11 minute read

2.2 Anlagenstruktur

Next Article
5.4 Förderung

5.4 Förderung

Grundsätze – Leitbild

Die der Trinkwasserversorgung dienenden Anlagen und Anlagenbestandteile müssen den allgemein anerkannten Regeln der Technik entsprechen und eine langfristig sichere und bezahlbare Trinkwasserversorgung gewährleisten.

Die erforderlichen Investitionen zum nachhaltigen Erhalt der Substanz bzw. Funktionalität und die notwendige Anpassung an demografische Veränderungen sowie die Folgen des Klimawandels müssen in qualifizierten Investitions- und Anpassungsstrategien der Wasserversorgungsunternehmen abgebildet sein.

Ziele – Umsetzungsstrategie

Unter Beachtung der klimatischen Veränderungen, der demografischen und wirtschaftlichen Entwicklung der Ballungsräume und der ländlichen Regionen, der gewachsenen Altersstruktur der Anlagen und Netze sowie deren technischer Restnutzungsdauer, sind die Anpassungsbedarfe und die notwendigen Investitionen der Wasserversorgungsinfrastruktur zu ermitteln und umzusetzen sowie bei der Gebühren- und Entgeltgestaltung zu berücksichtigen.

Der Zustand der Anlagen ist objektiv und transparent zu ermitteln.

Von den Aufgabenträgern ist ein nachhaltiges Asset-Management umzusetzen mit dem Ziel, durch den Einsatz moderner Methoden und Technologien nachfolgenden Generationen eine gut funktionierende Wasserversorgungsinfrastruktur ohne Instandhaltungs- und Investitionsstau zu übergeben. Die Zunahme von ausgeprägten Trockenperioden verursacht langanhaltende Spitzen beim Wasserbedarf und führt infolge zu einer verstärkten Auslastung der Anlagen und Netze an den Kapazitätsgrenzen. Die Zeiträume für Erneuerungs- und Instandhaltungsmaßnahmen verkürzen sich. Diesem Umstand ist bei konkreten Maßnahmeplanungen Rechnung zu tragen.

Zur Sicherung der Daseinsvorsorge ist den erforderlichen Anpassungs-, Erneuerungs- und Instandhaltungsmaßnahmen die gebotene Priorität auch im Vergleich mit anderen kommunalen Infrastrukturmaßnahmen zuzuweisen.

Das Erfordernis von Anpassungs-, Erneuerungs- und Instandhaltungsmaßnahmen ist im Rahmen der Wasserversorgungskonzepte auszuweisen, sodass eine behördliche Begleitung der notwendigen Sanierungsstrategien und Maßnahmen rechtzeitig abgestimmt bzw. eingeleitet werden kann.

Die Erfassung, Speicherung und Pflege der Fachdaten in der WAVE-Datenbank ist zu aktivieren, sodass die Kennzahlen der Wasserversorgung aktuell und vollständig zur Darstellung des Ist-Zustandes und der Planung der Wasserversorgung abgerufen und ausgewertet werden können.

IST-Zustand – Status quo

Neben den unternehmensorganisatorischen Veränderungen wurde seit 1990 auch die Anlagenstruktur der öffentlichen Wasserversorgung im Freistaat Sachsen maßgeblichen Veränderungen unterzogen. Die umfangreichen Investitionen in die technische Infrastruktur dienten dabei vorrangig der Sicherstellung der Trinkwasserbereitstellung, der Erhöhung des Anschlussgrades, der Ablösung von Hausbrunnen, der Reduzierung von Wasserverlusten sowie der Erhöhung der Versorgungssicherheit. Zunehmend sind durch die Träger der öffentlichen Wasserversorgung aber auch Fragen der gesamtwirtschaftlichen Kostenminimierung zu berücksichtigen.

