Garantiert mobil!

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„Garantiert mobil!“ Sicherstellung nachhaltiger Mobilität im Odenwaldkreis

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Ausgangssituation Der öffentliche Personennahverkehr in ländlichen Räumen geht schwierigen Zeiten entgegen. Der demografische Wandel und die Finanznöte der öffentlichen Haushalte machen die Gestaltungsspielräume immer schwieriger. Der deutsche Rechtsrahmen der Personenbeförderung und des Gewerbe- und Steuerrechts eröffnen zudem nur begrenzte Handlungsspielräume für eine intermodale Vernetzung von Verkehrsträgern. Neue Formen von Mobilitätsangeboten, wie CarSharing und Mitfahrportale funktionieren in Ballungsräumen mit hoher Nachfrage. Dagegen besteht die Gefahr, dass in ländlichen Landkreisen mit dispersen Siedlungsstrukturen in Zukunft große Teile der Bevölkerung von individueller Mobilität ausgegrenzt werden. Die Novellierungen des Personenbeförderungsgesetzes (PBefG) und des Hessischen ÖPNVGesetzes zum 1.1.2013 eröffnen genehmigungsrechtlich neue Gestaltungsmöglichkeiten. Erstmals zählt ein Landes-ÖPNV-Gesetz Fahrgemeinschaften zu den flexiblen Bedienungsformen im ÖPNV, unabhängig davon, ob sie Linienverkehr darstellen (§ 2 Abs. 9 Hess. ÖPNV-G). Diese Möglichkeiten will der Odenwaldkreis nutzen, um mit „Garantiert mobil!“ ein innovatives und nachhaltiges Pilotprojekt zu starten, das wegweisend für ein neues Verständnis von Mobilität im ländlichen Raum sein kann.

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Kernelemente der Konzeption Der Innovationsansatz des Konzepts „Garantiert mobil!“ besteht darin, private und gewerbliche Mitnahmefahrten als Beförderungsleistungen zu integrieren und die in einer Mobilitätsgarantie zusammengefassten Mobilitätsdienstleistungen zu einem einheitlichen Beförderungsentgelt anzubieten. Verkehrsleistungen des traditionellen ÖPNV werden mit Beförderungsleistungen des Individualverkehrs (intermodal) verknüpft. Als Bindeglied gilt ein einheitlicher verkehrsmittelübergreifender Tarif, der auf die Vorzüge des Verbundtarifs aufbaut. Wenn sich auch die genehmigungsrechtlichen Regelungen neuerdings flexibler gestalten, so erfordern doch die konzeptionellen Bedingungen eine besondere rechtliche Ausgestaltung, bei der auch steuerrechtliche Vorschriften zu beachten sind.

Die Kernelemente von „Garantiert mobil!“ sind:

1.1

Mobilitätsgarantie als Geschäftsmodell  

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individuelle, garantierte Mobilität ohne Fahrplanzwang jederzeitiges Fahrtenangebot


1.2

Intermodale Vernetzung von Beförderungsleistungen des Individualverkehrs und des öffentlichen Verkehrs  

1.3

einheitliches Benutzungsentgelt  

verbindliches Preisangebot anreizorientiertes Preissystem mit Rabattstaffel

1.4

zentraler Kundenvertrags- / Ansprechpartner

1.5

internetbasierter Vertrieb über Buchungsportal 

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Einbeziehung von privaten und gewerblichen Mitnahmefahrten Ersatzbeförderungen im Rahmen des Garantieanspruchs

