FRUIT LOGISTICA Preview II

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19. JANUAR 2024

AUFTAKT

06 Deutschland: ‚Ampel‘ hält an Sparplänen beim Agrardiesel fest 07 Lösungen für eine zukunftsfähige Landwirtschaft

08 SO RTIERUNG & VERPACKUNG

08 Sonja Bähr, Tilisco GmbH: „Der Weg zur Umsetzung der europäischen Verpackungsverordnung ist noch extrem steinig“

12 ZSVR/UBA: Recyclingerfolge der dualen Systeme machen Mut

13 BVE: Vorgesehene Plastiksteuer ist unverhältnismäßig und kontraproduktiv

14 Saropack AG/Zeisberger Süd Folie GmbH: Folienverpackungen – nachhaltig und maßgeschneidert

15 DFHV zur PPWR: „Es droht ein Flickenteppich unterschiedlicher Regelungen“

16 SÜDPACK: Kreislaufführung von Kunststoffen vorantreiben

17 Multivac: Neuer Produktionsstandort in Indien

18 Lorentzen & Sievers: Mit frischem Wind zur FRUIT LOGISTICA 2024

20 Coating als Alternative zu Plastikverpackungen –auch zum Verspeisen

22 Recycling/Robotik: Branche zwischen Aufbruch und Regulierung

24 BRANCHEN-INFOS

24 Deutschland: Deutliche Rückgänge in den größten Apfelanbaugebieten

26 Argentinien: Bessere Aussichten für die Citrus-Branche im neuen Jahr?

26 Peru: Mandarinenernte wohl leicht unter Vorjahresniveau

27 Südafrika: Gute Ernte bei Kern- und Steinobst erwartet

28 DIGI TALISIERUNG & SMART FARMING

28 Schweiz: Ernteroboter gegen Personalengpässe

30 QS/HSWT: Foodscanner checkt Qualität von Früchten –schnell, präzise, schonend

32 KI-Beleuchtungssysteme für effizientes Vertical Indoor-Farming

34 UNIKA/DKHV: Austausch mit den Praktikern ist entscheidend

35 LOGISTIK

35 Hafen Hamburg: Kooperation für eine nachhaltigere Zukunft

36 DSLV: „Wirtschaft gerät in eine Sackgasse ohne Wendemöglichkeit“

38 SCHLUSSPUNKT

38 Forschung: Pflanzenparasitische Nematoden auf dem Vormarsch RUBRIKEN

25 DFHV-Kolumne

29 Verbraucherpreise

38 Themenvorschau / Impressum

Titelfoto: juan moyano - Stocksy

„Die PPWR nicht nur als regulatorische Maßnahme zu betrachten, sondern nach Möglichkeit die damit verbundenen Chancen zu ergreifen – das könnte der richtige Weg für alle sein.“

Innovations-Booster PPWR?

Haben Sie sich schon einmal gefragt, wie viel ein Rundballen Stroh mit einem Durchmesser von 1,50 m und einer Breite von 1,20 m ungefähr wiegt? Die Nicht-Landwirtinnen und -Landwirte unter uns dürften da wohl nur grobe Schätzungen denn punktgenaues Wissen parat haben. Die Lösung mit stolzen 250 kg finde ich beeindruckend und sie verdeutlicht jedenfalls mir, dass das Verrücken einer derart schweren Masse alles andere als einfach ist. Wahrscheinlich fragen Sie sich, was das mit Verpackungen zu tun hat, denen wir uns in dieser Ausgabe (ab Seite 8) wieder mit einem SchwerpunktThema widmen. Zugegebenermaßen nicht ganz so viel. Vielmehr geht es darum, der Vorstellungskraft etwas auf die Sprünge zu helfen. Denn: bei 237 kg – und somit nicht ganz so weit entfernt von der Masse eines Rundballen Strohs – lag 2021 die Menge des Verpackungsmülls, die in Deutschland pro Kopf angefallen ist. Das hat das Statistische Bundesamt (Destatis) nach Angaben der EU-Statistikbehörde Eurostat mitgeteilt – ebenso, dass die Pro-Kopf-Menge an Verpackungsmüll seit 2005 um 26 % gestiegen ist. In Bezug auf die anderen EU-Staaten liegt Deutschland in dieser Statistik mit insgesamt 19,7 Mio t (leider) ganz vorn, gefolgt von Italien (13,6 Mio t) und Frankreich (13,4 Mio t). Es ist also schon längst an der Zeit, dass sich daran etwas ändert. Und gerade deshalb kann man auch die geplanten Ziele der in der Diskussion stehenden EU-Verpackunsverordnung (PPWR, steht für Packaging and Packaging Waste Regulation) mit u.a. der Reduktion von Verpackungsmaterialien sowie der Förderung einer nachhaltigen Kreislaufwirtschaft grundsätzlich nur gutheißen. Gleichzeitig damit verbunden sind für mich allerdings auch der Wunsch und die Hoffnung, dass bis zur voraussichtlichen Verabschiedung der Verordnung im Sommer die Sorgen und Einwände – nicht zuletzt auch aus unserer Branche – Gehör bei den Entscheidungsträgern in Brüssel finden und im endgültigen „Papier“ auch berücksichtigt werden. Beispielhaft dafür steht das geplante Verbot für Einwegverpackungen von Obst und Gemüse unter 1,5 kg. Branchenverbände wie u.a. der Deutsche Fruchthandelsverband e.V. (DFHV) weisen aus meiner Sicht zurecht darauf hin, dass ein derartiges Vorgehen einen ungewollten Rattenschwanz an Nachteilen mit sich ziehen würde, an dessen Ende schließlich die Qualität von O+G leiden würde. Und das wäre weder im Sinne der Produzenten, des LEH und erst recht nicht im Sinne der Konsumentinnen und Konsumenten. Ich möchte meinen Beitrag an dieser Stelle allerdings nicht mit Sorgen und Ängsten beenden, sondern vielmehr an die Möglichkeiten verweisen, die sich aus der EU-Verpackungsverordnung ergeben können. Die Entwicklung nachhaltiger Verpackungsalternativen und der Einsatz umweltfreundlicher Materialien werden weiter vorangetrieben. Die PPWR könnte in gewissem Sinne auch als Innovations-Booster fungieren und Hersteller von Verpackungen noch stärker dazu animieren, ihren Beitrag zu einer nachhaltigeren Zukunft zu leisten. Und warum sollte eine derartige Verordnung nicht dazu beitragen, das Bewusstsein der Verbraucherinnen und Verbraucher für einen nachhaltigen Konsum weiter zu schärfen? Die PPWR nicht nur als regulatorische Maßnahme zu betrachten, sondern nach Möglichkeit die damit verbundenen Chancen zu ergreifen – das könnte der richtige Weg für alle sein.

LOGISTICS HUB

2024 PROGRAMME

• A global perspective on key challenges in perishable shipping

• New airfreight services and how they can open new markets

• Sustainability – the green light at the end of the tunnel

• Transport for tomorrow – new technologies for better supply chains

(subject to change)

• Wednesday, 7.2.2024 DAY 1 – GLOBAL TRENDS & OPPORTUNITIES

10.00 Keynote — A fresh global perspective on the international reefer market.

10.30 Panel — How can the perishable logistics business grow in 2024?

11.30 A brand new service centre and logistics concept for Europe’s exotics buyers.

14.00 The sky’s a limit: what does the capacity squeeze mean for airfreighted fresh produce?

14.30 Don’t carry the cost! Learn about the four biggest myths in fresh produce cargo claims.

15.00 The Brexit hangover: how can the UK’s supply chains recover?

15.30 A view from the Middle East: new markets and new frontiers for cool logistics and warehousing.

• Thursday, 8.2.2024 DAY 2 – SUSTAINABLE SUPPLY CHAINS

10.00 Keynote — A deep dive into fresh produce trade flows of the future.

10.30 How do we take a fair approach to Net Zero for airfreighted produce?

11:00 How can banana supply chains survive the permacrisis?

14.00 Keynote — What happens when the next crisis hits?

14.30 Supply chain decarbonisation in action: how to find viable alternatives for East African exporters.

15.00 Better returns: what can the produce business expect from reusable packaging?

15.30 New port security solutions for the digital age.

• Friday, 9.2.2024 DAY 3 – HIGH-TECH SOLUTIONS

10.00 A new, data-driven system to track produce shipments.

10.30 Are we on the right path to paperless produce shipments?

11.00 The world’s first cable-car system for fresh produce.

11.30 Coming in from the cold: How temperature adjustments could save the planet.

FRUCHTHANDEL MAGAZIN

Focus issues for FRUIT LOGISTICA 2024: No. 1/2 2024 to 10/2024

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‚Ampel‘ hält an Sparplänen beim Agrardiesel fest

GROSSKUNDGEBUNG

BERLIN Die Bundesregierung wird keine weiteren Abstriche an ihren Sparplänen zu Lasten der Landwirtschaft machen. Bundesfinanzminister Christian Lindner bekräftigte auf der Großkundgebung mit rund 30.000 Teilnehmern am 15. Januar vor dem Brandenburger Tor in Berlin den Beschluss, die Agrardieselvergünstigung in drei Jahresschritten abzubauen. Er begründete das mit den dringend notwendigen Einsparungen im Bundeshaushalt, zu denen auch die Bauern einen Beitrag leisten müssten. Auch ein Gespräch der Fraktionschefs von SPD, Grünen und FDP mit den Vertretern landwir tschaftlicher Verbände im

Anschluss an die Kundgebung blieb in Sachen Agrardiesel ohne Ergebnis. Der Präsident des Deutschen Bauernverbandes (DBV), Joachim Rukwied, hatte zuvor erneut gefordert, die Streichung der Agrardieselbeihilfe vollständig zurückzunehmen. Nach der Kundgebung zeigte sich Rukwied von der Haltung der Koalition ernüchtert. Er kündigte an, dass der Bauernverband weiter das Gespräch mit der Ampel suchen und eindringlich für eine Lösung beim Agrardiesel werben werde. Sollte dies ergebnislos bleiben, werde man über weitere Schritte nachdenken, so Rukwied. Lindner bot in seiner von lauten Pfiffen und Unmutsbe -

Landwirtschaftliche Erzeugnisse im Wert von 57,9 Milliarden Euro importiert

Von Januar bis November 2023 wurden 44 Mio t landwirtschaftliche Erzeugnisse im Wert von 57,9 Mrd Euro nach Deutschland importiert. Laut Statistischem Bundesamt (Destatis) stiegen die Einfuhren mengenmäßig um 4 % und gingen wertmäßig um 2,5 % zurück. Bei den Importen hatten Waren pflanzlichen Ursprungs einen mengenmäßigen Anteil von 80 %. Wertmäßig überwogen sie mit 65,7 %. Damit wurden 35,2 Mio t Waren pflanzlichen Ursprungs im Wert von 38 Mrd Euro eingeführt. Die Menge stieg um 4,5 % gegenüber Januar bis November 2022, während der Wert um 4,8 % zurückging. Wichtigste Importgüter von landwirtschaftlichen Waren pflanzlichen Ursprungs waren Getreide, Ölsamen, Früchte und Nüsse. 11,1 Mio t Getreide wurden für 3,8 Mrd Euro, 10,3 Mio t Ölsamen im Wert von 6,9 Mrd Euro und 5,8 Mio t Früchte und Nüsse für 10,7 Mrd Euro importiert. Die Einfuhren von Früchten und Nüssen gingen mengenmäßig um 0,1 % zurück, wertmäßig stiegen sie um 0,7 %.

Vor dem Brandenburger Tor versammelten sich rund 30.000 Menschen.

kundungen begleiteten Rede an, den Betrieben entgegenzukommen und Belastungen an anderer Stelle zu reduzieren. Konkret stellte der Bundesfinanzminister in Aussicht, die Tarifglättung bei der Einkommensteuer nun doch zu entfristen und die Einführung einer steuerfreien Risikoausgleichsrücklage zu prüfen. Offen zeigte sich Lindner für die Forderungen nach Bürokratieabbau. Er sprach sich dafür aus, planbare Perspektiven für den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln zu schaffen, Auflagen für die Tierhaltung zu durchforsten, an Biokraftstoffen aus Anbaubiomasse festzuhalten und auf die obligatorische Stilllegung von 4 % im Rahmen der Gemeinsamen EU-Agrarpolitik (GAP) zu verzichten.

Die Verbandsvertreter begrüßten nach dem Zusammentreffen im Bundestag die Gesprächsbereitschaft der Koalition, zeigten sich aber wegen fehlender konkreter Ergebnisse ernüchtert. Nach dem Verbändegespräch kündigte SPD-Fraktionschef Dr. Rolf Mützenich an, dass die Ampel bis zur Sommerpause einen Fahrplan für eine veränderte Agrarpolitik vorlegen werde. AgE

Es wäre wünschenswert, dass nicht ein Wettrennen um die beste Auslegung des Gesetzes, sondern um die beste Lösung im Sinne der Nachhaltigkeit entbrennt.“

Sonja Bähr, Packaging Analyst, Tilisco GmbH Mehr zum Thema Sortierung und Verpackung lesen Sie ab Seite 8.

Anpassungsbeihilfe für Freilandobst

POLITIK Am 15. Januar begann die Auszahlung der Zweiten Anpassungsbeihilfe für Betriebe in den Sektoren, die seit dem Frühjahr 2020 besonders stark unter wirtschaftlichen Schwierigkeiten leiden, berichtet das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL). Auf Baumobst entfällt ein Anteil von 13.619.586,15 Euro bzw. 48,3 %. Bei Beerenobst sind es 5.978.079,41 Euro (21,2 %) und bei Obstbau maschinell 1.748.404,42 Euro (6,2 %). Die Zweite Anpassungsbeihilfe sei auf 15.000 Euro pro Unternehmen begrenzt, damit viele Betriebe profitieren können. Deutschland hat rund 36 Mio Euro von den insgesamt 330 Mio Euro des Hilfspakets erhalten.

Foto: Niels
Reisiner/AgE

Lösungen für eine zukunftsfähige Landwirtschaft

KLIMAKRISE

Der 8. BMUV-Agrarkongress diskutierte am 16. Januar die Frage, wie die Existenzgrundlagen der Landwirtschaft in Zeiten der Klimakrise gesichert und die Landwirtschaft gemeinsam zukunftsfest aufgestellt werden können, so das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL). Bundesumwelt- und Verbraucherschutzministerin Steffi Lemke: „Bauern arbeiten hart, von frühmorgens bis abends und sieben Tage die Woche, um unsere Nahrungsmittel herzustellen. Sie verdienen unser aller Respekt und Wertschätzung. Ein Aspekt kommt in der aktuellen Debatte oft zu kurz: Die Bauern sind auf eine intakte Natur angewiesen, ihre wichtige Arbeit hat nur dann eine Zukunft, wenn wir unsere natürlichen Lebensgrundlagen schützen. Immer häufigere Hochwasserereignisse und Dürren bedrohen die Ernten, Böden werden ausgelaugt und erodieren, ihre Funktion als Wasser- und Kohlenstoffspeicher ist in Gefahr, die biologische Vielfalt schwindet. Der Schutz der Landwirtschaft und Umweltschutz sind deshalb zwei Seiten derselben Medaille. Mein Ministerium treibt viele Projekte voran, um vorzusorgen – und das Land besser an die Folgen der Klimakrise anzupassen. Mit dem Aktionsprogramm für Natürlichen Klimaschutz stärken wir unsere Ökosysteme, mit der Wasserstrategie planen wir den Schutz der wichtigen Ressource Wasser. Damit helfen wir, die Zukunft der Landwirtschaft in Deutschland zu sichern.“ Bundesminister für Landwirtschaft und Ernährung, Cem Özdemir: „Die Klimakrise macht unsere Ernten zum Lotteriespiel. Das kann man in diesen Wochen des Protests leicht vergessen. Viele Bauern sind bereit für Veränderungen, um unsere natürlichen Ressourcen besser zu schützen – oder machen das längst. Unsere Landwirte dürfen aber nicht diejenigen sein, die die Rechnung alleine zahlen. Wir wollen den Höfen ermöglichen, dass sie ein gutes und stabiles Einkommen mit ihren Produkten erzielen und gleichzeitig klima- und umweltfreundlich wirtschaften können. Dafür braucht es planbare und verlässliche Wirtschaftsbedingungen. Ganz im Sinne der Zukunftskommission Landwirtschaft und der Borchert-Kommission setze ich mich dafür ein, die Leistungen der Höfe stärker zu honorieren. Ich bin froh, dass uns das Dialognetzwerk dabei tatkräftig unterstützt, praxistaugliche Lösungen zu finden.“

Foto: Ipopba/AdobeStock

„Der Weg zur Umsetzung der PPWR ist noch extrem steinig“

Tilisco | PPWR ► Verpackungsmüll zu vermeiden, eine Kreislaufwirtschaft aufzubauen und anzutreiben, Verpackungen besser recyclingfähig zu machen und mehr Rezyklat einzusetzen – das alles soll mit der europäischen Verpackungsverordnung (PPWR), die bislang noch nicht in Kraft getreten ist, erreicht werden. Aber was könnte die Verordnung, die derzeit noch in der Diskussionsphase ist, für Unternehmen nun bedeuten? Und vor allem – wie sollten sie sich verhalten? Das Fruchthandel Magazin hat darüber mit Sonja Bähr von der Tilisco GmbH, die technische Unternehmensberatung für ganzheitliches Verpackungsmanagement und Nachhaltigkeit anbietet, gesprochen.