Im Zeitraum 1991 – 2008 wurden im Freistaat Sachsen rund 0,8 Milliarden Euro Fördermittel für die Wasserversorgung ausgereicht und damit Investitionen in die Wasserversorgungsinfrastruktur in Höhe von rund 1,4 Milliarden Euro ermöglicht. In diesem Kontext wurden unwirtschaftliche, infolge des Bedarfsrückganges nicht mehr benötigte oder aus Beschaffenheitsgründen nicht mehr nutzbare Anlagen stillgelegt.

Die Anzahl der in das Trinkwasserversorgungsnetz einspeisenden Trinkwasserversorgungsanlagen (Bilanzanlagen) hat sich von rund 1.500 Anlagen im Jahr 1991 auf 309 Anlagen im Jahr 2016 reduziert33 . Die Abbildung 2-2 zeigt, dass sich dieser Prozess in den letzten Jahren deutlich verlangsamt hat. Dagegen unterliegt die Wasserabgabe an Letztverbraucher bereits seit der Jahrtausendwende nur noch geringen Veränderungen, sodass mit immer weniger Anlagen die gleiche Menge Trinkwasser an die Bevölkerung abgegeben wird.34 Aktuell liegt die Anzahl der bilanzwirksamen WVA bei 288 Anlagen, denen 364 Gewinnungsanlagen zugeordnet werden.35

Abbildung 2-2: Entwicklung der bilanzwirksamen Versorgungsanlagen und der Wasserabgabe an Letztverbraucher im Freistaat Sachsen

350 1502

300

250

200

150

100

50

0

1991 672 551 473

355 309

1998 2001 2004 2008 2016 1610

1380

1150

920

690

460

230

Anzahl

0

Anzahl der Bilanzanlagen Während im Landesdirektionsbereich Chemnitz eine vergleichsweise hohe Anzahl kleinerer Bilanzanlagen mit geringer Kapazität (hier insbesondere im Erzgebirgskreis) versorgungswirksam sind, dominieren im Landesdirektionsbereich Leipzig die größeren Anlagen. Im Landesdirektionsbereich Dresden ist die Anzahl größerer und kleinerer Anlagen ausgeglichen.36

Die Anzahl der Anlagen mit Beanstandungen bezüglich trinkwasserhygienischer Parameter ist seit 1990 erheblich zurückgegangen, der Anteil der zeitweise von Grenzwertüberschreitungen im Trinkwasser betroffenen Bevölkerung ist mit einem Prozent sehr gering – weitere Ausführungen dazu im Kapitel 4.2.

Angaben zum Anlagenbestand und zur Rohwasserüberwachung und -qualität wurden im Rahmen der Status quo-Abfrage 2017 bei den Aufgabenträgern der öffentlichen Wasserversorgung erhoben. Eine Auswertung dieser Daten beinhalten Kapitel 5.1 und 5.2 des Status quo-Berichtes.

Anmerkung: Aufgrund fehlender bzw. unvollständiger Dateneingabe in die Fachanwendung des Datenbankprojektes „Planung/Abrechnung der öffentlichen Wasserversorgung im Freistaat Sachsen“ (WAVE) ist eine Darstellung und Auswertung der aktuellen Struktur der WVA (Gewinnungsanlagen, Bilanzanlagen), deren Kapazitäten, Entnahme- und Abgabemengen sowie sonstiger Anlagen (Anzahl/Kapazitäten Speicher, Anzahl/Leistung Pumpwerke etc.) und Verteilungsnetz (Längen) analog der Grundsatzkonzeption 2020 nicht möglich. Die vorgenommenen Auswertungen in diesem Kapitel basieren auf mehreren Datenquellen, die alternativ verwendet wurden.

