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Digital Steuer: Endlich faire Steuern für alle? von David Pokes
from SUMO Ausgabe 35
Digitalsteuer: Endlich faire Steuern für alle?
Was haben „Facebook“, „Google“ und „Amazon“ gemeinsam? Sie sind Experten, wenn es darum geht, Steuerzahlungen zu vermeiden. Seit dem 1.1.2020 ist das Digitalsteuergesetz in Österreich in Kraft, um diese Ungerechtigkeit gegenüber anderen Unternehmen abzuschaffen. SUMO sprach mit Dominik Bernhofer, Ökonom und Leiter der Abteilung Steuerrecht in der Arbeiterkammer Wien, sowie mit Eva-Maria Himmelbauer, Abgeordnete zum Nationalrat und Bereichssprecherin für Telekommunikation und Netzpolitik der ÖVP, über den nationalen Alleingang Österreichs bei der Digitalsteuer, europäische Lösungen und erhoffte Einnahmen.
Die Debatte um gerechte Besteuerung für die weltweit größten Unternehmen der Technologiebranche (vor allem „Google“, „Amazon“, „Facebook“) wird seit vielen Jahren geführt. Anfang 2018 hat die EU-Kommission einen Vorschlag für eine EU-weite Digitalsteuer auf Online-Werbung, Plattformumsätze und Einnahmen aus Datenverkauf vorgeschlagen. Auf internationaler Ebene verhandeln die Länder um einen Mindeststeuersatz. Eine Einigung? Bisher Fehlanzeige. „Amazon“ beispielsweise bezahlte in Europa im Jahr 2016 16,5 Millionen Euro Steuern, bei einem Umsatz von mehr als 21 Milliarden Euro, was einem Prozentsatz von 0,07 entspricht.
Werbeabgaben bisher nur für traditionelle Medien
Mit der neu geschaffenen Digitalsteuer unterliegen Werbeleistungen im Internet seit Beginn des Jahres einer 5% Steuer. Dadurch sollen sämtliche Werbungen, unabhängig ob online oder offline, auf dasselbe Steuerniveau gebracht werden. Werbungen in Zeitungen oder im Radio werden bereits seit dem Jahr 2000 mittels der Werbeabgabe – einer so nur in Österreich existierenden Abgabe – mit 5% besteuert. Dabei sind zwei Begriffe von besonderer Bedeutung: die Onlinewerbeleister und die Onlinewerbeleistungen. Onlinewerbeleister wie beispielsweise „Google“ sollen dann zahlen, wenn sie aus Onlinewerbeleistungen weltweit einen Umsatz von mindestens 750 Mio. Euro und in Österreich von mindestens 25 Mio. Euro erwirtschaften. Das betrifft vor allem die bereits genannten „Internet-Giganten“. Onlinewerbeleistungen dagegen sind Werbeeinschaltungen wie beispielsweise Suchmaschinenwerbung.