Frau Bähr, ist die geplante Verpackungsverordnung nun ein Fluch oder doch eher ein Segen?

Sonja Bähr: Grundsätzlich bietet die neue Verordnung eine echte Chance, weil es um eine Verpackungsverordnung geht, die für alle in ganz Europa gilt. Wir haben die Möglichkeit, Systeme aufzubauen, die durchlässig und harmonisiert sind und es den Unternehmen einfacher machen, sich daran zu beteiligen. Sie sind somit nicht gezwungen, ihr Kleinklein selbst irgendwie entwerfen zu müssen. Gerade beim Thema Mehrweg kann man sich größeren Lösungen anschließen. Weil viele Unternehmen derzeit aber nicht wirklich wissen, was genau auf sie zukommt und was sie tun sollen, könnte man sicherlich auch von einem Fluch sprechen.

Dass die PPWR kommen wird, daran gibt es eher weniger Zweifel. Wie schätzen Sie das ein?

Ich glaube auch, dass die PPWR kommen wird. Alle miteinander sind derzeit schon so weit und so gezielt bestrebt, die Verordnung mit dem jetzigen Parlament noch vor den Europawahlen zu verabschieden. Ob es die Abfallreduktion ist, das Thema Mehrweg, die Herstellung und Verbesserung der Recyclingfähigkeit der einzelnen Verpackungen oder der Einsatz von Rezyklat – der Weg zur Umsetzung dieser Ziele ist allerdings noch extrem steinig, weil es kaum Vorgaben gibt, wie die Bemessung sein soll oder auch, wo das Material herkommen soll. Derzeit fehlen noch die entsprechenden Details und Ausformulierungen.

Sonja Bähr ist Wirtschaftsingenieurin (FH) und seit mehr als 30 Jahren in der Verpackungsbranche aktiv

Bezüglich der Forderungen der PPWR sind wir im Vergleich zu anderen Ländern in Deutschland doch gar nicht so schlecht aufgestellt. Oder?

Wenn wir mit der deutschen Brille draufschauen, kommen wir von einem sehr hohen Niveau. Das, was gefordert wird, gibt es teilweise schon längst bei uns. Getrennte Abfallsammlung, Kennzeichnung von getrennten Abfällen oder bspw. auch die sortenreine Sortierung der Kunststoffverpackungen, das alles ist bei uns schon gängige Praxis. Auch beim Papierrecycling haben wir eine hohe Quote. Grundsätzlich sind wir, was die Forderungen angeht, sehr gut aufgestellt.

Wie komplex die ganze Thematik rund um die Verpackungsverordnung ist, wird auch dann deutlich, wenn es um die Bewertung der Recyclingfähigkeit von Verpackungsmaterialien geht. Worin liegt die Krux?

Produkte werden grundsätzlich nicht verpackt, damit die Verpackung gut recycelt werden kann. Vielmehr geht es darum, Produkte so zu verpacken, dass sie sehr gut geschützt und vor allem transportund verkaufsfähig sind. Es nützt nichts, einerseits eine super recyclingfähige Verpackung zu haben, dann aber bspw. Beerenobst zermatscht und schimmelig beim Konsumenten ankommt oder der Kunde sie erst gar nicht kaufen kann, weil sie nicht in einer vernünftigen Form dargeboten werden. Das Pro-

Foto: privat

dukt stellt immer die Anforderungen an die Verpackung. An dieser Stelle müssten Unternehmen noch mehr Zeit, Entwicklungsarbeit und natürlich Geld investieren, um die vorhandenen Anforderungen noch besser zu erfüllen und gleichzeitig die zukünftigen, wie eben bspw. die Recyclingfähigkeit, stärker zu integrieren.

Dass alle Verpackungen zukünftig dem Mindeststandard in Sachen Recyclingfähigkeit entsprechen werden, scheint doch eher unwahrscheinlich. Zudem steigt die Verunsicherung bei Unternehmen, weil sie sich nicht sicher sind, welche Verpackung denn nun recyclingfähig ist und welche nicht. Können Sie diese Verunsicherung nachvollziehen?

Ich kann diese Verunsicherung sehr gut nachvollziehen, weil es mittlerweile von vielen dualen Systemen oder von vielen dualen Systemen nahestehenden Instituten ein Geschäftsmodell geworden ist, Zertifikate für die Recyclingfähigkeit auszustellen. Das Problem ist aber, dass es keinen allgemeinen unabhängigen neutralen verbindlichen Standard gibt. Geprüft wird zwar gemäß Mindeststandard, aber mit sehr viel Auslegungsspielraum. In einem Fall wird ein bestimmter Kunststoff als Wertstoff mit dazu genommen, in einem anderen dagegen nicht. Dann ist bspw. der Papierverbund recyclingfähig, in einem anderen Fall aber wieder nicht. Das Fehlen eines allgemein verbindlichen Standards ist ein Riesenproblem und führt bei den Marken und Inverkehrbringern zu Verunsicherungen.

Welchen Rat haben Sie für Unternehmen parat?

Wenn es bspw. um einen Claim geht und Unternehmen Aussagen zu ihrer Recyclingfähigkeit machen, empfehlen wir eher eine Defensivstrategie und im Zweifel nicht nur ein Zertifikat, sondern raten zu einem weiteren. So können Unternehmen vergleichen und sehen, ob beide Zertifikate beieinan-

der liegen oder doch voneinander abweichen. Ist dies der Fall, muss eine Entscheidung über die richtige Kommunikation getroffen werden, dazu bereiten wir zusammen mit dem Unternehmen eine Argumentationsgrundlage vor, so dass mögliche Angriffe vom Wettbewerber oder von NGOs entsprechend entkräftet werden können. Finanziell ist das für Unternehmen leider oftmals ein Horror.

Wie verhält sich der Handel aus Ihrer Sicht?

Der Handel macht sich einen

Die europäische Verpackungsverordnung (PPWR) wird voraussichtlich noch in diesem Sommer verabschiedet – in welcher Form, wird derzeit noch in den Institutionen der EU diskutiert.

schmalen Fuß und prüft gar nichts. Das müssen dann die Hersteller bzw. Inverkehrbringer machen. Wir haben sogar erlebt, dass ein großer Discounter von einem dualen System zum nächsten gewechselt ist und der Meinung war, dass nochmal die Recyclingfähigkeit neu bemessen werden müsste, weil entsprechende Zertifikate nicht anerkannt würden. Da macht sich das Fehlen eines verlässlichen Standards bemerkbar. Nicht zuletzt deshalb ist die PPWR auch mit Hoffnungen verbunden. Ob es da eine so tiefgehende Norm geben

Foto: Paul Grecaud/AdobeStock

Foto:

Der KreislaufwirtschaftButton ist gedrückt. Auch die Recyclingfähigkeit von Verpackungen steht im Mittelpunkt der geplanten Verordnung.

kann, die das im Detail so weit vorgibt, bezweifle ich allerdings.

Verbände und Organisationen aus der Fruchtbranche aber auch der LEH, stehen grundsätzlich hinter einer Weiterentwicklung der Kreislaufwirtschaft im Rahmen der PPWR, sprechen bspw. bei einem allgemeinen Verpackungsverbot für frisches Obst und Gemüse von weniger als 1,5 kg von Willkür. Zudem lasse sich der Sinn dahinter in keinem wissenschaftlichen Gutachten belegen. Wie schätzen Sie dies ein?

Einige der Änderungen hinsichtlich von Bemessungsgrenzen in Bezug auf Angaben und Werte, die in den Entwürfen formuliert sind, entbehren jeder wissenschaftlichen und übrigens auch jeder praktischen Grundlage. Im Vorschlag vom Parlament sollen nur Verpackungen unter 1,5 kg vom Verbot betroffen sein und das gilt auch nicht, wenn die Verpackung vor Prallheitsverlusten, mikrobiologischen Gefahren und physikalischen Schocks schützt. Es ist absehbar, dass dann nur noch mehr verpackt wird. Statt wie bisher ein Netz zu verwenden, schützt die geschlossene Folie doch viel besser vor Feuchtigkeitsverlust und die Kunststoffschale wiederum besser gegen Beschädigung als die flexible Folie. Es muss darum gehen, dass entsprechende Regulierungen für Inverkehrbringer bzw. Unternehmen tragbar sind. Es

kann ja nicht sein, dass man über einzelne Regulierungen Unternehmen unverhältnismäßig hohe Hürden aufbaut und sie auch vor finanzielle Herausforderungen stellt, die sie nicht stemmen können. Es wäre wünschenswert, dass nicht ein Wettrennen um die beste Auslegung des Gesetzes, sondern um die beste Lösung im Sinne der Nachhaltigkeit entbrennt. Wenn es eine Hierarchie der Maßnahmen gäbe, gilt ein Verbot nur für den Fall, dass die Verpackung nicht minimiert, mindestens bis zu einem bestimmten Prozentsatz recyclingfähig ist oder nicht mindestens einen bestimmten Anteil an Rezyklaten beinhaltet. Es müssten klare Anforderungen daran geknüpft sein. Eine derartige Hierarchie gibt es momentan nicht.

Im Obst- und Gemüsebereich ist die Berücksichtigung der Logistik extrem wichtig. Die Frage, wie und wo bspw. zukünftig Mehrwegverpackungen eingesetzt werden sollen und müssen und wie diese Vorgaben auch umgesetzt werden können, dürfte für einigen Diskussionsstoff sorgen. Wenn es dazu kommt, dass Verbände klagen, weil sie bzw. deren Unternehmen entsprechende Vorgaben nicht umsetzen können, dann werden letztlich Gerichte darüber entscheiden, wo bspw. der Einsatz von Mehrweg sinnvoll ist und wo nicht. Meine Befürchtung ist dann allerdings, dass das von Gerichten

entschieden wird, die sich fachlich mit der Sache nicht wirklich so auskennen, wie es sein müsste.

Mit Sicherheit wird die Sorge bei Unternehmen hier und da groß sein, dass sie die mit der PPWR verbundenen Vorgaben nicht in einem bestimmten Zeitrahmen werden umsetzen können.

Die Zeit ist tatsächlich eine entscheidende Komponente. Es ist aber auch gut so, dass es Fristen gibt, ab wann und bis wann etwas gilt. Das sorgt ja auch für eine gewisse Übersicht und ableitend daraus zu einer Aktivität, die man dann angehen muss. Abgesehen davon kann ich mir allerdings nicht vorstellen, dass sofort nach Überschreitung einer Frist oder dem Feststellen eines Verstoßes ein Exempel statuiert werden wird. Vielmehr könnte es zu langwierigen, gerichtlichen Auseinandersetzungen kommen. An dieser Stelle möchte ich betonen, dass wir bei Tilisco Ingenieure und Techniker sind, die die rechtlichen Vorgaben auf technische und praktikable Umsetzung prüfen. Wir erteilen keine Rechtsberatung, erstellen aber entsprechende Stellungnahmen zur Unterstützung der Rechtsanwälte.

Wie handhaben Sie das bei Ihren Kunden – wie laufen Bestandsaufnahmen ab?

Wir schauen uns gemeinsam mit unseren Kunden an, welche Pro-

dukte wie verpackt werden und welche Anforderungen bestehen. Dann legen wir ein Cluster an und schauen, wo der größte Handlungsbedarf ist. Gemeinsam mit dem jeweiligen Unternehmen wird ein eigenes Ranking aufgebaut. So fällt es leichter, Entscheidungen zu treffen und Strategien festzulegen. Je nachdem, was in der Strategie als oberstes Ziel verankert ist, folgen daraus bestimmte Anforderungen und Handlungsspielräume.

Und wie sieht das konkret bei der Betrachtung der Recyclingfähigkeit von Verpackungen im O+G-Bereich aus?

Es geht um die Abbildung des Status Quo. Wie recyclingfähig sind meine Verpackungen aktuell? Wie hoch ist der Anteil an Papier bzw. Karton oder Pappe? Wie hoch ist der Anteil an Kunststoffen? Sind diese gut recyclingfähig und kann hier Rezyklat eingesetzt werden? Kann man mit dem Gewicht noch etwas runtergehen? Gibt es bereits Mehrwegverpackungen und wie ist die Bestell- und Lieferlogistik aufgebaut? Aus diesem Check erstellen wir ein Ampelsystem. Daraus wird schnell deutlich, wo dringender Handlungsbedarf besteht und bei welchen Verpackungen erst mal keine Aktivitäten notwendig sind.

Die PPWR-Verordnungsgeschichte wird in diesem Jahr in die heiße Phase gehen. Das Ergebnis der Verhandlungen muss vom Rat und vom Parlament förmlich angenommen werden. Bis wann rechen Sie mit finalen Entscheidungen?

Die Institutionen der EU haben knapp drei Monate Zeit, in die Triloge zu gehen. Die drei Stakeholder – die Kommission, der Rat und das Parlament – versuchen sich auf einen Kompromiss zu einigen. Wir werden wahrscheinlich Mitte oder Ende März, vielleicht aber auch schon etwas früher, eine finale Version sehen, die dann im EU-Parlament abgestimmt wird, und zwar vor den Europawahlen im Juni.

Aktuell ist also davon auszugehen, dass die Verordnung in bereits bestehender oder auch abgeänderter Form durchgewunken wird. Was bleibt aus Ihrer Sicht am Ende übrig. Der Umfang der Verordnung mit den Hauptpunkten wie der Recyclingfähigkeit, dem Einsatz von Rezyklat oder auch der Mehrwegeinsatz wird im Großen und Ganzen wohl so erhalten bleiben. Und dann wird es bspw. bei Quoten oder auch der Frage, ob Karton nun eine Ausnahme darstellt oder nicht, um das Finetuning gehen. Darüber müssen sich die drei Parteien in der EU erstmal abstimmen. In der Vergangenheit ist es bei anderen Gesetzgebungsprozessen auch schon vorgekommen, dass am Ende in der Verordnung etwas drinstand, was zuvor keiner erwartet hätte, letztlich aber doch verabschiedet wurde. Es ist also auch möglich, dass es zu der einen oder anderen Überraschung kommen kann.

Besteht nicht die Gefahr, dass aufgrund der Optimierungsprozesse bei der Verpackung der Verbraucher am Ende sich in seinem Verhalten so verändert, dass dieses im Widerspruch zu den Zielen der PPWR stehen könnte?

Diese Gefahr ist eher gering. Vielmehr geht es doch darum, dass sich die Verbraucherinnen und Verbraucher weiterhin mit den nötigen Gütern des täglichen Bedarfs, entsprechend der individuellen Bedürfnisse versorgen können. Ein alleinstehender Mensch kauft keinen 5-kg Sack Kartoffeln, hier muss es Alternativen geben, die auch in Richtung unverpackt gehen. An dieser Stelle ist der Handel gefordert und sollte damit beginnen, kreativ zu denken.

Woran denken Sie dabei konkret?

Bislang sind verpackte Waren meist günstiger als unverpackte. Um den Absatz anzukurbeln und die Verpackungsvermeidung zu fördern, wäre es sinnvoll, das Ganze umzudrehen und die unverpackten Produkte günstiger anzubieten.

Wir wissen, dass unverpackt für den Handel mehr Arbeit bedeutet, aber das wäre ein wichtiges Signal, dass man sich seiner Verantwortung und Möglichkeiten der Einflussnahme bewusst ist. Im Übrigen sollte der Handel auch sein Einkaufsverhalten überdenken. Spargelimport aus Südamerika wenige Wochen bevor die Saison regional los geht, kann man aus Nachhaltigkeitsaspekten vermeiden. Und der Handel kann auch bei seinen Anforderungen an seine Lieferanten noch eine ganze Menge machen. Übrigens auch mit Digitalisierung und KI. Da geht es unter anderem auch darum, die eigene Lagerwirtschaft zu überprüfen, was nicht zuletzt dem Verlust von Lebensmitteln entgegenwirken würde.

Die neue Verpackungsverordnung wird sich mit Sicherheit nicht nur auf Unternehmen, sondern letztlich auch auf die Verbraucherinnen und Verbraucher auswirken. Womit rechnen Sie? Am Ende werden die Unternehmen immer verstehen, ihre eigenen höheren Kosten oder Aufwendungen, die sie haben, auf die Produkte umzulegen. Und das macht sich dann eben auch im Geldbeutel des Konsumenten bemerkbar und im geringeren Konsum, was ja wiederum nicht im Interesse der Unternehmen liegt. 

Lose oder doch verpackt? Grundsätzlich ist der Produktschutz wichtig. Stimmen Qualität und Optik, greifen Konsumenten gerne zu.

Recyclingerfolge der dualen Systeme machen Mut

ZSVR | UBA ► Immer mehr Verpackungen sind hochgradig recyclingfähig, die gesetzlichen Recycling-Ziele werden von den dualen Systemen überwiegend erreicht. Im Jahr 2022 kam es aber auch zu gravierenden Verfehlungen der gesetzlichen Quotenvorgaben. Was es noch braucht, welche Herausforderungen bestehen und wie diese zu meistern sind, haben die Zentrale Stelle Verpackungsregister (ZSVR) und das Umweltbundesamt (UBA) Ende vergangenen Jahres auf einer Pressekonferenz in Berlin erläutert.

ZSVA-Vorstand Gunda Rachut (l.) und UBA-Fachbereichsleiterin Bettina Rechenberg bei der gemeinsamen Pressekonferenz im Dezember 2023.

