FRIZZ Das Magazin Kassel MĂ€rz 2019

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â€șâ€ș FRIZZ MAGAZIN © Andrea Rossetti

© Albrecht Fuchs, Köln

Ausstellungsansicht Forrest Bess im Fridericianum

Direktor Moritz Wesseler

AUFTRITT KASSEL Seit rund 16 Monaten leitet Moritz Wesseler als Direktor das Fridericianum in Kassel. Der 39-jĂ€hrige Kunsthistoriker und Kurator war zuvor Direktor des Kölnischen Kunstvereins, wo er PrĂ€sentationen mit KĂŒnstler*innen wie Alex Da Corte, Leidy Churchman, Petrit Halilaj, Avery Singer oder Andra Ursuta realisierte. Schon mit seinen Auftaktausstellungen in Kassel von Lucas Arruda und Ron Nagle sowie der Schau von Rachel Rose sorgte er fĂŒr internationale Aufmerksamkeit. Vor wenigen Tagen eröffneten sein Team und er Forrest Bess: die erste Ausstellung in Deutschland zu Leben und Werk des KĂŒnstlers seit mehr als drei Jahrzehnten. Grund genug fĂŒr uns, den charismatischen Kurator zum Interview einzuladen und mit ihm ĂŒber die aktuelle Ausstellung, internationalen Erfolg und die Zukunft zu sprechen.

Was ist das Besondere an der aktuellen Ausstellung des US-amerikanischen KĂŒnstlers Forrest Bess? Moritz Wesseler: Forrest Bess ist eine bemerkenswerte und ungewöhnliche Position der US-amerikanischen Nachkriegskunst und hat eine große Relevanz fĂŒr den zeitgenössischen Diskurs. Anhand von mehr als 70 Werken aus institutionellen und privaten Sammlungen zeigt die Ausstellung den kĂŒnstlerischen Wandel von seinen konventionel-

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leren, gegenstĂ€ndlichen Formulierungen hin zu den sogenannten „visionĂ€ren“ Malereien, die das Hauptwerk bilden. Dabei handelt es sich um ungemein anziehende, kleinformatige, abstrakte Bilder, die auf Eingebungen basieren, welche Bess an der Schwelle zwischen Wachzustand und Schlaf hatte. Neben diesen Arbeiten prĂ€sentieren wir auch ausgewĂ€hlte Schriftwechsel und Dokumente, um die Biografie des KĂŒnstlers behutsam nachzuzeichnen und Hintergrundinformationen zu seinen theoretischen AnsĂ€tzen, dem Umgang mit seiner HomosexualitĂ€t oder seinen Theorien zum Hermaphroditismus zu liefern. Erstmals seit 1989 stellen wir so Bess einer breiteren Öffentlichkeit in Deutschland vor und aktualisieren die Rezeption seines Werkes Uns wurde berichtet: Wenn das KuratorenTeam des New Yorker MoMAs eine kĂŒnstlerische Position fĂŒr die nĂ€chste Ausstellung festlegt, können noch gute drei Jahre vergehen, bevor die Ausstellung eröffnet. Wann haben Sie mit der Planung fĂŒr Forrest Bess begonnen? Wie entsteht eine solche Ausstellung? Moritz Wesseler: Vor etwa zehn Jahren bin ich – auch ĂŒber die Rezeption seines Schaffens durch KĂŒnstler*innen wie Robert Gober, Richard Hawkins oder Amy Sillman – auf Bess aufmerksam geworden. Seither hatte ich den Wunsch, eine Ausstellung zu seinem Leben und Werk umzusetwww.frizz-kassel.de

zen. Gedanklich erfolgte die Konzeption insofern schon seit lĂ€ngerer Zeit. Intensiv hat sich das Team des Fridericianum seit circa einem Jahr mit der Realisierung beschĂ€ftigt. So habe ich beispielsweise mit meiner Kollegin Julia Schleis ĂŒber 2.000 Briefe und Unterlagen von Bess in den Archives of American Art in Washington gesichtet. Das war eine aufwĂ€ndige und aufschlussreiche Arbeit, anhand derer sich zeigte, wie wichtig die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit einer KĂŒnstlerpersönlichkeit fĂŒr ein Ausstellungsprojekt sein kann. Ein weiterer zentraler Bestandteil der Vorarbeit lag in der Anfrage und Sicherung von Leihgaben sowie in der Bestimmung der PrĂ€sentationsform im Haus. Zu guter Letzt erfolgte die konkrete Umsetzung der Ausstellung inklusive der logistischen Planung, des Aufbaus, der Pressearbeit sowie der DurchfĂŒhrung der Begleit- und Vermittlungsveranstaltungen. Die Ausstellung prĂ€sentiert sich mit einem umfangreichen Begleitprogramm. Worauf sind Sie besonders stolz? Moritz Wesseler: Meine Kolleg*innen und ich haben Vermittlungsangebote entwickelt, auf deren Vielfalt ich besonders stolz bin, da wir ein großes Spektrum an Alters- und Zielgruppen ansprechen können. Einerseits gibt es die Studiowerkstatt, in der jeden Samstag kleine und große Besucher*innen kostenlos verschiedene kĂŒnst-


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