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4.2 Entwicklung der Reinwasserqualität
Grundsätze – Leitbild
Im Freistaat Sachsen ist flächendeckend die Qualität des Trinkwassers entsprechend den Anforderungen der Verordnung über die Qualität von Wasser für den menschlichen Gebrauch (Trinkwasserverordnung) zu gewährleisten. Dies gilt auch für die Versorgung aus dezentralen kleinen Wasserwerken und Kleinanlagen zur Eigenversorgung.
Die Träger der öffentlichen Wasserversorgung sollen nach den Grundsätzen der Verhältnismäßigkeit solche Rohwässer verwenden, die mit einfachen und naturnahen Verfahren zu Trinkwasser aufbereitet werden können (§ 42 Abs. 1 Satz 3 SächsWG).
Ziele – Umsetzungsstrategie
Die ausgezeichnete Trinkwasserqualität der großen zentralen Wasserwerke (Abgabe von mindestens 1.000 Kubikmeter Wasser am Tag bzw. Versorgung von mindestens 5.000 Personen) muss auch vor dem Hintergrund von Einflussfaktoren wie Klimawandel, Bevölkerungsentwicklung, zunehmende Bedeutung von Spurenstoffen und der mit Umsetzung der novellierten Trinkwasserrichtlinie zu erwartenden Erhöhung der Anforderungen langfristig sicher aufrechterhalten werden.
Die überwiegend sehr gute Trinkwasserqualität der kleineren zentralen Wasserwerke (Abgabe von mindestens zehn bis unter 1.000 Kubikmeter Wasser am Tag bzw. Versorgung von mindestens 50 bis unter 5.000 Personen) ist aufrechtzuerhalten und besser gegen Risiken abzusichern. Die Bewältigung der oben genannten Herausforderungen gestaltet sich für kleinere Anlagen aufgrund geringerer technischer und personeller Ressourcen schwieriger. Soweit die Anlagen durch private Wassergemeinschaften betrieben werden, kann zur Aufrechterhaltung eines regelkonformen Betriebes eine Unterstützung durch den örtlichen Wasserversorger erfolgen.
Für einzelne kleine, nicht öffentlich organisierte Wasserwerke sind kurzfristige Verbesserungen erforderlich, vorzugsweise durch Ablösung oder Überführung der Anlage in die Verantwortung des zuständigen Wasserversorgers.
Sowohl dezentrale kleine Wasserwerke als auch Kleinanlagen zur Eigenversorgung sollten eine Ausnahmelösung für die Fälle sein, in denen eine zentrale öffentliche Wasserversorgung nach sorgfältiger Prüfung ausscheidet. Soweit möglich sollte ein Anschluss bisher aus dezentralen kleinen Wasserwerken oder aus Kleinanlagen zur Eigenversorgung versorgter Haushalte bzw. Gewerbebetriebe an die öffentliche Trinkwasserversorgung erfolgen.
Betreiber von nicht ablösbaren dezentralen kleinen Wasserwerken oder Kleinanlagen zur Eigenversorgung können durch die Aufgabenträger der öffentlichen Wasserversorgung unterstützt und beraten werden, um die Qualität des abgegebenen Wassers zu gewährleisten.
IST-Zustand – Status quo
Die großen zentralen Wasserwerke in Sachsen versorgen die Bevölkerung mit Trinkwasser von gleichbleibend ausgezeichneter Qualität. Die für die Trinkwasserberichterstattung gemäß § 21 Trinkwasserverordnung (TrinkwV)146 ausgewerteten Untersuchungsdaten der großen Wasserversorgungsgebiete (Abgabe von mindestens 1.000 Kubikmeter Wasser am Tag bzw. Versorgung von mindestens 5.000 Personen) zeigen bei der Vielzahl der vorgeschriebenen Untersuchungen in nur wenigen Einzelfällen Überschreitungen. So wurde für das Berichtsjahr 2019 für 71 große Wasserversorgungsgebiete bei den mikrobiologischen Parametern eine geringfügige Überschreitung für den Parameter Enterokokken berichtet. Bei den chemischen Parametern gab es eine Überschreitung des Grenzwertes für Nickel, bei den Indikatorparametern kam es zu insgesamt sieben Überschreitungen. Allen Grenzwertüberschreitungen konnte kurzfristig abgeholfen werden.
