Viennale 2024

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Nr. 41a/24

VIENNALE

Entgeltliche Beilage des Falter Verlags ALLE VERANSTALTUNGEN UND TERMINE

Neues aus Frankreich von Audiard, Carax, Dumont | Interviews mit Filmemacher Romuald Karmakar und Produzentin Christine Vachon | Das politische Kino des Colectivo Los Ingrávidos | Porträt Mo Harawe | Retrospektive Robert Kramer | Filme von Pedro Almodovár, Rithy Panh, Kurdwin Ayub, David Cronenberg | Filmlexikon & Programm von 17. bis 29.10.

Österreichische Post AG, WZ 02Z033405 W, Falter Zeitschri en GmbH, Marc-Aurel-Straße 9, 1011 Wien

„Peaches Goes Bananas“ (Regie: Marie Losier, B/F 2024), Foto: Viennale

Natur

Der Nachhaltigkeits -Podcast

Katharina Kropshofer nimmt Sie mit nach draußen.

Sie besucht Wälder, Museen und Labore, um die großen klima- und umweltpolitischen Fragen des Landes zu klären.

Und FALTER-Vogelwart Klaus Nüchtern präsentiert den Vogel der Woche.

Jeden Freitag neu auf falter.at/naturpodcast und überall dort, wo Sie Podcasts hören.

Mit freundlicher Unterstützung von

Vorwort

Der Eröffnungsfilm der 62. Viennale ist die klare Botscha , ein Kino zu feiern, das sich dessen bewusst ist, dass sowohl Diskurs als auch Form Widerstand ausdrücken: ein 42-minütiger filmischer Essay, pointiert und präzise, der auch vielfältige Möglichkeiten der Vertiefung bietet; ein Werk des großen französischen Filmemachers Leos Carax, der seine Karriere zurückverfolgt, aber auch seiner Erinnerung an Kino, Geschichte und Bilder nachgeht – im kritischsten und politischsten Sinne der Filmkunst. Die Musik im Zusammenspiel mit seiner Stimme und seinen Bildern trifft klare Aussagen über die Entwicklung der westlichen Welt, vom Nationalsozialismus bis zum Aufstieg der extremen Rechten im heutigen Europa; und über die degenerative Kra unserer Kultur der Bombardierung mit Bildern. Ein Film, der angesichts des Ergebnisses bei der Nationalratswahl zweifellos bitter nötig ist. Aber wir müssen uns auch fragen, wie wir reagieren sollen. Der Film ist nur ein Aufschrei, der vielleicht die Gemüter wachrüttelt, aber er reicht nicht aus. Mit „C’est pas moi“ als Startpunkt setzt sich das gesamte Programm mit dem Erbe unserer westlichen Geschichte und Kultur auseinander, durch zahlreiche Anspielungen und Verweise zwischen den Filmen bis hin zum Abschlussfilm.

EVA SANGIORGI

DIREKTORIN VIENNALE

Impressum

Hilde, Henry und Helene

Nazi-Gegner, Emigrantin und ein guter Amerikaner: Drei Empfehlungen aus den 220 Filmen bei der Viennale 5

Die Zeit ist nahe

Neues aus Frankreich: Bei Audiard, Carax, Dumont & Co gerät die vierte Dimension aus den Fugen 6

Der Meister der Intuition

Ein Porträt des Regisseurs Mo Harawe, der mit „The Village Next to Paradise“ sein Langfilmdebüt vorlegt 8

„Ruckzuck bist du in einer anderen Welt“

Romuald Karmakar im Gespräch über seinen epischen Dokumentarfilm „Der unsichtbare Zoo“ 10

Einsichten zum menschlichen Verwesen

Ein filmischer Grabstein: David Cronenbergs „The Shrouds“ zeigt sich nackt und trocken bis auf die Knochen 12

In der Propagandafalle

Rithy Panh stellt sich mit „Rendez-vous avec Pol Pot“ erneut dem Grauen in seiner Heimat 13 „Mir war ständig bewusst, dass ich eine Anomalie war“

Christine Vachon, legendäre Produzentin von Todd Haynes & Co, im Gespräch über eine sich verändernde Branche 14

Timetable

Alle Filme auf einen Blick: Der Falter-Plan zur Viennale ’24 16

Bilder der Subversion – Subversion der Bilder

Drei Programme geben Einblick in die vielfältige Werkbiografie des mexikanischen Colectivo Los Ingrávidos 19

Hinaus (oder hinein) ins O ff ene

Von der Arbeit im Kollektiv zum Solitär: Gedanken zum Werk des „transatlantischen“ Filmemachers Robert Kramer 20

Lexikon

Empfehlungen der Redaktion und Kurzbeschreibungen aller Filme der Viennale ’24 22

Lektorat: Helmut Gutbrunner, Daniel Jokesch; Geschä sführung: Siegmar Schlager; Leitung Sales: Ramona

und

Marion

Druck: Passauer Neue Presse Druck GmbH, 94036 Passau; DVR: 047 69 86. In Kooperation mit der Viennale. Alle Rechte, auch die der Übernahme von Beiträgen nach § 44 Abs. 1 und 2 Urheberrechtsgesetz, vorbehalten. Die Offenlegung gemäß § 25 Mediengesetz ist unter www.falter.at/offenlegung/falter ständig abru ar.

Ticketinformationen

Ticketverkauf

ab

12. Oktober 2024, 10 Uhr

TICKETVERKAUF

Tickets können an den Viennale Kassen, online oder per Telefon gekauft werden:

VORVERKAUFSSTELLE GARTENBAUKINO

(Barzahlung, Bankomat oder Kreditkarte)

12. bis 16. Oktober, täglich 10 bis 20 Uhr (17. Oktober, 10 bis 16 Uhr) Bei großem Andrang werden am 12. Oktober 2024 Wartenummern ausgegeben.

TICKETS ONLINE – VIENNALE.AT

12. bis 29. Oktober

(Bezahlung per Online-Banking, PayPal, Kreditkarte) Zum Normalpreis online gekaufte Tickets können als Print-at-home-Tickets ausgedruckt oder am Display Ihres Smartphones beim Einlass in den Kinosaal vorgewiesen werden.

Ermäßigte Tickets können online gekauft werden, müssen jedoch an der Vorverkaufsstelle Gartenbaukino oder in den Festivalkinos gegen Vorweis des Ermäßigungsnachweises abgeholt werden.

TICKETS PER TELEFON

12. bis 29. Oktober, täglich 10 bis 20 Uhr (Bezahlung nur per Kreditkarte)

01/526 594 769

Per Telefon gekaufte Tickets sind an der Vorverkaufsstelle Gartenbaukino oder in den Festivalkinos abzuholen.

ABHOLUNG ONLINE ODER PER TELEFON GEKAUFTER TICKETS

Ab 30 Minuten vor Beginn einer Vorstellung sind ausschließlich Tickets für diese Vorstellung erhältlich.

TICKETVERKAUF IN DEN FESTIVALKINOS

17. bis 29. Oktober

Geö net ab einer Stunde vor Beginn der ersten bis zum Beginn der letzten Vorstellung (Barzahlung, Bankomat oder Kreditkarte)

Gartenbaukino

Stadtkino im Künstlerhaus Urania

Österreichisches Filmmuseum

Metro Kinokulturhaus

Ab 30 Minuten vor Beginn einer Vorstellung sind ausschließlich Tickets für diese Vorstellung erhältlich.

TICKETVERKAUF FÜR DIE RETROSPEKTIVE

Ab 12. Oktober sind Tickets für die während der Viennale gezeigten Filme (18. bis 29. Oktober) an allen Viennale Kassen sowie online und telefonisch erhältlich. Es gelten die Preise der Viennale. Für Mitglieder des Filmmuseums gelten die Preise des Filmmuseums (nicht bei Onlinekauf).

RESTTICKETS BEI AUSVERKAUFTEN FILMEN

30 Minuten vor Vorstellungsbeginn werden Wartenummern für Resttickets ausgegeben.

ZUGEWIESENE SITZPLÄTZE

Für alle Vorstellungen werden ausschließlich zugewiesene Sitzplätze vergeben.

TICKETPREISE

Einzelticket € 10,50

Ab 10 Tickets € 10,—pro Ticket

Ab 20 Tickets € 9,30 pro Ticket

ERMÄSSIGUNGEN

erhältlich mit entsprechendem Nachweis

Einzelticket € 10,—

Ab 10 Tickets € 9,50 pro Ticket

Ab 20 Tickets € 8,80 pro Ticket

KEIN NACHEINLASS NACH VORSTELLUNGSBEGINN

VERMEHRT SCHÖNES! TICKET € 7,50

Dank unseres Hauptsponsors Erste Bank erhalten Student:innen, Schüler:innen, Lehrlinge, Präsenzund Zivildiener unter 27 Jahren sowie Pensio-

nist:innen – gegen Vorweis des entsprechenden Ausweises – für alle Vorführungen vor 17.30 Uhr ermäßigte Tickets um € 7,50 (ab einer Stunde vor Vorstellungsbeginn an der jeweiligen Kinokassa). Sollten für eine Vorstellung nur noch Resttickets vorhanden sein, sind diese ebenfalls zum ermäßigten Preis erhältlich.

VIENNALE MERCHANDISING

Publikationen und Artikel des Festivals sind an der Vorverkaufsstelle Gartenbaukino, in den Kinos sowie online erhältlich:

Festivalkatalog € 10

Textur #7 – Roberto Minervini € 12

V’24-Plakat (A1) € 3

Plakat Retrospektive (A1) € 3

62nd VIENNA

INTERNATIONAL FILM FESTIVAL

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Hilde, Henry und Helene

Nazi-Gegner, Emigrantin und ein guter Amerikaner: Drei erste Empfehlungen aus den 220 Filmen bei der Viennale

VORSPANN: MICHAEL OMASTA

Unsre allzu kurzen Sommer! Als sie 1940 das erste Mal zusammentreffen, ist die Welt von Hilde und Hans noch in Ordnung. Sie sind verliebt, links, mutig; engagieren sich mit Freunden im Kampf gegen das Hitler-Regime, versuchen Nachrichten an den kommunistischen Widerstand zu funken. Im Herbst 1942 fliegt der Berliner Freundeskreis, „Rote Kapelle“ genannt, auf. Auch das junge Ehepaar wird verhaftet. Hilde bringt im Gefängnis ihren Sohn Hans jr. zur Welt. Wenige Wochen später wird sie zum Tode verurteilt und im Juni 1943 in Plötzensee hingerichtet.

„In Liebe, Eure Hilde“, ein historisches Biopic von Andreas Dresen, erzählt die letzten Monate im Leben von Hilde und Hans Coppi weniger aus politischer denn privater Perspektive. Dramaturgisch ist das perfekt gemacht, die Ha szenen werden durch Rückblenden aufgebrochen: Die Liebe kann das Paar nicht retten, aber sie bewahrt es davor, gebrochen zu werden. Allerdings ist hier auch viel Routine am Werk, die Gestaltung mitunter schematisch. Auch deshalb ist die interessanteste Figur des ganzen Films paradoxerweise eine von Lisa Wagner gespielte Gefängnisaufseherin, deren professionelle Gleichgültigkeit mit der Zeit leise zu bröckeln scheint.

Faszination und Begeisterung von Alexander Horwath für den US-Schauspieler Henry Fonda sind hochansteckend, sie übertragen sich eins zu eins auf den Zuschauer. In seinem sehr persönlich vorgetragenen Dokumentaressay „Henry Fonda for President“ lotet der ehemalige Falter-Autor, Viennale- und Filmmuseumsdirektor die lang zurückreichende Geschichte der Familie Fonda ebenso aus wie die kulturelle Wirkkra des bekannt liberalen Hollywoodstars. Eine von mehreren fantastischen Trouvaillen ist ein Oral-History-Interview, das Fonda wenige Monate vor seinem Tod 1981 gab, in dem er nicht nur seinen gerade ins Weiße Haus gezogenen Exkollegen Reagan scharf kritisiert, sondern sich auch extrem reflektiert und selbstkritisch zeigt. Das und eine ganze Reihe von Filmen, in denen Fonda reale oder fiktive Präsidenten spielte („Young Mr. Lincoln“ et al.), lassen ihn als Repräsentanten eines „anderen“ Amerikas und Antagonisten all jener rechten Demagogen erscheinen, deren Tun auch heute wieder die älteste Demokratie der Welt in ihren Grundfesten erschüttert.

Eine unheilvolle Präsenz ist Helene Thimig in „Strangers in the Night“, einem 56-Minuten-B-Film-noir von Anthony Mann. Thimig, die Witwe Max Reinhardts, ist darin in ihrer einzigen Hauptrolle in Hollywood zu sehen. 1944, ein Jahr nach dem Tod des großen Theaterzampanos, spielt sie Hilda Blake, eine seelisch versehrte Frau, die von ihrer Tochter wie besessen ist. Ein GI, der aus dem Krieg heimkommt und diese, seine ihm unbekannte Brieffreundin, kennenlernen möchte, wird von Hilda fast adoptiert und Opfer ihres au lühenden Wahns. Der Film läu anlässlich des 50. Todestags von Helene Thimig in der FilmarchivHommage „Out of the Spotlight“. Ja, genau, hinein ins Dunkel des Kinos! F

Liebe, Nazis, Widerstand: Johannes Hegemann und Liv Lisa Fries als Hans und Hilde Coppi im Drama „In Liebe, Eure Hilde“
Im grandiosen Film noir „Strangers in the Night“ von 1944 spielt Helene Thimig ihre einzige Hauptrolle im Hollywoodexil
Alexander Horwaths Essay „Henry Fonda for President“ sieht

Das Matratzen-Domino wird es gewiss nie zur olympischen Disziplin bringen. Aber für eine Weile hielt der Gemeinscha ssport die Juroren des Guinness-Buches mächtig in Atem. Ein erster Rekordversuch in Thüringen dauerte acht Minuten, in denen sich 790 Freiwillige auf Matratzen fallen ließen. In New Orleans waren es kurz darauf schon 850, was China bald mit 1001 Beteiligten überbot. Seit 2012 scheint eine Kleinstadt in Hessen den Rekord mit 1150 Teilnehmern zu halten.

Bei diesem Freizeitvergnügen fällt man in der Regel zwar weich, muss sich aber auf seine Mitspieler verlassen können. Die Protagonistinnen von Guillaume Bracs Dokumentarfilm „Ce n’est qu’un revoir“ haben einen Heidenspaß daran. Im engen Flur ihres Wohnheims werden die Internatsschülerinnen keine Rekorde brechen, aber sie genießen ihren Zusammenhalt in vollen Zügen. Wer weiß, ob sie je wieder einen so tollen Unfug veranstalten werden? Denn in drei Wochen geht das Schuljahr zu Ende und werden sich ihre Lebenswege unwiderruflich trennen.

Jeder Moment ist kostbar in Bracs Film. Achtsam hört der Regisseur seinen Protagonistinnen (ein Junge mit imposanten Dreadlocks ist mit von der Partie) zu, wie sie Protest einlegen gegen die Endlichkeit. Die Zeit ist das schönste Geschenk, sagt eine von ihnen, denn sie kehrt niemals zurück. Eine tiefe, aber agile Wehmut liegt über dieser Frist vor dem Abschied, der ihnen als das Ende der Geborgenheit erscheint. Insgeheim sind Bracs Impressionen jedoch eine Wette auf die Zukun . Im Internat wurde eine Kameradscha eingeübt, die später tragfähig sein kann. Junge Liebe spielt hier überraschenderweise keine Rolle, der gemeinscha liche Wissenserwerb ist Abenteuer genug. Die Klasse nimmt aufgeweckt teil an den Problemen der Gegenwart, engagiert sich im Umweltschutz, dessen Notwendigkeit sie allein schon die Idylle der Vorderalpen lehrt, in der sie aufs Leben vorbereitet wird. Brac fängt die Jugend gleichsam im Flug ein, um sie dann wieder freizugeben.

Auch „Eat the Night“ des Regiegespanns Caroline Poggi und Jonathan Vinel handelt vom Abschiednehmen. Den Zeithorizont gibt hier das Abschalten eines Videogames vor, das für die Geschwister Apolline und Pablo bisher ihr Zuhause war. Poggi & Vinel erzählen dies als einen Count-

Die Zeit ist nahe

Bei den französischen Beiträgen gerät die vierte Dimension aus den Fugen: Die neuen Filme von Audiard, Carax, Dumont & Co

PANORAMA: GERHARD MIDDING

down, in dem Vertrautes erlischt und wenig Aussicht auf Au ruch besteht. Dem Film eignet eine Poesie, die aufbegehrt gegen das Verschwinden. Der Kleindealer Pablo verliebt sich in den Supermarktangestellten Night, den er rasch zu seinem Komplizen macht und in die Fehde mit mächtigen Rivalen verstrickt. Ein Stafettenlauf zwischen Realität und Spiel beginnt, in dem sich die Avatare visuell den Charakteren angleichen. Im Gegenzug nimmt das naturalistisch gefilmte Le Havre allmählich dystopische Züge an.

Den vergnügten Nihilisten Bruno Dumont hingegen schreckt der Ausblick

auf das Weltende wenig. Mit „L’Empire“ hat er seinen ersten Science-Fiction-Film gedreht. Sichtlich mit Spaß an ulkigen Spezialeffekten und philosophischen Kurzschlüssen imaginiert er eine Alien-Invasion in Nordfrankreich, bei deren Gelingen die Erde von der jämmerlichen Menschheit erlöst werden soll.

Eine Vorhut der Außerirdischen hat bereits deren Gestalt angenommen, während deren Anführer sich in ihren kathedralartigen Raumschiffen in kultureller Aneignung (Jazz und Rokoko gehen da eine flotte Allianz ein) üben. Allerdings sind die Invasoren in feindliche Lager gespalten, die Guten (die

Einsen) und die Bösen (die Nullen). Der binäre Sternenkrieg gerät empfindlich ins Trudeln, als die Vorhut die Fleischeslust entdeckt. Dumont kehrt in „L’Empire“ passagenweise zu seiner schwarzhumorigen Phase zurück (die unnützen Gendarmen aus „P’tit Quinquin“ sind auch diesmal ratlos), wobei ihm die Schwärze mehr liegt. Alain Guiraudie, der mit „Miséricorde“ einen ähnlich beherzten Genremix vorlegt, dür e die Lacher eher auf seiner Seite haben.

Wer von der diesjährigen Auswahl französischer Filme unmittelbare und erschöpfende Kommentare zu aktuellen Krisen erwartet, wird sich mit at-

Pierre Creton setzt seine botanische Phase fort: „7 promenades avec Mark Brown“
Game over? Apolline und Pablo in „Eat the Night“ von Poggi & Vinel

mosphärischen Antworten zufriedengeben müssen. Immerhin treten die Schimären der politischen Gegenwart in Leos Carax’ „C’est pas moi“ kurz auf den Plan. Allerdings kommt bei ihm so ziemlich alles vor, was sich in der Zeit- und Filmgeschichte der vergangenen 130 Jahre ereignet hat.

Carax reist mit schwerem Gepäck durch sie. Jede der 42 Minuten seines rauschhaften Montagefilms birst vor Ideen, Entdeckungen, Fragen und Assoziationen. Der unverwüstliche Dandy des französischen Kinos legt sich Rechenscha ab, welche Spuren das Bildergedächtnis der Moderne in seinem eigenen

Werk hinterlassen hat. Vom verbrühten Gesicht Gloria Grahames in „The Big Heat“ zum Augenverband Juliette Binoches in „Die Liebenden von PontNeuf“ ist es nur ein Wimpernschlag. Die berühmten Einäugigen Hollywoods (die Regisseure Ford, Lang, Walsh) sekundieren dabei. Während bei Dumont die Zeit nahe war, gerät sie bei Carax aus den Fugen.

Seiner Eile setzt Pierre Creton eine fulminante Entschleunigung entgegen. In „7 promenades avec Mark Brown“ blickt er geduldig auf die unentdeckte florale Vielfalt am Wegesrand. Der titelsti ende Paläo-Botaniker denkt in ganz eigenen Zeitdimensionen. Eine

Eine blitzartige Zeitreise als Viennale-Erö ff nung: „C’est pas moi“ von Leos Carax, im Bild seine Tochter Nastya Golubeva Carax

Die Spieltermine der einzelnen Filme entnehmen Sie bi e dem Programmteil

anschließt, der Browns staunenswerte Entdeckungen im Detail erfasst. Jedoch weiß die Viennale auch ehrwürdig konventionelles Autorenkino à la française aufzubieten. „La Prisonnière de Bordeaux“ setzt dem Programm ein diskretes Glanzlicht auf. Patricia Mazuy erzählt von der unmöglichen, aber dank des Drehbuchs und der Besetzung (Isabelle Huppert, Hafsia Herzi) plausiblen Freundscha zwischen zwei Frauen aus gegensätzlichen Gesellscha sschichten. Der Tagesablauf der Heldinnen wird bestimmt von den Besuchen bei ihren Männern, die in Ha sitzen. Der Tag von Mina ist prall gefüllt, die Angestellte einer chemischen Reinigung muss sich um ihre Kinder kümmern und sich eines argwöhnischen Komplizen ihres Mannes erwehren. Alma fristet hingegen ein ansonsten sorgenfreies, großbürgerliches Leben. Ein Verrat der Freundscha scheint unausweichlich, aber er könnte beide innerlich befreien. Die Gefängnisbesuche müssten eigentlich intensive Zeitinseln sein, aber für die Männer interessiert die Regisseurin sich kaum.

junge Pflanze ist in seinen Augen eine, die gerade einmal 300 Millionen Jahre alt ist. Bei den älteren kommen 100 Millionen hinzu. Gleichviel, ob es sich um heimische oder invasive Arten handelt, zu jeder weiß Brown eine Geschichte zu erzählen. Creton lauscht seinen Erläuterungen fasziniert.

Nachhaltigkeit ist gleichsam ein Stilprinzip des Films, denn er enthält zwei zum Preis von einem: Im ersten Teil filmt der Regisseur die Dreharbeiten der sieben kundigen Spaziergänge durch die Normandie, gewissermaßen ein munteres Making-of, an das sich sodann der konzentrierte Kamerablick

„Emila Pérez“ schließlich arbeitet beherzt an der Abschaffung des Patriarchats. Das Motiv der Verwandlung, das in „L’Empire“ und „Eat the Night“ mit Sehnsucht aufgeladen ist, kulminiert in Jacques Audiards zehnter Regiearbeit, einem waschechten Musical, das im Milieu mexikanischer Drogenkartelle angesiedelt ist und von einer tollkühnen Geschlechtsangleichung handelt.

Die formidable Katia Sofia Gascón, eine Transperson aus Madrid, ragt in einem Ensemble heraus, das mit hochkarätigen US-Stars (Zoe Saldana, Selena Gomez) glänzt. Viel mehr soll nicht verraten werden, nur so viel: Audiard macht, was er am besten kann – das Unerwartete. F

Gerhard Midding, freier Filmkritiker und Übersetzer in Berlin, schreibt u.a. für epd-Film, die Berliner Zeitung, Die Welt und den Falter

Jacques Audiard schlägt mit „Emilia Pérez“ ganz neue Töne an
Die Invasion hält inne: „L’Empire“ von Bruno Dumont

Der Meister

der Intuition

Vater und Sohn schlagen sich durch: Mamargade (Ahmed Ali Farah) und Cigaal (Ahmed Mohamud Saleban)

»Somalia hat das Potenzial, ein Paradies zu sein. Aufgrund all der vorhandenen Probleme ist es aber nicht so weit. Darauf bezieht sich der Titel meines Films

Der somalisch-österreichische Regisseur Mo Harawe legt mit „The Village Next to Paradise“ ein beeindruckendes Langfilmdebüt vor

FEATURE:

SABINA ZEITHAMMER

Der kleine Cigaal trägt ein Gesicht über dem Gesicht: Aus einer Kartonverpackung sind Löcher für Augen und Mund herausgeschnitten. Früher passte diese Maske wohl über seinen Kopf, nun sitzt sie auf der Stirn des Achtjährigen wie ein hoher Zylinder.

Solcherart geschmückt sieht der Bub fern, als sein Vater heimkommt. Wie es in der Schule war, möchte Mamargade wissen. Es sei wieder kein Lehrer da gewesen, antwortet Cigaal. Aber die Klasse hätte geübt, wie man sich vor Drohnenangriffen schützt.

Letztere begleiten den Alltag im somalischen Dorf Paradise Village ständig. Es sind US-amerikanische Drohnen im Kampf gegen die islamistische Terrorgruppe alShabaab, die hier ihr Unwesen treibt. Für Menschen wie Mamargade und Cigaal, die mit keiner der beiden Seiten etwas zu tun haben, sind sie eine tödliche Gefahr, bedrohliche Augen über ihren Köpfen.

„Ich wurde o gefragt: Woher kommst du?“, erzählt Mo Harawe, somalisch-österreichischer Drehbuchautor und Regisseur, im Interview über sein Drama „The Village Next to Paradise“. „Wenn ich sagte, dass ich in Somalia aufgewachsen bin, kam immer die Frage: Wie kann man in einem Land in die Schule gehen, wo das System nicht funktioniert, in einem Failed State?“

So sei die Idee gewachsen, auf der das Langfilmdebüt des 32-Jährigen, der mit knapp 18 Jahren aus seiner Heimat nach Österreich geflüchtet ist, basiert: Eine Geschichte über Somalia zu schreiben, in der die Menschen gegenüber den üblicherweise

Mo Harawe, geboren 1992 in Mogadischu, kam 2009 nach Österreich. Er ist Drehbuchautor und Regisseur und lebt in Wien

in den Medien behandelten Problemen des Landes, sei es Terrorismus, Piraterie, Umweltverschmutzung oder wirtscha licher Ruin, in den Vordergrund treten.

Wie in seinem preisgekrönten Kurzfilm „Will My Parents Come to See Me?“ (2022), der vom Schicksal eines somalischen Hälings handelt, deutet Harawe die komplexen (sozial-)politischen Hintergründe nur an und konzentriert sich ganz auf die zwischenmenschlichen Beziehungen.

„The Village Next to Paradise“ rankt sich an den Familienbanden einer kleinen Patchworkgemeinscha entlang: Im kargen Haus von Alleinerzieher Mamargade wohnt seit kurzem auch dessen Schwester, Araweelo (Anab Ahmed Ibrahim). Sie ist frisch geschieden und träumt davon, ein eigenes Schneidergeschä zu eröffnen. Dafür spart sie Geld, doch liegen ihr zahlreiche (bürokratische) Steine im Weg.

Mamargade wiederum hält sich mit Gelegenheitsjobs als Totengräber und Transporteur allerlei – o illegaler – Waren über Wasser. Als Cigaals durch Spenden finanzierte Schule geschlossen wird, will sein Vater den intelligenten Buben in ein Internat in der Stadt schicken, doch die Kosten dafür sind hoch.

keine bestimmten Themen im Hinterkopf. Aus ihm herausgeflossen ist eine Geschichte über „Familie, Sicherheit, Solidarität und Liebe. Und darüber, nie aufzugeben“, beschreibt er es selbst. Die Menschen in Somalia hätten gar keine andere Wahl, als zu versuchen, zu überleben und weiterzukommen. „Sie sehen sich nicht als Opfer. Sie haben die Hoffnung, dass es besser wird. Wenn am nächsten Morgen alles gut läu , ist das ihre Hoffnung.“

Unterstützung für seinen Debütfilm fand Mo Harawe in einem großartigen Ensemble von Laiendarstellern, die rund um den Drehort im Nordosten des Landes gecastet wurden. Und auch die Zusammenarbeit mit dem jungen ägyptischen Kameramann Mostafa El Kashef erwies sich als Glücksfall, zeichnet sich „The Village Next to Paradise“ doch durch eine Bildsprache und Farbgebung aus, die in jeder Szene sorgsam ausgetü elt wirkt.

Gartenbaukino: Fr, 25.10., 18.00 (OmU)

Stadtkino im Künstlerhaus: So, 27.10., 12.00 (OmenglU)

Mit Ruhe und Bedächtigkeit taucht Harawe in die dörfliche Welt ein, zeichnet seine Figuren und ihre Entwicklung nicht mittels Dialogen, sondern mittels detailliert beobachteter Alltagsszenen. „Ich möchte, dass das Publikum mit den Figuren wirklich mitfühlt. Dafür muss es die Zeit so erleben, wie sie sie erleben. Nur dann kann es sie verstehen“, so Harawe.

Beim Schreiben des Drehbuchs folgte er seinen Protagonisten ganz intuitiv, er hatte

Tatsächlich war für detaillierte Vorausplanung aber gar keine Zeit. Die Häl e der Locations, erzählt Harawe, sah das Filmteam am jeweiligen Drehtag zum ersten Mal. „Wir haben nicht viel analysiert, sondern sehr spontan gearbeitet. Zwischen mir und Mostafa El Kashef gab es ein ganz eigenes Verständnis.“

Neben der Handlung ist also auch die besondere Kadrierung des Films ein Ergebnis der Intuition dieses bemerkenswerten Regisseurs. Während die Körper der Figuren o unten angeschnitten sind, eröffnet sich über ihnen viel Raum.