Demnach hätten im Jahr 2022 die dualen Systeme im Durchschnitt die anspruchsvollen gesetzlichen Ziele für das Recycling von Verpackungen aus Papier/Pappe/Kartonagen, Weißblech, Aluminium und Kunststoff erreicht und teilweise sogar deutlich überschritten. Damit werden weiterhin erhebliche Mengen dieser Materialien einem Recycling zugeführt. So lag bei Kunststoffverpackungen die tatsächlich erreichte Zuführungsquote zur werkstofflichen Verwertung bei 67,5 % und damit 4,5 Prozentpunkte über dem gesetzlich vorgegebenen Mindestanteil – vier Jahre zuvor waren es noch weit unter 50 %. Im Durchschnitt aller dualer Systeme wurden die gesetzlichen Recyclingvorgaben für Glasverpackungen, Getränkekartons und sonstige Verbundverpackungen teilweise deutlich verfehlt. Dennoch werden

weiterhin über 50 % der in der gelben Tonne gesammelten Abfälle einem Recycling zugeführt. Dazu sagte Bettina Rechenberg, Fachbereichsleiterin beim UBA: „Es stimmt weiterhin: Mülltrennung lohnt sich. Wir sind erfreut über die guten Recyclingerfolge der dualen Systeme insbesondere bei Metall- und Kunststoffverpackungen. Große Sorgen bereiten uns aktuell vor allem die sonstigen Verbundverpackungen und die unzureichenden Sammelmengen bei Glasverpackungen. Verbraucherinnen und Verbraucher bringen leider noch zu wenig Altglas in die dafür vorgesehenen Sammelcontainer.“ Laut einer Studie des UBA sind Glasverpackungen in aller Regel hochgradig recyclingfähig, sofern es sich nicht um seltene Sondergestaltungen bspw. mit lichtundurchlässigen Lackierungen handelt. Sie können in der Regel eingeschmolzen und für

neue Glasverpackungen verwendet werden – und das immer wieder. Allerdings hilft die beste Verpackungsgestaltung nichts, wenn die leeren Glasverpackungen nach dem Gebrauch im Restmüll entsorgt werden. Nur im Glascontainer können sie – nach Farben sortiert – wieder recycelt werden. Allerdings sinken die Sammelmengen, unter anderem, weil zu wenig auf die Wichtigkeit der Mülltrennung hingewiesen wird und es immer weniger Stellplätze für Glascontainer gibt. In der Folge werden in den Recyclinganlagen geringere Mengen verwertet, das wertvolle Altglas geht verloren. Im Vergleich zum Vorjahr ist die erreichte Recyclingzuführungsquote bei Glas um 3,4 Prozentpunkte gesunken, obwohl das Verpackungsgesetz eine deutliche Steigerung erfordert.

Produktverantwortung für Hersteller

Sonstige Verbundverpackungen seien oft nicht gut zu recyceln, wie eine Studie des UBA zeigt. Fast jede zweite Verpackung, deren Recyclingfähigkeit unter 90 % liegt, ist eine Verbundverpackung. Es gibt zugleich Defizite bei der Recyclinginfrastruktur: Bei Getränkekartonverpackungen und sonstigen Verbundverpackungen sei ein größerer Teil der Verwertungskapazitäten im Jahr 2022 wegen der hohen Energiepreise weggefallen. Dies entbinde die Hersteller jedoch nicht von der Produktverantwortung und die dualen Systeme nicht davon, die gesetzlichen Vorgaben einzuhalten. Gegebenenfalls müssten den vorhandenen Anlagen auskömmliche Preise gezahlt werden oder es müssten Recyclingkapazitäten neu geschaffen werden. Hier bestehe akuter Handlungsbedarf. Es gibt aber auch eine positive Entwicklung bei der Recyclingtechnik für die Getränkekarton-verpackungen: Neuerdings können nicht nur die Papierfasern, sondern auch die Kunststoff- und Aluminiumschichten aus Getränkekartons einem Recycling zugeführt werden. Getränkekartons können durch diese neuen Technologien eine Recyclingfähigkeit von über 90 % erreichen. Dazu müssten noch die Kapazitäten erhöht und auch tatsächlich genutzt werden.

Recyclinggerechtes Design

Eine gute Recyclingfähigkeit einer Verpackung ist Voraussetzung für ein hochwertiges Recycling. Die ZSVR veröffentlicht im Einvernehmen mit dem UBA jährlich

Foto: ZSVR

einen aktualisierten Mindeststandard zur Bemessung der Recyclingfähigkeit von Verpackungen, die typischerweise bei privaten Endverbrauchern als Abfall anfallen. Dieser trägt Verpackungstrends und neuen Anlagentechnologien Rechnung. ZSVRVorstand Gunda Rachut zeigte sich zufrieden: „Wir haben bereits erhebliche Meilensteine auf dem Weg zum hochwertigen Recycling erreicht. Kreislauffähige Lösungen existieren für den Großteil der Verpackungen auf dem Markt. In einigen Bereichen setzen sich die Beteiligten auch entschieden für die Entwicklung von Anlagentechnologien und -kapazitäten ein. Um Ressourcen zu schonen, sind effiziente Kreisläufe unerlässlich.“

Ganz oder gar nicht recyclingfähig

Immer noch am Markt zu sehen sind Verpackungen, deren Material oder Gestaltung ein Recycling nicht ermöglichen. ZSVRVorstand Gunda Rachut erklärt: „Auffällig ist die große Lücke zwischen den hochgradig recyclingfähigen Verpackungen und weiteren Verpackungen – diese sind entweder geringgradig oder gar nicht recyclingfähig. Seit 2018 ist transparent erkennbar, welche Verpackungslösungen nicht hochwertig recycelt werden können. Für diese Verpackungen gibt es ausreichend Alternativen. Warum diese nicht genutzt werden, ist unklar.“ Die Gruppe der von den Systemen gesammelten Verpackungen, für die es keine Quotenvorgabe gibt, z.B. Verpackungen aus Bambus, Holz, Jute, Keramik oder Kork, werden in der Praxis nicht recycelt. Sie sind somit besonders problematisch. 

BUNDESVEREINIGUNG ERNÄHRUNGSINDUSTRIE

Vorgesehene Plastiksteuer ist unverhältnismäßig und kontraproduktiv

Krüger/BVE

Peter Feller, stellv.

BVE-Hauptgeschäftsführer Foto: Nils

Anlässlich der für Ende Januar vorgesehenen Beschlussfassung des Deutschen Bundestages über den Bundeshaushalt 2024 spricht sich die Bundesvereinigung Ernährungsindustrie (BVE) entschieden gegen die Einführung einer Plastiksteuer aus, die insbesondere die Kunststoffverpackungen betreffen würde, die von der Ernährungsindustrie für die Distribution ihrer Produkte eingesetzt werden. Peter Feller, stellv. BVE-Hauptgeschäftsführer, erklärte: „Es ist nicht einzusehen, dass gerade die Inverkehrbringer von Kunststoffverpackungen erneut zur Kasse gebeten werden sollen. Im Rahmen ihrer Herstellerverantwortung müssen unsere Unternehmen bereits seit Jahren erhebliche Aufwendungen für die Sammlung, Sortierung und Verwertung der von ihnen in Verkehr gebrachten Verpackungen tätigen. Ab 2024 kommt zudem eine zusätzliche Belastung durch eine Sonderabgabe für bestimmte Einwegkunststoffverpackungen hinzu.“ Hintergrund der vorgesehenen Plastiksteuer ist die seit 2021 geltende sogenannte EU-Plastikabgabe, die für Deutschland in einer Höhe von rund 1,4 Mrd Euro jährlich zu Buche schlage. Bislang wurde dieser Betrag, ebenso wie in den anderen EUMitgliedstaaten, über den nationalen Haushalt aufgebracht. Anlässlich der bestehenden Finanzierungslücke für den Bundeshaushalt 2024 in Höhe von rund 17 Mrd Euro, die durch die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 15. November 2023 zum zweiten Nachtragshaushaltsgesetz 2021 bedingt worden ist, bestehen seitens der Bundesregierung Überlegungen, eine Teilkompensation über die Belastung von entsprechenden Inverkehrbringern herbeizuführen. In einem gemeinsamen Aufruf kritisieren mehrere Verbände die unausgewogene Ausrichtung der Teilfinanzierung auf den Bereich der Kunststoffverpackungen und die damit verbundenen ökonomischen und ökologischen Auswirkungen. In der Ernährungsindustrie erwirtschaften 5.991 Betriebe einen jährlichen Umsatz von 218,5 Mrd Euro. Mit 637.000 Beschäftigten ist diese Branche der viertgrößte Industriezweig Deutschlands. 90 % der Unternehmen der deutschen Ernährungsindustrie gehören dem Mittelstand an.

Firmengebäude der Saropack AG in Rorschach

Folienverpackungen –nachhaltig und maßgeschneidert

Saropack AG | Zeisberger Süd Folie GmbH ► Vom 7. bis 9. Februar 2024 werden die Saropack AG und Zeisberger Süd Folie GmbH im Rahmen der FRUIT LOGISTICA mit ihren Innovationen und dem Sarogreen-Konzept nachhaltige Folienverpackungen zeigen. Der gemeinsame Messeauftritt der beiden Verpackungsspezialisten soll dabei die Strategie der gebündelten Kompetenz für ihre Lösungen unsterstreichen.

Urs Stillhard, Geschäftsleitung

Saropack AG

Die Saropack Gruppe, so teilt das Unternehmen mit, sei sich ihrer Verantwortung bewusst und liefere mit dem Sarogreen-Konzept kundenorientierte Antworten. Saropack AG

und Zeisberger Süd-Folie GmbH nutzen die Messe als gemeinsame Plattform, um Branchenkennern und Entscheidungsträgern ihr umfassendes Portfolio und das Sarogreen-Konzept für umweltverträgliche und ressourcenschonende Verpackungslösungen zu präsentieren.

Neue Innovationen

Nach der Übernahme der Zeisberger Süd-Folie GmbH durch die Saropack AG Anfang 2023 wachsen die beiden Unternehmen kontinuierlich zusammen und kombinieren ihre Kompetenzen. Als Marktführer im Verkauf von Folienverpackungssystemen im DACH-Raum verfolgt Saropack einen ganzheitlichen Ansatz, der Vertriebs-Knowhow, Verbrauchsmaterial, Maschinen und

Saropacker Flowpack

Maschine

FW550S-LRServo

Saropacker Traysealer

Maschine Auto Tray 380 Duo

technischen Service kombiniert – ergänzt durch die leistungsfährige Folienverarbeitung der Zeisberger Süd-Folie GmbH, Spezialist im Bereich ‚Flexible Packaging’. Die gemeinsamen Synergien versprechen wegweisende Lösungen und sind ein Gewinn für die Kunden. Interessierte erfahren, wie sich Folienverpackungen dank neuester Innovationen in Materialien und Prozesse optimieren lassen. An den Verpackungsmaschinen wird die Funktionalität von nachhaltigen und lebensmittelkonformen Folien mit Recyclinganteilen gezeigt. Über das umfassende Portfolio für maßgeschneiderte und branchenspezifische Lösungen können sich Interessierte am Stand unverbindlich beraten und informieren lassen. 

Halle 4.1, Stand B-44

Fotos: Saropack AG

„Es droht ein Flickenteppich unterschiedlicher Regelungen“

DFHV | PPWR ► Die EU-Kommission, das EU-Parlament und der EU-Rat werden über die neue Verpackungsverordnung (Packaging and Packaging Waste Regulation, kurz PPWR) verhandeln. Unter anderem geht es um ein Verpackungsverbot für Obst und Gemüse. Henning Kleinespel, stellv. Geschäftsführer des Deutschen Fruchthandelsverband e.V. (DFHV), nimmt im Interview dazu Stellung.

Alle stöhnen über zu viel Verpackung. Ist ein solches Verpackungsverbot nicht sinnvoll?

Henning Kleinespel: Auch hier gilt leider, der Teufel steckt im Detail. Das von der EU-Kommission geplante Verbot der Verpackungen für Obst und Gemüse führt keineswegs zu mehr Nachhaltigkeit. Verpackungen dienen bei O+G vor allem dem Schutz der Erzeugnisse vor vorzeitigem Verderb. Dieser Effekt wird von der Politik nicht ausreichend gewürdigt. Die Verpackung ist für viele Erzeugnisse schlichtweg alternativlos.

Die Verpackungsverordnung sieht Beschränkungen für bestimmte Verpackungsformate vor, darunter bei Einwegverpackungen für O+G von weniger als 1,5 kg. Und dagegen haben wir als DFHV gemeinsam mit der Bundesvereinigung der Erzeugerorganisationen Obst und Gemüse e.V. (BVEO), dem Deutschen Raiffeisenverband e.V. (DRV), und dem Bundesausschuss Obst und Gemüse (BOG) protestiert.

Warum?

Ein Verpackungsverbot lediglich für frisches O+G ist willkürlich und benachteiligt frisches O+G gegenüber anderen Lebensmitteln, bei denen nebenbei bemerkt das Potenzial zur Vermeidung von Verpackungen deutlich höher ist. Fällt die Verpackung weg, steigen die Verderbquote und die Handlingkosten. Gleichzeitig nimmt man uns die wichtigste Möglichkeit, für unsere Erzeugnisse zu werben. Im Übrigen mutet man den Verbraucherinnen und Verbrauchern ebenfalls einen höheren

Aufwand für den Transport nach Hause zu. All das macht frisches O+G gegenüber anderen Lebensmitteln unattraktiv und widerspricht damit den Ernährungszielen der Bundesregierung und der EU, den Konsum von O+G zu steigern.

Das Europa-Parlament wird sich in den Trilog-Verhandlungen gegen das Verpackungsverbot einsetzen. Der EU-Rat möchte das Verbot indessen auf Kunststoffverpackungen beschränken und den Mitgliedstaaten die Möglichkeit einräumen, nationale Ausnahmen zu regeln. Das stimmt, wir unterstützen ausdrücklich die Position

des EU-Parlaments. Der Vorschlag des EU-Rates ist hingegen unakzeptabel. Wenn jeder EU-Mitgliedstaat eigene Ausnahmen von dem Verpackungsverbot festlegen kann, droht ein Flickenteppich unterschiedlicher Regelungen. Mit einem freien Warenverkehr hat das nicht mehr viel zu tun. Deshalb werden wir ge-

meinsam mit den anderen Verbänden jetzt weiter versuchen, das Gesetzgebungsverfahren im Sinne der Branche zu beeinflussen. 

Wir sind an der FRUIT LOGISTICA in Berlin

Sehr gerne zeigen wir Ihnen unser umfassendes Portfolio für eine branchenspezifische, perfekte Verpackungslösung: Die richtige Verpackungsmaschine, die geeignete Folie und unser Know-how in der Beratung und im Service. Wir liefern Ihnen ein gewinnbringendes Gesamtpaket nach Ihren Bedürfnissen und unter Berücksichtigung Ihrer Nachhaltigkeitsziele.

Besuchen Sie uns am Stand B44 in der Halle 4.1b.

Henning Kleinespel, stellv. Geschäftsführer des DFHV
Foto: DFHV

Stabile Geschäftsentwicklung mit 4,7 Milliarden Euro Umsatz

ALPLA GROUP Der Verpackungs- und Recyclingspezialist investierte 2023 weltweit in neue Produktionswerke, Recyclinganlagen, Technologien und strategische Akquisitionen. Damit setze das Unternehmen die Weiterentwicklung fort und lege die Basis für die Zukunft. Mit einem Jahresumsatz von 4,7 Mrd Euro gegenüber dem Vorjahreswert von 5,1 Mrd Euro sank der Umsatz um rund acht Prozent. Der moderate Rückgang spiegele vor allem die branchenweite Normalisierung der Materialkosten wider und berichtige das hohe Niveau von 2022. Gleichzeitig wurden Wechselkurseinflüsse wirksam. Während Alpla in den Wachstumsmärkten Afrika und Asien expandierte, stagnierte die Nachfrage in Nord- und Zentralamerika sowie China. „Auf das Jahr der hohen Kosten folgte 2023 branchenweit ein Jahr der gemischten Nachfrage und Fluktuation. Dennoch haben wir eine stabile Wertschöpfung erzielt, umfangreich investiert, innovative Produkte entwickelt und Kapazitäten ausgebaut. Damit wurden die Weichen für ein langfristiges Wachstum gestellt“, betont CEO Philipp Lehner. Alpla produziert in 47 Ländern sichere, leistbare und nachhaltige Verpackungslösungen. Der Personalstand lag 2023 bei 23.300 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Die Standortanzahl stieg durch Neubauten, Erweiterungen und Akquisitionen von 190 auf 196.

Trioworld-Gruppe will Position in Europa und Südamerika stärken

ÜBERNAHME Am 30. Dezember 2023 unterzeichnete die Trioworld-Gruppe eine Vereinbarung zur Übernahme der Wentus GmbH, einem führenden Anbieter von Lösungen für hochleistungsfähige Lebensmittel-, Konsum- und Hygieneverpackungen, von der Egeria Gruppe. „Wir freuen uns sehr, Wentus in der Trioworld-Gruppe begrüßen zu dürfen. Die Übernahme wird uns die Möglichkeit geben, eine noch stärkere Position auf dem Markt für fortschrittliche Lebensmittel-, Verbraucherund Hygieneverpackungen in Europa und Nordamerika aufzubauen. Wentus hat eine nachgewiesene Erfolgsbilanz bei der Versorgung des Marktes mit erstklassigen Produkten und hervorragendem Support, um den Wert für die Kunden zu maximieren. Wir haben großes Vertrauen in die Fähigkeiten der Organisation und des Managements von Wentus und freuen uns darauf, unsere Kräfte zu bündeln und den erfolgreichen Weg fortzusetzen“, sagt Andreas Malmberg, CEO der Trioworld-Gruppe. Die Transaktion unterliegt den üblichen regulatorischen Anforderungen und Genehmigungen. Die Trioworld-Gruppe wird nach Abschluss der Transaktion 100 % der Anteile besitzen.

