Inhaltsverzeichnis Vorbemerkung und Dank ...........................................4
12.4 12.5 12.6 12.7 12.8 12.9 12.10 12.11 12.12
Spezielle konstruktive Aspekte .................................47 Lasttragende Strohballenwände ...............................47 Nicht lasttragende Strohballenwände .......................49 Fundament- und Sockelausbildung / Fußbodenanschluss ...................................................50 Wandausbildung bei nicht lasttragenden Bauten ......52 Ringbalken................................................................55 Fenster und Türen.....................................................56 Anschluss von Wand und Dach.................................57 Innenwände..............................................................57 Zwischendecken .......................................................58 Leitungsführung .......................................................58 Befestigung von schweren Gegenständen.................59 Nischen und Wandlampen ........................................59
13
Innenputze ...............................................................60
14 14.1 14.2 14.3 14.4 14.5 14.6
Außenputze ..............................................................62 Allgemeines ..............................................................62 Lehmputze................................................................62 Stabilisierte Lehmputze .............................................62 Kalkputze..................................................................64 Kalkputze auf Lehmunterputz ...................................65 Putzanschlüsse .........................................................65
15
Anstriche ..................................................................66 Reiner Kalkanstrich ...................................................66 Kalk-Kasein-Anstrich .................................................66 Borax-Kaseinanstrich.................................................67 Farbloser Kaseinanstrich ............................................67 Weitere stabilisierte Kalkanstriche .............................67 Leimfarben- und Schlemmkreideanstriche.................67 Silikatfarben und andere marktübliche Anstriche.......67
16
Hydrophobierung .....................................................68
17
Verschalungen ..........................................................69
18
Baukosten, Zeitaufwand, Eigenleistung ...................69
Passivhäuser mit Strohballendämmung ...................36
19
Gebäudeversicherung ...............................................71
8 8.1 8.2 8.3 8.4 8.5 8.6
Wandkonstruktionssysteme .....................................37 Definitionen und Bauweisen ....................................37 Lasttragende Wände.................................................38 Nicht lasttragende Wände ........................................39 Vorgesetzte Strohdämmung im Neubau ...................40 Nachträgliche Dämmung mit Strohballen..................40 Vergleichende Beurteilung der Systeme.....................41
20
Bauzulassung, Baugenehmigung ............................71
21
9
Gewölbekonstruktionen aus Strohballen .................42
10
Dachdämmung ........................................................44
11
Fußbodendämmung ................................................46
Bauablauf .................................................................73 Brandgefahr abwehren .............................................73 Prüfen der Ballenqualität ...........................................73 Transport und Lagerung............................................73 Bestimmung der Rohdichte .......................................73 Nachverdichten.........................................................73 Teilen ........................................................................74 Verformen ................................................................74 Regenschutz .............................................................74 Einbau der Ballen und Stabilisierung der Wand .........74
1 1.1 1.2 1.3
Einführung..................................................................5 Zur Situation ..............................................................6 Bauen mit Stroh, ein Beitrag zur Nachhaltigkeit des Bauens..................................................................6 Bedenken und Ängste .................................................7
2 2.1 2.2
Zur Geschichte und Verbreitung ................................8 Die frühen Bauten (1880 – 1980) ..............................8 Die Renaissance des Strohballenbaus ........................10
3 3.1 3.2 3.3
Vom Stroh zum Baustrohballen ...............................14 Stroharten .................................................................14 Herstellung von Strohballen ......................................14 Strohballen zum Bauen und Qualitätssicherung ........16
4 4.1 4.2 4.3 4.4 4.5 4.6
Bauphysikalische Aspekte .......................................18 Wärmeleitung und Wärmedämmung ......................18 Wärmespeicherung ...................................................19 Wärmebrücken ........................................................20 Feuchteschutz und Feuchteverhalten ........................21 Schallschutz ..............................................................26 Brandschutz ..............................................................27
5 5.1 5.2 5.3
CO2-Gehalt und Primärenergiegehalt von Strohballen und Strohballenwänden.........................29 Grundlagen...............................................................29 Primärenergieinhalt von Strohballen..........................29 PEI verschiedener Baustoffe und Konstruktionen ......30
6 6.1 6.2 6.3 6.4 6.5 6.6 6.7
Grundlagen der Tragwerksplanung ..........................31 Schlankheit ...............................................................31 Stauchung ................................................................31 Kriechen ..................................................................33 Spannungsabbau ......................................................33 Partielle Lasteinleitung .............................................34 Verformung der Wände bei Horizontallast ...............35 Erdbebensicherheit....................................................35
7
12 12.1 12.2 12.3
3
Vorspannen der Wand .............................................75 Nachspannen bei lasttragenden Wänden.................76 Beseitigung von Beulen............................................76 Verfüllen von Fugen, Dellen.....................................76 Scheren der Oberfläche ...........................................77 Aufbringen des Lehmputzes ....................................77 „French dip“-Technik ..............................................78 22 22.1 22.2 22.3 22.4 22.5 22.6 22.7 22.8 22.9 22.10 22.11 22.12 22.13 22.14 22.15 22.16 22.17 22.18