Fairness schaffen
Dominik Bernhofer ist der Meinung, dass in Ermangelung einer internationalen Lösung die nationale Digitalsteuer eine notwendige Maßnahme war. Anzustreben sei dennoch eine internationale Lösung. Ähnlich sieht es EvaMaria Himmelbauer, die angibt, dass die Einführung dieser Steuer ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung sei. „Es geht darum, Fairness zu schaffen“, so Himmelbauer. Laut Bernhofer verlief jedoch die Umsetzung alles andere als optimal, denn „sie maximiert
Dominik Bernhofer / Copyright: AK
die rechtlichen Risiken, bei gleichzeitiger Minimierung der Einnahmen“. Zu dieser Auffassung kommt er, weil der Anwendungsbereich deutlich kleiner ist als beim EU-Vorschlag, die Steuereinnahmen daher sehr niedrig sind. Die rechtlichen Risiken würden von den hohen Schwellwerten kommen. Sie führen laut Bernhofer dazu, dass nur „Facebook“ & Co. davon betroffen sind,
was Klagen der US-Unternehmen sehr wahrscheinlich und auch erfolgsversprechend, zum Beispiel auf Basis des Gleichbehandlungsgebots oder des EUBeihilfenrechts, mache. Betreffend der zu erwartenden Einnahmen scheiden sich die Meinungen verschiedener ExpertInnen noch deutlich. Beim Gesetzesentwurf sprach die Regierung von Einnahmen in Höhe von 25 Mio. Euro. ExpertInnen der Universität Wien und der Arbeiterkammer hingegen rechnen eher mit 10 bis 15 Mio. Euro, so Bernhofer. „Um das jetzt schon abschätzen zu können, ist es noch zu früh“, meint Himmelbauer. Kritik üben müsse man auch daran, dass beim Alleingang Österreichs zwar die Schwellenwerte des EU-Vorschlags übernommen wurden, der exakte Anwendungsbereich sich jedoch unterscheide. Laut Bernhofer hätte man Online-Vermittlungsprovisionen auch noch in das Gesetz integrieren können. „Dann wäre man näher am EU-Vorschlag dran gewesen und hätte einen Beitrag von Online-Konzernen wie AirBnB und Uber sicherstellen können.“ Ziel der Regierung war es, Aufzeichnungs- und Übermittlungspflichten sowie eine entsprechende Haftung bei Pflichtverletzung des Plattformbetreibers einzuführen, um abgabenrelevante Dienstleistungen, wie es beispielsweise bei der Vermietung von Wohnraum über AirBnB der Fall ist, erheben zu können. So muss auch bei der touristischen Vermietung von privaten Wohnungen die Ortstaxe erhoben und abgeführt werden, wie es für Hotels und Pensionen bereits seit Jahrzehnten der Fall ist, sagt Himmelbauer.
Insellösungen
An einem „Flickenteppich“, in dem jedes europäische Land eine eigene Lösung zur Digitalsteuer einführt, seien auch „Google“ und Co. nicht interessiert, denn dadurch benötigen die Konzerne viele unterschiedliche Reporting-Systeme, so Bernhofer. Diese werden von SteuerberaterInnen erstellt, was selbst für diese global agierenden Giganten viel Geld und Aufwand bedeuten würden. Wesentlich einfacher wäre es, wenn man statt vieler Insellösungen ein einziges System zur Berichtsmeldung hätte, mit dem die gesamte EU abgedeckt wäre. Das spricht laut Bernhofer dafür, dass auch die Internetkonzerne und die sie unterstützenden Länder an einer einheitlichen Steuer interessiert sein sollten.
Eva-Maria Himmelbauer / Copyright: ÖVP Klub Sabine Klimpt
Standort bestimmt Standpunkt
Internationale Lösungen seien bisher an unterschiedlichen Schwerpunkten gescheitert, so Himmelbauer, die darauf anspricht, dass Konzerne wie beispielsweise „Facebook“ in Irland eine europäische Niederlassung haben und dadurch einer europäischen Digitalsteuer nichts abgewinnen können. Insbesondere Länder wie Irland würden ja schließlich durch die Steuereinnahmen von „Facebook“ profitieren. „Standort bestimmt Standpunkt“, gibt Himmelbauer zu bedenken. Bernhofer erklärt, dass die EU-Steuerpolitik die Zustimmung aller Mitgliedsländer benötige – ohne diese Einstimmigkeit könne es keine gesamteuropäische Lösung geben. „Sollte es zu keiner einheitlichen Steuer kommen, dann zumindest zu einer EUweiten Rahmenrichtlinie, die eine gewisse Vereinheitlichung der nationalen Regelungen bringt“, meint Bernhofer. So könnte auch bei unterschiedlichen Standpunkten ein „totaler Flickenteppich“ vermieden werden. „Österreich beteiligt sich aktiv am Dialog und steht einer europäischen Lösung positiv gegenüber“, so Himmelbauer. Zumindest bezüglich der Grenzwerte werde sich Österreich an die EU-Bestimmungen anpassen.
von David Pokes