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der DJE Kapital AG
Auf geht‘s in eine neue Runde
Die Börsen sind aktuell weiter im Aufwärtsmodus. Zwar ziehen am Horizont dunkle Wolken in Form steigender Inflationsraten auf, davon lassen sich die Finanzmarktteilnehmer aber bis dato ihre Laune nicht vermiesen. Doch je länger diese Aufwärtsbewegung anhält umso mehr ist die Antwort auf die Frage entscheidend, wie Anleger jetzt noch investieren sollten. Stock-Picking oder einem Index folgen? Mitunter hat beides seine Existenzberechtigung. Der Kombination beider Stile könnte die Zukunft gehören.
Die Diskussion darüber, ob aktives und passives Investieren letztlich ertragreicher ist, gibt es seit langem. Manche Ökonomen sind der Ansicht, dass der breite Markt (in diesem Fall der Index) nicht zu schlagen ist. Demgegenüber gibt es auch eine Schar renommierter Vertreter, die die gegenteilige Meinung vertreten. Value-Investoren wie die Legende Warren Buffett glauben an den Mehrwert des aktiven Investmentstils. Gibt es demzufolge ein richtig oder falsch und welcher Ansatz bietet wann für welchen Anleger einen nennenswerten Mehrwert?
Indexfonds erfreuen sich Beliebtheit
Unstrittig ist, dass sich passive Indexfonds seit einigen Jahren im Aufwind befinden. Im Mutterland der ETFs, den USA, sind sie schon seit fast fünf Jahrzehnten etablierter Bestandteil der Assetallokation. Auf dem europäischen Kontinent hat der Siegeszug des passiven Investierens Anfang der 2.000er Jahre begonnen. Und er reißt nicht ab. Mit 1 Bio. Euro haben europäische Indexfonds eine Rekordsumme für ETFs eingesammelt. Und das nicht nur in Europa. Weltweit betrug das verwaltete ETF-Vermögen Anfang 2021 gut 7,8 Mrd. Dollar. „Anleger wollen kostengünstig investieren. Dieser Trend wird sich in Deutschland weiter verstärken und dürfte unabhängig von aktuellen Kursständen anhalten. Hinzu kommt, dass Anleger aufgrund gestiegener Volatilität in den Märkten oftmals einen schnellen Zugang zu einem Markt benötigen – und dafür eignen sich nur ETFs“, bemerkt Philipp Graf von Königsmarck, Head of Wholesale für Deutschland und Österreich bei Legal & General Investment Management (LGIM). Thilo Wolf, Deutschlandchef von BNY Mellon Investment Management, betont in diesem Kontext die zentrale Bedeutung der jeweiligen, individuellen Marktmeinung. Gehe ein Anleger eher von einer starken Marktkorrektur
Thilo Wolf
Country Head Germany BNY Mellon Investment Management EMEA Ltd.
aus – so wie beispielsweise im März vergangenen Jahres aufgrund der Corona-Krise – oder rechne er mit einer hohen Volatilität, dann eigneten sich aktiv gemanagte Fonds besser, so Wolf. Tatsächlich ist dieses Argument in den vergangenen Jahren, mit Ausnahme des rasanten Abverkaufs im Frühjahr 2020, nicht so zum Tragen gekommen. Die Börse kannte nur eine Richtung, die nach oben. Insofern waren Anleger, die Long gingen (auf ansteigende Kurse setzen), auf jeden Fall auch mit einem entsprechenden Indexfonds an der Rallye dabei. „Ganz generell gilt, dass in abwärts gerichteten und seitwärts laufenden Märkten die aktiven Ansätze den passiven überlegen sind – außer bei Shortprodukten“, wirft Nikolas Kreuz, Geschäftsführer der INVIOS GmbH ergänzend ein.
Indexfonds sind günstig, zudem liquide und transparent. Insbesondere das erste Argument ist für viele Investoren, speziell jene, die Premierenluft schnuppern, ausschlaggebend. Gebühren von um die 0,2 % sind eine Ansage. Und viele Broker und Direktbanken unterbieten sich quasi beim Kostenaspekt. So bietet beispielsweise die ING neuerdings viele Sparpläne kostenfrei an. Mit dem zweiten Argument, der Liquidität, ist jedoch ein etwas neuralgischer Punkt angesprochen. Tatsächlich kann es für den Index-Investor zum Problem werden, wenn der Markt gravierend fällt, die Volatilität klettert und die Einzeltitel sich sehr unterschiedlich entwickeln. In diesem Umfeld könnte wiederum ein aktiver Asset Manager seine Vorteile durchaus ausspielen. „In hoch liquiden, effizienten Märkten – wie zum Beispiel US-Staatsanleihen – können ETFs eine gute Wahl sein. Für weniger liquide, wenig diversifizierte Märkte wie Frontier- oder Schwellenländer, aber auch bei Dividendenstrategien können dagegen aktive Fonds Vorteile bieten“, so Deutschland-Chef Wolf. Insofern gilt wohl die Richtschnur, nach der tendenziell größere Märkte mit entsprechenden, passiven Indexfonds abgebildet werden können, wohingegen aktive Fonds ihre Stärken insbesondere bei kleineren Märkten und Strategien ausspielen.
Interessant wird es, wenn ein Produkt die Vorteile sowohl der aktiven als auch der passiven Investmentwelt nutzt, im Ergebnis weniger Kosten verursacht und deshalb eine höhere Rendite erzielen kann. Insofern überrascht es weniger, dass aktiv verwaltete ETFs boomen. Ihnen könnte die Zukunft gehören. In einer Umfrage von J.P. Morgan Asset Management unter mehr als 350 Anlageprofis zeigten sich die Befragten unlängst davon überzeugt, dass bis zum Jahr 2023 rund 40 % des gesamten in ETFs investierten Kapitals in aktiv verwalteten oder Smart-Beta-Produkten stecken wird. Ebenfalls interessant ist die Entwicklung sogenannter Themen-ETFs. Klimawandel, Digitalisierung und Demografie sind einige Schlagwörter in diesem Zusammenhang. „ThemenETFs sind beliebt, da sie strukturelle, disruptive Veränderungen in der Wirtschaft, der Gesellschaft und im Privatleben abbilden, die nicht über herkömmliche Länder- und Regionen oder Branchen-Strategien erfasst werden können. Aber auch und gerade bei Themen-ETFs liegt die Herausforderung im Detail“, sagt LGIM-Experte von Königsmarck.
Philipp Graf von Königsmarck
Head of Wholesale Germany & Austria Legal & General Investment Management
Nikolas Kreuz
Geschäftsführer INVIOS GmbH
Active share entscheidend
Ist nun der Kampf beider Anlagestile einfach zu entscheiden? Nein. Denn auch im Universum des aktiven Fondsmanagements ist der gezielte Blick unerlässlich. Nicht jeder Fondsmanager ist wirklich so aktiv im Sinne des Lösens von der Benchmark. Idealerweise verwalten die Manager aktiv das Portfolio und vollziehen die nach ihrer Meinung besten Käufe. Sie nehmen gezielt Umschichtungen vor und passen die Gewichtung an. Am Ende kommt es auf den Anleger an, sich den passenden Fonds herauszusuchen. Beispiel: Deutschland-Fonds der Häuser DWS, Fidelity oder auch MainFirst haben einen hohen Active Share, der als Gradmesser für die Aktivität des Fondsmanagers gilt. ETFs auf der anderen Seite haben den Charme, insbesondere die jüngere Kundschaft mit attraktiven Konditionen zu überzeugen. Nicht umsonst ist die Zahl der ETF-Sparpläne konstant am Steigen. (ah)