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4.1.2 Gefährdungsabschätzung Straßen in Wasserschutzgebieten von Trinkwassertalsperren
Die Broschüre Trinkwasserschutzgebiete – Empfehlungen zur Erarbeitung von Fachgutachten zur Bemessung und Ausweisung von Trinkwasserschutzgebieten für Grundwasser und Oberflächenwasser sowie von Heilquellenschutzgebieten (Redaktionsschluss 10. Oktober 2015) ist zu überarbeiten. Dazu soll eine Facharbeitsgruppe unter Leitung des SMEKUL etabliert werden.
Gemäß Erlass des SMEKUL vom 25. September 2019 hat das LfULG „Empfehlungen und fachliche Hinweise für vollzugstaugliche Schutzbestimmungen im Bereich der Landwirtschaft“ in Wasserschutzgebieten erarbeitet. Die Empfehlungen enthalten jeweils einen Musterkatalog von Verboten und Nutzungsbeschränkungen in den Schutzzonen für Grundwasser- sowie Talsperrenschutzgebieten. Des Weiteren sollen Schutzbestimmungen im Bereich Forstwirtschaft sowie eine Auswertemethodik zur Bewertung von Nitratgehalten in Einzugsgebieten von Trinkwassergewinnungsanlagen erarbeitet werden.
Die Vermittlung von Fachinformationen und der Erfahrungsaustausch ist im Rahmen von Workshops des LfULG „Trinkwasserschutzgebiete“, beginnend im 3. Quartal 2022 und nachfolgend im 2-Jahresabstand, zu verstetigen.
Grundsätze – Leitbild
Von Unfällen auf Straßen im Einzugsgebiet von Trinkwassertalsperren und oberflächennahen Wasserfassungen geht ein hohes Gefährdungspotenzial durch den möglichen Eintrag wassergefährdender Stoffe aus. Die Sicherheit im Straßenverkehr ist in diesen Bereichen somit von essentieller Bedeutung, um die Rohwasservorkommen nachhaltig zu schützen.
Ziele – Umsetzungsstrategie
Das Schutzniveau auf Straßen in Wasserschutzgebieten von Trinkwassertalsperren und oberflächennahen Wasserfassungen soll erhöht werden, um Gefahren durch den Eintrag wassergefährdender Stoffe zu minimieren oder auszuschließen. Die Voraussetzung hierfür bilden festgesetzte Wasserschutzgebiete mit klar erkennbarer räumlicher Begrenzung sowie eine schlüssige Bewertung der Gefährdung.
Für eine zielgerichtete Planung und priorisierte, effiziente Maßnahmenumsetzung sind fachliche Arbeitshilfen bereitzustellen. Die Handlungshilfe „Bestehende Straßen in Wasserschutzgebieten sächsischer Trinkwassertalsperren“ ist eine ressortübergreifend abgestimmte Arbeitsgrundlage, die hierfür zur Anwendung empfohlen wird und regelmäßig fortgeschrieben werden soll.
Die mittels Risikobewertung identifizierten und priorisierten Abschnitte an Straßen in Wasserschutzgebieten sollen abgestimmt in wasser- und verkehrsbehördliche Planungen Einlass finden und berücksichtigt werden. Die Umsetzung entsprechender Maßnahmen soll möglichst bis 2030 erfolgen.
Die zwischen Wasser- und Verkehrsbehörde (insbesondere Landesamt für Straßenbau und Verkehr) abgestimmt lokalisierten Handlungsbedarfe ermöglichen ein einheitliches und begründetes Verwaltungshandeln, schaffen Planungssicherheit und können bei Entscheidungen ermessenlenkend wirken. Sie sind regelmäßig fortzuschreiben.
Die Forderung nach einem RiStWag- bzw. BeStWag-konformen Ausbau ist als konsequente Umsetzung des Multi-Barrieren-Prinzips, des Vorsorgegedankens sowie als Maßnahme im Sinne des Risikomanagements nach DIN EN 15975-2 zu sehen.
Auch kurz- bis mittelfristige Erhaltungsmaßnahmen dienen der lokalen Situationsverbesserung zum vorsorglichen Gewässerschutz.
Eine vollständige (nach Möglichkeit digitalisierte) Datenlage (wasserrechtliche Erlaubnisse, Genehmigungsrechte etc.) ist planungs- und bewertungsrelevant. Seitens der zuständigen Behörden sind diese entsprechenden Informationen vorzuhalten.