SÜDPACK

Kreislaufführung von Kunststoffen vorantreiben

Mit Wirkung zum 2. Januar 2024 hat Südpack weitere Anteile an der Carboliq GmbH übernommen und Dirk Hardow zum Geschäftsführer bestellt. Damit unterstreiche Südpack sein Engagement im Bereich der Kreislaufführung von Kunststoffen und dem chemischen Recycling als komplementärer Recyclingtechnologie. Die Übernahme der Mehrheitsanteile an Carboliq wurde am 15. Dezember 2023 unterzeichnet. Für Erik Bouts, CEO bei Südpack, bedeutet dies „einen logischen nächsten Schritt. Wir sehen die Carboliq-Technologie als einen unabdingbaren Baustein für den Transformationsprozess unserer Industrie in Richtung einer zirkulären Wirtschaft.“ Mit der Übernahme untermauere der Folienhersteller zugleich seine führende Position in puncto Kreislaufwirtschaft in der Industrie für flexible Verpackungen. Bis dato sei Südpack der einzige Hersteller von flexiblen Folien, der direkten Zugang zu Kapazitäten für das chemische Recycling habe. „Wir gehen davon aus, dass das chemische Recycling im Rahmen der anstehenden PPWR eine tragende Rolle spielen wird, nicht zuletzt, um die geforderten Rezyklateinsatzquoten, u.a. bei der Herstellung von Lebensmittelverpackungen zu ermöglichen“, so Dirk Hardow, der sich darauf freut, Kunden für die Technologie zu begeistern und das Verfahren gemeinsam mit dem Team von Carboliq weiter im Markt zu etablieren. „Der Übergang zu einer zirkulären Wirtschaft kann nicht nur ausschließlich mit dem mechanischen Recycling, sondern vielmehr durch einen gesunden Mix unterschiedlichster Technologien bewältigt werden.“

Südpack-Standort in Erolzheim

Foto: Südpack

Foto: Alpla Group

Neuer Produktionsstandort in Indien

MULTIVAC Nach einer Bauzeit von weniger als zwei Jahren hat die Multivac Group ihren neuen Produktionsstandort in Giloth/Indien offiziell eröffnet. Der hochmoderne Gebäudekomplex für Vertrieb und Produktion hat eine Nutzfläche von 10.000 m2. Das Investitionsvolumen, so teilt Multivac mit, habe rund 9 Mio Euro betragen. Anfangs werden rund 60 Mitarbeiter am Standort beschäftigt sein. Erklärtes Ziel ist die optimale Versorgung von Kunden in Indien, Sri Lanka und Bangladesh durch regionale Nähe und kürzere Lieferzeiten. „Der südasiatische Raum hat für uns in den letzten Jahren zunehmend an Bedeutung gewonnen“, sagte Christian Traumann, Geschäftsführender Direktor (CEO) der Multivac Group, der das Werk gemeinsam mit den Geschäftsführenden Direktoren Dr. Christian Lau (COO) und Dr. Tobias Richter (CSO) eröffnete. Die Eröffnung in einer der größten und am schnellsten wachsenden Volkswirtschaften sei ein Meilenstein in der Internationalisierung von Multivac. Das Unternehmen verfüge mittlerweile über 13 weitere Produktionsstätten in Deutschland, Österreich, Spanien, Brasilien, Bulgarien, China, Japan und den USA sowie mehr als 80 Vertriebs- und Servicegesellschaften weltweit. Die Nachfrage nach Verpackungsmaschinen für frische Lebensmittel steigt in Indien, Sri Lanka und Bangladesch kontinuierlich, da neben traditionellen lokalen Märkten auch Supermärkte an Bedeutung gewinnen. „Mit unserem neuen Werk in Indien werden wir Lebensmittelproduzenten ebenso wie Medizingüterhersteller dank regionaler Nähe und neuer Produktionskapazität noch besser mit state-of-the-art Verpackungstechnologie und reaktionsschnellem Service versorgen – von der Produktion, über Installation und Inbetriebnahme bis hin zur Wartung“, erklärte Christian Traumann. Das neue Werk nimmt im zweiten Quartal 2024 den Betrieb auf. In einem rund 5.000 m2 großen Produktionsbereich wird Multivac zunächst die Montage von kleinen vollautomatischen Traysealern und kompakten Tiefziehverpackungsmaschinen aufnehmen. Ab 2025 ist zudem die Fertigung von Formsätzen und Werkzeugen für Verpackungsmaschinen geplant.

Am 15. Dezember 2023 hatte die Multivac Group zur offiziellen Eröffnungsfeier eingeladen.

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Foto:
Multivac

Vereint am runden Tisch und gemeinsam den Blick in die Zukunft gerichtet: Frank Schuh (2.v.l), Geschäftsführer der Lorentzen & Sievers GmbH & Co. KG, mit dem Geschäftsführer-Trio der Prodinger Gruppe Christian Graupner (l.), Steffen Prodinger und Sebastian Weichelt (r.).

Lorentzen & Sievers –mit frischem Wind zur FRUIT LOGISTICA 2024

L&S | Prodinger Gruppe ► Vom 7. bis 9. Februar 2024 präsentiert sich Lorentzen & Sievers erstmals als Unternehmen der Prodinger Gruppe auf der FRUIT LOGISTICA in Berlin. Neu für den Verpackungsspezialisten ist zudem die Position in Halle 20, der sog. Deutschlandhalle. Infia, in Deutschland weiterhin von Lorentzen & Sievers vertreten, behält seine Position in Halle 21 bei.

Wie Frank Schuh, Geschäftsführer der Lorentzen & Sievers GmbH & Co. KG, betont, markiere „die Integration in die Prodinger Gruppe einen wichtigen Schritt in unserer über 100jährigen Unternehmensentwicklung. Sie steht für den Beginn einer starken strategischen Partnerschaft, die es uns ermöglicht, den Herausforderungen des Marktes künftig noch besser begegnen zu können und unsere Position am Markt nachhaltig zu stärken. Durch die Übernahme und der damit verbundenen Ressourcenbündelung ergeben sich wertvolle Synergien. Zugleich ebnet die Zusammenführung den Weg zu einer noch effizienteren und kundenorientierteren Ausrichtung, um unseren Kunden auch künftig qualitativ hochwertige Produkte und Dienstleistungen bieten zu können.“

Deckungsgleiches Wertesystem

Die Prodinger Gruppe arbeite intensiv an einer zukunftsorientierten Aufstellung und Ausrichtung, wie Steffen Prodinger, CEO der Prodinger Gruppe und Geschäftsführer der Lorentzen & Sievers GmbH & Co. KG, unterstreicht. „Unsere Wachstumsziele bilden wir über drei Säulen ab: organisches Wachstum, Wachstum durch Diversifikation und Wachstum durch Akquise. Mit Blick auf Akquise haben wir nun durch die Übernahme der Lorentzen & Sievers GmbH und deren gleichzeitige Umfirmierung in die Lorentzen & Sievers GmbH &

Co. KG einen weiteren wichtigen Meilenstein erreicht, der uns sehr stolz macht. Lorentzen & Sievers deckt als absoluter Spezialist und mit Frank Schuh an der Spitze vollständig den Bereich der Lebensmittelverpackung innerhalb unserer Gruppe ab. Gemeinsam wollen wir neue Segmente erschließen und weiterwachsen.

Die Integration in die Prodinger Gruppe steht für den Beginn einer starken strategischen Partnerschaft, die es uns ermöglicht, den Herausforderungen des Marktes künftig noch besser begegnen zu können und unsere Position am Markt nachhaltig zu stärken.”

Lorentzen & Sievers ist dabei eine gleichwertige Schwestergesellschaft zur Prodinger Verpackung GmbH & Co. KG sowie zu unserer im Sommer 2023 gegründeten Produktiv Handel GmbH. Dass dieses Bündnis auf allen Ebenen Zukunft hat, war bereits bei den ersten Treffen spürbar. Strategische Ausrichtung, Philosophie, Wertesystem – das ist nahezu alles deckungsgleich. Und eine gute gemeinsame Unternehmenskultur ist eine der wichtigsten Grundlagen, wenn Unternehmen zusammenfinden. Wir sind sehr stolz, Lorentzen & Sievers in unserer Unternehmensgruppe

zu haben und freuen uns, fortan gemeinsam Chancen zu erkennen und zu entwickeln, um zusammen das richtige Gesamtpaket für alle Anspruchsgruppen entstehen zu lassen.“

Große Herausforderungen für die O+G-Branche

Für 2024 sieht L&S nicht nur in der zu erwartenden europäischen Verpackungsverordnung (PPWR), sondern auch im veränderten Kauf- und Konsumverhalten sowie in der gesellschaftlichen Entwicklung große Herausforderungen auf die Obst- und Gemüsebranche

Gemeinsam mit Lorentzen & Sievers wollen wir neue Segmente erschließen und weiterwachsen. Dabei ist Lorentzen & Sievers eine gleichwertige Schwestergesellschaft zur Prodinger Verpackung GmbH & Co. KG sowie zu unserer im Sommer 2023 gegründeten Produktiv Handel GmbH.”

Steffen Prodinger

zukommen. Auf der FRUIT LOGISTICA sucht der Verpackungsspezialist daher gewohnt vorausschauend den Dialog mit seinen Kunden und Lieferanten. Im gemeinsamen Austausch, auch mit dem LEH, möchte L&S die wichtigsten Aufgaben erarbeiten, um dann auf dieser fundierten Basis in der kommenden Saison entsprechend kreative und clevere Verpackungskonzepte und -lösungen anbieten zu können. Darüber hinaus präsentiert Lorentzen & Sievers neueste Trends sowie eine

bunte Vielzahl an Best Practice Beispielen – u.a. wartet am neu designten L&S-Stand in Halle 20 die virtuelle Darstellung verschiedener Verpackungsformen, die veranschaulicht, wie sich Verpackung auf die Vermarktung eines Produktes auswirkt – und das von Discount bis Premium.

Nächster L&S-Fachaustausch im Juli

Um die aus der PPWR resultierenden Konsequenzen für die Obst- und Gemüse- branche und die erforderlichen Maßnahmen zu verstehen und zu diskutieren, hat L&S den nächsten Fachaustausch in Hamburg auf den 18. Juli 2024 terminiert. Die Teilnehmerzahl ist begrenzt – Interessenten können sich schon jetzt auf die Teilnehmerliste setzen lassen. Anmeldeformulare sind auf dem Stand von Lorentzen & Sievers erhältlich. Natürlich werden Voranmeldungen auch telefonisch oder per E-Mail angenommen. Die finale Zusage erfolgt spätestens acht Wochen vor Veranstaltungsbeginn – sofern erkennbar ist, ob die Verordnung vor der Europawahl Anfang Juni 2024 verabschiedet wird. Der Fachaustausch hat sich in den vergangenen Jahren zu einer echten Institution und festen Größe der Branche etabliert. In den vorherigen beiden Veranstaltungen drehte sich alles um papierbasierte Verpackungen und Kreislaufwirtschaft. Die jeweils einstündigen Vorträge von Referenten aus Wissenschaft und Industrie lassen viel Raum für Fragen und Diskussionen. Die Teilnehmer setzen sich in der Regel aus Vertretern des Handels, Erzeugerorganisationen, Abpackstationen, Produzenten, Industrie und Politik zusammen. 

Halle 20, Stand B-20

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Coating als Alternative zu Plastikverpackungen – auch zum Verspeisen

Forschung ► Seit Herbst 2019 gibt es in Europa das sogenannte Coating, allerdings nur bei Früchten, deren Schale nicht verzehrt wird. Diese dünne Ummantelung soll Plastikverpackungen ersetzen und Früchte länger haltbar machen. Dass es klappt, ist in der Praxis bewiesen. Was wirklich in der Frucht geschieht, wie Coating auch für Früchte mit essbaren Schalen eingesetzt werden könnte und was der Verbraucher davon hält, legte eine Studie am Leibniz-Insitut für Agrartechnik und Bioökonomie (ATB) in Potsdam offen. Das Fruchthandel Magazin sprach mit Dr. Martin Geyer, dem Leiter des inzwischen abgeschlossenen Projektes.

Die Studie ist abgeschlossen und am ATB-Programmbereich Gesunde Lebensmittel laufen neue Projekte. Lassen Sie uns dennoch zurückschauen auf die Coating-Untersuchungen. Worum ging es genau?

Dr. Martin Geyer: Der großflächige Einsatz von Kunststoffumverpackungen gerät bekanntlich zunehmend in die Kritik. Eine Alternative wäre ein dünner Überzug direkt auf der Produktoberfläche, was viele mit Qualitätsverlusten verbundene Prozesse durch Bildung einer Barriere gegen Gasdiffusion verzögern kann. Allerdings erlauben die aktuellen EU-Vorschriften das Auftragen von essbaren Beschichtungen nur für Gartenbauprodukte mit ungenießbaren Schalen. Einzige Ausnahme ist das Apfel-Wachsen. Viele andere Länder hingegen bewerten bereits jetzt mehrere essbare Beschichtungen als verbrauchersicher. Der Lebensmitteleinzelhandel befürwortet daher eine Änderung der Rechtslage bei Produkten, bei denen Coating Sinn macht. Ziel unserer Studie war es, das Potenzial von essbaren Beschichtungen zu ermitteln. Im Mittelpunkt standen dabei weichschalige Früchte, für die wir beispielhaft die Salatgurke untersuchten.

Wie gingen Sie vor? Für die Versuche wurden frische

Im Rahmen der Beobachtung des Verfalls von Salatgurken wurden die Früchte vorab in Wasser getaucht.

Dr. Martin Geyer betont, dass sich die Beschichtung auf Lipidbasis nicht negativ auf Geschmack und Qualität bei Gurken ausgewirkt hat.

Salatgurken vom Lebensmitteleinzelhandel bezogen. Hier in unserem Lager konnten sich die Proben innerhalb von 20 Stunden auf eine Fruchttemperatur von 20 °C einpendeln. Die Exemplare wurden nach dem Zufallsprinzip in Chargen zu je 15 Früchten aufgeteilt und entweder in Wasser (Kontrolle) oder Beschichtung getaucht. Nach der Trocknung auf einem Gitter begann die Beobachtung des Verfalls: Alle Gurken wurden bis zu acht Tage lang bei 20 °C und 65 % relativer Luftfeuchtigkeit gelagert – das waren ungefähr die Bedingungen, denen sie als Auslage auch im Einzelhandel ausgesetzt wären.

Welche Art der Beschichtung haben Sie gewählt?

Foto: ATB
Foto: Heinz

Zum Einstieg wurde die bereits auf dem Markt befindliche lipidbasierte Beschichtung LiquidSeal (Liquidseal B.V., Leiden, Niederlande) verwendet. Bisher wird diese, der wachsähnlichen natürlichen Beschichtung ähnelnde Substanz, zwar nur für Avocado, Mango, Citrusfrüchte und andere Produkte mit harter, nicht essbarer Schale genutzt, aber sie wäre bedenkenlos essbar, denn ihre Hauptbestandteile sind neutrale Glyceride. Später griffen wir auch nach einer Beschichtung auf Zucker-Esther-Basis.

Und dann mussten die Gurken Auskunft geben … … vor allem täglich auf der Waage über ihren Massenverlust, der fast ausschließlich aus Wasserverlust resultiert. An den Lagertagen zwei, vier und acht wurden – zerstörungsfrei – noch andere Werte ermittelt. Neben der physiologischen Wirkung verschiedener am Markt befindlicher (essbarer) Coatings ging es zum Beispiel noch um Auswirkung auf das äußere Erscheinungsbild und speziell auch auf den Geruch. Einen Teil der Daten gewannen wir auch, indem wir in Gasaustauschmessungen die Schale der Frucht mit einem dünnen Blatt Papier simulierten, das beschichtet über ein Gefäß mit Wasser gespannt wurde.

Und das Ergebnis?

Durch die Beschichtung konnte der Wasserverlust der Gurken um 54 % bis 68 % und die Fruchtatmung auf ca. 33 % reduziert werden. Die Verringerung der Gewebesteifigkeit trat zwei Tage später ein, wodurch die Haltbarkeit verlängert wurde. Auch wirkte sich die Anwendung einer essbaren Beschichtung auf Lipidbasis nicht negativ auf Geschmack und Fruchtqualität aus.

Inwieweit ist bekannt, ob der Verbraucher solche essbaren Hüllen annehmen wird? Immerhin verzichtet er damit auf die hygienischen Aspekte der Verpackung. Insgesamt stört sich die Mehrheit der von uns Befragten (88 %)

an den anfallenden Verpackungsabfällen und begrüßt deshalb die Suche nach Alternativen. Zugleich befürwortet eine Mehrheit (77 %) die Anwendung von essbaren Beschichtungen, betont jedoch wichtige Anforderungen an sie, bspw. die Abwaschbarkeit und Coating soll detailliert auf dem Etikett angegeben werden. Rund 59 % der Antwortenden würden Produkte mit einer Beschichtung bevorzugen und nur 2 % würden solche Produkte grundsätzlich nicht kaufen. Aus dem Fragebogen wurde aber auch deutlich, dass sich die Akzeptanz für Obst und Gemüse mit Beschichtung im Wesentlichen auf Produkte bezog, die bisher in Kunststoff verpackt sind, das heißt als Alternative dazu. Die meisten Befragten gaben an, dass sie vollständig unverpackte Produkte gegenüber Produkten mit Beschichtung bevorzugen. Dementsprechend erschien der Einsatz von Beschichtungen vor allem für Produkte relevant, die in der Regel nur verpackt angeboten werden. Der Einsatz von Beschichtungen für regionale Produkte mit kurzen Transportwegen wurde hingegen kritisch gesehen. Doch so eine Umfrage online oder im Supermarkt ist nicht gänzlich repräsentativ. Insofern ist derzeit noch nicht präzise zu sagen, ob und in welcher Form der Verbraucher essbare Beschichtungen auf frischen Gartenbauprodukten akzeptieren wird.

