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BLICK AUF DIE ASSETKLASSE

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30 JAHRE EHL

30 JAHRE EHL

Stabile Renditen bei hoher Investitionssicherheit

Gesundheitsimmobilien. Während die Assetklasse in Deutschland seit einigen Jahren heiß begehrt ist, führt sie am österreichischen Investmentmarkt noch ein Schattendasein. Nach und nach genießt sie aber immer mehr Aufmerksamkeit.

Autor: Patrick Baldia

Gesundheitsimmobilien haben sich in Deutschland in den letzten Jahren zu einer relevanten Assetklasse gemausert. Vor allem seit Mitte der Zehnerjahre, als innerhalb von kurzer Zeit zuerst die Zwei- und dann die Drei-MilliardenEuro-Grenze geknackt wurde, hat das Investoreninteresse sichtlich zugenommen. Auch die Pandemie konnte diesen Trend nicht aufhalten: Sowohl 2020 als auch 2021 wurden mit 3,4 beziehungsweise 3,76 Milliarden Euro neue RekordTransaktionsvolumen erzielt. Und dass im ersten Quartal 2022 mit 600 Millionen Euro um fast ein Drittel weniger investiert wurde als im Startquartal 2021, ist nur dem Produktmangel und nicht einem Nachfragerückgang geschuldet.

Szenenwechsel nach Österreich. Laut CBRE wurden im Vorjahr hierzulande rund 75 Millionen Euro in Healthcare-Immobilien investiert. Streng genommen handelte es sich ausschließlich um Pflege- und Seniorenheime. Den Besitzer wechselten unter anderem ein

„Wir sehen eine sehr gute und professionelle Nachfrage nach heimischen Pflegeimmobilien – auch seitens internationaler Anleger.“

Georg Fichtinger, CBRE

Pflegeheim in Maria Lanzendorf und ein weiteres in Pernegg an der Mur sowie zwei Seniorenzentren in Seeboden am Millstätter See und in Purkersdorf bei Wien. Auch in Deutschland sind Pflegeheime im langjährigen Durchschnitt die dominante Sub-Assetklasse unter den Gesundheitsimmobilien, wenngleich der Transaktionskuchen dort breiter gefächert ist und betreutes Wohnen, Ärztehäuser sowie Kliniken und Reha-Kliniken eine vergleichsweise größere Rolle spielen.

Seit Anfang 2022 wurde im heimischen Healthcare-Sektor noch keine Transaktion verzeichnet, so CBRE. Wie aus dem Bericht „Pflegeimmobilien in Österreich“ des Immobiliendienstleisters hervorgeht, wurden seit 2015 jährlich um die 30 Millionen Euro in Pflegeobjekte investiert. 2018 waren es sogar nur sechs Millionen Euro. Mit Investitionsvolumina von rund 85 beziehungsweise 130 Millionen Euro stechen nur 2016 und 2020 hervor. Das allerdings nur wegen zweier großer Portfolio-

Deals. „Pflegeimmobilien sind in Österreich noch eine totale Nische“, bringt es Georg Fichtinger, Head of Investment Properties bei CBRE Österreich, auf den Punkt.

Interesse steigt

Selbst wenn Gesundheits- beziehungsweise Pflegeimmobilien noch Nischeninvestments sind, so ist es für Experten nicht zu leugnen, dass das Interesse an der Assetklasse zuletzt merklich zugenommen hat. „Wir sehen eine sehr gute und professionelle Nachfrage nach heimischen Pflegeimmobilien – auch seitens internationaler Anleger“, berichtet Fichtinger. Vor allem letztere würden sich nach größeren Tickets von 15 Millionen Euro oder mehr umsehen, die hierzulande noch schwerer zu finden wären als solche um die zehn Millionen Euro. Aber auch insgesamt ist das Angebot an einschlägigen Immobilien nicht umfangreich und für Franz Pöltl, Geschäftsführer EHL Investment Consulting, der Grund für die normalerweise überschaubaren Investmentumsätze. Was vor allem Pflegeimmobilien so attraktiv macht, liegt auf der Hand. Es sind die zu lukrierenden sicheren und stabilen Renditen bei gleichzeitig hoher Investitionssicherheit. Dahinter steht der maßgebliche Treiber für das mittel- und langfristige Wachstum der dominanten Sub-Assetklasse unter den Gesundheitsimmobilien: die demographische Entwicklung beziehungsweise die sukzessive steigende Lebenserwartung der Bevölkerung. „Pflege ist ein Thema, das uns früher oder später alle beschäftigen wird“, hält Fichtinger fest.

