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Familienbande
Junge Generation bei Inseldachdecker Köhn
Uns wird schon vom Zuschauen schwindlig. Dabei stehen wir gar nicht auf dem Dach, sondern bequem und sicher auf dem Baugerüst - und sehen, wie Anna mit ihrem pink-weißen Zollstock lässig über den Dachfirst spaziert. Ihr Bruder Jonas folgt ein paar Meter dahinter. Ihre Schwester Laura wartet bereits auf einer weiteren Baustelle. Wir sind mit den Dreien in luftiger Höhe zum Fototermin verabredet. Es sind die Kinder von Inseldachdecker Andy Köhn. Der Norderneyer hat sich Anfang der 1980er Jahre mit seinem Handwerksbetrieb selbstständig gemacht und beschäftigt je nach Saison zwischen 15 und 18 Mitarbeitenden. 2023 ist das letzte der drei Kinder in das Familienunternehmen eingestiegen. Laura arbeitet als Betriebswirtin im Backend, Jonas als Dachdeckergeselle auf den Baustellen. Anna steht als Dachdeckermeisterin ihrem Vater bei Angeboten und Projektabwicklung zur Seite. Eine neue Generation bei Dachdecker Köhn - und starke Familienbande. Wir möchten wissen, wie man als junger Mensch in einen Handwerksbetrieb hineinwächst - und haben dazu exemplarisch den Weg von Anna nachverfolgt.
„Bei Jonas war immer klar, dass er ins Handwerk geht - bei mir tatsächlich gar nicht“, gesteht Anna. Nach der 10. Klasse macht sie eine zweijährige Ausbildung zur Sozialassitentin, merkt aber während dieser Zeit, dass es langfristig nicht das Richtige für sie ist. „Mit Andy habe ich von kleinauf immer gerne IKEA Möbel aufgebaut“, erzählt sie lachend. „Irgendwann hat er im Spaß gesagt, mach doch mal ein Praktikum in einem handwerklichen Bereich.“ Bei einem großen Bremer Dachdeckerbetrieb entdeckt Anna die Vielfalt der Aufgaben und die Liebe zu ihrem Beruf - und unterschreibt direkt nach dem Praktikum einen Ausbildungsvertrag. Wie sie die körperlichen Seiten der Arbeit am Anfang empfunden hat, möchten wir wissen. „Ich war super kaputt jeden Abend, bin oft um 18 Uhr schlafen gegangen. Den ganzen Tag an der frischen Luft, die harte Arbeit - aber es hat trotzdem viel Freude gemacht.“ Anna beginnt sich peu a peu an die Belastung zu gewöhnen. „Man wird dadurch von Tag zu Tag immer stärker - und irgendwann ist man abends nicht mehr müde.“ Nur an den ständigen Wetterwechsel - Hitze, Regen, Wind oder Kälte - gewöhnt man sich nie. „Das muss man aushalten. Da setzt man Kapuze oder Mütze auf - und dann geht es los.“ Neben fachlichen Dingen gefällt Anna vor allem das Teamwork. Auf den Baustellen läuft die Arbeit oft Hand in Hand. „Wenn die Kolonne stimmt und man sich gut versteht, macht das Ganze gleich doppelten Spaß.“ Nach dem Ende ihrer Ausbildung geht die junge Norderneyerin direkt auf die Meisterschule. „Da kommt nochmal ganz neues Wissen - der Ausbildungsschein, die Buchhaltung, die ganzen Bürosachen und vor allem die wichtigen Fachregeln.“ Als Anna 2021 mit dem Meisterbrief auf die Insel zurückkehrt, hat sie vier Jahre Großstadtleben hinter sich. „Es war schön und ich bin glücklich, dass ich das kennengelernt habe - aber Norderney kann es nicht ersetzen.“
Seit über zwei Jahren arbeitet Anna voll im Betrieb. Sie schreibt Angebote, macht Termine mit Kunden, bestellt Material und kümmert sich um die Arbeitspläne. Im Notfall oder am Wochenende springt sie auch ein auf der Baustelle. Ziegeldächer, Flachdächer, Dachfenster, Dachgauben, Klempnerarbeiten und Gerüstbau - das Familienunternehmen bietet ein breites Spektrum an Leistungen. Bei Unklarheiten oder Schwierigkeiten kann Anna jederzeit ihren Vater fragen. „Wir haben kürzlich eine Tasse geschenkt bekommen, auf der stand ‚Wenn Andy es nicht weiß, dann weiß es keiner‘ - und so ist es auch“, meint Anna. „Die Erfahrung, die er im Kopf hat - da kommt keiner mehr ran. Er weiß für jedes fachliche Problem eine Lösung. Ich lerne unheimlich viel von ihm.“ Noch macht er es selten, aber der Zeitpunkt wird irgendwann kommen, dass Andy Köhn sich stärker aus dem Betrieb rauszieht. Auf Anna wird dann neue Verantwortung zukommen. Aber sie bleibt nicht allein. „Jonas ist auf der Baustelle, Laura macht das Büro. Hier ist immer jemand von der Familie, den man ansprechen kann - und das ist ein gutes Gefühl.“ Wir hadern mit der Frage, am Ende stellen wir sie doch - ob es etwas Besonderes ist als Mädchen, als junge Frau, in dieser Branche in dieser Position. „In meinem Ausbildungsbetrieb hatte ich auch eine Frau als Chefin. Das macht überhaupt keinen Unterschied. Hier haben mich die Jungs einfach aufgenommen, als ob ich Andy oder irgendwer von ihnen wäre“, antwortet Anna. „Sie respektieren mich und sie hören auf mich. Das ist alles ganz normal.“
Köhn Dächer
www.koehn-daecher.de
Im Gewerbegelände 23 - 26548 Norderney
(04932) 869169