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PATIENT ZERO?

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30 JAHRE EHL

30 JAHRE EHL

Inflation. Keine Sorge, liebe Leser, es kommt jetzt kein Artikel über die Covid-Pandemie, ich ersuche Sie also, vorerst weiterzulesen.

Autor: Christian Janisch

Ich werde nämlich nur den Begriff des Patient Zero bewusst entführen, und ihn mit den klimatischen Veränderungen im Pannonischen Raum in Verbindung bringen, wie Sie erkennen werden. Ich darf Sie daher einladen, mir bei dieser „Entführung“ zu folgen.

Klimatologen haben bereits vor Jahrzehnten vorausgesagt beziehungsweise vielmehr wissenschaftlich belegt, dass der Großraum rund um den Neusiedler See die Folgen der Erderhitzung als erste Region in Österreich und sogar in ganz Zentraleuropa knallhart zu spüren bekommen wird.

Aufgrund der Tatsache, dass eine Steppenlandschaft grundsätzlich klimatologisch äußerst labil ist, führen Veränderungen von Temperatur und Niederschlag rasch zu gravierenden Veränderungen in Fauna und Flora.

Nun, die Wissenschaft hat recht behalten und Sie können mittlerweile die dramatische Situation rund um den Neusiedler See in sämtlichen Medien mitverfolgen.

Fieberhaft laufen Bemühungen, der Lage Herr zu werden – von Wasserzuleitungen zum See und vor allem im Seewinkel ist zu lesen. Auch werden schon die ersten Sündenböcke für den Wassermangel in der Region ausgemacht – die Bewässerung in der Land- und Weinwirtschaft wird bereits ins Visier genommen, dies aber eher emotional als fachlich belegt. Hier taucht dann wieder das Synonym des Patient Zero auf – niemand von den Entscheidungsträgern weiß so recht, wo man anfangen soll.

Fakt scheint zu sein, dass es trotz aller Bestrebungen unserer technologiegetriebenen Generation aber nicht gelingen wird, die negativen Auswirkungen des Temperaturanstieges zur Gänze zu verhindern beziehungsweise mit in Wahrheit noch gar nicht bekannten Maßnahmen zu kompensieren.

Die Menschen werden also nicht darum herumkommen, sich an die neuen Situationen ganz einfach auch anzupassen, wenn sie in diesem Lebensraum weiterhin bleiben und leben wollen.

Anpassen bedeutet aber auch, dass unter Umständen der eine oder andere Landstrich in eine kritische Schieflage kommen wird, und größere Transformationen nicht ausbleiben können.

Viele von uns haben bereits in der Arbeitswelt eine große Transformation erlebt, die vor kurzem noch vor allem bei der älteren Generation, zu der ich mich zähle, für denkunmöglich gehalten wurde – das mobile Arbeiten.

Klar, noch weiß auch die Wissenschaft zu wenig über die langfristigen Effekte dieser neuen Arbeitsform, aber vieles deutet darauf hin, dass die

Angst vor dem Homeoffice, bei wohl dosierter Anwendung, eher unbegründet war.

Lassen Sie mich nach dem Abstecher zum mobilen Arbeiten nunmehr den Bogen in eine in Österreich doch noch neue Wohnwelt spannen, nämlich in die Welt des mobilen Wohnens.

Vor kurzem wurde im ORF über eine jüngere Dame berichtet, die aus privaten Gründen ihre Wohnung verlassen hat und kurzerhand in ihr Wohnmobil übersiedelt ist. Die Dame, die definitiv keine Aussteigerin im klassischen Sinne ist, berichtete über ein vollkommen neues und positives Lebensgefühl, das sie erfahren hat.

Ich möchte da jetzt nicht so weit gehen und das Übersiedeln in ein Wohnmobil als die kommende Lebensform bezeichnen, aber ein mobiles Wohnen wird in Anbetracht der klimatischen Veränderungen in Teilen der Welt möglicherweise künftig erforderlich sein. Ich denke, dass wir uns davor absolut nicht fürchten müssen, auch wenn es selbstverständlich um gravierende Veränderungen geht.

Für die Immobilienwelt bedeutet das, dass es zu einer echten Angebotsentwicklung kommen wird, die weit über die Schaffung romantischer Abenteuer hinausgeht ¬ denn die Nachfrage für mobiles Wohnen wird es definitiv geben.

Auch für Grundstückseigentümer wird sich mit Sicherheit ein neues Geschäftsfeld auftun. Gute und womöglich autarke Standorte für mobile Wohneinheiten werden gefragt sein.

Ich darf Ihnen trotz meiner Zugehörigkeit zur älteren Generation zum Schluss noch mitteilen, dass ich mich vor diesen möglicherweise anstehenden Veränderungen eigentlich nicht fürchte.

Stv. Dir. Christian Janisch

Groß geworden bin ich in einer Zeit, als das Lebensmotto lautete, „macht euch die Welt untertan“ – und genauso hat dann auch meine Generation ohne Rücksicht auf Natur und Umwelt mit Vollgas gelebt. In der Immobilienwelt war Nachhaltigkeit nicht im Entferntesten ein Thema – in Wahrheit ist sie es auch heute noch immer nicht wirklich. Auch ich habe bis dato nicht viel zu einer besseren Welt beigetragen – ich befürchte, dass ich mit meinen 57 Jahren meinen persönlichen Earth Overshoot Day schon längst überschritten habe. Ich ersuche die junge Generation vor allem für die letzten 30 Jahre um Entschuldigung, denn so lange wissen wir ehrlicherweise, dass wir so nicht weiterleben dürfen.

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