MENSCHEN PROJEKTE BRAUNSCHWEIG
HANDELN STATT REDEN
» Dem Obdachlosen im Aula-Foyer ein Brötchen kaufen. «
#1
2 TATSACHEN
EDITORIAL
Dies ist die erste Ausgabe von
. Eine Neuheit für
Braunschweig, ein Arschtritt für Unentschlossene, ein Forum für Täter, ein Magazin für Dich! Alles kann mit einer Entscheidung beginnen. Beispielsweise der Verkäuferin mit einem Lächeln auf den Lippen einen schönen Tag zu wünschen oder, die Fernbedienung gegen den Telefonhörer zu tauschen, um jemanden anzurufen, den man lange nicht mehr gesehen hat. Es sind jedoch Entscheidungen, die nur du treffen kannst. Die Autorin des Films »Das Glücksprinzip«, Catherine Ryan
FLORIAN BEDDIG
Hyde, gründete nach Fertigstellung des Romans eine Stiftung
REDAKTION
um die Idee aus ihrer Geschichte in die Tat umzusetzen. Wo ist dein Platz? Wo kannst du Vorbild in deiner Umgebung sein? Wo kannst du andere durch deinen Erfahrungsschatz prägen und anleiten? Möglichkeiten gibt es genug. Manchmal braucht es Mut und Vertrauen, einen Schritt ins Ungewisse zu wagen und vielleicht auch eine gesunde Portion Verrücktheit. Es ist Zeit drei Kreuze im Kalender zu machen! Zeit, dass Worte zu Taten werden! Zeit für
!
EDITORIAL
03
INHALT
02
EDITORIAL
04
INHALT
BESCHREIBUNG
12
HANS-DIETER FEISRHAUER
20
BRITTA KOSS-MISDORF
INTERVIEW
ESTHER & THOMAS GREWATSCH
INTERVIEW
28
*
30
STORY
36
KATHARINA HAUS
42
RAPHAEL KLEMM
52 54
04
ANDREAS HERWIG
SIMON BÖRNER
24 GESICHTER
08
TATSACHEN
TÄTER IMPRESSUM
WIMMELN & FLIMMERN NETZWERK NÄCHSTENLIEBE ZWISCHEN BEDÜRFTIGKEIT UND EXISTENZFRAGEN PULS HERZAKTIONEN
FRAU B. & ICH LIGHT THE LAKE DIE GESCHICHTE EINES FILMS
INHALT
05
WIMMELN & FLIMMERN TEXT ANDREAS HERWIG
»Wir sind alle Würmer. Aber ich bin davon überzeugt, dass ich ein Glühwürmchen bin«, gab einst der frühere britische Premierminister Churchill von
leuchtende Tiere haben ihre Faszinati-
sich. Der Gedanke, ein Wurm zu sein,
on, sondern auch Menschen faszinie-
löst bei mir keine Begeisterung aus. Da
ren mich, solche, von denen Strahlkraft
gibt es Regenwürmer, Fadenwürmer,
ausgeht, die ihre Lebensumgebung in
gesorgt.« Denn ich glaube, dass dieses
Bandwürmer, Schnurwürmer, Mehl-
positiver Weise prägen, indem sie etwas
Prinzip nicht zutrifft. So viele Men-
würmer, usw. Nein, da will keine Be-
von sich abgeben.
schen bekommen ihr Leben nicht allein
geisterung aufkommen. Aber falls ich
Es ist nicht nur so, dass ich sol-
auf die Reihe, brauchen jemanden, der
einer wäre, würde ich auch das Glüh-
che Menschen faszinierend finde. Ich
ihnen zur Seite steht, ihnen einen Ge-
würmchen sein wollen. Wenn schon
bin der Überzeugung, dass wir solche
fallen tut oder Zeit mit ihnen verbringt.
Wurm, dann wenigstens leuchten,
Menschen brauchen — und dass wir
Weil immer mehr Menschen auf Un-
Strahlkraft besitzen, die Umwelt erhel-
viele solcher Menschen brauchen —
terstützung durch andere angewiesen
len und beeinflussen … Irgendwie faszi-
die im Gegensatz zu denen stehen, die
sind, wünsche ich mir, dass nicht nur
nierend diese Tiere.
sich nur »um ihr Bier kümmern« und
von einzelnen Personen Leuchtkraft
Nun bin ich kein Wurm. Wir alle
nach dem Prinzip leben »wenn sich je-
ausgeht, sondern dass ich an einem
sind keine Würmer. Und nicht nur
der um sich selbst kümmert, ist für alle
gesamtgesellschaftlichen Veränderungs-
08
TATSACHEN
SO VIELE MENSCHEN BEKOMMEN IHR LEBEN NICHT ALLEIN AUF DIE REIHE, BRAUCHEN JEMANDEN DER IHNEN ZUR SEITE STEHT, IHNEN EINEN GEFALLEN TUT ODER ZEIT MIT IHNEN VERBRINGT.
praktisch. Denn wir alle treffen in unterschiedlichsten Situationen auf Leute und können ihnen in unterschiedlicher
schlapp
prozess teilhaben kann, in dem sich
Weise begegnen. Wir können sie mo-
Gesellschaft viel stärker durch Gemein-
tivieren, ermutigen, aufbauen, trösten
schaft sowie Miteinander auszeichnet
und können ihnen helfen — oder eben
als bislang und weniger durch ein »je-
nicht. Ich sage nicht, dass man das zu
der für sich«. Mir geht es dabei nicht um
jeder Zeit für jedermann tun kann. Das
eine Träumerei im Sinne von: »Die Welt
wäre überfordernd. Allerdings kann ich
ist so dunkel und schlecht. Es wäre doch
eine bestimmte Grundhaltung einneh-
viel besser, wenn niemand mehr Pro-
men, mein Umfeld positiv beeinflussen
bleme hätte.« Es geht vielmehr um die
zu wollen.
konkrete Ausgestaltung des mensch-
lichen Zusammenlebens. Das ist nicht
kleine Begebenheiten, in denen Men-
utopisch oder theoretisch, sondern sehr
schen durch kleine Worte oder eher
BESCHREIBUNG
Wie gerne erinnere ich mich an
09
simple Gesten mein Leben bereichern
wieder an meine Ausweise und mein
die sich für andere einsetzen und an
konnten. So geschehen erst vor einer
Geld zu kommen — er für mich zahlrei-
einem gesellschaftlichen Miteinander
Woche, als auf einmal eine Freundin mit
che Telefonate unternahm und mir mit
arbeiten. Arbeiten klingt dabei irgend-
einer Packung Eis vor meiner Haustür
einem ständigen »Let’s keep hope alive«
wie nach Anstrengung. Ganz genau.
stand, mir das Eis in die Hand drückte
Hoffnung zusprach.
Ist es möglich, eine lebensspendende,
und meinte, dass ich einige Wochen zu-
Das sind natürlich nur Kleinig-
strahlende Person zu sein, ohne sich
vor mal gesagt hätte, dass ich mir aus fi-
keiten. Es gibt weitaus bedeutende-
die Hände dreckig zu machen? — Wohl
nanziellen Gründen immer das billigste
re Lebenssituationen und wesentlich
kaum. Es benötigt die Bereitschaft nicht
Eis kaufe und nicht das Leckerste und
bedürftigere Menschen als mich, die
nur viele Worte zu machen, sondern zu
sie mir mit »besserem« Eis eine Freude
Unterstützung benötigen oder darauf
handeln. Weiterhin benötigt es die Be-
machen wollte. So geschehen auch vor
hoffen, dass es Menschen gibt, die sich
reitschaft, sich mal hinten anzustellen,
2,5 Jahren, als ich im Sommerurlaub
nicht selbst genügen.
die Bedürfnisse der Anderen zu beach-
in den USA mein Portemonnaie in der
ten.
Straßenbahn liegen ließ, ich mich an
und ob mehr oder weniger bedürftig.
einen police inspector wandte — um
Unsere Familien, unsere Freunde, un-
Ist es möglich, eine Person zu sein,
sere Nachbarn, unsere Arbeitskollegen,
die anderen gut tut und es selbst als
unsere Mitmenschen im Allgemeinen …
bereichernd empfindet? Ganz sicher.
unsere Gesellschaft braucht Menschen,
Ich denke an eine Situation, in der ich
Aber egal, ob Kleinigkeit oder nicht
Aber es ist nicht nur anstrengend.
