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Der Sog der Depression – Depression aus Sicht der Angehörigen Eva Straub Bundesverband der Angehörigen psychisch Kranker (BApK)
1. Deutscher Patientenkongress Depression für Betroffene und Angehörige 2. Oktober 2011 - Leipzig Als Leitmotiv stelle ich dem Vortrag voran: Angehörige sind gerade für depressive Menschen unentbehrliche Begleiter. Sie sind ihnen emotional wie räumlich nahe, haben Unterstützungsmöglichkeiten wie kein anderer und den tiefen Wunsch, sie zu nutzen. Aber: Sie brauchen selber Begleitung dabei. Auch sie brauchen ein verständnisvolles Umfeld und informationsbereite, professionelle Partner. Ich könnte hinzufügen, sie brauchen Partner, die sich dieser Verantwortung bewusst sind und sich ihr stellen. Geht das je wieder vorbei? Anfangs meinen alle, das geht vorbei! Die Arbeit war so anstrengend in den letzten Wochen, darum ist der Partner so fertig, oder der Krach mit dem Freund belastet die Tochter noch immer. Dann aber, irgendwann, nach Wochen, fühlen die Angehörigen: das sprengt das Übliche, sprengt das, was man schlechte Laune, schlechte Stimmung, Überarbeitung, Revolte kennt. So hat sich unser Kind, unsere Mutter, der Vater oder die Schwester, der Bruder, der Partner noch nie benommen. Das Sich-Abschotten und dann wieder die gereizten Ausbrüche gingen schnell wieder vorbei. Und jetzt? Wie ein Karussell dreht sich’s im Kopf: „Will er nicht oder kann er nicht?“ Wer beantwortet dem Angehörigen diese Frage? Derjenige, der sie beantworten könnte, ist krankheitsbedingt nicht dazu in der Lage. Die, die dazu in der Lage wären, erkennen die Notwendigkeit nicht oder verstecken sich hinter der Schweigepflicht. Dabei ist diese Frage so fatal. Kommt der Angehörige zu der Überzeugung, der Betroffene will nicht, ergeben sich Konsequenzen, die ihm womöglich schaden. Krankheitswissen gepaart mit Erfahrung ist die einzige Grundlage für hilfreiches Helfen.