146 Jahresberichte der Landesuntersuchungsanstalt Sachsen abrufbar unter: https://www.lua.sachsen.de/15897.html
Die kleineren zentralen Wasserwerke (Abgabe von mindestens zehn bis unter 1.000 Kubikmeter Wasser am Tag bzw. Versorgung von mindestens 50 bis unter 5.000 Personen) weisen eine überwiegend sehr gute Trinkwasserqualität auf. So wurden für das Berichtsjahr 2019 für 188 kleinere Wasserversorgungsgebiete bei den mikrobiologischen Parametern zwei geringfügige Überschreitungen für den Parameter Escherichia coli berichtet. Bei den chemischen Parametern gab es eine Überschreitung des Grenzwertes für Nickel und eine Überschreitung für Aluminium, bei den Indikatorparametern kam es zu insgesamt 31 Überschreitungen. Allen genannten Grenzwertüberschreitungen konnte kurzfristig abgeholfen werden. Von dieser grundsätzlich positiven Bewertung sind drei Anlagen ausgenommen. Dies betrifft eine Wasserversorgungsanlage (WVA) mit circa 450 versorgten Personen im Landkreis Mittelsachsen mit Überschreitungen des Grenzwertes für Cadmium, eine WVA im Landkreis Leipzig mit circa 60 versorgten Personen und Überschreitungen des Nickel-Grenzwertes, sowie eine WVA im Landkreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge mit circa 125 versorgten Personen und Überschreitungen bei Indikatorparametern und zeitweisen Überschreitungen mikrobiologischer Parameter. Für die WVA im Landkreis Mittelsachsen ist die Bauplanung zum Anschluss an die öffentliche Wasserversorgung abgeschlossen, die Bauarbeiten sollen in 2021 erfolgen. Hinsichtlich der Wassergemeinschaft im Landkreis Leipzig hat die Verbandsversammlung des zuständigen Versorgungsverbandes die trinkwassertechnische Erschließung der Ortslage beschlossen.
Den sächsischen Gesundheitsämtern sind 576 dezentrale kleine Wasserwerke (Abgabe unter zehn Kubikmetern Wasser am Tag, aber keine Anlage der Eigenversorgung, z. B. Wassergemeinschaften oder Gewerbebetriebe mit Trinkwasserabgabe) bekannt. Diese werden durch die Gesundheitsämter regelmäßig überwacht. Bei einem Teil der Anlagen entspricht die Trinkwasserqualität nicht den Anforderungen der TrinkwV.
Den sächsischen Gesundheitsämtern sind 3.563 Kleinanlagen zur Eigenversorgung bekannt. Diese werden durch die Gesundheitsämter regelmäßig überwacht. Teilweise entspricht die Trinkwasserqualität aus diesen Anlagen nicht den Anforderungen der TrinkwV (s. auch Kapitel 4.4.4). Ortskonkrete Informationen dazu liegen den zuständigen Gesundheitsämtern vor. Rechtsgrundlage – Handlungsrahmen
Die Anforderungen an die Beschaffenheit des Trinkwassers sind in den §§ 4 (Allgemeine Anforderungen), 5 (Mikrobiologische Anforderungen i. V. m. Anlage 1), 6 (Chemische Anforderungen i. V. m. Anlage 2), 7 (Indikatorparameter i. V. m. Anlage 3) und 7a (radiologische Anforderungen i. V. m. Anlage 3a) der TrinkwV geregelt.
Im Falle der Nichteinhaltung von Grenzwerten muss das Gesundheitsamt gemäß § 9 Abs. 1 TrinkwV unverzüglich entscheiden, ob dadurch die Gesundheit der betroffenen Verbraucher gefährdet ist und ob die betreffende WVA bis auf Weiteres weiterbetrieben werden kann. Dabei hat es auch die Gefahren zu berücksichtigen, die für die menschliche Gesundheit entstehen würden, wenn die Bereitstellung von Trinkwasser unterbrochen würde. Ist die Ursache der Nichteinhaltung unbekannt, ordnet das Gesundheitsamt eine unverzügliche Untersuchung an oder führt diese selbst durch.
