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Digitalisierung der Versicherer – Von Anspruch und
Von Anspruch und Wirklichkeit
Hinsichtlich der Bestandsbearbeitung durch die eigene AO klappt bei etlichen Versicherern unabhängigen Beobachtern zufolge nur wenig – allen Errungenschaften der Digitalisierung zum Trotz. Hinsichtlich der Schadenbearbeitung und auch der Makler-Anbindung ist man hingegen schon viele Schritte weiter. Dennoch bleibt auch hier noch so einiges zu tun.
Das Schadenmanagement rückt zunehmend in das Zentrum der Digitalisierungsbestrebungen deutscher Versicherer. Das zeigt eine aktuelle Studie des Digitalisierungsexperten Eucon und der Managementberatung zeb. So hat die Mehrheit der Versicherer bereits eine Digitalstrategie etabliert und mit ihrer Geschäftsstrategie abgestimmt. Dennoch bleibt der Handlungsbedarf bei der ganzheitlichen End-to-End-Digitalisierung und der Integration aller Prozessbeteiligten trotz einer Vielzahl von digitalen Initiativen groß. In der Folge erreichen nur wenige Unternehmen den Reifegrad eines durchgehend digitalisierten Versicherers im Schadenmanagement. Die Studienautoren stellten zudem fest, dass besonders in den Bereichen Künstliche Intelligenz (KI) und Data Analytics bisher nicht gehobenes Potenzial schlummert. Hier müssen Versicherer ihre digitalen Kompetenzen weiter ausbauen, um ihren Kunden einen einfachen und schnellen Schadensabwicklungsprozess anbieten zu können. Nur so können sie selbst wettbewerbsfähig bleiben, Bestandskunden halten und Neukunden gewinnen. Michael Rodenberg, Geschäftsführer von Eucon Digital GmbH, sagt: „Dienstleister und Versicherer müssen umdenken, Fragmentierungen auflösen und gemeinschaftlich neue Standards für die Branche anbieten. Gelingt dies, können bisher kaum digitalisierte Bereiche im Schadenmanagement viel schneller und effizienter umgebaut werden.“
Auf der Suche nach Vorbildern
Die Studie zeigte, dass die Digitalisierungsvorhaben der deutschen Versicherer hinsichtlich der Schadenübermittlung durch die Kontaktbeschränkungen
zur Einschränkung der Corona-Pandemie noch einmal beschleunigt wurden: Digitale Tools, mit denen Versicherungsnehmer Schadenfälle melden und aufnehmen können, bieten inzwischen 84 % der befragten Versicherer an. Bei knapp jedem fünften von ihnen können Versicherungsnehmer ihre Schadenfälle bereits vollständig digital übermitteln. Etliche Versicherer haben die Digitalisierung von Schadenmeldung und -feststellung angestoßen oder intensiviert.
Versicherer, die diese digitalen Instrumente nicht einsetzen, müssen aufpassen, nicht den Anschluss zu verlieren. Niedriger ist der digitale Reifegrad der befragten Versicherer hingegen im Bereich der digitalen Services und Kanäle zur transparenten Kommunikation des Bearbeitungsstatus. Schadenstatus-Tracking – ähnlich der Sendungsverfolgung von Paketdienstleistern – oder Chatbots bietet hier kaum ein Versicherer an. Und auch im Bereich Schadenabwendung sind konkrete Digitalisierungsprojekte rar: Erst die Hälfte der Versicherer unterbreitet den Kunden Angebote in den Bereichen Smart Home, Telematik oder GesundheitsApps. Philip Franck, Practice Lead Insurance bei zeb für die Region DACH, sagt: „Der hohe Stellenwert digitaler Tools zum Nutzen des Kunden ist den Versicherern bewusst. Doch ausgerechnet im Schadenmanagement kommen diese bisher erst langsam zum Einsatz. Das wird sich in Zukunft ändern.“
