubauer einräumt, sie, die Klimaaktivistin, habe mit 25 Jahren wohl bereits mehr CO₂ emittiert, als Ulrich dies im selben Alter getan hatte. Als Kind aus gutbürgerlichen Verhältnissen lebte auch Neubauer ressourcenintensiv. „Gelegenheit macht Diebe“ gilt eben auch fürs Klimasündigen. Aber wie sollen wir aus alledem wieder rauskommen? Mit Technologie!, rufen die einen. Was da alles ausprobiert wird, hat Elizabeth Kolbert recherchiert und dazu Forscher rund um den Globus besucht. Genauer gesagt: „Menschen, die Probleme zu lösen versuchen, die Menschen beim Versuch, Probleme zu lösen, geschaffen haben.“
2015 hat Kolbert für ihr Buch „Das sechste Sterben“ über den Verlust der Artenvielfalt den Pulitzer-Preis erhalten. Jetzt berichtet sie von elektrischen Fischbarrieren, künstlichen Höhlen und eben auch von Klimaforschern, die die davongaloppierenden Emissionen wieder einfangen oder deren Auswirkungen abmildern wollen. En passant erzählt Kolbert damit auch die Geschichte blinder Technikgläubigkeit: Der erste offizielle Bericht zur Erderwärmung ging 1965 an US-Präsident Lyndon B. Johnson. „Der Mensch führt gerade unwillentlich ein riesiges geophysisches Experiment durch“, hieß es darin.
Die Emissionen zu begrenzen zogen die Berichterstatter aber nicht in Erwägung. Bloß technische Methoden zur Klimakontrolle kamen ihnen in den Sinn. Jenes Verfahren, auf dem