barrierefreier Systemzugang über Mobilitätsberater

Konzeptionsbeschreibung Das Geschäftsmodell des „internetbasierten Vertriebs von Mobilitätsdienstleistungen“ beruht darauf, dem Kunden ein Mobilitätsangebot auf bestimmten Relationen und in einem definierten Zeitkorridor zu attraktiven, aber kostendeckenden Preisen zu unterbreiten. Bei Annahme des Angebotes entsteht ein Beförderungsvertrag, auf dessen Erfüllung eine Mobilitätsgarantie besteht. „Garantiert mobil!“ unterbreitet Mobilitätsangebote von den Ortschaften im Odenwaldkreis zu den jeweiligen (zuständigen) Unterzentren und immer zum Mittelzentrum Erbach / Michelstadt auf Relationen, die den Linienwegen der ÖPNV-Linien nach § 42 PBefG entsprechen (Einzugsbereiche). Grundsätzlich gelten die Mobilitätsangebote an allen Tagen, „rund um die Uhr“ und unabhängig von Ferienzeiten (Bereitstellungszeitraum). Es gibt keine nach außen zu kommunizierenden Fahrpläne, die der Kunde zu beachten hat. Aus logistischen Gründen gilt allerdings eine Vorlaufzeit von 30 Minuten zwischen dem Eingang der Bestellung (Buchung, Annahme des Mobilitätsangebots) und der Bereitstellung der Beförderungsleistung. Für die Pilotanwendung wird der Bereitstellungszeitraum auf täglich 4:00 Uhr bis 22 Uhr beschränkt. Die Mobilitätsangebote werden über einen Buchungsserver erzeugt. Dazu benennt der Kunde seinen Fahrtwunsch (Nachfrage) in der betreffenden Relation und im verfügbaren Zeitkorridor unter Beachtung der Vorlaufzeit von 30 Minuten. Die Datenbank registriert den Fahrtwunsch, erzeugt ein Mobilitätsangebot im Sinne einer Ersatzbeförderung (s. Ziff. 3.3) und benennt den zu zahlenden Fahrpreis. Soweit vorhanden, benennt die Datenbank auch Fahrtenangebote anderer Mobilitätsdienstleister in einem Zeitkorridor vor und nach dem gewünschten Fahrtzeitpunkt des Kunden. Bei diesen Fahrtenangeboten kann es sich um das Linienverkehrsangebot (einschließlich Bedarfsfahrten) oder aber auch um private oder gewerbliche Mitnahmeangebote Dritter handeln, die in der Datenbank hinterlegt sind. Der Kunde kann zwischen vorhandenen Fahrtenangeboten frei wählen und diese über das Mobilitätsportal buchen. Dazu muss er registrierter Kunde sein und über ein Kundenkonto verfügen. Das zu entrichtende Beförderungsentgelt gilt für die gesamte Wegstrecke, unabhängig welche Beförderungsleistung in Anspruch genommen wird. Grundlage des Beförderungsentgelts ist der RMV-Verbundtarif. Soweit für die Erfüllung der Mobilitätsgarantie eine Ersatzbeförderung bereitgestellt wird, weil andere Beförderungsleistungen nicht zur Verfügung stehen oder der Kunde diese nicht will, ist zusätzlich zum Verbundtarif ein (kostendeckender) Zuschlagspreis zu zahlen. Dieser schließt grundsätzlich eine Beförderung von „Haustür-zu-Haustür“ ein. Mit der Entrichtung des Fahrpreises über das Kundenkonto wird eine Fahrtberechtigung erzeugt, die verkehrsmittelübergreifende (intermodale) Gültigkeit hat. Der barrierefreie Zugang zu den „Garantiert mobil!“-Fahrten wird über den Mobilitätsberater der Mobilitätszentrale gewährleistet, der die Buchungen telefonisch entgegen nimmt. Die

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Bereitschaftszeiten sind dazu auf die Einsatzzeiten von „Garantiert mobil!“ zu erweitern (ggf. durch externe Dienstleister, CallCenter1 usw.).

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Sachstand nach

3.1

Vorlage der Gutachten über die rechtlichen und organisatorischen Rahmenbedingungen (KCW) sowie zur wirtschaftlichen Bewertung des Fachkonzepts (WVI)

Vorlage der feststellenden Entscheidung des Regierungspräsidiums Darmstadt gem. § 10 PBefG vom 8.4.2013

Beschlussfassung des Kreisausschusses und der Kreistagsausschüsse vom 17. / 18.06.2013 über die Annahme des Fachkonzepts und Beauftragung der Umsetzung

