WIR LEUCHTEN

DEBÜTROMAN VON JOE RAIN Roadtrip durch Deutschland – Wenn eine „Meinungslose“, eine „Kommunistin“ und ein „Nazi“ auf ein Abenteuer gehen

Corona = Zeit für Stubenhocker. Aber bitte nur körperlich. In unserer Fantasie gehen wir auf Reisen – unterstützt von der blutjungen Autorin Joe Rain, die ihre Leser:innen in ihrem Debütroman „Wir leuchten“ auf einen packenden Roadtrip mitnimmt. ›› Interview: Heidi Zehentner

Joe Rain ist mit französischen Eltern zweisprachig in Seligenstadt aufgewachsen, hat in London auf der Schauspielschule studiert und ein Semester in Tschechien verbracht. Sie reist gerne – durch Kontinente oder in die Zukunft, am liebsten jedenfalls in Büchern. Die 22-jährige liebt Geschichten, die sie gedanklich auf einen Roadtrip schicken und so – zumindest ein wenig – die Welt verändern. Mit ihrem Debüt „Wir leuchten“ wird Joe selbst zur „Reiseleiterin“ eines Roadtrips mit sehr unterschiedlichen Charakteren: Ein AfD-Wähler, eine Kommunistin und die meinungslose Romanheldin Estelle begeben sich auf eine Odyssee durch ganz Deutschland. Die erste Version des Jugendromans lud die Autorin aus Hessen bereits 2015 auf Wattpad (wattpad.com) hoch. Wattpad ist eine Plattform, auf der sich Schreibende und Bücherwürmer zusammenfinden und ihre Geschichten miteinander teilen. Dort gewann „Wir leuchten“ 2016 den offiziellen Wattpad-Wettbewerb, die Wattys, in der Kategorie Vorreiter. Die Protagonistin Estelle aus „Wir leuchten“ mag es strukturiert. Sie mag es ruhig. Was sie nie mochte, ist spontan sein. Und dann diese Party … Die Musik brummt und Estelle ist zum ersten Mal richtig betrunken, niemand scheint sie zu verstehen, weil sie offensichtlich so undeutlich redet. Dort, auf der Party, lernt sie die rothaarige Isy kennen und die beiden entscheiden kurzerhand, davonzulaufen. Gut, das mit dem gestohlenen Pick-up hat Estelle nicht kommen sehen. Und auch nicht, dass sie die nächsten zwei Wochen zwischen einer verrückten Kommunistin und einem leider doch sehr attraktiven AfD-Wähler in einem winzigen Zelt übernachtet. Oder dass die Gruppe plötzlich zwei Flüchtlinge im Gepäck hat und einem Ex-Nazi begegnet.

Eine „Meinungslose“, eine „Kommunistin“ und ein „Nazi“. Warum gerade diese Protagonist:innen und was hat das mit dir zu tun? Ich habe mich schon länger für Philosophie, Menschen und politische Orientierungen interessiert. Dadurch kam mir dir Frage, wie eine Kommunistin und ein Rechtsextremer miteinander diskutieren würden, wenn sie dazu gezwungen wären, aufeinander einzugehen. Die „Meinungslose“ entstand aus dem Gedanken, einen möglichst unvoreingenommenen Charakter zu erschaffen, der zwischen den anderen beiden vermittelt und sich erst im Laufe der Zeit eine Meinung bildet. Natürlich sind diese Bezeichnungen „Meinungslose“, „Kommunistin“ und „Nazi“ nur Kategorien, in die wir Menschen einteilen. Dabei passt niemand perfekt in solche Kategorien. Menschen sind vielfältig und verändern sich. Darum geht es vor allem.

›› Es gibt nicht genug Schubladen, um uns alle zu trennen. ‹‹

Welche Botschaft möchtest du mit deinem Buch jungen Leuten mitgeben? Dass wir uns die Zeit nehmen sollten, miteinander zu reden, bevor wir Menschen verurteilen und in eine Ecke schieben. Es gibt immer Gründe dafür, weshalb eine Person eine bestimmte Meinung vertritt und oft tut es gut, zuzuhören und die eigenen Beweggründe zu hinterfragen. Nur so können wir voneinander lernen und daraus wachsen.

Ist es nicht sehr schwer, ein Buch zu veröffentlichen. Wie hat es doch geklappt? Das Wichtigste ist, sich nicht entmutigen zu lassen. Einfach schreiben, egal wie motiviert man ist und dann so lange überarbeiten, bis man damit zufrieden ist – und dabei auch andere drüberlesen lassen. Allein entsteht kein Buch. Als ich nach zwei Jahren endlich zufrieden war, habe ich es an eine ganze Menge Agenturen und schließlich Verlage geschickt, bevor es geklappt hat. Ich glaube, das Wissen, dass Absagen in solchen künstlerischen Branchen normal sind, hilft, damit klarzukommen. Es ist nämlich nichts Persönliches, man darf einfach nicht aufgeben – und irgendwann klappt es! „Wir leuchten“ hat es schließlich auch geschafft!

© Solène Joublin

›› 13,50 €, Wreaders Verlag, erhältlich im Buchhandel, E-Book 4.99 €, wreaders.de ›› Lesung: 20.2., 19 Uhr, Instagram/@JoeRain.books, joerain.de