„Ich denke, dass dieser Raum eine Art Freiheit symbolisiert“, überlegt Harawe. Das sei jedenfalls rückblickend seine Theorie, so der Meister des Bauchgefühls. F

MO HARAWE

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„Ruckzuck

bist du in einer anderen Welt“

Romuald Karmakars großer Dokumentarfilm „Der unsichtbare Zoo“ zeigt den faszinierenden Kosmos eines modernen Zoos: ein Gespräch über Infektionsgefahren, die Schönheit von Originalton im Schnee und die he igen Sounds grantiger Koalas

Westlicher Flachland-Gorilla, weiblich, A ff enhaus, Zoo Zürich
Bau eines Baobab-Baums, Baustelle „Lewa-Savanne“, Zoo Zürich

GESPRÄCH:

Über einen Jahreszyklus hinweg erzählt

„Der unsichtbare Zoo“, das neue Meisterwerk des deutschen Filmemachers Romuald Karmakar, von einem der führenden zoologischen Gärten Europas. Nicht zuletzt arbeitet der Zoo Zürich daran, den logistischen und wissenscha lichen Apparat, der ihn am Leben hält, für den Besucher möglichst zum Verschwinden zu bringen.

Falter: Herr Karmakar, was ist Ihr persönlicher Zugang zum Zoo, an welchem Punkt haben Sie zum ersten Mal gedacht, das könnte vielleicht ein Film werden?

Romuald Karmakar: Ich war vor Jahren einmal zusammen mit Sibylle Lewitscharoff, Thomas Meinecke und DJ Westbam eingeladen, vorab über die Documenta zu schreiben. Bei der Gelegenheit hat mir Westbam erzählt, dass er eine Jahreskarte für den Berliner Zoo hat. Da ist mir aufgefallen, dass ich noch nie dort war, und von da an bin ich regelmäßig in den Zoo gegangen. Du gehst einfach nur über den Ku’damm und kannst innerhalb weniger Minuten die digitale Welt, mit der du den ganzen Tag zu tun hast, mit dem Anblick eines riesigen afrikanischen Elefanten tauschen, der einen Kürbis kleinmacht und isst. Ruckzuck bist du in einer anderen Welt. Ich glaube, das war eigentlich so der Punkt.

Sie haben dann aber in der Schweiz gedreht – wär’s vor der Haustür nicht einfacher gewesen?

Karmakar: Klar, da wär ich mit Kurzstrecke Bus durchgekommen. So musste ich immer nach Zürich fliegen, bei gleichbleibendem Budget. Ich hatte im Herbst 2017 in Berlin angefangen, aber es gab zu viele Probleme. Im Sommer darauf, nach zehn Drehtagen und drei Jahren Produktionsvorbereitung, habe ich abgebrochen und einen neuen Zoo gesucht. Im August kam das Okay von Zürich, dann haben wir von Herbst 2018 bis Herbst 2019 gedreht, während der Pandemie zweimal im geschlossenen Zoo und dann nochmal im Sommer 2021, um einzelne Erzählstränge abzuschließen.

Inwiefern fanden Sie im Zoo Zürich mehr Unterstützung, hatten Sie da vollkommen freie Hand?

Karmakar: Ja. Die einzige Einschränkung war, dass ich nicht in den Stallbereich der Elefantenanlage gehen darf und nicht zu den Menschenaffen, wahrscheinlich wegen der Ansteckungsgefahr. Der langjährige Zoodirektor, Alex Rübel, war überzeugt, dass Kommunikation die wichtigste Aufgabe des Zoos ist. Folgerichtig war ihm im Organigramm der Firma der Kommunikationschef, ein Mann um die 30, direkt unterstellt. Der und die Leute seiner Abteilung waren einfach wunderbar. Wenn es irgendwo Probleme gab, haben mich die nicht beschuldigt, Trouble zu machen, sondern haben geholfen.

Apropos Ansteckung: Mir war nicht bewusst, dass es natürlich auch Quarantänebecken etwa für Rochen gibt – sind Infektionskrankheiten im Zoo ständig ein Thema oder nur, wenn Tiere aufgenommen werden?

Karmakar: Ich kann nur über den Züricher Zoo sprechen, vermute aber, dass alle, die Mitglied im Verband der deutschsprachigen Zoos sind, das so handhaben: Tiere, die von einem anderen Zoo reinkommen, werden in Quarantäne gesteckt, um zu prüfen, ob sie

gesund sind. Ebenso Tiere, die von Zürich in andere Zoos gehen. Die Szene ist nicht im Film, aber der für den Zoo zuständige Veterinär, ein Professor an der Uni Zürich, vertrat die Position, dass Zoos hochgerechnet die Orte sind, die am meisten systematisch nach Tierseuchen suchen, die bereits in den jeweiligen Ländern sind: Bluetongue, Nil-Virus, Vogelgrippe, all diese Dinge sind quasi ihr Standardprogramm.

Im Film gibt es einen Fall von Malaria. Karmakar: Genau, eine Dampfschiffente hat Malaria, und der Veterinär sagt, das hat Auswirkungen auf die Haltung der Tiere im Zoo. Ehrlich gesagt, war das fast immer so das Thema – also Seuchen, Krankheiten bis hin zu Verhütung.

Was hat es mit dem Titel „Der unsichtbare Zoo“ auf sich? Weil der Film vor allem zeigt, was man als Besucher nicht zu sehen bekommt?

Karmakar: Na ja, es sind drei Perspektiven, die erzählt werden: Verwaltung, Stall und Besucher – wobei der selbst da gar nicht dazugehört, sondern es mir darum geht, wie der Zoo den Blick des Besuchers auf ein Gehege inszeniert.

Zum Beispiel?

Karmakar: Das sieht man bei den Bären ganz gut. Bei der Bärenanlage sind drei verschiedene Einblicksorte aufgebaut worden, drei Stellen, von denen aus man hineinschauen kann. Dadurch wirkt die Anlage für uns Besucher viel größer, als sie tatsächlich ist, weil keine Sichtachse den gesamten Blick freigibt. Das ist Teil der Inszenierung der Besucherperspektive.

Ist der Züricher Zoo da besonders avanciert?

Karmakar: Definitiv. Von der Zoo- und Landscha sarchitektur hier ist diese Bärenanlage ein Meilenstein. Die Zoo-Architektur, habe ich während des Projekts gelernt, ist eine neue Disziplin, das Standardwerk dazu keine 20 Jahre alt. Es gab halt vor zehn Jahren so einen boost von Stararchitekten, im Zoo zu arbeiten – ausgelöst durch Norman Foster, der in Kopenhagen die Elefantenanlagen gebaut hat.

Was man auch kaum sieht im Film, sind Besucher – weil sie für Sie ein Störfaktor sind?

Karmakar: Leute zu filmen ist ein Problem, du kannst praktisch niemanden mehr full frontal aufnehmen. Du musst dann indirekt erzählen, zum Beispiel über den Ton gehen, wie in der Szene mit dem Krokodil, wo Mutter und Kind im Off singen. Die meisten Leute verändern in dem Moment, in dem sie merken, dass sie gefilmt werden, ihr Verhalten – und Kinder kannst du sowieso nicht mehr filmen.

Im Pressehe steht, Sie haben 6500 Takes gedreht. Wie entwickelt man aus dieser Materialfülle eine stimmige

Dramaturgie?

Karmakar: Das ist schon aufwändig, vor allem, wenn du den Anspruch hast, die Tiere nicht bloß als Vignette einzusetzen – was häufig vorkommt, selbst bei guten Filmen. Sondern wenn du Tiere zeigst und etwas Besonderes von denen vermitteln willst, musst du natürlich auch ihre Besonderheiten kennen.

Dabei sind Sie natürlich abhängig davon, was die tierischen Darsteller gerade tun. Waren zum Beispiel diese pfauchenden

und streitenden Koalas auch für Sie eine Überraschung?

Karmakar: Das ist ein Kampf zwischen einem jungen Männchen und einem erfahrenen Weibchen, und sie lässt ihn halt nicht ran. Die sind in einer sozusagen offenen Anlage, in der einen Abteilung die Koalas, in der anderen die Riesenwarane – die haben wir gefilmt, und auf einmal kamen diese Sounds. Ich hatte so etwas in meinem Leben noch nie gehört und konnte das überhaupt nicht zuordnen. Dann sagte mein Tonmann: Das sind die Koalas. Schon ihre Balztöne konterkarieren und erweitern das Bild, das wir von diesen Tieren haben. Übrigens haben die in Bezug auf Viren echt ein Riesenproblem: Fast alle Koalas – auch die, sagen wir, in Australien – haben eine Art Aids.

Besonders schön ist der Wechsel zum Winterdreh – da sieht man, wie filmisch Schnee ist!

Karmakar: Total. Das war ein harter Winter. Es war immer mein Wunsch, den Zoo über die vier Jahreszeiten zu erzählen, weil die sich doch sehr unterscheiden. Das war auch einer der Konflikte hier in Berlin, weil die ungern wollten, dass ich im Herbst filme. In ihrer Selbstdarstellung ist das hauptsächliche visuelle Narrativ von Zoos natürlich der Sommer – das Draußen soll immer erzählen, dass die Tiere nicht eingesperrt sind.

Was man hier allerdings noch viel besser im Winter sieht, bei den Antilopen, die durch den Schnee springen … Karmakar: Die Szene ist auch deshalb interessant, weil das asiatische Antilopen sind. Das zeigt ein bisschen die Anpassung an unser Klima, das ist noch ein Subtext dazu. Das eigentlich Tolle an Schnee ist diese Ruhe, die akustische Ebene. Wir haben wahnsinnig viel Aufwand betrieben mit dem Ton. Die allermeisten Tierfilme verwenden ja designte Töne. Wir haben wirklich nur Originalton und das macht schon viel aus. Vor allem, wenn wegen Corona keine Flugzeuge starten, weil Zürich-Kloten, der Flughafen, liegt direkt neben dem Zoo. Immer wenn’s neblig ist, hörst du ein riesiges Flugzeugdonnern, das ist wie bei einem Fliegerangriff

Der Züricher Zoo soll doppelt so viele freiwillige Mitarbeiter haben wie Angestellte. Was machen die alle? Karmakar: Das ist wirklich eine riesige Erfolgsgeschichte. Die Leute müssen sich verpflichten, 50 Stunden im Jahr freiwillig zu arbeiten. Und damit sie das überhaupt dürfen, müssen sie eine Aufnahmeprüfung bestehen, Seminare besuchen und Prüfungen machen. Die Freiwilligen leisten 50.000 Stunden pro Jahr, vor allem machen sie viel edukative Arbeit. Es gibt Infostände, zum Beispiel neben den Hausyaks und den Trampeltieren. Da kannst du das Fell anfassen vom Yak, dir anschauen, was mit der Milch gemacht wird, den Käse riechen, und vom Trampeltier haben sie einen Kopf aus Plastik und zeigen den Kindern, wie die kauen. Solche Infotische gibt’s bei fast allen Tieren.

Gibt es Freiwillige in jedem Zoo? Karmakar: Ich glaube ja, wobei in Basel haben sie damals erst angefangen, so ein Team aufzubauen. Die in Zürich sind da halt sehr weit. Vielleicht muss man es auch als Ausdruck des Bildungsniveaus der Gesellscha sehen: Leute, die voll arbeiten und sagen, das mache ich noch zusätzlich. In Deutschland gibt es ja fast keine Freiwilligenkultur, wir sagen eher: Wo kann ich einen Antrag stellen, um was zu nehmen? F

Romuald Karmakar hat mit Dokumentarfilmen wie „Das Himmler-Projekt“ und „Hamburger Lektionen“ deutsche Filmgeschichte geschrieben

In ihrer Selbstdarstellung ist das visuelle Narrativ von Zoos natürlich der Sommer –das Draußen soll immer erzählen, dass die Tiere nicht eingesperrt sind

ROMUALD KARMAKAR

Metro: Di, 22.10., 15.30 (OmenglU)

Urania: So, 20.10., 20.00 (OmenglU)

Einsichten zum menschlichen Verwesen

Ein filmischer Grabstein: David Cronenbergs „The Shrouds“ zeigt sich nackt und trocken bis auf die Knochen

FILMKRITIK: DREHLI ROBNIK

Der Vorspann ist, wie o bei David Cronenberg, Programm; eine Signatur im exemplarischen Material des Films, und das sind bei „The Shrouds“ nicht besagte Leichentücher, sondern Knochen. Und auch die nur als gehauchte Andeutungen, zu Staub zerfallend. Jedenfalls ohne Fleisch. Kein Gramm Fett ist da, auch nicht am KantenAntlitz von Hauptdarsteller Vincent Cassel. Und nicht am Film selbst: Der ist mit 119 Minuten der (bislang) längste des 81-Jährigen, doch in vielem so minimalistisch wie Cronenbergs auf jeweils eine brutalistisch gebaute Location beschränkten Erstlinge aus der Zeit um 1970.

Circus Crone bespielt seinen innersten, kleinsten Kreis: Bearbeitete der Comeback-Film „Crimes of the Future“ vor zwei Jahren Cronenbergs öffentliche Rolle, die Figur eines alternden Wizard in Sachen Vorführung deformierter innerer Organe zur Freude von Milieus, die ungewöhnliche, in Zukun aber normale Geschmäcker haben, so geht es nun erklärtermaßen um den privaten Cronenberg – um den Umgang mit dem Tod, dem seiner Ehefrau nämlich. Den nahenden eigenen, „The Death of David Cronenberg“, hat er 2021 mit seiner Tochter Caitlin in einem Kurzfilm dargelegt, buchstäblich.

Trauer um geliebte Menschen: Für dieses gewöhnliche Gefühl gibt es in dem Film ein Verfahren, das lapidar etabliert

Von allen CronenbergDramen über eingeschleuste Agenten nimmt dieses sein Szenario am ernstesten, indem es nämlich nichts zeigt, nur viel darüber reden lässt

wird. Für den von Cassel in gemessenen Gesten gespielten Unternehmer, der wie Cronenberg aussieht, sowie für eine reiche Klientel von Trauernden dient Gravetech bzw. Shroudcam dazu, dem jeweiligen geliebten Körper beim Verwesen zuzusehen, bis ins Detail. Anders als bei den Soziotopen, die frühere Düsterstudien Cronenbergs um spezielle Vorlieben oder Fähigkeiten versammelten, ist das aber nur der „So ist das halt“-Ausgangspunkt eines Verschwörungsplots, der bei mysteriösen Grabschändungen und Knötchen auf Knochen ansetzt und dann ausufert: Von allen Cronenberg-Dramen über eingeschleuste Agenten – „Scanners“, „Naked Lunch“, „Eastern Promises“, „Crimes of the Future“ – nimmt dieses sein Szenario am ernstesten, indem es nämlich nichts zeigt, nur viel darüber reden lässt. Und doch, als wär’s ein Bond von 1977, mit einem Kuss im Privatjet über den Wolken endet. Vorwiegend in Innenräumen spielend – Bauten wie seit 45 Jahren von Carol Spier, hier so dezent wie der san e Puls im Elektronik-Score von Stammkomponist Howard Shore –, fast nur in Szenen zu zweit, folgt „The Shrouds“ einem Plot als endlosem Prozess: clumsy, trocken, erstaunlich heiter, monströs talky

Gartenbaukino:

Das ist auf seine Art super: Die viele Zeit, die bleibt, ist von teils gestelztem Spiel (Guy Pearce!) erfüllt und, wie schon im unklaren Doppelagentenplot von „Crimes“, ohne jedes Drama. Das Spektakuläre liegt ganz in den Sexszenen: konventionell in den Prak-

tiken, allerdings mit einer geträumten Ehefrau, die von ihrer Krebstherapie mit stets neuen Amputationen (und Knochenknacken) nackt ins Bett zurückkommt. Sie wird von Diane Kruger mit Verve gespielt, ebenso ihre resche Zwillingsschwester, von Beruf Hunde-Groomerin.

Wie Cronenbergs Kurzfilme und atypische Szenen (Nazi-Pogrom in „Dead Zone“) macht der Leichenleintuch-Film (s)ein Jüdischsein sinnfällig: in Offenbarungen, die ausbleiben, in der Religion der Verstorbenen, bei der es gerade keine Auferstehung aus dem bildgebenden Leinwandtuch gibt (oder erst am Ende der Zeit – wenn auch keine jüdischen Gräber mehr verwüstet werden).

„Crimes“ spielte in einer fremden Welt mit „unsrigen“ Themen (Mikroplastik, Body Modification) und war ein Fan-Altar; „The Shrouds“ spielt in unserer Welt (selbstfahrender Tesla, endlos begafftes Tablet) mit realitätsfremden Themen – Ungarn fürchtet Spionage durch russische shroudcams –und ist ein Fan-Grabstein. „Videodrome“ hallt nach, vom ikonischen Spooning bis zum Alltagsdialog mit Screens. Cronenberg hat nie „erfüllt“, ein Begehren nach Grusel etwa; „geliefert“ hat er immer grandios Unverdauliches. Nun löst er ein, dass das Fleisch ganz Wort wird. (Und Staub.) F

Drehli Robnik schreibt über Film und Politik, zuletzt das Buch „Flexibler Faschismus. Siegfried Kracauers Analysen rechter Mobilisierungen damals und heute“

Der von Vincent Cassel gespielte Unternehmer sieht aus wie Regisseur Cronenberg und begutachtet mysteriöse Grabschändungen

In der Propagandafalle

Rithy Panh stellt sich mit „Rendez-vous avec Pol Pot“ erneut dem Grauen in seiner kambodschanischen Heimat

FILMKRITIK:

N

ach der Premiere von Rithy Panhs Film in Cannes stellte der Kritiker Jacques Mandelbaum in der Tageszeitung Le Monde die Frage, ob der Filmemacher nicht bereits alle Möglichkeiten ausgeschöp habe, wenn dieser sich einmal mehr seinem einzigen Thema widmet. Tatsächlich dreht Panh ausschließlich Filme über den Genozid der Roten Khmer an mehr als zwei Millionen Menschen in den 1970er-Jahren in Kambodscha.

Mandelbaum lieferte selbst die Antwort, indem er natürlich auf die Biografie des Regisseurs verwies – beide Eltern kamen im Internierungslager der Khmer ums Leben, Panh konnte als Jugendlicher über Thailand nach Frankreich fliehen –, aber auch einen anderen Umstand anführte: Die Art der Bewältigung des Traumas sei nicht zu hinterfragen, sondern für Panh „als Mensch und Künstler eine Gegebenheit des Seins“.

Umso erstaunlicher ist die Palette der künstlerischen Mittel, die dieser für seine autobiografischen, essayistischen oder dokumentarischen Filme, darunter Meisterwerke wie „S21, la machine de mort khmère rouge“ (2003), einsetzt: historisches Archivmaterial, Film-im-Film-Szenen, Rückprojektionen oder Miniaturwelten mit kleinen Lehmfiguren wie im grandiosen „L’Ima-

ge manquante“ (2013). Eine Vielfalt des künstlerischen Ausdrucks, um sich dem Grauen zu stellen.

Diese Reichhaltigkeit findet man auch jetzt in „Rendez-vous avec Pol Pot“, in dem Panh jedoch eine entscheidende Verschiebung der Perspektive vornimmt: Die Journalistin Lise (Irène Jacob), der Fotograf Paul (Cyril Gueï) und der linke Sympathisant Alain (Grégoire Colin) reisen im Winter 1978 auf Einladung des Terrorregimes nach Kambodscha, um ihrer imperialisti-

Die Reporterin Lise (Irène Jacob) jagt einem Interview mit „Bruder Nr. 1“ nach

Urania: Di, 22.10., 14.00 (OmenglU)

schen französischen Heimat ein positives Bild des Arbeiter- und Bauernstaates zu vermitteln. Höhepunkt ihres zweiwöchigen Aufenthalts: ein Interview mit Pol Pot.

Kaum von Soldaten empfangen und in abgeschirmte Quartiere gebracht, beginnt für die Touristen die zweifelha e Besichtigung von Werkstätten, in denen Autoteile für Feldgeräte eingeschmolzen werden sowie an Porträts gemalt wird und Skulpturen des „Bruders Nr. 1“ gemeißelt werden, dazu ein Interview mit Pol Pots Schwägerin, die erklärt, dass es keinen Massenmord an Intellektuellen gegeben haben kann, da sie ja selbst eine Brille trage. Noch bevor die Gäste ihre ersten schrecklichen Beobachtungen machen, wird ihnen klar, dass die propagandistische Falle, auf die sie vorbereitet zu sein meinten, schneller und brutaler zuschnappt als gedacht.

„Rendez-vous avec Pol Pot“ basiert auf dem Bericht der US-Kriegsberichterstatterin Elizabeth Becker, die der einzigen Delegation westlicher Journalisten angehörte, die das völlig abgeschirmte Kambodscha besuchen dur e und der Pol Pot ein Interview gewährte. Als für Lise der große Moment gekommen ist, sind alle Fragen, die sie nicht stellen kann, bereits beantwortet. F

Michael Pekler schreibt über Film und Fernsehen u.a. für Freitag, Falter, Filmbulletin

Gartenbaukino: Di, 29.10., 13.00 (OmenglU) true to your skin – die neue Gesichtspflege für sensible Haut.

Intensive und langanhaltende Befeuchtung für ein glattes und gesundes Hautbild

Mildert Falten und verbessert das Hautbild

Klinisch und dermatologisch getestet

„Mir

war ständig bewusst, dass ich eine Anomalie war“

Christine Vachon hat dem queeren US-Independent-Kino den Weg bereitet: Die legendäre Produzentin von Todd Haynes & Co im Gespräch über eine sich verändernde Branche

V on Todd Haynes’ „Velvet Goldmine“ bis zu seinem Dylan-Biopic „I’m Not There“, der Highsmith-Verfilmung „Carol“ und seinem jüngsten Werk „May December“ über Kimberly Peirces „Boys Don’t Cry“ bis zu John Cameron Mitchells „Hedwig and the Angry Inch“: All diesen Filmen ist gemeinsam, dass Christine Vachon bei ihnen als Produzentin verantwortlich zeichnete.

Bei der Viennale ist Vachon mit „A Different Man“ von Aaron Schimberg vertreten, einer ihrer aktuellen Produktionen. Im Zentrum steht ein Schauspieler mit Neurofibromatose (Sebastian Stan), der nach einer Schönheitsoperation als Darsteller eines auf seiner eigenen Geschichte basierenden Theaterstücks nicht mehr infrage kommt und sich zunehmend auf Darsteller Oswald (Adam Pearson) fixiert: eine New Yorker

INTERVIEW: JULIA PÜHRINGER, BERLINALE

Theater-Satire mit Thriller-Elementen à la Lynch und Vibes von frühem Woody Allen bis zu Filmen von Lisa Cholodenko und Nicole Holofcener aus den 2010er-Jahren.

Falter: Was ist eigentlich Ihr Job, Frau Vachon?

Christine Vachon: Viele denken, bei unserem Job geht’s nur ums Geld, vielleicht auch noch um die Logistik. Dabei kann eine gute Produzentin entscheidenden künstlerischen Einfluss auf einen Film haben. Es ist naiv zu glauben, dass finanzielle und kreative Entscheidungen unabhängig voneinander stattfinden. Wir versuchen, die Vision eines Regisseurs, einer Regisseurin so intakt als möglich zu belassen – das beinhaltet auch sehr detaillierte Gespräche darüber, was essenziell wichtig für die Geschichte ist.

Sie haben einmal gesagt, am schlimmsten ist es, wenn alle Beteiligten an einem anderen Film arbeiten.

Vachon: Das geschieht ö er, als man glaubt! Am effizientesten ist ein Team dann, und das Resultat auch der stärkste Film, wenn dieses Dreieck von Produktion, Regie und Finanziers vorhanden ist. Ich würde es nicht als „Kampf“ bezeichnen, aber die Regisseurin, der Regisseur brauchen eine Produzentin, einen Produzenten, um sie einerseits zu bekrä igen, aber auch dafür, die Grenzen abzustecken, sonst geraten sie am Ende in die Situation, ihren Film nicht fertigstellen oder ihre Geschichte überhaupt nicht erzählen zu können. Und ein Finanzier muss mir vertrauen können, wenn ich sage, dass wir mehr Geld ausgeben müssen, damit der Film besser wird.

Identitätskrise mit neuem Gesicht: Sebastian Stan (li.), Renate Reinsve und Adam Pearson
Christine Vachon, 61, war heuer mit „Past Lives“ erstmals für den Oscar nominiert

O wird dann ja, wenn es keine geeigneten Produzent:innen gibt, die Regie in der Not auch noch zur Produktionsfirma.

Vachon: Genau das ist das Problem: Das ist dann, wie mit sich selbst zu verhandeln. Das geht nicht. Die Leute sind dann nur sehr müde und ihnen fehlt eine zweite Perspektive.

Sie sind schon lange im Geschä , wie sehr hat sich die Branche seither verändert?

Vachon: Wie es in diesem französischen Sprichwort heißt: Je mehr sich alles verändert, desto mehr bleibt alles beim Alten. Ich weiß gar nicht, ob sich die Branche recht verändert hat, ich habe mich verändert, ich habe viel mehr Erfahrung. Unsere Firma Killer Films ist total flexibel. Wir jammern nicht, wenn’s heißt, „auf Film drehen ist vorbei“ oder „niemand schaut mehr Filme im Kino“. Ich glaube fest daran: In großen Umbrüchen liegen große Chancen. Gerade jetzt ist die Branche völlig anders aufgestellt: Die Streiks sind vorbei, die Pandemie ist vorbei. Aber in der Pandemie waren wir produktiver als je zuvor. Wir haben sieben Filme gedreht, sobald wir drehen dur en. Der Streik war viel destabilisierender für uns. Die Studios werden in Zukun weniger drehen und auch für weniger Geld. Aber wir können das – ganz pragmatisch auf den Markt hören und gleichzeitig Geschichten bestmöglich erzählen.

Sie unterrichten auch, macht Ihnen das Spaß?

Vachon: Ja, sehr. Wenn mich vor einem Vortrag meine Partnerin fragt: „Was machst du heute?“, dann sage ich: „Ach, ich zerstöre nur die Hoffnungen und Träume von einem

Haufen NYU-Studierender.“ Man spürt den sich verändernden Zeitgeist. Vor fünf Jahren wurde ich das erste Mal auf so einer schicken Uni gefragt, wie das mit der WorkLife-Balance ist. Inzwischen kommt diese Frage jedes Mal.

Und was antworten Sie?

Vachon: Auf die Frage „Warum gibt es nicht mehr Regisseurinnen?“ gebe ich immer eine sehr unpopuläre Antwort. Frauen wollen Kinder haben und für den größten Teil in der westlichen Welt sind Frauen die Hauptbezugsperson für die Kinder. Das macht es schwierig, Kinder zu haben und Filme zu machen. Kein Finanzier will hören: „Ich kann heute nicht ans Set kommen, weil mein Sohn Ohrenweh hat.“

Eine Regisseurin erzählte mir, sie hätte ihr Kind anfangs verschwiegen und es heimlich vom Kindergarten abgeholt.

Vachon: Das kommt mir bekannt vor. Als ich ein kleines Kind hatte, habe ich gesagt: „Sorry Leute, ich muss bei einem anderen Filmprojekt eine Katastrophe verhindern“, anstatt: „Mein Kind hat Läuse und ich muss es abholen.“ Am schlimmsten ist, wenn ein Mann sagt, er holt sein Kind vom Fußballtraining ab, und alle so: „Was für ein super Vater!“ Bei mir hätte es geheißen: „Ich wusste gleich, dass es dann nur mehr ums Kind geht.“

Wie haben Sie sich ins Kino verliebt?

Vachon: Ich bin in Manhattan aufgewachsen, damals war es den Erwachsenen völlig egal, wo sich die Kinder herumgetrieben haben. Mit acht, neun, zehn bin ich einfach ins Kino gegangen, in der Nähe war

»Es ist naiv zu glauben, dass finanzielle und kreative

Entscheidungen unabhängig voneinander stattfinden

CHRISTINE VACHON

ein Nachspielkino, dort lief wirklich alles. Damals hat es diese Familienfilme noch gar nicht gegeben, höchstens einmal im Jahr so etwas wie „Mary Poppins“. In der Nähe befand sich die Columbia-Universität, und wenn ein Film nicht jugendfrei war, haben wir einfach irgendwelche Studis gefragt, ob sie uns mitnehmen. Meine Mutter stammte aus Frankreich, sie hatte Heimweh, deshalb haben wir auch viele französische Filme angeschaut.

Hatten Sie je Vorbilder?