Beispiele ausgeführter Bauten ................................79 Aus Fehlern lernen – Testgebäude der Universität Kassel .....................................................79 Wohnhaus in Maasholm ..........................................82 Wohnhaus in Bösel ..................................................85 Wohnhaus in Esslingen ............................................86 Wohnhaus in Westerlinde ........................................88 Wohnhaus Bad König ..............................................90 Wohnhaus in Langenau ...........................................92 Stadtvilla in Eggenburg, Österreich ..........................94 Mehrfamilienhaus Strohpolis in Sieben Linden bei Poppau ..............................................................95 Wohnhaus in Egg, Österreich ..................................96 Büro- und Ausstellungsgebäude, Böheimkirchen, Österreich .......................................98 Wohnheim in Knutwil, Schweiz .............................100 Wohnhaus in Wienerherberg, Östereich ................102 Büro- und Ausstellungsbau in Verden ...................104 Wohnhaus in Langtaufers, Italien ..........................106 The Spiral House bei Castlebar, Co. Mayo, Irland ..108 Wohn- und Bürohaus in Amsterdam, Niederlande .110 Wohnhaus in Ouwerkerk, Zeeland, Niederlande ....111
22.19 22.20 22.21 22.22 22.23 22.24 22.25 22.26 22.27
22.36
Wohnhaus in Taos, USA .........................................112 Wohnhaus, Balneario Punta Ballena, Uruguay .......113 Seminar- und Bürogebäude in Prenzlau..................114 Wohnhaus in Stupava, Slowakei ............................116 Strohballenkuppel als Tonatelier, Forstmehren ........118 Bürogebäude in Tattendorf, Östereich....................120 Wohntonnen in Tamera, Portugal ..........................122 Bürogebäude in Hrubý Šúr, Slowakei......................125 Trout Farm Complex, Tassaroja Canyon, Kalifornien, USA.....................................................128 Prototyp für den sozialen Wohnungsbau Sentinela do Sul, Brasilien ......................................130 Gewerbehalle mit Büro in Dunningen ....................131 Wohn- und Seminarhaus in Stollhof, Österreich ....132 Wohnhaus Libelle in Poppau-Siebenlinden .............134 Biohof in Eferding, Österreich ................................136 Wohnhaus in Seeheim ...........................................138 Schulungspavillon in Oensingen, Schweiz ..............140 Jules Ferry Résidence in St. Dié des Vosges, Frankreich ...........................................142 Wohntonnen in Buchberg-Wangelin ......................144
23
Ausblick ..............................................................147
24
Internetadressen ....................................................147
25
Literaturhinweise ...................................................148
26
Bildnachweis.......................................................149
27
Stichwortverzeichnis ...........................................150
22.28 22.29 22.30 22.31 22.32 22.33 22.34 22.35
Vorbemerkung und Dank Neue Forschungsergebnisse und Entwicklungen, neue Herstellungstechniken und Anwendungsmöglichkeiten haben eine grundlegende Neubearbeitung des 2004 erschienenen Buches „Der Strohballenbau“ von Gernot Minke und Friedemann Mahlke notwendig gemacht. Dankbar sind wir, dass der Verlag dafür eine großzügigere Aufmachung und umfangreichere farbige Projektdarstellungen ermöglichte. Unser Dank gilt allen, die uns Fotomaterial zur Verfügung gestellt haben, Friedemann Mahlke, dessen Zeichnungen wir vom alten Buch übernehmen konnten – und nicht zuletzt dem ökobuch Verlag, der die redaktionelle Bearbeitung und das Layout übernommen hat.
Da die zweite Auflage des Buches inzwischen vergriffen ist und eine neue ansteht, sind wir dem ökobuch Verlag dankbar, dass er einer erweiterten und aktualisierten Fassung zugestimmt hat. Dass es inzwischen im Bereich der Vorfertigung weitere Entwicklungen, im Bereich der Altbausanierung mit Strohballen neue interessante Lösungen und in Deutschland eine erste offizielle Zulassung für lasttragende Gewölbe aus Strohballen gibt, konnten wir mit der Aufnahme neuer Bauten dokumentieren. Auch zum Thema Kosten, Zulassungsverfahren und zur CO2 – Bilanz haben wir neue Erkenntnisse aufgenommen. Für wichtige Hinweise sind wir Dirk Scharmer und Dittmar Hecken vom Fachverband Strohballenbau dankbar.
Im August 2009
Im Dezember 2013
4
Gernot Minke und Benjamin Krick
Gernot Minke und Benjamin Krick
1 Einführung 1.1 Zur Situation Mit zunehmender Häufigkeit berichten deutsche Medien über den Strohballenbau, der eine kostengünstige, energiesparende und ökologisch bedeutsame Lösung für den modernen Wohnungsbau sein kann. Im Jahr 2006 konnte auf Betreiben des Fachverbandes Strohballenbau (FASBA) eine erste „Allgemeine bauaufsichtliche Zulassung“ dieser Bauweise erreicht werden [AbZ 2006].Anfang 2014 wird eine neue wesentlich erweiterte allgemeine Zulassung für die Verwendung von Stroh als Wärmedämmung erlassen (siehe Kap.20). Amtliche Testergebnisse zum Brandschutz und zur Wärmedämmung (siehe Kap. 4.6 und 4.1) sowie neuere Forschungsergebnisse bieten eine ausreichend sichere Grundlage, um Häuser mit Strohballen zu bauen. Inzwischen bietet der FASBA eine 200-stündige Ausbildung für Handwerker und Handwerkerinnen an. Deutschland, im europäischen Raum bekannt für seine strengen Bauvorschriften und prozesswilligen Bauherren, ist ein schwieriges Pflaster für Neuerungen im Bauwesen. Da Bauten nach den „allgemeinen Regeln der Baukunst“ und dem „Stand der Technik“ errichtet sein müssen und diese naturgemäß der Entwicklung hinterher hinken, sind Neuerungen ohne langwierige und kostspielige Zulassungsverfahren kaum möglich. Dies wird ab 2014 durch die erwähnte neue allgemeine Zulassung wesentlich vereinfacht. Trotz der genannten Hemmnisse entstanden in den letzten Jahren in Deutschland etwa 250 Strohballenbauten. In vielen anderen europäischen Ländern ist es sehr viel einfacher, innovative Bauweisen zu realisieren (vgl. Abb. 1.1 und 1.2). In England beispielsweise haben die Bauvorschriften lediglich den Charakter von Empfehlungen bzw. Richtlinien und in der Schweiz reichen die Unterschriften von Architekt und Statiker, die für die Sicherheit des Gebäudes garantieren. Das vorliegende Buch will Planern und Ausführenden (Architekten, Ingenieuren, Handwerkern oder Laien) die in unserem Klima und entsprechend unserer Gesetzgebung zu berücksichtigenden Fakten und bauphysi-
kalischen Aspekte des Bauens mit Stroh vermitteln, ebenso wichtige konstruktive Details und allgemeine Regeln. Dabei wird auch auf mögliche Fehler bei Planung und Ausführung hingewiesen; denn eine ganze Reihe von konstruktiven Lösungen, wie sie in der amerikanischen Literatur vorgestellt werden, sind in unserem Klima nicht vertretbar, da sie zu vermeidbaren Bauschäden führen würden und nicht den in Deutschland anerkannten Regeln der Technik entsprechen.