Gemäß § 9 Abs. 4 TrinkwV ordnet das Gesundheitsamt bei Nichteinhaltung der in den §§ 5 und 6 festgelegten Grenzwerte (mikrobiologische und chemische Grenzwerte) an, dass unverzüglich Maßnahmen zur Wiederherstellung der Trinkwasserqualität getroffen werden.
Abweichungen von Grenzwerten für chemische Parameter können durch das Gesundheitsamt gemäß § 10 TrinkwV befristet zugelassen werden.
Gemäß § 9 Abs. 4 TrinkwV ordnet das Gesundheitsamt bei Nichteinhaltung der in § 7 festgelegten Grenzwerte (Indikatorparameter) Maßnahmen zur Wiederherstellung der Trinkwasserqualität an. Das Gesundheitsamt kann unter bestimmten Voraussetzungen die Nichterfüllung im Einzelfall aber auch dulden.
Für Kleinanlagen zur Eigenversorgung kommt gemäß § 9 Abs. 9 TrinkwV auch eine Duldung der Nichterfüllung bei chemischen Parametern in Betracht.
Gemäß § 13 TrinkwV ist dem Gesundheitsamt die Errichtung, die erstmalige Inbetriebnahme, bauliche oder betriebstechnische Veränderungen sowie ein etwaiger Übergang des Eigentums oder des Nutzungsrechtes einer WVA anzuzeigen. Aus diesen Meldungen ergeben sich die für dezentrale kleine Wasserwerke und für Kleinanlagen zur Eigenversorgung angegebenen Bestandszahlen. Von einer Dunkelziffer nicht angezeigter Anlagen ist auszugehen.
Die Pflicht zur Berichterstattung über die Qualität des Trinkwassers für Wasserversorgungsgebiete, die mindestens zehn Kubikmeter Wasser am Tag abgeben bzw. mindestens 50 Personen versorgen, ergibt sich aus § 21 Abs. 3 TrinkwV.
Im Dezember 2020 wurde die Novelle der RICHTLINIE (EU) 2020/2184 DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES vom 16. Dezember 2020 über die Qualität von Wasser für den menschlichen Gebrauch (EU-Trinkwasserrichtlinie) vom Rat der Europäischen Union verabschiedet. Nach Veröffentlichung der Richtlinie im Amtsblatt der Europäischen Union am 23. Dezember 2020 endet die Frist für die Umsetzung der Vorschriften in nationales Recht am 12. Januar 2023. Das Ziel der EU-Trinkwasserrichtlinie ist u. a. die Implementierung eines vollständigen risikobasierten Ansatzes für die Sicherheit der Trinkwasserversorgung.
Handlungsbedarf – Ausführungshinweise
Für WVA mit Überschreitungen bei Indikatorparametern und zeitweisen Überschreitungen mikrobiologischer Parameter ist zeitnah eine Lösung zu finden, die eine rechtskonforme und qualitätsgesicherte Trinkwasserversorgung absichert, beispielsweise die Ablösung der bestehenden Anlage und Anschluss an die öffentliche Wasserversorgung oder der Einbau einer Desinfektionsanlage mit Unterstützung und in Verantwortung des zuständigen Wasserversorgers.
Für dezentral versorgte Gebiete, in denen die Versorgung über dezentrale kleine Wasserwerke und/oder Kleinanlagen zur Eigenversorgung erfolgt, ist die Ablösung der Kleinanlagen durch Anschluss an die öffentliche Wasserversorgung zu prüfen.
Kenntnisdefizite bezüglich des Bestandes an Kleinanlagen sind abzubauen. Hierzu bedarf es der Zusammenarbeit von Gesundheitsämtern, Wasserbehörden und Wasserversorgern (s. auch Kapitel 4.4.4).
Abweichungen von den Qualitätsanforderungen der TrinkwV sind von den Gesundheitsämtern auch bei kleinen Anlagen konsequent zu verfolgen, Abhilfemaßnahmen sind regelmäßig anzuordnen und durchzusetzen. Eine Duldung von Überschreitungen im Rahmen der Vorgaben des § 9 Abs. 4 oder 9 TrinkwV kommt nur im begründeten Einzelfall in Betracht.