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Ende einer Branche?

Skandale rund um den Vertrieb von Edelmetall-Investments, nicht zuletzt „verzinslichem“ Gold, haben längst auch die Politik erreicht. Der Gesetzgeber reagiert nun und unterstellt diverse Kapitalanlagemodelle rund um Edelmetalle der Prospektpflicht. Welche Modelle hierunter fallen und welche nicht – und was diese neueste Entwicklung für die Branche bedeutet – erläutert der nachfolgende Beitrag.

Gerade in unsicheren Zeiten wie diesen erfreuen sich Edelmetalle wie Gold und Silber bei Anlegern sehr großer Beliebtheit. Der Grund: Ihnen eilt der Ruf der stabilen Wertanlage voraus. Wenn dann noch eine ordentliche Verzinsung dabei herausspringt: Umso besser. Leider haben Anleger in der jüngeren Vergangenheit gerade mit solchen Investments nicht den erhofften „sicheren Hafen“ vorgefunden, sondern Schiffbruch erlitten. Insbesondere der Skandal rund um die PIM Gold- und Scheideanstalt GmbH hat die Branche der Edelmetallanbieter in Verruf gebracht. Das Bundesministerium der Finanzen hat daher nun einen Gesetzentwurf mit dem „Ziel der Wiederherstellung und dauerhaften Stärkung des Vertrauens in den deutschen Finanzmarkt“ vorgelegt. Neben einem regelrechten Bündel an Reformen, welche in erster Linie im Zusammenhang mit dem Wirecard-Bilanzskandal stehen, zieht der Gesetzgeber nun auch bei Edelmetallanbietern auf dem Grauen Kapitalmarkt die Daumenschrauben an. Dem Vernehmen nach ist die Verabschiedung des Gesetzentwurfs mit Blick auf die Prospektpflicht für Kapitalanlagen in Edelmetalle eine bloße Formsache. Umso mehr lohnt sich ein Blick in die Regelung.

Die Prospektpflicht infolge des „PIM-Paragrafen“

Die Geschäftsmodelle einiger Edelmetallanbieter und -verwahrer machen laut dem Referentenentwurf des Gesetzes zur Stärkung der Finanzmarktintegrität (Finanzmarktintegritätsstärkungsgesetz, FISG) deutlich, „dass hier ein hohes Missbrauchspotenzial liegt und der Anlegerschutz weiter gestärkt werden muss“. Das FISG sieht daher zum Schutz der Anleger eine Erweiterung des § 1 Abs. 2 Vermögensanlagengesetz (VermAnlG) um eine neue Nr. 8 vor. Dies hängt damit zusammen, dass der bisherige Auffangtatbestand, § 1 Abs. 2 Nr. 7 VermAnlG, nur zur Anwendung gelangt, wenn es sich bei dem Angebot um eine mit den anderen in § 1 Abs. 2 VermAnlG aufgezählten Anlageformen wirtschaftlich vergleichbare Kapitalanlage han-

delt. Speziell bei diversen Angeboten rund um „verzinsliches“ Gold ist unklar, ob diese dem § 1 Abs. 2 Nr. 7 VermAnlG unterfallen. Deswegen wird das Vermögensanlagegesetz nun um eine neue Nr. 8 erweitert.

Da insbesondere PIM Gold, der wohl größte Goldanlegerskandal, als Auslöser der jetzigen Gesetzesinitiative zur Erweiterung des Vermögensanlagengesetzes betrachtet werden darf, bezeichne ich § 1 Abs. 2 Nr. 8 VermAnlG auch als „PIM-Paragrafen“. Vermögensanlagen sind nach Maßgabe dieses PIM-Paragrafen in Zukunft auch solche „Anlagen, die im Austausch für die zeitweise Überlassung von Geld oder handelsüblichen Edelmetallen eine Verzinsung und Rückzahlung oder eine Verzinsung und Herausgabe von handelsüblichen Edelmetallen oder einen vermögenswerten Barausgleich oder einen vermögenswerten Ausgleich durch die Herausgabe von handelsüblichen Edelmetallen gewähren oder in Aussicht stellen.“

Auf Klartext: Sämtliche Angebote, die neben der Herausgabe des ursprünglich erworbenen Edelmetalls eine Rendite-Komponente vorsehen, welche also nach Ende der Laufzeit Edelmetalle nebst Zinsen in Geld oder anstelle von Zinsen weitere Edelmetalle als vermögenswerten Ausgleich vorsehen, sind in Zukunft Vermögensanlagen gemäß § 1 Abs. 2 Nr. 8 VermAnlG. Auch Modelle, die eine „Verzinsung in Edelmetallen“ vorsehen, also anstelle von Geld etwa mehr Gold auszahlen, unterfallen dem PIM-Paragrafen. Die Folgen sind weitreichend: Anlagen, die dem PIM-Paragrafen unterliegen, sind nämlich prospektpflichtig (§ 6 VermAnlG) und es ist zudem ein Vermögensanlagen-Informationsblatt zu erstellen (§ 13 VermAnlG).