Welche weichschaligen Früchte eignen sich nicht für das Coating? Vor allem jene, so ergaben ein paar unserer Tests am Rande, die eine glatte, wachsartige Schale haben und damit von Natur aus einen starken Verdunstungsschutz aufweisen; Tomate oder Paprika zum Beispiel, auf denen hält keine wachs-

artige Beschichtung. Und bei der Pflaume gehen Bereifung und Farbe verloren.

Dass Beschichtungsmembranen auf der Produktoberfläche die Qualitätsreduzierung verlangsamen, war ja zu erwarten. Welche Ergebnisse der Studie haben Sie hingegen erstaunt?

Welche Mengen an Wasser Salatgurken ohne Beschichtung in kurzer Zeit tatsächlich verliert und, dass eine zu dichte Beschichtung den Reifeverlauf, bspw. bei Birnen, auch negativ beeinflussen kann. Das bedeutet, dass die jeweilige Beschichtung produktspezifisch entwickelt und eingesetzt werden muss.

Und wie sollte die Forschung weitergehen?

Es gibt noch viele offene bzw. noch nicht präzise beantwortete Fragen in Sachen Coating. So müssten unter anderem genauere Aussagen gemacht werden, inwieweit die Beschichtung im Laufe der Reifung mit der CA-Lagerung abgestimmt werden sollte oder an welchem Punkt der Wertschöpfungskette der Überzug aufgebracht werden kann bzw. muss. Und nicht überall wo das Coating möglich wäre, beim Spargel z.B., ist es technisch und wirtschaftlich sinnvoll. Aber das zu beurteilen und jene Stellen zu finden, an denen vielleicht doch noch die herkömmliche Plastikhülle die bessere Lösung ist, gehörte dann nicht mehr zu unserem Projekt. 

Die Studie mit dem Titel „Untersuchung des Potenzials von essbaren Beschichtungen für Gartenbauprodukte am Beispiel von Gurken“ ist online unter www.sciencedirect. com zu finden.

Erscheinungsbild, Geruch, Wasserverlust – regelmäßige Untersuchungen im Rahmen der Studie gaben so einiges preis.

Foto: ATB

Branche zwischen Aufbruch und Regulierung

Recycling | Robotik ► Mehr als 260 Teilnehmer waren der Einladung des Deutschen Verpackungsinstituts e.V. (dvi) gefolgt und diskutierten beim schon traditionellen Jahresendtreffen Entwicklungen und Lösungen für die Branche. Themen waren u.a. neue Wege beim Recycling, ganzheitlich nachhaltige Innovationsarbeit im Verpackungsmaschinenbau und Use-Cases im Bereich Robotik und Künstliche Intelligenz (KI) bis hin zu Kreislauflösungen innovativer Start-ups.

Michael Krainz, Projektleiter der OFI Technologie & Innovation GmbH, sprach in Dresden über das Thema „Kunststoffverpackungen – vom Problemkind zum Umwelthelden“.

Dabei stellte er das gemeinsame Projekt „Ökoverpackt“ des Lebensmittelclusters Oberösterreich mit österreichischen Unternehmen vor.

Das Projektziel: Die Untersuchung und Findung von Lebensmittelverpackungslösungen, die nach möglichst ganzheitlicher objektiver Betrachtung, also unter Einbeziehung von Faktoren wie Produktschutz, Maschinengängigkeit, Ökologie, Ökonomie, relevante Verpackungsfunktionen usw., die optimale Verpackung darstellen.

Das Ergebnis des Ökoverpackt‐Projekts: Bei vielen Kunststoffverpackungstypen gibt es laut Krainz grundsätzlich die Möglichkeit, theoretisch auf recyclingfähige Lösungen ohne Qualitätseinbußen der verpackten Produkte umzustellen. Es gebe Energieeinsparung bei der Kunststoffproduktion durch den Einsatz von Rezyklat (PET) oder Polyolefinen (Polypropylen oder Polyethylen) sowie beim Abpackprozess durch den Einsatz recyclingfähiger PO-Verpackungen, die niedrigere Siegeltemperaturen und niedrigere Tiefzugtemperaturen aufweisen. Zudem könnten Ressourcen wie Erdöl und Erdgas durch den Einsatz von Rezyklat (PET bei Lebensmittel oder PP/PE/PS im technischen Bereich) eingespart werden. Grundsätzlich sei eine Materialreduktion durch den Einsatz recyclingfähiger Verpackungen oft möglich, so Krainz. Auch könnten CO2-Äquivalente beim Einsatz recy-

Das Motto der Veranstaltung lautete „Verpackungen zwischen Regulierung und Aufbruch mit Intelligenz“.

clingfähiger Verpackungen über den kurzen Lebenszyklus im Handel mit großer Reichweite eingespart werden. Auch Kosten ließen sich bei einer zukünftigen Ökomodulation einsparen. Nicht zuletzt könne auch der unerwünschte Umwelteintrag durch Littering über gezielte Sammlungen reduziert werden.

Potenziale von KI und Robotik

Dr. Mehmet Şanlıalp, Vertical Industry Manager F&B, CPG, FMCG, Life‐Sciences/Factory Automation EMEA der Mitsubishi Electric Europe B.V., brachte das Thema KI und Robotik auf die Agenda der Tagung. Unter dem Titel „Innovative Potenziale für Effizienz und Nachhaltigkeit in der Verpackungs‐ und Lebensmittelindustrie“ stellte Şanlıalp

anfangs die 13 wichtigsten Herausforderungen im Markt für „Consumer Packaged Goods“ (CPG) und „Food & Beverage“ (F&B) vor, zu denen unterschiedliche Faktoren wie Lebensmittelverluste, Preisvolatilität, Kreislaufwirtschaft, Klimawandel und der Fachkräftemangel zählen. Im Anschluss widmete sich Şanlıalp den Herausforderungen für die F&B‐Industrie. Auch hier erfuhren die Tagungsteilnehmer eine Vielzahl unterschiedlicher Treiber, zu denen ITSecurity, Time to market, Predictive Maintainance, Printing Food, Pay per Product oder Zero Fault Production gehören. Den Abschluss des „Dreierpacks“ an Herausforderungen bildete ein eingehender Blick auf den Bereich des Manufacturing, wo Şanlıalp „Big Loses“ identifizierte: Qualitätsabweichungen, Maschinenstillzeiten,

Fotos: dvi/André Wagenzik

niedrige Produktivität, ineffiziente Nutzung von Ressourcen, hohe CO2‐Emissionen und hohe Kosten. In dieses Feld hinein projizierte Şanlıalp die bisher unerkannten Potenziale von KI und Robotik. Nach Überzeugung von Şanlıalp wird sich das KI‐basierte Manufacturing auf allen Ebenen durchsetzen, weil es entscheidende Vorteile bei der Reaktionszeit, den Server‐ und Netzwerkkosten sowie bei Schutz und Sicherheit biete. Um KI‐basiertes Manufacturing starten zu können, braucht es nach Ansicht des Experten neben einem Use Case und einem klaren Ziel vor allem auch Domain Experten: „Das heißt nicht nur KI, also nicht nur Datenanalysten dürfen an dem Projekt rumschrauben. Es muss der Maschinenbauer dabei sein, es muss der Endanwender dabei sein“, so Şanlıalp.

Start-up Inspiration

Start‐ups und ihre disruptiven Geschäftsmodelle waren ebenfalls Thema auf der Dresdner Verpackungstagung. Über einen „Systemwandel im Aufbau“ referierte Tatiana Tsarkova, Co-Founder der CU Mehrweg GbR, in ihrem Vortrag zu Mehrwegverpackungen in der Lebensmittelindustrie und präsentierte dabei das skalierte CU-Mehrwegsystem, das 35 % CO2, 45 % Material und 65 % Wasser einspart. Tsarkova stellte dar, wie die Entwicklung und Standardisierung der

CU‐Mehrwegbehälter Innovationen bei Material und Design erforderlich gemacht hatten, um Faktoren wie Produktschutz und Langlebigkeit, Prozess‐ und Platzoptimierung sowie Möglichkeiten zur Individualisierung implementieren zu können. Mit Blick nach vorne sprach die Gründerin von der Nutzung gelernter Prozesse und Optimierungen, um auch weitere Segmente bedienen zu können.

Aktualität im Blick

Im Fokus stünden dabei bequeme Rückgabemöglichkeiten, die Integration in bestehende Prozesse sowie regionale Transportwege. Im

Dr. Mehmet

Şanlıalp ging auf die Themen KI und Robotik ein.

Vivian Loftin von Recyda widmete sich den Herausforderungen zur Erlangung von Recyclingfähigkeit.

Vortrag „Digitale Wege zur Nachhaltigkeit. Software zum Management internationaler Anforderungen“ von Vivian Loftin, Co-Founder von Recyda, drehte sich alles um die komplexen Aufgaben zur Erlangung von Recyclingfähigkeit durch unterschiedliche Anforderungen in den unterschiedlichen Ländern der globalen Märkte und wie sich diese Herausforderung meistern lässt. Loftin legte dar, welche Hürden Markenartikelhersteller, Handel und Verpackungshersteller überwinden müssen, um ihre Verpackungen so zu gestalten, dass sie in allen Zielmärkten recyclingfähig sind. Angesichts differierender gesetzlicher Definitionen und Vorgaben, unterschiedlicher Infrastrukturen für Sammlung, Sortierung und Recycling sowie uneinheitlicher Bestimmungen beim Design for Recycling sowie jeweils abweichenden Kosten durch Abgaben und Steuern erfordere die nötige Compliance viel Zeit. Darüber hinaus sei es mit Blick auf sich beständig ändernder Parameter herausfordernd, auf dem jeweils aktuellen Stand zu bleiben. Die Recyda‐Software setzte zur Lösung dieser Probleme auf Massendatenverarbeitung zur Auswertung, Analyse und für Reportings. Dafür werden laut Loftin zehntausende von Verpackungen automatisiert verarbeiten und gegen Vorgaben geprüft. 

Die Apfelernte 2023 nimmt

Platz 3 der niedrigsten Apfelernten der vergangenen zehn Jahre ein.

Deutliche Rückgänge in den größten Apfelanbaugebieten

Baumobst ► Die Apfelernte 2023 blieb in Deutschland unter der in den vergangenen Jahren meist erreichten Marke von 1 Mio t. Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) nach endgültigen Ernteergebnissen mitteilt, wurden mit rund 941.200 t Äpfeln etwa 129.800 t oder 12,1 % weniger geerntet als im ertragreichen Jahr 2022 (1,1 Mio t).

Im Vergleich zum Durchschnitt der Jahre 2013 bis 2022 fiel die Apfelernte etwa 39.900 t oder 4,1 % geringer aus. Nach den besonders schlechten Erntejahren 2017 mit 596.700 t und 2013 mit 803.800 t nimmt die Apfelernte 2023 Platz 3 der niedrigsten Apfelernten der vergangenen zehn Jahre ein. Ursache für die geringe Erntemenge waren in erster Linie ungünstige Witterungsverhältnisse. Das nasse und kalte Wetter zum Zeitpunkt der Blüte wirkte sich negativ auf die Bestäubung aus und führte teilweise zu Frostschäden. Im Frühsommer auftretende Hitze und Trockenheit setzten vielen Bäumen zusätzlich zu und förderten Sonnenbrand und Trockenstress. Hinzu kamen ein erhöhtes Auftreten von Krankheiten und lokal auftretende Niederschlags- und Hagelereignisse, die im Hochsommer die Früchte beschädigten.

Eine besondere Bedeutung für die heimische Apfelernte haben die beiden größten deutschen Apfel-

Pflaumen und Zwetschen gehören zu den alternierenden Baumobstarten mit schwankenden Ernteerträgen.

anbaugebiete Altes Land (Niedersachsen und Hamburg) und Bodensee (Baden-Württemberg). In Baden-Württemberg wurden 2023 mit 313.600 t die meisten Äpfel geerntet, jedoch 60.800 t oder 16,2 % weniger als 2022. In Niedersachsen wurden mit 282.700 t insgesamt 31.000 t oder 9,9 % weniger Äpfel geerntet als im Vorjahr. Gemessen an der bundesweiten Apfelernte erzielten Baden-Württemberg und Niedersachsen Anteile von 33,3 % beziehungsweise 30 %.

Etwa drei Viertel (74,4 % bzw. 699.600 t) der Apfelernte 2023 waren zur Vermarktung als Tafelobst vorgesehen. An der gesamten erfassten Erntemenge von 1,1 Mio t Baumobst im Jahr 2023 hatten Äpfel einen Anteil von rund 88,1 %.

Pflaumenernte unter dem Vorjahresniveau

Die Erntemenge von Pflaumen und Zwetschen lag 2023 mit 43.800 t um 6,5 % unter dem Vorjahreswert

von 46.800 t. Die durchschnittliche Erntemenge der vergangenen zehn Jahre (45.500 t) wurde nach Angaben von Destatis damit um 3,7 % unterschritten.

Da Pflaumen und Zwetschen zu den alternierenden Baumobstarten gehören, sind von Jahr zu Jahr schwankende Ernteerträge charakteristisch. Aufgrund von ungünstigen Witterungsbedingungen, Schädlingsbefall (z.B. Essigfliegen) und durch Regen verursachtem Aufplatzen der Früchte kam es in einigen Regionen zu Ertragseinbußen. Bei den geernteten Pflaumen spielte die Vermarktung als Tafelobst mit 37.900 t (86,5 %) eine noch bedeutendere Rolle als bei den Äpfeln. Zur Nutzung als Verwertungs- oder Industrieobst wurden nur 4.300 t (9,9 %) verwendet. Unter die Kategorie „nicht vermarktet“ fielen 1.600 t und damit 3,6 % der Früchte.

Die wichtigsten Bundesländer bei der Pflaumenernte waren wie schon in den Vorjahren Baden-Württemberg mit 18.300 t (+0,8 % zum Vorjahr) und Rheinland-Pfalz mit 9.000 t (-18,4 % zum Vorjahr). Die Erntemenge dieser beiden Länder umfasste 62,3 % der diesjährigen deutschen Pflaumenernte. An der gesamten erfassten Erntemenge von 1,1 Mio t Baumobst im Jahr 2023 hatten Pflaumen und Zwetschen einen Anteil von 4,1 %. Zusätzlich wurden in Deutschland 37.800 t Birnen (3,5 %), 32.400 t Süßkirschen (3,0 %), 7.800 t Sauerkirschen (0,7 %) sowie 5.800 t Mirabellen und Renekloden (0,5 %) geerntet. 

Foto: Heinz

ZUR SACHE

Ein Hoch auf das Kartoffeltheorem!

Auch wenn der Begriff Kartoffeltheorem manch einem nicht geläufig ist, so hat unbewusst wahrscheinlich doch schon oft jeder dementsprechend gehandelt, getreu dem Motto „Jetzt ist die Kartoffel da, jetzt muss sie auch gegessen werden!“ – so einfach ist dieses Theorem. Damit soll, so die Ökonomen, ausgedrückt werden, dass ein Bedarf befriedigt werden muss, der vorher gar nicht bestand, sondern erst nachträglich erzeugt wurde.

Irgendwie fiel mir dieser Grundsatz wieder ein, als ich um die Jahreswende die ersten Bilanzen des Lieferkettensorgfaltspflichtgesetzes las. Die einen waren mehr oder weniger zufrieden, anderen war das Gesetz noch zu lasch, anderen ging es viel zu weit. Vor allem die Kritiker forderten vehement eine Nachbesserung dieses Gesetzes. Gut gemeint, aber schlecht gemacht, eine völlige Überforderung der Industrie – so lauteten nur einige der Kritikpunkte.

Ich frage mich allerdings, ob es sich wirklich lohnt, so viel Energie darauf zu verschwenden, dieses Gesetz zu kritisieren und Nachbesserungen zu fordern. Das deutsche Gesetz ist seit mehr als einem Jahr in Kraft und als wäre das noch nicht genug, obendrein ist auch auf europäischer Ebene ein solches Gesetz beschlossen. Und was auf europäischer Ebene beschlossen ist, muss automatisch in nationales Recht umgesetzt werden.

Ganz gleich, was man von diesem und anderen Gesetzen hält, es gilt leider in abgewandelter Form wieder das Kartoffeltheorem: „Jetzt ist das Gesetz beschlossen, jetzt muss es auch umgesetzt werden.“, ergänzt durch den Nachsatz „und das heißt, wir müssen uns daran halten.“

Statt weiter kostbare Energie in die Kritik am Gesetz zu investieren, sollten wir vielleicht versuchen, das Beste aus diesem schlechten Gesetz zu machen. Das ist zwar unbefriedigend, aber es bleibt leider die einzige Möglichkeit. Niemand glaubt, dass sich das federführende Bundesarbeitsministerium auf einmal die weit verbreitete Kritik am Gesetz zu Herzen nimmt und das Gesetz außer Kraft setzt. Konzentrieren wir unsere Energie also lieber darauf, Handreichungen für unsere Mitglieder zu geben und die Kriterien zur Umsetzung der Vorgaben in unserem Sinne, also aus der Sicht der Praxis zu beeinflussen. Auch wenn das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz eher ein willkommenes Instrument für Nicht-Regierungsorganisationen ist, um deren Existenz zu sichern und das Spendenaufkommen weiter zu erhöhen, so müssen sich die am Wirtschaftskreislauf beteiligten Unternehmen dieser Herausforderung stellen, da hilft alles Lamentieren nicht.