IST ES MÖGLICH, EINE LEBENSSPENDENDE, STRAHLENDE PERSON ZU SEIN, OHNE SICH DIE HÄNDE DRECKIG ZU MACHEN? — WOHL KAUM.
10
TATSACHEN
Orangen-Eis
einer fremden Person beim Suchen ih-
Freude zu machen. Es baut Gemein-
rer verloren gegangenen Uhr geholfen
schaft auf, schafft Vertrautheit und ich
habe und sie hinterher so dankbar war.
kann mir der Unterstützung anderer si-
Ich denke an anstrengende Treffen mit
cher sein.
einer Bekannten, die mal jemanden ge-
braucht hat, sich auszuheulen und ich
Während Würmer mich nicht begei-
diese wertvolle Person sein konnte. …
stern, so begeistert mich doch der Ge-
danke an einer »strahlenden« Lebens-
Auch wenn selbstloses Handeln der
Ansatz der Prägung und Veränderung
So kann ich abschließend sagen:
umgebung mitzuwirken.
meiner direkten Umgebung sein sollte und nicht selbst etwas zu erhalten, so bringt es doch Freude, anderen eine
BESCHREIBUNG
11
NETZWERK NÄCHSTENLIEBE ZWISCHEN BEDÜRFTIGKEIT UND EXISTENZFRAGEN
TEXT HANS-DIETER FEISTHAUER
12
TATSACHEN
BESCHREIBUNG
13
Impuls Braunschweig ist eine wunderbare Stadt und auch die Region hat einiges zu bieten. Und doch haben mich einige Gedanken nicht loslassen
ren. Jeder sah sich in der Lage, auch aus
ten und »das Rad nicht nochmal neu
wollen. 2006 haben mein Team und
seinem persönlichen Lebensumfeld, in
erfinden«. Unser Ziel ist es, dass unser
ich eine Bestandsaufnahme des sozial-
der Stadt, Situation und Menschen zu
Vereinsname zugleich auch nachhaltig
diakonischen Umfelds gemacht. In wel-
identifizieren, die sich mit den gestellten
Programm ist.
chem sozialen Umfeld leben wir in un-
Fragen in Verbindung bringen ließen.
serer Stadt? Wo sind die Brennpunkte
Bei all diesen Initiativen ist immer
uns liegende Prozess nicht (nur) nach
sozialer Not, die auf Hilfe angewiesen
die spannende Frage: Wie sieht der ers-
Maßstab unserer Qualifikation aus-
sind? Welche Herausforderungen erle-
te kleine Schritt aus, wie gehen wir das
zurichten ist. Wie in einer Geschichte
ben Familien oder auch verstärkt Allein-
Thema an? Zwei wesentliche Aspekte
der Bibel erzählt wird, werfen die Jün-
erziehende? Welche Antworten haben
dürfen bei dieser Beschreibung nicht
ger Jesu auf sein Wort hin noch einmal
wir auf den demografischen Wandel in
unter den Tisch fallen:
das Netz zum Fischen aus und erleben
unserer Gesellschaft? Gibt es Hilfsange-
Wir haben bei unserer Bestandsauf-
ein unerwartetes Wunder. Dieses Bild
bote für Menschen, die selbstverschul-
nahme festgestellt, dass es in unserer
des Netzes und unser Motiv, uns in al-
det oder unverschuldet in wirtschaftli-
Stadt und Region schon eine Vielzahl
lem was wir gedachten zu tun, uns von
che Schwierigkeiten geraten sind? Wel-
von Initiativen gibt, die schon über
Gottes Liebe leiten zu lassen, mündete
chen Zugang finden wir zu Menschen
einen längeren Zeitraum nachhaltig
in diesen Wunsch, ein »Netzwerk der
aus anderen Kulturen, zu Menschen,
den Menschen dienen. Dies mündete
Nächstenliebe« zu gestalten.
die in Deutschland Asyl beantragen?
bei uns in eine Grundsatzentschei-
dung:
Dies war nur ein kleiner Ausschnitt
der Fragen die uns bewegt haben. Unser
Wir wollen mit vergleichbaren Ein-
Team konnte interessante Ansatzpunkte
richtungen und Initiativen in Braun-
für sozial-diakonische Hilfen formulie-
schweig und Region zusammen arbei-
14
TATSACHEN
Wir haben erkannt, dass der vor
IN WELCHEM SOZIALEN UMFELD LEBEN WIR IN UNSERER STADT? WO SIND DIE BRENNPUNKTE SOZIALER NOT, DIE AUF HILFE ANGEWIESEN SIND?
Grundlagen Wir haben unser Anlie-
können, eine Stadt, die für alle Men-
gen weitergetragen und waren glück-
schen gleichermaßen da ist?
lich über die Resonanz, über die Be-
reitschaft mit zu denken, mit zu tragen
wicklung, die wir anfangs anders gese-
und mit zu machen. Alles ehrenamtlich,
hen und auch gewollt hatten:
alles neben den sonstigen Verpflichtun-
gen in Familie, Beruf und Kirche.
tiven und Projekte im ehrenamtlichen
In unseren Überlegungen lassen
Umfeld werden schon »greifen«. Schnell
wir uns vom christlichen Menschenbild
mussten wir erkennen, dass Strukturen
leiten. D.h. konkret, wir sind für alle
und Verantwortlichkeiten z.B. im Rah-
Menschen da, ganz gleich aus welcher
men einer Vereinsstruktur erforderlich
sozialen Schicht sie kommen, welche
sind. Wir konnten erfahren, dass wir
Weltanschauung sie haben oder wel-
mit unseren befreundeten Einrichtun-
cher Nationalität sie angehören. Un-
gen in der Stadt, aber auch mit unseren
ser Leitsatz ist das Wort aus der Bibel:
Kooperationspartner ganz anders, »auf
»Bemüht euch um das Wohl der Stadt«
Augenhöhe« kommunizieren konnten,
aus Jeremia 29,7. Diese Aufforderung
wenn wir als Vertreter einer juristischen
Gottes ist und bleibt zeitlos. Wer möch-
Person auftraten.
te nicht in einer Stadt leben, die liebens-
wert ist, wo wir uns zu Hause fühlen
»Community« anzukommen, war die
Für uns überraschend war eine Ent-
Wir dachten, gut gemachte Initia-
Ein wesentlicher Schritt um in der
Aufnahme in den Kreis der Mitgliedseinrichtungen im Diakonischen Werk der Braunschweiger Landeskirche.
BESCHREIBUNG
15
Hier erleben wir ein angenehmes Miteinander, ein gemeinsames Tragen und Unterstützen. Und auch ein weiterer Schritt war für uns überraschend:
Wir haben erkannt, dass bestimm-
te Initiativen und Projekte eine andere, nachhaltige Wirtschaftsgrundlage be-
erleben in diesem Kontext eine weitere
nötigen. Es erschien uns unangemes-
interessante Vernetzung hier in Braun-
sen, dies in größerem Umfang durch
schweig innerhalb der durchaus um-
Mitgliedsbeiträge erwarten zu wollen.
fangreichen Stiftungsfamilie. So pro-
So haben wir im Jahr 2007 für eine
fitieren wir von Stiftungen, die schon
nachhaltige Finanzierungsstruktur und
über Jahrzehnte existieren und haben
–grundlage die »Stiftung NETZWERK
angefangen, gemeinsam mit ihnen Pro-
NÄCHSTENLIEBE« gegründet. Wir
jekte zu gestalten und zu realisieren.
PROJEKTE
Schulaufgabenhilfe Der Anspruch an
SchülerInnen in den Schulen, die gesteckten Ziele zu erreichen wird immer größer.
16
Bei allen Überlegungen war es uns wichtig
Zusätzlich haben Kinder mit Migrations-
herauszufinden, wer brennt für dieses
hintergrund oft Defizite, die aufgefangen
Anliegen? Wer setzt sich den Hut auf?
werden müssen. Geschulte Pädagogen
Wer ist bereit, Verantwortung zu überneh-
helfen hier Kindern und damit auch den
men? Im Kontext mit dem Blick in unsere
Erziehungsberechtigten. Hier stellen wir
Stadt, ergeben sich bis heute interessante
aber auch eine Veränderung durch die
Projekte und Initiativen:
Ganztagsschule fest.