Im Zusammenhang mit (turnusmäßigen) Baumaßnahmen an Straßen in Wasserschutzgebieten sind nach Möglichkeit kurz- und mittelfristig Maßnahmen zum vorsorglichen Gewässerschutz zur Verbesserung des Schutzniveaus umzusetzen. Erforderliche Maßnahmen, die aufgrund der Ausbaudimension ein förmliches Baurechtsverfahren und damit einen langfristigen Planungshorizont begründen, sind in entsprechende Ausbau- und Erhaltungsprogramme einzuordnen und nach Möglichkeit mittelseitig zu untersetzen.
Die Wasser- und Straßenbehörden sind angehalten, Alarmierungs- und Havariepläne zu erarbeiten, abzustimmen und fortzuschreiben.
IST-Zustand – Status quo
Gewässerschutz und Straßenbau überschneiden sich vielerorts. Der Zustand der sächsischen Straßen in Wasserschutzgebieten ist aus Sicht des Gewässerschutzes in Teilbereichen bedenklich. Daraus und im Hinblick auf die Verkehrsbelegung, die Zahl der Schwerlasttransporte und den statistischen Erhebungen zum Unfallgeschehen wird das Gefahrenpotenzial für die Trinkwasservorkommen in den Talsperren, die zur Versorgung eines Großteils der Bevölkerung dienen, deutlich. Als Unfallfolge mit Austritt von Kraft- oder Betriebsstoffen steigt das Risiko erhöhter Schadstoffkonzentrationen. Das Vorhandensein ordnungsgemäßer Schutzvorkehrungen und Entwässerungseinrichtungen kann diese kritische Situation im Ernstfall entschärfen. Die Richtlinien für bautechnische Maßnahmen an Straßen in Wasserschutzgebieten134 (RiStWag) zielen auf einen dauerhaften Schutz gegen ständige bzw. zeitweilige Stoffeinträge aus Straßenbau und -verkehr sowie einen temporären Schutz gegen Auswirkungen von Unfällen mit wassergefährdenden Stoffen. Die RiStWag sehen konkrete Anforderungen für die Entwässerung in Wasserschutzgebieten vor. Das risikobasierte Vorsorgekonzept berücksichtigt die Schutzzonen der Wasserschutzgebiete, die Schutzwirkung der Grundwasserüberdeckung, das Risiko relevanter Schadstoffaustritte und die Schwere möglicher Folgen für die Trinkwasserfassung. In Wasserschutzgebieten der sächsischen Trinkwassertalsperren existieren Bestandsstraßen ohne RiStWag-Ausbau und ohne ausreichendes Schutzniveau. Die RiStWag gelten bei Neu-, Um- und Ausbau
134 FGSV. (2016) 135 FGSV. (1993) – in Überarbeitung von Straßen als umfassendes Planungswerkzeug. Sie kommen nicht bei Instandhaltungsmaßnahmen oder Bestandsstraßen ohne Sanierungsbedarf zur Anwendung. Bei Fahrbahnerneuerungen gelten die RiStWag nicht, da kein Eingriff in den Bestand erfolgt. Für die zuständigen Straßenbaulastträger stellt diese Maßnahme eine kostengünstige Alternative zu Um-, Aus- und Neubauten dar. Für die Durchführung von Erhaltungsmaßnahmen können die „Hinweise für Maßnahmen an bestehenden Straßen in Wasserschutzgebieten“ (BeStWag) herangezogen werden.
Stand der Überarbeitung der „Hinweise für Maßnahmen an bestehenden Straßen in Wasserschutzgebieten“ (BeStWag)
Die BeStWag135 bieten eine Orientierungshilfe zur Ermittlung des Gefährdungsgrades sowie hinsichtlich möglicher Schutzmaßnahmen an bestehenden Straßen in Wasserschutzgebieten. Derzeit werden die BeStWag-Hinweise durch die Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen (FGSV), Arbeitskreis „Straßen in Wasserschutzgebieten“ überarbeitet. Mindestens bis zum Vorliegen der Überarbeitung soll die Handlungshilfe „Bestehende Straßen in Wasserschutzgebieten sächsischer Trinkwassertalsperren“ (siehe nachfolgend) angewendet werden.
Sind bei der Festsetzung von Wasserschutzgebieten straßenbauliche Themen berührt, kommt es häufig zu Abstimmungsschwierigkeiten zwischen unteren Wasserbehörden und dem Landesamt für Straßenbau und Verkehr (LASuV). Wasserrechtliche Belange sind jedoch im Vollzug des § 45 Abs. 1 Nr. 4 Straßenverkehrsordnung konsequent umzusetzen. Die Handlungshilfe zur Bewertung bestehender Straßen in TWSG sächsischer Talsperren sowie die BeStWag-Hinweise können zukünftig als sachliche Grundlage für eine Abstimmung herangezogen werden.