So berechtigt unsere Kritik auch sein mag, wir werden das Monstrum Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz nicht mehr aus der Welt schaffen. Ob es uns passt oder nicht, wir sind gezwungen, uns an die gesetzlichen Vorgaben zu halten. Machen wir also das Beste draus, so schwer das auch erscheinen mag. Man kann nur hoffen, dass die Politik künftig auch mal die Wirtschaft zu Rate zieht, bevor man solch irrwitzige und praxisfremde Gesetzesvorhaben beschließt. Wenigstens die Hoffnung kann uns niemand nehmen …

Dieter Krauß

DFHV-Präsident

Bessere Aussichten für die Citrus-Branche im neuen Jahr?

Argentinien ► Die Vorhersage für die argentinische Zitronenproduktion im Wirtschaftsjahr 2023/24 wurde kürzlich um 6,5 % nach oben erhöht. Das US-Landwirtschaftsministerium USDA geht in seiner aktuellen Schätzung von einer Gesamtmenge in Höhe von 1,91 Mio t aus.

Für das wirtschaftlich gebeutelte, ultrakonservativ regierte Land könnte dies ein Lichtblick sein, steht doch auch die Zitronenproduktion seit Jahren unter einem hohen wirtschaftlichen Druck. Wie sich der Kurs des neuen Präsidenten Javier Milei auswirken wird, steht allerdings noch dahin. Hatte er zunächst dem Mercosur-Abkommen eine strikte Absage erteilt, so deutete sich zuletzt ein leichtes Abrücken von dieser Position an. Dass bei Zitronen nun eine Aufwärtsrevision stattfand, ist u.a. auf die optimistischen Aussichten der Produzenten zurückzuführen, die im weiteren Verlauf mit günstigen Wetterbedingungen rechnen. Dennoch befindet sich der Sektor weiter unter Druck. Die argentinische Anbaufläche für Zitronen wird laut der Prognose 2023/24 um 8,9 % auf 41.000 ha zurückgehen. Auch eine Folge dessen, dass die Zitronenproduzenten erheblich von der internationalen Überproduktion auf dem Weltmarkt in Verbindung mit einer stagnierenden Nachfrage betroffen sind. Orangen und Tangerinen weisen dem USDA-Bericht zufolge ebenfalls robuste Wachstumsaussichten auf. Die Produktion frischer Orangen wird voraussichtlich um 44 % auf 900.000 t steigen, während sich die Tangerinen-Produktion um 40 % auf 400.000 t erhöhen soll. Auch beim Export sind die Prognosen im Vergleich zum Vorjahr etwas günstiger. So sollen die Zitronenexporte PERU Mandarinenernte leicht unter Vorjahresniveau erwartet

Foto: B. Ernst

Die argentinische Anbaufläche für Zitronen ist weiter rückläufig.

auf 250.000 t steigen, was einem Anstieg von 25 % zur ersten Prognose entspräche. Auch die Ausfuhren von süßen Citrus-Früchten sollen größer ausfallen als erwartet, bei Orangen um 36 % auf 75.000 t und bei Tangerinen um 87 % auf 56.000 t. Diese Zahlen spiegeln auch den Trend wider, der in Argentiniens Citrus-Branche seit geraumer Zeit zu beobachten ist. Die süßen Citrus-Früchte weisen momentan eine deutlich höhere Wachstumsdynamik auf als der unangefochtene Klassiker des Landes, die Zitrone. 

Die Mandarinen-Produktion in Peru wird für das Wirtschaftsjahr (MY) 2023/24 nach Schätzung des USDA voraussichtlich ein Niveau in Höhe von 545.000 t erreichen. Dies entspräche einem Rückgang um ein Prozent gegenüber dem Vorjahr. Die Erntesaison in Peru dauert von März bis Oktober. Insbesondere zunehmende Wetteranomalien im Zusammenhang mit dem El-Niño-Phänomen werden sich demnach auf die Produktivität auswirken, vor allem bei den Frühsorten. Nach Angaben des El-Niño-Überwachungssystems der peruanischen Regierung ist es wahrscheinlich, dass die warmen Bedingungen – nach einigen kalten Jahren – anhalten werden. Starke Regenfälle und potenzielle Verluste von Anbauflächen aufgrund von Überschwemmungen werden als wahrscheinlich angesehen. Offiziellen Angaben zufolge gibt es in Peru mehr als 3.000 kleine Citrus-Produzenten mit einer durchschnittlichen Fläche von drei Hektar. Praktisch ihre gesamte Produktion bleibt auf dem heimischen Markt. Die peruanische Mandarinen-Produktion für den Export erfolgt überwiegend in industriellen Betrieben von 50 ha oder mehr. Sie verwenden hochmoderne Tropfbewässerungssysteme, die genau die Menge an Wasser und Nährstoffen liefern, um die Produktion zu maximieren. Die Erträge dieser Betriebe liegen bei durchschnittlich 70 t bis 90 t. Es wird erwartet, dass die peruanischen Mandarinenexporte stabil bei 200.000 t bleiben. Im Zeitraum von Januar bis November 2023 exportierte Peru frische Mandarinen hauptsächlich in die Vereinigten Staaten (46 %), die Niederlande (13 %) und das Vereinigte Königreich (10 %).

Gute Ernte bei Kern- und Steinobst erwartet

Hortgro | Südafrika ► Nach einer guten Ernte im vergangenen Jahr starten die südafrikanischen Kern- und Steinobstproduzenten in die neue Saison. Für den Erzeugerverband Hortgro bleiben Deutschland und Europa der Kernmarkt.

Am deutschen Markt kann man sich, so informierte Michael Roos, dessen Agentur Hortgro in Deutschland vertritt, auf eine vielversprechende Ernte freuen. Erwartet werde bei den Nektarinen ein Plus von 18 %, was rund 9,16 Mio Kartons entspricht. Bei Pflaumen gehe man von 13,1 Mio Kartons aus. Pfirsiche hielten sich mit erwarteten 2,15 Mio Kartons auf einem stabilen Niveau. Hinsichtlich der Aprikosen rechnet Hortgro mit 450.029 Kartons. Auch eine Verbraucherkampagne unter dem Slogan „Wunderschönes Land, wunderbares Obst“ werde auf dem deutschen Markt umgesetzt. „Aufmerksamkeitsstark wird unsere Werbung zur FRUIT LOGISTICA sein“, kündigt Michael Roos an: Mit einem LED-Tower im Berliner Hauptbahnhof werden dann auf einer Fläche von 18 m2 täglich bis zu 320.000 Menschen erreicht.

Auch am Point of Sale seien durch die Kooperation mit mehreren großen Playern des Lebensmitteleinzelhandels Aktionen geplant, durch die ROOS mit Hortgro Präsenz zeigen wird. In den sozialen Medien würden Verbraucherinnen und Verbraucher außerdem über Neuigkeiten zum südafrikanischen Kernund Steinobst auf dem Laufenden gehalten.

Um den stabilen Export zu gewährleisten, wollen Hortgro und zwei weitere Erzeugerverbände sich strategisch und operativ beim südafrikanischen Transport- und Logistikunternehmen Transnet einbringen, heißt es. In der Vergangenheit sei es am Hafen von Kapstadt zu Verzögerungen und Unregelmäßigkeiten gekommen. Durch ein Monitoring mit wöchentlichen Meetings sollen diese künftig vermieden werden. „Erstmals wird die Tür

für privatwirtschaftliches Engagement geöffnet, wenn auch leider erst kurz vor zwölf“, so Jacques du Preez, General Manager von Hortgro.

Kürzlich organisierte ROOS gemeinsam mit der englischen Partneragentur Red eine Pressereise nach Süd-

afrika. Das Fruchthandel Magazin war vor Ort und wird in den kommenden Ausgaben darüber berichten. 

Ernteroboter gegen Personalengpässe

Schweiz ► Der zweite Ernteroboter-Prototyp des Schweizer Start-ups Floating Robotics war im vergangenen Herbst deutlich präziser und schneller zwischen den Tomatenreihen unterwegs als im Jahr zuvor. Laut seinem Erbauer Salman Faraji soll das Gerät künftig dreieinhalb Arbeitskräfte ersetzen, teilt der Landwirtschaftliche Informationsdienst (LID) mit.

Gewächshausleiterin Bianca Curcio und RoboterEntwickler Salman Faraji wollen die Tomatenernte automatisieren.

Viele Schweizer Gemüsegärtnerinnen und -gärtner kämpfen selbst mitten in der Saison mit großen Personalfluktuationen. Das bedeutet: Am Morgen fehlen im Gewächshaus plötzlich Leute für die Tomatenernte und andere müssen Überstunden leisten. Maschinen sind zuverlässiger – wenn sie denn funktionieren. Genau daran arbeitet Salman Faraji von Floating Robotics, einem aus einem ETH Spin-off herausgegangenen Start-up aus Zürich, das mit der Entwicklung eines Ernteroboters beschäftigt ist.

Wichtige Erkenntnisse vom ersten Prototypen

2022 ließ der Maschineningenieur einen ersten Prototypen mit einem Roboterarm in zwei Gewächshäusern nach Cherry-Tomaten greifen. Der Roboter bestand primär aus Kameras zur Erkennung der Toma-

tenrispen, der Software und einem Roboterarm. Technisch funktionierten das Ernten und Entlauben

bereits ziemlich gut, doch es fehlte noch an der Präzision und an Geschwindigkeit. Das hinterließ aber höchstens in den beteiligten Gewächshausbetrieben einen etwas ernüchternden ersten Eindruck. Salman Faraji hingegen zog wertvolle Erkenntnisse aus den ersten Versuchen und machte sich zusammen mit seinem technischen Partner Mohsen Moosavi in den folgenden Monaten an die Arbeit, und optimierte die ganze Maschinerie.

Schnellerer Greifarm und bessere Kamera

Im September 2023 war der neue Prototyp fertig: Ein neuer Roboterarm ist nun fix montiert auf einem umgebauten Erntewagen, die Kameras wurden erweitert sowie neu eine Verpackungseinheit mit separatem Abladewagen konstruiert. Der neue Greifarm mit den Mes-

Der Marktstart für den Ernteroboter soll 2025 erfolgen.

Fotos: LID

sern arbeite nun vier Mal schneller als noch im vergangenen Jahr, sagt Salman Faraji.

Der Fokus bei den diesjährigen Versuchen sei aber auf die Präzision gelegt. „Die größte Herausforderung liegt darin, dass die Kameras die Fruchtstiele der Tomatenrispen zuverlässig erkennen und den Roboterarm mit der Schere und dem Greifer an die richtige Stelle führen.“ Hier geht es vor allem um Deep Learning: Die Software wird mit Tausenden von Bildern – in diesem Fall von Tomatenpflanzen – gefüttert und damit ein Algorithmus erstellt, mit dessen Hilfe der Roboter schließlich die richtigen Entscheide fällen kann. Die neue Kameratechnologie könne nun 90 % der Rispen richtig detektieren, sagt der Robotik-Experte. Im Vergleich zum ersten Prototyp würden nun auch Rispen besser erkannt, die hintereinander wachsen.

Marktstart für 2025 geplant

Wie im zurückliegenden Jahr stellt der Gemüsebaubetrieb Beerstecher AG sein Gewächshaus in Hinwil für die Tests zur Verfügung. Salman Farajis Ansprechpartnerin ist dort die Gewächshausleiterin Bianca Curcio. „Wenn wir neue Zukunftslösungen wollen, dann müssen wir solche Projekte auch unterstützen“, erklärt sie das Engagement. Sie ist überzeugt, dass diese Art der Automatisierung kommen wird. Es sei deshalb für die Firma interessant, die Entwicklung des Ernteroboters vor Ort verfolgen und diese so auch etwas steuern zu können. Bei den Versuchen im Herbst 2023 stellt sie große Verbesserungen im Vergleich zu 2022 fest. „Der Roboter ist präziser und schneller geworden.“ Sie sei sicher, dass Salman Faraji weitere wertvolle Erkenntnisse gewinnen werde. Auf deren Umsetzungen im nächsten Jahr ist sie bereits gespannt. Salman Faraji wird den Roboter in den nächsten Monaten weiterentwickeln, wozu auch die Nachtarbeit sowie das automatische Wechseln der Rei-

Die Kameras müssen die Fruchtstiele der Tomatenrispen zuverlässig erkennen und den Roboterarm mit der Schere und dem Greifer an die richtige Stelle führen.

hen gehört. Sein Ziel ist es, dass ein Pflückroboter künftig 1,5 ha Gewächshausfläche abdeckt und dreieinhalb Arbeitskräfte ersetzt. Zurzeit ist er noch auf der Suche nach Investorengeldern. Doch das Interesse aus der ganzen Welt sorgt bei ihm für viel Zuversicht. Die Vermarktung der ersten Geräte ist für 2025 geplant. 

Durchschnittliche Verbraucherpreise in Deutschland (in Euro) in der 2. KW

Anmerkungen: Mittelwerte für die einzelnen Geschäftstypen und für Deutschland insgesamt: mit Umsatzanteilen gewichtet. Wo vs. VjWo in %: Prozentuale Veränderung des vorläufigen Wochenmittelwertes gegenüber der Vorjahreswoche.

Quelle: Verbraucherpreisspiegel der AMI auf Basis des GfK-Haushaltspanels. © AMI. Alle Rechte vorbehalten. Abdruck, Auswertung und Weitergabe nur mit schriftlicher Genehmigung.

Foodscanner checkt Qualität von Früchten –schnell, präzise, schonend

QS | HSWT ► Wie lassen sich Lebensmittelverluste durch punktgenau gereifte Früchte reduzieren? Die QS-Wissenschaftsfonds beschäftigen sich seit 2012 mit den unterschiedlichsten Forschungsfragen. Im konkreten Fall förderten sie ein Projekt der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf (HSWT). Es ging um den Einsatz von Foodscannern, um relevante Qualitätsparamenter von Avocado und Mango zu bestimmen und zu optimieren.

Ziel sei es gewesen, dem Fruchthandel ein funktionales Werkszeug an die Hand zu geben, um Mangos und Avocados optimal zu reifen und so Lebensmittelverluste zu reduzieren, wie Prof. Heike Mempel, die an der HSWT, Fakultät Gartenbau und Lebensmitteltechnologie, lehrt, betont. Um das Projekt zu finanzieren, bewarb sie sich erfolgreich beim „QS-Wissenschaftsfonds Obst, Gemüse und Kartoffeln“, der jedes Jahr zwei bis drei wissenschaftliche Vorhaben mit jeweils bis zu 30.000 Euro unterstützt.

„Die eigens eingerichteten Vorstände, die über die Mittelvergabe entscheiden, schätzen den konkreten Praxisbezug bei den Projektideen“, erläutert Sabrina Melis, die die Bereiche Wissenstransfer und Bu-

siness Development bei der QS Qualität und Sicherheit GmbH in Bonn verantwortet. Bei dem Projekt von Prof. Mempel kooperierte die Hochschule mit einem Praxisbetrieb, der Fruchtimport vanWylick GmbH. Das Unternehmen unterhält im Münchner Raum ein Großhandelslager, das dem Forscherteam zur Verfügung stand. Wissenschaftler und Praktiker widmeten sich dort der Lagerfähigkeit von Avocados und Mangos – denn beide Früchte sind anspruchsvoll: „Von außen können sie perfekt aussehen, während ihr Fruchtfleisch schon braune Stellen zeigt“, erklärt Mempel, die sich in ihrem Forschungsbereich u.a. mit Shelflife-Vorhersagen beschäftigt. Speziell bei Früchten, die in subtropischen Anbaugebieten gedeihen

Innerhalb weniger Sekunden lässt sich mittels Foodscanner die Fruchtqualität bestimmen.

und aus Südamerika oder Afrika importiert werden, sei ein Verlust vor der Vermarktung aus Sicht der Nachhaltigkeit besonders kritisch zu bewerten. „In ihrer CO2-Bilanz gilt der Transport als größter Faktor, dementsprechend heikel ist ihr Verlust“, erklärt Mempel. „Um Mangos und Avocados genussreif in den LEH zu bringen, reift sie der hiesige Großhandel gezielt über drei, vier oder auch fünf Tage in seinen Reifekammern.“

Einheitliche Reifestandards fehlen

Aktuell existieren in Europa keine einheitlichen Reifestandards für Mangos und Avocados, nach denen sich Importeure und Nachreifeunternehmen richten könnten. „Bevor das Team der HSWT mit seiner Arbeit startete, gab es keine nennenswerte Datensammlung zu konkreten Grenzwerten und zur Quantifizierung von Qualitätsverläufen“, ergänzt Melis. „Prozessoptimierungen bei der Reifung von Mangos und Avocados konnten die einzelnen Handelsunternehmen also nur langsam umsetzen und waren dabei stets abhängig von einzelnen Spezialisten.“ Für Prof. Mempel lag eine bessere, da praktikablere und in der Breite standardisiert einsetzbare Lösung im Nahinfrarot-Foodscanner: Die handlichen Geräte nutzen die Analyse der Nahinfrarotspektren (NIRS) und bieten so eine zerstörungsfreie Messtechnik, die auf der Wechselwirkung von Nahinfrarotlicht (NIR) und Materie basiert. Innerhalb weniger Sekunden können NIR-Scanner für ausgewählte

Foto: Simon Goisser

Substanzen die Zusammensetzung bzw. deren Menge in der Frucht analysieren. Bei Früchten zeigt sich etwa eine gute Wechselbeziehung zwischen dem NIRS-Wert und dem Brix-Wert des Fruchtfleischs, was wiederum Rückschlüsse auf die aktuelle Fruchtqualität zulässt. „Die Arbeit mit dieser Technologie verlangt deutlich mehr produktspezifisches Vorwissen als eine simple Temperaturmessung“, erläutert Mempel, die die portablen, etwa ein Kilogramm leichten Geräte bereits in mehreren Forschungsprojekten einsetzte. Stets mit dem Ziel, konkrete NIR-Vorhersagemodelle für einzelne Früchte und Shelf life-Handlungsempfehlungen für den Fruchthandel zu entwickeln. So auch für Mango und Avocado: Die wissenschaftliche Arbeit begann mit der Definition fester Referenzparameter. Neben NIRS und Brix-Wert waren das Trockenmasse, Fruchtfleischfestigkeit und Fruchtfleischfarbe. Danach führten die Forscher sechs Lagertests mit insgesamt 150 Avocados (Sorte: Hass) und 273 Mangos (Sorte: Kent) bei Raumtemperatur durch. Hinzu kamen fünf Versuchsreihen, in denen an weiteren 420 Mangos (ebenfalls Kent) bei Wareneingang, an den Lagertagen zwei und fünf in der Reifekammer sowie bei Warenausgang an den LEH Proben genommen wurden. Auch wenn NIRS und Brix-Wert durch die geschlossene Schale hindurch gemessen werden konnten, wurde die Fruchtschale entfernt, um die weiteren Referenzparameter über das Fruchtfleisch zu analysieren und die Modellgüte zu optimieren. Neben zwei unterschiedlichen NIR-Scannern nutzten die Wissenschaftler verschiedene Messegeräte wie Refraktometer oder ObstPenetrometer.