Besuchs- und Betreuungsdienst Ein
Refugee In der Boeselagerstraße in
Kreis von über 20 ehrenamtlichen Frauen
Braunschweig ist das ZAAB, das Zentrale
und Männern besucht die Seniorenheime
Aufnahmelager für Flüchtlinge. Wir be-
in der Tuckermannstraße und der Kreuz-
gleiten diese Menschen und helfen ihnen,
straße. Im Rahmen einer gut entwickelten
sich zu integrieren. In den Gottesdiens-
Kooperation mit den Eigentümern der
ten der Friedenskirche wird simultane
genannten Häuser: Braunschweiger Bau-
Übersetzung in Sprachen wie: Englisch,
genossenschaft eG und Wiederaufbau eG
Französisch, Spanisch, aber auch Farsi für
ist es unser Ziel, die hauptamtlichen Mitar-
die Menschen aus dem Iran, angeboten.
beiterInnen in den Häusern zu entlasten
und den Menschen dort zu dienen.
Weststadt von Braunschweig haben wir
TATSACHEN
MehrGenerationenHaus In der
ICH MÖCHTE GERN MEIN WISSEN, MEINE ERFAHRUNGEN WEITERGEBEN, MÖCHTE »GEBURTSHELFER« SEIN FÜR MENSCHEN, DIE SICH AUF EIN ENGAGEMENT IM GEMEINWOHL EINLASSEN WOLLEN.
Ziele Wir sind auf dem Weg und
»Beratung der kurzen Wege« zu gestal-
noch lange nicht am Ziel unserer Über-
ten. Unser Wunsch ist daher, all diese
legungen angekommen. Immer wieder
Dienstleistungen und Beratungen in ei-
fragen wir uns: finden wir Partner, die
nem Gebäude anbieten zu können.
bestimmte Anliegen mit uns umsetzen
— oder müssen wir herausfinden, ob
heblicher Finanzierungsaufwand. Auch
wir aus bestimmten Gründen hier allein
wenn wir alle denkbaren Möglichkeiten
gefordert sind.
der öffentlichen Förderung nutzen wer-
Damit verbunden ist ein nicht uner-
Ein ganz aktuelles Projekt ist die Ent-
den, sind Eigenbeiträge zu erbringen.
wicklung eines Familienzentrums. Hier
Nicht nur unsere Stiftung NETZWERK
ist es unser Ziel, Beratungen und Hilfe-
NÄCHSTENLIEBE wird uns dabei un-
leistungen rund um Familie, Kinder und
terstützen. Wir haben auch die Hoff-
Menschen in Not zu bündeln und eine
nung, dass öffentliche und weitere private Kapitalgeber sich mit unseren Plänen identifizieren und zur Mitfinanzierung bereit sind.
BESCHREIBUNG
17
2008 in Kooperation mit der Wieder-
Beratung und Hilfe zum Lebens-
und den Einzelnen in seiner individuellen
aufbau eG ein Mehrgenerationenhaus
unterhalt Es ist unser Ziel, Menschen
Situation aufzufangen.
eingerichtet. Dort leben wir mit Mitbe-
anzuleiten, mit den Mitteln, die zum Le-
wohnern zusammen, bieten ihnen Zeiten
bensunterhalt zur Verfügung stehen, auch
Die Beratungsstelle bietet Beratung und
der Begegnung an, und wollen das
auszukommen. Dort wo sich Engpässe
Hilfen für Ehen und Familien an. Dabei
Miteinander fördern.
auftun, versuchen wir praktisch zu helfen.
geht es um einen ganzheitlichen Ansatz
von Hilfen und Unterstützungen.
Betreuung in der JVA Seit vielen
Kostenfreie Schuldnerberatung
Beratungsstelle ACHTUNG! LEBEN
Jahren besuchen wir die Gefangenen in
Durch zwei ausgebildete Fachkräfte bie-
der Justizvollzugsanstalt in Wolfenbüt-
ten wir seit neustem Schuldnerberatung
steht jungen Familien mit ihren Neugebo-
tel. Wir bieten ihnen Gespräche an und
in unserer neu eröffneten Geschäftsstelle
renen mit Rat, Beratung und praktischen
gestalten Gottesdienste über den Inhalt
am Rudolfplatz 4 an. Wir haben die Not-
Hilfen zur Verfügung.
der Bibel. Resozialisierungsmaßnahmen
wendigkeit erkannt, den verschuldeten
schließen sich an.
Privathaushalten in unserer Stadt zusam-
Familienzentrums Wir haben an die
Spielkreis »Kleine Fische« An drei
WELLCOME Diese Einrichtung
Kinderkrippe im Rahmen eines
men mit anderen Beratungseinrichtungen
Stadt Braunschweig und das Land Nie-
Vormittagen in der Woche bieten wir in
qualifiziert zu helfen.
dersachsen den Antrag gestellt, uns bei
den Räumen der Friedenskirche einen
der Einrichtung einer Kinderkrippe eine
Spielkreis für Kinder unter drei Jahren an.
gruppe trifft sich wöchentlich zu einem
Förderung zu gewähren. Sie soll zwei
Aufgrund der Betriebserlaubnis der Stadt
gemeinsamen Frühstück. Dabei werden
Gruppen von je 15 Kindern betreuen.
Braunschweig konnten wir mit diesem
persönliche Belange ausgetauscht,
Angebot unsere ersten Mitarbeiterinnen
versucht praktische Hilfestellungen z. B.
einstellen.
bei Gesprächen mit der ARGE zu geben,
18
Arbeitslosenhilfe Eine Selbsthilfe-
TATSACHEN
Stand: 26.01.2011
zeit Gestaltungsräume erobert, vor neuen Herausforderungen nicht zurück schreckt und vielleicht gerade Vision Nach über 40 Jahren Berufs-
im ehrenamtlichen Bereich Erfahrun-
im Gemeinwohl einlassen wollen. Die-
zeit habe ich erlebt, dass es auch ein
gen macht, die das Leben prägen. Die
ses Zusammenwirken von jungen und
»Leben nach dem Beruf« gibt. Es ist
Übungsfelder und Gestaltungsoptionen
älteren Menschen, von Neugierde und
mein Wunsch, dass dieses vierte Viertel
sind vielfältiger, als man langläufig an-
Gelassenheit ist eine Kombination,
meines Lebens ein Zeitabschnitt wird,
nimmt. Ich erlebe das bei der Gewich-
die Egoismus nicht aufkommen lässt,
in dem Lebenserfahrung und »Kern-
tung der oft so dringenden Anliegen,
Wertschätzung für den anderen eröff-
kompetenz« tragfähige Fundamente für
wenn es um die Entscheidung geht, was
net und aus einer verlässlichen und be-
einen neuen Lebensraum werden. Wenn
wir leisten können.
lastbaren Grundlage auch den langen
sich diese Neuausrichtung dann noch
Und das andere ist für mich gleich-
Atem für eine wünschenswerte Nach-
mit Leidenschaft paart, werden — so
wertig wichtig: Ich möchte gern mein
haltigkeit liefern kann. Die Zusam-
meine Erfahrung — Ressourcen freige-
Wissen, meine Erfahrungen weiterge-
mensetzung von Vorstand und Träger-
setzt.
ben, möchte »Geburtshelfer« sein für
kreis unseres Sozialwerkes ist dafür ein
Menschen, die sich auf ein Engagement
Beleg.
Eine Erfahrung habe ich aber gera-
de auch im Gespräch mit meiner Altersgruppe gemacht: Es ist sehr hilfreich, wenn man schon während der Berufs-
BESCHREIBUNG
Für weitere informationen: www.stiftung-naechstenliebe.org
19
PULS HERZAKTIONEN 90째 nach rechts
20
TATSACHEN
BESCHREIBUNG
Für weitere informationen: www.puls-bs.de
21
ben. Sie können durch die ehrenamtlichen Einsätze ganz praktisch helfen
BRITTA KOSS-MISDORF
Meine Wunsch ist, dass durch die Aktionen bei PULS »Nachhaltigkeit« entsteht und sich die jungen Menschen weiterhin sozial engagieren. Wenn wir mit Puls einen Beitrag zu diesem Ziel geleistet haben, dann ist wirklich etwas Gutes entstanden!