Anlagenzustand

Die technische Infrastruktur im Freistaat Sachsen weist auch in der Wasserversorgung einen unverändert hohen Investitionsbedarf auf. Grund dafür sind immer noch existierende technische Mängel aus der Vergangenheit ebenso wie ein hohes Anlagenal-

33 Sächsisches Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie. (2020). Stand der Wasserversorgung im Freistaat Sachsen 34 Statistisches Landesamt des Freistaates Sachsen. (2009, 2018). Statistischer Bericht Öffentliche Wasserversorgung und Abwasserentsorgung im Freistaat Sachsen Q I 1 – 3j/07 2007 und Aktualisierung 2016 35 Landesdirektion Sachsen. (2019) 36 Sächsisches Staatsministerium für Energie, Klimaschutz, Umwelt und Landwirtschaft. (2012)

ter. Technische Mängel aus Zeiten vor 1990 sind mehrheitlich im Trinkwasserversorgungsnetz zu finden, beispielhaft sei auf den noch vorhandenen Anteil an Asbestzementleitungen verwiesen. Wasseraufbereitungsanlagen sind mehrheitlich Anfang der 1990er Jahre saniert und zu großen Teilen neu gebaut worden. Damit haben sie ein Alter von circa 30 Jahren erreicht, was dazu führt, dass Reinvestitionen erforderlich werden und teilweise wieder ein Sanierungs- und Investitionsstau zu verzeichnen ist.

Das Wasserversorgungsnetz im Freistaat Sachsen weist aktuell eine mittlere Schadensrate mit leicht steigender Tendenz auf. Die Bandbreite reicht dabei von 8 bis 22 Schäden je 100 km Leitungslänge.37 Grund dafür sind länger andauernde Hitze- und Trockenperioden (sog. „Sommerfrost“), die zu Schäden am Leitungsnetz führen. Dennoch liegen die Wasserverluste bei den Aufgabenträgern, die am Kennzahlenvergleich teilnehmen, mit durchschnittlich 0,07 m³ je km Rohrnetzlänge in der Stunde noch im geringen bis mittleren Bereich. Die seit den 1990er Jahren getätigten Investitionen ins Rohrnetz haben eine gute Grundlage für den hohen Grad der Versorgungssicherheit im Freistaat Sachsen geschaffen.

Um den Zustand der Anlagen objektiv und transparent zu ermitteln, empfiehlt sich die Erarbeitung eines Kriterienkataloges. Dazu können u. a. die Kennzahlen des Benchmarkings genutzt und weiterentwickelt werden.

Anlagenauslastung

Die Wassergewinnungs-, Wasseraufbereitungs- und Speicheranlagen wurden ebenso wie das Verteilnetz in den 1990er Jahren für höhere Bevölkerungszahlen und eine dynamisch steigende Bevölkerungsentwicklung konzipiert, dimensioniert und gebaut. Da die prognostizierten Entwicklungen hinsichtlich Bevölkerungswachstum und Trinkwasserbedarf nicht eintraten, bestehen vielerorts Überkapazitäten. Diese erschweren für die Aufgabenträger den wirtschaftlichen Normalbetrieb, ermöglichen ihnen aber auch die Aufrechterhaltung der Trinkwasserversorgung unter extremen Bedingungen, wie beispielsweise während langanhaltender Dürreperioden. Der entscheidende Parameter ist dabei die maximale Auslastung der Anlagen, die sich an den Verbrauchsspitzen orientiert. In Dürrejahren ist eine deutliche Erhöhung der maximalen Auslastung im Vergleich zu normalen Betrachtungsjahren zu verzeichnen.

In Auswertung der Status quo-Abfrage ist die Anlagenauslastung im Durchschnitt zufriedenstellend. Die Situation im Freistaat ist jedoch heterogen und es gibt neben den Überkapazitäten auch vereinzelt Anlagen, die auslastungstechnisch an Spitzentagen an die Grenzen geraten. Hier muss im Hinblick auf regionale Dargebotsentwicklungen nachgesteuert werden.

Investitionsbedarf

Um die Substanz und die Funktionalität wasserwirtschaftlicher Anlagen zu erhalten, müssen die Aufgabenträger fortlaufend in die von ihnen betriebene technische Infrastruktur investieren. Der Erhalt von Substanz und Funktionalität ist die Grundlage für die Zukunftsfähigkeit der Anlagen und Netze.