1.1 oben Dreigeschossiges Strohballenwohnhaus in Südtirol (Entwurf: Margareta Schwarz, Werner Schmidt). 1.2 unten Zweigeschossiges Wohnhaus mit lasttragenden Außenwänden in Irland (Entwurf: Norita Clesham)
5
Stroh: 3 kWh/m²
Zellulose: 20 kWh/m²
Polystyrol: 100 kWh/m²
Primärenergieinhalt (PEI) von 1 Quadratmeter Wärmedämmung in Passivhaus-Qualität
Abb. 1.3: Vergleich des Primärenergiebedarfes der nötig ist, um verschiedene Dämmstoffe für einen Quadratmeter Wandfläche in Passivhausqualität herzustellen.
Passivhaus: 1,5 l Öl/(m2·a)
Neubau: 4 l Öl/(m2·a)
Gebäudebestand: 16 l Öl/(m2·a)
Jahresheizwärmebedarf bei unterschiedlichen Gebäudestandards
Abb. 1.4: Typischer Jahresheizwärmeverbrauch bei unterschiedlichen Gebäudestandards.
6
1.2 Bauen mit Stroh, ein Beitrag zur Nachhaltigkeit des Bauens Stroh ist ein jährlich nachwachsender Rohstoff, der in unseren Breiten überall lokal verfügbar ist und der am Ende seiner Nutzung wieder in den natürlichen Kreislauf der Natur eingebracht werden kann. Stroh bereitet keine Entsorgungsprobleme. Beim Rückbau kann es leicht von übrigen Bauteilen getrennt und beispielsweise als Mulch im Garten oder in der Landwirtschaft zur Bodenauflockerung verwendet werden. Zur Herstellung der Strohballen und für ihren Transport an die Baustelle wird im Vergleich zu anderen Baumaterialien nur wenig Energie benötigt; dadurch trägt diese Bauweise kaum zur Umweltbelastung bei. So werden zur Produktion der Strohballen für einen Quadratmeter Wandfläche mit einem UWert von 0,15 W/(m²·K) ca. 3 kWh Energie benötigt [Krick 2008], während zur Produktion einer entsprechenden Wärmedämmung aus Polystyrolplatten etwa 100 kWh Energie erforderlich sind (Abb. 1.3). Durch die Speicherung des CO2 im Stroh und durch eine erhöhte Wärmedämmung tragen Strohballenhäuser wesentlich zu einer CO2-Reduktion im Bauwesen bei. Sie können einen wesentlichen Beitrag zum Erreichen der Klimaschutzziele der Bundesrepublik leisten. Der Baustoff Stroh erfüllt damit alle Anforderungen an einen nachhaltigen Baustoff.
(dieser Test wurde bisher weltweit nur in Deutschland durchgeführt) - F30 (feuerhemmend) nach DIN 4102 für eine 1 cm dick lehmbeschichtete, nicht lasttragende Strohballenwand unter Last - F90 (feuerbeständig): 90 Minuten Feuerwiderstand für eine 3 - 5 cm dick mit Lehm verputzte, nicht lasttragende Wand nach ÖNORM B 3800 • Baustoffklasse (SBI) B1 (schwerentflammbar) nach EN 13501 mit 8 mm Lehmschlämme
Mit Strohballen gedämmte Wandkonstruktionen lassen sich für die meisten ein- und zweigeschossigen Gebäude anwenden, seien es Einfamilien-, Doppel- oder Reihenhäuser, Garagen, Bauten für landwirtschaftliche Nutzung, Kindergärten, Schulen, Büros oder Bauten für Dienstleistungen. Im Einzelfall sind auch mehrgeschossige Bauten möglich. Häuser mit Strohballendämmung können sogar den Passivhaus-Standard erreichen. Als Passivhaus wird ein Gebäude bezeichnet, dessen Jahresheizwärmebedarf unter 15 kWh/m² liegt, so dass ein konventionelles Heizsystem entfallen kann (vgl. Abb. 1.4). Die Kosten der notwendigen Heizenergie (z.B. Erdgas) können dabei niedriger sein als die Grundgebühren für den entsprechenden Gasanschluss, unter Umständen sogar niedriger als die Kosten für den Betrieb der UmNach der Allgemeinen bauaufsichtlichen wälzpumpe einer konventionellen Heizung. Zulassung gilt für Strohballen: Stroh fällt in Deutschland in ausreichenden • Bemessungswert für die Wärmeleitfähig- Mengen in der Landwirtschaft an. Nach den keit: Recherchen der Autoren wäre es theoretisch O = 0,080 W/(m·K) in Halmrichtung möglich, mit dem geernteten Stroh jährlich O = 0,052 W/(m·K) quer zur Halmrichtung etwa 700.000 Einfamilienhäuser zu däm• Wasserdampf-Diffusionswiderstandszahl men. P=2 Die lange Lebensdauer von Strohballen• Baustoffklasse nach DIN 4102: B2, norhäusern ist durch viele Beispiele aus den mal entflammbar USA belegt. Das älteste noch bewohnte Ge• Dichte: 90 – 110 kg/m³ bäude ist etwa 100 Jahre alt (vgl. Kap. 2.1). Für den Selbstbau ist das Bauen mit StrohDie an den Materialprüfanstalten in Braunballen ideal. Der Vorteil liegt nicht nur im schweig und Wien durchgeführten amtliEinsparen von Baukosten, sondern auch in chen bautechnischen Prüfungen ergaben der sozialen Interaktion der am Bauprozess ferner: Beteiligten. Dabei können Familienmitglie• Feuerwiderstand: der, Nachbarn und Freunde beteiligt wer- F30 (feuerhemmend) nach DIN 4102 für den, die normalerweise aus dem Bauprozess eine 3 - 5 cm dick mit Lehm verputzte, ausgeschlossen sind. Für die Bauherren und lasttragende Strohballenwand unter Last insbesondere für deren Kinder entsteht eine