Vachon: Als ich begonnen habe, gab es kaum Frauen, die gemacht haben, was ich gemacht habe. Es gab auch kein Gefühl von „da ist Platz für mehr von uns am Tisch“. Ich hatte viel mehr straighte und einige schwule Männer, die mir Türen geöffnet haben. Mir war ständig bewusst, dass ich eine Anomalie war, ich musste mich o stählen, bevor ich einen Konferenzraum betrat. Ich sah immer schon wie eine Lesbe aus, das hatte seinen Preis. Wenn mir zugetragen wurde, wie Leute über mich gesprochen haben – ich kann nicht behaupten, dass mich das nicht verletzt hat. Aber ich habe andere Dinge im Leben, eine Partnerin, die mich liebt, eine Geschä spartnerin, die hinter mir steht. Das hat mir Stärke verliehen.

Würde man so über Männer sprechen!

A Di ff erent Man

Gartenbaukino: Sa, 26.10., 17.30 (OF)

Urania: So, 27.10., 21.00 (OF)

Vachon: Männer hassen es, über sich selbst zu lachen, das habe ich im Laufe der Jahre gelernt. F

Julia Pühringer ist Redakteurin des Tele-Magazins. Für den Falter interviewt sie Filmstars und Regisseurinnen auf den Festivals von Berlin und Cannes

FALTER-VIENNALE-PLANER 24

On Becoming a Guinea Fowl (Rungano Nyoni, ZMB/GB/IRL 2024, OmenglU, 95 min)

The End (Joshua Oppenheimer, DK/D/IRL/I/GB/SWE 2024, englOF, 148 min)

19.00 In Liebe, Eure Hilde (Andreas Dresen, D 2024, OmenglU, 125 min)

22.15 The Room Next Door (Pedro Almodóvar, E 2024, OmU, 107 min)

Exergue – On documenta 14 Kapitel 1–4 (GR 2024, OmenglU, 249 min)

16.45 A Fidai Film (Kamal Aljafari, PSE/D/QAT/BRA/F 2024, OmenglU, 78 min)

19.15 Phantosmia (Lav Diaz, PHL 2024, OmenglU, 246 min)

Maynila: sa mga kuko ng liwanag (Lino Brocka, PHL 1975, OmenglU, 124 min)

19.00 Qing chun (Ku) (Wang Bing, F/LUX/NL 2024, OmenglU, 223 min)

Dream Team (Lev Kalman, Whitney Horn, USA 2024, OF, 91 min)

Filmstunde_23 (Jörg Adolph, Edgar Reitz, D 2024, OmenglU, 89 min)

Henry Fonda for President (Alexander Horwath, Ö/D 2024, OmU, 185 min)

22.30 Motel Destino (Karim Ainouz, BRA/F/D 2024, OmenglU, 112 min)

10.15 Averroès & Rosa Parks (Nicolas Philibert, F 2024, OmenglU, 143 min)

13.15 Architecton (Victor Kossakovsky, D/F 2024, OmU, 94 min)

15.45 Peaches Goes Bananas (Marie Losier, B/F 2024, englOF, 75 min)

18.00 Mò shì lù (Yeo Siew Hua, SGP/TWN/F/USA 2024, OmenglU, 126 min)

Comme le feu (Philippe Lesage, CAN/F 2024, OmenglU, 155 min)

10.30 Fekete pont (Bálint Szimler, H 2024, OmenglU, 119 min)

Le Fardeau (Elvis Sabin Ngaibino, CAF/D/COD/F/I 2023, OmenglU, 80 min)

(James Benning, USA 2023, 86 min)

12.00 In Liebe, Eure Hilde (Andreas Dresen, D 2024, OmenglU, 125 min)

15.45 Hors du temps (Olivier Assayas, F 2024, OmU, 106 min)

18.30 The End (Joshua Oppenheimer, DK/D/IRL/I/GB/ SWE 2024, englOF, 148 min)

21.45 Anora (Sean Baker, USA 2024, OmU, 139 min)

Exergue – On documenta 14 Kapitel 5–10 (GR 2024, OmenglU, 329 min)

12.00 Daneh Anjeer Moghadas (Mohammad Rasoulof, D/F/IR 2024, OmenglU, 167 min)

16.15 The Room Next Door (Pedro Almodóvar, E 2024, OmU, 107 min)

19.00 Rumours (Evan Johnson, Galen Johnson, Guy Maddin, CAN/D 2024, OmU, 108 min)

21.30 The Shrouds (David Cronenberg, F/CAN 2024, englOF, 119 min)

10.00 Exergue – On documenta 14 Kapitel 11–14 (GR 2024, OmenglU, 270 min)

12.00 All We Imagine as Light (Payal Kapadia, F/IND/NL/LUX 2024, OmenglU, 114 min)

15.00 Harvest (Athina Rachel Tsangari, GB/D/GR/F/USA 2024, englOF, 131 min)

17.45 Nightbitch (Marielle Heller, USA 2024, OmU, 98 min)

Daneh Anjeer Moghadas (Mohammad Rasoulof, D/F/IR 2024, OmU, 167 min)

Shahed (Nader Saeivar, Ö/D 2024, OmenglU, 100 min)

14.00 Wolhaui gongdongmyoji (Kwon Cheol-hwi, Südkorea 1967, OmenglU, 88 min)

6.30 The Room Next Door (Pedro Almodóvar, E 2024, OmU, 107 min)

12.30 Ainda Estou Aqui (Walter Salles, BRA/F 2024, OmU, 135 min) Yeohaengjaui pilyo (Hong Sangsoo, Südkorea 2024, OmU, 90 min)

Le deuxième acte (Quentin Dupieux, F 2024, OmenglU, 80 min)

Tardes de soledad (Albert Serra, E/F/P 2024, OmenglU, 123 min)

Strangers in the Night (Anthony Mann, USA 1944, OF, 56 min)

12.30 Jokbo (Im Kwon-taek, Südkorea 1978, OmenglU, 108 min)

12.30 The Outrun (Nora Fingscheidt, GB/D 2024, OmU, 118 min)

Feng liu yi dai (Jia Zhangke, CHN 2024, OmenglU, 111 min)

A Real Pain (Jesse Eisenberg, PL/USA 2024, OmU, 90 min)

The Brutalist (Brady Corbet, GB 2024, Om U, 215 min)

Dormir de olhos abertos (Nele Wohlatz, BRA/TWN/ARG/D 2024, OmenglU, 97 min)

18.00 Jokbo (Im Kwon-taek, Südkorea 1978, OmenglU, 108 min)

Mò shì lù (Yeo Siew Hua, SGP/TWN/F/USA 2024, OmenglU, 126 min)

14.30 Qing chun (Gui) (Wang Bing, F/LUX/NL 2024, OmenglU, 152 min)

17.30 Le Fardeau (Elvis Sabin Ngaibino, CAF/D/COD/F/I 2023, OmenglU, 80 min)

20.00 Breathless (James Benning, USA 2023, 86 min)

Sasquatch Sunset (David Zellner, Nathan Zellner, USA 2024, 90 min)

15.15 Happyend (Neo Sora, J/USA 2024, OmenglU, 113 min)

Dreaming Dogs (Elsa Kremser, Levin Peter, Ö/D 2024, OmU, 78 min)

Der Spatz im Kamin (Roman Zürcher, CH 2024, OmenglU, 117 min)

23.30 Peaches Goes Bananas (Marie Losier, B/F 2024, englOF, 75 min)

10.00 Pepe (Nelson Carlo de Los Santos Arias, DOM/NAM/D/F 2024, OmenglU, 122 min)

Bakeneko Anzu-chan (Yôko Kuno, Nobuhiro Yamashita, J/F 2024, OmenglU, 95 min)

15.00 Fekete pont (Bálint Szimler, H 2024, OmenglU, 119 min)

18.00 Pavements (Alex Ross Perry, USA 2024, OF, 128 min)

Shahed (Nader Saeivar, Ö/D 2024, OmU, 100 min)

12.00 Khak-e sar bé mohr (Marva Nabili, IR 1977, OmenglU, 90 min)

15.00 Sous le vent + Ghosts of Electricity (F/CH 1991/1997, OmenglU, 50 min)

17.00 Kurzfilmprogramm 1: Heritages (OmenglU, 71 min)

15.30 Goryeojang (Kim Ki-young, Südkorea 1963, OmenglU, 110 min)

TWST: Things We Said Today (Andrei Ujic ă, RO/F 2024, OmenglU, 86 min)

Happyend (Neo Sora, J/USA 2024, OmenglU, 113 min)

16.00 Kurzfilmprogramm 2: Outbursts (OmenglU, 64 min)

19.00 Kurzfilmprogramm 1: Heritages ( OmenglU, 71 min)

21.30 The Suit (Heinz Emigholz, MEX/ARG/D/USA 2024, OmenglU, 89 min)

11.00 Comme le feu (Philippe Lesage, CAN/F 2024, OmenglU, 155 min)

15.00 Ma and Mara (Kazik Radwanski, CAN 2024, OF, 80 min)

17.30 Bluish (Milena Czernovsky, Lilith Kraxner, Ö 2024, OmenglU, 83 min)

20.00 Direct Action (Guillaume Cailleau, Ben Russell, D/F 2024, OmU, 213 min)

16.30 Programm 2: Politics (Colectivo Los Ingrávidos, MEX 2014-2021, OF, 58 min)

The Hitler Gang (John Farrow, USA 1944, OF, 97 min)

The Suit (Heinz Emigholz, MEX/ARG/D/USA 2024, OmenglU, 89 min)

15.45 Direct Action (Guillaume Cailleau, Ben Russell, D/F 2024, OmenglU, 213 min)

15.30 Der unsichtbare Zoo (Romuald Karmakar, D 2024, OmenglU, 178 min)

20.00 Antikvariati (Rusudan Glurjidze, GEO/CH/FIN/D 2024, OmenglU, 132 min)

15.00 Sanctuary Station (Brigid McCaff rey, USA 2024, OF, 69 min)

Wolhaui gongdongmyoji (Kwon Cheol-hwi, Südkorea 1967, OmenglU, 88 min)

A Fidai Film (Kamal Aljafari, PSE/D/QAT/BRA/F 2024, OmenglU, 78 min)

13.30 C’est pas moi (Leos Carax, F 2024, OmenglU, 42 min)

Janet Planet (Annie Baker, USA/GB 2023, OF, 113 min)

The Million Dollar Bet (Thomas Woschitz, Ö/USA 2024, OmU, 88 min)

20.45 Fogo do vento (Marta Mateus, P/CH/F 2024, OmenglU, 72 min)

Eat the Night (Caroline Poggi, Jonathan Vinel, F 2024, OmU, 106 min)

Soesaseul-eul kkeun-eola (Lee Man-hee, Südkorea 1971, OmenglU, 98 min)

13.30 Lázaro de noche (Nicolás Pereda, MEX/CAN 2024, OmenglU, 76 min)

Suyoocheon (Hong Sangsoo, Südkorea 2024, OmenglU, 111 min)

Through the Graves the Wind Is Blowing (Travis Wilkerson, HRV 2024, OmenglU, 84 min)

The Ballad of Suzanne Césaire (Madeleine Hunt Ehrlich, USA 2024, OmenglU, 75 min)

Kuraudo (Kiyoshi Kurosawa, J 2024, OmenglU, 124 min)

16.15 The Ballad of Suzanne Césaire (Madeleine Hunt Ehrlich, USA 2024, OmenglU, 75 min)

Fogo do vento (Marta Mateus, P/CH/F 2024, OmenglU, 72 min)

Through the Graves the Wind Is Blowing (Travis Wilkerson, HRV 2024, OmenglU, 84 min)

Su-eop-ryo (Choi In-gyo, Bang Han-jun, Südkorea 1940, OmenglU, 82 min) Ppong (Lee Doo-yong, Südkorea 1985, OmenglU, 111 min)

Kurzfilmprogramm 3: Strange Desires (OmenglU, 63 min)

Demba (Mamadou Dia, SEN/D/QAT 2024, OmenglU, 119 min)

Bakeneko Anzu-chan (Yôko Kuno, Nobuhiro Yamashita, J/F 2024, OmenglU, 95 min)

Yoru no kawa (Kōzaburō Yoshimura, J 1956, OmenglU, 104 min)

No Other Land (Yuval Abraham, Basel Adra, Hamdan Ballal, Rachel Szor, PSE/NOR 2024, OmenglU, 96 min)

20.45 Ainda Estou Aqui (Walter Salles, BRA/F 2024, OmU, 135 min)

23.30 Seses

(Laurynas Bareiš a, LT/LVA 2024, OmenglU, 88 min)

Hors du temps (Olivier Assayas, F 2024, OmenglU, 106 min)

13.45 Der Spatz im Kamin (Roman Zürcher, CH 2024, OmenglU, 117 min)

17.00 Monólogo colectivo (Jessica Sarah Rinland, ARG/GB 2024, OmenglU, 104 min)

20.00 Der unsichtbare Zoo (Romuald Karmakar, D 2024, OmenglU, 178 min)

In the Country (Robert Kramer, USA 1967, OF, 62 min)

12.45 Sangnoksu (Shin Sang-ok, Südkorea 1961, OmenglU, 141 min)

Guns (Robert Kramer, F 1980, OmenglU, 95 min)

13.45 Jia ting jian shi (Lin Jianjie, CHN/F/DK/QAT 2024, OmenglU, 99 min)

19.15 Gou zhen (Guan Hu, CHN 2024, OmU, 110 min)

12.00 Demba (Mamadou Dia, SEN/D/QAT 2024, OmenglU, 119 min)

Eat the Night (Caroline Poggi, Jonathan Vinel, F 2024, OmenglU, 106 min)

13.30 Volveréis (Jonás Trueba, E/F 2024, OmenglU, 114 min)

15.00 Rendez-vous avec Pol Pot (Rithy Panh, F/KHM/TWN/TR/QAT 2024, OmenglU, 112 min)

18.00 Dormir de olhos abertos (Nele Wohlatz, BRA/TWN/ARG/D 2024, OmU, 97 min)

Ce n’est qu’un au revoir (Guillaume Brac, F 2024, OmenglU, 66 min)

21.30 Ma and Mara (Kazik Radwanski, CAN 2024, OF, 80 min)

The Edge (Robert Kramer, USA 1968, OF, 101 min)

TWST: Things We Said Today (Andrei Ujic ă, RO/F 2024, OmenglU, 86 min) Antikvariati (Rusudan Glurjidze, GEO/CH/FIN/D 2024, OmenglU, 132 min)

15.45 Monólogo colectivo (Jessica Sarah Rinland, ARG/GB 2024, OmenglU, 104 min)

Soundtrack to a Coup d’Etat (Johan Grimonprez, B/F/NL 2024, OmenglU, 150 min)

10.45 Ice (Robert Kramer, USA 1969, OF, 133 min)

Scenes from the Class Struggle in Portugal (Philip Spinelli, Robert Kramer, USA/P 1977, OmenglU, 90 min)

Kurzfilmprogramm 3: Strange Desires (OmenglU, 63 min)

The Million Dollar Bet (Thomas Woschitz, Ö/USA 2024, OmU, 88 min)

Wundkanal (Thomas Harlan, BRD/F 1984, OmU, 107 min)

Notre Nazi (Robert Kramer, D/F 1984, OmU, 114 min) Yeohaengjaui pilyo (Hong Sangsoo, Südkorea 2024, OmenglU, 90 min)

Kurzfilmprogramm 4: Forms of Freedom (OmenglU, 74 min)

Mário

12.00 Averroès & Rosa Parks (Nicolas Philibert, F 2024, OmenglU, 143 min)

Emilia Pérez (Jacques Audiard, F/USA/MEX 2024, OmenglU, 133 min)

18.15 Mond (Kurdwin Ayub, Ö 2024, OmU, 93 min)

21.15 The Damned (Roberto Minervini, I/USA/B 2024, englOF, 88 min)

Filmstunde_23

(Jörg Adolph, Edgar Reitz, D 2024, OmenglU, 89 min)

Tae (Ha Myung-joong, Südkorea 1986, OmenglU, 104 min)

Kouté vwa

(Maxime Jean-Baptiste, B/F/GUF 2024, OmenglU, 77 min)

Mondongo II: Retrato de Mondongo (Mariano Llinás, ARG 2024, OmenglU, 122 min)

21.30 Isle of the Dead

(Mark Robson, USA 1945, OF, 72 min)

13.00 Phantosmia

(Lav Diaz, PHL 2024, OmenglU, 246 min)

Kurzfilmprogramm 4: Forms of Freedom OmenglU, 74 min)

Mondongo; El equilibrista (Mariano Llinás, ARG 2024, OmenglU, 73 min)

Gou zhen

(Guan Hu, CHN 2024, OmenglU, 110 min)

Bona (Lino Brocka, PHL 1980, OmenglU, 88 min)

17.30 Une langue universelle (Ma hew Rankin, CAN 2024, OmU, 89 min)

20.00 La prisonnière de Bordeaux (Patricia Mazuy, F 2024, OmenglU, 108 min)

I Saw the TV Glow (Jane Schoenbrun, USA 2024, OF, 101 min)

12.00 Soundtrack to a Coup d’Etat

(Johan Grimonprez, B/F/NL 2024, OmenglU, 150 min)

15.00 Tardes de soledad (Albert Serra, E/F/P 2024, OmenglU, 123 min)

18.00 Between the Temples (Nathan Silver, USA 2024, OF, 112 min)

Diciannove (Giovanni Tortorici, I/GB 2024, OmenglU, 108 min)

Un plan d’enfer + Des graines dans le vent + Maque e (Robert Kramer, F 1986/1998/1990, OmenglU, 107 min)

X-Country. Being a Wedding Between Us and the Farabundo… (Robert Kramer, USA 1987/2022, OF, 144 min)

16.45 Kurzfilmprogramm 5: Natural Rhymes (OmenglU, 67 min)

12.15 Rumours (Evan Johnson, Galen Johnson, Guy Maddin, CAN/D 2024, OmU, 108 min)

15.00 Anora (Sean Baker, USA 2024, OmU, 139 min)

The Village Next to Paradise (Mo Harawe, Ö/F/D/SO 2024, OmU, 133 min)

21.30 L’Empire

(Bruno Dumont, F/IT/D/BEL/POR 2024, OmenglU, 110 min)

Janggun-ui adeul (Im Kwon-taek, Südkorea 1990, OmenglU, 108 min)

Mondongo III: Kunst der Farbe (Mariano Llinás, ARG 2024, OmenglU, 90 min)

Najeun moksori (Byun Young-joo, Südkorea 1995, OmenglU, 100 min)

Scénarios + Exposé du film annonce du film "Scénario" (Jean-Luc Godard, F/J 2024, OmenglU, 64 min)

Ce n’est qu’un au revoir (Guillaume Brac, F 2024, OmenglU, 66 min)

Desert Suite (Fabrizio Ferraro, I/F/E 2024, OmenglU, 85 min)

Kurzfilmprogramm 5: Natural Rhymes (OmenglU, 67 min)

Mondongo II: Retrato de Mondongo (Mariano Llinás, ARG 2024, OmenglU, 122 min)

Architecton (Victor Kossakovsky, D/F 2024, OmenglU, 94 min)

Quatre nuits d’un rêveur (Robert Bresson, F/I 1970, OmenglU, 82 min)

17.45 Among the Palms the Bomb, or: Looking for reflections in the toxic field of plenty (Lukas Marxt, Vanja Smiljanić, Ö/D 2024, englOF, 85 min)

Tú me abrasas (Matías Piñeiro, ARG/E 2024, OmenglU, 64 min)

22.30 As boas maneiras (Marco Dutra, Juliana Rojas, BRA/F 2017, OmenglU, 135 min)

Simón de la montaña (Federico Luis, ARG/CL/URY 2024, OmenglU, 97 min)

13.15 Motel Destino (Karim Ainouz, BRA/F/D 2024, OmenglU, 112 min)

Une langue universelle (Ma hew Rankin, CAN 2024, OmenglU, 89 min)

Trabalhar cansa (Marco Dutra, Juliana Rojas, BRA 2011, OmenglU, 99 min)

21.15 Realm of Satan (Sco Cummings, USA 2024, OmenglU, 80 min)

Mário (Billy Woodberry, P/F 2024, OmenglU, 120 min)

13.45 Bluish (Milena Czernovsky, Lilith Kraxner, Ö 2024, OmenglU, 83 min)

16.15 No Other Land

(Yuval Abraham, Basel Adra, Hamdan Ballal, Rachel Szor, PSE/NOR 2024, OmenglU, 96 min)

C’est pas moi / It’s Not Me (Leos Carax, F 2024, OmU, 42 min)

12.00 Pfau – Bin ich echt? (Bernhard Wenger, Ö/D 2024, OmenglU, 102 min)

14.45 The Outrun (Nora Fingscheidt, GB/D 2024, OmU, 118 min)

17.30 A Different Man (Aaron Schimberg, USA 2024, OF, 112 min)

The Brutalist (Brady Corbet, GB 2024, Om U, 215 min)

Apple Cider Vinegar (Sofie Benoot, B/NL 2024, OmenglU, 80 min)

13.45 Kurzfilme Rojas 1 (Juliana Rojas, Marco Dutra, BRA 2004–2011, OmenglU, 61 min)

7 promenades avec Mark Brown (Vincent Barré, Pierre Creton, F 2024, OmenglU, 104 min)

19.00 Una sombra oscilante (Celeste Rojas Mugica, CL/ARG/F 2024, OmenglU, 77 min)

21.30 Cidade; Campo (Juliana Rojas, BRA/F/D 2024, OmenglU, 119 min)

10.45 Qing chun (Ku) (Wang Bing, F/LUX/NL 2024, OmenglU, 223 min)

15.30 Exergue –On documenta 14, Kapitel 1–7 (GR 2024, OmenglU, 400 min)

Mond (Kurdwin Ayub, Ö 2024, OmenglU, 93 min)

Volveréis (Jonás Trueba, E/F 2024, OmU, 114 min)

Zwischen uns Go

(Rebecca Hirneise, Ö 2024, OmenglU, 91 min)

Bogancloch

(Ben Rivers, GB/D/ISL 2024, OF, 85 min)

Realm of Satan (Sco Cummings, USA 2024, OmenglU, 80 min)

12.00 Between the Temples

(Nathan Silver, USA 2024, OF, 112 min)

15.15 Fario

(Lucie Prost, F 2024, OmenglU, 90 min)

18.00 The Damned (Roberto Minervini, I/USA/B 2024, englOF, 88 min)

Grand Tour

(Miguel Gomes, P/IT/F 2024, OmenglU, 129 min)

Revolving Rounds (Johann Lurf, Christina Jauernik, Ö 2024, 11 min)

Adieu au langage (3D)

(Jean-Luc Godard, F/CH 2014, 70 min)

Among the Palms the Bomb …

(Lukas Marxt, Vanja Smiljanić, Ö/D 2024, englOF, 85 min)

16.30 Scénarios + Exposé du film annonce du film „Scénario“

(Jean-Luc Godard, F/J 2024, OmenglU, 64 min)

10.00 Le deuxième acte (Quentin Dupieux, F 2024, OmU, 80 min)

13.30 A Real Pain (Jesse Eisenberg, PL/USA 2024, OmU, 90 min)

Überraschungsfilm

18.30 Miséricorde

(Alain Guiraudie, F/E/P 2024, OmU, 102 min)

21.30 El jockey (Luis Ortega, ARG/MEX/E/DK/USA 2024, OmenglU, 96 min)

Je ště nejsem, k ý m chci bý t (Klára Tasovská, CZ/SVK/Ö 2024, OmenglU, 90 min)

Kurzfilme Rojas 2 (Juliana Rojas, Marco Dutra, BRA 2012–2017, OmenglU, 65 min)

Fario (Lucie Prost, F 2024, OmenglU, 90 min)

Sinfonia da necrópole (Juliana Rojas, BRA 2014, OmenglU, 89 min)

21.15 Paradies (Pablo Sigg, MEX/CH 2024, OmenglU, 83 min)

10.00 Exergue –On documenta 14, Kapitel 8–14 (GR 2024, OmenglU, 448 min)

18.45 Janggun-ui adeul (Im Kwon-taek, Südkorea 1990, OmenglU, 108 min)

21.00 7 promenades avec Mark Brown (Vincent Barré, Pierre Creton, F 2024, OmenglU, 104 min)

12.00 The Village Next to Paradise (Mo Harawe, Ö/F/D/SO 2024, OmenglU, 133 min)

15.15 On Becoming a Guinea Fowl (Rungano Nyoni, ZMB/GB/IRL 2024, OmenglU, 95 min)

17.30 Dear Beautiful Beloved (Juri Rechinsky, Ö 2024, OmU, 93 min)

Wu suo zhu (Tsai Ming-liang, TWN/USA 2024, 79 min)

Pavements (Alex Ross Perry, USA 2024, OF, 128 min)

12.00 Qing chun (Gui) (Wang Bing, F/LUX/NL 2024, OmenglU, 152 min)

15.00 Pfau – Bin ich echt? (Bernhard Wenger, Ö/D 2024, OmenglU, 102 min)

18.00 L’Empire (Bruno Dumont, F/IT/D/BEL/POR 2024, OmenglU, 110 min)

A Different Man (Aaron Schimberg, USA 2024, OF, 112 min)

Dear Doc + Berlin 10/90 (Robert Kramer, F 1990/1991, englOF, 99 min)

Bogancloch (Ben Rivers, GB/D/ISL 2024, OF, 85 min)

Kurzfilmprogramm 6: All Adri (OmenglU, 73 min)

6.30 Emilia Pérez (Jacques Audiard, F/USA/MEX 2024, OmU, 133 min)

13.00 The Shrouds (David Cronenberg, F/CAN 2024, englOF, 119 min)

15.15 Nightbitch (Marielle Heller, USA 2024, OmU, 98 min)

Grand Tour (Miguel Gomes, P/IT/F 2024, OmenglU, 129 min)

21.15 Emilia Pérez (Jacques Audiard, F/USA/MEX 2024, OmU, 133 min)

Una sombra oscilante (Celeste Rojas Mugica, CL/ARG/F 2024, OmenglU, 77 min)

Gi-dam (Jung Bum-shik, Jung Sik, Südkorea 2007, OmenglU, 98 min)

Der Engel mit der Posaune (Karl Hartl, Ö 1948, OmenglU, 138 min)

19.00 Wu suo zhu (Tsai Ming-liang, TWN/USA 2024, 79 min)

21.30 Opt ilustrate din lumea ideală (Radu Jude, Christian Ferencz-Flatz, RO 2024, OmenglU, 71 min)

13.00 Sanctuary Station (Brigid McCaff rey, USA 2024, OF, 69 min)

15.30 Kurzfilmprogramm 6: All Adri (OmenglU, 73 min)

12.00 I Saw the TV Glow (Jane Schoenbrun, USA 2024, OF, 101 min)

14.45 Pepe (Nelson Carlo de Los Santos Arias, DOM/ NAM/D/F 2024, OmenglU, 122 min)

17.30 El jockey (Luis Ortega, ARG/MEX/E/DK/USA 2024, OmenglU, 96 min)

20.15 Algo viejo, algo nuevo, algo prestado (Hernán Rosselli, ARG/POR/ESP 2024, OmenglU, 100 min)

Sinfonia da necrópole (Juliana Rojas, BRA 2014, OmenglU, 89 min)

Janet Planet (Annie Baker, USA/GB 2023, OF, 113 min)

13.15 Harvest (Athina Rachel Tsangari, GB/D/GR/F/USA 2024, englOF, 131 min)

Seses (Laurynas Bareiš a, LT/LVA 2024, OmenglU, 88 min)

Kuraudo (Kiyoshi Kurosawa, J 2024, OmenglU, 124 min)

21.15 Miséricorde (Alain Guiraudie, F/E/P 2024, OmU, 102 min)

Vidéole res Robert Kramer / Stephen Dwoskin (Robert Kramer, Stephen Dwoskin, F/GB 1991, englOF, 100 min)

Point de départ + Say kom sa (Robert Kramer, F/VN 1994/1998, OmenglU, 100 min)

Kurzfilmprogramm 7: Vibrations (OmenglU, 79 min)

Rendez-vous avec Pol Pot (Rithy Panh, F/KHM/TWN/TR/QAT 2024, OmenglU, 112 min)

19.30 Dahomey (Mati Diop, F/SEN/BEN 2024, OmU, 68 min)

Tú me abrasas (Matías Piñeiro, ARG/E 2024, OmenglU, 64 min)

Paradies (Pablo Sigg, MEX/CH 2024, OmenglU, 83 min)

Mensch ohne Namen (Gustav Ucicky, D 1932, OmenglU, 89 min)

Algo viejo, algo nuevo, algo prestado (Hernán Rosselli, ARG/POR/ESP 2024, OmenglU, 100 min)

21.15 Dahomey (Mati Diop, F/SEN/BEN 2024, OmU, 68 min)

13.00 Najeun moksori (Byun Youngjoo, Südkorea 1995, OmenglU, 100 min)

15.15 La parra (Alberto Gracia, E 2024, OmenglU, 90 min)

Kurzfilmprogramm 7: Vibrations ( OmenglU, 79 min)