NIR-Vorhersagemodelle

Mittels chemometrischer Methoden, die die dokumentierten NIR-Spektren mit den weiteren Referenzparametern (Brix, Trockenmasse, Fruchtfleischfestigkeit,

-farbe) korrelieren, entstanden schließlich NIR-Vorhersagemodelle, die Auskunft über den Reifegrad von Mangos und Avocados geben können. Darauf aufbauend wurden die Ergebnisse – im Austausch mit dem Praxisbetrieb – bewertet und erste Modelle, die Aussagen über optimale Reifestadien geben können, entwickelt. Das Ergebnis: Für Avocados entstanden für die Trockenmasse als auch für sämtliche Farbparameter der Fruchtschale gute NIR-Vorhersagemodelle und Grenzwertmodelle (Fruchtschalenfarbe). Für Mangos entwickelte das Team ein gutes Vorhersagemodell zu Fruchtfleischfarbe und Trockenmasse. Zudem ein robustes Vorhersagemodell zur Fruchtfleischfestigkeit, wobei hier die NIR-Spektren direkt am Fruchtfleisch aufgenommen wurden. Auf dieser Grundlage ist es nun möglich, ihre Furchtfleischfarbe und -festigkeit mittels Foodscannern zerstörungsfrei und in sehr präziser Annäherung zu schätzen. Erste Grenzwertmodelle für Mangos entstanden für die drei wichtigsten Qualitäts- und Reifeparameter (Brix, Fruchtfleischfestigkeit-, farbe). „Auf Grundlage unserer NIR-Vorhersage- und Grenz-

Der Foodscanner gewährleistet eine zerstörungsfreie Messtechnik.

wertmodelle lässt sich die gezielte Reifung im Fruchthandel zukünftig besser koordinieren, um dem Verbraucher so Früchte in bester Qualität zu bieten“, bilanziert Mempel. Zudem könne dieser Foodscanner bspw. zur schnellen wie zerstörungsfreien Wareneingangskontrolle von Avocados und Mangos nutzen. „Außerdem wurde deutlich, dass die kontrollierte Reifung in Reifekammern die Homogenität und Qualität von Mangos positiv beeinflusst.“ Zukünftige Forschungen sollten auf den Projektergebnissen aufbauen. Wünschenswert von wissenschaftlicher Seite wäre es die vorhandenen Modelle mit Daten aus dem gesamten Saisonverlauf, aus den Ursprungsländern und von weiteren Sorten auszubauen. „Das KI-Potenzial ist hoch“, so Mempel, zumal auf einer entsprechenden Plattform auch Bilddaten aus optischen Anwendungen (Fruchtschalenfarbe) einfließen könnten. Als bislang kritisch bewertet sie allerdings die Frage der Datenhohheit entlang der Lieferkette und die recht hohen Anschaffungskosten der beiden eingesetzten Foodscanner. Sie liegen aktuell zwischen 3.500 Euro und 9.950 Euro. 

KI-Beleuchtungssysteme für effizientes Vertical Indoor-Farming

TH Köln | Projekt ► Um die wachsende Weltbevölkerung mit nachhaltigen und frischen Lebensmitteln zu versorgen, werden innovative Lösungen und neue Technologien gebraucht. Ein vielversprechender Ansatz ist das Vertical Indoor-Farming, also der Anbau von Fruchtgemüse oder Obst in übereinanderliegenden Kultursystemen in Innenräumen. Um diesen zu optimieren und damit praxistauglicher zu gestalten, arbeitet die TH Köln im Projekt „Smarte Pflanze“ an einem intelligenten Beleuchtungssystem. Dieses soll auf Basis von Künstlicher Intelligenz (KI) für ein effizienteres Pflanzenwachstum sorgen und Energie einsparen

Beim Vertical Farming werden Pflanzen in Etagen in einer geschlossenen Gebäudestruktur angebaut, also in Containern, Hoch-, Lager- oder Gewächshäusern. „Das ermöglicht es, große Mengen von Lebensmitteln auf kleinem Raum und in unmittelbarer Umgebung der Verbraucherinnen und Verbraucher zu erzeugen – und das in gleichbleibender Qualität und unabhängig von Saison und Klima“, sagt Prof. Dr. Mohieddine Jelali vom Institut für Produktentwicklung und Konstruktionstechnik der TH Köln. Denn die vertikale Landwirtschaft sei unabhängig von äußeren Bedingungen wie Sonne, Witterung, Unkraut oder Schädlingen. Dadurch würden weniger Düngemittel benötigt. Zudem könne Wasser eingespart werden, da es in den vertikalen Systemen zum Großteil wiederverwendbar sei. Eine der größten Herausforderungen beim Vertical Farming ist die Beleuchtung der Pflanzen, wie Jelali erklärt: „Diese ist ein wesentlicher Faktor, der das Wachstumsverhalten der Pflanzen beeinflusst. Aktuelle Studien zeigen, dass mehr als 50 % des Energieverbrauchs von vertikalen Farmen durch die Beleuchtung entsteht. Das macht etwa 40 % der gesamten Produktionskosten aus.“ Zwar hätten LED-Beleuchtungskonzepte die Energieeffizienz in den vergangenen Jahren deutlich erhöht, mit Blick auf steigende Strom- und Wärmepreise sei die vertikale Landwirtschaft aber stark gefährdet.

Die Beleuchtung der Pflanzen ist beim Vertical Farming von entscheidender Bedeutung und große Herausforderung zugleich.

Smarte LED-Module –

Test an Chilis und Erdbeeren

Um die Beleuchtung effizienter zu gestalten, entwickelt das Team des Instituts gemeinsam mit dem Projektpartner, der BOEKS GmbH, LED-Module mit integrierten Kameras und Sensoren. Ziel ist es, Pflanzenwachstum und -entwicklung automatisiert zu überwachen. So sollen Algorithmen die aufgenommenen Bilder analysieren, um Wachstumsmuster zu identifizieren, Krankheiten zu erkennen und die Gesundheit der Pflanzen zu kontrollieren. „Das ermöglicht es, die Lichtverhältnisse je nach Wachstumsstadium und Zustand anzupassen. Zudem können durch die gewonnenen Daten fundierte Entscheidungen in Bezug auf Temperatur- und Nährstoffmanagement getroffen werden“, so Jelali.

Entwicklung marktreifer Technologien

Die smarten LED-Module sollen anschließend in einen hydroponischen Demonstrator integriert werden, der ebenfalls im Rahmen des Projekts entstehen soll. In hydroponischen Systemen werden Pflanzen, in diesem Fall Chilis und Erdbeeren, ohne Erde angebaut. Die benötigten Nährstoffe und Düngemittel werden in flüssiger Form an die Wurzeln herangebracht. „Wir werden die Pflanzen unter verschiedenen Wachstumsbedingungen züchten und in regelmäßigen Abständen fotografieren, um einen ausreichend großen Datensatz zu erhalten, mit dem ein maschinelles Lernmodell trainiert

Hydroponisch gezüchtete Chilipflanzen im VIF-Demonstrator im Cologne Lab for Artificial Intelligence and Smart Automation.

Foto: ribalkayuli/AdobeStock:
Foto: TH Köln

Aufbau und Teilsysteme des zu entwickelnden Demonstrators – hier mit zwei Etagen

werden kann. Dieses soll auf Grundlage der erfassten Bilder dann Pflanzenwachstumsstadien erfassen und klassifizieren können, um eine geeignete Beleuchtung auszuwählen“, erklärt Jelali. Die im Projekt zu entwickelnden Lösungsansätze sollen dazu beitragen, das Potenzial der vertikalen Landwirtschaft auszuschöpfen und eine marktreife Technologie zu entwickeln, wie Jelali weiter erläutert: „Nachdem der globale VerticalFarming-Markt während der Corona-Pandemie rückläufig war, attestieren ihm aktuelle Analysen für die kommenden Jahre steigende Wachstumsraten. Allerdings steht die vertikale Landwirtschaft noch vor einigen Herausforderungen und befindet sich derzeit in einer Phase der technologischen Entwicklung. Mit den im Projekt zu erarbeitenden Lösungsansätzen wollen wir einen Beitrag dazu leisten, diese Hürden zu bewältigen.“

Schematische Darstellung einer vertikalen Indoor-Farm mit Angaben zu relevanten Vorteilen

Über das Projekt

Das Forschungsprojekt „Vertikales Anbausystem mit intelligenten Beleuchtungs- und Machine Vision-Modulen zur Optimierung des Pflanzenwachstums von Chilis und Erdbeeren“ (Smarte Pflanze) wird an der TH Köln von Prof. Dr. Mohieddine Jelali vom Institut für Produktentwicklung und Konstruktionstechnik geleitet. Kooperationspartner ist die BOEKS GmbH. Das Projekt wird im Rahmen des Zentralen Innovationsprogramms Mittelstand (ZIM) des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz über einen Zeitraum von zwei Jahren mit rund 215.000 Euro gefördert. 

Austausch mit den Praktikern ist entscheidend

Kartoffelanbau ► Als Diskussionspartner und Impulsgeber waren die Fachkommission Technik der Union der Deutschen Kartoffelwirtschaft e.V. (UNIKA) und der Ausschuss Technik des Deutschen Kartoffelhandelsverbandes e.V. (DKHV) im Dezember 2023 zur Arbeitsgruppe Geoökologie an die Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg (MLU) eingeladen.

Dort erwartete die Gremienmitglieder ein interessantes Programm rund ums Thema „Fernerkundungstechnologie für die Digitalisierung im Pflanzenbau“. Wissenschaftler der MLU und des Helmholtz-Zentrums Potsdam – Deutsches GeoForschungsZentrum GFZ gaben dabei einen Einblick in die Forschungsaktivitäten des digitalen Experimentierfeldes AgriSens DEMMIN 4.0. Ausführlich vorgestellt und diskutiert wurden die Untersuchungen zur digitalen Abschätzung des Wasserbedarfs im Kartoffelanbau sowie zur Entwicklung eines smarten Systems zur Detektion von Steinen auf landwirtschaftlichen Flächen.

Daten als Entscheidungsgrundlage

„Unser Projekt AgriSens DEMMIN 4.0 hat sich zum Ziel gesetzt, Landwirten Fernerkundungsdaten etwa von Satelliten, Flugzeugen und Drohnen zur Verfügung zu stellen und diese als Entscheidungsgrundlage im Betrieb nutzen zu können“, erläuterte Prof. Dr. Christopher

UNIKA/ DKHV-Technikgremien waren zu Gast bei AgriSens DEMMIN 4.0 an der Martin-LutherUniversität HalleWittenberg.

Conrad (MLU), Sprecher des Projektes, in seinem Grußwort. „Der Austausch mit den Praktikern ist daher ganz entscheidend für unsere Arbeit. Am Ende sollen unsere Projektergebnisse dem Landwirt einen Mehrwert bringen. Wie wir das am besten erreichen, können wir nur im gemeinsamen Dialog erarbeiten.“ AgriSens DEMMIN 4.0 ist eines der 14 „Digitalen Experimentierfelder“, welche vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) gefördert werden.

Hoher und dringender Forschungsbedarf

„Forschungsarbeiten rund um die Kartoffel sind in der Vergangenheit leider stark zurückgegangen, dabei besteht in vielen Bereichen ein hoher und dringender Forschungsbedarf. Wir freuen uns daher sehr, dass in dem Projekt um das Team von Prof. Dr. Conrad auch die Kartoffeln im Fokus von Untersuchun-

gen zur Bewässerung stehen“, führt Dr. Rolf Peters, Vorsitzender der UNIKA-Fachkommission Technik an. In vielen Regionen Deutschlands ist die Feldbewässerung als wichtige ertrags- und qualitätsstabilisierende Maßnahme im Kartoffelanbau unumgänglich. Welche Potenziale und Möglichkeiten die Digitalisierung da bietet, ist für die Kartoffelwirtschaft von großem Interesse.

Der Einbezug von landwirtschaftlichen Betrieben in die einzelnen Teilprojekt von AgriSens DEMMIN 4.0 ist ein gutes Beispiel für die Verknüpfung von Wissenschaft und Praxis. Der gemeinsame Austausch war wichtig. Er sorgte auf beiden Seiten für viele neue Erkenntnisse. „Wir haben den Dialog begonnen und werden ihn auch zukünftig weiterführen, denn nur so kann der Transfer von Wissen zwischen den Betrieben und der Wissenschaft erfolgen“, sind sich Prof. Dr. Conrad und Dr. Peters einig. 

Foto:
UNIKA/DKHV

Kooperation für eine nachhaltigere Zukunft

Hafen Hamburg ► Die beiden städtischen Gesellschaften Hamburg Port Authority (HPA) und Hamburger Energiewerke (HEnW) gründen ein Joint Venture, um die Dekarbonisierung des Hamburger Hafens voranzutreiben. Dafür sollen erneuerbare Energien wie Photovoltaik und Windkraft im Hafengebiet weiter ausgebaut und regenerative Energielösungen entwickelt werden.

Die neue Gesellschaft ‚Erneuerbare Hafenenergie Hamburg GmbH‘ wird in einer gleichberechtigten Partnerschaft geführt, in der die beiden Unternehmen ihre Kompetenzen und Fähigkeiten ergänzen. Die HPA ist für die Bewirtschaftung und Entwicklung der Flächen im Hafen zuständig und gleichfalls Stromabnehmer. Die HEnW bringen die nötige Erfahrung für die Planung, den Bau und den Betrieb von Anlagen zur Produktion von Erneuerbaren Energien mit. Zusätzlich besitzen sie die energiewirtschaftlichen Kompetenzen und agieren am Strommarkt. Im ersten Schritt werden im Rahmen von Machbarkeitsprüfungen konkrete Vorhaben mit einem Gesamtpotenzial von rund 70 Megawatt überprüft. Darüber hinaus werden kontinuierlich weitere Flächen für den weiteren Ausbau im Hafen untersucht. Jens Kerstan, Senator für Umwelt, Klima, Energie und Agrarwirtschaft: „Diese einzigartige Kooperation zwischen den städtischen Unternehmen Hamburger Energiewerke und HPA wird die Dekarbonisierung des Hafens vorantreiben. Ein großer Teil des Strombedarfs der Hafenwirtschaft, der HPA und der Hafenunternehmen soll nun mittelfristig aus erneuerbaren Energien wie Windkraft und PV-Anlagen gedeckt werden. Bereits jetzt ist es in Hamburg gelungen, im besonders schwierigen Umfeld des Hafens Windkraftanlagen aufzustellen. Das ist europaweit selten und bundesweit in der Menge einzigartig. Durch die neue Gesellschaft wird sich dies weiter verfestigen. Wir gestalten in Hamburg die Energiewende in allen Bereichen und setzen dabei Maßstäbe. Und ich bin dankbar, dass mit der HEnW und der HPA nun zwei wichtige städtische Unternehmen auch in diesem Bereich an einem Strang ziehen.“

Erneuerbare Energien sollen im Hafengebiet konsequent weiter ausgebaut werden.