starke Identifikation mit den „eigenen vier Wänden“, dem eigenen Haus. Für alle Beteiligten kann der Hausbau somit zu einem erlebnisreichen, kontaktschaffenden Prozess werden (Abb. 1.5 bis 1.8). In USA, Kanada und Australien werden die Strohballenwände nicht selten im Rahmen von „work parties“ errichtet, zu denen nicht nur Freunde und Verwandte, sondern auch Fremde eingeladen werden.
Termiten Stroh ist offensichtlich auch für Termiten kein gefundenes Fressen. Einige Termitenarten können zwar Stroh verdauen, ziehen aber Holz als Nahrungsmittel vor. Es gibt Berichte, dass bei einem historischen Strohballenhaus Tür und Fensterrahmen von Termiten zerfressen waren, während das Stroh unberührt blieb [Steen et al. 1994, S. 64].
Schimmelpilze Die Angst, dass auf Strohballen Schimmelpilze wachsen könnten, ist bei richtiger baukonstruktiver Ausführung der Wand unbe1.3 Bedenken und Ängste gründet. Denn auf trockenem Stroh können Manche Menschen haben erhebliche Beden- sich keine Schimmelpilze entwickeln. Zur korrekten Ausführung gehört, dass die Balken und unterschwellige Ängste, wenn sie sich ein Leben oder Arbeiten in Häusern mit len trocken sind, also einen Feuchtegehalt von weniger als 13% haben, und dass entStrohballenwänden vorstellen sollen. Beide weder eine Dampfbremse an der InnenoberReaktionen beruhen in erster Linie auf Unfläche den Eintritt von Raumluftfeuchte verkenntnis und auf der Angst vor etwas Neuhindert oder die Außenoberfläche so wasem, etwas Ungewohntem. Der Unkenntnis serdampfdurchlässig ist, dass eventuell im kann man mit Aufklärung begegnen, was ein Ziel dieses Buch sein soll. Der Angst kann Ballen entstehendes Tauwasser schnell genug nach außen ausdiffundieren kann. Um man nur versuchen, mit Argumenten den dieses festzustellen, gibt es rechtlich anerBoden zu entziehen, auch dies soll hier verkannte Berechnungsverfahren (s. Kap. 4.4). sucht werden. Beim Verputzen ist darauf zu achten, dass der Putz möglichst schnell austrocknet. Dazu Brandgefahr muss dieser ausreichend diffusionsoffen sein, Dass loses Stroh leicht brennt, ist unbestritso dass das beim Putzen angefeuchtete ten; dass beidseitig verputzte StrohballenStroh schnell genug austrocknen kann. Wird wände aber eine Feuerwiderstandsdauer dem Lehmputz aber viel organisches Matevon 90 Minuten aufweisen (F90), ist noch weitgehend unbekannt und wurde zuerst in rial wie Sägemehl und Strohhäcksel beigeÖsterreich nach der Norm ÖNORM B 3800 mengt und trocknet dieser nur sehr langsam aus, so kann es an dessen Oberfläche leicht ermittelt und inzwischen auch in Deutschzur Schimmelpilzbildung kommen. Deshalb land bestätigt. muss darauf geachtet werden, dass insbesondere bei dicken Putzschichten die ersten Wohnplatz für Mäuse Lagen trocken sind, bevor die letzte aufgeStrohballenhäuser werden in Laufe der Zeit nicht von Kleinnagern „aufgefressen“. Denn bracht wird, und dass die letzte Putzschicht möglichst keine oder nur wenig organische für sie ist Stroh kein Nahrungsmittel, wohl Bestandteile enthält. aber ein geeigneter Nistplatz. Daher gibt es mit Stroh ähnliche Probleme wie mit konventionellen Dämmstoffen: Die betreffenden Stauballergien Der beim Bauen entstehende Strohstaub Bauteile müssen vor dem Eindringen von kann bei Menschen mit Stauballergie unanNagern geschützt werden. Dies kann durch genehme Reaktionen auslösen. VorsichtshalPutze, Gitter und Lochbleche geschehen, wie sie auch bei konventionellen Dämmstof- ber sollten Allergiker mit einem Atemschutzfilter arbeiten. Für die Bewohner des fertigfen eingesetzt werden. gestellten Gebäudes besteht bei verputzten Bei einem Strohballen-Testhaus, das nach 4 Jahren wieder abgebaut und bei dem jeder Strohballenwänden keinerlei Gefährdung. Strohballen einzeln untersucht wurde, konnte kein Schädlingsbefall festgestellt werden.
