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DAS PRINZIP HOUSING-FIRST

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Prinzip Housing-First

EINE CHANCE FÜR OBDACHLOSE IN FRANKFURT?

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Die Zahl der Obdachlosen steigt. Überall in Europa. Nur in Finnland leben immer weniger Menschen auf der Straße. Der Grund: HousingFirst. Einer, der sich für diese Idee stark macht, ist Martin Huber von Volt. ›› Interview: Heidi Zehentner

Prinzip Housing-First

Volt Europa im März 2017 als Reaktion auf den Brexit und erstarkten Rechtspopulismus in Europa gegründet. Das Ziel: Die erste echte europaweite Partei aufzubauen. Seit der Europawahl 2019 ein Sitz im Europäischen Parlament. Mittlerweile in 30 Staaten vertreten, mit Teams in hunderten europäischen Städten Volt Deutschland 2018 gegründet Volt Hessen im August 2020 gegründet Das Prinzip Housing-First: Die Menschen bekommen erst eine Wohnung, und dann kommt der Rest. In Deutschland läuft das noch anders. Und das stellt für viele Menschen ohne Obdach eine schier unüberwindbare Herausforderung dar: ohne Wohnung keine Arbeit. Ohne Arbeit keine Wohnung. Ein Teufelskreis. Das finnische Modell Housing-First funktioniert anders: Durch das Bereitstellen einer vom Staat finanzierten Wohnung erhalten obdachlose Menschen nicht nur ein Dach

© Nick Fewings by unsplah

über dem Kopf, sondern ein selbstbestimmtes Leben in den eigenen vier Wänden mit eigenem Wohnungsschlüssel, Privatsphäre und einem unbefristeten Mietvertrag. Vor allem aber Würde, Sicherheit und eine reelle Chance, aus ihrer aktuellen Lebenssituation herauszufinden. Das sieht auch Martin Huber so, der der jungen Partei Volt angehört, und eine Eingabe bei der Stadt Frankfurt gemacht hat, das Projekt Housing-First auch hier einzuführen. Wir haken nach:

Housing-First. Warum liegt Ihnen das Thema angewendet. Unser Bestreben ist es deshalb, gemäß Wie ist bislang die Resonanz der Stadt, bei so am Herzen? den Zielen der Vereinten Nationen und des Euro- der Sie einen Antrag gestellt haben? Housing-First stellt das Menschenrecht auf Woh- päischen Parlaments die Obdachlosigkeit bis späte- Wie stehen die Chancen auf Realisierung? nen in den Mittelpunkt. Es ist für mich sehr stens zum Jahre 2030 zu beenden, damit jeder sein Bisher warten wir noch auf die Antwort der Stadt, schwierig zu begreifen, dass wir diese Not in ei- Menschenrecht auf Wohnen wahrnehmen kann. ich fürchte, das dauert noch eine Weile. Das Proner so wohlhabenden Stadt wie Frankfurt zulassen. blem der Obdachlosigkeit in Frankfurt scheint für Das Thema geht auch mit der Frage einher, in wel- Wie kann Housing-First in einer so teuren die Stadtregierung ein heikles Thema zu sein. Diecher Art von Gesellschaft wir leben möchten. Auf Stadt wie Frankfurt realisiert werden? sen Eindruck erzeugte bei mir der Umgang mit den jeden Fall muss es eine sein, in der wir niemanden Frankfurt ist sehr teuer, doch die Stadt kann es sich Ergebnissen einer zentralen Studie zu obdachlosen zurücklassen und in der es allen möglich ist, ein durchaus leisten, die wenigen obdachlosen Men- EU-Bürger*innen in Frankfurt. Diese Studie wollte freies und selbstbestimmtes Leben zu führen. schen dauerhaft unterzubringen. Das Budget der der Magistrat nicht veröffentlichen, da die ErgebStadt Frankfurt ist ähnlich groß wie das einiger nisse einen schlechten Umgang durch die BehörVon welchen Problemen sind Obdach- den suggerieren. Die seien wohl mehr lose derzeit besonders betroffen? damit beschäftigt, das Problem zu verStichwort Corona? drängen, als es zu lösen. Es wäre für Zunächst einmal ist die Situation für die die Stadt also höchste Zeit, sich endlich Menschen auf der Straße in jeder kal- ernsthaft diesem Problem anzunehmen. ten Jahreszeit lebensbedrohlich. Hinzu kommt jetzt die Corona-Pandemie. Vor Warum hat sich gerade eine junge dem Virus können sich die obdachlosen Partei wie Volt diesem Thema Menschen am wenigsten schützen, au- angenommen? ßerdem gehören sie oftmals einer beson- Als Partei und Bewegung verfolgen wir ders gefährdeten Risikogruppe an. Es ist einen pragmatischen und lösungsorideshalb absolut richtig, dass dies zumin- entierten Ansatz. Die Obdachlosigkeit dest bei der aktuellen Impfstrategie der ist ein Zustand, der sich auf ganz EurBundesregierung berücksichtigt wurde. opa erstreckt. In den letzten zehn JahWie sieht es aktuell mit Hilfen für Ob- um ganze 70 % gestiegen – mit Ausdachlose in Frankfurt aus? nahme von Finnland, dort ist die Zahl Die Obdachlosenhilfe verschiedener Träger arbeitet mit akuten Notmaßnahmen. MARTIN HUBER im selben Zeitraum um ca. 40 % gesunken. Wir machen uns deshalb beBeispielsweise ist in den kalten Nächten 23 JAHRE ALT, SEIT 2017 STUDIUM POLITIK- UND RECHTSWISSEN- reits auf europäischer Ebene dafür stets der Kältebus des Vereins für soziale SCHAFT (B.A.) AN DER GOETHE-UNIVERSITÄT, BEI VOLT SEIT stark, mit dem Housing-First-KonHeimstätten unterwegs, der unter ande- ZWEI JAHREN, SPITZENKANDIDAT KOMMUNALWAHL 2021. zept die Obdachlosigkeit in ganz Eurem mit Schlafsäcken und warmen Ge- ropa zu beenden. Gleichzeitig haben tränken wichtige Hilfe leistet. Daneben wir das Potential Europas erkannt, inwurden einige zusätzliche Notunterkünfte bzw. kleiner Bundesländer. Außerdem wird oft verges- dem wir die erfolgreiche Best Practice aus Finnwarme Übernachtungsmöglichkeiten eingerich- sen, wie viel uns die Obdachlosigkeit schon heu- land in alle Länder und Kommunen transportieren tet. Klar ist aber, dass es sich hierbei immer nur um te kostet. Sie gehört zu den teuersten fiskalischen können. kurzfristige Lösungen handelt, die nicht einmal Notlagen. Gegenüber dem bisherigen System hat gänzlich ausreichen. Die Situation wiederholt sich Housing-First sogar einen großen Kostenvorteil, Was wünschen Sie sich von den Frankfurter: in jedem Winter. Deshalb fordern wir eine länger- wie die Empirie aus Finnland zeigt. Denn viele ex- innen im Umgang mit Obdachlosen? fristige Strategie, die einen realistischen Weg aus terne Kosten, durch beispielsweise Notfalldienste, Ich wünsche mir von den Menschen einen empader Obdachlosigkeit hinaus ebnet. sind schlicht weggefallen. Ein nicht zu vernachläs- thischen Umgang mit Obdachlosigkeit. Konflikt sigender Aspekt ist das Fehlen bezahlbaren Wohn- und Verdrängung führen nicht zu einer langfriWie viele Obdachlose gibt es in Frankfurt? raums. Der starke Anstieg der Zahl obdachloser stigen Verbesserung. Was wir dagegen brauchen, Circa 3.000 Menschen gelten als wohnungslos, Menschen hängt untrennbar mit der immer ange- ist mehr Realismus und Pragmatismus. Die Grünkommen aber in temporären Notunterkünften spannteren Situation auf dem Wohnungsmarkt zu- de, warum Menschen auf der Straße leben, sind oder bei Freunden unter. Schätzungsweise 200 bis sammen. Nichtsdestotrotz muss der Anspruch ei- sehr individuell. Wichtiger ist nun jedoch die Fra300 Menschen leben gänzlich auf der Straße. Lei- ner verantwortungsbewussten Gesellschaft sein, ge, wie wir sie solidarisch wieder daraus befreien der wird dazu keine offizielle Statistik geführt. den wenigen zurückgelassenen Menschen eine und in ein bürgerliches Leben reintegrieren. Was glauben Sie im besten Fall damit zu erreichen? Mit unserem Vorstoß, uns in der Obdachlosen- Artikel 25 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte hilfe an dem Housing-First-Konzept zu orientie- „Jeder Mensch hat Anspruch auf eine Lebenshaltung, die seine und ren, wollen wir einen Paradigmenwechsel im Um- seiner Familie Gesundheit und Wohlbefinden einschließlich Nahrung, gang mit obdachlosen Menschen einleiten und den Teufelskreis der Menschen durchbrechen. Wir lie- Kleidung, Wohnung, ärztlicher Betreuung und der notwendigen Kleidung, Wohnung, ärztlicher Betreuung und der notwendigen fern mit den Erkenntnissen aus Finnland Argu- Leistungen der sozialen Fürsorge gewährleistet …“ mente, die nicht weiter ignoriert werden können. Dort wird das Konzept bereits seit 2008 erfolgreich Wohnung zu bieten. ren ist die Zahl obdachloser Menschen

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