Gi-dam (Jung Bum-shik, Jung Sik, Südkorea 2007, OmenglU, 98 min)

Feng liu yi dai (Jia Zhangke, CHN 2024, OmenglU, 111 min)

La prisonnière de Bordeaux (Patricia Mazuy, F 2024, OmenglU, 108 min)

Cidade; Campo (Juliana Rojas, BRA/F/D 2024, OmenglU, 119 min)

21.30 Dahomey (Mati Diop, F/SEN/BEN 2024, OmU, 68 min)

12.00 Simón de la montaña (Federico Luis, ARG/CL/URY 2024, OmenglU, 97 min)

14.45 Ah-ga-ssi (Park Chan-wook, Südkorea 2016, OmenglU, 145 min)

18.00 All We Imagine as Light (Payal Kapadia, F/IND/NL/LUX 2024, OmenglU, 114 min)

21.15 Dahomey (Mati Diop, F/SEN/BEN 2024, OmenglU, 68 min)

Sleep #2 (Radu Jude, RO 2024, OmenglU, 62 min)21.15 Dahomey (Mati Diop, F/SEN/BEN 2024, OmU, 68 min)

13.15 Zwischen uns Go (Rebecca Hirneise, Ö 2024, OmenglU, 91 min)

Cités de la plaine + City Empires (Robert Kramer, F 2000, OmenglU, 134 min)

As boas maneiras (Marco Dutra, Juliana Rojas, BRA/F 2017, OmenglU, 135 min)
Desert Suite (Fabrizio Ferraro, I/F/E 2024, OmenglU, 85 min) 18.30
Route One/USA (Robert Kramer, USA/F 1989, OmU, 255 min)
nejsem,
(Klára Tasovská, CZ/SVK/Ö 2024, OmU, 90 min)
Suyoocheon (Hong Sangsoo, Südkorea 2024, OmenglU, 111 min)
21.15 Dear Beautiful Beloved (Juri Rechinsky, Ö 2024, OmenglU, 93 min) 22.00 Dahomey (Mati Diop, F/SEN/BEN 2024, OmenglU, 68 min)
Dreaming Dogs (Elsa Kremser, Levin Peter, Ö/D 2024, OmenglU, 78 min)

SPONSOREN UND PARTNER DER VIENNALE 2024

Sponsoren Hauptsponsor

MEDIENPARTNER SONDERPUBLIKATIONEN

SPONSOREN

Albrechtsberger

Al es

Alt Wien Ka ee

Amante 1530

Austrian Airlines

Bösmüller Print Management

Canon

City Airport Train – CAT

die mietbar

ElectronicPartner

epitome

FedEx

Felzl

GOMI Zelte & Mietmöbel

Heuriger SCHÜBEL-Auer

KELI Limonaden

KULTURFORMAT

La Cultura del Ca è

LANDGARTEN

LANDHOF

Lautsprecher Teufel

Lobmeyr

MAKAvA delighted ice tea

Mili co

Mionetto Prosecco

Plantical

Schloss Gobelsburg

Tassoni

The Harmonie Vienna

Trumer Privatbrauerei

TRZES ´ NIEWSKI

Tucano

Weingut Bründlmayer

Weingut Christoph Edelbauer

RESTAURANT-SPONSOREN

Café Ansari

Café Prückel

Café Schwarzenberg

Das LOFT

Figlmüller Wien

Glacis Beisl

Le Burger

Market

Restaurant WRENKH

SALZAMT

Stadtwirt Xpedit

MEDIENPARTNER

1000things cineplexx.at

DOT.magazine

FAQ Magazine lm.at

ORANGE 94.0

ORF III

Radio Super y The Gap

VORmagazin

MARKETING-PARTNER Film

Akademie des Österreichischen Films

Austrian Film Commission

Cinema Next Crossing Europe Diagonale dok.at

Festival dei Popoli Ficunam

FIDMarseille

Filmarchiv Austria

Forum Österreichischer Filmfestivals IndieLisboa

Int. Frauen lmfestival Dortmund / Köln

Int. Kinder lmfestival Wien

Int. Kurz lmtage

Oberhausen

Kino im Kesselhaus

KINO VOD CLUB nonstop Kinoabo

Österreichisches Filmmuseum

Punto de Vista

Stadtkino im Künstlerhaus

Vienna Film Commission

Vienna Shorts

VOLXkino KARLSkino

WienXtra Video & Filmtage

KURZFILMPROGRAMM 1: HERITAGES

The Diary of a Sky (Lawrence Abu Hamdan, Libanon 2024, 44 Min, OmenglU) Slow Shi (Shambhavi Kaul, USA/Indien 2023, 9 Min, kD) UNDR (Kamal Aljafari, Palästina/Deutschland 2024, 18 Min, kD)

KURZFILMPROGRAMM 2: OUTBURSTS

Gleichzeitig nackt, Simultaneously Naked (Ursula Pürrer, Ashley Hans Scheirl, Österreich 2024, 3 Min, kD) Stone, Hat, Ribbon and Rose (Eva Giolo, Belgien 2023, 16 Min, kD) Como un estallido, Like An Outburst (Sebastián Schjaer, Argentinien 2024, 11 Min, OmenglU) Uscita di sicurezza, Emergency Exit (Friedl vom Gröller, Österreich 2024, 4 Min, kD) Jelena (Friedl vom Gröller, Österreich 2024, 3 Min, kD) Being John Smith (John Smith, Vereinigtes Königreich 2024, 27 Min, OF)

KURZFILMPROGRAMM 3: STRANGE DESIRES Ruletista

Medien

APA

Biorama

DATUM

Die Furche

Fleisch Magazin

Rätselfabrik springerin

Vienna Würstelstand

Kultur, Kunst, Non-Pro t

Akademie der Bildenden

Künste

Arbeiterkammer Wien

Arena Wien

Buch Wien

Büchereien Wien

Burgtheater

Die Angewandte

ImPulsTanz

Kulturreferat ÖH Uni Wien

Kunsthalle Wien

Kunsthistorisches Museum Wien

Lateinamerika Institut

mumok

Tanzquartier Wien

VHS Wiener Urania

Volkstheater Wien

Weltmuseum Wien

Wiener Festwochen WUK

Business

cyledge

Direct Marketing

European Youth Card

Filmgalerie Achteinhalb

Gerngross

Goldbach Audience

KAFFEEKÜCHE

Schottentor-Passage

ORF OMC

Protobyte

Schüren Verlag

share

Syoss

Thalia

ZONE Media

(Lukas Valenta Rinner, Österreich 2024, 20 Min, OmenglU) Un movimiento extraño, An Odd Turn (Francisco Lezama, Argentinien 2024, 23 Min, OmenglU) Die schöne Tote, Beautiful Dead Woman (Jan Soldat, Österreich/Deutschland 2024, 7 Min, OmenglU) Machine Boys (Karimah Ashadu, Nigeria/Deutschland/Italien 2024, 9 Min, OmenglU) Da qualche parte nella tua bocca, Someplace in Your Mouth (Beatrice Gibson, Nick Gordon, Vereinigtes Königreich/ Italien 2024, 4 Min, OmenglU)

KURZFILMPROGRAMM 4: FORMS OF FREEDOM Grandmamauntsistercat (Zuza Banasińska, Niederlande/Polen 2024, 23 Min, OmenglU) Razeh-del (Maryam Tafakory, Iran/Vereinigtes Königreich/Italien 2024, 28 Min, OmenglU)

HABĀ (Helin Çelik, Österreich/Spanien 2024, 23 Min, OmenglU)

KURZFILMPROGRAMM 5: NATURAL RHYMES

Heavenly Rhymes (Angelo Toscano, Vereinigtes Königreich/Italien 2024, 14 Min, kD)

Homing (Tamer Hassan, USA/Brasilien 2023, 34 Min, kD) E fforts Of Nature (Morgan Quaintance, Vereinigtes Königreich 2023, 19 Min, kD, englZT)

KURZFILMPROGRAMM 6: ALL ADRIFT

Potenciais à deriva, Adri Potentials (Leonardo Pirondi, USA/Brasilien 2024, 12 Min, OmenglU) Hemel (Danielle Dean, Vereinigtes Königreich 2024, 29 Min, OF)

Break no. 1 & Break no. 2 (Lei Lei, China 2024, 18 Min, OmenglU) JIZAI

(Maiko Endo, Japan 2024, 14 Min, OmenglU)

KURZFILMPROGRAMM 7: VIBRATIONS

Vibrations, Syzygy (Akbar Padamsee, Indien 1969/2024, 12 Min, stumm)

A Black Screen Too (Rhayne Verme e, Kanada 2024, 2 Min, kD) Commute

(Henry Hills, Österreich/Tschechische Republik 2024, 9 Min, kD)

To Brasil

(Ute Aurand, Deutschland 2023, 19 Min, kD) Resonance (Katharina Bayer, Österreich/Deutschland/Schweiz 2024, 9 Min, kD)

Revolving Rounds (Johann Lurf, Christina Jauernik, Österreich 2024, 11 Min, kD, 3D) Materia vibrante

(Pablo Marín, Argentinien 2023, 7 Min, kD)

COLECTIVO LOS INGRÁVIDOS: POLITICS

Extractivistas

(Colectivo Los Ingrávidos, Mexiko 2016, 1 Min, OmenglU) Coyolxauhqui (Colectivo Los Ingrávidos, Mexiko 2016, 10 Min, kD) Impressions for a Light and Sound Machine (Colectivo Los Ingrávidos, Mexiko 2017, 7 Min, OmenglU) ¿Has visto?, Have you seen? (Colectivo Los Ingrávidos, Mexiko 2017, 7 Min, kD) Transmission/Misframing (Colectivo Los Ingrávidos, Mexiko 2014, 5 Min, OmenglU) Batalla (Colectivo Los Ingrávidos, Mexiko 2019, 5 Min, kD) Olympia (Colectivo Los Ingrávidos, Mexiko 2018, 7 Min, englZT) A er América (Colectivo Los Ingrávidos, Mexiko 2021, 7 Min, englOF) Brussels (Colectivo Los Ingrávidos, Mexiko 2024, 3 Min, kD, englZT) Colonial transfer (Colectivo Los Ingrávidos, Mexiko 2021, 7 Min, kD, englZT)

COLECTIVO LOS INGRÁVIDOS:

SHAMANIC MATERIALISM

Guerras floridas

(Colectivo Los Ingrávidos, Mexiko 2021, 4 Min, kD) El nido del sol (Colectivo Los Ingrávidos, Mexiko 2021, 5 Min, kD) Coyote (Colectivo Los Ingrávidos, Mexiko 2023, 16 Min, kD) Danza solar (Colectivo Los Ingrávidos, Mexiko 2021, 4 Min, kD) TLÁLOC (Colectivo Los Ingrávidos, Mexiko 2015, 11 Min, kD) Visión de Anáhuac (Colectivo Los Ingrávidos, Mexiko 2018, 1 Min, kD) Sensemayá ( Colectivo Los Ingrávidos, Mexiko 2021, 7 Min, kD)

KURZFILME 1: JULIANA ROJAS

O lençol branco, The White Sheet (Juliana Rojas, Marco Dutra, Brasilien 2004, 16 Min, OmenglU) Um ramo, A Stem (Juliana Rojas, Marco Dutra, Brasilien 2007, 15 Min, OmenglU) Vestida, Dressed (Juliana Rojas, Brasilien 2008, 15 Min, OmenglU) Pra eu dormir tranquilo, To Sleep Quietly (Juliana Rojas, Brasilien 2011, 15 Min, OmenglU)

KURZFILME 2: JULIANA ROJAS

O duplo, Doppelgänger (Juliana Rojas, Brasilien 2012, 25 Min, OmenglU) Nascemos hoje, quando o céu estava carregado de ferro e veneno, We Were Born Today, When the Sky Was Heavy with Iron and Poison (Juliana Rojas, Marco Dutra, Brasilien 2013, 20 Min, OmenglU)

A passagem do cometa, The Passage of the Comet (Juliana Rojas, Brasilien 2017, 20 Min, OmenglU)

Kartenvorverkauf

GARTENBAUKINO: 12. bis 16. Oktober, täglich 10 bis 20 Uhr, 17. Oktober von 10 bis 16 Uhr

Tickets per Telefon 12. bis 29. Oktober, tägl. 10 bis 20 Uhr Tel. 01/526 594 769

Ausverkaufte Vorstellungen: Ab 30 Minuten vor Vorstellungsbeginn werden Wartenummern für verfügbare Resttickets ausgegeben

Tickets Online ab 12. Oktober, viennale.at

Kartenverkauf Retrospektive An allen Viennale-Kassen, online und telefonisch

OF Originalfassung kD kein Dialog englZT englische Zwischentitel englOF englische Originalfassung OmU Originalfassung mit deutschen Untertiteln OmenglU Originalfassung mit englischen Untertiteln

Bilder der Subversion – Subversion der Bilder

„¿Has visto?“ von 2017 würdigt den Kampf von Mü ern ermordeter Kinder in Mexiko um politische Au lärung »

Die filmischen Arbeiten des Kollektivs verknüpfen den Agitprop sozialer Proteste mit experimenteller Poesie

Die einzelnen Termine finden Sie im Programmteil

Als Teil der Widerstandsbewegung in Mexiko ist das Colectivo Los Ingrávidos zu einem der wichtigsten Filmkollektive Lateinamerikas aufgestiegen. Drei Programme geben Einblick in die vielfältige und umfangreiche Werkbiografie des Kollektivs

EINFÜHRUNG: RAMÓN REICHERT

Im Mai 2012 fanden erstmals in der Geschichte Mexikos Straßenproteste gegen Fernsehbilder statt. Vor allem Studierende warfen Zeitungen und Fernsehsendern vor, in ihrer Berichterstattung über die bevorstehende Präsidentscha swahl den Kandidaten Enrique Peña Nieto und seine Partido Revolucionario Institucional zu begünstigen. Im gleichen Jahr wurde das Colectivo Los Ingrávidos in Tehuacán gegründet.

Entstanden ist das Kollektiv vor allem als Widerstandsbewegung inmitten der Unruhen während der Amtseinführung des neuen mexikanischen Präsidenten Enrique Peña Nieto. Es war notwendig, sich als anonymes Kollektiv vor dem Hintergrund der Studierendenbewegung Yo Soy 132 zu formieren, da das Recht auf freie und künstlerische Meinungsäußerung in Mexiko bereits im Vorfeld der Präsidentscha swahlen massiv eingeschränkt war.

Die Gruppe ist Teil einer zweifachen filmischen Genealogie: erstens der Genealogie von Filmkollektiven, zweitens der Genealogie des politischen und experimentellen Films. Auch wenn sich Los Ingrávidos nicht als feministische Gruppe definiert, ist es aufgrund seiner Organisationsweisen und intersektionalen Herangehensweise sowie der formalen Merkmale seiner Arbeit eines

der politisch aktivsten lateinamerikanischen Filmkollektive.

Wider die Bewusstseinsindustrie

Die Entscheidung, gemeinsam zu arbeiten, speist sich auch aus der Kritik am neoliberalen Modell der Schwächung der Solidargemeinscha en und der damit zusammenhängenden Isolierung kritischer Stimmen. Im Zentrum der Aktivitäten des Kollektivs steht das Medium Film, als Stütze der Kultur- und Bewusstseinsindustrie verbreitet es auf besonders wirksame Weise Ideologien und prägt das kollektive Gedächtnis Mexikos.

Die Arbeiten des Kollektivs versuchen im Sinne der Avantgarde-Bewegungen filmische Konventionen zu überwinden. Sie bedienen sich digitaler und analoger Medien, verknüpfen den Agitprop sozialer Proteste mit experimenteller Poesie, konfrontieren Archivmaterial mit künstlerischen Interventionen, um gesellscha liche Stereotype und politische Vereinfachungen aufzubrechen. Ihre Arbeiten erzeugen visuelle und auditive Eindrücke, mit denen sie ein radikales visuelles Vokabular entwickeln und neue politische Handlungs- und Denkräume zu erschließen versuchen. Dabei arbeiten sie sehr intensiv mit Found Footage aus Film- und Fernseharchiven, das sie im Sinne ihrer künstleri-

schen Interventionen umarbeiten. Das Kollektiv zielt darauf ab, die audiovisuelle Grammatik der Filmindustrien und staatlichen Fernsehsender zu dekonstruieren, um die repressive und strukturkonservative Ausrichtung der audiovisuellen Ideologie sichtbar zu machen.

Toolkit filmischer Subversion

Die im Rahmen der Viennale kuratierten Kurzfilmprogramme zeigen einen repräsentativen Querschnitt der filmischen Kollektivarbeit, deren Themen immer auch tief in den Erzählungen, der Geschichte und dem Aktivismus der indigenen mexikanischen Kultur verwurzelt sind. Eine Werkzeugkiste filmischer Subversionsarbeit wird dadurch sichtbar. Die folgenden drei Filme verdichten kongenial die Schnittstellen von filmkünstlerischer Revolte und politischem Aktivismus und markieren bis heute gültige landmark films der lateinamerikanischen Experimentalfilmkultur.

„Impressions for a Light and Sound Machine“ (2014) ist ein energetisches Werk, das Bilder aus einem traditionellen mexikanischen Film mit dem kra vollen Monolog einer weiblichen Stimme verknüp . Das weibliche Voiceover durchbohrt aus dem Off die reaktionären Frauenbilder, die im Bild zu sehen sind. Zusätzlich bearbei-

ten starke Einkerbungen das filmische Bild, das durch diese Interventionen verletzlich und fragil-fragwürdig erscheint.

„Coyolxauhqui“ (2017) rekurriert auf den Mythos der aztekischen Mondgöttin und bietet eine tiefgreifende Reflexion über die Auswirkungen der Kolonialisierung und emanzipatorische Prozesse der dekolonialen Rückeroberung der indigenen Mythologie. Erzählerische und ästhetische Kamera- und Schnittverfahren formalisieren einen nichtmenschlichen (animistischen) Blick, der darauf abzielt, den vermeintlichen Opfern des kapitalistisch-kolonial-patriarchalen Systems – nicht-weiße Frauen aus der Arbeiterklasse – ihre Handlungsmacht durch die Wiedererlangung ihrer Blickmacht zurückzugeben.

„¿Has visto?“ (2017) wurde auf 16 mm gedreht, würdigt die Kämpfe mexikanischer Mütter, deren Kinder entführt und ermordet wurden, und betont ihr unermüdliches Streben nach politischer Au lärung und Gerechtigkeit. Der Film beleuchtet nicht nur ein gesellscha liches Problem machtpolitischer Willkür und Ohnmacht, sondern bietet auch einen Einblick in die persönlichen Folgen der politischen Neuordnung der Gesellscha F

Ramón Reichert ist Kulturwissenscha ler und Medientheoretiker und lebt in Wien

S

ucht man im deutschsprachigen Google etwas über Robert Kramer, bekommt man kurioserweise als ersten Treffer, dass der Gesuchte ein amerikanischer Drehbuchautor und Schauspieler war, was zwar beides stimmt, allerdings nur kleinere oder zufällige Zwischenstopps auf den Wegen benennt, die der Filmemacher im Laufe seines Lebens (1939–1999) befahren hat. Oder anders: Es sind Beschreibungen, die nur den äußersten Rand dessen bezeichnen, was Robert Kramers trajet als Filmkünstler und Mensch gewesen ist.

Was ein trajet ist? In seinem Filmporträt „Looking for Robert“ (2024) erläutert es Richard Copans, der eigentlich Kameramann werden wollte, dann aber zu Kramers Produzenten und einem seiner engsten Vertrauten wurde, so: „Le trajet, der Weg oder die Fahrt, ist ein immer wiederkehrendes Element in seiner Arbeit gewesen. Robert hat das französische Wort regelrecht ausgekostet und dabei das ‚r‘ mit seinem amerikanischen Akzent verschliffen. Aber er ist bei dem französischen Wort geblieben, weil es im Englischen nichts Gleichwertiges gibt, höchstens trajectory. Aber das bezeichnet den Weg eines Geschoßes, nicht den eines Menschen.“

Vermutlich gibt es wenige Regisseure, bei denen ein einzelnes Wort, trajet, bereits so viel darüber aussagt, was Intention und Substanz ihrer Arbeiten ist oder war.

Hinaus

(oder hinein)

ins O ene

Von der Arbeit im Kollektiv zum Solitär: Das Werk des „transatlantischen“ Filmemachers Robert Kramer entzieht sich allen Genrezuschreibungen

FILMGESCHICHTE: RALPH EUE

Lektüre zur Retro: Bernard Eisenschitz und Robert Turiglia o: „Starting Places. A Conversation with Robert Kramer“, herausgegeben von Volker Pantenburg. FilmmuseumSynemaPublikationen (Wien 2024), 224 S., € 24,–

Der in New York geborene Sohn einer deutschstämmigen Arztfamilie studierte Philosophie und die Geschichte Westeuropas am Swarthmore College und an der Stanford University. Nachdem er 1965 an einem Gemeinscha sprojekt unter Schwarzen in Newark mitgearbeitet und Südamerika und Israel bereist hatte – Südamerika als Reporter und weil er sich für die Kämpfe in der Dritten Welt interessierte, Israel, um den Anteil des Jüdischen in seiner Familie besser zu begreifen –, war er Mitbegründer des Newsreel-Filmkollektivs. Unter dem Label dieser Gruppe entstanden zwischen 1967 und 1971, als die Anti-Vietnamkrieg-Bewegung wuchs, etwa 60 Dokumentar- und Kurzfilme zu politischen Themen.

Im gleichen Zeitraum arbeitete Kramer bereits auch an eigenen Filmen, die die Grenze zwischen Fiktivem und Dokumentarischem immer weiter ausloteten und die zerbrechenden Träume einer zweiflerischen jungen Generation – seiner eigenen –zu erkunden versuchte. Mit den frühen Filmen, von „In the Country“ (1967) bis „Ice“ (1969), ging er zunehmend und in kaum mehr rückgängig zu machender Weise auf Distanz zu seinem Land.

Mit „Milestones“ (1975) drehte er einen gleichermaßen melancholischen wie ironischen Abgesang auf die Auflösung der amerikanischen Linken und verließ die USA danach gen Portugal für eine teilnehmende

Beobachtung der Nelkenrevolution („Scenes from the Class Struggle in Portugal“, 1977) und Angola, wo er „Guns“ (1980) drehte, um schließlich Frankreich zu seiner kulturellen Homebase zu machen. Er schrieb an einem Drehbuch für Wenders mit („Der Stand der Dinge“, 1981) und war an Thomas Harlans bizarrem Projekt „Wundkanal. Hinrichtung für vier Stimmen“ (1984) beteiligt, dem er mit „Notre Nazi“ einen skeptischen ‚Begleitfilm‘ an die Seite stellte.

Ende der 1980er folgten seine vermutlich bekanntesten Arbeiten „Doc’s Kingdom“ und „Route One, USA“, zwei Unternehmungen, die zwischen allen Genregrenzen operieren und Kramers Existenz eines „Mid-Atlantic Filmmaker“ – diesseits des Atlantiks arbeitend, aber aus der selbst gewählten Heimatlosigkeit heraus auf seine innere Landkarte jenseits des Atlantik zurückblickend – zum Ausgangspunkt haben. Kramer war, so hieß es 1999 in einem Nachruf, ein umgänglicher und wacher Zeitgenosse, den die Trauer über die verlorenen Illusionen nicht bitter oder verstockt hat werden lassen und der stattdessen die Welt und den weiten Raum des Kinos als Nomade erkundete. Insofern sind Kramers Filme Versuche, also Essays, und zugleich sind sie Abenteuerfilme. Das klingt nach weit Auseinanderliegendem, im Sinne von Körper und Geist, oder brain and pelvis, die nicht recht

Links: Ankun in New York: „Route One / USA“ (1989) ist Kramers Opus magnum

Ganz oben: Eine perspektivlose Jugend bereitet in „Ice“ (1969) die Revolution vor

Oben Mi e: Paralleldreh zu einer Doku über einen NS-Kriegsverbrecher: „Notre Nazi“ (1984)

Oben: Reisefilm zwischen Fiktion und Dokumentation: „Walk the Walk“ (1996)

Retrospektive im Österr. Filmmuseum: 18.10. bis 28.11. Filme und Termine finden Sie im Programmteil

zueinanderfinden können. Bei Kramer indes erscheint das ineinander verwoben, durch und durch hybrid. Er beschreitet Wege ins Offene, vielleicht wie es sich in diesem Aphorismus von Kierkegaard ausgedrückt findet, dass man das Leben nur rückwärtig verstehen könne, es aber in der Vorausschau gelebt werden müsse. Kramer selbst erklärte einmal, es gehe ihm darum, aus dem Kino der Blindheit auszutreten, weil der darin praktizierte und propagierte Blick, nicht den mentalen und anatomischen Gegebenheiten folge – dass also die Augen links und rechts der Nase sitzen –, sondern dort, wo eine Geschichte es verlange.

Mit seinen Filmen und Geschichten wolle er dagegen versuchen, mit der Kamera zu leben, so wie man auch sonst lebt, um etwas von Menschen zu registrieren, die ihrerseits sehen und darüber ein Verhältnis entwickeln zu dem, was um sie herum vorgeht. Man müsse versuchen, der Filmerzählung einen menschlichen Blickwinkel zu verleihen und würde darüber zur Kenntnis nehmen, dass die Folgen dieses Abenteuers bis zum Erreichen des Endes nicht absehbar sind. Ein großes Mission Statement!

Anlässlich „Route One, USA“ (1989), einem filmischen Mosaik mit über 60 Personen verschiedenster Herkun und mit unterschiedlichstem sozialem Status, die entlang der Route One an der Ostküste der USA zwi-

schen kanadischer Grenze und Florida leben, notierte Robert Kramer: „Entdeckungen machen. Sie vorbereiten. Das Umfeld schaffen, damit sie zutage treten können. Sich Zeit nehmen. Wir haben die Freiheit, jeden Moment anzufangen oder abzubrechen, um dem Faden der Geschichte, die ja noch im Entstehen begriffen ist, zu folgen, um Leute zu finden, von denen wir nicht wussten, dass wir sie suchten, in einer Stadt, von der wir noch nie gehört hatten. Geduld entwickeln. Hinaus (oder hinein) ins Offene. Etwas erfahren, etwas verstehen wollen. Und dann plötzlich: die Entdeckung. Der Moment, in dem Gefühl und Verstand, Ton und Bild zusammenkommen, wo sich etwas ereignet, auf das wir so lange hingearbeitet haben. Die Route One ist zwar nur eine Fernstraße, lediglich ein Weg, um von hier nach da zu kommen. Aber auch eine Reise in das wahre Herz von Amerika.“ „Route One, USA“ ist in jedem Moment der 255 Minuten, die er dauert, very much down to earth und huldigt dem Geist eines rohen Dokumentarismus. Zugleich ist er raffiniert konstruiert, mit einem Protagonisten, dem in die USA zurückgekehrten Doc, einem „Wanderarzt“, dargestellt von Paul McIsaac der bereits in Kramers vorherigem, in Portugal gedrehtem Film „Doc’s Kingdom“ die Hauptrolle spielte. Dieser Doc ist der vom Autor Robert Kramer eingesetzte Erzähler, zwar sein Stellvertreter, aber nicht mit ihm identisch – ein geläufiges Verfahren in der Literatur, für Dokumentarfilme dagegen höchst ungewöhnlich.

Man kann Kramers Werk auch als Speicher von Erfahrungen und Geschichte betrachten, was ihn auch zum kinematografischen soulmate des heuer verstorbenen Thomas Heise macht. Ihrer beider Filme sind eigentlich nicht direkt vergleichbar. Obwohl jeder für sich, auf seinem je eigenen trajet, unterwegs war, so war doch ihre filmische Attitude gegenüber ihrer Umgebung und den Menschen über einen parallel laufenden Faden miteinander verbunden. Vielleicht so, wie es in einem Song von Johnny Cash heißt: „We’re one, but we’re not the same“ Es sind Arbeiten, die nicht dem Hirngespinst eines durchschnittlichen Zuschauers den roten Teppich ausrollen, sondern als Flaschenpost anzusehen sind, um einem fremden, zufälligen, deshalb auch unvorbereiteten Empfänger mitzuteilen, wie es an jenem bestimmten Ort und zu jener bestimmten Zeit, da der Absender die Flasche verstöpselt hat, zugegangen ist auf der Welt. Wie man gefühlt und gesprochen hat. Was gedacht wurde. Warum etwas geliebt, verachtet oder verdammt wurde. Welche guten oder bösen Geister die Lu bevölkerten. The Human Condition eben.