1.5 – 1.8 „Grünes Klassenzimmer“ auf der Landesgartenschau 2006 in Wernigerode. Lasttragende Strohballenwände unter Leitung von Friederike Fuchs von Laien errichtet.
7
Da bei dickeren Wandkonstruktionen auch die Fundamente in der Regel dicker und somit teurer werden, ist es sinnvoll, in diesem Fall eine amtlich zugelassene Lösung zu wählen, bei der das Fundament nicht bis zu einer frostfreien Tiefe von 80 bis 90 cm ausgebildet werden muss. Diese in Abb. 12.3 gezeigte Lösung weist eine kapillarkraftbrechende Schaumglas-Schotterschicht auf, die unter einem dünnen Streifenfundament angeordnet ist und mindestens bis 50 cm außerhalb des Fundamentes reichen und mindestens 30 cm dick sein muss. Die Abb. 12.4 bis 12.7 zeigen interessante Dachkonstruktionen, die eine weitestgehend gleichmäßige Belastung der Wände gewährleisten. Gleiches wird bei Pyramidendächern erreicht. Übliche Sattel-, Pult- und Walmdächer können konstruktive Probleme mit sich bringen.
12.4 bis 12.7: Hogandächer über achteckigen und quadratischen Grundrissen (Entwurf: Gernot Minke).
48
12.2 Nicht lasttragende Strohballenwände Bei Ständerkonstruktionen, die mit Strohballen gedämmt werden, ist die Lage der Stützen zu den Strohballen schon in der Planungsphase von Bedeutung. In Abb. 12.8 sind unterschiedliche Anordnungen dargestellt. Verlaufen die Stützen außerhalb der Strohballenwand (Lage A und C), so ist lediglich bei den Fenster- und Türöffnungen auf die Ballenlängen Rücksicht zu nehmen. Bei der Anordnung zwischen den Ballen (Lage B und B’) ist es sinnvoll, ein Stützraster zu wählen, dessen lichter Abstand der Ballenlänge beziehungsweise der ein- oder zweifachen Ballenbreite entspricht. In diesem Fall sollten auch die Fenster- und Türöffnungen die gleiche Breite aufweisen. Wird die Stütze durchgehend, als Leiter oder Stegträger ausgebildet (B’), ergibt sich dadurch der Vorteil, dass außen eine hinterlüftete Schalung oder Überdämmung ohne zusätzliche Konstruktion befestigt werden kann. Bei Verwendung von Stegträgern erhält man außen und innen eine relativ gleichmäßige Oberfläche, da sich die Ballen mit ihren etwas abgerundeten Ecken gut zwischen die Stützen pressen lassen. Bei durchgehenden Stützen sollten Dreiecksleisten montiert werden, um eine Herausfallen der Ballen zu verhindern. Bei unterschiedlich langen Ballen oder bei statisch optimierten Holzkonstruktionen, bei denen die Stützenabstände nicht mit den Ballenlängen übereinstimmen, sollten die Stützen entweder innen oder außen vor der Strohballenwand stehen. In beiden Fällen sind die Ballen dann im Verbund zu verlegen, so dass keine durchgehenden vertikalen Fugen entstehen (Abb. 12.2 und 12.10). An der kalten Außenseite der Wand stehende Stützen haben den Nachteil, dass sie potentiell der Witterung ausgesetzt sind und die Dämmebene zwangsläufig von konstruktiven Elementen durchdrungen wird, was die Herstellung der Luftdichtheitsebene erschwert und Wärmebrücken verursacht. Die Lösung D in Abb. 12.8, bei der in die Ballen Aussparungen eingeschnitten werden, kann Vorteile für die innere Oberflächenausbildung bzw. für die Reduzierung der Wanddicke haben. Außerdem ist in diesem Fall das Anbringen von Regalen und
A
B
C
12.9: Auskerbungen für Stützen
B’ Hängeschränken vereinfacht. Abb. 12.9 zeigt eine solche Auskerbung, hergestellt mit Hilfe einer Kettensäge. Es ist vorteilhaft, die Ballen hochkant liegend oder stehend einzubauen. Bei geringeD rer Wandstärke ist so ein besserer U-Wert möglich (vgl. Kapitel 4.1). 12.8 In den folgenden Kapiteln wird ausführlich Mögliche Lage von Stützen in Bezug auf die Wand. auf die konstruktiven Ausbildungsmöglichkeiten der einzelnen Wandteile und ihrer Verbindungen eingegangen; vorteilhafte Lösungen werden zeichnerisch dargestellt.
49
12.3 Fundament- und Sockelausbildung / Fußbodenanschluss Die Ausbildung des Fundaments hängt in erster Linie von der Frosttiefe und der Tragfähigkeit des Bodens ab. Eine Strohballenwand ist im Vergleich zu konventionellen Wänden meist dicker, entsprechend ist auch die erforderliche Fundamentbreite größer und somit das Fundament teurer. Deshalb mag es im Einzelfall angebracht sein, Punktfundamente vorzusehen und über diesen Balken anzuordnen. Abb. 12.10 zeigt eine statisch optimierte Anordnung mit einem Balken über zwei Punktfundamenten. Diese Anordnung ist eine preiswerte Lösung, wie der in Kap. 22.1 beschriebene Versuchsbau beweist. Auch ein Streifenfundament aus lokal gefundenen Natursteinen oder recycelten Ziegelsteinen kann wirtschaftlich sein, wenn die Steine in Eigenleistung gemauert werden Eine weitere wirtschaftliche Lösung kann eine Bodenplatte sein, die auf einer Wärmedämmschicht aus Schaumglasschotter gelagert ist (vgl. Abb. 12.11). Die Schotterschicht besteht dabei aus geschäumten Altglasresten, die für die Glasherstellung nicht wiederverwendet werden kön-