Laut Prognosen der Statistik Austria wird die österreichische Gesamtbevölkerung zwischen 2020 und 2030 um drei Prozent wachsen, die Altersgruppe der ab 80-Jährigen hingegen um 30 Prozent. Über den Betrachtungszeitraum 2020 bis 2040 soll letztere sogar um fast 65 Prozent ansteigen (Gesamtbevölkerung: plus sechs Prozent). 2040 soll sich der Anteil der ab 80-Jährigen an der Gesamtbevölkerung dann auf knapp zehn Prozent belaufen. Mit der steigenden Lebenserwartung wird auch die Zahl der Pflegebedürftigen zunehmen und damit in weiterer Folge auch der Bedarf an stationären Pflegeplätzen. In diesem Zusammenhang spielt sicherlich auch der Anstieg der Ein-Personen-Haushalte oder die zunehmende Vollzeit-Berufstätigkeit unter Frauen eine Rolle, die noch großteils für die Pflege von Angehörigen im häuslichen Bereich verantwortlich sind. Schätzungen zufolge werden in Österreich bis 2030 rund 30.000 zusätzliche Pflegeplätze benötigt, bis 2040 sogar 63.000. Allein bis 2030 würden – bei einer durchschnittlichen Zahl von 86 Plätzen je Objekt – nicht weniger als 350 Pflegeheime benötigt, um diesen Bedarf zu decken, heißt es im CBRE-Report.

Hohe Auslastung

Für die konstant hohe Auslastung von 90 bis 95 Prozent in stationären Pflegeheimen, und damit auch für Investitionssicherheit, sorgt in Österreich auch das Fördersystem. Mithilfe der Einnahmen aus dem laufenden Betrieb sowie

Renditenentwicklungen

5,25 5,00

4,25

3,45 3,20 3,00 5,25 5,00

4,25

3,45 3,20 3,00

„Dass es in Österreich neun unterschiedliche regulatorische Rahmenbedingungen gibt, stellt für viele Investoren durchaus eine Herausforderung dar.“

Franz Pöltl, EHL Investment Consulting

öffentlichen Förderungen begleichen die Betreiber die Pachtzahlungen an die Eigentümer. Im Falle einer Insolvenz würde entweder ein anderer Betreiber einspringen oder das Land beziehungsweise die Gemeinde übernehmen. Die Pflegebedürftigen zahlen die Heimkosten wiederum mithilfe ihrer Pensionen (bis zu 80 Prozent), sonstigen Einkommen und dem staatlichen Pflegegeld. Sollte das nicht ausreichen, kommt der Staat für den fehlenden Betrag auf.

Für Pöltl sind auch gewisse Herausforderungen, die mit Investments in Pflegeimmobilien verbunden sind, nicht zu leugnen. Dazu zählt sicherlich, dass die Pflege in Österreich Ländersache ist, was neun unterschiedliche regulatorische Rahmenbedingungen bedeutet. „Eine weitere Herausforderung für viele Investoren ist, dass die Betreiber oft bonitätsmäßig schwer zu beurteilen sind und es noch wenig etablierte Ketten mit starkem Rating, wie beispielsweise im Hotelbereich, gibt“, erklärt der EHL-Experte. Ein weiteres Problem, das sich in Zukunft noch verschärfen könnte: akuter Personalmangel.

Zu den relevanten Playern im Bereich Seniorenimmobilien im deutschsprachigen Raum hat sich in den letzten Jahren die Bank Gutmann entwickelt. Die Wiener Privatbank hat die Assetklasse 2005 für sich entdeckt und seitdem ein Transaktionsvolumen von mehr als einer Milliarde Euro bewegt. Aktuell werden für institutionelle Investoren und Family Offices drei Gesellschaften verwaltet, die in Österreich und Deutschland Pflegeimmobilien halten. Ein weiterer ausfinanzierter Alternative Investment Fonds (Startkapital: 50 Millionen Euro) mit Seniorenimmobilien, betreutem Wohnen und Schwerpunkt Deutschland startet im Juli.

