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HÄUSER: WOHNEN IM GRÜNEN
WOHNEN IM Grunen ..
Wie ein kleines Dorf samt Dorfplatz wirkt das Ensemble aus Wohnhaus mit zwei Nebengebäuden um einen großzügigen Patio in der Nähe von Genf. Das Motto des Architektenpaares Valentine und François Frey hieß: viel Charakter, viel Grün, viel Aussicht.
Produktion und Text: Kay von Losoncz, Fotos: Laura Egger, www.freyarchitectes.ch
KREATIVE KÖPFE Das Architektenpaar Valentine und François Frey planten das spannende Haus in Vésénaz.
MIT SEEBLICK Stadt Genf orientierte Südwest-Ecke zum Balkon. Das auskragende Dach lenkt den Blick in Richtung Genfersee und Jura. FAMILIENTREFFPUNKT Der Innenhof ist der beliebteste Aufenthaltsraum aller – er empfängt den Besucher beim Betreten des Hauses. Gartenmöbel von Femob.
Wir sind beide Naturliebhaber, deshalb wünschten wir uns ein angenehmes, funktionelles und modernes Zuhause mit viel Außenbezug“, erklärt der Bauherr. Zusammen mit seiner Frau Stana lebte Arnaud in einer schönen Wohnung in der Stadt. Als sich dann die Kinder ankündigten, brauchten sie mehr Platz und wollten hinaus aufs Land. Die Suche nach einem geeigneten Baugrund dauerte drei lange Jahre, dann lachte ihnen das Glück: Sie fanden eine Bauparzelle an der Rive Gauche des Genfersees, im ländlichen Ort Vésénaz. „Bei unserem ersten Besuch auf dem Grundstück ging die Sonne gerade hinter der Jurakette am anderen Ufer des Sees unter – diese wunderbare Stimmung versuchten wir ins Hauskonzept einzufangen“, erinnert sich das Architektenpaar. Valentine und François Frey sind Spezialisten auf diesem Gebiet – seit fünfzehn Jahren bauen sie vorwiegend Privathäuser. „Dabei ist die enge Beziehung zwischen innen und außen unser immer wiederkehrendes Architekturmotiv“, erklären sie. Ob aus Holz, Beton, Glas oder Backstein – die sensible Umsetzung der jeweiligen Bauaufgabe in Harmonie mit der Umgebung ist ihnen besonders wichtig. Sensibilität gegenüber dem Menschen, seinen Wünschen, dem Ort und der Landschaft macht sich bezahlt: Kein Wunder, dass sie den Auftrag der jungen Familie bekamen. Arnaud erinnert sich: „Ihre Freundlichkeit und Begeisterung übertrug sich nicht nur auf uns Bauherren, sondern auf die ganze Mannschaft – deshalb herrschte auf der Baustelle immer gute und entspannte Stimmung.“
EIN PATIO ALS LEBENSRAUM Wie gesagt: Vom linken Ufer des Genfersees genießt man zwar eine wunderbare Aussicht, schwierig hingegen ist die Orientierung der Hanglage gegen Westen. „Zudem war der Abstand zu den Nachbarhäusern nicht allzu groß“, erzählen die Architekten. All diese Fak-
SPIELECKE CLEVER GEPLANT Die Architekten entwarfen ein R egalsystem mit viel Stauraum auf Maß, das die
GROSSE FENSTERFRONT Die U-förmige Küche mit Frühstücksbar ist von Bulthaup. Das Esszimmer orientiert sich nach Westen, zur Aussicht hin. toren bestimmten das Konzept des Hauses: Es konzentriert sich einerseits auf sich selbst, öffnet sich aber an der strategisch richtigen Seite in Richtung See. Der Zugang erfolgt von der hangseits gelegenen Privatstraße und man betritt das Haus durch eine Tür in der hohen Mauer neben der Garage. Ein paar Treppenstufen tiefer liegt ein großer Innenhof, der durch zwei Nebengebäude und das L-förmige Wohnhaus begrenzt wird. Dieser mit Teakholz beplankte Patio erfüllt gleich mehrere Funktionen: Als Empfangszone eröffnet er dem Besucher – dank raffi nierter Durchsicht durch das Haupthaus – eine herrliche Aussicht auf den See und den Jura. Als Zimmer im Freien bietet er inmitten des Hanges ein ebenes Gelände zum Spielen und Verweilen. Und schließlich hält dieser geschützte Ort zwischen den Gebäuden den starken Nordwind fern und schützt gleichzeitig vor fremdem Einblick. „Es ist zweifellos unser Lieblingsort“, gestehen Arnaud und Stana, „sobald es das Wetter zulässt, genießen wir diesen Außenraum zusammen mit den Kindern.“ Seine Abgrenzung gegen Norden bilden Eingang und Küche, gegen Westen der Wohnraum mit Verbindung zum Esszimmer. Die Garage und eine üppige Vegetation entlang der Garten-
ELTERNBAD Hier überrascht der Ausblick ins versenkte Atrium. Die Krone einer großen Föhre ragt über die Terrasse hinaus.
