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Inflation – Den Schrecken im Nacken?

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der DJE Kapital AG

der DJE Kapital AG

Den Schrecken im Nacken?

Manche Themen geraten für immer vom Radar. So war lange Zeit die Sorge vor Deflation omnipräsent. Seit einigen Wochen ist es nun wieder die Angst vor einer Geldentwertung. Das Schreckgespenst der Inflation ist vorgetreten. Sind damit die Notenbanken in der Pflicht? Zu unterscheiden sind darüber hinaus Inflationstendenzen in den USA von denen in Europa.

Wir erleben das Szenario in unserem Alltag. Einige Dinge des täglichen Lebens, insbesondere IT-Equipment, wurde in den vergangenen Jahren immer günstiger. Sinkende Preise – das ließ rückblickend das Verbraucherherz höherschlagen. Und auch im Herbst 2020 sanken die Verbraucherpreise. Deutschland stand am Rand einer Deflation. Verantwortlich hierfür war u. a. die temporär gesenkte Mehrwertsteuer. Doch in jüngster Zeit kommt das Schreckgespenst der Inflation um die Ecke. Bedeutet, für das gleiche Geld können wir Verbraucher weniger Waren kaufen. Ist das nun ein temporäres Phänomen, ausgelöst beispielsweise durch anziehende Rohstoffpreise? Die Meinungen hierzu divergieren.

Dr. Manfred Schlumberger

Vorstand StarCapital AG

Faktorenbündel ursächlich für Inflationsanstieg

Dr. Manfred Schlumberger, Vorstand der StarCapital AG, kommentiert die Lage folgendermaßen: „Auf Jahressicht werden die Inflationsraten vor allem in den USA, aber auch in Europa kräftig anziehen: In den USA auf 3 bis 4 %, in Europa auf 2 bis 3 %! Ursächlich sind spezifisch in Deutschland Sondereffekte wie die CO2-Abgabe und die Rücknahme der Mehrwertsteuersenkung. Am stärksten wirkt jedoch der massive Anstieg der Rohstoffpreise, insbesondere bei Industriemetallen und Öl. Auch Insolvenzen im Dienstleistungssektor erlauben den verbleibenden Anbietern Preiserhöhungen.“ Auch Senior Portfoliomanager Dr. Holger Brauer von Nomura AM sieht, dass „das Risiko einer nachhaltig höheren Lohn-Preisspirale deutlich erhöht, auch wenn es in den einzelnen Monatswerten nicht immer sichtbar wird.“ Er verweist auf die hierfür ausschlaggebende Kombination aus mehreren Faktoren. Die für die Inflation relevante Geldmenge (M3 bzw. M2 in den USA) ist merklich angestiegen.

Esty Dwek

Head of Global Market Strategy Natixis Investment Managers Zweitens stützten quasi alle Staaten und insbesondere die US-Regierung die Nachfrage über eine expansive Fiskalpolitik. Drittens, so Dr. Brauer, erhöhe der Klimawandel das Inflationsrisiko, direkt über CO2-Steuern oder indirekt über Ressourcen-Knappheit, z. B. Wasser, und damit einhergehende potenzielle Preissteigerungen. Eine etwas andere Sicht der Sicht hat Esty Dwek, Head of Global Market Strategy bei Natixis Investment Managers. Sie betont, dass der von Basiseffekten, massiver fiskalischer Unterstützung und aufgestauter Nachfrage ausgelöste Preisanstieg sich nur als gering und vorübergehend erweisen werde. „Vor allem habe die Fed bereits erklärt, dass sie nicht (über-) reagieren werde; die Anleiherenditen sollten daher einigermaßen begrenzt bleiben“, so Dwek.

Lockere Geldpolitik beflügelt anziehende Preise

Tatsächlich erscheint die von den Notenbanken betriebene, sehr expansive Geldpolitik als ein möglicher Türöffner

Dr. Holger Brauer

Senior Portfolio Manager Nomura Asset Management

für höhere Inflationsraten. Sehr augenscheinlich wird dies am Verhalten der US-Notenbank Fed. Sie hat im Zuge der Corona-Pandemie den Leitzins in Windeseile auf bis zu 0 bis 0,25 % gesenkt und Wertpapiere in zuvor nicht gekanntem Ausmaß gekauft. So kletterte die Bilanzsumme der Fed auf mehr als 7 Bio. Dollar. Erste Anzeichen in geringer Kaufkraft sahen wir Ende 2020. Da stiegen die Verbraucherpreise in den USA um 1,5 % im Vergleich zum Vorjahresmonat. Die Lage in Europa ist indes nicht vergleichbar mit der in den Vereinigten Staaten. Ein Überhitzen der Wirtschaft, wovor Kritiker insbesondere jenseits des Atlantiks warnen, dürfte in Europa in ansehbarer Zeit keine Gefahr sein. Hier werden zwar auch massive Gelder in die Wirtschaft gepumpt, dennoch sollten wir uns vor Augen führen, dass die EZB eine Inflationsrate von 2 % als ideal für die Wirtschaft empfindet. Davon sind wir noch etwas entfernt.

Drohen Verwerfungen am Anleihen- und Aktienmarkt?

Sei es wie es ist, die brennende Frage nach den Konsequenzen steigender Teuerungsraten stellt sich. Wie schlagen sich vor diesem Umfeld die Rentenmärkte, wie die Aktienmärkte? Insbesondere die Situation an den Anleihenmärkten könnte hier für den einen oder anderen Investor heikel werden. „Die Anleiherenditen dürften weiter ansteigen und die Aufholjagd der zyklischen Aktien dürfte sich fortsetzen. In diesem Kontext dürften festverzinsliche Wertpapiere am meisten leiden, insbesondere auf der Seite der Staatsanleihen. Dies gilt vor allem für US-Treasuries“, wirft Natixis-Expertin Dwek ein. Auch Immobilien machen Sinn, vorausgesetzt die Kreditzinsen steigen nicht zu stark. StarCapitalVorstand Dr. Schlumberger konstatiert, dass sich an den Anleihemärkten bei einem stärkeren Inflationsanstieg nur „Inflation Linker“ anbieten würden. „Am sinnvollsten sind aber Anlagen in Sachwerten: Primär Value-Aktien aus dem Metall- und Energiesektor. Auch Edelmetalle wie Gold, Silber, Platin und Palladium bieten sich an, vor allem wenn die Zentralbanken nicht die Zinsen erhöhen“, ergänzt Dr. Manfred Schlumberger.

Fakt ist, dass die Zeichen von der Inflationsfront Investoren quasi auffordern, nach Möglichkeiten zu suchen, wie sie Inflationsrisiken absichern könnten. Der Markt für Inflationsanleihen, der bereits durch die Geldpolitik und einer zusätzlich unterstützenden Fiskalpolitik flankiert wurde, erfährt weiteren Rückenwind. Aktuelle Daten untermauern diese Annahmen. Auf der Aktienseite könnte sich die Sektorrotation hin zu Value-Werten weiter verfestigen. (ah)

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