12.10 Statisch optimierte Anordnung der Punktfundamente.
1/5
3/5
1/5 Wandaufbau Lehmputz, 3-lagig Strohballen zwischen Holzstützen Weichfaserplatte Kalkputz
Wandaufbau Lehmputz, 3-lagig Strohballen zwischen Holzstützen Bit. Weichfaserplatte Stülpschalung, hinterlüftet
Sockel Leichthochlochziegel
Fussbodenaufbau Bodenbelag Estrich Gleit-/Trennlage mit Dampfsperre Schaumglasschotter
Fussbodenaufbau Bodenbelag Estrich Gleit-/Trennlage mit Dampfsperre Schaumglasschotter
12.11 Kapillarkraftbrechende Schicht und Wärmedämmung aus Schaumglasschotter.
50
12.12: Sockelausbildung
nen, beispielsweise in Korndurchmessern von 0 bis 90 mm. Die Schicht wird mit Rüttlern verdichtet und weist bei einer Verdichtung von 1,3 zu 1 eine Wärmeleitfähigkeit von 0,08 W/(m·K) auf, im losen Zustand beträgt der Wert 0,06 W/(m·K). Die Schaumglasdämmung kann dabei als kapillarkraftbrechende Schicht dienen. Sperrschichten gegen aufsteigenden Wasserdampf und evtl. Radon sollen zusätzlich eingebaut werden. In allen Fällen ist darauf zu achten, dass im Fundament- bzw. Sockelbereich keine Wärmebrücken entstehen. Eine unkonventionelle Lösung besteht darin, magerbetongefüllte Altreifen als Fundment zu verwenden. Im Selbstbau erstellt, kann dies eine preiswerte Lösung sein, zumal Autoreifen mit abgefahrenem Profil kostenlos von Tankstellen und Reifenfirmen bezogen werden können (Abb. 12.14). Das Ausfüllen der Reifen benötigt wenig Beton, wenn in diese gleichzeitig mineralischer Bauschutt oder große Steine geschüttet werden. Der Sockel dient dazu, die Strohballenwand aus dem Spritzwasserbereich herauszuheben. Er muss also wasserdicht sein, darf nicht zu viel Wasser aufnehmen bzw. aufsaugen und muss außerdem noch ausreichend wärmegedämmt und druckfest sein. Dies ist beispielsweise mit einem Mauerwerk aus Leichthochlochziegeln (LHLZ) zu erreichen, das außen mit einem wasserdichten Putz versehen ist (Abb. 12.12). Da dieser aber als Dampfbremse wirkt, sollte der Sockel auch innen eine Dampfbremse durch Putz oder einen dampfbremsend wirkenden Anstrich erhalten. Es ist vorteilhaft, wenn die erste Ballenlage erst einige Zentimeter über dem Fertigfußboden beginnt, um bei auslaufendem Wasser dessen Eindringen in das Stroh zu verhindern (vgl. Abb. 12.12). In den Abb. 12.13 und 12.14 sind zwei für den Selbstbau geeignete experimentelle Lösungen mit Paletten und Altreifen dargestellt. Bei den Paletten müssen die Hohlräume mit Wärmedämmmaterial gefüllt werden, beispielsweise mit Verpackungsresten aus Polystyrolschaum, und außen mit einer wasserabweisenden Schicht, etwa mit einer Noppenfolie überzogen werden. Die Autoreifen können mit Magerbeton gefüllt werden.
Wandaufbau Lehmputz, 3-lagig Strohballen Unterputz Lehm Oberputz Kalk
Wandaufbau Lehmputz, 3-lagig Strohballen Unterputz Lehm Oberputz Kalk
Wandaufbau Lehmputz, 3-lagig Strohballen zw. Holzstütze Unterputz Lehm Oberputz Kalk
Sockelschutz Altreifen, Magerbeton
Sockel Bodenplatte, dazw. Feinkies
Sockelschutz Noppenfolie Rücksprung in der Bodenplatte, ca. 4/10 cm
Fussbodenaufbau OSB-Platte Ausgleichsschüttung Dampfsperre Strohballen Paletten Feuchtigkeitssperre
Fussbodenaufbau OSB-Platte Dampfsperre Paletten, 2-lagig mit Dämmschüttung Feuchtigkeitssperre
12.13: Sockelausbildung mit Paletten.
12.14: Sockelausbildung mit Altreifen
Abb. 12.15 zeigt eine Lösung, die in Australien von Frank Thomas praktiziert wird. Hier springt die Bodenplatte auf einer Höhe von etwa 10 cm in Putzstärke zurück, so dass der Putz ein Auflager bekommt und Putzrisse durch eventuelles leichtes Abrutschen des Putzes vermieden werden können. Durch Anheben der Bodenhölzer ist es leicht, einen Abspanngurt durchzufädeln, um die Wand vorzuspannen. Unter den Balken ist eine Schotterschicht angeordnet, in der eventuell anfallendes Tauwasser gepuffert werden kann. Liegen die Ballen direkt auf einer Folie oder Bitumenpappe auf, so kann bei TauWandaufbau Gipskarton OSB-Platte Strohballen zw. Doppelstützen Bit. Weichfaserplatte Stülpschalung, hinterlüftet
wasseranfall Fäulnisgefahr für das Stroh bestehen. Aus diesem Grund muss Feuchtigkeit immer in den Raum zurück diffundieren können. Beim unteren Anschluss der Wand an Fundament und Fußboden ist vor allem darauf zu achten, dass dort keine Wärmebrücken entstehen und dass im Sockelbereich ein Spritzwasserschutz vorhanden ist, der ein Durchnässen des Strohs bzw. des Lehmputzes auf dem Stroh ausschließt. Die Abb. 12.16 bis 12.18 zeigen einige mögliche Lösungen.