Im Freistaat Sachsen ist die Investitionsquote bei den Unternehmen, die am letzten Kennzahlenvergleich teilgenommen haben, kontinuierlich von 0,6 im Jahr 2013 bis auf 1,1 im Jahr 2018 gestiegen. Allerdings erfordert die Beseitigung von technischen Mängeln aus der Zeit der DDR und die anstehenden grundhaften Instandsetzungen der Anlagen aus den 1990er Jahren einen Investitionsanteil, der zumeist höher ist als die Abschreibungsquote. Eine höhere Investitionsquote (Wert der Gesamtinvestition des Betrachtungsjahres im Verhältnis zu den getätigten jährlichen Abschreibungen) führt zu dem Problem, dass eine reine Innenfinanzierung aus Abschreibungen, die zunächst erwirtschaftet werden müssen, in der Regel nicht ausreicht.

Das hat direkte Einflüsse auf die Entgeltkalkulation (s. auch Kapitel 4.3.5), die vielfach von den Erwartungshaltungen der kommunalen Anteilseigner beeinflusst wird. Investitionsfinanzierung und Eigenkapitalerwirtschaftung mit der Fokussierung auf ausschüttbare Gewinne gehen zu Lasten sozialverträglicher Entgelte. Dieser Konflikt ist einer der wichtigsten Schwerpunkte bei der Frage der Investitionen und ist von den Aufgabenträgern im Dialog mit den kommunalen Anteilseignern zu lösen.

37 BDEW – Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft e. V., DVGW – Deutscher Verein des Gas- und Wasserfaches e. V. - Technisch-Wissenschaftlicher Verein, VKU – Verband Kommunaler Unternehmen e. V. (2019)

Bei Zweckverbänden, die nach § 58 SächsKomZG in Verbindung mit (i. V. m.) SächsEigBVO umlagefinanziert sind, ist die Bildung von Rücklagen gesetzlich nicht vorgegeben. Eine Rücklagenbildung kann in den Satzungen geregelt werden. Steuerlich wird diese jedoch nicht anerkannt und führt zur Gewerbe- und Körperschaftssteuerpflicht. Nach § 10 Abs. 2 SächsKAG beträgt der maximal mögliche Kalkulationszeitraum fünf Jahre, wobei eine Verzinsung des Anlagevermögens erfolgen muss. Diese führt in der Regel zu Gewinnen, welche ebenfalls gewerbe- und körperschaftssteuerpflichtig sind und im folgenden Kalkulationszeitraum gebühren- und beitragsreduzierend berücksichtigt werden müssen. Umlagefinanzierte Zweckverbände können unter diesen Voraussetzungen nur in begrenztem Rahmen Rücklagen bilden.

Eine Änderung der steuerrechtlichen Vorgaben bzw. die Forderung einer wirksamen Lösung ist durch die zuständigen Vertreter und Spitzenverbände auf Bundesebene einzubringen und zu diskutieren.

Zum Thema „Investitionen“ gehören neben dem Wert- und Funktionserhalt auch weitere anlagenspezifischen Themen wie Redundanzen und Notwasserversorgungskonzepte.