BBG Seniorenresidenz, Lebenshilfe, Abenteuerspielplatz Melverode, Spiel-
stube Hebbelstraße, Kindergarten Sterntaler, Kinder- und Jugendzentrum
Rühme und Statt-Park Café. Nach den täglichen Einsätzen hatten die Teil-
nehmer die Möglichkeit, das vielfältige Angebot in der PULS-Basis zu nut-
PULS motiviert und inspiriert mich, denn ich merke, dass die jungen Teil-
gen Leuten Einblicke in unterschiedliche Projekte gegeben.
zwei Abenden Hilfsorganisationen ihre Arbeit vorgestellt und so den jun-
zen. Neben unterschiedlichen Freizeitangeboten haben beispielsweise an
für die Menschen hat mich beeindruckt.«
folgenden gemeinnützigen Einrichtungen in Braunschweig zustande:
zeigt mir, dass sich für sie der Einsatz gelohnt hat. So sagte eine 22-jährige
mehr als gelohnt hat.
schichten waren super spannend. Aber vor allem das Herz der Mitarbeiter
men. Auch das positive Feedback der Jugendlichen nach den PULS Tagen
Das war eine Menge Arbeit, aber ich bin überzeugt, dass sich diese Arbeit
waren sehr bereichernd. Die Menschen dort und der Einblick in ihre Ge-
zusammen. Wäre es bei mir anders, würde ich mir unglaubwürdig vorkom-
Ich hatte das Privileg, wieder im PULS Leitungsteam mitarbeiten zu dürfen.
für die sich die ehrenamtlichen Helfer einsetzen. So kamen z.B. Aktionen in
schränkt, sondern für ihn gehörten Reden und Handeln unzertrennlich
statt, zweimal in Braunschweig und einmal in Berlin Marzahn/Hellersdorf.
den — sowohl im Leben der Teilnehmer als auch im Leben der Menschen,
Glaube eine wesentliche Rolle: Jesus hat sich nie nur auf das Reden be-
ren. Letztes Jahr im Oktober fand dieses Ereignis schon zum dritten Mal
Teilnehmerin zum Beispiel: »Der Besuch und die Zeit im Statt-Park Café
Bei meinem persönlichen Einsatz spielt neben dem Erwähnten auch mein
bei der junge Leute die Gelegenheit haben, sich ehrenamtlich zu engagie-
Durch das soziale Engagement sollen positive Veränderungen möglich wer-
einzusetzen.
PULS ist eine Aktionswoche, die in Braunschweig ihren Ursprung hat und
und merken, dass etwas zurückkommt und es »cool« ist, sich für andere
nehmer spüren, wie viele hilfsbedürftige Menschen in ihrer Umgebung le-
TEXT
INTERVIEW
Hey Simon, ich habe auf Facebook gele-
MIT
da mein Interesse für Musik und Elek-
sen, du bist IT-Manager in der Stadt-
SIMON BÖRNER
tronik verbinden konnte. Mehr durch
halle Braunschweig, was ist das und
Zufall bin ich dann als Praktikant bei
was machst du da genau?
ca. 80% der Zeit. Der andere Teil ist
Rockservice, einem Verleihunterneh-
S Mein Job ist die Koordination der
die Kongress IT, z.B. Registrierung der
men, gelandet, wo ich Veranstaltungs-
ganzen Büro-IT, Netzwerke, alles was
Teilnehmer und mobile Arbeitsplätze,
technik gelernt habe. Also Verleih-
mit Computern zu tun hat lauffähig
usw.
technik, Straßen, Rock ’n’ Roll, Galas,
halten und die Datensicherung. Das je-
Messen, Industrie. Das habe ich dann
weils für VW-Halle, Stadthalle und Sta-
Als was hast du davor gearbeitet? und
richtig ernst gemacht und drei Jahre
dion. Dazu kommen noch Systeme wie
Wie bist du an deinen jetzigen Job ran-
als selbständiger Techniker europa-
Klimaanlagen, Türsensorik und andere
gekommen?
weit auf Autopräsentationen gearbeitet,
Geräte, da hängen ne Menge Firmen da-
S (lach) hast du zwei Stunden Zeit?
auch viele Konzerte in Braunschweig.
hinter, die ich verwalte. Das sind dann
Ich wollte Tontechnik lernen, weil ich
Das wurde mir dann zu wild, der Stress
24
—
TATSACHEN
GESICHTER
25
schlug mir auf die Gesundheit und so
andere Projekt ist die nächste Platte von
hab ich mich in der Stadthalle als Veran-
Jonny S, viel mehr darf ich dazu jetzt
staltungstechniker beworben. Ich hab
nicht sagen. Das reift jetzt schon eine
dann dort drei Jahre als Tontechniker
Weile und wird wohl dieses Jahr fertig.
gearbeitet. Wir haben eine schöne Zeit
gearbeitet und bin letztes Jahr in die IT
dort gehabt und ich hab sehr sehr sehr
umgesattelt.
Gibt es Leute die dich inspiriert haben,
viel bei ihm gelernt. Kann man fast als
von denen du viel gelernt hast?
zweite Ausbildung bezeichnen. Dort
Du produzierst auch Musik und spielst
S Ja definitiv! Das ist ganz witzig,
habe ich gelernt, Musik zu produzieren,
begnadet Klavier. Ist das dein eigentli-
weil ich sowohl für den Live Sound als
und zwar auf höchstem Niveau. Klaus
cher Traum?
auch für das Studio und die Musik drei
hat mich sehr stark inspiriert und er ist
—
—
S Es war auf jeden Fall mein Traum
einer der besten Mischer, die ich kenne!
immer viel Musik zu machen und auch
Er hatte immer andere Ansätze und hat
auf professioneller Ebene, aber ich hab
mich hart in die Kritik genommen, den
mich an einem gewissen Punkt dazu
Sound aus dem Bauch zu machen und
entschieden, es nicht hauptberuflich
nicht mit dem Kopf. Da hat er ein Händ-
zu machen. Ich gehe sehr emotional an
chen für!
dieses ganze Thema heran; es wäre in
meinem Fall ein uneffektives Arbeiten
Bist du ein Mensch, der sich auch für
und sehr schwer davon zu leben. Das ist
andere einsetzt? So wie deine Mentoren
meine Ansicht und es gibt ja auch Leute,
sich für dich eingesetzt haben?
—
die es geschafft haben, aber dafür kann
gute Mentoren hatte. Ganz am Anfang
S Ja, ich erzähl immer gerne von dem,
ich mich im Musikbereich zu schlecht
am Klavier hat mich Otto Wolters stark
was ich grad mache. Wenn ich in Wolfs-
verkaufen. Deshalb die Entscheidung:
geprägt mit seiner Jazz-Klavierart. Ich
burg, bei meinen Freunden von Gold-
Ich habe einen Job und die Musik hat
wollte immer Pop — er wollte immer
klang im Tonstudio bin, Fragen beant-
dazwischen Platz. Ich bin aber natürlich
Jazz. Ich hatte 6 Jahre bei ihm guten Un-
worte, weil irgendwas nicht klappt oder
auch weiterhin professionell an Musik-
terricht und das hat mein musikalisches
das Studio seinen Geist aufgegeben hat,
produktionen dran.
Verständnis total erweitert. In vielen Be-
weil irgend ne Verdrahtung nicht funk-
reichen hatte ich dann auch keine Angst
tioniert hat, bei allem, was ich dort tue,
Gibt es ein aktuelles Projekt?
—
mehr, an Stilrichtungen heranzugehen.
versuche ich immer, das sie nen Nutzen
S Ich arbeite grade an zwei Projekten.
Als nächstes kam dann Utz Rüscher von
draus haben. Ich erkläre es erstmal mit
Das eine ist ein Werk, was ich mit ein
Rockservice und die ganze Crew, die mir
dem Hintergrund, dass sie es vielleicht
paar Musikern aus der Friedenskirche
den ganzen Background von Veranstal-
selber lösen können, denn ich teile sehr
verwirklichen will, wo wir gesagt ha-
tungstechnik, Mischpulte, Mikrofone
gerne das Wissen, was ich habe. Auch
ben, wir machen mal ein Album. Das ist
in drei Jahren richtig aufgeprügelt ha-
live, wenn Leute sich interessieren für
in Arbeit und wird auch noch ne Wei-
ben, und danach war ich auch wirklich
das, was ich mache und fragen, wie was
le dauern, aber wir treffen uns immer
gut. Und dann hab ich direkt bei Klaus
geht, dann bin ich immer gern bereit,
wieder und kommen auch voran. Das
Hartisch drei Jahre im Tonstudio mit-
das zu erklären. Früher hab ich gedacht das wären Konkurrenten, ist heute anders. Entweder die Leute können damit was anfangen oder es war ein nettes Ge-
26
TATSACHEN
…WENN LEUTE SICH INTERESSIEREN FÜR DAS WAS ICH MACHE UND FRAGEN WIE WAS GEHT, DANN BIN ICH IMMER GERN BEREIT DAS AUCH ZU ERKLÄREN. FRÜHER HAB ICH GEDACHT DAS WÄREN KONKURRENTEN, IST HEUTE ANDERS.
spräch. Auch im Studio können Leute gerne dabei sein und sich das anschauen. Ich bin dankbar, dass sich Leute für mich die Zeit genommen haben, das will ich auch für andere tun.
—
Wo ist Simon Börner in 5 Jahren? S Das darf mein Arbeitgeber nicht
hören… (lacht) Mein Traum ist es, ein bis zwei Songs für bekannte deutsche Künstler zu schreiben. Ein weiteres Ding ist die Förderung von jungen Künstlern in den Kirchengemeinden, da steckt viel Potential drin, hat aber noch Nachholbedarf.
—
Simon, danke für das Interview! S Gern geschehen! Wie gesagt, ich
rede sehr gern … GESICHTER
27
Für die 73-jährige Nachbarin einkaufen gehen. — Stanislav, den polnischen Hausmeister, auf eine Tasse Kaffee einladen. — Eine Stunde pro Woche mit den Kindern im Jugendzentrum UNO spielen. — 2 Dosen Mais, eine Dose Tunfisch, ein Glas Saure Gurken und 1 kg Nudeln zur Braunschweiger Tafel bringen.
28
TATSACHEN
Um sechs Uhr aufstehen und den Schnee vom Gehweg schaufeln. — Mit den Kindern der alleinerziehenden Mutter aus dem 3.Stock am Wochenende Kekse backen. — Peter ins Kino einladen. — Mit Opa Manfred im Altenheim eine Runde Halma spielen.
GESICHTER
29
INTERVIEW
MIT ESTHER & THOMAS GREWATSCH
Hallo ihr zwei, was seid ihr von Beruf?
ich zur Tat schreiten, weil ne Verände-
E Ich habe bislang in einer Buchhand-
rung auf jeden Fall gekommen wäre und
lung gearbeitet, bin noch einen Monat
dann wollte ich wenigstens Eine die mir
angestellt, und werde mich jetzt als
gefällt.
Sängerin und musikalische Früherzie-
herin selbstständig machen.
Was mögt ihr an eurem Beruf?
T Ich bin selbstständiger Musiker und
T Also ich kann mich sicherlich nicht
unterrichte viele kleine Kinder in der
beschweren über meinen Beruf, er hat
Kunst Gitarre zu spielen, habe ein Ton-
schon sehr viele Vorzüge, aber es könn-
studio und wir machen auch zusammen
te von der Gewichtung schon manch-
Livemusik.
mal anders sein, mehr Auftritte, mehr
Studio, weniger Schüler, weil das doch
—
—
Tommy, du spielst Gitarre, wieviele
sehr anstrengend ist. Aber prinzipiell
hast du insgesamt?
ist es super, du kannst die ganze Zeit
T Ohh, da muss ich nachzählen, …
Musik machen und Gitarre spielen.
Ich glaube sechzehn … nein siebzehn!
E Das Miteinander mit anderen Musi-
kern ist cool, und es ist schön zu sehen,
—
Spielst du auch mit allen?
wie andere Leute von der Musik berührt
T Nein nicht mit allen, aber von eini-
werden.
gen konnte ich mich bloß nicht tren-
nen. Seine erste Gitarre verkauft man
Tommy, wie gehst du an deine Arbeit
nicht, also auch die erste Akkustik nicht,
heran? Bist du nur Lehrer oder würdest
die erste E-Gitarre, die erste sowieso …
du dich auch als Mentor beschreiben?
usw., die verleih ich dann an Freunde
T Sicher nicht für alle. Bei einem
oder an meine Schüler. Oh achtzehn!
Großteil beschränkt sich das aufs Gi-
Mir ist gerade noch eine eingefallen.
tarre spielen und das war’s. Aber bei
E Lass uns 20 sagen …
einigen Schülern schon, wenn die Che-
mie stimmt, kann man ihnen mehr mit-
—
—
Esther, warum weg von den Büchern?
geben, grade bei kleineren Schülern.
E Weil die Filiale schließt! Ja, das war
Mein jüngster ist jetzt fünf geworden,
ein kleiner Tritt in den Hintern. Ich hab
da ist man die erste Beziehungsperson
schon öfter mal überlegt und jetzt muss
neben den Eltern, wo man regelmäßig
30
TATSACHEN
GESICHTER
31
hingeht, die nichts mit Familie zu tun hat. Das ist schon ne besondere Stellung. Bei dem Fünfjährigen bin ich z.B. Tommy von der Erde, nach irgendsoner Zeichentrickfigur. Bei den Älteren ist es häufig so; in der Art wie du ein Instrument lernst, lässt sich vieles übertragen aufs alltägliche Leben. Von dieser Per-
DU HAST DEINEN JOB ERFOLGREICH GEMACHT, WENN SIE »MUSIKMACHEN« DANACH NICHT SCHEISSE FINDEN.
spektive gesehen nimmt man auf jeden fall eine Mentorenrolle ein.
—
Esther du hast mal Freie Kunst studiert, warum hast du dich dann doch für die Buchhandlung entschieden? E Ja, ich hab ne Krise bekommen. Oft
wird »Kunst« produziert die nett ist,
E Privat sind wir mit verschiedenen
chen ihre Zeit, wichtig ist, dass das
aber mehr auch nicht. Es wurde viel ge-
Bands und Projekten dann doch eher
Gleichgewicht wieder hergestellt wird
redet, aber ohne Fundament. Es ging
experimenteller unterwegs.
zwischen Arm und Reich, das Ende der
nicht darum aufzurütteln, sondern sich
2-Klassen-Gesellschaft.
selbst darzustellen. Und da hab ich
Schreibt ihr auch eigene Songs?
gemerkt, dass ich das nicht beruflich
E Hin und wieder mal, aber wir sind
Ihr seid beide kreative Köpfe, was ins-
kann. In die Buchhandlung bin ich ge-
nicht die besten Texter.
piriert euch?
kommen, weil ich Geld brauchte. Ich
E Es ist vielleicht etwas schwer, sich
hab gebetet, dass ich mich nicht selbst
Für einen Tag Angela Merkel sein, was
das einzugestehen, aber es sind die
drum kümmern muss, weil ich da kei-
würdet ihr verändern?
schmerzhaften Emotionen, die mich in-
nen Kopf für hatte und prompt kam eine
T Die Frisur
spirieren. Wenn es mir gut geht, ist das
Freundin auf mich zu und hat gesagt,
E Haa haha ha ha haha … Toll, jetzt
etwas schwerer.
sie suchen jemanden. Und dann war ich
muss ich hier was Politisches sagen!
T Also letztlich findet man überall In-
über fünf Jahre da und es hat mir Spaß
spiration, man muss nur lernen, sie zu
gemacht! Verrückt! Ha haha ha.
OK ich frag mal anders, wenn ihr für
sehen. Das macht auch, glaube ich, kre-
einen Tag BundeskanzlerIn wärt, was
ative Menschen aus, dass sie Dinge eher
Ihr macht gemeinsam Musik, in welche
würdet ihr anstoßen?
entdecken oder anders wahrnehmen.
Richtung geht das so?
T Den Westerwelle.
Das wirkt auf andere so, als würden sie
T Wir nennen es Dienstleistungsmu-
E Viele wichtige Veränderungen brau-
Dinge aus dem Nichts heraus schaffen.