Wandaufbau Gipskarton Installationsebene OSB-Platte Strohballen vertikal zw. Holzstegträgern Weichfaserplatte Kalkputz
Sockel Putzträger Wasserfester Zementputz
Fußbodenaufbau Bodenbelag OSB-Platte Dampfsperre Dämmung, Unterkonstruktion Feuchtigkeitssperre Sohlplatte
12.15 Sockelausbildung mit Putzauflager u. Schotterbett
12.16 bis 12.18 untere Reihe Bauphysikalisch korrekt ausgebildete Anschussdetails von Fundament, Fußboden und Sockel (Vertikal- und jeweils darüber Horizontalschnitt).
Wandaufbau Lehmputz, 3-lagig Strohballen zw. Holzstütze Lehmputz Oberputz Kalkputz Fußbodenaufbau Bodenbelag Estrich Dampfsperre Strohballen Feuchtigkeitssperre Ausgleichsschicht kapillarbrechende Schicht
Fußbodenaufbau Bodenbelag Estrich Gleit-/Trennlage mit Dampfsperre Schaumglasschotter
51
12.4 Wandausbildung bei nicht lasttragender Bauweise Lage der Stützen Für die Festlegung der Wandlängen sowie für Lage und Größe ihrer Öffnungen ist es sinnvoll, ein Raster zu entwickeln, das der Länge der verwendeten Strohballen beziehungsweise bei stehenden Ballen deren doppelter Breite entspricht. Denn das Kürzen von Strohballen auf ein erforderliches Maß ist sehr zeitaufwändig. Ferner ist für den Bauablauf, für die Ausbildung der konstruktiven Details und für den späteren Ausbau entscheidend, ob die Ständerkonstruktion vor, in oder hinter der Ballenschicht angeordnet ist und ob die Stützen aus Einzelprofilen oder Verbundprofilen (beispielsweise aus Leiter- oder Stegprofilen) bestehen (vgl. Abb. 12.19 – 12.21).
12.19 Stützen aus Stegprofilen
12.20 Stützen aus Vollholz
52
Steht eine Strohballenscheibe vor oder hinter der Holzständerkonstruktion, so muss sie mit dieser verbunden werden, es sei denn, sie ist zwischen Fundament und Ringbalken durch Zusammenpressen ausreichend stark vorgespannt und in sich gegen Beulen stabilisiert. Die Lage der Holzstützen zur Strohballenoberfläche hat erhebliche Konsequenzen für die Oberflächengestaltung und den weiteren Ausbau. Liegt die Stütze innen bündig mit der Strohoberfäche, so muss beim Verputzen ein Putzträger am Holz befestigt werden, beispielsweise eine Schilfrohrmatte. Außerdem ist es empfehlenswert, in den Putz ein zugfestes Gittergewebe als Putzarmierung einzulegen. Da das Holz bei Feuchteschwankungen arbeitet, sich ausdehnt oder schwindet, kann es anderenfalls leicht zu Rissen im Putz kommen. Liegen die Holzstützen vor der Strohballenwand und sollen die Ballen verputzt werden, so schafft dies ebenfalls einen erhöhten Putzaufwand, da Stützen und Anschlüsse mit Putzträger und Putzgewebe verputzt werden müssen, um eine Luftdichtigkeit zu erreichen. Ist eine Beplankung mit Gipsfaser-, Holzfaser-, OSB-, Sperrholz- oder Gipskartonplatten vorgesehen, ist es sinnvoll, die Ständer so anzuordnen, dass sie gleichzeitig zur Befestigung der Platten dienen. Entsprechendes gilt bei einer hinterlüfteten Außenfassade aus Schalbrettern oder Schaltafeln.
12.21 Stützen aus Leiterprofilen
Aussteifung gegen Horizontalkräfte Da die Strohballen für die Wandkonstruktion keine aussteifende Wirkung haben, muss die Holzständerkonstruktion wie bei konventionellen Bauten gegen Horizontalkräfte durch Windlast stabilisiert werden. Eine Ständerkonstruktion aus Einzelstützen innerhalb der Ballenscheibe ist ungünstig, da diagonal verlaufende Holzprofile für die Montage der Ballen sehr hinderlich sind. Deshalb ist es sinnvoller, Verbundstützen, Bohlen, Stegoder Leiterträger zu verwenden, die so breit sind wie die Dicke Ballen, und die Horizontalkräfte über Diagonalschalungen, Streben, Windrispenbänder oder steife Platten, beispielsweise OSB-Platten, abzuleiten (vgl. 12.22).
Lage der Strohballen Die Strohballen können flach liegend, hochkant liegend oder stehend eingebaut wer12.22: Aussteifung zur Ableitung der Horizontalkräfte den (Abb. 12.23). Bei der hochkant liegenden und der stehenden Anordnung verlauhochkant liegend fen die Strohhalme senkrecht zum Wärme(HL) strom. Dies hat den Vorteil, dass die Wärmedämmwirkung des Strohs höher ist und der Wandquerschnitt kleiner ausfallen kann (vgl. Kap. 4.1). Allerdings ist das Verputzen der Ballen in dieser Anordnung schwieriger.