Kurz bevor er starb, schrieb Robert Kramer noch einen unbeantwortet gebliebenen Brief an Bob Dylan, in dem er ihm ein gemeinsames Projekt vorschlug: „Während meines ganzen Lebens waren Sie eine der Stimmen, die in meinem Kopf klangen.“ Und lange vorher hatte er schon einmal gesagt: „Alles, was ich bisher mit meinen Filmen gesagt habe und vielleicht weiterhin noch sagen will, hat Bob Dylan bereits besungen.“ Als Paul McIsaac sich kurz nach Kramers Tod in dessen Wohnung umsah, fand er im CD-Player Dylans damals aktuelles Album „Time Out of Mind“.

Tatsächlich sind Kramers Filme wie viele von Dylans Songs: Vision, Orakel und Mirakel zugleich. Versponnene Lebenshilfen zwar, aber als praktische Ratgeber völlig untauglich – was natürlich als Kompliment zu verstehen ist. F

FOTO: VIENNALE / ROBERT KRAMER FOTO:
Ralph Eue ist Filmkritiker und Übersetzer, er lebt und arbeitet in Berlin

VIENNALE 24

Features

7 promenades avec Mark Brown / 7 Walks with Mark Brown (F 2024) R: Vincent Barré, Pierre Creton. 104 min. Der Paläobotaniker Mark Brown hat einen Traum: In seinem Garten in der Normandie möchte er eine ursprüngliche Fauna mit teilweise uralten einheimischen Gewächsen züchten. Auf sieben Exkursionen auf der Suche nach den endemischen Pflanzen nimmt er das Filmteam mit. Die Doku ist dabei zweigeteilt: Zuerst macht das Regieduo die Filmarbeit selbst sichtbar, danach sind die Pflanzen in Nahaufnahmen zu sehen, begleitet von Browns Erklärungen zwischen Wissenscha und Poesie. Metro: Sa 26.10., 16.00 + Metro, Pleskow-Saal: So 27.10., 21.00 (OmenglU)

Adieu au langage (3D) / Goodbye to Language (3D) (F/CH 2014) R: Jean-Luc Godard D: Héloise Godet, Zoé Bruneau, Kamel Abdeli, Jessica Erickson. 70 min. Ein Film, der die Zuschauer zu Versuchskaninchen macht: „Wie viel verträgt unsere Wahrnehmung? Wenn Filme zu schauen bedeutet, sehend zu denken, dann erteilt ‚Adieu au langage‘ Unterricht im Schielen.“ (Nino Klingler) Filmmuseum: Sa 26.10., 11.00

Ainda Estou Aqui / I’m Still Here (BRA/F 2024) R: Walter Salles D: Fernanda Torres, Selton Mello, Fernanda Montenegro. 135 min. Brasilien, 1971: Ein Land in den Fängen der Militärdiktatur. Am 20. Jänner wird Rubens Paiva, Gegner der Diktatur, ehemaliger Kongressabgeordneter und fünff acher Familienvater, zuhause festgenommen. Er bleibt verschwunden. Seine Frau, Eunice, kämp ein Vierteljahrhundert lang darum zu erfahren, was mit ihm passiert ist, bis sie traurige Gewissheit erlangt. Salles, ein Freund der Familie Paivas, spinnt sein eindringliches biografisches Drama rund um Eunice, die von einer großartigen Fernanda Torres verkörpert wird. Gartenbau: Di 22.10., 12.30 + Stadtkino im Künstlerhaus: Mi 23.10., 20.45 (OmU) Algo viejo, algo nuevo, algo prestado / Something Old, Something New, Something Borrowed (ARG/POR/ESP 2024) R: Hernán Rosselli D: Maribel Felpeto, Alejandra Cánepa, Hugo Felpeto, Leandro Menendez, Juliana Inae Risso. 100 min. In einem Arbeitervorort von Buenos Aires betreiben die Felpetos ein Untergrund-We geschä . Nach dem Tod des Vaters ist das Familienunternehmen matriarchalisch geprägt. Regisseur Rosselli schuf eine gewitzte Autofiktion: Maribel Felpeto, seine Nachbarin aus Kindertagen, vertraute dem Filmemacher ihre alten Familienvideos an und spielt eine Buchmacherin. Individuelle Erinnerungen und die Geschichte Argentiniens greifen in diesem zusammengebastelten Drama ineinander. Stadtkino im Künstlerhaus: Mo 28.10., 20.15 + Metro: Di 29.10., 18.30 (OmenglU)

All We Imagine as Light (F/IND/NL/LUX 2024) R: Payal Kapadia D: Kani Kusruti, Divya Prabha, Chhaya Kadam, Hridhu Haroon. 114 min. Die Krankenschwester Prabha lebt in Mumbai und versucht das Scheitern ihrer Ehe zu vergessen, indem sie sich in die Arbeit stürzt. Da erreicht sie ein unerwartetes Paket ihres Mannes, das ihr Leben auf den Kopf stellt. Ihre jüngere Kollegin und Mitbewohnerin Anu ist indessen frisch verliebt und sucht einen Ort, an dem sie mit Shiaz intim werden kann. Bei einem Ausflug ans Meer entdecken die beiden Frauen einen mystischen Wald, in dem sich ihre Träume verwirklichen können. Gartenbau: Mo 21.10., 12.00 + Urania: Di 29.10., 18.00 (OmenglU) Among the Palms the Bomb, or: Looking for reflections in the toxic field of plenty (Ö/D 2024) R: Lukas Marxt, Vanja Smiljanić. 85 min. Der Salton Sea im südlichen Kalifornien ist ein einzigartiges Ökosystem, dessen recht düstere Vergangenheit und Gegenwart das Regieduo vermi elt. Einerseits bedingt der Klimawandel einen Prozess der Austrocknung, andererseits gibt es historische Scha enseiten: Die USA testeten hier in den letzten Phasen des Zweiten Weltkriegs und im Kalten Krieg Atombomben. Die Doku führt in ein Museum, in dem Modelle von Fat Man und Li le Boy zu sehen sind, befragt Experten nach Geschichte und Landscha der Region und lässt Native Americans zu Wort kommen, besonders Menschen vom Stamm der Torres Martinez Desert Cahuilla Indians. Stadtkino

im Künstlerhaus: Fr 25.10., 17.45 + Filmmuseum: Sa 26.10., 13.30 (englOF)

Anora (USA 2024) R: Sean Baker D: Mikey Madison, Mark Eydelshteyn, Yura Borisov, Karren Karagulian. 139 min. Die junge Erotiktänzerin Anora und der 18-jährige russische Millionärssohn Ivan gehen die Ehe in einer Blitzhochzeit in Las Vegas ein. Doch wenig später bricht in diesem komödiantischen Drama die Familienhölle los: Ivans Oligarchen-Eltern setzen alles daran, die Heirat rückgängig zu machen. Regisseur Sean Baker erhielt für seinen Film in Cannes die Goldene Palme. Gartenbau: Fr 25.10., 15.00 + Sa 19.10., 21.45 (OmU)

Antikvariati / The Antique (GEO/CH/FIN/D 2024) R: Rusudan Glurjidze D: Salome Demuria, Sergey Dreiden, Vladimir Daushvili. 132 min. Der junge Georgier Lado schmuggelt antike Möbel von Georgien nach Russland. Seine Freundin, Medea, kau sich indes eine Wohnung im historischen Zentrum von Sankt Petersburg. Sie ist sehr günstig, da der Eigentümer, der einsame und eigensinnige Vadim, auch darin wohnt. Die beiden bauen eine Verbindung zueinander auf. Da kommt es zur rechtswidrigen Deportation tausender Georgier aus Russland: Lado wird gefasst und abgeschoben, Medea versteckt sich in einem Kleiderschrank. Urania: Mo 21.10., 16.00 + Metro: Di 22.10., 20.00 (OmenglU)

Apple Cider Vinegar (B/NL 2024) R: Sofie Benoot. 80 min. Wie sind der menschliche Körper und der Planet Erde – eine Welt mit einem o übersehenen Fundament aus Stein – miteinander verbunden? In ihrem puzzleartigen Essayfilm rund um ökologische Fragen versammelt Sofie Benoot eine Dokumentarfilm-Erzählerin mit Nierenstein, palästinensische Steinbrucharbeiter, einen leidenscha lichen britischen Geologen und Menschen, die auf den Lavafeldern der Kapverdischen Insel Fogo leben. Filmmuseum: Fr 25.10., 18.30 + Metro: Sa 26.10., 11.00 (OmenglU)

Architecton (D/F 2024) R: Victor Kossakovsky. 94 min. Der Architekt Michele De Lucchi ist ein Idealist seiner Profession, doch dazu gezwungen, kunstlose Wolkenkratzer aus Beton zu entwerfen, die eine kurze Lebensdauer haben und die Umwelt schwer belasten. Victor Kossakovsky („Gunda“) porträtiert in seiner neuen Doku einen desillusionierten Repräsentanten unserer Gegenwart und seinen Versuch, dem Krieg des Menschen gegen die Natur zu trotzen. Er folgt dem Lebenszyklus von Steinen und der Geschichte von Gebäuden und träumt von einer nachhaltigen Architektur. Urania: Fr 18.10., 13.15 (OmU) + Stadtkino im Künstlerhaus: Fr 25.10., 13.00 (OmenglU)

Averroès & Rosa Parks (F 2024) R: Nicolas Philibert. 143 min. Nach dem Dokumentarfilm „Auf der Adamant“ (2023), in dem er eine schwimmende Tagesklinik für psychisch Kranke porträtierte, setzt Nicolas Philibert seine Trilogie über psychiatrische Einrichtungen in Paris fort. Diesmal begibt sich der Filmemacher als stiller Beobachter in zwei Psychiatriestationen im Südosten der Stadt, erkundet die Gebäude, nimmt an Einzel- und Gruppentherapiesitzungen teil und stellt behutsam eine Reihe von Patient:innen vor. Urania: Fr 18.10., 10.15 + Gartenbau: Do 24.10., 12.00 (OmenglU)

Bakeneko Anzu-chan / Ghost Cat Anzu (J/F 2024) R: Yôko Kuno, Nobuhiro Yamashita. 95 min. Die el ährige Karin, die kürzlich ihre Mu er verloren hat, wird von ihrem Vater im Haus des Großvaters zurückgelassen. Dieser ist der Mönch des kleinen japanischen Städtchens auf dem Land und stellt Karin als Aufpasser seine Geisterkatze Anzu zur Seite. Zwei höchst unterschiedliche Sturköpfe geraten damit aneinander, doch rücken sie zusammen, als sie im Zuge eines Abenteuers in Tokio und schließlich sogar in der Hölle landen. Anime nach dem Manga von Takashi Imashiro, der sich mit Freundscha , Trauer und Abschied auseinandersetzt. Urania: Sa 19.10., 13.00 + Stadtkino im Künstlerhaus: Mi 23.10., 13.00 (OmenglU)

The Ballad of Suzanne Césaire (USA 2024) R: Madeleine Hunt-Ehrlich D: Zita Hanrot, Motell Foster, Josué Gutierrez, Reese Antoine e. 75 min. Die auf Martinique geborene Suzanne Césaire (1915–1966) war eine antikolonialistische Aktivistin und Schristellerin, die – zusammen mit ihrem Ehemann Aimé Césaire – zur literarisch-philosophischen Négritude-

Bewegung gehörte. Hunt-Ehrlichs Spielfilmdebüt über das Leben und Werk der Autorin ist weniger ein Biopic als eine träumerische und kritische Dekonstruktion rund um Kunst, Liebe, Politik und das Filmemachen selbst. Stadtkino im Künstlerhaus: Di 22.10., 20.30 + Metro: Mi 23.10., 16.15 (OmenglU)

Between the Temples (USA 2024) R: Nathan Silver D: Jason Schwartzman, Carol Kane, Dolly de Leon, Caroline Aaron, Robert Smigel, Ma hew Shear. 112 min. Jason Schwartzman und Carol Kane als Stars einer unorthodoxen Screwball Comedy: Der jüdische Kantor Ben erlebt eine schwere Krise, nachdem er seine Frau und seine Stimme verloren hat. Da triff t er seine ehemalige Musiklehrerin Carla wieder. Sie wird nicht nur seine Bat-Mizwa-Schülerin, sondern auch seine Partnerin und rü elt sein Leben ordentlich auf. Urania: Do 24.10., 18.00 + Sa 26.10., 12.00 (OF) Bluish (Ö 2024) R: Milena Czernovsky, Lilith Kraxner D: Leonie Bramberger, Natasha Goncharova. 83 min. Zwei Frauen treiben wie parallel existierende Gestirne ein wenig orientierungslos durch graue Wintertage einer Stadt. Während ihr zäher Alltag lose dahinplätschert, öff nen sich san e Blicke auf kleine Momente, Begegnungen und Berührungen. Der neue Film des Regieduos hinter „Beatrix“ (2021). Stadtkino im Künstlerhaus: So 20.10., 17.30 + Filmmuseum: Fr 25.10., 13.45 (OmenglU) Bogancloch (GB/D/ISL 2024) R: Ben Rivers. 85 min. Zum wiederholten Mal begleitet Ben Rivers den scho ischen Eremiten Jake Williams mit der Kamera. Er lebt am Rand eines Bergwalds in Aberdeenshire, sein Wohnort hat eine gewisse Ähnlichkeit mit einer Müllhalde. Rivers beobachtet ihn u.a. beim Garteln in seinem Gewächshaus, beim Reparieren des Dachs, beim Wandern durch den Wald, beim Singen und Baden. Das Filmmaterial, das er in SchwarzWeiß und Farbe gedreht hat, hat er dabei aufwendig verändert, verfremdet und montiert. Stadtkino im Künstlerhaus: Sa 26.10., 20.30 + Filmmuseum: So 27.10., 13.30 (OF)

Breathless (USA 2023) R: James Benning. 86 min. „Am 28. November 2023 fuhr ich von meinem Zuhause in Pine Flat, Kalifornien, hinunter zum Upper Kern River. Ich kam, um einen Baum zu filmen. Seine Blä er waren orange. Innerhalb weniger Minuten begannen Dinge zu passieren, die ich nicht geplant ha e.“ So James Benning über seinen Film, der aus einer statischen Einstellung auf eine Straße mit einer Kurve, Felsen im Hintergrund, Vegetation – und eben den genannten Baum besteht. Filmmuseum: Fr 18.10., 16.00 + Metro, Pleskow-Saal: Sa 19.10., 20.00

The Brutalist (GB 2024) R: Brady Corbet D: Adrien Brody, Felicity Jones, Guy Pearce, Joe Alwyn, Raff ey Cassidy, Stacy Martin, Emma Laird. 215 min. 1947 wandert der in Ungarn geborene jüdische Architekt und Holocaust-Überlebende László Tóth in die Vereinigten Staaten von Amerika aus. Zunächst gezwungen, in Armut zu schu en, erhält er bald einen ungewöhnlichen Au rag des Industriellen Harry Van Buren, der den Verlauf seines weiteren Lebens verändert. Gartenbau: Mi 23.10., 20.30 + Sa 26.10., 20.30 (OmU)

Ce n’est qu’un au revoir / So Long (F 2024) R: Guillaume Brac. 66 min. In der französischen Stadt Die geht eine Ära zu Ende: Das Durchwandern der Ruinen der römischen Stadtmauer, die Partys in den angrenzenden Wäldern, das Schwimmen in der Drôme, das Leben in den winzigen, bunten Zimmern des Internats. Regisseur Brac begleitet die letzten Momente der Highschool-Zeit von Aurore, Nours, Jeanne, Diane und Louison. Es ist ein melancholischer Abschied, denn viele der jungen Menschen haben in ihrem Leben bereits erfahren, was Verlust bedeutet. Urania: Mi 23.10., 18.30 + Metro: Fr 25.10., 21.00 (OmenglU)

C’est pas moi / It’s Not Me (F 2024) R: Leos Carax

D: Denis Lavant, Kateryna Yuspina, Nastya Golubeva Carax, Loreta Juodkatie. 42 min. Der französische Regisseur Leos Carax, Schöpfer etwa von „Boy Meets Girl“, „Die Liebenden von Pont-Neuf“ und „Holy Motors“, feiert sich mit diesem assoziativen Selbstporträt selbst: Er lässt mehr als 40 Jahre Filmschaff en Revue passieren, hinterfragt wichtige Stationen seines Lebens und flicht politische Erschü erungen der Zeit ein. Auch bekannte Figuren seiner früheren Werke tauchen auf. Nicht ganz unpeinlich. Gartenbau:

TEXTE:

MICHAEL PEKLER

SABINA ZEITHAMMER

MICHAEL OMASTA

Do 17.10., 19.30 (OmU), 22.00 (OmU) + Stadtkino im Künstlerhaus: Mo 21.10., 13.30 (OmenglU) Comme le feu / Who by Fire (CAN/F 2024) R: Philippe Lesage D: Noah Parker, Aurélia Arandi-Longpré, Antoine Marchand-Gagnon, Arieh Worthalter. 155 min. Der Jugendliche Jeff wird von seinem Freund Max eingeladen, zusammen mit Max’ Vater Albert, einem wenig erfolgreichen Drehbuchautor, einen Urlaub im Hinterland von Québec zu verbringen: Dort steht die mächtige Hü e von Blake, einem von Jeff und Max sehr geschätzten und mit Albert befreundeten Regisseur. Und Max’ ältere Schwester Aliocha, in die Jeff heimlich verliebt ist, kommt zu seiner Freude auch mit. Doch in den Wäldern kippt schnell die Stimmung, als sich die Erwachsenen übel in die Haare kriegen. Ein Film zwischen den Genres, der Jugenddrama, Psychothriller und Satire über toxische Männlichkeit in einem ist. Urania: Fr 18.10., 21.00 + Stadtkino im Künstlerhaus: So 20.10., 11.00 (OmenglU) Dahomey (F/SEN/BEN 2024) R: Mati Diop. 68 min. 26 Kunstschätze des Königreichs Dahomey verlassen Paris und kehren Ende 2021 in ihr Herkun sland, das heutige Benin, zurück. Zusammen mit tausenden anderen Gegenständen wurden sie 1892 von französischen Kolonialtruppen geraubt. Doch wie sollen die Objekte in einem Land empfangen werden, das sich während ihrer langen Abwesenheit massiv verändert hat? Unter den Studierenden der Uni Abomey-Calavi in Benin entflammt eine politische Deba e. Metro: Di 29.10., 21.15 (OmU) + Gartenbau: Di 29.10., 19.30 (OmU) + Urania: Di 29.10., 21.15 (OmenglU) + Stadtkino im Künstlerhaus: Di 29.10., 21.30 (OmU) + Filmmuseum: Di 29.10., 22.00 (OmenglU)

The Damned (I/USA/B 2024) R: Roberto Minervini D: Jeremiah Knupp, René W. Solomon, Cuyler Ballenger, Noah Carlson. 88 min. Im Winter des Jahres 1862 angesiedeltes Historiendrama: Mi en im Sezessionskrieg schickt die US-Armee eine Kompanie freiwilliger Soldaten in die westlichen Territorien. Sie sollen die unerforschten Grenzgebiete patrouillieren, doch als die Vorräte knapp werden, beginnt ihnen der Sinn ihrer Mission zu entgleiten. Gartenbau: Do 24.10., 21.15 + Urania: Sa 26.10., 18.00 (englOF)

Daneh Anjeer Moghadas / Die Saat des heiligen Feigenbaums (D/F/IR 2024) R: Mohammad Rasoulof D: Missagh Zareh, Soheila Golestani, Mahsa Rostami, Setareh Maleki, Niousha Akhshi. 167 min. Der strenggläubige Familienvater Iman ist seit kurzem Untersuchungsrichter am Revolutionsgericht in Teheran, als nach dem Tod einer jungen Frau eine riesige Protestbewegung das Land ergrei . Iman entscheidet sich für die Seite des Regimes und bringt damit das Gleichgewicht seiner Familie ins Wanken. Seine Töchter sind von den Ereignissen schockiert und elektrisiert. Seine Frau versucht verzweifelt, alle zusammenzuhalten. Dann stellt Iman fest, dass seine Dienstwaff e verschwunden ist … Mit authentischen Bildern der iranischen Proteste im Herbst 2022 angereicherter Poli hriller, der voller Zorn mit dem Unrechtsregime im Iran abrechnet. Gartenbau: So 20.10., 12.00 (OmenglU) + Mo 21.10., 20.30 (OmU) Dear Beautiful Beloved (Ö 2024) R: Juri Rechinsky. 93 min. Seit dem 24. Februar 2022 führt Russland einen Angriff skrieg gegen die benachbarte Ukraine. Ohne jemals die Kriegshandlungen zu zeigen, führt der ukrainische Regisseur Juri Rechinsky in den Ausnahmezustand. Er zeigt, wie jene, die leben –darunter viele Alte und Kranke –, geschützt und evakuiert werden, und jene, die dem Krieg zum Opfer gefallen sind – vor allem Soldaten –, geborgen werden. Stadtkino im Künstlerhaus: So 27.10., 17.30 (OmU) + Filmmuseum: Mo 28.10., 21.15 (OmenglU) Demba (SEN/D/QAT 2024) R: Mamadou Dia D: Ben Mahmoud Mbow, Awa Djiga Kane, Mamadou Sylla, Aicha Talla. 119 min. Demba hat 30 Jahre lang im Rathaus einer kleinen Stadt im Norden Senegals gearbeitet, nun steht er kurz vor der Pensionierung. Auch zwei Jahre nach dem Tod seiner Frau ist es ihm nicht gelungen, über den Verlust hinwegzukommen. Während sich sein psychischer Zustand verschlechtert, entdeckt er die Beziehung zu seinem Sohn neu, der ihm fremd geworden war. Ein sensibles Drama über Trauer, Zugehörigkeit und Depression in einer

Alle Termine, Film für Film, von 17. bis 29. Oktober

Gesellscha , die kein Wort für dieses Krankheitsbild hat. Urania: Di 22.10., 12.00 + Metro, Pleskow-Saal: Mi 23.10., 20.30 (OmenglU) Desert Suite (I/F/E 2024) R: Fabrizio Ferraro D: GianMaria D’Alessandro, Rachele Roggi, Cécile Delamere, Francesco Pesci. 85 min. Experimentell angehauchtes Drama mit eigenwilliger Bildsprache: Auf der Suche nach einer neuen Heimat durchquert ein junger Mann Europa. Nachdem er bei einer mageren Weinernte im französischen Banyuls-sur-Mer mitgeholfen hat, zieht er weiter nach Brüssel. Hier lernt er eine junge Frau kennen, und eine verführerischmelancholische Beziehung beginnt. Filmmuseum:

Do 24.10., 18.30 + Metro, Pleskow-Saal: Fr 25.10., 15.30 (OmenglU)

Le deuxième acte / The Second Act (F 2024) R: Quentin Dupieux D: Léa Seydoux, Vincent Lindon, Louis Garrel, Raphaël Quenard, Manuel Guillot. 80 min. Florence liebt David und möchte ihn endlich ihrem Vater, dem erfolgreichen Banker Guillaume, vorstellen. Doch David hat Zweifel an der Beziehung und würde Florence am liebsten mit seinem Freund Willy verkuppeln. Als alle in einem Restaurant im Nirgendwo zusammentreff en, kommt es zu ungeahnten Entwicklungen. Dupieux’ ironische Komödie, gestaltet als verwurschtelter Film im Film (die vier Protagonisten treten zunächst als Schauspieler, die eine romantische Komödie drehen, auf), ist prominent besetzt mit Léa Seydoux, Louis Garrel und Vincent Lindon. Gartenbau: So 27.10., 10.00 (OmU) + Di 22.10., 18.00 (OmenglU)

The Diary of a Sky (LBN 2024) R: Lawrence Abu Hamdan. 44 min. Der Künstler Lawrence Abu Hamdan sammelte für diesen Essayfilm, der ausschließlich aus Aufnahmen des Himmels über dem Libanon besteht, Audioaufnahmen von israelischen Kampfflugzeugen und Drohnen, die seit Jahren über das Land fliegen. Die massive Präsenz der Jets erzeugt ohrenbetäubenden Lärm – was der Zweck ihrer Einsatzes zu sein scheint: Akte territorialer akustischer Gewalt. Filmmuseum: Sa 19.10., 17.00 + Metro, Pleskow-Saal: So 20.10., 19.00 (OmenglU) Diciannove (I/GB 2024) R: Giovanni Tortorici D: Manfredi Marini, Vi oria Planeta, Dana Giuliano, Zackari Delmas. 108 min. Der 19-jährige Leonardo liebt die italienische Literatur, vor allem die Klassiker der Moderne. Um seiner dominanten Mu er zu entkommen, verlässt er seine Heimat Palermo und zieht nach London – kehrt aber nach einiger Zeit nach Italien zurück und schreibt sich an der Universität von Siena ein. Hier blüht seine Welt auf, doch seine Suche ist noch nicht zu Ende. Tortoricis Debütfilm fängt elegant ein, wie es ist, jung und off en zu sein, wohin der Weg des Lebens einen auch führt. Urania: Do 24.10., 21.00 (OmenglU)

A Diff erent Man (USA 2024) R: Aaron Schimberg D: Sebastian Stan, Renate Reinsve, Adam Pearson. 112 min. Der Schauspieler Edward hat im Leben zu kämpfen, ist er doch aufgrund der Krankheit Neurofibromatose von Hautmissbildungen betroff en. Nachdem er seine neue Nachbarin kennengelernt hat, unterzieht er sich einem radikalen Eingriff. Mit ganz neuem, a raktiven Gesicht scheint sich das große Glück anzukündigen, doch es kommt anders: Edward gerät in eine schwere Identitätskrise – und er lernt Oswald kennen, der dieselben Probleme hat, die Edward beseitigen ließ, jedoch ein zufriedenes Leben führt. Pechschwarze Satire rund um das Verhältnis von Körper und Geist, A raktivität und „Performance“ jeder Art. Gartenbau: Sa 26.10., 17.30 + Urania: So 27.10., 21.00 (OF) Direct Action (D/F 2024) R: Guillaume Cailleau, Ben Russell. 213 min. Nichts für Fans von Erklärfilmen: Mit einem kollaborativen und immersiven Beobachtungsansatz porträtiert die Doku eine der bekanntesten militanten Protestgruppen, die derzeit in Frankreich für Veränderung kämpfen: ein 150 Personen umfassendes, ländliches Kollektiv aus Aktivist:innen, Hausbesetzer:innen, Anarchist:innen, Landwirt:innen und von der Regierung als Öko-Terrorist:innen diskreditierten Personen. 2018 verhinderte es ein internationales Großflughafenprojekt auf französischem Boden, 2021 rief es eine neue ökologische Bewegung ins Leben. Stadtkino im Künstlerhaus: So 20.10., 20.00 (OmU) + Metro, Pleskow-Saal: Mo 21.10., 15.45 (OmenglU)

Dormir de olhos abertos / Sleep With Your Eyes Open (BRA/TWN/ARG/D 2024) R: Nele Wohlatz

D: Chen Xiao Xin, Wang Shin-Hong, Liao Kai Ro, Nahuel Pérez Biscayart. 97 min. Kurz nach dem Ende ihrer Beziehung reist die Taiwanesin Kai in die brasilianische Stadt Recife. Hier lernt sie den Regenschirmverkäufer Fu Ang kennen, der jedoch alsbald seinen Laden schließt. Auf der Suche nach ihm begegnet Kai in einem Hochhaus Xiao Xin und einer Gruppe chinesischer Wanderarbeiterinnen und -arbeiter. Auf seltsame Weise findet sie sich in Xiao Xins Geschichte wieder. Eine leise Komödie ohne traditionelle Dramaturgie, in der Figuren ebenso unerwartet au auchen, wie sie wieder verschwinden. Urania: Di 22.10., 18.00 (OmU) + Metro: Mi 23.10., 11.00 (OmenglU)

Dreaming Dogs (Ö/D 2024) R: Elsa Kremser, Levin Peter. 78 min. Asphaltgrauer Schnee liegt auf den Straßen von Moskau, die acht Streuner durchwandern: eine ältere Frau und ihre sieben Hunde. Sie halten sich vor den autoritären Behörden verborgen und erkämpfen sich ihren Weg mit gefletschten Zähnen, während sie in gegenseitiger Abhängigkeit verbunden sind. Zumeist aus der Perspektive der Hunde gefilmt, hat die Doku einen experimentellen Touch. Stadtkino im Künstlerhaus: Sa 19.10., 18.00 (OmU) + Filmmuseum: Do 24.10., 21.00 (OmenglU) Dream Team (USA 2024) R: Lev Kalman, Whitney Horn D: Esther Garrel, Alex Zhang Hungtai. 91 min. Wir schreiben das Jahr 1997. Nach dem mysteriösen Tod eines Korallenschmugglers schickt Interpol ihr a raktivstes Agent:innen-Duo nach Mexiko: No und Chase. Während ihre Ermi lungen sie in immer seltsamere und tropischere Gefilde führen, werden sie in eine internationale Verschwörung verwickelt, die sich rund um einen anzüglichen Korallenforscher, zwei fitnessbegeisterte Praktikanten und einen unsichtbaren Kollegen entspinnt. Eingeteilt in sieben Episoden, feiert diese Murder-Mystery-Komödie, die wenig zwangha am Konzept der Erzähllogik hängt, in ausschweifender, absurder und ironischer Weise die 1990er-Jahre. Stadtkino im Künstlerhaus: Fr 18.10., 13.00 (OF) Eat the Night (F 2024) R: Caroline Poggi, Jonathan Vinel D: Théo Cholbi, Erwan Kepoa Falé, Lila Gueneau. 106 min. Pablo und seine jüngere Schwester Apolline sind große Fans des Onlinespiels „Darknoon“, mit dem sie sich aus dem trüben Alltag in Le Havre wegträumen. Umso verzweifelter ist Apolline, als sie erfährt, dass das Spiel eingestellt werden soll. Pablo entfernt sich unterdessen von ihr: Er hat sich in den Drogendealer Night verliebt und gerät an dessen Seite in einen gefährlichen Konflikt mit einer rivalisierenden Bande. Stadtkino im Künstlerhaus: Mo 21.10., 23.00 (OmU) + Urania: Mi 23.10., 11.00 (OmenglU)