—
—
—
—
—
cke — Musik, die nicht beim Bügeln
Dabei haben sie nur einen Sinn im Cha-
stört. Stücke, die die Leute kennen und
os erkannt und herausgearbeitet.
die sie gerne hören, viel auf Hochzeiten.
E Und das Miteinander, das regt mei-
32
TATSACHEN
ich 19 und hat vor vier Jahren angefangen Gitarre zu spielen und zockt so gut, aber nicht nur weil er technisch gut ist, ne Kreativität an. Gerade musikalisch,
sondern weil er gleichzeitig mit soviel
Kindern. Davor hab ich jetzt noch ganz-
wenn du zusammen bist mit anderen
Gefühl spielt, dass es deprimierend ist.
schön Angst, dass die Eltern und die
dann wächst was heran.
Man will dann am liebsten was anderes
Kinder denken, boah was is das denn
machen als Gitarre spielen, aber wenn
für eine…! Dann ist es egal, ob ich gut
Tommy, gibt es Musiker, die dich ins-
die Depression überwunden ist, dann
singen kann oder nicht. Ist mir schon
pirieren?
ist es ziemlich inspirierend!
wichtig, dass die sich wohlfühlen und
T Ja, ein sehr inspirierender Gitarrist
gerne kommen, denn ich bin damals bei
ist Ted Green. Der ist ziemlich unbe-
Was wollt ihr in diesem Jahr erreichen?
meiner musikalischen Früherziehung
kannt, aber nicht weil er nicht gut ge-
Gibt es eine Vision?
abgehauen, mit vier Jahren. Ich wurde
nug wäre um anderen die viel bekannter
T Ich will mein Zimmer aufräumen.
mit der Person einfach nicht warm.
sind das Wasser zu reichen, sonden weil
E Das ich ne gute Lehrerin werde, das
T Es is krass, woran du dich erinnern
er viel zu bescheiden und zu beschäftigt
hoffe ich. Das ich soviel Erkenntnis und
kannst! Bei mir fangen die Erinnerun-
war Musik zu machen, statt damit, dass
Praxis dazu gewonnen habe, dass ich
gen mit 10 an. Du hast so einen riesigen
Leute ihn bemerken. Und Sol Philcox
mich entspannt zurücklehnen kann
Erinnerungsschatz, mit Geschichten,
super Typ aus England, ist jetzt glaub
und sage: Ja, ich mach das gut mit den
die passiert sind.
—
—
E Ja ja, das stimmt! (haha) Mein
Wunsch ist, dass ich die Kinder formen kann und sie nicht verderbe. Dass sie was mitkriegen und dass ich ein Wegbegleiter sein kann. T Du hast deinen Job erfolgreich ge-
macht, wenn sie »Musikmachen« danach nicht scheiße finden. Dann ist man schon ziemlich erfolgreich. Wie oft hört man, so: »Ich hab mal ein Instrument gespielt, aber der Lehrer war so scheiße und dann hab ich damit aufgehört, war eigentlich schade.« Wenn man es schafft, den Spaß an der Musik zu erhalten, dann hat man einen erfolgreichen Job gemacht.
—
Danke! E Gern geschehen! T Bitteschön!
GESICHTER
33
FRAU B. & ICH
M3
36
TATSACHEN
TEXT KATHARINA HAUS
Schloss — Ich steige in die M3 Richtung Weststadt. Leute, Gesichter. Jeder von ihnen könnte mein Klient sein. Und doch sind sie alle wie ich. Naja, egal. Jetzt erstmal zu Frau B. Mal sehen, wie es heute wird. Es hat sich soviel verändert. Friedrich-Wilhelm-Platz — Ich mache das seit dem Frühjahr mit den Familien. Ich studiere Soziale Arbeit in Wolfenbüttel im 5. Semester und mache mein Projektstudium in Entwicklungspsychologie. Es geht um Kleinkinder und Säuglinge, frischgeboren sozusagen. So einen hat auch Frau B. »Ihr werdet in Risikofamilien mit Babys gehen, Familien in denen die Gefahr besteht, dass die Kinder wenig Chancen haben, sich körperlich und seelisch gesund zu
BEI MEINEM ERSTEN BESUCH KAM ICH IN EINE WOHNUNG VOLLER MÜLL UND GERÜMPEL ZU EINER FRAU, DIE SICH NOCH NICHT MAL TRAUTE, MIR IN DIE AUGEN ZU SCHAUEN. entwickeln.«, sagte mir anfangs einer der Profs. »Das Ziel ist nicht, dass ihr diesen Leuten sagt, was sie anders machen sollen. Vielleicht verändert sich dann was während ihr da seid. Aber wenn ihr geht, ist wieder alles beim alten, Gewalt, Konflikte oder andere Dinge, die den Kindern nicht gut tun!« Na, was denn dann?? Einfach da sein. Kennen lernen, Beziehung bauen, Alltag teilen. Was wird das bringen? »Bedeutung«, sagt mein Prof, »wirklich Veränderung ermöglicht ihr, wenn ihr im Leben dieser Menschen eine Bedeutung gewonnen habt.« Bedeutung.
STORY
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Luisenstraße — Draußen hat es zu regnen begonnen. Der Mann mit der grünen Jacke und dem Sixpack liegt wieder draußen am Haltestellenhäuschen, die Tür geht auf. Neben mir türkische Wortfetzen. Mir inzwischen vetraute Geräusche. Und dann sehen wir uns Donnerstag, »inch allah«, sagt die kleine gedrungene Frau mit dem Kopftuch jetzt und steht auf. Ihr Gesicht ist voller Lachfältchen. Am Anfang fand ich es echt herausfordernd bei Frau B. Irgendwie war es eine andere Welt. Bei meinem ersten Besuch kam ich in eine Wohnung voller Müll und Gerümpel zu einer Frau, die sich noch nicht mal traute, mir in die Augen zu schauen. »Frau B. ist, naja, nicht richtig geistig behindert … aber schon sehr eingeschränkt.«, sagte mir eine der Mitarbeiterinnen eines Sozialdienstes, die die Familie unterstützen. »Vielleicht wäre ein erstes Ziel ein Küchenschrank, damit die Lebensmittel irgendwo aufbewahrt werden können.« Chaos, Kälte, Verlorenheit. Und mitten drin ein Baby.
Cyriaksring — So langsam habe ich mich dann gefragt, mit wessen Kraft ich das eigentlich tun soll. Ich soll ein Beziehungsangebot machen. Jemanden annehmen, wie er ist, damit er sich verändern kann. Was ist Menschlichkeit? Aus sich heraus ein uneigennütziges Ziel zu erreichen. Mal an die anderen denken. Gutes »TUN«. Dachte ich. Bis ich in Frau B.s Küche stand. Und zwischen alten Essensresten, Babyfläschchen und ihrem eingeschüchterten Lächeln zu merken begann: Menschlichkeit ist der Moment einer Begegnung zwischen zwei Menschen, die egal wie viel gemeinsam haben. Entstanden daraus, wer sie sind. Und da kann jeder bei sich anfangen. Sich fragen, für wen lebe ich, und für wen tue ich eigentlich, was ich gerade tue.
Gleich Am Jödebrunnen — Ich kam also, Woche für Woche. Oder besser gesagt, sie ließ zu, dass ich kam. Am Anfang sagten wir manchmal minutenlang gar nichts. Irgendwann begannen wir dann, kleine Ausflüge zu machen, die Gegend um Frau B.s Wohnung kennen zu lernen. Ich ließ sie die Haltestellen aussuchen, an denen wir aus dem Bus stiegen. Zuerst starrte sie unsicher zu Boden. Nach ein paar Wochen lächelte sie stolz, wenn sie es tat. Wir begannen mit dem Baby zu spielen. Herauszufinden, wo hin es schaut, warum es weint, was es braucht. Während vielleicht der ersten 10 Treffen war ich verzweifelt: Was würde dieses Kind aus seiner ersten Lebenszeit darüber lernen, was sein Leben wert ist, aus abgewandten Gesichtern, einer hilflosen Mutter und Fernsehen? 38
TATSACHEN
»Nächster Halt: Emsstraße« — und es steigt kaum jemand ein. Nach etwa einem halben Jahr bemerkte ich einmal, wie Frau B. mich beobachtete. Ich sprach gerade mit ihrer kleinen Tochter: Ich saß neben ihr auf dem alten Teppich und machte einen Laut, sie strampelte, gluckste und wiederholte die Geräusche. Ir-
…, ES HAT SICH VIEL GEÄNDERT. OB MEHR BEI MIR ODER FRAU B., DA BIN ICH MIR NICHT SO SICHER. gendetwas kam in diesem Moment schließlich an, bei Frau B. (Menschlichkeit?) Zwei Minuten später, ich wandte mich kurz ab, um etwas anderes zu tun, hörte ich plötzlich eine leise Stimme. Frau B. machte mich nach, sie wiederholte unser Spiel, schaute ihre Tochter an. In diesem Moment hätte ich einfach lachen können.