Vertriebsgesellschaft („Odenwaldmobil GmbH“) Nach den grundlegenden Bedingungen der Konzeption ist das Garantieversprechen (Mobilitätsgarantie) und das Auftreten als einheitlicher Kundenvertragsbzw. Ansprechpartnerpartner Indiz für eine Unternehmereigenschaft nach §§ 2 Abs. 1 und 3 Abs. 2 PBefG. Die Vertriebsgesellschaft ist Unternehmer im Sinne des Personenbeförderungsgesetzes, d.h. sie muss eine Genehmigung besitzen (§ 2 Abs. 1 S. 1 PBefG) und Verkehr betreiben (§ 3 Abs. 2 S. 1 PBefG), d.h. in eigenem Namen, unter eigener Verantwortung und auf eigene Rechnung handeln. Das Handeln als Vermittler (Agentur) entspricht nicht der Zielsetzung der Konzeption. Bei privaten Mitnahmeangeboten ist die Mobilitätsgarantie nicht durchsetzbar, wenn nur eine Vermittlung stattfindet. Außerdem scheitert ein einheitliches Tarifmodell, weil bei privaten Mitnahmeangeboten das Beförderungsentgelt die Betriebskosten nicht übersteigen darf. 

Die Vertriebsgesellschaft wird als 100%-Tochter der OREG gegründet Gem. § 8 Abs. 3 Hess. ÖPNV-G erfolgt eine Trennung zwischen den Aufgaben als Aufgabenträgerorganisation, die bei der OREG verbleiben, und den verkehrsunternehmerischen Funktionen der Vertriebsgesellschaft (Marketing und Vertrieb, Durchführung der Beförderungsleistung).

Die Vertriebsgesellschaft erhält eine kreisweit gültige Genehmigung nach § 42 i.V.m. § 2 Abs. 6 PBefG für die Betriebsform „Linienersatzverkehr“ (s. Entscheidung des Regierungspräsidiums Darmstadt vom 8.4.2013). Diese ist entweder als Genehmigung zur Flächen- oder zur Relationsbedienung ggf. auch in Form von Linienbündel zu gestalten. Zu berücksichtigen ist dabei die Einbeziehung einer Beförderung „von Haustür zu Haustür“ im Rahmen der Bedienform „Ersatzbeförderung“ Die Genehmigung nach § 42 PBefG gilt Voraussetzung für die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes von 7 % auf das einheitliche Beförderungsentgelt, das gem. § 39 PBefG genehmigt wird.

Die Vertriebsgesellschaft beauftragt Nachunternehmer mit der Durchführung der Beförderungsleistung Die Vertriebsgesellschaft beschäftigt weder eigenes Personal noch hält sie Fahrzeuge zur Erbringung der Beförderungsleistungen selbst vor. Nachunternehmer in dem Sinne sind private und gewerbliche Anbieter von Mitnahmefahrten und Mietwagen- und

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z.B. Rhein-Main-Verkehrsverbund Servicegesellschaft (RMS) oder Hotz CallCenter, Bad König, Bahnhofstraße 42-44


Taxiunternehmen nach §§ 47 und 49 Abs. 4 PBefG, die mit Ersatzbeförderungen beauftragt werden. Im Gesellschaftsvertrag erfolgt eine Beschränkung der Geschäftstätigkeit auf „Garantiert mobil!“-Fahrten; eine Konkurrenzbildung mit dem Verkehrsgewerbe, das Linien- oder Gelegenheitsverkehr betreibt, findet nicht statt.

3.2

Mitnahmefahrten des Individualverkehrs Durch die Inanspruchnahme von Mitnahmefahrten für Beförderungsleistungen im Rahmen der Mobilitätsgarantie werden erhebliche Mobilitätsressourcen des Individualverkehrs genutzt, die bislang im Rahmen einer als ÖPNV organisierten öffentlichen Mobilität nicht zugänglich waren. 