Intensive Diskussionen

„Als wir 2005 begonnen haben, war nicht allen institutionellen Anlegern klar, dass Pflegeeinrichtungen gute Investments sind, die sich sehr gut als Ergänzung für ein Portfolio mit anderen Immobilienarten eignen“, so Adolf Hengstschläger, CFO der Bank Gutmann. Er erinnert sich an „sehr intensive“ Diskussionen im Aufsichtsrat darüber, ob diese Investments Sinn machen. Mit der Zeit sei dann das Vertrauen gestiegen und die dahinterstehende Systematik besser verstanden worden. „Überzeugungsarbeit“ dürften wohl auch die guten Renditen geleistet haben. Diese lagen laut Hengstschläger im Durchschnitt um 400 Basispunkte über jenen von Anleihen. Pflegeimmobilien hätten aber auch aus einem weiteren Grund an Bedeutung gewonnen: der Tatsache,

„Pflegeheime haben auch an Bedeutung gewonnen, weil nachhaltige und soziale Investments einen immer größeren Stellenwert einnehmen.“

Adolf Hengstschläger, Bank Gutmann

dass nachhaltige und soziale Investments einen immer größeren Stellenwert einnehmen.

Wie groß muss ein Objekt mindestens sein, damit es sich rechnet? Für Hengstschläger ist das immer etwas von der Lage abhängig. „Aber die Erfahrung der letzten 16 Jahre hat gezeigt, dass die Untergrenze bei rund 80 Betten liegt“, erklärt er. Die meisten klassischen Pflegeeinrichtungen hätten 100 bis 120 Betten. Und im städtischen Raum wären die Kapazitäten teilweise noch größer. In einigen Großstädten im deutschsprachigen Raum gehe es auch in Richtung 200 Betten und mehr. Nachsatz von Hengstschläger: „In solchen Fällen muss man darauf achten, dass so ein Haus nicht nur in betriebswirtschaftlicher, sondern auch in menschlicher und atmosphärischer Hinsicht attraktiv wirkt.“

Investmentmarkt in Mio. Euro

130

83

42

32 34

28

6

2015 2016 2017 2018 2019 2020 *Juli 2021

* Zahl der Pflegeheim-Transaktionen für das Gesamtjahr 2021 nicht verfügbar.

Hintergrund

Aktuell gibt es laut der CBRE-Studie „Pflegeimmobilien in Österreich“ in der Alpenrepublik mehr als 900 Pflegeheime mit knapp 80.000 Betten. Davon werden 38 Prozent von der öffentlichen Hand, 32 Prozent von gemeinnützigen Vereinen und Organisationen und 30 Prozent von privaten Betreibern geführt. Die meisten Pflegeheime gibt es in Ostösterreich, wo auch der Pflegebedarf am größten ist und in den kommenden 20 Jahren am schnellsten wachsen wird. Laut der CBRE-Analyse werden 2030 in ganz Österreich um rund 30.000 Pflegebetten mehr benötigt als heute, im Jahr 2040 dann rund 63.000. Für die SubAssetklasse Pflegeimmobilien sprechen die sicheren und stabilen Renditen von rund fünf Prozent bei hoher Investitionssicherheit. Die Auslastung liegt konstant bei 90 bis 95 Prozent.

Kennzahlenvergleich zwischen den Regionen

Ostregion Südregion Region Nordwest Westregion Österreich

Pflegeheime/100.000 Einwohner | 2021 Pflegebetten/100.000 Einwohner | 2021 7,4 780 14,5 1.150 10,3 830 12,9 800 10,2 870

Zusätzlich benötigte Pflegebetten bis 2030 | bis 2040 11.800 | 24.300 8.000 |16.500 6.600 | 13.700 3.600 | 7.500 30.000 | 62.000

Wachstum der Bevölkerung ab 80 Jahren 2020 – 2030 | 2020 – 2040 32 % | 74 % 25 % | 60 % 29 % | 70 % 35 % | 72 % 30 % | 64 %

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