Für welche Edelmetalle gilt die Prospektpflicht?

Der neue PIM-Paragraf erfasst laut der Begründung nicht sämtliche Edelmetalle, sondern ausschließlich solche, denen eine geldähnliche Bedeutung zukommt. Dies sind im Ergebnis allerdings sämtliche für den Markt relevanten Edelmetalle, und zwar neben dem Edelmetall Nummer eins, Gold, alle weiteren handelsüblichen, bei Banken und Edelmetallhändlern handelbaren Edelmetalle mit Finanz- oder Kapitalmarktbezug, mithin also Silber, aber auch Platin, Palladium, Kupfer, Iridium und Rhodium. Bei ihrer Auskehr liegt der Schwerpunkt auf dem Sachwert und der Eigenschaft als werterhaltendes Geldmedium – so die Begründung im Gesetzentwurf. Edelsteine sind nicht vom PIM-Paragrafen erfasst. Sie sind als Geldmedium ungeeignet und sind freilich auch nicht Metalle, sondern Minerale, Gesteine oder Glasschmelzen.

Was heißt das nun für Edelmetallanbieter?

Werden wir also künftig eine Prospektflut zu Edelmetall-Investments im Markt sehen? Wohl nicht. Im Gegenteil. Der neue PIM-Paragraf wird sehr wahrscheinlich dazu führen, dass Edelmetall-Investments mit einer Verzinsungskomponente komplett vom Markt verschwinden werden. Derzeit vertriebene Produkte mit Zinskomponente sind, bei aller gebotenen Zurückhaltung, außerordentlich fragwürdig. Einen ordnungsgemäßen Verkaufsprospekt für verzinsliche Edelmetallanlagen zu erstellen, ist eine Herausforderung, welche letztlich kaum zu bewältigen sein dürfte. Nicht minder schwierig dürfte es insoweit auch werden, Wirtschaftsprüfer zum Zwecke eines Testats in die Prospektprüfung einzubinden. Dies aber wiederum ist aus Sicht des Vertriebs anzuraten, da sich auf diese Weise Haftungsrisiken für den Vertrieb effektiv vermeiden lassen. Doch so weit wird es nicht kommen. Der PIM-Paragraf verfrachtet „verzinsliche“ Edelmetall-Investments auf den Wertstoffhof der Kapitalanlagen. Und mit Verlaub: Da gehören diese Modelle meines Erachtens auch hin. Nicht betroffen vom PIM-Paragrafen sind bloße Verwahrverträge sowie der reine An- und Verkauf von Edelmetallen, da bei diesen Geschäften der Kapitalmarktbezug fehlt. Auch indirekte Anlageformen in Edelmetalle wie Aktienengagements fallen selbstverständlich nicht unter den PIM-Paragrafen. Für den überwiegenden Teil der Branche, die vielen seriösen Anbieter im Markt, sind die Nachrichten sehr gut, da der Missbrauch durch wenige schwarze Schafe tatsächlich deutlich erschwert werden sollte. Dies wiederum nützt der Reputation einer ganzen Branche und auch von Edelmetallen als Anlageklasse.

Vermittler aufgepasst!

Wann genau das FISG mitsamt dem PIM-Paragrafen in Kraft tritt, ist noch nicht klar. Klar ist aber, dass dies bald geschehen und der Vertrieb von verzinslichen Edelmetall-Investments damit faktisch der Vergangenheit angehören wird. Als Vermittler sollte man auch ungeachtet der Rechtslage kritisch hinterfragen, ob man derlei Angebote überhaupt vermarkten möchte. Da Edelmetalle keine Erträge erwirtschaften, sind von vornherein starke Zweifel angebracht, wo immer diese Erträge von einem Anbieter in Aussicht gestellt werden, zumal die Vermittlerprovision ja auch verdient werden will. Und für diese Provision zahlt ein Vermittler einen hohen Preis, und zwar dies spätestens dann, wenn es vor Gericht um Schadensersatz geht. Vollständig entzweit sind Anleger und Vermittler, wenn sie sich im Gerichtssaal gegenübersitzen. Scheinbar. In Wahrheit steht man sich viel näher, als man meint. Denn beide Seiten hegen regelmäßig denselben Gedanken: „Hätte ich doch nur die Finger davongelassen. Dann säße ich jetzt nicht hier.“

Maximilian Weiss, LL.M. Rechtsanwalt TILP Litigation Rechtsanwaltsgesellschaft mbH

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