Rechtsgrundlage – Handlungsrahmen

Die rechtliche Verpflichtung für die Wasserversorgungsunternehmen (WVU) die allgemein anerkannten Regeln der Technik einzuhalten, ergibt sich aus § 55 Abs. 1 SächsWG mittels dessen die Anforderungen, die in § 50 Abs. 4 Wasserhaushaltsgesetz (WHG) nur für Wassergewinnungsanlagen geregelt werden, auf sämtliche Anlagen, die der Wasserversorgung dienen erstreckt werden. Damit sind alle Anlagen zur Gewinnung, Sammlung, Aufbereitung, Speicherung, Fortleitung und Verteilung von Wasser erfasst. Allgemein anerkannte Regeln der Technik finden sich insbesondere in DIN-Vorschriften und in den technischen Regelwerken der Fachverbände. Zudem gilt nach § 4 Trinkwasserverordnung (TrinkwV) das Erfordernis nach von Krankheitserregern freiem, genusstauglichem und reinem Trinkwasser u. a. als erfüllt, wenn bei der Verteilung die allgemein anerkannten Regeln der Technik eingehalten werden. Die technischen Regeln nach DVGW-Arbeitsblatt W400-338 geben darüber hinaus den WVU vor, die Instandhaltungsmaßnahmen zu dokumentieren und auszuwerten. Mit der Erfassung der technischen Daten im Zusammenhang mit Arbeiten am Verteilungsnetz (Inspektion, Wartung, Reinigung und Reparatur) wird eine Feststellung und Beurteilung des Ist-Zustandes auch der Rohrnetze, die nicht in Augenschein genommen werden können, ermöglicht. Neben den technischen Daten sollten auch die Kosten, getrennt nach Lohn, Material und Fremdleistungen festgehalten werden. Mit einer Kostenverfolgung lässt sich dokumentieren, wie die Inspektion, die Wartung und die Instandsetzung ineinandergreifen und eine kurzfristig als kostenaufwendig erscheinende Instandhaltungsmaßnahme langfristig zu sinkenden Instandhaltungskosten führen wird. Letztlich gibt nur eine Dokumentation über erfolgte Instandhaltungsarbeiten einen Beleg für die ordnungsgemäße Erfüllung dieser Arbeiten.

Aus den allgemein anerkannten Regeln der Technik ergibt sich der Umfang der Pflicht des WVU, deren Verletzung nach § 823 Abs. 1 BGB Schadensersatzansprüche Dritter nach sich ziehen kann. Strafrechtliche Sanktionen können eintreten, wenn die Nichteinhaltung der allgemein anerkannten Regeln der Technik dazu führt, dass die Anforderungen der TrinkwV nicht erfüllt werden.

Handlungsbedarf – Ausführungshinweise

Die stetig notwendige Anpassung an neue Rahmenbedingungen ist ein wesentlicher Kostentreiber für die Zukunftsfähigkeit der öffentlichen Wasserversorgung. Der generationenübergreifende Funktions- und Werterhalt muss für Kommunen als Gesellschafter von Wasserversorgungsunternehmen höchste Priorität haben („Generationenvertrag Wasserversorgung“) – auch im Vergleich mit anderen kommunalen Infrastrukturmaßnahmen und gegenüber dem alleinigen Substanz- und Werterhalt. Nur auf diese Weise können die künftigen Anforderungen der Wasserversorgungssysteme erfüllt werden.

Von den Aufgabenträgern ist ein nachhaltiges Asset-Management mit dem Ziel, durch den Einsatz moderner Methoden und Technologien nachfolgenden Generationen eine gut funktionierende Wasserversorgungsinfrastruktur ohne Instandhaltungs- und Investitionsstau zu übergeben, umzusetzen.

38 DVGW-Arbeitsblatt W 400-3. (09/2006) Technische Regeln Wasserverteilungsanlagen (TRWV); Teil 3: Betrieb und Instandhaltung

Es ist sicherzustellen, dass Entgelte und Gebühren ausreichend kalkuliert werden, um den notwendigen Investitionsbedarf decken zu können (s. auch Kapitel 4.3.5). Die positive Entwicklung der Investitionsquote muss gemeinsam von den Aufgabenträgern und den kommunalen Anteilseignern fortgeführt werden. Steigende einwohnerspezifische Kosten, die aufgrund des Bevölkerungsrückgangs im ländlichen Raum entstehen, sind soweit möglich durch Effizienzmaßnahmen (z. B. beim Energiemanagement) auszugleichen. Hierfür ist das Benchmarking ein geeignetes Instrument.