Die Gesellschaft soll im Frühjahr dieses Jahres vorbehaltlich eines positiven Ergebnisses der Prüfung nach Landeshaushaltsordnung gegründet werden. Über die zukünftigen Freiflächen-PV- und Windkraftanlagen sollen maßgeblich die HPA und Hafenunternehmen vor Ort mit grünem Hafenstrom versorgt werden. Den Betrieb der Anlagen soll die HEnW gewährleisten, die den erzeugten erneuerbaren Strom anschließend auch abwickelt und an die Stromabnehmer liefern wird. Friedrich Stuhrmann, Geschäftsführer der Hamburg Port Authority: „Die HPA versteht ihr nachhaltiges Handeln als lohnende Zukunftsaufgabe. Aus diesem Grund engagieren wir uns im Sinne der Dekarbonisierung für zukunftsweisende und innovative Technologien und deren Einsatz im Hafen.“ 

PROTESTWOCHE

BGL: Mit „demokratischen Mitteln auf enormen Unmut im Mittelstand hinweisen“

Der Bundesverband für Güterkraftverkehr (BGL) zog kürzlich eine positive Zwischenbilanz zur Aktionswoche, die er gemeinsam mit dem Bauernverband seit dem 8. Januar 2024 durchführt. „Gemeinsam mit den Bauern haben wir deutlich machen können, dass es mit dieser Standort- und Wirtschaftspolitik der Ampel-Koalition so nicht mehr weitergehen kann“, stellte Vorstandssprecher Prof. Dr. Dirk Engelhardt fest. „Die unverhältnismäßige und planlose Abgaben-Mehrbelastung dieser Bundesregierung gefährdet die Existenz von Betrieben und Arbeitsplätzen sowohl in der Transportbranche wie auch der Landwirtschaft.“ Mehrere tausend Lkw hatten sich deutschlandweit an den Protestzügen beteiligt. Die Aktionen verliefen weit überwiegend friedlich. „Ich bin froh und stolz, dass es uns gelungen ist, mit demokratischem Mitteln auf den enormen Unmut im Mittelstand hinzuweisen, ohne uns von radikalen Nationalisten vereinnahmen zu lassen“, stellte Engelhardt fest.

Foto: © Hamburger Energiewerke / Mertens

„Wirtschaft gerät in eine Sackgasse ohne Wendemöglichkeit“

DSLV ► Mit größter Sorge blickt der Bundesverband Spedition und Logistik (DSLV) auf die wirtschaftliche Lage in Deutschland und die zunehmende Verschlechterung politischer Entscheidungsstrukturen. Ungeachtet anhaltend schlechter Konjunkturdaten „peitscht die Bundesregierung ohne ausreichende Anhörung der Wirtschaft und mit zu wenig Rücksicht auf Praktikabilität, Belastbarkeit und Finanzierbarkeit Reformvorhaben durch und stolpert dabei immer wieder über ihr eigenes Tempo“, heißt es in einem aktuellen Statement.

Die politischen Entscheidungsträger hätten auf zu vielen Ebenen den Blick für die wirtschaftliche Existenzsicherung der Betriebe und auch für Arbeitsplätze verloren. Lkw-Mautgesetz, Brennstoffemissionshandelsgesetz und Energieeffizienzgesetz seien nur wenige Beispiele aus der Klimaschutzgesetzgebung, die für den enormen Zuwachs finanzieller und bürokratischer Belastungen in der Speditionsbranche verantwortlich seien. Gleichzeitig, kritisiert der DSLV, hinke der Ausbau der erneuerbaren Energien sowie der Stromnetze dem Bedarf hinterher und die Zulassung alternativer Kraftstoffe versande über Monate im ideologiegeprägten Streit der AmpelKoalitionäre. Bis die Energiewende Realität werde, bleibe der Logistiksektor mangels Alternativen in einer CO2-Kostenfalle stecken – und sichere dem Bund durch die LkwMaut und die CO2-Steuer auf fossile Kraftstoffe auf Jahre Milliardeneinnahmen. Hierzu DSLV-Präsident Axel Plaß: „Sich Veränderungen zu stellen, gehört zum unternehmerischen Risiko. Doch erfolgreich nachhaltig sind Speditionshäuser nur, wenn sie auch nachhaltig erfolgreich bleiben.“ Bei den laufenden haushaltspolitischen Verteilungskämpfen sei abzusehen, dass die finanziellen Mittel des Bundes für eine Förderung der Antriebswende in den kommenden Jahren nicht mehr aufgefüllt werden. „Unter den aktuellen Rahmenbedingungen gerät nicht nur der Klimaschutz, sondern auch die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit vieler Unternehmen in eine Sack-

DSLV-

Präsident Axel Plaß befürchtet, dass die wir tschaftliche Leistungsfähigkeit der Unternehmen ‚unter die Räder‘ gerät.

gasse ohne Wendemöglichkeit“, warnt Plaß. „So scheitert die Verkehrswende endgültig! Politik darf nicht nur fordern, sie muss in vielen Handlungsfeldern auch fördern.“

Dringender Handlungsbedarf

Bei den folgenden Themen besteht aus Sicht des Verbandes besonderer Handlungsbedarf:

• CO2-Mehrfachbepreisung: LkwMaut und CO2-Steuer auf fossile Kraftstoffe summieren sich inzwischen auf 245 Euro pro Tonne CO2. Das entspricht einer Mehrbelastung von 8,4 Mrd Euro pro Jahr allein für die Unternehmen des Straßengüterverkehrs. Die im Koalitionsvertrag angekündigte Entlastung hält die Bundesregierung nicht ein. Im Gegenteil: Die CO2-Steuer wurde in diesem Jahr noch mehr erhöht als ursprüng-

lich vorgesehen. Andere Länder wie Österreich machen vor, dass CO2-Abgaben auch dosiert und inflationsmildernd eingeführt und mit den Lkw-Technikzyklen synchronisiert werden können.

• Sachgerechte Mittelverwendung: Mit jährlich über 15 Mrd Euro allein aus der Lkw-Maut trägt der Straßengüterverkehr zum Bundeshaushalt bei. Als Beitrag zum Klimaschutz müssen zumindest die vereinnahmten Mittel aus den CO2-Abgaben dort reinvestiert werden, wo sie erhoben werden. Dies betrifft auch den Aufbau von Ladeinfrastrukturen und die Anschaffungsförderung für alternativ angetriebene Lkw. In den Bundeshaushalten der nächsten Jahre droht hingegen eine vollständige Mittelabsenkung im KsNI-Förderprogramm auf Null. Damit sorgt die Ampel selbst für einen Stillstand der ökologischen Transformation des Schwerlast-

Foto: DSLV

verkehrs. Denn ohne staatliche Förderung werden die im Vergleich zu Lkw mit Verbrennungsmotoren bis zu dreimal teureren E-Lkw zu Ladenhütern.

• Zielorientier te Steuerentlastung: CO2-Neutralität gelingt nur über ein ausgewogenes Maß an Sanktionen und Anreizen. Bereits mit bestehenden Technologien kann der Straßengüterverkehr problemlos zur CO2-Reduzierung beitragen. Alternative Kraftstoffe müssen deshalb schnellstmöglich zugelassen und steuerbefreit werden.

• Infrastrukturen ertüchtigen und Energiesicherheit und -verfügbarkeit herstellen: Eine leistungsfähige und bedarfsgerechte Verkehrsinfrastruktur (Straßen, Schienen, Wasserwege, See- und Flughäfen) ist ebenso essenziell für den Wirtschaftsstandort Deutschland wie stabile und dichte Stromnetze. Die Verkehrswende gelingt nur durch eine vorgeschaltete Energiewende. Die Bundesregierung muss die Verkehrsinfrastruktur jetzt ebenso zügig ausbauen, wie sie die Energiesicherheit herstellen und die Digitalisierung der Verwaltung beschleunigen muss.

• Bürokratieentlastung: Nichts belastet vor allem den Mittelstand mehr als Bürokratie. Mit dem Wachstumschancengesetz und dem Bürokratieentlastungsgesetz soll der administrative Rahmen gelockert werden. Doch kleinteilig rüstet die Ampel mit immer mehr Auflagen nach. Nicht nur mit einer Verschärfung des Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzes und mit zusätzlichen Lizenzpflichten, die sich aus dem Postrechtsmodernisierungsgesetz ergeben, sorgt die Bundesregierung für einen weiteren Bürokratieaufwuchs in der Logistik. Unter zu viel Bürokratie ächzen auch immer noch die analog aufgestellten Behörden und Ämter, deren reibungsloses Funktionieren Grundvoraussetzung für die Erteilung von Betriebsgenehmigungen etc. ist.

Selbst wenn die Bundesregierung in vielen Punkten nachbessern würde, wäre das generelle Problem aus Sicht des DSLV noch nicht gelöst: So sei das Ladungs- und Transportaufkommen nicht rückläufig, weil sich Logistikkosten deutlich verteuert hätten, sondern weil sich die generellen Rahmenbedingungen für den Industrie- und Handelsstandort Deutschland verschlechtert haben. Viele Unternehmen führen Investitionen aufgrund unsicherer Daten zurück. Den Kunden der Speditionshäuser gehe es zunehmend schlechter und darunter leide auch der Logistiksektor. „Die Wirtschaft steckt in einer tiefen Vertrauenskrise. Die Unternehmen der Logistikbranche und ihre Kunden haben keine Planungssicherheit mehr und sind hochgradig verunsichert“, resümiert Plaß. Inzwischen kanalisiert sich der Unmut über das Regierungsverhalten nicht mehr allein über die Verbände, sondern direkt auf die Straßen. Plaß: „Der Ärger demonstrierender Unternehmen ist verständlich. Offensichtlich bewegt nur noch lautstarker öffentlicher Protest zum Einlenken.“

Schlechte

Kommunikation

Ungeachtet dessen kommuniziere die Bundesregierung schlecht und verschließe sich mehr und mehr der

fachlichen Beratungskompetenz der Wirtschaftsverbände. Anhörungsfristen für komplexe Gesetzgebungsverfahren mit weitreichenden wirtschaftlichen Folgen seien ohne Vorlauffristen meist auf nur wenige Tage begrenzt. „Dies zeugt von offensichtlichem Desinteresse an den Belangen der Wirtschaft“, reklamiert Plaß. „Die sprunghaften Kehrtwenden der Ampel von bereits getroffenen Beschlüssen zeigen ja, dass die Folgen erlassener Gesetze nicht sorgfältig abgeschätzt werden – auch weil die betroffenen Kreise nicht angehört werden. Chancen und Risiken neuer Rechtsvorschriften muss die Bundesregierung aber ausführlich mit der Wirtschaft erörtern. Nur dadurch können Gesetze rechtssicher und praktikabel ausgestaltet werden. Es ist nicht unsere originäre Aufgabe als Verband, unseren Mitgliedsunternehmen die Folgen einer missglückten Gesetzgebung zu erklären.“ Die Bundesregierung müsse faktenbasiert analysieren, welche Maßnahmen tatsächlich praktikabel und finanzierbar seien. Ideologiebasierte, teure und damit nicht realisierbare Zukunftsvisionen müssten durch wirklich wirksame Maßnahmen ersetzt werden. Sonst verliere Deutschland noch weiter im internationalen Wirtschaftsranking. 

Foto: Lukas GojdaAdobeStock

Pflanzenparasitische Nematoden auf dem Vormarsch

FORSCHUNG Der Klimawandel und die genetische Selektion haben den Wurzelknotennematoden in Europa weiter nach Norden gebracht und die Bekämpfung von Zystennematoden erschwert. Diese neuen Parasiten bedrohen wichtige Kulturpflanzen wie Tomaten und Kartoffeln, so Wageningen University & Research (WUR). Um ein klares Bild von der Ausbreitung neuartiger Nematodenarten und -populationen zu erhalten und angemessene und nachhaltige Lösungen für diese Probleme zu finden, starte Wageningen University & Research (WUR) ein Forschungs- und Innovationsprojekt mit 17 europäischen Partnern namens NEM-EMERGE. Das Projekt wurde als Horizon Europe Projekt angenommen und wird mit 7 Mio Euro gefördert. Die Nematoden entziehe der Pflanze Energie, was zu einem Zustand führe, der als „Ermüdung” bezeichnet wird. Infolgedessen wachse die Pflanze kaum noch und sei stark geschwächt, was zu Ernteverlusten und damit zu wirtschaftlichen Schäden führe. Jährlich verursachen allein die Wurzelknoten-Nematoden Ertragseinbußen von mehreren Milliarden Euro. Neben der Fruchtfolge und resistenten Sorten setzen die Landwirte derzeit Breitbandchemikalien zur Bekämpfung dieser Nematoden ein, die unerwünschte negative Nebenwirkungen auf Natur und Umwelt haben. WUR-Forscher Hans Helder: „Aufgrund der globalen Erwärmung werden unsere Winter milder. Infolgedessen wandern die ‚tropischen‘ Wurzelknöteriche weiter nach Norden. Während sie früher nur in Nordafrika und Südeuropa zu finden waren, wurden sie in den vergangenen Jahren auch in Zentralfrankreich und auf dem halben Balkan beobachtet. Darüber hinaus wirkt sich der Klimawandel auf die Bodentemperaturen aus. Bei Temperaturen von 28 Grad oder mehr funktionieren einige wichtige Resistenzgene von Nutzpflanzen nicht mehr. Diese Verteidigungslinie, die Pflanzen vor Parasiten schützt, geht damit verloren. Neben dem Klimawandel ist die genetische Selektion ein weiterer Faktor, der beim Auftreten von Nematoden eine Rolle spielt. Die häufige Verwendung einer begrenzten Anzahl resistenter Pflanzensorten führte zum Auftreten von Nematoden, die weniger empfindlich auf diese Resistenzgene reagieren.”

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Ausgabe ET AS Themenschwerpunkte

0426.01.202412.01.2024FRUIT LOGISTICA Preview III

• Globaler Fruchthandel (Südliche Hemisphäre/Übersee, Nordafrika, Portugal, Türkei, Griechenland, Zypern, Israel, Osteuropa, Skandinavien)

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• Exoten, Spezialitäten

• Produkte im Trend: Ananas

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0426.01.202415.01.2024 Spanien auf der FRUIT LOGISTICA (Beilage)

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FUTURE LAB

• Open forum in the exhibition halls

• 10 sessions of 30 minutes each on 3 trade fair days (7–9 February 2024)

• Free of charge to all visitors and exhibitors

• Simultaneous translation in English, French, German, Italian, Spanish

2024 PROGRAMME (subject to change)

• Wednesday, 7.2.2024

12.00-12.30 Digital Horticultural Systems – developing a digital twin of production and supply chain ecosystems

• Mark Piper, Plant & Food Research, New Zealand

14.00-14.30 Novel cellulose films for sustainable food packaging

• Vinay Kumar, VTT Technical Research Centre of Finland, Finland

15.00-15.30 Heat waves in fruit production – do we have enough data?

• Dr. Manuela Zude-Sasse, Leibniz Institute for Agricultural Engineering and Bioeconomy e.V. (ATB), Germany

• Thursday, 8.2.2024

11.00-11.30 Transforming Soft Fruit Farming – The true magic of embracing data driven innovations and strategies

• Theo Slaats, Yield Computer BV, Netherlands

12.00-12.30 Using smart orchard design and ecosystem services for increased yield and quality of macadamia nuts

• Mina Anders, Georg-August-Universität Göttingen, Germany

14.00-14.30 Sustainability – challenges for the fresh produce supply chain and which new solutions is Rijk Zwaan offering?

• Jan Doldersum, Rijk Zwaan, Netherlands

15.00-15.30 EDEN ISS: Analogue Testing of Plant Cultivation for Space

• Prof. Dr. Ing. Daniel Schubert, DLR - German Aerospace Center, Germany

• Friday, 9.2.2024

11.00-11.30 Unravelling the molecular control of the strawberry fruit ripening

• Francisco Javier Molina-Hidalgo, Department of Biochemistry and Molecular Biology, University of Córdoba, Spain

12.00-12.30 Current status, opportunities and challenges for hazelnut production in Germany

• Dr. Martin Penzel, Research Center for Horticultural Crop Plants, Germany

FRUCHTHANDEL MAGAZIN

Focus issues for FRUIT LOGISTICA 2024: No. 1/2 2024 to 10/2024

Fruchthandel Magazin-Advertising Department: anzeigen@fruchthandel.de

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DEUTSCHER FRUCHT PREIS

SO MELDEN SIE IHRE ABTEILUNG ZUM WETTBEWERB

• Ihre Daten geben Sie in das Anmeldeformular unter www.rundschau/Wettbewerbe ein.

• Reichen Sie bitte mindestens fünf aussagekräftige Fotos ein, gerne auch eine Präsentation, Videoclip, weiteres Material. Alles digital hochladen oder per Wetransfer senden.

• Anmelden können Sie Ihren Markt ab sofort bis spätestens 20.01.2024.

• Die Jury achtet auf: Sortimentsbreite, -tiefe, Aktualität, Präsentation, Warenkunde, Beschriftung, Beratung, Mitarbeiterengagement, PoS-Marketing, eigene Ideen, Kreativität

Unterstützt von:

SO PROFITIERT IHR MARKT VON DER TEILNAHME

• Der Wettbewerb motiviert Mitarbeiter, gemeinsam auf den Sieg hinzuarbeiten.

• Teilnehmer erhalten ein Coaching in Form einer individuellen Beurteilung.

• Die Sieger sind Vorzeigeabteilungen für die Branche und setzen Maßstäbe.

• Alle Gewinner erhalten einen Imageclip für ihre Marketingzwecke.

• Die Auszeichnung stärkt das Image und das Vertrauen der Kunden.

• Gewinner berichten über signifikante Umsatzsteigerungen.

Mehr Informationen und den Anmeldebogen finden Sie unter: https://www.rundschau.de/ wettbewerbe/fruchtpreis

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