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INTERVIEW MIT VISIBLE

VISIBLE

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‚Musikalisches Wunder‘, ‚Gänsehaut ohne Ende‘, ‚Unglaublich talentiert’ und ‚Eine musikalische Ausnahmeerscheinung‘ sind nur einige der Attribute, mit denen VISIBLE nach ihren Auftritten überhäuft wird. Ihr unkonventionelles Gitarrenspiel und der Einsatz der aktuellen, elektronischen Produktionsweisen sind der Ausdruck einer neuen, nicht männlichen Autonomie in der populären Musik.

Was bedeutet die Musik für dich?

Musik hat im Kindesalter ihren Weg in mein Herz gefunden und sie ist dortgeblieben. Sie hat mich immer begleitet, mich inspiriert und unterstützt. Wenn ich traurig war, gab es Musik, die mir dabei half, wenn ich vor Freude überschäumte, lieferte sie den passenden Soundtrack dazu und wenn ich wütend war, konnten mich die passenden Songs, je nach Situation, entweder beruhigen oder ich konnte mich dazu abreagieren. Musik kann jede erdenkliche Gemütslage unterstützen oder ihr entgegen wirken

und sie hat mir oft geholfen, die Widrigkeiten des Alltags zu meistern und neue Wege zu finden. Das möchte ich mit meiner Musik an die Menschen zurückgeben. Jeder soll diese Kraft der Musik erleben.

Was passiert im kreativen Schaffensprozess? Was inspiriert dich?

Wirklich gute Musik sollte nicht die gängigen menschlichen Gefühle bestätigen, abmildern oder verstärken, sondern diese transzendieren, das ist ein supramentaler Vorgang. Viele Ideen kommen, wenn ich im Wald spazieren gehe. Meist ist die Melodie zuerst da und der Song wächst drum herum, wie wenn man ein Bild malt und alles mit dem Bild eins wird. Wenn ich Musik mache, werde ich zur Musik.

Welche Auswirkungen hatte der Lockdown auf deine Arbeit?

Die Corona-Krise hat meine Jahresplanung zunichte gemacht, von den finanziellen Auswirkungen ganz zu schweigen. Ich hätte im Frühjahr zwischen Wilhelmshaven und Stuttgart einige größere Auftritte als Support Act bekannter Bands und Liedermacher gehabt. Die waren zwar nicht sooo lukrativ, aber sie hätten mich bekannter gemacht und wären ein letzter, wichtiger Test für die Songs, die auf das Album kommen sollen, gewesen. Im Studio konnte ich auch nicht arbeiten, mein anderer Job, Selbstverteidigungskurse für Frauen, wurde verständlicherweise verboten. Ich habe ‚meine Mädels‘ aber per Videoschalte weiter trainiert, was ihnen auch mental sehr gut getan hat. Mir aber auch, denn ich konnte in einer schweren Zeit positive Signale geben. Positiv empfunden habe ich auch die unglaubliche Solidarität, die ich durch alle Genres unter Musiker*innen empfunden, erhalten und auch gegeben habe.

Wie gehst du persönlich mit den Folgen um?

Außer der finanziellen und der Arbeits-Situation gibt es ja auch die soziale Komponente. Durch rein körperliche Kommunikation senden wir ja anderen Menschen auch Signale der Wertschätzung oder eines Mitgefühls. Mir fehlen die Umarmungen, nicht in der Beziehung, aber im Umgang mit Menschen, die man mag oder schätzt. Selbst das eigene Gesicht ist ja teilweise tabu.

Demonstrationen für mehr Grundrechte tragen nicht zur Verbesserung der Situation bei. Ich sehe da auch keinen weniger Grund, aber immer mehr Rechte. Was all diese Leute zu den Demos auf die Straße bringt, ist Angst, die gleiche Angst, die bei anderen dazu führt, dass sie panisch zuhause sitzen. Ich habe mich entschieden, den Weg der Liebe zu gehen und anderen Menschen zu helfen, wieder in die Liebe zu kommen. Diese Pandemie zeigt uns doch, wie wichtig es ist, sich nicht gegenseitig zu bekämpfen und noch mehr Angst, als ohnehin schon da ist, zu verbreiten.

Was wünschst du dir für die Zukunft?

Aktuell steht der Dreh eines Musikvideos an, in dem ein paar Freund*innen und eine bekannte Tänzerin mitspielen. Das Drehbuch und auch die Locations stehen schon fest. Und dann wünsche ich mir den Tag herbei, an dem ich vor einem großen Auditorium auf die Bühne gehen und aus Heinrich Heines „Deutschland, ein Wintermärchen“ zitieren kann: „Ein neues Lied, ein besseres Lied! Es klingt wie Flöten und Geigen! Das Miserere ist vorbei, Die Sterbeglocken schweigen.“ Bis es soweit ist, wird es wohl noch eine Zeit dauern. Die überbrücke ich mit meiner WorldWideWeb-Tour. Das Konzert im Theaterstübchen wird ja auch gestreamt.

›› Livestream unter: https://www.youtube.com/channel/UCtr_ oMhyysKo4X-h-lQP5Cg

Reizt es dich, nochmal etwas ganz anderes zu machen?

Natürlich, ich kann aber heute nicht sagen, was anders werden soll oder wird. Da lasse ich mich von Emotionen, Erkenntnissen und Inspirationen treiben. Es gibt Musikerinnen, die fingen als Folkie an, spielten eine Zeit lang Rockmusik und wurden großartige Jazzinterpretinnen. Veränderungen sind wichtig, damit man sich auf seinem Weg weiter entfalten kann. Man muss sie nur zulassen.

Vielen Dank für deine Zeit! Wir wünschen dir ein grandioses Konzert im Theaterstübchen und einen spannenden Videodreh.

VISIBLE Konzert im Theaterstübchen am Samstag, 13. Juni 2020, 20.00 Uhr

›› www.theaterstuebchen.de/ ?tribe_events=visible

#bethechange www.SMA.de/karriere

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