STORY
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TATSACHEN
Alsterplatz — Gleich bin ich da. Noch eine Haltestelle bis zur Saarstraße. Doch, es hat sich viel geändert. Ob mehr bei mir oder Frau B., da bin ich mir nicht so sicher. Ich habe etwas Entscheidendes von dieser Frau (deren schmutzige Wohnung mich übrigens mit jedem Treffen weniger störte) gelernt. Ich studiere für einen helfenden Beruf, und habe gemerkt: ich kann nicht alles ändern. Ich arbeite mit Menschen, trete ein in Leben mit ihren eigenen Reichtümern und Schwierigkeiten. Ich versuche etwas anzustoßen, Impulse zu geben. Ich initiiere und begleite Prozesse der Veränderung. Dabei bin ich nicht für ihren Ausgang verantwortlich — aber ich trage dafür Verantwortung, wie ich es tue. Der Gedanke der Menschlichkeit berührt etwas Grundlegendes in uns. Das echte Leben. Das, was man irgendwie nur spüren kann, wenn man selber echt ist. Ich träume davon, Gutes anzustoßen, nicht damit, was ich tue, sondern dadurch, wer ich bin.
Saarstraße — Schnell raus, ich bin heute mal wieder spät dran. Wie es heute wohl wird? Unser letztes Treffen, denn mit diesem Semester endet mein Projektstudium. Wahrscheinlich kann ich Emily nochmal auf den Arm nehmen. Naja, Frau B. gibt sie inzwischen ja kaum noch her, denke ich, und gehe über die Straße. Und muss bei dem Gedanken lächeln. Das ist ja eigentlich auch das beste Abschiedsgeschenk. Nummer 16. Der Regen läuft mir übers Gesicht. Ein letztes Mal stehe ich vor dem weißen Haus in der Weststadt. Der Summer geht, bevor ich klingele. Sie freut sich, dass ich komme.
M3
STORY
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LIGHT THE LAKE DIE GESCHICHTE EINES FILMS TEXT RAPHAEL KLEMM
Ich befinde mich in einem Braun-
zu drehen. Unsere unzureichende Idee
schweiger Café, mein Bier ist fast leer,
des Bankbesuches sollte sich in ein he-
und ich versuche alles aufzuschreiben.
rausforderndes Abenteuer verwandeln,
Was für ein Gefühl ist das, wenn du et-
an dessen Ende ein Dokumentarfilm
was zu Ende gebracht hast, was du noch
stehen würde, der das Potential hat,
nie zuvor getan hast?
Leute zu ermutigen, zu bewegen und zu
Mein Abenteuer begann mit einer
begeistern. Wir wussten, das weder un-
einzigen Frage. Wie kann ich mit mei-
ser Geld, noch unsere Erfahrungen ge-
nem Leben etwas bewirken? Das war
reicht hätten, aber wir wollten vertrauen,
im Oktober 2008. Daniel, ein sehr guter
das diese Art zu leben, auch mit Segen
Freund von mir, und ich dachten daran
verbunden ist. Unser eigener Anspruch
eine Organisation in Sambia finanziell
und die Motivation waren groß, doch es
zu unterstützen. Doch der Gedanke,
gab auch Zweifel. Wir hatten noch keine
uns dafür nur in eine Bankfiliale zu be-
Ahnung, auf was wir uns hier einlassen
wegen ohne wirklichen Anteil am Leben
würden.
der Menschen dort zu nehmen, ließ uns
nicht los.
Ausbildung bei einem Fernsehsender
Dass Daniel zu dieser Zeit seine
Ein paar Tage später sah ich im
machte, erweiterte unsere Erfahrungs-
Netz einen kurzen Clip von einigen
stand erheblich. Doch wir hatten kein
Leuten, die genau wie ich, 2007, diese
Equipment, und es schien uns auch
Missionare in Sambia besucht hatten.
problematisch, Tausende von Euros an
Ich kannte sie und ihren Einsatz für
Leihgebühr zu investieren.
die Menschen vor Ort, aber dieses un-
professionelle Amateurvideo war alles
ar 2009, als die sambische Missions-
andere, als eine würdige Präsentation
Gesellschaft sich mit einer größeren
Die Lösung dafür kam im Janu-
dessen was ich erlebt hatte. An diesem Abend entstand die Idee, einen professionellen Dokumentarfilm in Sambia
42
TATSACHEN
STORY
43
weltweit operierenden zusammen tat.
te näher, und wir ohne Kamera. Würde
Wir hatten gute Kontakte zu deren Me-
alles ins Wasser fallen? Hatten wir am
dienteam in England und fragten sie, ob
Ende zu viel geglaubt? An diesem Punkt
sie uns für dieses Filmprojekt in Sambia
beschlossen wir, die Kamera zu kaufen.
nun ihr Kameraequipment zur Ver-
Um das nötige Geld zusammen zu be-
fügung stellen könnten. Kamera und
kommen, waren wir gefordert, uns auf
Equipment wurden zugesagt.
Gott zu verlassen. Uns blieben nur noch
war Tongwa, eines der abgelegendsten
zwei Wochen bis zum Abflug nach Afri-
Dörfer am Tanganyika-See.
2009 und setzten uns mit den Missio-
ka.
naren in Sambia in Verbindung. So er-
Ich denke, es waren zwei sehr he-
am Anfang. Als Kulisse bot sich uns
fuhren wir, dass sie im April eine Reise
rausfordernde Wochen. Leute haben
ein kleines afrikanisches Dorf, deren
nach Europa machen würden — ihre
uns unterstützt, Geld geschenkt und
Lebenswelt weder elektrischen Strom
erste und wahrscheinlich auch letzte.
geliehen und es reichte mit dem was
noch Coca-Cola kannte. Das öffentli-
Eine einmalige Möglichkeit also, sie in
wir noch hatten am Ende gerade so.
che Interesse für diese Menschen hätte
Deutschland zu treffen und mit ihnen
Am Donnerstag kam dann die erwarte-
nicht kleiner sein können. In all dem
über das Projekt zu reden. Als der Flug
te Bestellung an und einen Tag später,
wollten wir einen jungen Afrikaner be-
gebucht und die Planungen und Abspra-
am Freitag, saßen wir schon im Flieger
gleiten, der gerade an diesem Ort seine
chen vorangeschritten waren, erhielten
zum Zwischenstop nach Äthiopien.
Berufung sah.
wir plötzlich eine Absage für das Equip-
ment aus England. Die Kamera wurde
lang. Nach 15 Stunden Flug mussten
aber Reisedauer, Zeitplan und Kosten
für ein internationales Event in Süd-
wir noch einmal 1000 Kilometer auf
ließen nicht mehr als vier Tage für die
deutschland benötigt. Der Abflug rück-
sambischen Straßen zurücklegen, Rei-
Dreharbeiten in Tongwa zu. Das ganze
sedauer 1 bis 2 Tage, je nach Zustand
Projekt war herausfordernd und faszi-
von Straßen und Autos. Dann noch
nierend zugleich. Kulturelle Unterschie-
zwei Stunden mit dem Boot. Das Ziel
de machten es zudem nicht einfacher.
44
Wir planten die Reise für August
Der Weg zu unserem Drehort war
Wir waren am Ziel und doch erst
Story ist King — das wussten wir,
TATSACHEN
NACH 15 STUNDEN FLUG MUSSTEN WIR NOCH EINMAL 1000 KILOMETER AUF SAMBISCHEN STRASSEN ZURÜCKLEGEN, REISEDAUER 1 BIS 2 TAGE, JE NACH ZUSTAND VON FAHRBAHN UND AUTOS. DANN NOCH ZWEI STUNDEN MIT DEM BOOT.