Emilia Pérez (F/USA/MEX 2024) R: Jacques Audiard D: Zoe Saldaña, Karla Sofía Gascón, Selena Gomez, Adriana Paz, Édgar Ramírez. 133 min. Die Anwältin Rita, der Drogendealer und Mörder die Freiheit verdanken, wird von Kartellboss Manitas del Monte engagiert, der aus der Mafia-Welt aussteigen will. Rita soll einen Schlussstrich unter sein zweifelha es Lebenswerk ziehen, ein neues Dasein für seine Frau und die Kinder organisieren und ihm helfen, einen Plan umzusetzen, den er seit Jahren vorbereitet hat: Manitas will sich in die Frau verwandeln, die er tief im Inneren schon immer war – Emilia Pérez. Doch seine düstere Vergangenheit holt ihn ein. Jacques Audiard drehte in Mexiko eine auch formal revolutionäre Geschichte, die vier grandiosen Hauptdarstellerinnen wurden in Cannes für ihre Ensembleleistung ausgezeichnet. Gartenbau: Mo 28.10., 21.15 (OmU), 6.30 (OmU) + Do 24.10., 15.30 (OmenglU) L’Empire / The Empire (F/IT/D/BEL/POR 2024) R: Bruno Dumont D: Lyna Khoudri, Anamaria Vartolomei, Camille Co in, Fabrice Luchini. 110 min. In einem Ort am Meer in der Normandie ereignen sich seltsame Dinge: Schwarze Löcher öff nen sich am Himmel, riesige Raumschiff e, die Kathedralen oder royalen Palästen ähneln, tauchen auf. Und natürlich Aliens. Das neue Werk des eigenbrötlerischen Franzosen will eine Art „Star Wars“-Parodie sein. Schauspielerin Adèle Haenel lehnte die erwünschte Mitwirkung nach Lektüre des Drehbuchs ab. Es verteidige hinter einer komischen Fassade eine „dunkle, sexistische und rassistische Welt“, befand

sie. Gartenbau: Fr 25.10., 21.30 + Urania: So 27.10., 18.00 (OmenglU)

The End (DK/D/IRL/I/GB/SWE 2024) R: Joshua Oppenheimer D: Tilda Swinton, Michael Shannon, George MacKay, Moses Ingram. 148 min. 25 Jahre nach dem ökologischen Kollaps des Planeten, der die Oberfläche unbewohnbar machte, leben Mu er, Vater und Sohn tief unter der Erde in einem Luxusbunker. Sie versuchen, Hoff nung und ein Gefühl der Normalität aufrechtzuerhalten, indem sie an den Ritualen des täglichen Lebens festhalten. Mit dem plötzlichen Au auchen einer jungen Frau beginnt der Sohn, die scheinbar perfekte Existenz der Familie infrage zu stellen. Und als klänge das alles nicht außergewöhnlich genug, wird diese Geschichte auch noch als Musical im Stil des goldenen BroadwayZeitalters erzählt. Gartenbau: Fr 18.10., 15.30 + Sa 19.10., 18.30 (englOF)

Exergue – On documenta 14 (GR 2024). 848 min. In 14 Kapiteln – und mit einer Laufzeit von 14 Stunden – begleitet der Dokumentarfilm den Kurator Adam Szymczyk und sein Team über mehrere Jahre während der Vorbereitung der documeta 14, die im Jahr 2017 zu gleichen Teilen in Kassel und Athen sta fand. Die Ausweitung auf zwei Standorte zeitigte nicht nur große logistische Herausforderungen, sondern auch ein Finanzloch und einen Medienskandal. Darüber hinaus löste das künstlerische Konzept Kontroversen aus. Metro: Fr 18.10., 11.00 + Sa 19.10., 11.00 + So 20.10., 10.00 + Metro, PleskowSaal: So 27.10., 10.00 + Sa 26.10., 15.30 (OmenglU) Fario (F 2024) R: Lucie Prost D: Finnegan Oldfield, Megan Northam, Florence Loiret Caille, Léna Laurent. 90 min. Der 27-jährige Ingenieur Léo lässt das wilde Partyleben in Berlin hinter sich und bricht ins ländliche Frankreich auf. Nach dem Suizid seines Vaters muss er dessen Land verkaufen. Ein Berg-

OF Originalfassung

OmU Originalfassung mit deutschen Untertiteln

OmenglU Originalfassung mit englischen Untertiteln englOF englische Originalfassung

werkskonzern zeigt großes Interesse, doch nicht nur die lokale Community ist dagegen. Auch regen sich in Léos Innenleben Zweifel, als er zu halluzinieren beginnt: Die Bachforellen sagen ihm, dass die Minen den Fluss, den er in seiner Kindheit so geliebt hat, verschmutzen würden. Umgeben vom Rest seiner Familie, alten Freunden und Verflossenen, zwingen surreal angehauchte Sommertage Léo, sich mit seiner Trauer auseinanderzusetzen. Urania: Sa 26.10., 15.51 + Metro: So 27.10., 16.00 (OmenglU) Fekete pont / Lesson Learned (H 2024) R: Bálint Szimler D: Paul Mátis, Anna Mészöly, Ákos „Dadan“ Kovács, Inez Mátis. 119 min. Die junge Lehrerin Juci versucht, die veralteten Methoden ihrer Schule infrage zu stellen. Währenddessen hat Palkó, ein neuer Schüler, der kürzlich aus dem Ausland umgezogen ist, Schwierigkeiten, sich an das anspruchsvolle Bildungssystem Ungarns anzupassen. Die persönlichen Geschichten der beiden spiegeln ein System der Unterdrückung wider, das die breite ungarische Gesellscha betriff t. Filmmuseum: Fr 18.10., 10.30 + Urania: Sa 19.10., 15.00 (OmenglU) Feng liu yi dai / Caught by the Tides (CHN 2024) R: Jia Zhangke D: Tao Zhao, Zhubin Li, You Zhou, Maotao Hu. 111 min. Qiaoqiao und Bin leben in der chinesische Stadt Datong und sind ein Paar. Sie lieben es, zu singen und zu tanzen. Doch eines Tages verschwindet Bin ohne Vorankündigung, um woanders sein Glück zu finden. Qiaoqiao beschließt, sich auf die Suche nach ihm zu machen. Jia Zhang-kes meditatives Drama umfasst, beginnend in den frühen 2000ern, einen Zeitraum von 21 Jahren und zeigt anhand einer individuellen Geschichte den tiefgreifenden sozialen und emotionalen Wandel, den China und seine Einwohner währenddessen erlebt haben. Gartenbau: Mi 23.10., 15.30 + Stadtkino im Künstlerhaus: Di 29.10., 13.00 (OmenglU)

VOM WIDERSCHEIN DES KINOS

Hans Hurch: Essays, Interviews und Kurz texte zum Thema Film, Filmschaffende und Kino des ehemaligen Viennale-Direktors

248 Seiten, € 22,90

Eine zerbrechliche Geschichte über

Leben und Tod: „The Room Next Door“

D ie Kontrolle zu bewahren, besonders auch über das eigene Sterben, ist eine zentrale moderne Obsession. In seinem neuen, soeben in Venedig mit dem Goldenen Löwen prämierten Film „The Room Next Door“ grei Pedro Almodóvar das Thema auf und adaptiert den Roman „Was fehlt dir“ der Amerikanerin Sigrid Nunez.

Es geht um zwei alte Freundinnen, verkörpert von Tilda Swinton und Julianne Moore, die sich nach langen Jahren wieder begegnen, als Ingrid (Moore) von der Krebserkrankung Marthas (Swinton) erfährt und sie im Krankenhaus aufsucht.

Die sehr unterschiedlichen Frauen finden über das Rekapitulieren ihrer jeweiligen Lebenserfahrungen zu einer neuen Vertrautheit.

Zuerst hat Martha noch Hoffnung, geheilt zu werden. Nachdem die sich zerschlägt, fasst sie den Entschluss, ihr Ende selbstbestimmt herbeizuführen. Die Tabletten dazu hat sie sich bereits besorgt; nun bittet sie Ingrid, sie auf diesem letzten Weg zu begleiten. Nicht dass sie aktive Sterbehilfe leisten müsse, aber ihr, Martha, wäre es eine

A Fidai Film (PSE/D/QAT/BRA/F 2024) R: Kamal Aljafari. 78 min. Im Libanon-Krieg beschlagnahmte die israelische Armee 1982 das Archiv des Palästinensischen Forschungszentrums in Beirut, das historische Dokumente über Palästina enthielt, darunter eine Sammlung von Stand- und Bewegtbildern. In einer Mischung aus Experimental- und Dokumentarfilm versucht Aljafari mit diesem Found-Footage-Essay, eine Gegenerzählung zu dem Verlust zu schaff en und visuelle Erinnerungen zurückzugewinnen. Metro: Fr 18.10., 16.45 + Metro, Pleskow-Saal: Mo 21.10., 20.30 (OmenglU) Filmstunde_23 / Subject: Filmmaking (D 2024) R: Jörg Adolph, Edgar Reitz. 89 min. Unter der Leitung des jungen Edgar Reitz verwandelte sich ein Klassenzimmer eines Münchner Mädchengymnasiums 1968 für einige Wochen in ein Filmstudio. Der Versuch, Filmästhetik als eigenständiges Fach zu unterrichten, wurde auch selbst auf Film festgehalten. 2023 kam es zu einem Klassentreff en jener Schülerinnen, zu dem Reitz eingeladen wurde. Das vorliegende Werk wurde aus dem TV-Dokumentarfilm über das damalige Projekt (er trägt den Titel „Filmstunde“), den Super-8-Filmen der Schülerinnen und dem gefilmten Wiedersehen im Jahr 2023 montiert. Stadtkino im Künstlerhaus: Fr 18.10., 15.30 + Metro: Do 24.10., 11.00 (OmenglU) Fogo do vento / Fire of Wind (P/CH/F 2024) R: Marta Mateus D: Soraia Prudêncio, Maria Catarina Sapata, Safir Eizner, José Moura. 72 min. In Marta Mateus Spielfilmdebüt werden die Mitglieder einer südportugiesischen Bauerngemeinscha zu Figuren eines zeitlosen, symbolischen Mythos: Da sie sich vor einem gefährlichen entlaufenen Bullen fürchten, sind die Arbeitskrä e eines Weinbergs auf Eichen gekle ert. Während der Tag in die Nacht übergeht, flüchten sie sich in Träume und Erinnerungen. Persönliche und politische Vergangenheiten werden wach, die Geschichte einer Landscha , die noch immer von der Diktatur António de Oliveira Salazars heimgesucht wird. Stadtkino im Künstlerhaus: Mo 21.10., 20.45 + Metro: Mi 23.10., 18.30 (OmenglU) Gou zhen / Black Dog – Gefährten des Schicksals (CHN 2024) R: Guan Hu D: Zhangke Jia, Jing Liang, Eddie Peng, Liya Tong. 110 min. Nachdem er lang im Gefängnis war, kehrt Lang in seine Heimatstadt am Rand der Wüste Gobi zurück. Er findet sie verändert vor, viele Gebäude stehen leer, streunende Hunde laufen durch die Straßen. Wenige Wochen vor den Olympischen Spielen in Peking beschließen die Behörden, gegen die herrenlosen Tiere vorzugehen, besonders gegen den „schwarzen Hund“, der die Bewohner ängstigt. Lang heuert als Hundefänger an und entwickelt unerwartet eine tiefe Bindung zu dem gefürchteten Tier, das ebenso einsam und verloren ist wie er selbst. Urania: Mo 21.10., 19.15 (OmU) + Stadtkino im Künstlerhaus: Do 24.10., 13.00 (OmenglU)

Kindertagen. Ihnen und dem Rest der Dorfgesellscha steht eine Invasion von außen bevor: mit der Ankun von Fremden, darunter ein Kartograf und ein Unternehmer, beginnt das Trauma der Moderne. Nach Jim Craces gleichnamigem Roman (2013). Gartenbau: Mo 21.10., 15.00 + Urania: Mo 28.10., 13.15 (englOF) Henry Fonda for President (Ö/D 2024) R: Alexander Horwath. 185 min. Ein dokumentarischer Essay über die USA, der sich vom Jahr 1651 bis zum Jahr 1980 spannt. Gleichzeitig ist das dreistündige Werk ein Filmdenkmal für einen Präsidenten, den es leider nur auf der Leinwand gegeben haben wird: Henry Fonda (1905–1982). Er bahnt der Erzählung den Weg: Alle Stationen der Reise durchs Land und dessen Zeiten sind mit ihm verbunden – mit seinem Leben und dem seiner Vorfahren, seiner Arbeit als Schauspieler, seiner öff entlichen Person und den Kinofiguren, die er darstellte. Sehenswert. Stadtkino im Künstlerhaus: Fr 18.10., 18.00 + Filmmuseum: So 20.10., 20.30 (OmU) Hors du temps / Suspended Time (F 2024) R: Olivier Assayas D: Vincent Macaigne, Micha Lescot, Nine D’Urso, Nora Hamzawi. 106 min. April 2020, die Corona-Pandemie hat die Welt fest im Griff. Die Brüder Etienne, ein Filmregisseur, und Paul, ein Musikjournalist, verbringen den Lockdown zusammen mit ihren neuen Partnerinnen Morgane und Carole im Haus ihrer Eltern. Überall warten Erinnerungen an ihre Kindheit und abwesende Menschen. Langsam schleichen sich Fremdheit und ein Gefühl von Unwirklichkeit in die krisenüberscha eten Tage ein. Gartenbau: Sa 19.10., 15.45 (OmU) + Urania: So 20.10., 11.00 (OmenglU)

Erleichterung, zu wissen, dass sie sich im „Zimmer nebenan“ befinde. Obwohl der Gedanke sie sehr fordert, tut Ingrid ihr den Gefallen und zieht sich mit Martha in ein Haus aufs Land zurück, wo „es“ geschehen soll.

Die Handlung des Romans schreibt Regisseur Pedro Almodóvar in einigen entscheidenden Aspekten um. Was er aber beibehält, ist der Wille, die Ambivalenzen auszuhalten, die das Thema selbstbestimmtes Sterben auslöst. Noch mehr als sonst zieht der 75-jährige Spanier mit farbcodierten Set-Designs und einer alles untermalenden Filmmusik Bedeutungsebenen ein, die dem sehr sprachlastigen Film zuerst etwas Steifes und Künstliches verleihen. Erst nach und nach fängt er sein Publikum ein – besonders dank Julianne Moore in der Rolle der empathischen Zuhörerin – und verlockt zu einer Reflexion über Trauer, Abschied und Verzeihen.

BARBARA SCHWEIZERHOF

Gartenbaukino: Fr, 18.10., 22.15 / So, 20.10., 16.15 / Di, 22.10., 6.30 (engl. OmU)

Grand Tour (P/IT/F 2024) R: Miguel Gomes D: Crista Alfaiate, Gonçalo Waddington, Cláudio da Silva. 129 min. Burma (heute Myanmar) im Jahr 1917: Der britische Kolonialbeamte Edward erwartet die Ankun seiner Verlobten, Molly. Doch plötzlich überkommt ihn Panik. Er flüchtet aus der Stadt, reist immer weiter nach Singapur, Thailand und Vietnam, auf die Philippinen, nach Japan und China. Langsam weicht seine Feigheit einem Gefühl von Melancholie und der Sorge um Molly. Nach der ersten Häl e des Films erzählt Regisseur Gomes die Geschichte nochmal neu: Diesmal aus der Perspektive von Molly, die Edward auf seiner großen Asienreise folgt – fest entschlossen, ihn zu heiraten. In Cannes gab es den Preis für die beste Regie. Urania: Sa 26.10., 21.00 + Gartenbau: Mo 28.10., 18.00 (OmenglU) Happyend (J/USA 2024) R: Neo Sora D: Hayato Kurihara, Yukito Hidaka, Yuta Hayashi, Shina Peng, Arazi, Kilala Inori. 113 min. Yuta und Kou sind beste Freunde seit ihrer Kindheit und besuchen im Tokio der nahen Zukun zusammen die Highschool. Eines Nachts spielen die Jugendlichen dem Schulleiter einen Streich. Dies führt zu repressiven Sicherheitsmaßnahmen – der Installation eines Überwachungssystems in der gesamten Schule. Während sich ein verheerendes Erdbeben ankündigt und sich die politische Situation im Land verdüstert, gehen die Freunde unterschiedliche Wege und entfernen sich dadurch voneinander: Der eine kämp für radikale Veränderungen, der andere verschließt die Augen und klammert sich an Bequemlichkeiten, solange sie noch vorhanden sind. Stadtkino im Künstlerhaus: Sa 19.10., 15.15 + Metro: So 20.10., 21.00 (OmenglU) Harvest (GB/D/GR/F/USA 2024) R: Athina Rachel Tsangari D: Caleb Landry Jones, Harry Melling, Rosy McEwen, Arinzé Kene. 131 min. Ein namenloses Dorf wie aus vorindustriellen Tagen, doch ohne bestimmte zeitliche und örtliche Verortung. Der zum Bauern gewordene Städter Walter Thirsk und der benebelte Gutsherr Charles Kent sind Freunde aus

In Liebe, Eure Hilde (D 2024) R: Andreas Dresen D: Liv Lisa Fries, Johannes Hegemann, Lisa Wagner, Alexander Scheer, Fritzi Haberlandt. 125 min. Berlin 1942. Hilde ist verliebt. In Hans. In ihrer Leidenscha vergessen die beiden o Krieg und Gefahr. Er bewegt sich in Widerstandskreisen. Sie selbst ist eher ängstlich, beteiligt sich aber beherzt an den Aktionen einer Gruppe, die man später die „Rote Kapelle“ nennen wird. Es ist der schönste Sommer ihres Lebens. – Nach der wahren Geschichte von Hilde und Hans Coppi, die im November 1942 in Plötzensee hingerichtet wurden. Gartenbau: Fr 18.10., 19.00 + Sa 19.10., 12.00 (OmenglU) I Saw the TV Glow (USA 2024) R: Jane Schoenbrun D: Justice Smith, Brige e Lundy-Paine, Ian Foreman, Fred Durst. 101 min. Der Teenager Owen führt ein trostloses Vorstadtleben. Da macht ihn seine Mitschülerin Maddy auf eine mysteriöse nächtliche TV-Serie namens „The Pink Opaque“ aufmerksam. Im Licht des Fernsehers beginnt Owens Sicht auf die Realität zu bröckeln. Ein queeres Teenage-AngstHorrordrama, das in den 1990ern seinen Ausgang nimmt und dann mehrere Jahrzehnte umspannt. Stadtkino im Künstlerhaus: Mo 28.10., 12.00 + Do 24.10., 23.00 (OF) Janet Planet (USA/GB 2023) R: Annie Baker D: Julianne Nicholson, Zoe Ziegler, Elias Koteas, Will Pa on. 113 min. „Vielleicht möchtest du lieber mit deinen Freunden zusammen sein.“ – „Ich habe keine Freunde.“ – „Warum nicht?“ – „Ich weiß nicht, es ist mir ein völliges Rätsel.“ Die el ährige Lacy will 1991 nicht im Feriencamp bleiben und verbringt den langen Sommer daher mit ihrer Mu er, Janet, sowie deren au auchenden und wieder verschwindenden Männern. Wenn Lacy allein ist, zieht sie sich in ihre innere Welt zurück, die so detailreich ist, dass sie in die äußere Welt einzusickern beginnt. Eine Coming-of-Age-Geschichte im heißen, ländlichen Massachuse s, im Laufe derer sich eine Tochter von ihrer Mu er entliebt. Stadtkino im Künstlerhaus: Mo 21.10., 15.30 + Urania: Mo 28.10., 11.00 (OF) Je š t ě nejsem, k ý m chci bý t / I’m Not Everything I Want to Be (CZ/SVK/Ö 2024) R: Klára Tasovská. 90 min. Die tschechoslowakische Künstlerin Libuš e Jarcovjáková dokumentiert ihr Leben mit analogen Fotografien und Tagebucheinträgen. Nach der Niederschlagung des Prager Frühlings 1968 sucht sie in Prag nach Inseln der Freiheit und nach ihrer sexuellen Identität. Später geht sie eine Scheinehe ein und zieht nach Westberlin. Doch auch die neue Welt ist voller Hürden. Sie fliegt nach Tokio und wird dort für kurze Zeit eine gefragte Modefotografin. Weiterhin auf der Suche nach dem Leben, das sie leben will, führt ihr Weg nach dem Fall des Eisernen Vorhangs über Berlin wieder zurück nach Prag. Gemeinsam mit der Filmemacherin erzählt Libuš e Jarcovjáková von ihrer langen Emanzipationsreise und Identitätssuche, und dies ausschließlich anhand von Fotografien und Tagebucheinträgen, die sie selbst vorliest. Filmmuseum: Sa 26.10., 21.00 (OmU) + Metro: So 27.10., 11.00 (OmenglU) Jia ting jian shi / Brief History of a Family (CHN/F/ DK/QAT 2024) R: Lin Jianjie D: Zu Feng, Guo Keyu, Sun Xilun, Lin Muran. 99 min. Wei, einziger Sohn einer

FEATURE Der neue Almodóvar
Die alten Freundinnen Martha (Tilda Swinton) und Ingrid (Julianne Moore) finden nach Jahren wieder zu neuer Vertrautheit

Metro Kinokulturhaus 1., Johannesgasse 4

VIENNALE ZENTRALINO

FREIER EINTRITT BEI ALLEN VERANSTALTUNGEN!

Geöffnet jeweils 1h vor Veranstaltungsbeginn bis 1h nach Veranstaltungsende.

Die Viennale Zentrale wird heuer etwas kleiner, dafür noch gemütlicher: Viennale Zentralino also. Im Obergeschoß des Metro Kinokulturhaus finden dieses Jahr Gespräche und Diskussionen mit Filmemacher:innen und Expert:innen rund um das Festivalprogramm statt

SO 20. 10., 15 UHR

GESPRÄCH ON DOCUMENTA 14

Der Film EXERGUE – ON DOCUMENTA 14 von Regisseur Dimitris Athiridis folgt Kurator Adam Szymczyk und seinem Team während der Vorbereitung der kontrovers aufgenommenen documenta 14. Ein einzigartiger Einblick hinter die Kulissen, stellt er beharrlich auch unangenehme Fragen über die Dys-/Funktion der zeitgenössischen institutionellen Kunst/-welt. Es diskutieren: Dimitris Athiridis, Andrea Lissoni, Adam Szymczyk, Franziska Weinberger.

Moderation: Daniela Zyman.

DI 22. 10., 18 UHR

GESPRÄCH MIT RUSUDAN GLURJIDZE

In ihren subtilen, eindringlichen Filmen untersucht die georgische Drehbuchautorin und Regisseurin Rusudan Glurjidze Identitätskrisen, die psychischen Folgen des Exils und (damit) nichts weniger als die Conditio humana im historiopolitischen Kontext. Im Rahmen der Präsentation ihres neuen Films ANTIKVARIATI, den sie in Zusammenarbeit mit einer Person geschrieben hat, deren Identität sie aus politischen Gründen verschweigen muss, wird sie u. a. darüber Einblick geben, wie die Produktionsbedingungen den Sozialrealismus ihrer Filme beeinflussen.

Moderation: Pia Hierzegger.

DO 24. 10., 18 UHR

GESPRÄCH

In Kooperation mit

I DON’T WANT TO SEE THIS ANYMORE! THE IMMORALITY OF IMAGE AND „THE PAIN OF OTHERS“

Kann ein Bild oder ein Film per se unmoralisch sein oder entsteht die Immoralität durch die Rezeption und Interpretation? Gibt es Kunst aufgrund von oder trotz moralischer Verpflichtung? Zwanzig Jahre nach Susan Sontags scharfer Analyse der affektiven Kraft des Bildes in ihrem Essay Regarding the Pain of Others hat sich der Diskurs über die Implikationen von Bildern verschärft. Mit welchen Fragen über Moral, Ethik und Verantwortung sehen sich Filmschaffende heute konfrontiert?

Mit: Albert Serra (TARDES DE SOLEDAD).

Moderation: Mark Peranson.

In Kooperation mit

SA 26. 10., 18 UHR

MASTERCLASS MIT BRUNO DUMONT

Bekannt für seine kühnen, gezielt provokanten Filme, die zwischen radikalem Realismus und metaphysischer Tiefe changieren, hat Bruno Dumont das europäische Kino geprägt. Nicht „un-österreichische“ Themen wie Gewalt, Glaube und menschliche Abgründe bündeln sich in seinem Werk. Ob sich an seiner Kompromisslosigkeit seit LA VIE DE JÉSUS (1997) bis heute mit L’EMPIRE (2024) etwas geändert hat? Im Rahmen der Viennale bietet er die Chance für die persönliche Auseinandersetzung mit seiner Arbeit.

Moderation: Karin Schiefer.

VIENNALE PARTYS

FREIER EINTRITT BEI ALLEN VERANSTALTUNGEN!

FR 18. 10., AB 22 UHR OPERA CLUB

1., Mahlerstraße 11

MAMBO CHICK | CAFÉ MONDO | KAMAL ALJAFARI | ELSA KREMSER | LEVIN PETER

Das Warm-up für den Partyabend findet im bewährten Format „Filmemacher:innen an den Turntables“ statt. Mit dabei sind in diesem Jahr Kamal Aljafari (A FIDAI FILM) sowie Elsa Kremser und Levin Peter (DREAMING DOGS). Danach bringt Mambo Chick ihren Tropical Style mit einem Vinyl-only-Set nach Wien. Abgerundet wird der Abend durch das Wiener Kollektiv Café Mondo.

MI 23. 10., AB 21 UHR PRATERSTRASSE 2., Praterstraße 18

LARS EIDINGER | RUMI VON BAIRES | ARASH T. RIAHI

In Kooperation mit

SO 27. 10., 18 UHR

GESPRÄCH MIT MIGUEL GOMES UND MAUREEN FAZENDEIRO

Die portugiesischen Filmschaffenden Miguel Gomes und Maureen Fazendeiro können auf kongeniale Kollaborationen (in unterschiedlichen Funktionen) zurückblicken. Das gemeinsame Schreiben ist ein spezieller Prozess, über den sie anlässlich ihres aktuellen Filmes GRAND TOUR sprechen werden. Aus dokumentarischen und fiktionalen Elementen gestaltet sich dieser Film wie ein episches Reisemärchen mit direkten Bezügen zur Gegenwart. Eine melancholische sowie humorvolle Kritik an gesellschaftlichen Normen und an der Angst vor dem Anderen.

In Kooperation mit

Lars Eidingers oft mehrstündige Sets verbinden unter anderem eklektischen Pop, Rap, 80er, Breakbeat, Industrial Bass und Techno und sind ein Tanzgarant für Bewegungswütige. Unterstützung gibt es von DJ Rumi von Baires, der seine House-Homebase mühelos mittels Jazz, Disco und Breaks etabliert. Vorgeglüht wird mit Filmemacher Arash T. Riahi (SHAHED).

SA 26. 10., AB 23 UHR FLEX

1., Augartenbrücke 1

SARAH FARINA | AYGYUL |

DAVID SCHEID | M

DJ, Kabarettist und Schauspieler David Scheid (MOND) diggt für die Viennale in seiner Plattenkiste und dabei gibt es Open-Genre Turntablism zwischen Hip-Hop, Big Beat und Dub. Live-Power bringt Beatbox-Meisterin AYGYUL mit Ursprüngen im Operngesang. Weiter geht’s mit Sarah Farina, internationale DJ, Musikproduzentin und Kuratorin. Für den Ausklang ist m (read: mwo) vom lokalen Kollektiv Spice Mixers verantwortlich.