12.24 Lagestabilisierung der Ballen durch entsprechende Stützenausbildung (Horizontalschnitt).
12.26 Wand mit beidseitiger Verschalung gemäß allgemeiner bauaufsichtlicher Zulassung.
Innen - Lehmputz - Strohballen - Lehmputz (witterungsgeschützt) Außen
6/36
Innen - OSB-Platte - Strohballen - Holzweichfaserplatte - Lattung - Holzschalung Außen 6/36
Innen - OSB-Platte - Strohballen - Holzweichfaserplatte - Putz Außen 6/36
Innen - Lehmputz mit Leinölfirnis als Dampfbremse (mehrlagig) - Strohballen - Kalkputz (mehrlagig) Außen
AbZ-konform!
Verbindung der Ballen untereinander flach und mit der Stützkonstruktion stehend (S) In nicht lasttragenden Strohballenkonstrukliegend (FL) tionen sollten die Ballen in der Regel mit der Tragkonstruktion verbunden werden, um ein 12.23: Lage der Strohballen in der Wand
12.25 Lagestabilisierung der Ballen durch entsprechende Stützenausbildung mit Dreiecksleisten.
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22.35 Jules Ferry Résidence in St. Dié des Vosges, Frankreich Entwurf: A. Pagnoux, E. Schmitt, ASP Architecture Energiekonzept: Vincent Pierré, Terranergie Fertigstellung: 2013
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Bei dem Projekt handelt es sich um ein 3-geschossiges und ein 7-geschossiges Haus mit insgesamt 26 Sozialwohnungen, die jeweils 70 bzw. 90 m² Wohnfläche aufweisen. Die tragende Struktur der Gebäude besteht aus massiven kreuzlagenverleimten Holzpanelen. Als zusätzliche Wärmedämmung wurden außen davor mit Strohballen gefüllte Holzkästen der Abmessung 250 x 125 x 40 cm gehängt. Die Strohballen haben eine
Dichte von 135 kg/m³, ihre Bänder wurden nach dem Einfüllen in die Kästen aufgeschnitten, so dass sie sich dicht an die Wände pressen. Vor den Holzelementen ist eine hinterlüftete Ziegelplattenfassade montiert. Das Dach ist mit 40 cm ZelluloseflockenDämmung versehen. Das Energiekonzept sieht eine passive Sonnenenergiegewinnung über die Südfassade, eine aktive Sonnenenergiegewinnung über 50 m² Kollektorfläche, sowie 12 Geothermie-Sonden und eine kontrollierte Lüftung über Wärmetauscher vor. Die Häuser erreichen Passivhaus-Standard. Als voraussichtliche Energiekosten einer 90 m²-Wohnung wurden 132 € pro Jahr errechnet. Für die CO2-Bilanz werden folgende Daten angegeben: Die 600 m³ Strohballen speichern 200 Tonnen CO2 und die 1000 m³ Holz 1000 Tonnen CO2, demgegenüber steht eine CO2eq-Aufwand von lediglich 100 t für Beton, Stahl und Glas. In dieser Betrachtung sind allerdings die CO2eq-Emissionen für Behandlung, Zuschnitt, Verleimung und Transport der Holzelemente in Höhe von schätzungsweise 500 t CO2eq noch nicht berücksichtigt, was bei solchen Berechnungen leider sehr oft vergessen wird. Auch der Ansatz für das in 600 m³ Strohballen gespeicherte CO2 erscheint mit 200 t zu hoch; ein realistischer Wert dürfte eher bei 120 t CO2 liegen (vgl. Kap. 5.1).
22.36 Wohntonnen in Buchberg-Wangelin Das Gebäude dient dem gemeinnützigen Verein FAL e.V. und der Europäischen Bil-
BRH 1,25
BRH 1,25
BRH 1,25
BRH 1,25
BRH 1,25
1
17,5 m2
21,6 m2
21,6 m2
21,6 m2
21,6 m2
21,6 m2
BRH 1,125
BRH 1,125
Porenbetonwand
Strohballen auf Porenbetonsockel
Lehmwand 0
1
2
3
4
Schnitt
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Strohballen auf Porenbetonsockel
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2
3,70
Grundriss
17,5 m2
Lehmwand
Substrat Gründach
Porenbetonwand
Schaumglasschotter
0
1
2
3
4
5
dungsstätte für Lehmbau als Übernachtungsmöglichkeit für Seminarteilnehmer und Dozenten. Es soll als Beispiel für ein nachhaltiges Bauen mit natürlichen Baustoffen dienen, das mit einem hohen Selbsthilfeanteil besonders kostengünstig erstellt werden kann. Gefördert wurde der Bau mit Mitteln aus dem Europäischen Landwirtschaftsfonds für Entwicklung des ländlichen Raums (ELER). Er ist der erste lasttragende Tonnengewölbebau aus Strohballen, der in Deutschland offiziell genehmigt wurde. Eine 50 cm dicke Schicht aus verdichtetem Glasschaumschotter dient als Fundament, als kapillarkraftbrechende Schicht und Wärmedämmung. Die Tonnen wurden aus konisch geschnittenen Strohballen ohne Mörtel auf einer Sparschalung errichtet und mit
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4
5
6
7 Zugbändern vorgespannt. Nach dem Entfernen konnten keine Setzungen festgestellt werden. Die Tonnen wurden innen und außen mit einem dreilagigen Lehmputz überzogen. Das Gründach besteht aus einer wurzelfesten Dachhaut, 12 cm Leichtsubstrat und einer Wildgräser-/Wildkräuter-Mischung. Die Strohballen wurden mit einer Gleichgewichtsfeuchte von 15% eingebaut. Durch den 6 - 8 cm dicken Außenputz ist gewährleistet, dass der Taupunkt auch im Winter bei 40% relativer Luftfeuchte im Innenraum sich stets in der Lehmschicht, nicht aber im Stroh befindet. Der dritten Innenputzschicht wurde 6% Leiölfirnis zugesetzt, so dass diese als Dampfbremse wirkt. Das Feuchteverhalten
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8
10
9
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