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Familienunternehmen – Leuchttürme in schwerer See

Entrepreneure, im klassischen Sinne Gründer und Inhaber eines Unternehmens, gelten heute gelegentlich als Auslaufmodelle. Konzerne stehen für Stärke, Größe und Unabhängigkeit. Doch das ist ein Trugschluss. Es sind vielmehr die Familienunternehmen, die die stabile Stütze der Volkswirtschaft sind und die in Zeiten einer sich rasant wandelnden globalen Wirtschaft Halt geben und den sozialen Anstrich bewahren. Wie stünde die Welt heute ohne Henkel, Aldi oder all die anderen da?

2020 ist für jedermann und Unternehmer jeglicher Couleur sehr herausfordernd. Wer hätte sich schon träumen lassen, dass große börsennotierte Unternehmen wie Lufthansa oder ThyssenKrupp einmal am Abgrund stehen? OK, bei den Essenern konnte man es fast annehmen, nach dem jahrelangen Missmanagement in der Vorstandsetage. Wenn vermeintlich Große ins Wanken geraten, kollabiert dann die ganze Wirtschaft? Doch wer sind die wirklich „Großen“, die in ihrer Gesamtheit das Land prägen? Familienunternehmen sind der Nukleus der Volkswirtschaft. Was sie im Besonderen auszeichnet, ist ihre starke wirtschaftliche Basis und ihr längerer Planungshorizont aus. Der Fokus liegt auf einer langfristigen Steigerung des Unternehmenswertes, da eher im Zusammenhang von mehreren Generationen als in Quartalsberichten gedacht wird. Allein schon diesem Aspekt kann nicht genug Bedeutung beigemessen werden. Nicht die Dividenden, das „bloße“ Aktionärswohl, steht im Zentrum, sondern der Mix aus Rentabilität, Bewahrung, Tradition und sozialer Verpflichtung. Verantwortung für Menschen, Heimat und Umwelt gehören zum Selbstverständnis

Dr. Andreas Franken

Mitglied des Vorstands Deutsche Vermögensberatung (DVAG) vieler mittelständisch geprägter Unternehmen einfach dazu. Es ist sozusagen ihre DNA. „Wenn ich nach Hause fahre, lasse ich das Unternehmen nicht einfach hinter mir“, ließ sich Dr. Simone BagelTrah in einem Portrait zitieren. Sie ist die Aufsichtsratsvorsitzende und Vorsitzende des Gesellschafterausschusses des Henkel-Konzerns und führt die Familientradition fort. Kein Einzelfall, zum Glück.

Was unterscheidet inhabergeführte Betriebe von anderen Konzernen?

„Es gibt für mich drei Erfolgsfaktoren, die Familienunternehmen wie die Deutsche Vermögensberatung besonders auszeichnen: kürzere Entscheidungswege und Flexibilität, ein hoher Grad an Loyalität und eine geringere Fluktuation“, sagt Dr. Andreas Franken, Mitglied des Vorstands der Deutschen Vermögensberatung AG (DVAG). Das Institut für Mittelstandsforschung (ifm) stellt fest, dass die stärksten Familienunternehmen, anders als viele der managementgeführten DAX-Unternehmen, nach wie

Leuchttürme in schwerer See

vor den größten Teil ihrer Belegschaft in Deutschland beschäftigen. Insgesamt steuerten die kleinen und mittleren Unternehmen 2018 laut ifm mehr als 61 % zur gesamten Netto-Wertschöpfung aller Unternehmen bei. Die KMU investierten demnach mehr als 10 Mrd. Euro in Forschung und Entwicklung. Eigentümergeführte Unternehmen leisten also einen signifikanten Beitrag für die Wirtschaft und stehen außerdem für langfristig orientiertes Denken und Handeln verbunden mit der Interessenkongruenz zwischen Management und Eigentümern. Die „Überlegenheit von Familienunternehmen“ gegenüber klassischen Konzerngesellschaften liegt also insbesondere auch darin, dass es immer um das eigene Geld und die eigene Vision des Entrepreneurs geht. Vision, Kreativität, Beharrlichkeit, größere Loyalität und zum Teil ein differenziertes Wertesystem sind kennzeichnend für eigentümergeführte Unternehmen. Wertesystem ist auch ein Stichwort, das im Zusammenhang mit der im Sommer 1975 gegründeten DVAG auffällt. „Uns zeichnen unsere Werte und unser Denken in Generationen aus! Bei uns steht der Mensch im Mittelpunkt, das gilt für unsere Vermögensberater, unsere Mitarbeiter/innen und für unsere Kunden. Unsere DNA ist nach wie vor die persönliche Finanzberatung. Gerade in unsicheren Zeiten braucht es einen persönlichen Ansprechpartner oder anders gesagt: Menschen brauchen Menschen“, so DVAG-Vorstand Dr. Franken. Die gesellschaftliche Verantwortung, das Miteinander wird großgeschrieben. Ein unschätzbares Asset in der heutigen Gesellschaft, die doch mehr und mehr auseinanderdriftet. Nicht zuletzt macht sich auch die dritte Generation der Familie Pohl als zentrale Gründungsmitglieder des gemeinnützigen Vereins „Menschen brauchen Menschen e. V.“ stark.

Entscheidende Vorteile von eigentümergeführten Unternehmen sind die bereits angesprochenen Aspekte der langfristigen Ausrichtung und zum anderen der Fokus auf das Kerngeschäft. Familienunternehmen ist in der Regel die langfristige Sicherung der Existenz wichtiger als kurzfristiger Erfolg. Daher streben sie ein sicherheitsorientiertes Wachstumskonzept an. Das darf aber nicht zum Kurzschluss verleiten, familiengeführte Unternehmen verschlössen sich der Zukunft und kommenden Herausforderungen. Natürlich müssen Megathemen wie die fortschreitende Digitalisierung im Blick behalten und entsprechend agiert werden. Denn diejenigen, die bereits jetzt gewappnet sind und intelligente, digitale Lösungen für ihre Kunden anbieten, haben einen Vorteil. Eine Beratungsdienstleistung ohne moderne Arbeitsmittel, speziell in der anhaltenden Corona-Krise, ist für die Kundenberatung und -betreuung undenkbar. Sonst geraten Unternehmen sehr schnell in eine Lage, in der sie sich nicht mehr auf Augenhöhe mit dem Gegenüber befinden. Nicht aus jeder Generation erwachsen Unternehmerpersönlichkeiten. Doch wie zahlreiche Beispiele belegen, lassen sich familiengeführte Unternehmen durchaus über viele Generationen erfolgreich und expandierend weiterführen. Nicht nur als Navigationshilfe bleiben sie unverzichtbar. (ah)

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