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1.4 Stoffeintrag

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5.4 Förderung

5.4 Förderung

NATÜRLICH BEDINGTE EMISSIONEN wie beispielsweise Huminstoffe oder geogene Hintergrundwerte22 sowie Stoffeinträge anthropogenen Ursprungs aus Siedlungsgebieten und wirtschaftlichen Nutzflächen beeinflussen die Beschaffenheit der Rohwasserquellen.

Aufgrund der geologischen Gegebenheiten besitzt Sachsen, vor allem im Erzgebirge, ein erhöhtes Radonpotenzial. Die Grundwässer weisen im Vergleich zum Rest des Freistaates eine Radioaktivitätsbelastung auf.

Bei den anthropogenen Stoffeinträgen handelt es sich im Allgemeinen um Nährstoffe, insbesondere Phosphor sowie Stickstoff aus Düngemitteln, und Spurenstoffe. Letztgenannte umfassen diverse Stoffgruppen, wie beispielsweise Biozide, Pflanzenschutzmittel (PSM), Haushalts- und Industriechemikalien sowie Human- und Tierarzneimittel (vgl. Kapitel 3.3.2). In der Umwelt kann die Vielfältigkeit der Spurenstoffe zu multiplen, teilweise summarischen Effekten führen. Für viele Stoffe sowie für die meisten Metaboliten und für nahezu alle Transformationsprodukte fehlen jedoch entsprechende öko- und humantoxikologische Bewertungen. Vor allem das große Spektrum der teilweise noch nicht bewerteten anthropogenen Spurenstoffe und deren Auswirkungen auf die Gewässerökologie rücken in den viel diskutierten Fokus. Der demografische Wandel kann dabei signifikanten Einfluss auf den Eintrag bestimmter Stoffgruppen haben (vgl. Abbildung 1-8). Um dieser Entwicklung entgegenzuwirken, haben das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit (BMUB) und das Umweltbundesamt (UBA) in Zusammenarbeit mit maßgeblichen Akteuren in Deutschland eine gemeinsame Strategie zur Minimierung der Belastung der aquatischen Umwelt durch Spurenstoffe abgestimmt (Spurenstoffstrategie des Bundes).

Abbildung 1-8: Arzneiverbrauch je Versicherte/r in der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) 2019 (nach DDD (definierteTagesdosen))23

2.000

1.800

1.600

1.400

1.200

1.000

800

600

400

200

0

0-4 5-9 10-14 15-19 20-24 25-29 30-34 35-39 40-44 45-49 50-54 55-59 60-64 65-69 70-74 75-80 81-84 85-99 >90

Altersgruppen

22 Natürliche Stoffgehalte (z. B. Schwermetallgehalte) in Böden hängen vom Ausgangsgestein, der Entwicklungsgeschichte des Bodens und den chemischen

Eigenschaften des jeweiligen Stoffes ab. Bei Grundwasser werden die geogenen Hintergrundwerte im Wesentlichen vom durchsickerten bzw. durchströmten Gestein/Bodenpassage beeinflusst. 23 WIdO – Wissenschaftliches Institut der AOK. (2020)

Auch multiresistente Keime sowie Mikroplastik stellen in der aquatischen Umwelt eine zunehmende Herausforderung dar. Das UBA untersuchte im Rahmen eines Vorhabens24 die Pfade und den Verbleib von Kunststoffmengen in der Umwelt und identifizierte die Bereiche Verkehr, Bau und Landwirtschaft als die wesentlichen Emittenten. Es erfordert erhöhte technologische Aufwendungen, die (nachweisbaren) Stoffe weitestgehend aus Gewässern und dem Abwasser zu entfernen. Problematisch ist dabei die Tatsache, dass es für viele dieser Stoffe noch keine genormten Verfahren der nachweisenden Analyse und Bewertung gibt. Darüber hinaus bestehen Informationslücken hinsichtlich der Wechselwirkungen untereinander und des Einflusses auf den Menschen.

Die sorgfältige Überwachung der Rohwasserbeschaffenheit im Einzugsgebiet von Wassergewinnungsanlagen ist eine wesentliche Voraussetzung, um frühzeitig Stoffeinträge und deren Trendentwicklung zu identifizieren. Die gewonnenen Erkenntnisse ermöglichen eine zielgerichtete Etablierung von Maßnahmen im Einzugsgebiet. Darüber hinaus können sie dazu beitragen, den Betrieb der Wasserversorgungs- und Aufbereitungsanlagen adäquat anzupassen.

Ein vermehrter Stoffeintrag führt unter Umständen zu einem erhöhten technischen Aufwand in der Trinkwasseraufbereitung, vermindert die Möglichkeiten naturnaher Aufbereitungsverfahren oder zwingt sogar zur Aufgabe der Rohwasserfassung. Die Wahrung bzw. Verbesserung einer guten Rohwasserqualität kann daher auch zur Verringerung der Trinkwasseraufbereitungskosten beitragen. Die Trendentwicklung einer Reihe von Stoffgruppen lässt jedoch den Rückschluss zu, dass sowohl die gesetzlichen Regelungen als auch der Vollzug vorhandener Vorschriften nicht ausreichen, um die Gewässer vor unerwünschten Belastungen nachhaltig zu schützen.

Ein Grundsatz des Umweltrechts ist das Verursacherprinzip, wonach Kosten, die aus einzelnen Verhaltensweisen entstehen, nicht gesamtgesellschaftlich getragen werden sollen, sondern verursachergerecht angelastet werden. Die Anwendung des Verursacherprinzips kann in der Praxis jedoch immer dann nicht ohne weiteres umgesetzt werden, wenn konkrete Umweltschäden nicht ausschließlich einzelnen Verursachern zugerechnet werden können, der Verursacher einer Umweltschädigung nicht eindeutig ermittelt werden kann oder nicht mehr existiert. Gleiches gilt bei grenzüberschreitenden Umweltbelastungen. In jenen, oft überwiegenden Fällen, kommt das Gemeinlastprinzip zur Anwendung bei welchem die erhöhten Aufwendungen für die Aufbereitung von der Allgemeinheit getragen werden müssen.25

Zum Schutz der Rohwasserressourcen muss das Vorsorge- und Verursacherprinzip konsequenter angewendet und durchgesetzt werden. Dazu bedarf es einer ausdrücklichen Umsetzung bestehender Rechtsvorschriften und unter Umständen einer konkreten Ausgestaltung sowohl der bundes- als auch landesrechtlichen Vorgaben, flankiert durch eine entschlossene und gezielte Überwachung. Ein Beispiel hierfür ist die oben genannte Bundes-Spurenstoffstrategie, die sich maßgeblich und ausdrücklich am Vorsorge- und Verursacherprinzip orientiert.

Die Entwicklung des Stoffeintrages in sächsische Oberflächengewässer und das Grundwasser ist in Kapitel 3.3 beschrieben.

24 Umweltbundesamt. (Nov. 2020) 25 DVGW. (2020). Fact Sheet Minimierung

2 Versorgungsstruktur

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