STORY
45
Die Reaktion der Missionare auf un-
wollte, dass er die Dinge in der Hand
sere Filmidee war überraschend. Wir
hat und wir ihm vertrauen können.
konnten nicht wissen, dass der Wunsch
so einen Film zu drehen schon vorher
nen wir wohnen konnten, waren be-
gemeinsame Glaube uns gibt, existiert
existierte und zusammen mit einer Frau
eindruckend authentisch, gastfreund-
weltweit und darüber hinaus und be-
aus Südafrika schon erste Konzepte
schaftlich und leidenschaftlich. Für sie
geistert mich immer wieder! Das Kon-
verschriftlicht wurden. Im Nachhinein
war völlig klar, dass in all den Schwie-
zept, einheimische Missionare einzu-
denke ich, war es Gott, der uns in all
rigkeiten dieser Arbeit, Jesus der Mo-
setzen, die nicht kulturfremd sind und
diesen unvorhersehbaren Dinge zeigen
tor und Motivator war. Ich persönlich
bei denen es nicht darum geht, jeman-
habe mich dort in Sambia, 7500 km von
dem die eigene Kultur aufzudrücken, ist
Braunschweig entfernt, zu Hause füh-
für mich sehr überzeugend. Die Vision
len können. Die Verbundenheit, die der
dieses Teams ist auch gleichzeitig der
46
Die Mitarbeiter in Sambia, bei de-
TATSACHEN
VIELE INHALTE WURDEN UNS ERST WÄHREND DEN DREHARBEITEN BEKANNT UND FORDERTEN EINE PERMANENTEN AUSEINANDERSETZUNG MIT DEM SCRIPT.
in einem Land wo die Lebenserwartung bei 35 Jahren liegt.
Eine der größten Herausforderun-
gen war es, den roten Faden der Dokumentation zu finden. Dieser Prozess dauerte eindeutig am längsten. Viele
Titel des Films: »Ligth The Lake«. Er
richt von Jesus bringen. Ihr Einsatz für
Inhalte wurden uns erst während den
beschreibt den Wunsch, die Menschen
die Afrikaner zeigt sich durch Schul-
Dreharbeiten bekannt und forderten
aus der Dunkelheit ins Licht zu führen.
bildung, dem Etablieren von Landwirt-
eine permanenten Auseinandersetzung
Dort wo Hoffnungslosigkeit herrscht,
schaft, der Bekämpfung von Krankhei-
mit dem Script. Um den Stil von klas-
wollen sie den Menschen praktisch hel-
ten und dem Vermitteln von biblischen
sischen, faktenlastigen Dokumentar-
fen und ihnen die hoffnungsvolle Nach-
Werten. Lebensnotwendige Hilfe also,
filmen zu brechen, begleiten wir im
STORY
47
48
TATSACHEN
Film einen Missionar und zeigen sehr
und aus seiner eigenen Welt auszutre-
persönlich, wie er und sein Team Ihre
ten. Es war lebensverändernd. Einiges
Mission verstehen.
was vorher normal war, wird es dann
Nach vier unglaublichen, beeindru-
nicht mehr sein. »Wenn du Geld für
ckenden und anstrengenden Wochen
die Mission geben willst, nimm das ers-
landeten wir in Deutschland. Im Ge-
te Geld und komm her und seh und lass
päck 20 Stunden Filmmaterial (300GB
dich verändern.« heißt es gegen Ende
HD Footage), die wir nun auf 30 Mi-
des Films. Es geht nicht darum, sich
nuten kürzen mussten. Mit einem Mal
ein gutes Gewissen zu kaufen. Tiefes
hatte uns das Studium und der Alltag
Glück ist weitaus mehr. Das Ziel des
wieder und es schien ein nicht endender
Films ist in erster Linie also nicht reines
Prozess zu sein, bis wir alles geschnit-
Fundraising, sondern der Versuch, den
ten hätten. An diesem Zeitpunkt haben
Zuschauer zu ermutigen, sich verändern
wir erlebt, was für ein unersetzliches
zu lassen und selber andere zu verän-
Netzwerk von tollen Menschen und vor
dern — Multiplikation. Wie dies aus-
allem Christen uns umgibt. Zusammen
zusehen hat, muss jeder für sich selbst
mit Leuten aus Amerika, England und
überlegen. Von meiner Seite aus hoffe
Deutschland arbeiteten wir uns durch
ich, dass dieser Artikel einen Teil dazu
Schnitt, Ton, Farbkorrektur und Film-
beigetragen kann.
musik. Viele haben uns geholfen, ohne
das sie von uns was gefordert hätten.
fühl, wenn du etwas zu Ende gebracht
hast, was du noch nie zuvor getan
Die Missionare am Tanganyika-See
ermutigen immer wieder Menschen aus
Was meinst du, ist das für ein Ge-
hast?
der »westlichen Welt«, sie in Sambia zu besuchen. Ich kann es jedem empfehlen, so eine Reise einmal zu machen
STORY
Für weitere Informationen: www.lightthelake-movie.com
49
TÄTER
ANDREAS HERWIG 26, Soziologe »Braunschweig ist für mich
HANS-DIETER FEISTHAUER 64, Bankdirektor a.D. und Vor-
das Lebensumfeld, dass ich am ehesten beeinflussen kann
stand des Netztwerk Nächstenliebe »Braunschweig ist für
und mitgestalten will.«
mich eine Stadt mit Zukunft. Die Stadt Heinrichs des Löwen ist jung geblieben und bietet einen Lebensraum mit Perspektive. Hier ist mein Zuhause.«
ESTHER & THOMAS GREWATSCH 29/30, selbstständige Musiker
KATHARINA HAUS 23, Studiert Soziale Arbeit an der FH Ost-
»Braunschweig ist für uns der Ort, zu dem wir gerne nach
falia »Braunschweig ist für mich ein positiver Wiederspruch:
Hause kommen.«
alt und überraschend neu zugleich«
52
TATSACHEN
BRITTA KOSS-MISDORF 41, Lehrerin »Braunschweig ist für
SIMON BÖRNER 28, IT-Manager in der Stadthalle Braun-
mich eine großartige Stadt, weil sie so klein ist, dass sie über-
schweig »Braunschweig ist für mich Schicksal.«
schaubar bleibt, aber trotzdem groß genug ist, dass sie alles bietet, was ich brauche.«
RAPHAEL KLEMM 25, Studiert den Master in Industrial Design
FLORIAN BEDDIG 24, Bachelor of Arts in Kommunikations-
an der HBK Braunschweig »Braunschweig ist für mich eine
design »Braunschweig ist für mich optimal, ich kann mit dem
Stadt voller neuer Begegnungen — in jeder Hinsicht.«
Rad in 15 Minuten alles erreichen.«
TÄTER
53
IMPRESSUM
Herausgeber — Redakteur — Gestalter
Entstanden
FLORIAN BEDDIG
Im WS 2010/11 an der HBK BRAUNSCHWEIG
Hagenring 87 — 38106 Braunschweig
Johannes-Selenka-Platz 1 — 38118 Braunschweig
fb@werk-werk.de
www.hbk-bs.de
—
—
Autoren dieser Ausgabe
Dank
ANDREAS HERWIG
PROF. KLAUS PAUL
HANS-DIETER FEISTHAUER
EVA JUNG
BRITTA KOSS-MISDORF
JULIANE WENZL
SIMON BÖRNER
RAFAELA BEDDIG
ESTHER GREWATSCH
ANNA KORT
THOMAS GREWATSCH
HAGENRING WG
KATHARINA HAUS
KIM KUBE
RAPHAEL KLEMM
DEM KLUMPEN
—
—
Druck
Auflage
SIRKO MAURER — Mail Boxes Etc. 0124
30
Am Alten Bahnhof 4b — 38122 Braunschweig s.maurer@mbe-braunschweig.de
54
TATSACHEN
55 IMPRESSUM
MENSCHEN PROJEKTE BRAUNSCHWEIG
HANDELN STATT REDEN
» Herrn Kamahansujl am Dienstag bei den Behördengängen begleiten. «
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