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Lernorientierte Zusammenarbeit: Tiefenstrukturen planen und gestalten von Elke Hildebrandt und Sarah Stommel

Lernorientierte Zusammenarbeit: Tiefenstrukturen planen und gestalten

Wie kann das Potenzial von Teamteaching insbesondere zur Sprachförderung, auch unter Einbezug von Beratungspersonen, gut genutzt werden? Zu dieser Frage wurde im Auftrag des Volksschulamtes Zürich eine Fachbroschüre mit realen Storys aus Schulen, die am Zürcher Schulversuch «Fokus Starke Lernbeziehungen» teilnehmen, entwickelt. Dabei wird das Lernen der Schüler*innen, aber auch das Lernen der Lehrpersonen untereinander fokussiert.

Von Elke Hildebrandt und Sarah Stommel

Im Zürcher Schulversuch wird den Versuchsschulen ermöglicht, die Kindergarten- und Primarstufe so zu organisieren und zu gestalten, dass weniger Lehr- und Fachpersonen in einer Klasse unterrichten, was zu mehr Teamteaching von Regellehrpersonen führt. Im Projekt «Lernorientierte Zusammenarbeit im Teamteaching» wird aufgezeigt, wie die Zusammenarbeit zwischen Lehrpersonen im Teamteaching und auch mit beratenden Fachpersonen genutzt werden kann, um die Lernprozesse der Schüler*innen zu optimieren.

Ziel war die Entwicklung einer Fachbroschüre, die mit realen Storys aus Unterrichtsreflexion und -planung aufzeigt, wie Lehrpersonen ihre Zusammenarbeit im Teamteaching optimieren können. Theoretische Grundlagen zu den Themen Teamteaching und Sprachförderung im Zyklus I und II werden praxisnah sowie kurz und bündig vermittelt und exemplarisch an den Storys aufgezeigt.

Tiefenstrukturen miteinander planen und gestalten

Die Zusammenarbeit im Teamteaching ermöglicht nicht nur die gemeinsame Planung bildungsrelevanten Unterrichts im Allgemeinen (Oberflächenstruktur), sondern begünstigt auch die Planung in Bezug auf Mikroprozesse, die zum Beispiel in der Lernbegleitung sichtbar werden (Tiefenstruktur).

So kann gezielt die adaptive Lernbegleitung kleinerer Gruppen oder auch einzelner Schüler*innen geplant und durchgeführt werden. Den im Projekt mitarbeitenden Lehrpersonen wurde dabei klar, wie wichtig eine sorgfältige Planung ist - basierend auf differenzierten Lernstandanalysen einzelner Schüler*innen.

Lernbegleitung planen und gestalten - eine Beispiel-Story

In einem Team hat die Schulische Heilpädagogin nach einem Unterrichtsbesuch zurückgemeldet, dass es motivierend ist, wenn Schüler*innen möglichst viel selbstständig und selbstbestimmt arbeiten können, aber auch darauf hingewiesen, dass für einige strukturierende Unterstützung durch Materialien und Hinweise erforderlich ist. Darauf planen Antonia (A) und Sonja, beim Thema «Symmetrieachse» leere CD-Hüllen einzusetzen und damit Beat (B) gezielt im Sinne eines Scaffolding zu unterstützen. Daraus entsteht folgende Situation in der Lernbegleitung:

A: In Aufgabe 1 wird gefragt, ob diese Figuren symmetrisch sind, also ob sie symmetrisch zueinander sind. B: Aha. Und das mit den Zahlen kommt später? A: Ja. Schau einmal. Ich habe hier eine leere CD-Hülle (stellt sie auf das Aufgabenblatt). Probier’ mal aus, ob sie dir helfen kann herauszufinden, ob die Figuren symmetrisch sind. B: (schiebt die Hülle, schaut hindurch, kommt in die Nähe der Symmetrieachse) A: Stopp. Was siehst du gerade? B: Es sieht fast gleich aus. A: Ja, auf beiden Seiten der Hülle. Da hast du etwas Wichtiges entdeckt: Es sollte auf beiden Seiten gleich sein. Die Kante der Hülle muss auf die Symmetrieachse kommen. B: (schiebt genau auf die Linie) Ja. Aha, ok. A: Und jetzt siehst du, ja, das ist ganz gleich. Schau im Buch, ob du weitere symmetrische Figuren findest, und nimm dabei die CD-Hülle. B: Also zum Beispiel. (Er nimmt die CD-Hülle in die Hand und überprüft die nächste Figur selbstständig). So? A: Ja, genau.

Hier ist dem Schüler zunächst ein «scaffold» (= Gerüst) angeboten worden, das ihm helfen kann, etwas zu verstehen. Dieses Gerüst wird dann schrittweise entfernt. Durch die Wahl der zunächst offenen Lernbegleitung über die CD-Hülle kann Antonia erreichen, dass Beat im ersten Schritt selbstständig tätig wird. Dann wechselt sie zu einem geschlossenen Impuls «Stopp», um den Moment des Entdeckens der Symmetrieachse sicherzustellen. Hier macht sie Beat nicht zum «Wissensempfänger», sondern regt ihn

Die Zusammenarbeit im Teamteaching begünstigt auch die Planung in Bezug auf Mikroprozesse, die zum Beispiel in der Lernbegleitung sichtbar werden.

zum genauen Beobachten und Selber-Formulieren an. Das ist kognitive Aktivierung. Anschliessend regt die Lehrerin zum Transfer an mit der Aufforderung, selbst symmetrische Figuren zu finden. Ihr Ziel ist dabei, dass die gerade für sich entdeckte Erkenntnis und die dazu genutzte Fähigkeit gefestigt werden. Ein grosser Lernerfolg für den Schüler durch die kognitiv aktivierende, autonomiefördernde Lernbegleitung.

In der Fachbroschüre findet sich neben den theoretischen Grundlagen und realen Storys auch eine zusammenfassende Übersicht für einen sprachbewussten Unterricht im Team in Form einer Checkliste. Diese kann unkompliziert von im Teamteaching arbeitenden Lehrpersonen im Unterrichtsalltag eingesetzt werden. Die Fachbroschüre bietet somit eine Unterstützung, damit Lehrpersonen, die im Teamteaching arbeiten, ihre Zusammenarbeit maximal lernorientiert nutzen können. Die Broschüre und die Checkliste können unter www.vsa.zh.ch/fsl heruntergeladen werden.

ELKE HILDEBRANDT ist Leiterin der Professur Unterrichts- und Schulkulturen am Institut Kindergarten-/ Unterstufe der PH FHNW. Sie leitete das Autor*innen-Team der Fachbroschüre. Ihre Mitarbeiterin SARAH STOMMEL war ebenfalls Teil des Autor*innen-Teams.

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