In Kooperation mit

Pfau – Bin ich echt? (Ö/D 2024) R: Bernhard Wenger D: Albrecht Schuch, Anton Noori, Julia Franz Richter, Salka Weber, Theresa Frostad Eggesbø, Maria Hofstä er, Branko Samarovski. 102 min. Jungunternehmer Ma hias betreibt eine Rent-a-friend-Firma: Er schlüp in die Rolle des idealen Sohns, mit dem man die Geschä spartner beeindrucken kann, einer belesenen Begleitung für ein Konzert oder eines Partners für die Wohnungsbesichtigung. Allerdings fällt es ihm dabei zunehmend schwer, seine eigene Identität – und seine Beziehung – in Balance zu halten. „Die Tragödie eines lächerlichen Mannes. Sein wachsendes Bewusstsein und die unausweichliche Erkenntnis einer bi eren Wahrheit: Das Leben ist Fiktion, das Leben ist Schein, das Leben ist Eitelkeit. Ein ironischer und bi erer, zuweilen he ig komischer Film, der die existenzielle Befindlichkeit des modernen Menschen reflektiert“ (Filmfestival Venedig). Gartenbau: Sa 26.10., 12.00 + Urania: So 27.10., 15.00 (OmenglU)

Phantosmia (PHL 2024) R: Lav Diaz D: Ronnie Lazaro, Janine Gutierrez, Paul Jake Paule, Hazel Orencio. 246 min. Der ehemalige Scharfschütze Hilarion Zabala, der in den 1950ern und 1960ern Kommunisten und Muslime erschoss, da er dies für seine patriotische Pflicht hielt, hat ein mysteriöses Geruchsproblem. Ein Psychiater vermutet, dass es sich um Phantosmie, ein Au reten von Phantomgerüchen, handelt, das möglicherweise durch ein Trauma verursacht wurde. Eine empfohlene radikale Therapie besteht darin, dass Hilarion sich mit den dunkelsten Seiten seines früheren Lebens im Militärdienst auseinandersetzen soll. Als er als Wachmann in einer Stra olonie zu arbeiten beginnt, muss er sich auch der Schrecklichkeit der Gegenwart stellen. Lav Diaz widmet sich erneut der gewaltgeprägten Geschichte seines Heimatlandes. Metro: Fr 18.10., 19.15 + Metro, Pleskow-Saal: Do 24.10., 13.00 (OmenglU)

La Prisonnière de Bordeaux / Visiting Hours (F 2024) R: Patricia Mazuy D: Isabelle Huppert, Hafsia Herzi, Magne-Havard Brekke, Lionel Drey. 108 min. Mehr mit Huppert: Neben Hong Sangsoos „A Traveler’s Needs“ ist sie bei der diesjährigen Viennale auch in diesem französischen Drama rund um zwei sehr unterschiedliche Frauen, deren Ehemänner im Gefängnis sitzen, zu sehen. Während Alma eine wohlhabende Bürgerin mit großem Haus ist, kämp Mina, um ihre beiden Kinder zu ernähren. Da Mina so weit vom Gefängnis entfernt wohnt, bietet Alma ihr an, bei ihr zu leben. Stadtkino im Künstlerhaus: Do 24.10., 20.00 + Di 29.10., 15.30 (OmenglU) Qing chun (Gui) / Youth (Homecoming) (F/ LUX/NL 2024) R: Wang Bing. 152 min. Im dri en Teil seiner Doku-Trilogie über junge migrantische Näher:innen in der chinesischen Kinderkleidungsindustrie verlässt Wang Bing zusammen mit zwei Paaren die Sweatshops, denn kurz vor dem chinesischen Neujahr reisen sie zu ihren Familien in die Provinz. Er wohnt der glücklichen Hochzeit eines der beiden Paare bei, doch bald ru wieder die schwere, schlecht bezahlte Arbeit. Es bleibt der Eindruck eines endlosen, unausweichlichen Kreislaufs – von Menschen, die hoff nungslos im kapitalistischen System gefangen sind. Metro, Pleskow-Saal: Sa 19.10., 14.30 + Urania: So 27.10., 12.00 (OmenglU) Qing chun (Ku) / Youth (Hard Times) (F/LUX/NL 2024) R: Wang Bing. 223 min. Mehr als fünf Jahre lang drehte Wang Bing immer wieder in Zhili, dem Zentrum der chinesischen Kinderkleidungsindustrie, in dem junge Wanderarbeiter:innen in überfüllten Räumen nähen und in winzigen Zimmern leben. Daraus ist eine Doku-Trilogie entstanden, die mit „Youth“ (2023) ihren Anfang nahm, in dem der Filmemacher sich auf die zwischenmenschlichen Beziehungen der Näherinnen und Näher konzentrierte. Im zweiten Teil verfolgt er nun ihren täglichen Überlebenskampf und ihren gemeinsamen Einsatz für bessere Löhne, der mit Gewalt unterdrückt wird. Metro, Pleskow-Saal: Sa 26.10., 10.45 + Fr 18.10., 19.00 (OmenglU)

Realm of Satan (USA 2024) R: Sco Cummings. 80 min. Die Church of Satan wurde 1966 von Anton Szandor LaVey in San Francisco gegründet, mi lerweile hat sie ihren Sitz in New York und Anhänger auf der ganzen Welt. In seinem experimentell angehauchten Dokumentarfilm beleuchtet Cummings die Organisation und den Satanismus anhand von Porträts verschiedener „Kirchen“-Mitglieder, die u.a. Einblick in ihre magischen Rituale gewähren. Urania: Fr 25.10., 21.15 + Stadtkino im Künstlerhaus: Sa 26.10., 23.00 (OmenglU)

A Real Pain (PL/USA 2024) R: Jesse Eisenberg D: Jesse Eisenberg, Kieran Culkin, Will Sharpe, Jennifer Grey, Kurt Egyiawan. 90 min. Nach dem Tod ihrer Großmu er, die den Holocaust überlebt hat, fliegen zwei ungleiche Cousins, der biedere David und der depressive Benji, von New York nach Polen, um

das Dorf zu besuchen, aus dem sie stammte. Was als bekiff ter Roadtrip beginnt, entwickelt sich in diesem zartbi eren Werk voll Situationskomik zu einer Bildungsreise, auf der die jungen Männer nicht nur viel über die Vergangenheit lernen, sondern auch Zusammenhalt und ein wenig Heilung ihres individuellen und generationenübergreifenden Schmerzes finden. Gartenbau: So 27.10., 13.30 + Mi 23.10., 18.00 (OmU)

Rendez-vous avec Pol Pot / Meeting with Pol Pot (F/KHM/TWN/TR/QAT 2024) R: Rithy Panh D: Irène Jacob, Grégoire Colin, Cyril Gueï. 112 min. Rithy Panh setzt seine jahrelange filmische Auseinandersetzung mit dem Genozid der Roten Khmer, dem auch seine Eltern zum Opfer fielen, fort. 1978: Das Land ächzt seit drei Jahren unter der Herrscha des Diktators Pol Pot, die Wirtscha ist zerstört, fast zwei Millionen Menschen wurden Opfer eines noch unausgesprochenen Völkermords. Drei Franzosen – eine Journalistin, ein Fotoreporter und ein Intellektueller, der sich der revolutionären Ideologie verbunden fühlt – sind in der Hoff nung auf ein Exklusivinterview mit Pol Pot angereist. Langsam stellen sie fest, dass hinter der Propaganda eine andere Realität existiert. Urania: Di 22.10., 15.00, Gartenbau: Di 29.10., 13.00 (OmenglU)

The Room Next Door (E 2024) R: Pedro Almodóvar D: Tilda Swinton, Julianne Moore, John Turturro, Alessandro Nivola. 107 min. Ingrid ist eine Bestsellerautorin, die so viel Angst vor dem Tod hat, dass sie ein Buch darüber geschrieben hat. Als sie erfährt, dass Martha – eine ehemalige Kriegsberichtersta erin – krank ist, besucht sie sie und lässt damit eine alte Freundscha wieder aufleben. Eines Tages bi et Martha Ingrid um das, was sie am wenigsten zu geben bereit ist. Almodóvars englischsprachiges Langfilmdebüt ist eine Adaption des Romans „What Are You Going Through“ von Sigrid Nunez (2020). Gartenbau: So 20.10., 16.15 + Fr 18.10., 22.15 + Di 22.10., 6.30 (OmU) Rumours (CAN/D 2024) R: Evan Johnson, Galen Johnson, Guy Maddin D: Cate Blanche , Charles Dance, Nikki Amuka-Bird, Rolando Ravello, Roy Dupuis, Takehiro Hira, Zlatko Burić , Alicia Vikander. 108 min. Auf einer Burg in Deutschland kommen auf Einladung der deutschen Bundeskanzlerin Hilda Ortmann die sieben Staats- und Regierungschefs der reichsten Demokratien zum jährlichen G7-Gipfel zusammen. Sie wollen eine provisorische Erklärung zu einer globalen Krise verfassen, doch finden sich plötzlich vom Personal verlassen vor. Im dunklen Wald ereignet sich Unheimliches: Moorleichen aus uralten Zeiten erheben sich, und ein riesiges Gehirn liegt herum. Prominent besetzte Horrorkomödie mit viel Spaß am Sprachwitz und genüsslich zerkautem Akzent. Irgendwann taucht Alicia Vikander in einer Nebenrolle bei den Verzweifelten auf und spricht ihre Mu ersprache. Große Verwirrung unter den Anwesenden: „She can only speak gibberish!“ Ortmann (Cate Blanche ) beruhigt: „Swedish, she’s just speaking Swedish!“ Gartenbau: Fr 25.10., 12.15 + So 20.10., 19.00 (OmU)

Sanctuary Station (USA 2024) R: Brigid McCaff rey. 69 min. In diesem impressionistisch-experimentellen Film erzählt McCaff rey die Geschichte der Redwood-Wälder im Nordwesten Kaliforniens, die zu einem kreativen Rückzugsort von Öko-Pionierinnen und Selbstversorgerinnen wurden. Sie entwir eine Reihe fragmentarischer Frauenporträts, u.a. der ehemaligen Nonne und Beat-Poetin Mary Norbert Körte (1934–2022). Metro, Pleskow-Saal: Di 22.10., 15.00 + Mo 28.10., 13.00 (OF)

Sasquatch Sunset (USA 2024) R: David Zellner, Nathan Zellner D: Riley Keough, Jesse Eisenberg, Christophe Zajac-Denek, Christophe Zajac-Denek. 90 min. Ein ikonisches Wesen der nordamerikanischen Folklore bekommt hier einen großen Au ri . Die Fantasy-Komödie begleitet eine vierköpfige BigfootGruppe, ihr Leben im Wald und ihre Rituale ganz ohne Dialoge: ein Weibchen, das schwanger wird und sich dadurch verändert, zwei Männchen und ein Kind. Stadtkino im Künstlerhaus: Sa 19.10., 13.00 Seses / Drowning Dry (LT/LVA 2024) R: Laurynas Bareiš a D: Gelminė Glem ž ait ė, Agnė Kaktait ė

Giedrius Kiela, Paulius Markevič ius. 88 min. Lukas konnte gerade ein Kickbox-Tournier für sich entscheiden, sein weniger sportlicher Schwager Thomas wiederum hat Geburtstag. Zusammen mit ihren Ehefrauen, den Schwestern Ernesta und Juste, und den Kindern fahren sie für ein Wochenende in ihr gemeinsames Haus am See. Hier regt sich nicht nur die Rivalität zwischen den Männern, sondern auch familiäre Traumata, während die Erzählzeit in dieser filmischen Versuchsanordnung zwischen Gegenwart und Vergangenheit zu springen beginnt. Stadtkino im Künstlerhaus: Mi 23.10., 23.30 + Urania: Mo 28.10., 16.00 (OmenglU)

FEATURE Kampf ohne Happy End

ist

ihre Schülerinnen in Jordanien sind wie in einem goldenen Käfig gefangen

Kurdwin Ayubs beklemmender

AntiThriller „Mond“ mit Florentina Holzinger

D er Kampf war ihr Leben. Sarah, von Debütschauspielerin, Choreografin und Performerin Florentina Holzinger großartig verkörpert, verliert im MMA-Käfig. Ausfahrt Karriereende. Mit Boxstunden verdient sie sich ein Zubrot, doch die Teenager sind mehr an der Pose als am Infight interessiert. Da poppt unerwartet ein lukratives Angebot auf: Abdul (Omar AlMajali), ein jovialer Manager aus Jordanien, bietet Sarah im Videointerview die Stelle als Personal Trainerin für seine drei Schwestern an. Ein vermeintlicher Traumjob, eine Gastarbeiterin aus dem modernen Westen im wohlhabenden Nahen Osten. In Jordanien ist alles organisiert. Ein Fahrer holt Sarah vom Hotel ab, durch die Wüste geht es zu einem prächtigen Anwesen mit Brunnen und Palmen. Doch die Schwestern brechen die erste Einheit rasch lustlos ab und hängen lieber mit Telenovelas am Sofa ab. Wohlhabend, wohlbehütet und wohl in einem goldenen Käfig gefangen. Die nächsten Tage bestehen für die irritierte Sa-

rah weniger aus Training als aus Besuchen in der Shopping-Mall. Dort leiht sich die aufgeschlossene Nour (Andria Tayeh, arabisches Model und Influencerin), hinter dem Rücken ihres Leibwächters, Sarahs Handy. Später wird Sarah darauf eine heimliche Botscha , einen Hilferuf Nours und ihrer Schwestern, entdecken.

Nach ihrem Spielfilmerstling „Sonne“ liefert die österreichisch-kurdische Regisseurin Kurdwin Ayub mit dem sehenswerten „Mond“ das beklemmende Mittelstück einer geplanten Trilogie ab. Die Smartphone-Ästhetik tritt erneut auf, dient aber mehr der Narration als dem visuellen Spiel. Die Versatzstücke eines Thrillers und Sarahs „White Savior“-Komplex lassen Ayub gegen die Wand eines patriarchalen Realismus auflaufen. Ein Kampf ohne Happy End. MARTIN NGUYEN

Gartenbaukino: Do, 24.10., 18.15 (OmU)

Stadtkino im Künstlerhaus: Sa, 26.10., 13.00 (OmenglU)

Boxtrainerin Sarah (Florentina Holzinger, oben)
irritiert,

gierung geplanten riesigen Bauprojekt weichen soll. Marva Nabili, die in New York Film studierte, erzählt in ihrem Langfilmdebüt vom Kampf der jungen Frau für die persönliche Freiheit. „Der an die formale Strenge Bressons erinnernde, früheste vollständig erhaltene Spielfilm einer iranischen Regisseurin ist ein hypnotisches Porträt des Widerstands.“ (London Film Festival) Filmmuseum: Sa 19.10., 12.00 (OmenglU)

Maynila: sa mga kuko ng liwanag / Manila in the Claws of Light (PHL 1975) R: Lino Brocka D: Bembol Roco, Hilda Koronel, Rafael Roco jr., Ligaya Paraiso, Tommy Yap. 124 min. Melodramatisch überkochende Geschichte eines jungen Mannes aus der Provinz, der nach Manila au richt, um seine verlorene Liebe zu suchen. Julio macht in der Großstadt eine Odyssee durch, bevor er Ligaya findet, die jedoch von einem Chinesen als Geisel gehalten wird. „Was den Film wirklich hervorragend macht, sind die Bilder von Kameramann Mike de Leon, der später selbst ein großartiger Filmemacher werden würde: Sie sind von einer Dringlichkeit und einer Unmi elbarkeit geprägt, die selbst für Brocka einzigartig ist –gleichsam, als hä e er den Film direkt vor dem Kino gedreht, in dem er vorgeführt wird.“ (Noel Vera). – Als Bonus gibt es eine zu „Manila in the Claws of Light“ entstandene Kurzdoku über die Entstehung des philippinischen Klassikers. Metro, Pleskow-Saal: Fr 18.10., 15.30 (OmenglU)

Quatre nuits d’un rêveur / Vier Nächte eines Träumers / Four Nights of a Dreamer (F/I 1970) R: Robert Bresson D: Isabelle Weingarten, Chilleaume des Forêts, Maurice Monnoyer, Lidia Biondi, Jérôme Massart. 82 min. Der junge Maler Jacques triff t im nächtlichen Paris auf Marthe, die sich am Pont-Neuf aufgrund einer unglücklichen Liebe das Leben nehmen will. Sie verbringen vier Nächte zusammen, in denen sie sich ihre Lebensgeschichten erzählen und einander näherkommen. Bressons Essay über die Liebe nimmt Anleihen an der Novelle „Weiße Nächte“ von Dostojewskij: „Eine Stunde vor unserer Begegnung wachte ich auf, allein mir war, als hä e ich gar nicht geschlafen. Ich weiß nicht, was mit mir geschah. Als wäre die Zeit für mich eben stehengeblieben, als müsste diese eine Empfindung von nun ab ewig in mir bleiben, als wäre das ganze Leben für mich stehengeblieben.“ Stadtkino im Künstlerhaus: Fr 25.10., 15.30 (OmenglU)

Yoru no kawa / Undercurrent / Night River (J 1956) R: Kōzabur ō Yoshimura D: Fujiko Yamamoto, Ken Uehara, Keizō Kawasaki, Michiko Ai, Kazuko Ichikawa. 104 min. Eine junge Modeschöpferin aus Kyoto, die sich standha gegen die Heiratspläne ihres Vaters wehrt, lernt einen verheirateten Mann und echte Gefühle kennen. „In Kozaburo Yoshimuras Melodram erzählen die Farben die Geschichte mit: als Handlungselement und ästhetisches Experimentierfeld. Wenn man den Film in der restaurierten Fassung entdeckt, ist das Staunen groß, dass der Regisseur in japanischen Filmgeschichten bisher eine nur untergeordnete Rolle spielte.“ (Gerhard Midding) Stadtkino im Künstlerhaus: Mi 23.10., 15.30 (OmenglU)

Haunted by History

Ah-ga-ssi / Die Taschendiebin / The Handmaiden (Südkorea 2016) R: Park Chan-wook D: Kim Tae-ri, Kim Min-hee, Ha Jung-woo, Cho Jin-woong. 145 min. Korea in den 1930ern: Die junge Hideko schleicht sich im Au rag eines Gangsters in den Haushalt des japanischen Nobelmanns Kuzuki ein, indem sie sich als Kammerzofe seiner verzogenen Tochter Hideko ausgibt. Das Anwesen, in dem die reiche Erbin lebt, oder besser gesagt: vergeht, darf in gewisser Art und Weise auch für die Bauart von Park Chan-wooks Kino einstehen: ein eklektischer Stilmix zwischen viktorianischer Villa und japanischem Herrenhaus, ein sadomasochistisch veranlagter Erotikthriller. Urania: Di 29.10., 14.45 (OmenglU) Gi-dam / Epitaph (Südkorea 2007) R: Jung Bumshik, Jung Sik D: Kim Bo-kyung, Jin Goo. 98 min. Park Jung-nam findet ein Fotoalbum aus seiner Zeit als Assistenzarzt im Krankenhaus von Seoul. Die Bilder rufen traumatische Erinnerungen wach: Im Jahr 1942 endete seine arrangierte Ehe, als seine Verlobte, die er nie kennengelernt ha e, Selbstmord beging. Bald ereignen sich im Spital weitere mysteriöse Vorfälle, und ein Serienmörder macht Jagd auf japanische Soldaten. Überwiegend während der japanischen Besetzung angesiedelt, kombiniert der Film den Horror der Kolonialzeit mit den Gespenstern der Gegenwart. Metro: Mo 28.10., 13.30 + Metro, Pleskow-Saal: Di 29.10., 20.30 (OmenglU) Goryeojang (Südkorea 1963) R: Kim Ki-young D: Kim Jin-kyu, Ju Jeung-ryu. 110 min. Ein Landarbeiter muss, der örtlichen Tradition im alten Königreich

Goryeo folgend, seine 70-jährige Mu er zum

Sterben in die Berge bringen. Er beschließt, gegen diesen Brauch zu verstoßen, und kehrt sta dessen mit seiner Mu er nachhause zurück. Variation des bekannteren, auf demselben Stoff basierenden japanischen Films „The Ballad of Narayama“ in stimmungsvollem Schwarzweiß. Metro: So 20.10., 15.30 (OmenglU) Janggun-ui adeul / The General’s Son (Südkorea 1990) R: Im Kwon-taek D: Park Sang-min, Shin Hyeon-jun. 108 min. Kim, im japanisch besetzten Korea eben aus dem Gefängnis entlassen, wird wegen seiner Kampff ähigkeiten in eine Bande aufgenommen und arbeitet sich schnell an die Spitze hoch. Dort erfährt er, dass er der Sohn von General Kim Jwa-jin ist, der gegen die japanische Armee gekämp hat. Basierend auf dem Leben des koreanischen Faustkämpfers, Gangsters und Politikers Kim Du-han inszeniert Routinier Im Kwontaek den ersten Teil seiner „General“-Trilogie. Metro: Fr 25.10., 11.00 + Metro, Pleskow-Saal: So 27.10., 18.45 (OmenglU)

Jokbo / The Genealogy / The Family Pedegree (Südkorea 1978) R: Im Kwon-taek D: Joo Sun-tae, Ha Myoung-joong. 108 min. Der japanische Regierungsbeamte Tani soll in der koreanischen Provinz dafür sorgen, dass die Einheimischen ihre koreanischen in japanische Namen ändern. Doch der stolze Sul weigert sich, der Anordnung Folge zu leisten. Tani, seltenes Beispiel für einen sympathisch gezeichneten japanischen Beamten in einem koreanischen Film, ist hin- und hergerissen zwischen seiner Pflicht, seinem Respekt vor der koreanischen Kultur und seiner Anziehung zu Suls selbstbewusster Tochter. Metro: Sa 19.10., 18.00 + Di 22.10., 12.30 (OmenglU)

Najeun moksori / The Murmuring (Südkorea 1995) R: Byun Young-joo. 100 min. Dokumentarfilm über den Kampf mehrerer älterer Frauen, die die japanische Regierung dazu bewegen wollen, sich öff entlich dafür zu entschuldigen, dass sie während des Zweiten Weltkriegs genötigt wurden, sich für japanische Soldaten zu prostituieren. Erster Teil einer Trilogie, in der die Regisseurin das Leben der euphemistisch genannten „Trostfrauen“ dokumentiert, die von der japanischen Armee entführt und zu sexueller Sklaverei gezwungen wurden. Metro: Fr 25.10., 16.00 + Metro, Pleskow-Saal: Di 29.10., 13.00 (OmenglU)

Ppong / Mulberry (Südkorea 1985) R: Lee Dooyong D: Lee Mi-sook, Lee Dae-kun. 111 min. Die junge An-hyeop sieht sich während der japanischen Besatzung aus bi erer Armut zur Prostitution gezwungen. Doch bald überzeugen die anderen Frauen, deren Männer An-hyeop regelmäßig Besuche absta en, aus Eifersucht den Dorfältesten, sie zu vertreiben. Lee Doo-yong verwandelt den sozialkritisch intendierten, teilweise grimmigen Roman von Na Do-hyang aus dem Jahr 1925 in ein melodramatisches Erotikdrama. Metro: Mi 23.10., 13.30 (OmenglU)

Sangnoksu / Evergreen Tree (Südkorea 1961) R: Shin Sang-ok D: Choi Eun-hie, Shin Yeong-gyun. 141 min. Zwei Hochschulabsolventen gehen aufs Land, um als Lehrer eine kleine, bäuerliche Gemeinde zu modernisieren. Die Frau gründet eine Schule, der Mann organisiert ein Jugendzentrum. Die gegenseitige Bewunderung führt unweigerlich zur Liebe, doch das soziale Engagement erweckt ebenso unweigerlich den Verdacht der japanischen Kolonialregierung. Filmmuseum: So 20.10., 12.45 (OmenglU)

Soesaseul-eul kkeun-eola / Break Up the Chain (Südkorea 1971) R: Lee Man-hee D: Dong-hwi Jang, Won Namkung. 98 min. Von Sergio Leone beeinflusster Actionwestern, in dem ein als Patriot getarnter Mörder, ein Gangster und ein Spion sich zusammentun, um eine wertvolle goldene Buddha-Statue zu finden. Im Laufe der halblustigen Unternehmung müssen sie erkennen, dass das private Interesse nicht wichtiger sein darf als das gemeinscha liche. Filmmuseum: Mo 21.10., 21.15 + Metro, Pleskow-Saal: Di 22.10., 20.30 (OmenglU) Su-eop-ryo / Tuition (Südkorea 1940) R: Choi In-gyo, Bang Han-jun. 82 min. Sozialdrama über einen Schüler, dessen Eltern sich nicht das Schulgeld für den Viertklässler leisten können. Nachdem diese verreisen, um das nötige Geld auswärts zu verdienen, kommt der Bub bei seiner Großmu er unter. Als sich die Situation verschlimmert, bricht er schließlich zum Haus seiner Tante in einem weit entfernten Dorf auf. Einziger Film des Programms, der zur Zeit der japanischen Herrscha über das besetzte Korea entstand. Metro, Pleskow-Saal: Mi 23.10., 15.30 (OmenglU)

Tae / Life Line (Südkorea 1986) R: Ha Myung-joong

D: Lee Hye-sook, Ma Hung-sik. 104 min. 1921, Korea befindet sich unter japanischer Kolonialherrscha

Der reiche Choi ist Besitzer einer Fischereiflo e

FEATURE Ein Fall von Entschleunigung

Unbehagen und Scham: Die Abendgesellscha versammelt sich bei Tisch, dazwischen Close-ups von Händen, die einander nicht berühren

Psychodramatisches Kammerspiel aus Québec:

„Comme le feu“ von Philippe Lesage

Die schier endlose Autofahrt durch die kanadischen Wälder zu Beginn findet ihr jähes Ende, als sich Albert (Paul Ahmarani) und Blake (Arieh Worthalter) nach drei Jahren am Ufer eines Sees wiedersehen. Die beiden haben früher zusammengearbeitet, Albert verdingt sich nun als Drehbuchautor beim Fernsehen, Blake sieht sich als Dokumentarfilmemacher auf dem künstlerischen Höhepunkt seiner Karriere. Albert hat Tochter Aliocha und Sohn Max sowie dessen Kumpel Jeff (Noah Parker) mitgebracht, und bald landet man in Blakes in völliger Abgeschiedenheit gelegenem Domizil. Weitere Gäste sind anwesend oder finden sich im Laufe der Tage in „Comme le feu“ in der riesigen Blockhütte ein.

So vertraut das Setting, so ungewöhnlich der dritte Spielfilm des Frankokanadiers Philippe Lesage („Genèse“), der sich nicht nur als Kammerspiel, sondern auch als Coming-of-Age-Drama und mitunter gar als Psychothriller und bissige Komödie erweist. Während sich

Albert, ein verbitterter Alkoholiker, und Blake, ein eitler Egomane, in Wahrheit bis aufs Blut hassen, weiß Jeff mit seiner wie ein Feuer entbrannten Liebe für Aliocha nicht wohin. Schlimmstenfalls hinaus in den Wald, wenn man wie die Erwachsenen alles falsch gemacht hat, aber im Gegensatz zu diesen sich schuldig fühlt.

Mehr als zweieinhalb Stunden nimmt sich Lepage, früher als Dokumentarfilmemacher tätig, für die genaue Beobachtung von zugespitzten Situationen und aufgeheizten Stimmungen Zeit, etwa wenn sich die Abendgesellscha in einer zehnminütigen Einstellung bei Tisch versammelt und bald zwischen Aggression, Unbehagen und Scham nicht mehr zu unterscheiden ist. Am Ende auch nicht während der gemeinsamen Kanufahrt, bei der man Gefahr läu , den letzten Halt zu verlieren.

Urania: Fr, 18.10., 21.00 / Stadtkino im Künstlerhaus: So, 20.10., 11.00 (OmenglU)

und bestimmt diktatorisch über seine abgelegene Heimatinsel. Als durch Überfischung die Fänge ausbleiben, gibt er den Wassergeistern die Schuld und treibt die Dor ewohner tief in die Schulden. Bis diese beginnen, einen Aufstand zu organisieren. Doch auch Felsen, Meer und Mythen lehnen sich gegen die menschliche Gier auf. Metro: Do 24.10., 13.30 (OmenglU)

Wolhaui gongdongmyoji / Public Cemetery

Under the Moon (Südkorea 1967) R: Kwon Cheolhwi D: Do Geum-bong, Hae Hwang. 88 min. Die junge Kisaeng Wol-ha heiratet den aus einem japanischen Gefängnis entlassenen Kim Han-su, wird aber nicht glücklich bis an ihr Lebensende, sondern stirbt schon bald aufgrund einer falschen Anschuldigung, die ausgerechnet von der bösen Schwiegermu er erfunden wurde. Nun kehrt ihr Geist unter die Lebenden zurück und macht das, was Geister eben so tun: Rache nehmen. Koreanischer Low-Budget-Horror. Metro: Mo 21.10., 14.00 + Metro, Pleskow-Saal: Di 22.10., 18.00 (OmenglU)

Out of the Spotlight: Helene Thimig

Der Engel mit der Posaune (Ö 1948) R: Karl Hartl D: Paula Wessely, A ila Hörbiger, Hedwig Bleibtreu, Maria Schell, Oskar Werner, Hans Holt, Helene Thimig. 138 min. Österreichs wechselvolle Geschichte von 1888 bis 1945, dargestellt anhand einer Klavierbauer-Familie aus Wien. – 138 Minuten erlauben ein ausladendes Panorama ziemlich aller Motive des „Wienfilms“, der bekanntlich (nirgendwo wurde es deutlicher) eine große Familie ist und mit Nazis niemals nix zu tun gehabt hat. Metro: Mo 28.10., 16.00 (OmenglU)

The Hitler Gang (USA 1944) R: John Farrow D: Robert Watson, Fritz Kortner, Helene Thimig, Kurt Neumann, Ludwig Donath, Poldi Dur. 97 min. Die Thimig spielt Hitlers Halbschwester „Geli“ Raubal in diesem Gangsterfilm, der die Konventionen des Genres auf den Aufstieg der Nationalsozialisten anwendet und den Röhm-Putsch als Bandenkrieg gestaltet. Mit Robert Watson als Führer und weniger einfältig, als man glauben sollte – von Routinier John

Farrow mit angemessener Ernstha igkeit in Szene gesetzt. Metro: Mo 21.10., 18.30 (OF)

Isle of the Dead (USA 1945) R: Mark Robson D: Boris Karloff, Ellen Drew, Helene Thimig, Jason Robards Sr. 72 min. Während des Krieges im Jahre 1912 sitzen einige Menschen wegen Pest-Quarantäne auf einer griechischen Insel fest. Dass es hier nicht mit rechten Dingen zugeht, liegt auch an einem Dämon namens „Vorvolaka“ und einer verschwundenen Leiche. Kruder Horror aus der Val-Lewton-Schmiede mit Boris Karloff als griechischem General und Thimig als Haushälterin. Metro: Do 24.10., 21.30 (OF)

Mensch ohne Namen (D 1932) R: Gustav Ucicky D: Werner Krauß, Maria Bard, Mathias Wieman, Helene Thimig, Fritz Grünbaum, Hertha Thiele. 89 min. Heinrich Martin (Werner Krauß), der im Ersten Weltkrieg sein Gedächtnis verloren hat, kehrt nach 16 Jahren aus Russland in die Heimat zurück, doch niemand in Berlin kann – oder will – sich seiner mehr erinnern. Thimigs erster Leinwandau ri in der Rolle der Ehefrau, die den „Mann ohne Namen“ für tot erklären ließ, und ihr einziger Film vor ihrer Emigration ins amerikanische Exil. Metro: Di 29.10., 16.00 (OmenglU)

Strangers in the Night (USA 1944) R: Anthony Mann D: William Terry, Virginia Grey, Helene Thimig. 56 min. Selten zu sehendes Noir-B-Picture des für seine Westernklassiker bekannten Regisseurs Mann: Ein Veteran, der aus dem Zweiten Weltkrieg zurückkehrt, macht sich auf die Suche nach einem Mädchen aus einer Kleinstadt, das er nur aus Briefen kennt. Anstelle der vermeintlich Geliebten findet er nur ihre Mu er: die seltsame Hilda Blake (Helene Thimig, hier in ihrer einzigen Hollywood-Hauptrolle).

Packender Thriller, in dem sich sexuelle Frustration in gefährlichen Wahn verwandelt. Metro: Di 22.10., 11.00 (OF)

Colectivo Los Ingrávidos

Programm 1: Film & Konzert – Trance (MEX 2024) R: Colectivo Los Ingrávidos. 41 min. Das aktuelle Hauptwerk des mexikanischen Künstlerkollektivs mit Livemusik von Jung an Tagen: In „Teocalli“ erwachen schamanische Visionen und tranceartige Bilder zum Leben. Der Huey Teocalli war der größte Tempel

der aztekischen Hauptstadt Tenochtitlán, des heutigen Mexiko City. Filmmuseum: So 20.10., 19.00 Programm 2: Politics (MEX 2014–2021) R: Colectivo Los Ingrávidos. 58 min. Zehn politische Kurzfilme des Kollektivs. Thematisiert werden Mord und Entführungen durch Polizei und Militär, Femizide und politisch motivierte Gewalt. Der Titel des längsten, nämlich zehnminütigen Beitrags, „Coyolxauhqui“ (2016), bezieht sich auf die Gö in des Mondes in der aztekischen Mythologie: Ihr abgetrennter und in den Himmel geschleuderter Kopf umkreist die Erde als Mond. Metro: Mo 21.10., 16.30 (OF) Programm 3: Shamanic Materialism (MEX 2015–2023) R: Colectivo Los Ingrávidos. 48 min. „Die Idee der Trance als schamanische Technik und Form der Weisheit der Vorfahren manifestiert sich in der Arbeit des Kollektivs mit dem Film und dessen Materialität: Feuer und Filmkader, Kakteen und Kosmos, Farben und gefundenes Material werden durch kamerainterne Schni e oder Flimmereff ekte im Rhythmus vereint.“ (Zahlner/Schwärzler) Filmmuseum: Di 22.10., 18.30 (OF)

Shifting Genres, Untamed Bodies: Juliana Rojas

As boas maneiras / Gute Manieren / Good Manners (BRA/F 2017) R: Marco Dutra, Juliana Rojas D: Isabél Zuaa, Marjorie Estiano, Miguel Lobo, Cida Moreira, Andréa Marqee. 135 min. Clara, eine einsame Krankenschwester aus den Außenbezirken von São Paulo, wird von der geheimnisvollen und wohlhabenden Ana als Kindermädchen für ihr ungeborenes Kind eingestellt. Die beiden Frauen entwickeln eine starke Bindung, doch schon bald entdeckt Clara ein schreckliches Geheimnis über das Kind. Horrorfilm mit zahlreichen Referenzen an die Kino- und Literaturgeschichte, über die sich vor allem Genrefreude freuen. Stadtkino im Künstlerhaus: Fr 25.10., 22.30 + Filmmuseum: Di 29.10., 18.45 (OmenglU) Cidade; Campo (BRA/F/D 2024) R: Juliana Rojas D: Fernanda Vianna, Mirella Façanha, Bruna Linzmeyer. 119 min. In ihrem jüngsten Film erzählt Rojas eine zweiteilige Geschichte („Land“, „Stadt“) über gegenläufige Migration: Im ersten Teil zieht eine Landarbeiterin nach São Paulo, nachdem ihr Heimatdorf durch den Zusammenbruch eines Staudamms zerstört wurde. Sie findet einen Job als Putzfrau und beginnt sich für bessere Arbeitsbedingungen zu engagieren. Danach zieht eine junge Städterin nach dem Tod ihres Vaters aufs Land, um auf der geerbten Farm neu zu beginnen – wo übernatürliche Krä e am Werk zu sein scheinen. Metro: Sa 26.10., 21.30 + Stadtkino im Künstlerhaus: Di 29.10., 18.00 (OmenglU)

GESTAL SPRACH TUNG

DAS GESPROCHENE BILD

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Die Methode Bilder sprechen beschreibt den Findungsprozess für eine kreative Sprachgestaltung. Für alle, die mit Sprechen Erfolg haben wollen.

112 Seiten, € 14,50

Kurzfilmprogramm 1 (BRA 2004–2011) R: Juliana Rojas, Marco Dutra. 61 min. Vier Kurzfilme der brasilianischen Genreregisseurin, teilweise in Zusammenarbeit mit Marco Dutra entstanden. Die Reise führt vom Tod im kleinen Vorstadthaus („O lençol branco“, 2004) bis zu den Angs räumen eines Kindes („Pra eu dormir tranquilo“, 2011). Metro: Sa 26.10., 13.45 (OmenglU)

Kurzfilmprogramm 2 (BRA 2012–2017) R: Juliana Rojas, Marco Dutra. 65 min. Drei Kurzfilme bieten einen Überblick über Rojas’ bevorzugte Motive: In „O duplo“ (2012) ist eine Lehrerin mit ihrer Doppelgängerin konfrontiert, in „Nascemos hoje, quando o céu estava carregado de ferro e veneno“ versucht ein Paar, von der Erde zu fliehen, und in „A passagem do cometa“ (2017) wartet man auf den Einschlag des Kometen. Metro: So 27.10., 13.30 (OmenglU) Sinfonia da necrópole / Necropolis Symphony (BRA 2014) R: Juliana Rojas D: Eduardo Gomes, Luciana Paes. 89 min. Deodato arbeitet als Totengräber auf einem Friedhof in São Paulo. Die Work-Life-Balance ändert sich erst zum Besseren, als er Jaqueline kennenlernt, die Angestellte des Besta ungsunternehmens, die mit seiner Hilfe eine Untersuchung von verlassenen Gräbern durchführt. Seltsame Ereignisse am Arbeitsplatz erschü ern nicht nur seine Psyche, sondern auch diese Horrorgroteske und den ersten Langspielfilm von Juliana Rojas. Metro: So 27.10., 18.30 + Stadtkino im Künstlerhaus: Mo 28.10., 23.00 (OmenglU) Trabalhar cansa / Hard Labor (BRA 2011) R: Marco Dutra, Juliana Rojas D: Helene Albergaria, Marat Descartes, Naloana Lima. 99 min. Cross-over aus Neorealismus und Kubricks „The Shining“: Hausfrau Helena aus São Paulo macht sich selbstständig und eröff net eine Greißlerei. Schon bald mehren sich Anzeichen nahenden Unheils, aus dem Boden quillt Abwasser voller Gewürm, Lebensmi el beginnen zu bluten. „Neben diesen mysteriösen Spuren, die ihr Geschä heimsuchen und auf ein schreckliches Unheil hinweisen, findet sie schließlich hinter einer Wand ein

grauenvolles Geheimnis, das für all ihre Probleme verantwortlich sein könnte. „Ein früher Beitrag des jungen brasilianischen Horrorfilms“. (Martin Schlesinger) Urania: Fr 25.10., 18.30 (OmenglU)

Retrospektive Robert Kramer

Cités de la plaine + City Empires (F 2000) R: Robert Kramer D: Ben, Berbard Trolet, Lahcene Aouiti, Erika Kramer. 134 min. Ben, ein blinder Mann, der in einer französischen Kleinstadt lebt, denkt über sein Leben nach. Als nordafrikanischer Einwanderer hat er allen Problemen zum Trotz sein eigenes Geschä und, mit einer Französin, eine Familie gegründet. Ein semidokumentarischer, mit Laiendarstellern gedrehter Film und zugleich Robert Kramers letzte Arbeit. „Dass ich ein qualitativ minderes Videobild gewählt habe, rechtfertigt sich durch den blinden Protagonisten. Es ist wichtig, dass seine inneren Erfahrungen auf sehr präsente und sinnliche Weise wiedergegeben werden.“ (Robert Kramer) Davor: „City Empires“ (24 min.) Filmmuseum: Di 29.10., 16.00 + Do 28.11., 20.30 (OmenglU) Dear Doc + Berlin 10/90 (F 1990/1991) R: Robert Kramer. 99 min. „Dear Doc“ (35 min.) ist ein Videobrief an Kramers Weggefährten und Komplizen Paul McIsaac, alias „Doc“, die Hauptfigur in „Doc’s Kingdom“ und „Route One/USA“ und Dokument einer langjährigen Freundscha . „Berlin 10/90“ entstand im Rahmen der TV-Serie „Live“, deren Teile jeweils aus einer einzigen 60-minütigen Aufnahme bestehen. Kramer filmte seinen Beitrag im Oktober 1990 in Berlin, der Geburtsstadt seines Vaters, im Badezimmer seiner Wohnung sitzend. „Berlin hat viel mit dem Gedanken der Rückkehr zu tun, mit der Rückkehr zu meinem Vater und einer gewissen Vorstellung von der Vergangenheit der Familie.“ Filmmuseum: Mo 18.11., 18.00 + So 27.10., 11.00 (englOF)

Doc’s Kingdom (F/P 1987) R: Robert Kramer D: Paul McIsaac, Vincent Gallo, César Monteiro. 90 min. Doc’s Kingdom, d.i. New York und Lissabon, gesehen aus der Perspektive zweier von Unruhe erfüllter Männer, Docs und seines Sohnes. Doc (Paul Mclsaac) lebt im Lissaboner Hafengebiet als von Verzweiflung gepeinigtes Wrack, als sein Sohn Jimmy (Vincent Gallo) aus Amerika au aucht. „Jimmys Zustand gründet im Tod der Mu er. In Doc haben sich allgegenwärtige ödipale Kastrationsängste zur quälenden Lebenskrise angesichts des körperlichen Verfalls ausgewachsen.“ (Amy Taubin) Filmmuseum: Sa 16.11., 20.30 + Sa 26.10., 18.30 (englOF)

The Edge (USA 1968) R: Robert Kramer D: Tom Griffin. 101 min. Ein Mitglied einer revolutionären Zelle möchte einen Anschlag auf den US-Präsidenten verüben. Sechs Tage als Ausnahme- und im Schockzustand. Ein Parallelfilm zum wenig später entstanden „Ice“ und wesentlicher Beitrag zu Kramers filmischer Auseinandersetzung mit der radikalen Linken in den USA. „Solange Vietnam, die Ghe os, die neuen Vietnams und unser eigenes begrenztes Leben sich nicht mit den seltenen guten Momenten menschlicher Befreiung durchdringen, ist nichts anderes möglich, als dass wir beherrscht und eff ektiv kontrolliert werden.“ (Robert Kramer) Filmmuseum: Mo 4.11., 18.00 + Mo 21.10., 11.00 (OF) Guns (F 1980) R: Robert Kramer D: Patrick Bauchau, Juliet Berto, Peggy Frankston. 95 min. Ein Journalist (Patrick Bauchau) verfolgt Spuren illegaler Waff engeschä e im Hafengebiet von Marseille, während sich eine Schauspielerin (Juliet Berto) um ihre sterbende Mu er kümmert. Doch je länger die Recherche dauert, umso undurchdringlicher wird das Dickicht aus Politik, Kriminalität und Korruption. Tatsächlich sollen die Waff en von einer Widerstandsgruppe verwendet werden. Kramers erster französischer Film im selbstgewählten europäischen Exil ist ein erratischer Parcours entlang der bereits in der amerikanischen Heimat bestimmenden Motive. Filmmuseum: Mo 11.11., 18.00 + So 20.10., 16.00 (OmenglU) Ice (USA 1969) R: Robert Kramer D: Robert Kramer, Tom Griffin, Paul McIsaac, Leo Braudy. 133 min. In einem totalitär regierten Amerika der nahen Zukun plant eine Untergrundorganisation die gewaltsame Machtübernahme. Die Revolution gegen den Faschismus steht bevor, doch die internen Konflikte prägen die Vorbereitungen. „Ich glaube, dass wir aufgrund vieler Widersprüche von ‚Ice‘ – zwischen Männern und Frauen, zwischen Aktivismus und Leben, zwischen Leben und Tod – anfangen, die Synthese zu verstehen, die uns helfen wird, eine klarere Bewusstseinsebene zu schaff en, und damit eine höhere Ebene des Aktivismus“, so Kramer. Am Ende ein Telefongespräch aus einer Telefonzelle, an

deren Glasscheibe „911“ klebt. Filmmuseum: Mo 4.11., 20.30 + Di 22.10., 10.45 (OF)

I’ll Be Your Eyes, You’ll Be Mine + Beautiful Monsters (F 2007/2021) R: Keja Ho Kramer, Stephen Dwoskin. 86 min. In „I’ll Be Your Eyes, You’ll Be Mine“ (48 min.) erinnern sich Kramers Tochter Keja Ho und Stephen Dwoskin in Form eines Essayfilms an den Vater und langjährigen Freund. In „Beautiful Monsters“ (38 min.) porträtiert Kejo Ho anhand zärtlicher Erinnerungs- und Familienbilder ihre Mu er Erika Kramer. Filmmuseum: Mi 27.11., 20.30 (englOF)

In the Country (USA 1967) R: Robert Kramer D: William Devane, Catherine Merrill. 62 min. Kramers erster Spielfilm ist ein Porträt der radikalen Linken in Form eines schwarzweißen Kammerspiels. Ein Mann (William Devane) und eine Frau (Catherine Merrill) haben sich in die Einsamkeit eines Landhauses zurückgezogen und gönnen sich eine Nachdenkpause von den revolutionären Ideen. In der Ferne tobt der Vietnamkrieg, während man sich selbst in der Isolation gefangen sieht. Was kann man tun, um die Welt und die Beziehung zu re en, und kann das eine wichtiger sein als das andere? Kramer seziert das Politische mithilfe des Privaten und umgekehrt. Filmmuseum: Sa 2.11., 20.30 + So 20.10., 11.00 (OF)

Looking for Robert (F 2024) R: Richard Copnas. 73 min. Richard Copans, Filmemacher, Kameramann und Produzent, war nicht nur ein langjähriger künstlerischer Weggefährte Kramers, sondern auch ein enger Vertrauter. In „Looking for Robert“ grei er Kramers Arbeitsmethode des Videobriefs auf, um des Freundes zu gedenken und sich solcherart von ihm filmisch zu verabschieden. Filmmuseum: Do 28.11., 18.00 (OmenglU)

Looking for Robert + I’ll Be Your Eyes, You’ll Be Mine (F 2024/2007) R: Richard Copans / Keja Ho Kramer, Stephen Dwoskin. 121 min. Richard Copans, Filmemacher, Kameramann und Produzent, war nicht nur langjähriger künstlerischer Weggefährte Kramers, sondern auch enger Vertrauter. In „Looking for Robert“ grei er Kramers Arbeitsmethode des Videobriefs auf, um des Freundes zu gedenken und sich solcherrart von ihm filmisch zu verabschieden. Davor: „I’ll Be Your Eyes You’ll Be Mine“, ein ebenfalls sehr persönlicher Kurzfilm von Kramers Tochter Keja Ho und Stephen Dwoskin, in dem die beiden sich an Vater und Freund erinnern. Filmmuseum: Sa 19.10., 21.30 (OmenglU) Milestones (USA 1975) R: Robert Kramer, John Douglas D: Grave Paley, Mary Chapelle, Sharon Krebs, Jim Nolfi, Paul Zimet, John Douglas. 206 min. Die amerikanische Linke Mi e der Siebziger als gesellscha liches Panorama und semidokumentarisches Mosaik. Knapp dreieinhalb Stunden widmen sich Kramer und John Douglas den Träumen und Hoff nungen von Frauen und Männern, die ihre politischen Ideale von 1968 in den privaten Alltag mitgenommen oder aufgegeben haben. „Der Film durchquert Amerika von den schneebedeckten Bergen von Vermont zu den Wasserfällen von Utah, zu den Höhlen der Hopi-Indianer und dem Dreck und der Energie von New York City. Ein Film über die Wiedergeburt, von Ideen und Gesichtern, von Bildern und Tönen.“ (Robert Kramer) Der Titel des Films steht für dessen Bedeutung: ein Meilenstein. Filmmuseum: So 10.11., 17.00 + Fr 18.10., 18.30 (OF) Notre Nazi (D/F 1984) R: Robert Kramer. 114 min. Robert Kramers während der Dreharbeiten zu Thomas Harlans „Wundkanal“ entstandener Metaund Parallelfilm: Harlan, der sich zeitlebens an der Nazi-Vergangenheit seines Vaters Veit abarbeitete, nähert sich seinem Hauptdarsteller, dem Nazi Alfred Filbert, als Filmemacher. Es off enbart sich ein Katz-und-Maus-Spiel der Worte und Gesten, der Schmeicheleien und der Abneigung. Ehrlich sind die wachsenden Reaktionen der Filmcrew auf den Darsteller in ihrer Mi e. Filmmuseum: Mo 25.11., 20.30 + Mi 23.10., 13.30 (OmU) Point de départ + Say kom sa (F/VN 1994/1998) R: Robert Kramer. 100 min. Mehr als 20 Jahre nach den Dreharbeiten zu dem pazifistischen Vietnamfilm „People’s War“, kehrt der Regisseur erneut nach Hanoi zurück. „1969 standen wir vor der Frage, wie wir den Krieg beenden und anschließend unser Leben zuhause ändern sollten. Und heute? Schon immer hat uns Vietnam, wie ein Reflex auf uns selbst verwiesen.“ (R. Kramer) Davor: „Say kom sa“ (1998), die vier Jahre später entstandene Stadtbeobachtung Hanois. „C’est comme ça“, wie wahr, es ist, was es ist. Filmmuseum: Mo 28.10., 13.30 + Mi 20.11., 20.30 (OmenglU)

Route One/USA (USA/F 1989) R: Robert Kramer. 255 min. In seinem gut vierstündigen Film dokumentiert Kramer, der sich hier als einer der radikalsten Geschichtenerzähler des US-Kinos erweist, eine lange Reise: Die berühmte „Route

1“ führt von Maine nach Florida, quer durch die Vereinigten Staaten. Kramer bereist die Orte und die Geschichte, die Kämpfe und die Katastrophen, das Politische und das Private, das historische Erbe und die Erinnerungen. Filmmuseum: So 17.11., 18.00 + Fr 25.10., 21.00 (OmU) Scenes from the Class Struggle in Portugal (USA/P 1977) R: Philip Spinelli, Robert Kramer. 90 min. Im April 1974 reisen Philip Spinelli und Robert Kramer nach Portugal, um die gesellscha lichen Veränderungen im Zuge der Nelkenrevolution zu dokumentieren: Die Szenen aus dem Klassenkampf, die der Titel verspricht, manifestieren sich in den Hoff nungen und Wünschen der „einfachen“ Leute, der Arbeiter und Bauern, gegen das diktatorische Salazar-Regime. Vier Jahre später fällt das Resümee in Form eines Epilogs ernüchternd aus. Filmmuseum: Mi 6.11., 18.00 + Di 22.10., 13.30 (OmenglU)

Sous le vent + Ghosts of Electricity (F/CH 1991/1997). 50 min. In „Sous le vent“, einer Auftragsarbeit für das französische Kulturministerium, reist Kramer entlang der Seine von Omaha Beach nach Paris, flussaufwärts vom geschichtsträchtigen Ort in die Metropole. Vergangenheit und Zukun , Krieg und Kino. Bilder und Töne wie san e Wellen und Serge Daney mit Matrosenmütze. In „Ghosts of Electricity“, entstanden für das Filmfestival Locarno zum 50-jährigen Jubiläum, reflektiert Kramer mit schwarzer Sonnenbrille über das Kino und dessen Zukun : „Eine Projektion ist nicht erforderlich. Die Bilder und die Leinwand sind dann hier zu sehen. Wir werden einmal überall sein.“ Filmmuseum: Sa 19.10., 15.00 (OmenglU)

Un plan d’enfer + Des graines dans le vent + Maque e (F 1986/1998/1990) R: Robert Kramer. 107 min. „Un plan d’enfer“ ist eine Au ragsarbeit der „Société Lyonnaise de Banque“, die der Belegscha ihren Generalplan vorstellt. In „Des graines dans le vent“ schließt sich Kramer einer Gruppe von Arbeitern an, die in Wakefield, Mi elengland, am „European March Against Unemployment“ teilnehmen. Im nicht fertiggestellten „Maque e“ dokumentiert er die Proben einer Tanztruppe in Châteauvallon sowie einige lokale Kulturschaff ende. Filmmuseum: Do 24.10., 11.00 + Mi 20.11., 18.00 (OmenglU)

Vidéole res Robert Kramer / Stephen Dwoskin (F/GB 1991) R: Robert Kramer, Stephen Dwoskin. 100 min. Zwischen Februar und Juni 1991 tauschten Robert Kramer und Stephen Dwoskin mehrere Videobriefe aus (vier von Kramer, drei von Dwoskin), die in Hi8 aufgenommen wurden. „Die Videobriefe verzichten auf jede Formalität. Durch sie haben wir begonnen, neu zu lernen und neu zu schauen –und sie zementierten unsere Bruderscha . Leider hat Roberts früher Tod der Fortsetzung ein Ende gesetzt. Sie bleiben unvollendet und unbearbeitet.“ (Stephen Dwoskin) Filmmuseum: Do 21.11., 18.00 + Mo 28.10., 11.00 (englOF)

Walk the Walk (F/CH 1996) R: Robert Kramer D: Laure Duthilleul, Jacques Martial, Bethsabée Haas. 115 min. Ein Film über das Au rechen, Bleiben, Unterwegssein. Ein Film über die Auflösung einer Familie und die erwartungsvolle Hoff nung. „Ein Mann reist aus dem Süden Europas bis nach Odessa und dann in ein Kriegsgebiet hinein. Seine Tochter reist durch Frankreich über Zürich, wo sie die Drogenlandscha kennenlernt, nach Berlin. Ihre Mu er bleibt im Süden, überwindet die Verzweiflung über den Verlust des Mannes, der Tochter.“ (Verena Zimmermann) Filmmuseum: Mo 21.10., 18.30 + So 24.11., 20.30 (OmU)

Wundkanal (BRD/F 1984) R: Thomas Harlan D: Alfred F., Robert Kramer, Heike Geschonneck. 107 min. Bewaff nete Kämpfer bringen einen NS-Verbrecher in ihre Gewalt, verhören ihn und konfrontieren ihn mit seinen Taten. Für die Hauptrolle engagierte Regisseur Harlan den verurteilte NS-Verbrecher Alfred Filbert. Und Robert Kramer, der mit seinem Parallelfilm „Notre Nazi“ Harlans „Wundkanal“ dokumentierte. Filmmuseum: Mi 23.10., 11.00 + Mo 25.11., 18.00 (OmU)

X-Country. Being a Wedding Between Us and the Farabundo Marti Liberation Front in President Monroe’s Old House (USA 1987/2022) R: Robert Kramer. 144 min. Entstanden im Rahmen der Hochzeit einer langjährigen Freundin Kramers, die ein Mitglied der Nationalen Befreiungsfront Farabundo Martí, einer linken Guerillagruppe in El Salvador, heiratete. Ort der Trauung war ausgerechnet das ehemalige Anwesen des US-Präsidenten James Monroe. Kramer: „Wir sahen uns mit dem seltsamen Bild konfrontiert, dass das Haus, in dem die MonroeDoktrin geschrieben wurde, nun die revolutionäre Bewegung Salvadors gegen die US-Intervention beherbergt.“ Filmmuseum: Do 24.10., 13.30 (OF)

FEATURE Kurzweiliges Langzeitporträt

und Performancezeit:

Sex & Scherz gegen Schmerz, Beats & Props mit Peaches

Pfirsich(e) geht Bananen: „Peaches Goes Bananas“ ist ein Wortspiel mit dem Bühnennamen der Performerin Merrill Nisker. Peaches, das kommt, so sagt sie in einem der in Marie Losiers Doku eingebauten alten Clips, nicht vom Wort für pralle Körperteile, wie der Sexpositivity-Furor ihrer Musik nahelegen würde; sondern von einem Ruf in Nina Simones Protestblues „Four Women“. Wenn Peaches bananas geht, dreht sie durch: Mit quirlig-queerer Tour-Truppe, nackt oder mit Multibrust- und Riesenvulva-Props, zelebriert sie Electroclash-Evergreens wie „Fuck the Pain Away“ und Neueres wie „Dumb Fuck“. Etwa auf der Tour 2022, der „Teaches of Peaches“, die andere heuer veröffentlichte Peaches-Doku, gilt. Losiers Film ist da mehr kurzweiliges Langzeitporträt, teils tonlos auf Schmalfilm gedreht, mit Voice-over, Schnittkaskaden und Überbelichtung am Rollenende. Peaches geht zu Bananen: Eine zweite Bedeutung davon meint Pausenzeit, in der sie Kra schöp und etwa Süßobst für Smoothies por-

tioniert. Bereiche häuslicher Reproduktion: Da blödelt sie rum, mit ihrem Boyfriend in Berlin, mit ihrer mit Rollstuhl und Caregivers lebenden Schwester, mit den Eltern in Toronto, wo sie herstammt. Am Ende: junge Peaches als Kindergruppenpädagogin mit Hasenohren und Klampfe. Und heute im Flippaus beim Fotoshoot am Tortenbuffet: Sie wühlt in Obst- und Cremebelag, tut so, als gehe ihr Mund runter zu einer Dekorbanane – und winkt lachend ab, „sicher nicht!“. Sie ist Fatherfucker, nicht Cocksucker.

In den Jahren 2000 und 2002 habe ich Peaches bei Soloshows bestaunt; einmal brachte sie dabei, ähnlich dem Banana-going-oralGag, Slapstick wie von Paul Löwinger oder Jerry Lewis: Sie tat, als wolle sie in ihre Bierflasche singen und aus dem Mikrofon trinken. Das war toll.

DREHLI ROBNIK

Urania: Fr, 18.10., 15.45 (eng.OF) Stadtkino im Künstlerhaus: Sa, 19.10., 23.30 (engl.OF)

Pausenzeit
Merrill Nisker, besser bekannt als Peaches, hat sich nach einem Protestblues von Nina Simone benannt

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