Die Information der Öffentlichkeit und der kommunalen Gremien zum Anpassungsbedarf der Anlagen und Netze muss durch die Aufgabenträger erfolgen. Ziel ist dabei die Schaffung von Transparenz und Akzeptanz. Der Einsatz von Managementsystemen39 erhöht die Qualität der Organisation, der Prozesse und der Dienstleistungen. Die Aufgabenträger sollten daher im Besitz von gültigen, zertifizierten bzw. bestätigten Nachweisen für das Qualitäts- und Sicherheitsmanagement sein. Bewährt hat sich hier das Technische Sicherheitsmanagement (TSM) gemäß DVGW-Arbeitsblatt W 1000 (s. auch Kapitel 4.3.1).

Für die Ermittlung des Sanierungs- und Erneuerungsbedarfs ist gemäß Arbeitsblatt W 400-3 zunächst unter Berücksichtigung von unterschiedlichen Kriterien die strategische Rehabilitationsrate festzulegen. Für kleine ländliche WVU sieht das Regelwerk geringere Anforderungen vor. Die Rehabilitationsstrategie wird durch die mittelfristige Rehabilitationsplanung (Art, Umfang und Kosten der Maßnahmen, z. B. in 5-Jahres-Zeiträumen) umgesetzt. Das Arbeitsblatt W 400-3 benennt auch hierzu die Inhalte.

Voraussetzung für eine sich lohnende Verwertung der Daten ist, dass eine systematische Dokumentation des Netzbestands und des -zustands erfolgt. Die WVU sollten die weitergehenden Anforderungen des Regelwerkes umsetzen. Die ermittelten Erneuerungsmaßnahmen münden in einen nach Prioritäten geordneten Maßnahmenplan mit einer Kostenschätzung. Zusammenfassend stellt sich der daraus resultierende kurz- bzw. mittel- bis langfristige Handlungsbedarf wie folgt dar:

Die Datenerfassung zum Anlagenzustand soll nach den Vorgaben des Regelwerks erfolgen, Daten- und Kenntnislücken zu Anlagen-/ Netzstruktur und –zustand sind durch die Versorger für jedes Versorgungsgebiet zu schließen. Um den Zustand der Anlagen objektiv und transparent zu ermitteln, empfiehlt sich die Erarbeitung eines Kriterienkataloges. Dazu können u. a. die Kennzahlen des Benchmarkings genutzt und weiterentwickelt werden. Konsequenterweise ist die Entwicklung geeigneter Werkzeuge durch die Fachverbände voranzutreiben bzw. zu begleiten. Die Anlagenbetreiber entwickeln vorausschauende Strategien, um engere Zeitfenster für notwendige Instandhaltungs- und Erneuerungsmaßnahmen effizient zu nutzen. Die Etablierung eines integrierten und unternehmensangepassten Asset-Managements unterstützt bei der Bewältigung der anstehenden komplexen Aufgaben. Wasserversorger planen vorausschauend den erforderlichen Finanzbedarf für den langfristigen Erhalt und die Fortentwicklung ihrer Wasserversorgungsinfrastruktur durch Rücklagenbildung und ausreichende Instandhaltungs- und Investitionsbudgets. Die erforderlichen Mindestdatensätze sind regelmäßig und vollständig in der WAVE-Datenbank abzubilden. Die kommunalen Gremien und die Öffentlichkeit sind angemessen über den jeweiligen Anpassungsbedarf der Anlagen und Netze zu informieren. Die kommunalen Entscheidungsträger müssen der Instandhaltung und der Erneuerung der Wasserversorgungsinfrastruktur zur Sicherung der Daseinsvorsorge die gebotene Priorität auch im Vergleich mit anderen kommunalen Infrastrukturmaßnahmen zuweisen. Die genannten Anforderungen müssen durch ein konsequentes behördliches Handeln begleitet werden, wonach mittel- bis langfristig u. a. im Rahmen der Qualifizierung der WVK auskömmlich plausible Sanierungsstrategien eingefordert werden sollen.

39 DIN EN 9001. (2015), DIN EN 14001. (2015), DIN EN 50001. (2018)

This article is from: