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DAS COMEBACK EINES ALTEN BEKANNTEN
S Immo. Nach fünfjähriger Pause ist Bruno Ettenauer an die Spitze eines börsennotierten Immobilienkonzerns zurückgekehrt. Ein Rück- und Ausblick.
Autor: Patrick Baldia
Der 15. März 2021 wird für nicht wenige Aktionäre der S Immo so etwas wie eine Zäsur gewesen sein. An diesem Tag hat mit Bruno Ettenauer ein neuer CEO das Ruder bei der heimischen Immobiliengesellschaft übernommen. Das am 30. Juni dieses Jahres auslaufende Vorstandsmandat von Gründungsvater Ernst Vejdovszky, der mehr als drei Jahrzehnte die Unternehmensgeschichte prägte – davon zwei als Vorstand –, wurde bekanntlich bei der Hauptversammlung im Herbst auf Bestreben des Großaktionärs Immofinanz nicht verlängert. Unterstützt wird Ettenauer im Übrigen vom neuen CIO Herwig Teufelsdorfer und von COO Friedrich Wachernig, dessen Mandat um drei weitere Jahre verlängert wurde.
Mit seinem Vorgänger hat Ettenauer etliche Gemeinsamkeiten. Wie auch Vejdovszky genießt er in Aktionärskreisen – vor allem unter Kleinanlegern – hohes Ansehen. Beide sind erfahrene Immobilienprofis mit starken langjährigen Track Records. Und beide hatten so ihre Probleme mit gewissen Großaktionären. Zur Erinnerung: Offiziell schied der damalige CEO Ettenauer Ende 2015 „im gegenseitigen Einvernehmen“ aus der CA Immo aus, obwohl er erst im Frühjahr seinen Vertrag um drei Jahre verlängert hatte. Der Hintergrund: Dmitry Mints, Vorstand der O1 Group und stellvertretender Aufsichtsrat der CA Immo, soll sich wiederholt ins operative Geschäft eingemischt haben.
Aufbruch nach Deutschland
Eng mit Ettenauers Namen verbunden ist der Aufbruch nach Deutschland – damals bekanntlich noch nicht der unumstrittene „Place to be“ für Immobilieninvestoren. Mit dem Kauf der Vivico Real Estate, die mit dem Ziel gegründet wurde, ehemalige Liegenschaften der Deutschen Bahn zu verwerten, für etwas mehr als 1 Milliarde Euro sicherte sich die CA Immo mit einem Schlag ein Top-Portfolio an Liegenschaften in den besten innerstädtischen Lagen in den wichtigsten deutschen Großstädten. So konnten wichtige Stadtquartiersentwicklungen wie beispielsweise die Europacity im Herzen Berlins, direkt beim Hauptbahnhof, umgesetzt werden.
Von dem Deal, ebenso wie von der Entscheidung, mit dem Erwerb der omniCon Gruppe 2008 ins Development Geschäft einzusteigen, profitiert die CA Immo noch heute: Anders als die Konkurrenz, die in Deutschland auf teure Zukäufe angewiesen ist, um zu wachsen, kann sie bei ihren Entwicklungsprojekten attraktive Renditen auf die Herstellungskosten erzielen. Gleichzeitig wurde die CA Immo zu einem ernstzunehmenden Player am deutschen Immobilienmarkt. Dank des Vivico-Kaufs wuchs ihr Immobilienvermögen mit einem Schlag um mehr als 40 Prozent auf 3,4 Milliarden Euro. „Bei unserem Einstieg wollten wir gleich klotzen nicht kleckern“, meinte Ettenauer 2014 in einem Exklusiv-Interview mit dem ImmoFokus.
Im selben Gespräch räumte Ettenauer aber ein, dass die Entscheidung, nach Deutschland zu gehen, nicht unumstritten gewesen sei. „Im Nachhinein ist es immer leicht zu sagen: Der Weg war richtig.“ Es sei nämlich nicht absehbar gewesen, wie sich Deutschland entwickeln würde. Klar sei hingegen gewesen, dass es keinen Sinn mache, weiter Geld in den CEE-Raum zu schicken. Zu Erinnerung: Mitte der Nullerjahre hatten die Preise in vielen osteuropäischen Metropolen angesichts der boomenden Investorennachfrage bedenkliche Höhen erreicht.
Nachhaltigkeits-Pionier Ettenauer
Als ÖGNI-Gründungsmitglied gilt Ettenauer aber auch als Pionier in Sachen nachhaltige Immobilienwirtschaft. Damals sei diesbezüglich ein sehr starker Impuls aus Deutschland gekommen, der vor allem von den wesentlichen internationalen Investoren getrieben worden sei. Nachhaltige Immobilienbewirtschaftung sei eine permanente Aufgabe. Es gelte nicht nur die Herstellung, sondern auch den Betrieb nachhaltig hinzukriegen. Auch aus ökonomischen Überlegungen. „In Zukunft wird sich die Frage stellen, ob man ohne Zertifizierung überhaupt vermieten kann. Es wird Grundvoraussetzung – nicht nur fürs Vermieten sondern auch fürs Verkaufen.“ Nach seinem Ausscheiden bei der CA Immo hat Ettenauer Ende 2016 als Senior Consultant bei der PEMA Gruppe angeheuert. Fünf Jahre lang unterstützte er die Tiroler Immobiliengesellschaft dabei, sich in Wien noch besser zu positionieren und neue Geschäftsfelder zu erschließen. Bei der Bekanntgabe von Ettenauers Wechsel zur S Immo sprach PEMA-CEO Markus Schafferer rückblickend von „einer großartigen und vertrauensvollen Zusammenarbeit“. Auch während der fünf Jahre bei der PEMA blieb er jedenfalls Aufsichtsratsmitglied bei mehreren Firmen. Aktuell gehören dazu die Bank Austria Real Invest Immobilien-Kapitalanlage, die Bank Austria Real Invest Immobilien-Management, die COVID-19 Finanzierungsagentur des Bundes und die KA Finanz.
Wie schaut die Ausgangslage für Ettenauer bei der S Immo aus? Dank ihres Portfolios mit klarem Fokus auf Büro- und Wohnimmobilien (70 Prozent) ist das Unternehmen bislang ganz gut durch die Coronakrise gesteuert. Unter Letzterer hat großteils der Hotel- (10 Prozent) und der Retail-Bereich (20 Prozent) gelitten. Mit vielen Baustellen wird es der neue CEO also nicht zu tun bekommen. Denn das Management der S Immo hat in der Vergangenheit sehr viel richtig gemacht, was der langjährige Track Record bzw. die Strategie mit Fokus auf die Kernmärkte Deutschland und Österreich (Anteil am Bestandsportfolio: 67 Prozent) sowie gezielten Investitionen in wichtigen CEEHauptstädten (33 Prozent) bestätigt.
Nullerjahre: Bukarest teurer als Berlin
Auch das Management der S Immo erkannte in den Nullerjahren früh, dass die CEE-Märkte zu heiß gelaufen waren, und entschied sich ebenfalls, den Schritt nach Deutschland zu wagen. „Ein Büro kostete damals in Bukarest mehr als in Berlin – und das auch noch bei schlechterer Qualität“, erinnert sich Vejdovszky in einem Gespräch mit dem ImmoFokus. Der Anfang wurde 2005 in Hamburg gesetzt, 2006 folgte der Einstieg in Berlin. Als die Preise auch in der deutschen Hauptstadt rasant stiegen, wich man in ostdeutsche Sekundärstädte wie Leipzig, Magdeburg, Halle, Erfurt und Rostock aus. Schließlich punkteten auch diese Städte in der zweiten Reihe mit einer positiven wirtschaftlichen und demographischen Dynamik bei einer entsprechenden Größe.
Eine langfristige Perspektive bieten die Grundstücksreserven mit ganz unterschiedlichen Widmungen im Speckgürtel von Berlin, die die S Immo ab 2018 begonnen hat, aufzubauen. Der Hintergedanke des Managements: Der Berliner Speckgürtel könnte sich angesichts der boomenden Immobilienmärkte in der Hauptstadt ähnlich stark entwickeln wie der Wiener. Und: Gelingt es auch nur, die Hälfte der Flächen zu entwickeln, so wäre das Wertsteigerungspotenzial beträchtlich.
„Positiv zu erwähnen ist, dass die S Immo ein erfahrenes und starkes Management gefunden hat und somit die Lücke, die durch den Abschied von Ernst Vejdovszky hätte entstehen können, vorzeitig schließen konnte“, so Christoph Schultes, Analyst bei der Erste Group, gegenüber dem ImmoFokus. Seiner Einschätzung nach wird der Fokus heuer eindeutig darauf liegen, die Auswirkungen der Pandemie möglichst gering zu halten, was im Hotelgeschäft am schwierigsten werden dürfte. Eine wesentliche Änderung der Strategie erwarte er nicht. „Das große Fragezeichen ist natürlich der neue Hauptaktionär Aggregate bzw. die Pläne, die dieser schmiedet“, bringt es Schultes auf den Punkt.
Langweilig dürfte dem neuen CEO der S Immo also nicht werden. Das unterstrich auch das erste „Einstandsgeschenk“ der Immofinanz, das rein zufällig am Abend vor Ettenauers offiziellem Amtsantritt per Aussendung einging: Die Ankündigung, ein freiwilliges Übernahmeangebot für die S Immo – konkret in der Höhe von 18,04 Euro pro Aktie – zu legen. Beim Interessenverband der Anleger (IVA) sprach man von einem „schwachen Angebot“. „Offenbar möchte der Immofinanz-CEO Ronny Pecik im Spiel bleiben“, so IVA-Vorstand Verena Brauner.
Zur Person
Nachdem der studierte Jurist Bruno Ettenauer einige Jahre im Bereich Immobilien und Hypothekenfinanzierung - unter anderem bei der P.S.K. Bank, der Österreichischen Länderbank und im Bankhaus Feichtner - tätig war, heuerte er 1999 bei der Creditanstalt an. Im November 2000 wurde er zum Bereichsvorstand des österreichischen und zentralosteuropäischen Immobiliengeschäfts ernannt. Zwischen 2006 und 2015 saß Ettenauer im Vorstand der CA Immo - ab 2009 als Vorsitzender des Vorstands. Nach seinem „einvernehmlichen Ausscheiden“ bei der CA Immo war er fünf Jahre bei der PEMA Holding als Senior Consultant tätig. Anfang März wurde der erfahrene Immobilienexperte als neuer CEO der S Immo bekanntgegeben. Am 15. März begann sein dreijähriges Mandat.