In einem Projekt zwischen dem Sächsischen Staatsministerium für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr (SMWA), SMEKUL, LTV und in Zusammenarbeit mit der LISt mbH wurden sächsische Talsperren näher betrachtet. Der Fokus lag dabei auf Bundes- und Staatsstraßen, bei denen aus Sicht der Straßenverwaltung zunächst kein grundhafter Um-/Ausbau vorgesehen ist und folglich kein RiStWag-Ausbau eingefordert werden kann. Für Straßenabschnitte innerhalb von Schutzgebieten sächsischer Talsperren erfolgte eine Risikoabschätzung zur Ermittlung der Handlungsprioritäten. Es flossen sowohl straßenbezogene als auch gewässerbezogene Aspekte in die Analyse ein. Basierend auf den Ergebnissen werden mehrere Straßenabschnitte zur Einordnung in das Um- bzw. Ausbauprogramm aufgezeigt. Die Methodik und Handlungserfordernisse sind der Handlungshilfe „Bestehende Straßen in Wasserschutzgebieten sächsischer Trinkwassertalsperren“ zu entnehmen. Diese hat das SMWA mit Erlass vom 25. März 2022 eingeführt. Die Bereitstellung für die Wasserbehörden erfolgt im 2. Quartal 2022.
Als Voraussetzung für schnellstmögliches Handeln bei Unfällen und umfassende Information aller relevanten Stellen werden gemäß RiStWag neben der Dokumentation der baulichen Anlagenteile und der Wartungsgänge auch die Erstellung und Laufendhaltung von Havarie- bzw. Alarmierungsplänen gefordert. Die zuständigen Behörden für die Unterhaltung der Straßen haben daher die fortlaufende Aktualisierung der Alarmierungspläne durch den Straßenbaulastträger (bei Bundes- und Staatsstraßen das LASuV) zu veranlassen. Dies setzt voraus, dass die Pläne im Zusammenhang mit der Baumaßnahme erstellt worden sind und vorliegen. In Abstimmung mit dem SMWA wurde ein Schreiben an die Landratsämter verfasst, um den diesbezüglichen Stand abzufragen. Alle Rückmeldungen sind in der ersten Jahreshälfte 2020 eingegangen und zeigen teilweise große Unterschiede zwischen den einzelnen Landkreisen bzw. kreisfreien Städten auf. Weitestgehend wird die Erstellung der Alarmierungspläne oder zumindest entsprechender Meldeketten als erstrebenswert erachtet und geprüft, insofern nicht bereits Verfahrensregelungen existieren. Die Rückmeldungen ergaben zum Teil auch, dass innerhalb der Landratsämter der Austausch zwischen Wasser- und Straßenbehörde bislang nicht zufriedenstellend ist.
Rechtsgrundlage – Handlungsrahmen
Das Sächsische Straßengesetz (SächsStrG) regelt die Einteilung der öffentlichen Straßen (§ 3 Abs. 1 SächsStrG) in Staats-, Kreis-, Gemeinde- und sonstige Straßen, die Straßenbaulast (§ 9 SächsStrG) und die damit verbundene Unterhaltung sowie Instandsetzung der Straßen.
Nach § 44 SächsStrG ist der Freistaat Sachsen der Träger der Straßenbaulast für die Staatsstraßen, die Landkreise und die Kreisfreien Städte sind Träger der Straßenbaulast für die Kreisstraßen. Die Gemeinden sind Baulastträger der Gemeindestraßen und der öffentlichen Feld- und Waldwege.
Gemäß § 46 Abs. 1 SächsWG i. V. m. § 51 Abs. 1 WHG obliegt den unteren Wasserbehörden der Erlass von Rechtsverordnungen zur Festsetzung von Wasserschutzgebieten. Zusätzlich können Anordnungen auf Grundlage von § 106 Abs. 1 SächsWG erlassen werden, wenn der Verdacht einer Gewässergefährdung besteht. Während Verbote bzw. Einschränkungen im Hinblick auf den Neu- und Ausbau von Straßen am besten mittels aktueller Wasserschutzgebietsverordnung zu regeln sind, können Handlungserfordernisse an bestehenden Straßen zeitnah durch eine wasserrechtliche Anordnung gemäß § 52 Abs. 1 WHG begründet werden.
Den Stand der Technik bilden die Technischen Regelwerke der Fachverbände/-vereine wie der FGSV, DWA, CEN/DIN ab. Dazu gehören u. a. die RiStWag der FGSV von 2016. Die RiStWag sind