private Mitnahmefahrten Die Integration privater Mitnahmefahrten gestaltet sich aufgrund der rechtlichen Rahmenbedingungen zur Personenbeförderung schwierig. Es stehen folgende Modellalternativen zur Diskussion Vermittlungsmodell Die Vertriebsgesellschaft vermittelt private Mitnahmefahrten und erhebt dafür ggf. eine Provision (vgl. Mitfahrportale, Projekt „Mobilfalt“) Private Mitnahmefahrten bedürfen grundsätzlich keiner PBefG-Genehmigung, wenn das Gesamtentgelt die Betriebskosten der Fahrt nicht übersteigt (§ 1 Abs. 2 Ziff. 1 PBefG). Nach Mitteilung der Genehmigungsbehörde kann von einer grundsätzlichen Genehmigungsfreiheit ausgegangen werden, wenn das Entgelt nicht mehr als 30 €Cent / km beträgt. Soweit Beförderungen nicht dem Personenbeförderungsgesetz unterliegen, bedürfen Anbieter von Mitnahmefahrten auch keiner Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung (§ 48 Abs. 1 FeV) und es sind auch nicht den Vorschriften der Verordnung über den Betrieb von Kraftfahrunternehmen im Personenverkehr (BOKraft - § 1 Abs. 1) anwendbar. Ein einheitliches Tarifmodell über alle im Rahmen der Mobilitätsgarantie in Anspruch genommenen Beförderungsleistungen (einschl. private Mitnahmefahrten) schließt allerdings eine Genehmigungsfreiheit gem. § 1 Abs. 2 Nr. 1 PBefG aus. Die Frage der Entgeltlichkeit beurteilt sich am Beförderungsvertrag und dem vom Fahrgast zu entrichtenden Tarif, auch wenn der finanzielle Ausgleich für die privaten Fahrer deren Betriebskosten nicht übersteigt. Im Falle der bloßen Vermittlung von privaten Mitnahmefahrten muss das Tarifmodell grundsätzlich immer die „Betriebskosten der Fahrt“ als ökonomische Obergrenze berücksichtigen. Es wäre für diese ein eigenes Tarifmodell zu entwickeln, das dem Erfordernis Rechnung trägt, dass das Gesamtentgelt niedriger als die Betriebskosten sein muss. Dies widerspricht jedoch der gewollten Einheitlichkeit des Beförderungsentgelts über alle Beförderungsleistungen als wesentlichem Kern der Konzeption. Der für private Mitnahmefahrten zu entrichtende Fahrpreis nach RMV-Tarif übersteigt u.U. diese Grenze und führt dazu, dass private Mitnahmefahrten der PBefGGenehmigung (mit den weiteren Rechtsfolgen) unterliegen.

Subunternehmermodell Eine praktikable intermodale Tarifintegration ist nur im Rahmen des Subunternehmermodells zu gewährleisten. Im Rahmen des Projektes „Garantiert mobil!“ sollen private Mitnahmefahrten eingesetzt werden, um Verkehrsleistungen im Linienersatzverkehr zu erbringen, der gemäß § 42 i.V.m. § 2 Abs. 6 PBefG genehmigt werden soll. Die privaten Mitnahmefahrten stellen damit Subunternehmerleistungen für einen genehmigungsbedürftigen Verkehr dar. Bereits aus diesem Grund greift der Befreiungstatbestand des § 1 Abs. 2 Nr. 1 PBefG bei „Garantiert mobil!“ nicht.

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Der Beförderungsvertrag kommt zwischen dem Fahrgast und der Vertriebsgesellschaft zustande. Der private Anbieter der Mitnahmefahrt bedarf als Subunternehmer zwar keiner PBefG-Genehmigung, allerdings eines Personenbeförderungsscheins und er unterliegt den Vorschriften der Verordnung über den Betrieb von Kraftfahrunternehmen im Personenverkehr (BOKraft). Eine Ausnahmegenehmigung vom Erfordernis des Personenbeförderungsscheins lehnt das Regierungspräsidium aus Gründen des besonderen Schutzbedürfnisses von Fahrgästen ab, das Vorrang genießt. Dem trägt das Konzept Rechnung. Das Vorliegen eines Personenbeförderungsscheins wird bei „Garantiert mobil!“ als besonderes Qualitätskriterium gesehen, das Voraussetzung ist, um private Mitnahmefahrten im Mobilitätsportal anbieten zu können. Einzelheiten dazu sind dem Anhang 1_P-Schein zu entnehmen Die umfassende Anwendung der Vorschriften der BOKraft gilt für die Konzeption dagegen als Ausschlusskriterium. Es verschließt sich allerdings der Sinn, weshalb die BOKraft-Vorschriften bei genehmigungsfreien privaten Mitnahmefahrten nicht gelten, diese aber explizit anwendbar wären, wenn die Mitnahmefahrt in die Organisationsstruktur einer Vertriebsgesellschaft eingebunden ist. Dies gilt im Übrigen analog für die Notwendigkeit des Personenbeförderungsscheins. Über eine begründete Vorlage an das Regierungspräsidium / Ministerium werden soweit erforderlich - Ausnahmegenehmigungen beantragt. Einzelheiten dazu sind dem Anhang 2_BOKraft zu entnehmen. Als Ausschlusskriterium gilt auch die jährliche HU-Pflicht für Personenkraftwagen, die zur gewerblichen Personenbeförderung eingesetzt werden. Auch hiervon wird eine Ausnahmegenehmigung beansprucht, um das Subunternehmermodell praktikabel umsetzen zu können Eine Integration privater Mitnahmefahrten in ein intermodales Mobilitätskonzept ist demzufolge grundsätzlich im Subunternehmermodell rechtlich aufwändig (so dass eine praktische Umsetzung u.U. nicht realistisch erscheint) und grundsätzlich im Vermittlungsmodell finanziell nicht ergiebig genug. Nur das Subunternehmermodell könnte eine praktikable Tarifintegration in den RMV gewährleisten.

Eines besonderen Augenmerks bedarf auch der Versicherungsschutz bei der Integration von privaten Mitnahmefahrten: Wenn auch zwischen dem Anbieter der Mitnahmefahrt und dem Fahrgast kein Vertragsverhältnis zu Stande kommt, so kann es doch beim Beförderungsvorgang selbst zu Vorfällen kommen, die wechselseitige Schadensersatzansprüche auslösen, z.B. durch einen Unfall oder einer Sachbeschädigung. Es sollen weder für den Anbieter einer Mitnahmefahrt zusätzliche Hürden dadurch geschaffen werden, dass er für sein Engagement der Mitnahme Risiken auf sich nehmen muss, noch kann sich ein Fahrgast darum kümmern müssen, dass der Anbieter der Mitnahmefahrt ausreichend versichert ist. Die Vertriebsgesellschaft sollte daher übergreifenden Versicherungsschutz für Haftpflicht- und Unfallschäden versicherungsrechtlich absichern (Globalversicherung).

gewerbliche Mitnahmefahrten Wegen der notwendigen Einzelfallprüfungen werden zunächst nur Mitnahmefahrten von solchen gewerblichen Anbietern einbezogen, die einen mengenmäßig hohen Anteil an Mitnahmeangeboten erwarten lassen. a)

Nutzung von Leer-Rückfahrten im Mietwagenverkehr (mit Personenkraftwagen < 9 Fahrgastplätze) gem. § 49 Abs. 4 PBefG Die Mitnahmen durch genehmigte Mietwagenunternehmer stellen nach der Entscheidung des Regierungspräsidiums, wie die privaten Mitnahmefahrten, eine Auftragsfahrt für den Betreiber des Linienersatzverkehrsdienstes (Odenwaldmobil GmbH) dar. Subunternehmer bedürfen grundsätzlich keiner PBefG-Genehmigung, so dass Mitnahmen sowohl bei Last- als auch bei Leerfahrten möglich sind. Im Zweifel wären diese durch die ohnehin vorhandene Genehmigung nach § 49 Abs. 4 PBefG

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abgedeckt. Die über den Betriebssitz erteilten Fahrtaufträge können – ohne dass eine Rückkehrpflicht gem. § 43 Abs. 4 Satz 3 PBefG entsteht – wahrgenommen werden.

b)

Nutzung folgender Verkehre nach der FreistellungsVO  Beförderung mit Kraftfahrzeugen durch oder für den Schulträger zum und vom Unterricht (freigestellter Schülerverkehr, § 1 Ziffer 4 d VO) Hierbei handelt es sich um Auftragsfahrten des Schulträgers zum zentralen Schwimmunterricht und zur Jugendverkehrsschule und die damit verbundenen Leer-Rückfahrten. Die Genehmigung entsprechender Mitnahmefahrten gem. § 2 Abs. 4 PBefG wird in Aussicht gestellt, insbesondere weil damit öffentliche Verkehrsinteresse verfolgt werden. Genutzt werden dieses Fahrten im Rahmen von „Garantiert mobil!“ als Subunternehmerleistungen, die keiner PBefGGenehmigung bedürfen. Da Auftragnehmer immer Verkehrsunternehmen nach dem PBefG sind, sind die sonstigen Anforderungen hinsichtlich Fahrpersonal und Fahrzeuge erfüllt.  Beförderung von körperlich, geistig oder seelisch behinderten Personen mit Kraftfahrzeugen zu und von Einrichtungen, die der Betreuung dieses Personenkreises dienen, § 1 Ziffer 4 g VO) Für Mitnahmeangebote kommen nur Leerhin- bzw. Leerrückfahrten in Betracht. Als beauftragte Subunternehmerleistungen sind diese PBefG-genehmigungsfrei, allerdings hat der Unternehmer die sonstigen unternehmerischen Voraussetzungen hinsichtlich Fahrpersonal und Fahrzeuge zu erfüllen (Personenbeförderungsschein, BOKraft). Hinsichtlich der eingesetzten Taxi- und Mietwagenunternehmen, die über eine Genehmigung nach §§ 47, 49 PBefG verfügen, ist dies unproblematisch. Bei der Fa. Köhler-Transfer, die umfangreiche Beförderungsleistungen der Integra GmbH und der OREG zur Schule für Praktisch Bildbare erbringt, ist die BOKraft-Pflicht der Fahrzeuge vorgeschrieben, nicht aber das Vorhandensein eines Personenbeförderungsscheins für den Fahrzeugführer.

3.3

Ersatzbeförderung Ersatzbeförderungen werden vom Betreiber des Linienersatzverkehrsdienstes (Odenwaldmobil GmbH) als Subunternehmerleistungen an Unternehmen beauftragt, die eine Taxi- oder Mietwagengenehmigung nach §§ 47 und 49 Abs. 4 PBefG besitzen. Die Ausschreibung dieser Leistungen erfolgt als Rahmenvertrag.

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Anreizentgelte für Mitnahmefahrten Zur Unterstützung von Angeboten für Mitnahmefahrten wird ein finanzieller Anreiz von 10 €Cent je Besetztkilometer gezahlt. Das Entgelt erhalten private und gewerbliche Anbieter von Mitnahmefahrten gleichermaßen. Bei gewerblichen Mitnahmefahrten erfolgt die Vergütung auf der Grundlage einer Rechnung des Anbieters, zzgl. der gesetzlichen Mehrwertsteuer. Bei privaten Anbietern erfolgt die Vergütung brutto für netto. Die Erträge sind jeweils zu versteuern. Im Sinne von Nachhaltigkeit und Innovation und der Förderung bürgerschaftlichen Engagements erfolgen die Entgeltzahlungen an den privaten Anbieter von Mitnahmefahrten nicht unmittelbar. Die Zahlungen werden in Bonuspunkte umgewandelt, die auf dem Kundenkonto im Hintergrundsystem verwaltet werden. Dadurch sind auch Sonderaktionen möglich, die zu Zusatzpunkten führen. Es sollte die Möglichkeit bestehen, die Bonuspunkte gegen Angebote der Vertriebsgesellschaft im Onlineshop einzulösen. Als besonders attraktiv wird die Möglichkeit gesehen, die Bonuspunkte in Wertpapiere der Energiegenossenschaft

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Odenwald eG umzuwandeln, um damit Miteigentümer von Anlagen zur Erzeugung regenerativer Energien zu werden (Motto: „Bürger fahren für Windkraft im Odenwald“). Im Rahmen des Sponsoren-Marketings (Ziff. 6) kann sich das Anreizentgelt für private Mitnahmefahrten erhöhen, wenn die dafür entstehenden Kosten vom Sponsor ausgeglichen werden.

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Tarifmodell Der innovative Kern des Mobilitätskonzepts ist das Tarifmodell. Es wird möglich, über eine gesamte Wegekette unterschiedliche Beförderungsleistungen (intermodal) zu einem einheitlichen Beförderungsentgelt zu nutzen. Die Vertriebsgesellschaft verantwortet den Preis, der dem Kunden bei einem Mobilitätsangebot immer als verbindlicher Höchstpreis benannt wird. Soweit die Beförderungsleistung unter Nutzung fahrplanmäßiger ÖPNV-Angebote oder von Mitnahmeangeboten erbracht wird, ist die tarifliche Bemessungsgrundlage für das Beförderungsentgelt der RMV-Verbundtarif. Sind Ersatzbeförderungen erforderlich, ist zusätzlich zum Grundtarif ein Zuschlagspreis zu entrichten, dessen Höhe sich nach entfernungsabhängigen Klassen staffelt. Eine Kostendeckung ist nur bei einem Ausnutzungsfaktor von 1,2 erreichbar, d.h. jede 5. Fahrt muss mit einem zweiten Fahrgast besetzt sein. Um diesen Bündelungseffekt zu erreichen und die Preisschwelle für den Nutzungszugang niedrig (attraktiv) zu halten, wird im Tarifmodell ein innovatives Rabattsystems hinterlegt. Dabei werden zeitlich gestaffelte Frühbucherrabatte ebenso vorgesehen wie Rabatte für Zubucher auf bereits gebuchte Fahrten. Durch Frühbucher wird erreicht, dass möglichst viele Fahrten längere Zeit im Buchungsportal verfügbar sind, die genutzt werden können. Zu unterstellen ist, dass die Mobilitätsgarantie von 30 Minuten nur im „worst-case-Szenario“ eintritt, wenn ein Kunde bereit ist, den vollen Preis (Grundtarif u. Zuschlag) für die Beförderungsleistung zu bezahlen; dann hat er auch einen Premiumanspruch auf Beförderung. Bei einer erfolgreichen Umsetzung des Preismodells, werden die Kunden sich intensiv um Preisvorteile bemühen. Dies gilt es, strategisch zu kommunizieren. Im Rahmen des Sponsoren-Marketings (Ziff. 6) kann das Beförderungsentgelt für die Ersatzbeförderung gesenkt werden, wenn das dadurch entstehende Defizit vom Sponsor ausgeglichen werden.

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Informations- und Buchungssystem „Garantiert mobil!“-Fahrten sind nur über das Internet buchbar. Dazu ist ein Informations- und Buchungssystem zu entwickeln, das als Internetanwendung und als Applikation für mobile internetfähige Endgeräte zur Verfügung steht. Das Informations- und Buchungssystem schafft Schnittstellen zur elektronischen Fahrplanauskunft und zum Tarifrechenkern im ÖPNV und verknüpft diese Daten mit einer eigenen Datenbank, auf der Mitnahmeangebote registriert sind. Für die einbezogene Relation erhält der Kunde immer ein Fahrtenangebot (im Zweifel eine Ersatzbeförderung) und es wird ihm der jeweilige Preis als der maximale Höchstpreis benannt. Eine Hierarchie des Fahrtenangebotes besteht nicht. Der Kunde kann die Fahrt buchen und über ein Kundenkonto im Voraus bezahlen. Er erzeugt eine Fahrtberechtigung als QR-Code oder als elektronischen Fahrausweis, der auch in weiterführenden Verkehrsmitteln lesbar ist. Eine besondere Vertriebsinfrastruktur in den Fahrzeugen ist nicht erforderlich. Mobile internetfähige Smartphones, die in der Lage sind, Textnachrichten zu senden und zu empfangen, QR-Codes zu lesen und am RMV-E-Ticketing teilzunehmen, sind ausreichend.