PLATZ NEHMEN Eine Sitzbank mit Stauraum umrahmt die Fenster im Elternschlafzimmer mit Aussicht auf den See. MIT STIL Im Wohnzimmer zur Aussicht. Leicht und beschwingt wirken die hellblauen Polstermöbel „Gentry“ von Moroso.
mauer schirmen den Hof gegen Osten ab und im Süden steht zudem ein niedrig gehaltenes Nebenhaus, dessen Obergeschoss als Bibliothek und Atelier genutzt wird. „Wir bewegen uns im eigenen Zuhause wie auf einem Dorfplatz, der von mehreren Häusern und engen Gassen umgeben ist. Jeder Richtungswechsel bringt eine neue Überraschung“, schwärmen die Besitzer. Eine Überraschung bietet auch das mitten im Holzdeck versenkte, kleine Atrium: Aus seiner Tiefe ragt die Krone einer stattlichen Föhre empor. Nebst japanischem Ahorn, Efeu, Gräsern und Schmucklilien setzt sie einen weiteren grünen Akzent in diesem familienfreundlichen Außenraum. „Das Haus hat unsere Lebensgewohnheiten verändert und uns die Natur noch nähergebracht“, meinen die Besitzer. Während der Bauzeit entschlossen sie sich, einen Gartenkurs zu absolvieren und wählten jede einzelne Pflanze aus, um ihr Grundstück noch schöner zu gestalten. „Zusammen mit der renommierten Firma Jacquet haben wir für die Gartenplanung genau so viel Zeit und Sorgfalt verwendet, wie für das Haus selbst und seine Einrichtung“, erklärt Arnaud, „denn durch die Pflanzen erleben wir unser Zuhause zu jeder Jahreszeit immer wieder neu.“
IM GARTENGESCHOSS sich die Schlafzimmer. Links geht die Tür ins Elternreich, geradeaus ein Blick in die beiden Kinderzimmer.
Das Universum der Kinder
ORIGINELL Eine super Idee, wie man den Kindern einen eigenen Freiraum bieten kann, stellt die große Schrankwand aus Eiche dar: . DAS HAUS – EIN UNIVERSUM Blauer See, grüner Hang – passend dazu wählten die Bauherren eine Fassade aus Sichtbacksteinen von einer kleinen dänischen Manufaktur. Ihre Farbskala spielt zwischen Hellrosa, Terracotta bis Anthrazit und sie wechselt je nach Wetter. „Das natürliche Material, in Kombination mit dem Tragwerk aus Sichtbeton, vermittelt Geborgenheit und Stabilität“, so der zufriedene Bauherr, „ebenso die Rahmen der raumhohen Schiebetüren aus Metall.“ Entsprechend ihrem Wunsch nach einem offenen Wohnkonzept gehen die Bereiche Eingang, Küche, Essen und Wohnen im Obergeschoss fl ießend ineinander über, unterstützt durch den einheitlichen Bodenbelag aus Eichenparkett. „Dank dem L-förmigen Grundriss sind die einzelnen Räume trotzdem klar defi niert und begrenzt“, vermerkt die Architektin. Während sich die funktionelle Metallküche von Bulthaup zum Patio hin orientiert, wähnt man sich im Essbereich auf einem Logenplatz mit grandioser Aussicht über den Genfersee. Auch für die Kinder hält diese Zone eine Überraschung bereit: Hinter einer raumhohen Schrankwand befi ndet sich ihr eigener Mal- und Bastelraum. „Die Architekten haben in unserem Haus mehrere beispielhafte Ideen umgesetzt, wie man Kindern ihren eigenen Freiraum bieten kann“, erklärt Stana. Dazu gehören auch ein großes Spielzimmer und die raffi nierte Lösung der Regalwände rund um die Fenster in den Kinderzimmern. „Das Zusammenleben von Eltern und Kindern sollte beiden genügend Platz einräumen. Trotzdem ist es für uns Erwachsene manchmal wichtig, das Universum der Kinder zu begrenzen, um unser eigenes leben zu dürfen“, meint die Hausherrin. Dass sie einen Sinn für Ästhetik und Funktionalität besitzt, beweist ihr Entwurf der rollenden Holzkisten, im dem die Spielsachen der Kinder verstaut werden können, sowie ihre Auswahl der harmonischen Einrichtung. „Der einfache, leichte skandinavische Look harmoniert am schönsten mit einem solchen Haus im Grünen“, so Stana. Ihre Lieblingsstunde ist beim Eindunkeln, am Abend, wenn sich der Himmel nachtblau färbt, und im Patio die Lichter angehen. „Dann zaubern die Pfl anzen, die Stadt und die Dörfer am Seeufer ihr nächtliches Schauspiel – ganz für uns.“