Versicherer haben die Aktionsfelder erkannt. Unserer Ansicht nach steht das Schadenmanagement vor einem erheblichen Digitalisierungsschub.“ Viele Unternehmen stehen vor der Herausforderung, ihre innovativen Ideen für einen digitalen Schadenprozess in den operativen Produktionsbetrieb zu integrieren. Nahezu 60 % der befragten Versicherer gaben an, dass ihnen zu wenig Kapazitäten zur Umsetzung von datengetriebenen Schadeninitiativen zur Verfügung stehen. Zwar haben etwa 40 % der Befragten ausreichend Budget für digitale Schadeninitiativen. Es reicht aber nicht aus, um Engpässe interner IT-Ressourcen auszugleichen. Das hat zur Folge, dass selbst eingekaufte Software und Dienstleistungen nur schleppend eingeführt werden. Noch eklatanter: In der Befragung gaben nur rund 40 % der Versicherer an, Daten für die Optimierung des Schadenmanagements systematisch zu nutzen. Zwar verfügen viele schon heute über einen umfangreichen Pool an Daten. Ein Großteil der Befragten hebt diesen Schatz jedoch nicht vollständig. Das liegt auch an der mangelnden Qualität der Daten. Bei jedem zweiten Versicherer liegen selbst aktuelle Schadendaten nur in Teilen strukturiert vor. Insgesamt fehlt den Unternehmen für eine gewinnbringende Nutzung von Daten im Schadenprozess ein integriertes und effektives Datenmanagement, um die gewonnenen Erkenntnisse auch konsequent zur Kundenzentrierung nutzen zu können. Rund 70 % der Befragten haben im Bereich KI und Data Analytics erste Projekte gestartet. Erprobt und angewandt werden datengetriebene Methoden insbesondere in der Betrugserkennung sowie der Datenaufbereitung und Schaden- bzw. Belegprüfung. Christine Utendorf, Studienautorin und KI-Expertin bei zeb, sagt: „Versicherer haben im Großen und Ganzen das Potenzial von Künstlicher Intelligenz und Data Analytics für das Schadenmanagement erkannt. Das zeige die hohe Zahl an Pilotierungen. Allerdings müsse KI noch über den Konzeptionsstatus hinaus im Tagesgeschäft eingesetzt werden – dieser Schritt stehe in vielen Bereichen im Schadenmanagement noch aus.“
Zusammenarbeit ist Trumpf
Ein ganz anderer Aspekt ist die digitale Anbindung der Makler. Andreas Knauer, Leiter Maklermanagement Komposit bei der Versicherungskammer Bayern, sagt: „Bereits seit einigen Jahren stellt das Maklermanagement der Versicherungskammer seinen Vertriebspartnern den Zugang zum Vertriebsportal ‚AloA‘ zur Verfügung. AloA ermöglicht die Einsicht in Vertrags- und Kundendaten.“ Darüber hinaus könnten im Bereich Komposit Angebote berechnet werden. Ein weiteres Feature von AloA sei das elektronische Vermittlerpostfach. Dort könnten Makler alle elektronisch zustellbaren Vermittlerkopien einsehen und herunterladen. Über den Eingang neuer Dokumente informiere auf Wunsch eine E-Mail. Makler, die zunehmend papierlos arbeiten, können so auf den Postversand dieser Dokumente ganz verzichten. Darüber hinaus ermöglicht die Versicherungskammer Maklern die Nutzung von BiPRO-Services. So steht Vertriebspartnern der Einstieg in die AloA-Vertragsübersicht direkt aus BiPRO-fähigen Maklerverwaltungsprogrammen (Norm 440) zur Verfügung. Gleiches gilt für den BiPRO-Service zur Übermittlung von Dokumenten (Norm 430) direkt in das Maklerverwaltungsprogramm.
Angebundene Makler, die zugleich Mitglieder der VEMA Versicherungsmakler Genossenschaft eG sind, können ihre Vermittlerpost zudem über ein Tool auf dem hauseigenen Portal, der VEMAPostbox, beziehen. Knauer: „Im Bereich Kranken bieten wir diesen Service auch für Makler im deutschen Maklerverbund (DEMV) an. Die Versicherungskammer nimmt das Thema die Prozessoptimierung sehr ernst und hat gemeinsam mit den Maklermanagements einen Ausbaufahrplan bis ins Jahr 2025 aufgestellt.“ Es würden also zeitnah und regelmäßig weitere Normen und Sparten umgesetzt, so dass man allen Bedürfnissen der Makler und Kunden gerecht werden könne. Aber trifft dies auf entsprechende Bedürfnisse bei den Kunden? Knauer: „Ja, absolut. Wir erhalten sehr positives Feedback unserer Makler zu den digitalen Möglichkeiten. Hinzu kommt: Wir befragen regelmäßig unsere Makler zu ihren Arbeitsprozessen und Bedarfen.“ Mit den Ergebnissen könne man die eigene digitale Weiterentwicklung gezielt auf die Bedürfnisse der Makler abstimmen. (hdm)
Andreas Knauer
Leiter Maklermanagement Komposit Versicherungskammer Bayern