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Sponsoren-Marketing Es ist anzustreben, dass das Projekt von namhaften Institutionen, Organisationen und der Wirtschaft unterstützt wird. Diese sollen „mit ihrem guten Namen“ für eine erfolgreiche Etablierung von „Garantiert mobil!“ als ein neues Verständnis öffentlicher Mobilität im Odenwaldkreis sorgen. Abzuschließen sind Sponsorenverträge, in deren Rahmen der Umfang der Sponsorenaktivitäten geregelt wird. Zu unterscheiden sind die Kategorien  Werbeverträge Der Werbepartner zahlt einen jährlichen Beitrag und erhält dafür das Recht, festgelegte Werbung in den Medien der Vertriebsgesellschaft vorzunehmen.  Beteiligungsverträge Mit dem jährlichen Entgelt des Werbepartners wird der Zuschlagspreis für Ersatzbeförderungen subventioniert (s. Ziff. 4). Die Subvention kann dabei pauschal wirken (z.B. der Sponsorenbeitrag der Fa. X reduziert die zu zahlenden Zuschlagspreise um 5 %) oder sich auf den individuellen Rabatt auswirken (z.B. Inhaber einer Clubkarte der Fa. Y erhalten einen Buchungsrabatt von 10 %). Beteiligungsverträge sind auch geeignet, um im Rahmen des betrieblichen Mobilitätsmanagements Mitnahmefahrten (Fahrgemeinschaften) zu fördern. So erhalten Betriebsangehörige der Fa. Z ein Anreizentgelt (s. Ziff. 3) von 20 €Cent statt 10 €Cent, wenn ihr privates Mitnahmeangebot als Beförderungsleistung von der Vertriebsgesellschaft gebucht wird. Die Differenz wird von der Fa. Z ausgeglichen. Im Rahmen des Beteiligungsvertrages sind auch mögliche Anlageformen von Bonuspunkten für Mitnahmefahrten zu regeln, wenn diese in Wertpapiere, Beteiligungen o.ä. bei Anlagen für regenerative Energien transferiert und ggf. vom Werbepartner weiter gefördert werden.

Mögliche Partner eines Sponsoren-Marketings sind         

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Allgemeiner Deutsche Automobil Club ADAC e.V. Sparkasse Odenwaldkreis Volksbank Odenwald eG / Energiegenossenschaft Odenwald eG Gesundheitszentrum Odenwaldkreis GmbH Industrievereinigung Odenwald e.V. Odenwald-Tourismus GmbH Krankenkassen (s. Ziff. 7) Pharmafirmen Klima-Bündnis e.V.

Offenes System Mit den Kernelementen des Mobilitätskonzepts „Garantiert mobil!“ wird eine systemoffene Plattform geschaffen, die es ermöglicht, auf der Anbieterseite weitere Mobilitätsangebote in Form von Mitnahmefahrten zu integrieren, sofern dies nach den gesetzlichen Vorschriften möglich ist oder die Möglichkeiten dazu seitens des Gesetzgebers geschaffen werden. Auf der Nachfrageseite kann „Garantiert mobil!“ auch Beförderungsleistungen abdecken, die gegenwärtig auf anderen Ebenen und in anderen Zuständigkeiten geregelt werden. Ein interessantes Segment, bei dem ein hohes Beförderungspotential aber auch entsprechende Finanzierungsleistungen bestehen, sind die ärztlich verordneten (einfachen) Krankenfahrten gem. SGB V, deren Kosten von der jeweiligen Krankenkasse übernommen werden.

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In ländlichen Räumen wird es zunehmend zum Problem für ältere Menschen, spezifische medizinische Versorgungseinrichtungen (Krankenhäuser, Fachärzte, Reha-Einrichtungen, Apotheken) zu erreichen, die sich vorzugsweise in den Mittelzentren ansiedeln. Da der Arzt immer weniger auf die Ortschaften kommt, müssen diesbezüglich mehr „Gesundheitsfahrten“ organisiert werden, für die im Falle einer ärztlichen Verordnung nach den KrankentransportRichtlinien die Krankenkassen die Kosten übernehmen. Im Rahmen von „Garantiert mobil!“ können derartige Gesundheitsfahrten völlig individuell geplant und organisiert werden. Auf der Grundlage einer Vereinbarung mit der Krankenkasse als Kostenträger wäre das Budget dafür bereitzustellen.

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