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Beim digitalen Wandel geht es auch um Identität

Beim digitalen Wandel geht es auch um Identität

Robin Schmidt befasst sich in seiner Dissertation mit der Professionalisierung von Lehrpersonen im Zeitalter der digitalen Transformation. Seine Befragungen zeigen, dass angehende Lehrpersonen dem digitalen Wandel gegenüber offen, aber gleichzeitig davon überzeugt sind, dass es Lehrpersonen und die Institutionen Unterricht und Schule auch in Zukunft braucht.

Aufgezeichnet von Marc Fischer

In den letzten Jahren wurde immer deutlicher, dass die Digitalisierung sich längst nicht darin erschöpft, dass wir neue Bürogeräte verwenden und mit dem Smartphone telefonieren. Wir stehen erst am Anfang weitreichender Veränderungen, die auch vor der Schule nicht Halt machen. In meiner Dissertation «ICT-Professionalisierung und ICT-Beliefs. Professionalisierung angehender Lehrpersonen in der digitalen Transformation und ihre berufsbezogenen Überzeugungen über digitale Informations- und Kommunikationstechnologien» war es mir wichtig, dass der digitale Wandel im Feld der Pädagogik nicht nur als Frage der Unterrichtsmittel – Tablet statt Buch und Beamer statt Wandtafel – diskutiert wird, sondern als Teil der Suche nach Formen der Schule der Zukunft.

Beliefs beeinflussen das Handeln

Aus der Forschung weiss man, dass die sogenannten Beliefs, die berufsbezogenen Überzeugungen von Lehrpersonen sehr grossen Einfluss auf ihr Handeln im Unterricht haben. Daher ist es wichtig zu wissen, welche Beliefs Lehrpersonen im Hinblick auf ICT (digitale Informations- und Kommunikationstechnologien) in

DAMIT IM SCHULALLTAG ZEIT FÜRS WESENTLICHE BLEIBT

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«Fast alle Lehrpersonen sehen sich trotz aller Potenziale der Digitalisierung auch in 25 Jahren als entscheidende Begleiter*innen und Gestalter*innen von Lehr-Lernprozessen.»

der Schule haben. Mich hat vor allem interessiert, wie die nächste Generation von Lehrpersonen die Zukunft der Schule diesbezüglich sieht. In einem mehrstufigen, alltagsnahen Forschungs-Setting habe ich deshalb über 100 Sek I- und Sek II-Studierende der PH FHNW gebeten, ihre Vorstellungen von Schule und ihres Fachunterrichts in 25 Jahren im Hinblick auf die digitale Transformation zu skizzieren, zu diskutieren und in Gruppen auszuarbeiten.

Spontane Reaktionen wandeln sich im Gespräch

In puncto Überzeugungen kristallisierten sich vier Typen heraus. Spontan sehen sich viele angehende Lehrpersonen in 25 Jahren in einer Schule mit traditioneller Struktur (Fächer, Lektionen) unterrichten, in der heute gängige digitale Tools wie Beamer und Laptop die Tafel und das Heft teilweise ersetzen. Ein zweiter Typ sieht in der Schule der Zukunft neue Tools (etwa Virtual-Reality-Anwendungen) vor allem als Möglichkeit, den normalen Unterricht interessanter zu gestalten. Erhalten Studierende jedoch Zeit, Szenarien eines Schulalltags der Zukunft auszuarbeiten und zu diskutieren, dann zeigen sich ganz andere Typen. Die einen sehen ICT dann eher als komplementäre Ergänzung zu bestehenden Schulformen: zum Schulzimmer und der Lernlandschaft kommen nun noch digitale Lernwelten hinzu. Die anderen gehen davon aus, dass in Zukunft virtuelle Lernumgebungen und intelligente Lernsoftware zentrale Aufgaben der Lehrpersonen übernehmen und die Lehrer*innen mehr zu Coaches oder technischen Supportern werden.

Daneben konnten auch unterschiedliche Diskurse identifiziert werden: geht es bei «Digitalisierung» gerade um die Effizienz der Lernorganisation, um Kompetenz von Schüler*innen, um didaktische Qualität oder um berufliche Identität von Lehrpersonen? Je nach dem äussern Lehrpersonen nämlich ganz andere Überzeugungen. Überall zeigt sich aber so etwas wie ein unveränderbarer Kern. Fast alle Lehrpersonen sehen sich trotz aller Potenziale der Digitalisierung auch in 25 Jahren als entscheidende Begleiter*innen und Gestalter*innen von Lehr-Lernprozessen. Sie sind überzeugt, dass die Institution Schule der zentrale Ort des Lernens und dass institutionalisierter Unterricht die vorwiegende Form des Lernens bleibt. Das zeigt, dass Lehrpersonen der nächsten Generation zumeist fundamentale strukturelle Veränderungen in der Schule zurückweisen – dass sie aber deswegen keineswegs Potenziale der Digitalisierung verneinen.

Diese Unterscheidungen können in der Aus- und Weiterbildung helfen, die Kontroversität des Themas zu verstehen und zu strukturieren. Es gilt immer zu beachten, welcher Diskurs jeweils geführt wird und es gilt Lehrpersonen nicht als Ausführende der Digitalisierung anzusehen, sondern als ihre entscheidenden Mit-Gestalter – dann zeigen sich ihre Überzeugungen als hervorragende Ausgangspunkte um Schule zukunftsweisend zu gestalten.»

Robin Schmidt. zVg.

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